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Bundesblatt

96. Jahrgang.

Bern, den 2. März 1944.

Band I.

Erscheint In der Segel alle 14t Tage. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- undPostbestellungsgebühr..

Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der abgeänderten Art. 54 und 55 der Verfassung des Kantons Uri.

(Vom 23. Februar 1944.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

La der Volksabstimmung vom 2. Mai 1943 haben die Stimmberechtigten des Kantons Uri die Abänderung der Art. 54, Abs. l, und 55, Abs. 1. der Kantonsverfassung mit 1478 gegen 605 Stimmen angenommen. Mit Zuschrift vom 17. September 1943 ersuchten Landammann und Eegierungsrat des Kantons Uri für diese Verfassungsänderungen die eidgenössische Gewährleistung im Sinne von Art. 6 der Bundesverfassung nach.

Die bisherigen und die neuen Bestimmungen lauten -wie folgt: Bisheriger Text.

Art. 54.

Abs. l : Der Landrat ist die stellvertretend gesetzgebende und die oberste Verwaltungsbehörde. Er besteht aus den Vertretern der Gemeinden, welche auf 450 schweizerische Einwohner bzw. eine Bruchzahl von über 225 ein Mitglied zu wählen haben.

Bundesblatt. 96. Jahrg. Bd. I.

Neuer Text.

Art. 54.

(Abs. l unverändert.)

Übergangsbestimmung zu Abs. 1.

Die gegenwärtige Vertretungszahl der Gemeinden, ergebend einen Gesamtbestand von 49 Ratsmitglie11

130 Bisheriger Text.

Neuer Text.

dem, wird für die Dauer der durch die Mobilisation geschaffenen ausserordentlichen Verhältnisse, längstens jedoch für zwei Wahlperioden, unverändert beibehalten.

Art. 55.

Die Gesamterneuerung des Landrates findet, vorbehaltlich allfällige Nachwahlen, am dritten Sonntag im Mai statt. Wenn das Pfingstfest auf diesen Zeitpunkt der Haupt- oder Nachwahl fällt, ist die Wahlverhandlung um acht Tage zu verschieben.

Der Eegierungsrat wird im Wahldekret die Vertretungsziffer einer jeden Gemeinde, gemäss der letzten eidgenössischen Volkszählung, feststellen. Im Falle die Eichtigkeit der ersteren bestritten wird, entscheidet der Landrat bei seinem ersten Zusammentritt nach den Erneuerungswahlen.

Ist die Stelle eines Landrates während der Amtsdauer ledig gefallen, hat die Ersatzwahl innert Monatsfrist stattzufinden.

Art. 55.

Abs. 1: Die Gesamterneuerung des Landrates findet, vorbehaltlich allfällige Nachwahlen, am ersten Sonntag im Mai statt. Wenn das Pfingstfest auf den Zeitpunkt der Nachwahl fällt, ist die Wahl Verhandlung um acht Tage zu verschieben.

(Abs. 2 und 3 unverändert.)

1. Die neue Bestimmung zu Art. 54, Abs. l, hat bloss vorübergehenden Charakter und ist deshalb als Übergangsbestimmung bezeichnet. Der Landrat besteht aus Vertretern der Gemeinden; auf 450 Schweizerbürger in einer Gemeinde und auf eine Bruchzahl von über 225 schweizerische Einwohner ist ein Mitglied zu wählen. Auf Grund der Volkszählung vom Jahre 1930 ergab dies im ganzen Kanton insgesamt 49 Mandate. Würde man nun bei den Erneuerungswahlen vom Jahre 1944 auf das Ergebnis der eidgenössischen Volkszahlung vom 1. Dezember 1941 abstellen, so wären 60 Mitglieder in den Landrat zu wählen. Behörden und Volk des Kantons Uri sind jedoch der Auffassung, dass die bei dieser letzten Mahlung ermittelte, bedeutende Bevölkerungszunahme bloss durch die auf die Kriegsverhältnisse zurückgehenden Arbeiten verursacht ist. Sie wollen deshalb bei den Neuwahlen in den Jahren 1944 und gegebenenfalls 1948 nicht auf die Volkszählung vom Jahre 1941 abstellen, sondern an der bisherigen Vertreterzahl festhalten. Die neue Bestimmung setzt in diesem Sinne die Geltung der in Art. 54, Abs. l, vorgesehenen Verhältniszahl für eine

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beschränkte Zeit ausser Anwendung. Daraus ergibt sich dann zugleich, dass für die Dauer dieser Übergangsbestimmung auch Art. 55, Abs. 2, insoweit seine Geltung verliert, als er die letzte eidgenössische Volkszählung der Vertretungsziffer einer jeden Gemeinde zugrundelegt. Doch war es nicht notwendig, im neuen Verfassungstext noch besonders hierauf hinzuweisen, da diese vorübergehende Ausserkraftsetzung jener in Art. 55, Abs. 2, enthaltenen Vorschrift ohnehin aus der neuen Übergangsbestimmung hervorgeht. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass bei der nächsten oder den zwei nächsten Wahlen die bloss durch die ausserordentlichen Kriegsverhältnisse herbeigeführte Bevölkerungsvermehrung für die Zahl der Mandate massgebend sei.

Diese Regelung beschlägt ein Gebiet, das in die Zuständigkeit der Kantone fällt; diesen ist es anheimgestellt, zu bestimmen, in welcher Weise die Zahl der Volksvertreter in den Behörden ermittelt wird. Dem Grundsatz nach sind dabei ohne Zweifel alle Wahlkreise gleich zu behandeln; sie können die Entsendung ihrer Abgeordneten in die kantonale Behörde auf Grund einer gleichmassigen Vertretungsziffer beanspruchen. Von diesem Gesichtspunkt kann es sich fragen, ob die hier im Kanton Uri getroffene Regelung zulässig sei, denn sie hat zur Folge, dass während einer oder zwei Wahlperioden eine Gemeinde als Wahlkreis nicht die ihrer wirklichen Bevölkerungszahl entsprechende Zahl von Vertretern in den Landrat wählen kann. Insofern wird in der Tat eine Rechtsungleichheit geschaffen. Als bleibender Zustand wäre sie nicht gutzuheissen; es würde nicht angehen, an der in einem bestimmten Zeitpunkt auf jede Gemeinde entfallenden Vertreterzahl ohne Rücksicht auf die Veränderungen der Bevölkerungszahl dauernd festzuhalten. Andererseits bedingt der Grundsatz der gleichmässigen Vertretung auch nicht eine besondere Zählung für jede Erneuerungswahl; er kann nicht schon dann als verletzt gelten, wenn der Bestimmung der Vertreterzahl die Ergebnisse periodischer Zählungen zugrunde gelegt werden, die in längern Abständen stattfinden, wie insbesondere die alle 10 Jahre vorgenommenen eidgenössischen Volkszählungen. Es gibt keine bundesrechtlichen Abschriften, die den Kantonen die Pflicht auferlegen, die Bestimmung der Vertreterzahl in ihren Behörden jeder eidgenössischen Volkszählung anzupassen. Andererseits
würde gerade eine dahingehende Verpflichtung die Auswirkung einer erheblichen, aber vorübergehenden Bevölkerungsverschiebung auf mehrere Erneuerungswahlen ausdehnen und damit selbst wieder eine Ungleichheit im umgekehrten Sinne schaffen.

Tatsächlich stellen allerdings manche der Kantone, bei denen zur Festsetzung der Zahl der Volksvertreter in der gesetzgebenden Behörde die Zahl der Wohnbevölkerung oder der schweizerischen Einwohner massgebend ist, auf die letzte eidgenössische A'olkszählung ab (es sind die Kantone Zürich, Bern, Uri, Schwyz. beide Unterwaiden, Glarus, Zug, Schaffhausen, Appenzell I.-Rh. und St. Gallen). Einzig der Kanton Neuenburg verteilt die Sitze im Grossen Rat ausdrücklich auf Grund einer jährlich durchgeführten kantonalen Volkszählung.

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Angesichts des den Kantonen in dieser Hinsicht gelassenen Spielraums ist die im Kanton Uri ausnahmsweise und vorübergehend wegen kriegsbedingter Veränderungen getroffene Eegelung nicht als bundesrechtswidrig zu betrachten.

2. Gemäss dem bisherigen Wortlaut des Art. 55, Abs. l, findet (jeweilen nach vier Jahren, Art. 16) die Gesamterneuerung des Landrates am dritten Sonntag im Mai statt, während nach Art. 48 die Wahlen des Begierungsrates, des Landammanns und Landesstatthalters sowie der Richter in der Regel am ersten Sonntag im Mai vorzunehmen sind. Aus praktischen Erwägungen hat nun das Volk des Kantons Uri beschlossen, alle diese Wahlen auf den gleichen Tag zusammenzulegen, und zu diesem Zweck für die Gesamterneuerung des Landrates ebenfalls den ersten Sonntag im Mai vorgesehen. Diese Verfassungsänderung berührt bloss die Festsetzung des Wahltages, also eine organisatorische Seite der Landratswahlen. Es ist klar, dass dazu der Kanton ohne weiteres zuständig ist; das Bundesrecht wird dadurch nicht berührt.

Wir beantragen Ihnen demnach, den beiden abgeänderten Bestimmungen der Verfassung des Kantons Uri durch Annahme des heiligenden Beschlussesentwurfs die Gewährleistung des Bundes zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 23. Februar 1944.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler:

Leimgruber.

133 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Gewährleistung der abgeänderten Art. 54, Abs. l, und Art. 55, Abs. 1, der Verfassung des Kantons Uri.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. Fehraar 1944, in Erwägung, dass die abgeänderten Verfaäsungsbestimmungen nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthalten, beschliesst: Art. 1.

Der in der Volksabstimmung vom 2. Mai 1943 gutgeheissenen Änderung des Art. 54, Abs. l (Übergangsbestimmung dazu), und des Art. 55, Abs. l, der Verfassung des Kantons Uri wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der abgeänderten Art. 54 und 55 der Verfassung des Kantons Uri. (Vom 23. Februar 1944.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.03.1944

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129-133

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