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4628 I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1944.)

(Vom 10. November 1944.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 49 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

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Marcel Asbert, 1925, Fabrikarbeiter, Fesches-le-Chatel (Frankreich), Guido Roneoroni, 1912, Arbeiter, Vacallo (Tessin), Paul Vallon, 1904, Kaufmann, Le Bouveret (Wallis), Léon Riat, 1909, Landwirt, Bure (Bern), Daniel Marchi, 1903, Uhrmacher, früher in Gaillard (Frankreich), heute in Genf, Edmond Peter, 1914. Schlosser, Annecy (Frankreich), Francis Janczak, 1917. Chauffeur, Annecy, René Montavon, 1914, Käser, Pontarlier (Frankreich), Terrazzino Roneoroni, 1890, Kaufmann, Ponte Tresa (Italien), Enrico Campanella, 1902, Schuhmacher, Aosta (Italien), Bruno Tallarini, 1911, Schreiner, Chiasso (Tessin).

(Zollvergehen.)

GemässJBundesgesetz über das Zollwesen vom 1. Oktober 1925 sind bestraft worden : 1. Marcel A s b e r t , durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 5. Juni 1944 wegen widerrechtlicher Einfuhr von Zigarettenpapier und Ausfuhr von Tabak zu Bussen von Fr. 780 und Fr. 707.50 ver-

1312 urteilt. Da der Gebüsste Ausländer ist und keine Sicherheiten leisten konnte, wurden beide Bussen am 9. August 1944 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut in 144 Tage Haft umgewandelt.

Für den rückfälligen Asbert ersuchte ein Anwalt schon am 10. Juli 1944 um gänzlichen oder wenigstens teilweisen Erlass der Haftstrafe. Er führte aus, dass er Asbert vor einem Militärgericht, wo sich dieser wegen verbotenen Grenzübertrittes zu verantworten hatte, verteidigt habe. Anlässlich der Gerichtsverhandlung habe dieses Militärgericht, das Asbert zu 2 Monaten Gefängnis verurteilte, ausdrücklich erklärt, dass die hinzukommende, aus der Umwandlung der Zollbussen herrührende Haftstrafe eine gewisse Härte bedeuten würde, weshalb es die Einreichung eines Begnadigungsgesuches empfehle.

Asbert wurde am 17. September 1944 auf Weisung des Bundesanwaltes vorläufig entlassen, nachdem er bereits 55 Tage verbüsst hatte.

Mit Bücksicht darauf, dass der Gesuchsteller als Ausländer in den letzten Jahren offenbar mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, beantragen wir den Erlass der 89 Tage Haft betragenden Eeststrafe.

2. Guido Eoncoroni, durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 18. März 1941 zu Bussen von Fr. 793.34 und Fr. 720, unter Nachlass eines Bussendrittels infolge vorbehaltloser Unterziehung, wegen widerrechtlicher Ausfuhr von rohem Kaffee.

Eoncoroni, der bis anhin nur Fr. 77.49 an die Bussen bezahlte, ersuchte mit Eingabe vom 5. März 1943 um Begnadigung, wozu er seine bedrängten Verhältnisse und häufig geleisteten Militärdienst geltend machte. Er wurde dann von der Bundesanwaltschaft aufgefordert, vorerst noch weitere Teilzahlungen zu entrichten und damit wenigstens seinen Sühnewillen zu bekunden.

Die eidgenössische Oberzolldirektion teilt mit, dass der Gesuchsteller der Aufforderung der Bundesbehörden keine Folge gegeben und seither nichts mehr von sich hören liess. Bei dieser Sachlage können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten und b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzolldirektion, unter Hinweis auf die Akten, Abweisung.

, 3. Paul Vallon, durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. Juli 1943 zu Bussen von Fr. 1800 und Fr. 670 verurteilt, weil er vom Herbst 1941 bis anfangs Mai 1943 von französischen Bahnarbeitern grössere Mengen Zigaretten
papier unter Umgehung der Zollkontrolle erworben und gegen Tabak eingetauscht hatte, von dem er wusste, dass er rechtswidrig ausgeführt wurde. Eine gegen die Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 16. September 1943 abgewiesen.

Die Busse von Fr. 670 ist jetzt bezahlt. Auf der zweiten Busse von Fr. 1800 schuldet der Verurteilte noch den Betrag von Fr. 1370, um dessen Erlass er ersucht. Zur Begründung seiner Eingabe macht er geltend, er habe durch die vielen Eatenzahlungen seinen guten Willen bekundet, und sein Gesundheitszustand habe infolge geleisteten Aktivdienstes gelitten. Er möchte gerne heiraten,

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sei aber der verbleibenden Busse wegen daran gehindert. Schliesslich vergleicht er seinen Fall mit demjenigen eines andern Verurteilten, der seiner Ansicht nach unter gleichen Umständen milder behandelt worden sei.

Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion, auf deren Ausführungen wir insbesondere verweisen, stellen wir fest, dass die Gesuchsangaben den tatsächlichen Verhaltnissen nicht entsprechen. Vallon ist zweifellos in der Lage, die Eestbusse zu entrichten. Laut den eingezogenen Berichten darf er sich anscheinend eines guten Gesundheitszustandes erfreuen. Vergleiche mit andern Straffällen sind besonders im Begnadigungswege nicht angängig. Wir beantragen Abweisung.

4. Léon Eia t, durch Straf verfugung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. Januar 1942 zu einer Busse von Fr. 1738.67 verurteilt, unter Nachlass eines Bussendrittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Laufe des Sommers 1941 zu verschiedenen Malen grössere Mengen Zigarettenpapier widerrechtlich in, die Schweiz eingeführt hatte.

Ein erstes Gesuch des Verurteilten wurde in der Dezembersession 1942 antragsgemäss (Antrag 6 des Berichtes vom 28. November 1942, Bundesblatt, 837/838) zurzeit abgewiesen, in der Meinung, Eiat solle zunächst wenigstens die Bussenhälfte in Baten aufbringen, wonach endgültig über das Gesuch entschieden werden möge.

Wie die eidgenössische Oberzolldirektion mit Schreiben vom 14. Juni 1944 mitteilt, hat Eiat die Hälfte des Bussenbetrages nunmehr in Baten entrichtet.

Wir beantragen daher den Erlass des verbleibenden Bussenrestes.

5. Daniel Marchi, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 25. Februar 1938 zu einer Busse von Fr. 2208 verurteilt, unter Nachlass eines Bussendrittels zufolge vorbehaltloser Unterziehung, wegen widerrechtlicher Einfuhr von Butter und andern Produkten mittels eines Automobils im Jahre 1937. Gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerden wurden sowohl vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement als auch vom Bundesrat abgewiesen. -- In der Folge wurde der uneinbringliche Bussen rest von Fr. 1284.09 in drei1 Monade Haft umgewandelt (November 1940).

Am 1. Juni 1943, zu einem Zeitpunkte, als der Verurteilte noch im Ausland weilte, ersuchte dessen betagte Mutter um Erlass der Eestbusse bzw. der Umwandlungsstrafe. Sie wurde von der Bundesanwaltschaft
dahin verständigt, dass der Gebüsste in Eaten wenigstens noch Fr. 300 entrichten müsse.

Marchi, der im Laufe des Jahres 1943 in die Schweiz zurückkehrte und seither in Genf den Uhrmacherberuf ausübt, hat sich nunmehr bemüht, der Aufforderung der Bundesanwaltschaft Folge zu leisten. Trotz seiner äusserst bescheidenen Mittel hat er in Baten den verlangten Betrag bezahlt. Er ersucht nun seinerseits um Begnadigung. Mit Bücksicht darauf, dass die administrative Strafverfolgung auf das Jahr 1938 zurückgeht und angesichts des durch den Verurteilten seit einem Jahr bekundeten Sühnewülens beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Bückwandlung der Haftstrafe in

1314 den noch unbezahlten Bussenrest von Fr. 984.09 und dessen Erlass auf dem Begnadigungswege.

6. und 7. Edmond Peter und Francis Janczak, durch Strafverfügungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes und der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 22. Juli 1944 zu Bussen von je Fr. 2100 und Fr. 90 verurteilt, unter Nachlass der Bussendrittel wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Die Genannten haben im Laufe des Sommers 1944 zusammen mit andern Schmugglern unter zwei Malen eine grössere Menge Goldstücke, Tabak und andere Waren widerrechtlich ausgeführt bzw. auszuführen versucht, und einmal 100 kg Zucker unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt. Die vier uneinbringlichen Bussen wurden am 26. Juli in die entsprechenden Haftstrafen (je 99 Tage) umgewandelt.

In einer gemeinsamen Eingabe ersuchten die beiden Verurteilten am 25. September um Begnadigung, wozu sie ihre besonderen Verhältnisse zur Zeit der Begehung der Zollvergehen geltend machen und auf die Umstände ihrer Verurteilung hinweisen.

Am 4. Oktober, somit nach Verbüssung von zwei Dritteln ihrer Strafen wurden beide Gesuchsteller auf Weisung des Bundesanwaltes wieder auf freien FUSS gesetzt, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Begnadigungsbehörde.

Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion stellen wir fest, dass die Gesuchsteller an der widerrechtlichen Ausfuhr der Goldstücke nur mittelbar beteiligt waren. Wir beantragen auf Grund dieser Feststellung und in Würdigung aller Verumständungen des Falles den Erlass der Keststrafen von je 28 Tagen Haft.

8. René Montavon, wegen widerrechtlicher Einfuhr von Zigarettenpapier, kosmetischen Produkten und Schinken, und verbotener Ausfuhr von Tabakwaren und Seife wie folgt verurteilt: am 6. November 1948 von der Zollkreisdirektion Lausanne zu einer Busse von Fr. 127.50, am 1. April 1944 von der eidgenössischen Oberzolldirektion zu Bussen von Fr. 1326.67 und Fr. 322.20, sowie am 11. April 1944 von der eidgenössischen Alkoholverwaltung zu einer Busse von Fr. 50. Letztere Busse betrifft eine gleichzeitig mit dem rechtswidrigen Einfuhren begangene Verletzung des Alkoholmonopols.

Alle vier Bussen wurden am 6. Juni 1944 vom Gerichtspräsidenten von Neuenburg in insgesamt 141 Tage Haft umgewandelt. Der eigentliche Strafvollzug begann bereits am 4. April.

Für den Verurteilten ersuchte
dessen Frau am 28. Juli um Begnadigung, wozu sie geltend machte, dass sie während der Haft des Montavon mit ihren Kindern vollständig mittellos sei und Verwandten zur Last falle.

Mit Eücksicht darauf, dass Montavon schon vom 26. Januar 1944 bis 6. Februar in Untersuchungshaft gestanden hatte und von diesem Zeitpunkt an bis zum 4. April eine von einem Militärgericht wegen unerlaubten Grenzübertrittes verhängte Haftstrafe verbüsste, verfügte der Bundesanwalt nach

1315 Anhörung der eidgenössischen Oberzolldirektion die Freilassung des Verurteilten ab 5. August.

Unter Hinweis auf diese Vorgänge und in Würdigung der ganzen Aktenlage beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass der Eeststrafe von 17 Tagen Haft.

9. Torrazzino Eoncoroni, durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 29. Mai 1942 zu einer Busse von Fr. 5480, gemeinsam mit einem Mitverurteilten, wobei der auf Eoncoroni entfallende Anteil mit Fr. 2740 bestimmt wurde, sowie zu einer zweiten Busse von Fr. 1980. Ein gegen diese Strafverfügungen eingereichter Eekurs wurde vom eidgenössischen Finanz- und Molldepartement abgewiesen.

Eoncoroni hatte im Frühjahr 1942 durch einen Dritten grosse Mengen Waren, in der Hauptsache Eadreifen und Eadbestandteile, einschmuggeln lassen, mit deren Erlös er dann in der Schweiz Kaffee kaufte, den er wiederum unter Umgehung der Zollkontrolle und Verletzung des Ausfuhrverbotes nach Italien ausführen liess.

In der Folge hat der Verurteilte Barzahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 680 geleistet, die an die zweite Busse von Fr. 1980 gerechnet wurden. Da weitere Zahlungen nicht erhältlich waren, wurden beide Bussen am 1. März 1944 in Haftstrafen von je drei Monaten umgewandelt. Die erste dieser Freiheitsstrafen ist bereits verbüsst. Für den Vollzug der zweiten wurde dem Verurteilten vom Justizdepartement des Kantons Tessin bis zum 1. Oktober 1944 Aufschub gewährt.

Mit Eingabe vom 23. August ersucht Eoncoroni um Begnadigung hinsichtlich der verbleibenden Haftstrafe. Er verweist auf die geleisteten Zahlungen und den bisherigen Strafvollzug.

Einem Bericht der Zollkreisdirektion Lugano entnehmen wir, dass der Gesuchsteller in bedrängten Verhältnissen lebt. Er geniesst einen guten Euf.

Mit Eücksicht darauf, dass Eoncoroni sich zunächst bemühte, wenigstens einen Teil der Bussen zu entrichten, und bereits drei Monate Haft verbüsste, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der zweiten Haftstrafe bis zu einem Monat.

10. Enrico Campanella, durch Strafverfügungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes und der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. Februar 1942 zu Bussen von Fr. 58 388.04 und Fr. 29 850 verurteilt, sowie am 28. Oktober 1943 von der eidgenössischen
Oberzolldirektion zu einer neuen Busse von Fr. 1319.15. Campanella wurde ausserdem am 8. November 1943 von der 3. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu 30 Tagen Gefängnis und Fr. 500 Busse verurteilt.

Campanella hat als Leiter einer Schmugglerbande in den Jahren 1941 und 1943 eine grosse Menge Waren aller Art, insbesondere Kleiderstoffe, Schuhe, Strümpfe und Eadreifen unter Umgehung der Zollkontrolle und in

1316 Missachtung der Verbote einfuhren lassen. Die betreffenden Waren wurden in der Schweiz gegen Tabak und Saccharin umgetauscht, welche ihrerseits rechtswidrig ausgeführt wurden. Die kriegswirtschaftliche Verurteilung erfolgte deshalb, weil Campanella auch gegen die diesbezüglichen Eationierungs- und Preisregulierungsvorschriften verstossen hatte.

Die Zollbussen wurden in der Folge in drei Haftstrafen von je drei Monaten Dauer umgewandelt. Der Strafvollzug begann am 9. Oktober 1943. Gegenüber einem ersten Gesuch um Straferlass konnte der Bundesanwalt am 21. Dezember 1943 keine strafaufschiebende "Wirkung gewähren, weil eine derartige Massnahme in diesem Zeitpunkt verfrüht gewesen wäre. Mit Eingabe vom 1. März 1944 ersuchte der Verurteilte neuerdings um Begnadigung, wozu er im wesentlichen geltend machte, dass er für eine zehn Kinder zählende Familie aufzukommen habe, die während seiner Abwesenheit allen möglichen Gefahren ausgesetzt sei. Er habe aus Not gehandelt, da sein Einkommen in Italien für seine Familie nicht ausreichte.

Mit Eücksicht auf die lange Haftdauer (im ganzen 10 Monate) und den Umstand, dass die Angehörigen des Verurteilten während dessen Abwesenheit in Bedrängnis waren -- soweit dies von hier aus überblickt werden konnte --, verfügte der Bundesanwalt die Freilassung ab 9. Juni 1944, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Bundesversammlung und mit dem Beifügen, dass der letzte zwischen 9. Mai und 9. Juni verbüsste Monat als Vollzug der durch die 3. strafrechtliche Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes ausgesprochene Gefängnisstrafe betrachtet werde.

Unter Hinweis auf die vorstehenden Ausführungen beantragen wir den Erlass der verbleibenden Haftstrafe von zwei Monaten.

11. Bruno Tallarini, durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 11. Juli 1940, 1. Juli 1940 und 22. Januar 1941 wegen widerrechtlicher Ausfuhr von grossen Mengen Saccharin zu Bussen von Fr. 2415; Fr. 1040 und Fr. 14 760 verurteilt. Die gegen die beiden ersterwähnten Bussen eingereichten Beschwerden wurden sowohl vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement als auch vom Bundesrat abgewiesen. In der Folge wurden alle drei Bussen als uneinbringlich in Haft umgewandelt. Hinsichtlich der dritten Busse von Fr. 14 760 wurde jedoch der Umwandlungsentscheid infolge
Nichtigkeitsbeschwerde seitens des Bundesanwaltes vom Kassationshof des Bundesgerichtes aufgehoben und dem kantonalen Bichter zur neuen Beurteilung überwiesen, da dieser die anlässlich der Untersuchung wegen Kollusionsgefahr verfügte Festhaltung an die Haftstrafe angerechnet hatte. Das neue Urteil wurde jedoch bis heute noch nicht ausgefällt. Die aus der Umwandlung der Busse von. Fr. 2415 sich ergebende Haftstrafe ist hingegen schon verbüsst.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um Erlass der beiden andern Strafen, wozu er ausführt, die drei ausgefällten Bussen beträfen Vergehen, die alle gleicher Art seien und ungefähr zur gleichen Zeit begangen worden seien. Die Widerhandlungen hätten somit alle mit einer einzigen Busse geahndet

1317 werden können, was eine einzige Umwandlungsstrafe von drei Monaten zur Folge gehabt hätte. Im weitern wird die bedrängte Lage des Tallarini geltend gemacht, der für den Unterhalt seiner betagten Eltern zu sorgen habe.

Die vom Gesuchsteller ins Feld geführten Einwände sind nicht zutreffend.

Wir haben schon früher betont (vgl. III. Bericht vom 23. November 1943 ; Bundesblatt 1072), dass das Zollgesetz selbst Bestimmungen enthält, die als allgemeiner Teil zum materiellen Zollstrafrecht gelten. Art. 85 regelt insbesondere das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Art. 68 StGB kommt deshalb in solchen Fällen nicht zur Anwendung. Im vorliegenden Falle wurde gestützt auf die bisHer gehandhabte, auch seit dem Inkrafttreten des Strafgesetzbuches beibehaltene, von der Doktrin und den Gerichten gutgeheissene Praxis Eealkonkurrenz angenommen. Zudem ist zu erwähnen, dass mehrere Fiskalbussen einzeln in Haft umzuwandeln sind, wobei jede einzelne Umwandlungsstrafe die Höchstdauer von drei Monaten erreichen darf (BGE 68* 108). Bei der Umwandlung von Fiskalbussen kommt nicht Art. 49, Ziff. 3 StGB, zur Anwendung, sondern Art. 317, in Verbindung mit Art. 339 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BGE 68* 138). -- Im übrigen ist es nicht Sache der Begnadigungsbehörde, die Eechtslage zu überprüfen. -- Zwingende Begnadigungsgründe liegen nicht vor. Tallarini hat einen wohlorganisierten und zu Gewinnzwecken aufgezogenen Ausfuhrschmuggel eingerichtet und fortgesetzt betrieben. Der Gesuchsteller ist ein gewohnheitsmässiger Schmuggler. Unter Hinweis auf die Ausführungen der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir mit dieser Amtsstelle Abweisung.

12. Eugen Blöchlinger, 1905, Hausierer und Vertreter, Zürich, 13. Henri Isler, 1900, Kaufmann, Lausanne, 14. Eugénie Vuargnier, Gemüsehändlerin, Corsier (Genf).

(Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungs Vorschriften sind verurteilt worden: 12. Eugen Blöchlinger, verurteilt am 21. Januar 1944 von der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 200 Busse, weil er in der
Zeit vom November 1941 bis Februar 1942 für den Konsum bestimmte "Waren in einem Detailgeschäft gekauft und als Zwischenhändler an Konsumenten weiterverkauft hatte, womit er sich volkswirtschaftlich ungerechtfertigter Schiebungen schuldig machte.

Blöchlinger ersucht um teilweisen Erlass der Busse, wozu er ausführt, er habe bei den begangenen Widerhandlungen keinen Gewinn erzielt. Infolge eines Lungenleidens habe er sich gezwungen gesehen, seinen Schreinerberuf aufzugeben.

Bundesblatt. 96. Jahrg. Bd. I.

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1318 Die Detailverkaufspreise waren zur Zeit der Widerhandlungen beim Detailgeschäft, wo Blöchlinger seine Waren einkaufte, niedriger als die Grossistenpreise bei andern Firmen. Dies kam daher, dass das betreffende . Geschäft noch grosse Vorkriegslager hatte, als die Grossisten schon zu höheren ·Kriegspreisen lieferten. Einerseits wurde durch diese Geschäfte erreicht, dass die Kunden des Verurteilten billiger beliefert wurden, als wenn der Einkauf beim Grossisten getätigt worden wäre ; anderseits wurde aber der Preis für den Konsumenten teurer, als wenn dieser direkt bei der erwähnten Firma eingekauft hätte. Dieser Umstand hat die urteilende Behörde zur Annahme bewogen, dass Blöchlinger aus zureichenden Gründen in einem Eechtsirrtum befangen war. Gestützt auf Art. 20 des Strafgesetzbuches wurde deshalb die Strafe gemildert und eine Busse von bloss Fr. 200 erkannt. Es ist beizufügen, dass der Verurteilte nach den Berechnungen der eidgenössischen Preiskontrollstelle einen widerrechtlichen Gewinn von Fr. 886.75 erzielt hat. Der Eichter hat folglich die vorhandenen Milderungsgründe bereits weitgehend berücksichtigt. Ein weiteres Entgegenkommen kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil Blöchlinger mehrere Vorstrafen -- meist erstandene Freiheitsstrafen -- auf weist. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde.

18. Henri Isler, verurteilt am 4. Juni 1943 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils zu einer Busse von Fr. 2000, weil er im Laufe des Jahres 1941 grössere Mengen Speiseöl zu übersetzten Preisen und unter Verletzung der Eationierungsvorschriften verkauft hatte. Die vom Verurteilten geleitete Firma, für welche dieser gehandelt hatte, wurde für die Bezahlung der Busse solidarisch haftbar erklärt. Die urteilende Behörde verfügte ausserdem die Veröffentlichung des Urteils, die Eintragung im Strafregister und die Konfiskation eines aus dem Erlös eines beschlagnahmten Postens Speiseöl herrührenden Betrages von Fr. 8783.

Isler ersucht um Aufhebung der Konfiskation und möglichst weitgehenden Erlass der Busse, wozu er das zweitinstanzliche Verfahren bemängelt und in
demselben Zusammenhange auch die Schuldfrage aufwirft. Die Einziehung des Erlöses aus dem Verkauf der beschlagnahmten Ware bedeute seinen wirtschaftlichen Euin. Er müsse für eine zahlreiche Familie aufkommen, und seine finanziellen Verhältnisse seien bescheiden. Sein Gesundheitszustand lasse zu wünschen übrig.

Das Gemeindesekretariat der Stadt Lausanne kann dem Gesuchsteller kein gutes Leumundszeugnis ausstellen.

Die Eingabe läuft auf eine Urteilskritik hinaus, die im Begnadigungswege nicht gehört werden kann. Wir verweisen übrigens auf die zweitinstanzlichen Urteilserwägungen, worin auf Grund der in der Angelegenheit durchgeführten Untersuchung eindeutig festgestellt wird, dass der Verurteilte in einer unverant-

1319 wortlichen Art und Weise Schwarzhandel mit Speiseöl getrieben hat. Ausgesprochene Begnadigungsgründe liegen nicht vor. Wir b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde. Hinsichtlich der Konfiskation bemerken wir, dass es sich nicht um eine eigentliche Strafe im Sinne von Art. 396, Abs. l, des Strafgesetzbuches handelt, sondern um eine Massnahme, zu deren Erlass die Begnadigungsbehörde nicht zustandig ist.

14. Eugénie Vuargnier ist am 18. Juni 1943 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen die Vorschriften zum Schutze der regulären Marktversorgung freigesprochen, jedoch zur Tragung eines Kostenanteils im Betrage von Fr.30 verpflichtet worden.

Für Frau Vuargnier ersucht deren Anwalt um Erlass des Kostenanteils auf dem Wege der Begnadigung.

Gestützt auf Art. 396, Abs. l, des Strafgesetzbuches, wonach von der Begnadigung nur Strafen erfasst werden können, beantragen wir, auf die Eingabe nicht einzutreten.

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Aloisia Iten, 1892, Hausfrau. Cham (Zug), Josef Schmidiger, 1865, Landwirt, Menznau (Luzern), Edith Baur, 1908, Hausfrau, Zürich, Hans Berger, 1911, Magaziner, Steffisburg (Bern), Hedwig Piechter, 1906, Hausfrau, Bern, Friedrich Rechter, 1902, Dachdecker, Bern, Elise Ryser, 1895, Geschäftsfrau, Unterseen (Bern), Primo Mazza, 1904, Maurer, Basel, Augustin Niggeli, 1876, Landwirt, Mühlebach (Wallis), Klara Maspero, 1891, Geschäftsfrau, Herrliberg (Zürich), Hubert Hundertpfund, 1891, Landwirt, Eschen (Liechtenstein), Louise Hnber, 1900, Geschäftsfrau, Zürich, Oskar Waiser, 1906, Landwirt, Schaan (Liechtenstein).

Ernst Schuppli, 1888, Dr. iur.. Eechtsanwalt, Zürich, René Castanié, 1913, Vertreter, Lausanne, Josef Enzler, 1917, Landwirt, früher in Steinegg, jetzt in Gais (Appenzell A.-Eh.), 31. Fritz Binggeli, 1911, Käser, früher in Flawil (St. Gallen), jetzt in Genf,

1320 32. Lina Schlaginhaufen, 1889, Geschäftsfrau, Wolfertswil (St. Gallen), 33. Sebastian Billia, 1910, italienischer Staatsangehöriger, Chauffeur, Zürich, 34. Ernest Ammann, 1911, Kaufmann, früher in Genf, jetzt in Coppet (Waadt).

(Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1989 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungsvorschriften sind verurteilt worden: 15. Aloisia Iten, verurteilt am 24. Januar 1944 vom Einzelrichter der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 100 Busse, weil sie während mehr als zwei Jahren die von ihrer Tochter ebenfalls erhaltenen Bationierungsausweise widerrechtlich bezogen und zum Teil verwendet hatte.

Die Gebüsste ersucht um gänzlichen Erlass der Busse, wozu sie geltend macht, sie bereue ihre Tat aufrichtig und sei nicht in der Lage, den Betrag von Fr. 100 aufzubringen. Ausserdem habe sie einen guten Teil der zu viel bezogenen Ausweise bereits zurückerstattet, und sie werde auch die übrigen zurückgeben.

Die urteilenden Behörden haben die Gesuchstellerin schon in ihren Urteilserwägungen auf den Begnadigungsweg verwiesen. Aus den Strafakten geht eindeutig hervor, dass die Verurteilte in ärmlichen Verhältnissen lebt und die Bezahlung der Busse ihr nicht zugemutet werden kann. Sie scheint ihre Machenschaften tatsächlich zu bereuen und setzt alles daran, sie soweit möglich wieder rückgängig zu machen. Mit Rücksicht auf diese Verumständungen und den unbescholtenen Leumund der Gesuchstellerin beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den Erlass der Busse.

16. Josef Schmidiger, verurteilt am 28. Juli 1943 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zur Fr. 130 Busse, weil er im Februar 1943 zwei Schweine ohne Bewilligung geschlachtet und einen Teil des Fleisches ohne Entgegennahme der erforderlichen Eationierungsscheine veräussert hatte.

Schmidiger ersucht um gänzlichen oder doch wenigstens teilweisen Erlass der Busse, wozu er geltend macht, er sei sich eines strafbaren Tuns nicht bewusst gewesen, und die Bezahlung eines
so hohen Betrages falle ihm schwer.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit einer Begnadigung nicht einverstanden erklären.

Entgegen der in der Eingabe enthaltenen Behauptung ist hier festzustellen, dass Schmidiger die Bewilligungspflicht für Hausschlachtungen kannte. Immerhin mag ihm sein hohes Alter zugute gehalten werden, weshalb wir die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 80 beantragen.

1321 17. Edith Baur, verurteilt am 2. Juni 1943 vom Einzelrichter der 2.strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 150 Busse, weil sie im Frühjahr 1942 über den personlichen Bedarf hinaus Eationierungsausweise gesammelt und zudem in einem Gesuch um Erteilung eines Bezugsscheines für ein Fahrrad unrichtige Angaben gemacht hatte.

Die Gebusste ersucht um teilweisen Erlass der Busse, deren Bezahlung ihr ausserordentlich schwer falle.

Mit dem urteilenden Gericht und dem Generalsekretariat des eidgenossischen Volkswirtschaftsdepartementes stellen wir fest, dass Frau Baur das Sammeln der Eationierungsausweise systematisch und teilweise gegen Entgelt betrieben hat. Dazu kommt, dass die Gesuchstellerin nicht gerade den besten Leumund geniesst. Laut den eingezogenen Erkundigungen dürfte ihr die ratenweise Bezahlung des Bussenbetrages zugemutet werden. Gestutzt auf diese Ausführungen beantragen wir Abweisung.

18. Hans Berger, verurteilt am 31. Dezember 1943 vom Einzelrichter der 4. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 150 Busse, weil er im Laufe des Jahres 1942 und bis Ende Februar 1943 seine Milchproduktion und Käsefabrikation verheimlicht, die persönlichen Eationierungsausweise für Butter und Käse vorschriftswidrig bezogen und überdies die Milchablieferung verweigert hatte.

Berger ersucht um gänzlichen Erlass der Busse, wozu er geltend macht, er habe seine Anbaupflicht trotz grossen Schwierigkeiten in vollem Umfange erfüllt. Die Eingabe wird von einem bernischen Grossrat zur Berücksichtigung empfohlen.

Stichhaltige Begnadigungsgrunde macht der Gesuchsteller nicht geltend.

Sein renitentes Verhalten gegenüber den behördlichen Anordnungen und Einzelverfügungen làsst vielmehr eine bedenkliche Einsichtslosigkeit in die Bedeutung und Notwendigkeit der kriegswirtschaftlichen Massnahmen zur Produktionslenkung im Interesse einer reibungslosen Landesversorgung erkennen. Berger ist in der Lage, die ihm auferlegte und keineswegs übersetzte Busse in Eaten aufzubringen. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

19. und 20. Hedwig Fiechter und Friedrich Fiechter, ·verurteilt am 10. August 1943 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen
Volkswirtsehaftsdepartementes zu Bussen von Fr. 200 und Fr. 100, weil sie in den Jahren 1940 und 1942 Eationierungsausweise widerrechtlich bezogen und verwendet hatten. Überdies hatte Frau Fiechter im Jahre 1942 eine Eationierungskarte verkauft.

Hedwig Fiechter ersucht um Bussenerlass, wozu sie darauf hinweist, dass sie seit 5. Januar 1944 von ihrem Ehemann gerichtlich getrennt lebt und für zwei Knaben allein aufzukommen hat. Sie habe Muhe, mit ihrer Eeise-

1322 tätigkeit ihre Familie durchzubringen. -- Friedrich Fiechter ersucht ebenfalls um Begnadigung, indem er seinen schwächlichen Gesundheitszustand geltend macht.

Wir stellen fest, dass Friedrich Fiechter keinen guten Leumund geniesst.

Er führt nachweisbar einen liederlichen Lebenswandel. Eine Begnadigung kommt daher in seinem Falle nicht in Frage. Bei seiner Ehefrau liegen die Dinge hingegen ganz anders. Laut Polizeibericht ,vom 15. Juli 1944 handelt es sich bei der Verurteilten um eine tüchtige und arbeitsame Hausfrau. Obwohl ihre Verfehlungen ziemlich schwerer Natur waren, beantragen wir mit dem G-eneralsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes aus Kommiserationsgründen den Erlass der Busse von Fr. 200. Bei Friedrich Fiechter beantragen wir hingegen Abweisung.

21. Elise Eyser, verurteilt am 9. April 1943 vom Einzelrichter der 1.strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 250 Busse, weil sie in den Jahren 1940--1942 in ihrem Molkereigeschäft an Rationierungsausweisen für Fettstoffe ein Manko von insgesamt 155 kg hatte entstehen lassen, 6 kg Butter ohne gleichzeitige Entgegennahme der entsprechenden Eationierungsausweise verkauft und überdies keine Kontrolle über ihren Butterverkauf geführt hatte.

Die Verurteilte, die bisher Fr. 100 an die Busse bezahlte, ersucht um Erlass des Bestes, wozu sie den im Jahre 1939 erfolgten Tod ihres Ehemannes und ihres ältesten Sohnes erwähnt und geltend macht, sie müsse jetzt für drei noch unmündige Kinder aufkommen,. Ausserdem erwähnt sie Krankheitsfälle in der Familie. Ihre Verhältnisse seien bedrängt.

Ein Polizeibericht bestätigt die meisten Gesuchsanbringen. Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit der Herabsetzung der Busse auf Fr. 150 einverstanden erklären.

Wir können uns in Würdigung der Aktenlage des Eindruckes nicht erwehren, dass die Verfehlungen der Gesuchstellerin teils auf eine Verkettung unglücklicher Umstände, teils auf Mangel an genügender Befähigung zur Führung eines Molkereibetriebes während der Kriegszeit zurückzuführen sind.

Wir beantragen daher den Erlass des Bussenrestes von Fr. 150 und verweisen auf die Akten.

22. Primo Mazza, verurteilt am 6. April 1944 vom Einzelrichter der strafrechtlichen Bekurskommission des eidgenössischen
Volkswirtschafts departementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 250 Busse wegen doppelten Bezuges aller persönlichen Eationierungsausweise in der Zeit vom November 1940 bis Juni 1943.

Mazza ersucht um Begnadigung, wozu er bedrängte Verhältnisse geltend macht.

Doppelbezüge von Eationierungsausweisen müssen grundsätzlich streng geahndet werden. Von diesem Grundsatz abzuweichen, bestand im Falle des Gesuchstellers um so weniger Anlass, als seine Widerhandlung objektiv und

1323 subjektiv schwer war. Der angerichtete volkswirtschaftliche Schaden war beträchtlich, rnusste Mazza doch zugeben, dass er die zu unrecht bezogenen Lebensmittelkarten weitgehend einlöste. Der Verurteilte hat sich damit vorsätzlich und fortgesetzt einer krassen Missachtung der Bationierungsvorschriften schuldig gemacht. Besondere stichhaltige Begnadigungsgründe werden nicht nachgewiesen. Aus einem Polizeibericht geht hervor, dass Mazza,, der ledig ist und anscheinend stets in Arbeit stand, die Busse wenigstens in Baten aufzubringen vermag. Wir beantragen daher mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

23. Augustin Niggeli, verurteilt am 8. Juni 1944 von der strafrechtlichen Bekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 800 Busse, weil er Ende 1942 und anfangs 1943 insgesamt 1100 Liter Milch und 101 kg Käse nicht abgeliefert hatte.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um gänzlichen Brlass der Busse, wozu er die Schuldfrage erneut aufwirft und geltend macht, Niggeli verfüge nicht über die zur Entrichtung der Busse erforderlichen Barmittel.

Unter Hinweis auf die zweitinstanzlichen Urteilserwägungen stellen wir fest, dass Niggeli fortgesetzt eine schwere Widerhandlung beging. Einem Polizeibericht vom 26. August 1944 entnehmen wir des weiteren, dass der Verurteilte gegenüber der Milchablieferungspflicht jetzt noch Benitenz zeigt.

Der Einwand, wonach er die nötigen Mittel zur Bezahlung der Busse nicht besitzt, stellt eine plumpe Ausrede dar, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen.

24. Klara M a s p e r o , verurteilt am 22. März 1944 vom Einzelrichter der 5. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 400 Busse, weil sie sich als Inhaberin einer kleineren Geflügelfarm in der Zeit vom 1. Dezember 1941 bis 30. November 1942 der Eierablieferungspflicht teilweise entzogen hatte.

Die Verurteilte ersucht um gänzlichen oder doch wenigstens teilweisen Erlass der Busse, wozu sie ausführt, ihr Ehemann sei öfters arbeitslos und sie müsse daher zu einem grossen Teil für den Unterhalt der Familie aufkommen.

Der Einzelrichter der 5. strafrechtlichen Kommission
verweist die Verurteilte bereits in seinen Urteilserwägungen auf den Begnadigungsweg. Laut Polizeibericht soll Frau Maspero einen guten Leumund gemessen, was bei ihrem Ehemann jedoch nicht der Fall sei, weshalb sie auf ihren eigenen Verdienst aus der erwähnten Geflügelfarm angewiesen sei. Mit Eücksicht auf diese Umstände beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den Erlass der Bussenhälfte.

25. Hubert H u n d e r t p f u n d , verurteilt am 10. November 1943 vom Einzelrichter der 5. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volks-

1324 wirtschaftsdepartementes zu Fr. 400 Busse wegen Kaufs und Verkaufs von Butter, Eiern und Fleisch ohne Kationierungsausweise und zum Teil zu übersetzten Preisen, sowie wegen Sammeins und missbräuchlicher Verwendung von solchen Ausweisen.

Für den Gebüssten ersucht dessen Eechtsvertreter um teilweise Begnadigung, wozu er geltend macht, das Begnadigungsgesuch werde hauptsächlich deshalb eingereicht, weil der Verurteilte es seinerzeit unterlassen habe, gegen das Strafmandat des Einzelrichters Einspruch zu erheben. Der Gesundheitszustand des Gebüssten lasse offensichtlich zu wünschen übrig.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit der Begnadigung nicht einverstanden erklären.

Einer Bescheinigung der Gemeindebehörde von Eschen ist zu entnehmen, dass sich Hundertpfund geistig nicht der besten Gesundheit erfreuen kann.

Er muss zudem seine Mutter unterstützen. In Würdigung der ganzen Aktenlage beantragen wir die teilweise Begnadigung im Wege der Ermässigung der Busse um die Hälfte.

26. Louise Huber, verurteilt am 2. Dezember 1943 vom Einzelrichter der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 400 Busse, weil sie die behördlich angeordneten Bestandesaufnahmen nicht durchgeführt, die Warenbuchhaltung nicht geführt, von ihrer Kundschaft Eationierungsausweise ohne gleichzeitige Abgabe der entsprechenden Ware entgegengenommen, Eier und Speiseöle ohne Eationierungsausweise verkauft, die reguläre Marktversorgung dadurch erschwert, dass sie Schokolade und andere Lebensmittel nur mit andern Waren abgab, ihr Warenlager unsauber gehalten und die in ihrem Geschäft angeordneten Erhebungen behindert hatte.

In einer längeren Eingabe ersucht die Verurteilte um Begnadigung, wozu sie in der Hauptsache ihre bedrängte Lage geltend macht und ausführt, sie sei das Opfer zahlreicher Verleumdungen und sonstiger Ungerechtigkeiten geworden.

Die Gesuchstellerin hat sich einer ganzen Beihe von schweren Widerhandlungen schuldig gemacht, von denen die Verheimlichung von bedeutenden Warenvorräten, der Verkauf von Eiern ohne Rationierungsausweise und die Behinderung der Untersuchung als die schwersten zu bewerten sind. Sie hat in den meisten Fällen vorsätzlich gehandelt. Zudem liegt Euckfall vor, da Louise Huber vorher schon zweimal
wegen Preisüberschreitungen gebüsst werden musste. Unter Hinweis auf die Ausführungen des Generalsekretariates des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes b e a n t r a g e n wir mit dieser Behörde die Gesuchsabweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde.

27. Oskar Waiser, verurteilt am 9. Februar 1944 von der 5. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 500 Busse wegen Verfütteras von insgesamt 1140 kg mahlfähigen Weizens

1325 und Roggens der Ernten 1941 und 1942 und Widerhandlung gegen die Vorschriften betreffend Meldung von Mindererträgen und Führung der Mahlkarten.

Waiser ersucht um gänzlichen Erlass der Busse, wozu er auf den dem Urteil zugrunde liegenden Tatbestand zurückkommt und die Schaldfrage neuerdings aufwirft, mit der Bemerkung, dass er nicht in der Lage sei, einen so hohen Bussenbetrag zu entrichten.

Die urteilende Behörde hat bereits als strafmildernd berücksichtigt, dass der Verurteilte gut beleumdet ist und in sehr bescheidenen Verhältnissen lebt, ferner, dass bis 1942 die Kontrolle über die Einhaltung der kriegswirtschaftlichen Vorschriften in Liechtenstein einiges zu wünschen übrig liess. Ausserdem hat sie es dem Angeschuldigten ausdrücklich überlassen, sich zwecks allfälliger Zahlungserleichterungen an die Vollzugsbehörde zu wenden. Waiser ist Pächter und hat offensichtlich Mühe, sich und seine Familie -- vier unmündige Kinder -- über Wasser zu halten. In Würdigung dieser Umstände beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 250.

28. Ernst Schuppli, verurteilt am 24. Juni 1943 von der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 500 Busse wegen verbotenen Handels mit Eationierungskarten und Sammeins von solchen über den persönlichen Bedarf hinaus.

Schuppli ersucht um Erlass der Bussenhälfte, wozu er darlegt, dass er sich keines rechtswidrigen Tuns bewusst gewesen und heute mittellos und krank sei.

Da der Verurteilte nicht den besten Euf geniesst und zudem vorbestraft ist, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes unter Hinweis auf die Akten ohne weiteres Abweisung.

29. René Castanié, verurteilt am 3. Juli 1943 von der strafrechtlichen Rekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils vom 25. März desselben Jahres zu einer Busse von Fr. 1000 wegen Kaufs und Verkaufs von Rationierungsmarken für Speisefett und Zucker im Herbst 1941, wobei ein Gewinn von Fr. 150 erzielt wurde. Die Rekursinstanz verfügte ausserdem die Urteilspublikation auf Kosten des Verurteilten.

Für Castanié ersucht ein Rechtsanwalt um gänzlichen oder
wenigstens teilweisen Erlass der Busse, wozu er ausführt, dass die 10. strafrechtliche Kommission eine Busse von nur Fr. 500 ausgesprochen habe. Auf Rekurs des Verurteilten hin wurde dann die Busse von der Rekurskommission auf Fr. 1000 erhöht und die Veröffentlichung des Urteils in zwei verschiedenen Zeitungen verfügt. Castanié, der im Aktivdienst erkrankt sei, verfüge nur über ein bescheidenes Einkommen. Die Bezahlung der Busse falle ihm daher äusserst schwer. Durch die Veröffentlichung des Urteils sei er ohnehin schon hart betroffen worden.

1326 Die erste Instanz hatte die Busse trotz der Schwere des Falles deshalb nur auf Fr. 500 angesetzt, weil der Verurteilte die Strafuntersuchung durch seine Geständnisse und sein aufrichtiges Verhalten wesentlich erleichtert hatte.

Die von der Eekursinstanz vorgenommene Strafschärfung stützt sich auf die «jüngste Praxis» dieser Behörde. Wir stellen fest, dass die dem Gesuchsteller zur Last gelegten Handlungen auf das Jahr 1941 zurückgehen. Es ist daher anzunehmen, dass Castanié milder bestraft worden wäre, wenn die Angelegenheit früher hätte beurteilt werden können. Der Gesuchsteller hat übrigens seinen Sühnewillen damit bekundet, dass er bis anhin in Eaten die Bussenhälfte entrichtete. Mit Eücksicht auf die etwas besonderen Verumständungen dieses Falles b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den Erlass des Bussenrestes.

30. Josef Enzler, verurteilt am 24. September 1948 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat, unter Anrechnung der 13 Tage betragenden Untersuchungshaft, sowie zu Fr. 500 Busse, weil er in der Zeit zwischen Mai 1941 und April 1942 bei verschiedenen Lieferanten insgesamt 233 kg Butter und 434,5 kg Käse ohne Eationierungsausweise und mit Preisüberschreitungen von insgesamt Fr. 677.50 erworben und den grösseren Teil davon auf dieselbe Weise verkauft hatte.

Die urteilende Behörde verfügte ferner die Urteilspublikation und die Eintragung im Strafregister.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um Erlass der Busse.

Enzler sei nicht in der Lage, diesen hohen Betrag zu entrichten. Den aus den Widerhandlungen sich ergebenden widerrechtlichen Gewinn habe er seinerzeit seinem Vater ausgehändigt.

Enzler hat vorsätzlich gehandelt. Er führte eine grosse Menge lebenswichtiger Waren dem Schwarzhandel zu, den er wahrend langer Zeit planmässig betrieb. Er handelte in der Absicht, mit dem Verkauf von Waren ohne Eationierungsausweise einen Gewinn zu erzielen. Dass er diesen Gewinn ganz oder zum Teil an seinen Vater abgeben musste, war für die Schuldfrage unerheblich, wurde aber bei der Zumessung der Strafe in Berücksichtigung gezogen. Die ausgesprochene Busse verfolgt den Zweck, den
widerrechtlichen Gewinn wenigstens teilweise wegztfsteuern. Da Enzler vorbestraft ist, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde. -- Die Freiheitsstrafe wurde inzwischen verbüsst.

81. Fritz Binggeli, verurteilt am 14. Mai 1943 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu einer Busse von Fr. 1500 wegen Schwarzverkaufs von Butter zu übersetztem Preis. Die Eekursinstanz verfügte ausserdem die Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt des Kantons St. Gallen.

1327 Binggeli ersucht um gänzliche Begnadigung, wozu er geltend macht, er habe seinen Betrieb in Flawil infolge persönlicher und misslicher geschäftlicher Umstände aufgegeben und sei jetzt mittellos. Um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, habe er bei seinem Vater ein Darlehen aufnehmen müssen.

Schon die 2. strafrechtliche Kommission hatte die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten berücksichtigt, indem sie entgegen dem Antrag der Überweisungsbehörde -- lautend auf eine Busse von Fr. 2500 -- die Strafe auf Fr. 1500 Busse festsetzte. Die Bekursinstanz hat sodann in ihren Erwägungen festgestellt, dass die missliche finanzielle Lage des Gesuchstellers dadurch in weitgehendem Masse gewürdigt worden war. Es ist auch zu beachten, dass der Bussenbetrag den widerrechtlich erzielten Gewinn von Fr. 535 in sich schliesst, so dass die eigentliche Geldstrafe nicht ganz Fr. 1000 ausmacht, welcher Betrag als Sanktion für Schwarzhandel im engern Sinn und Preisüberschreitung keineswegs übersetzt ist. Der heute 33jährige Verurteilte wird anscheinend von seinem begüterten Vater unterstützt. Er besucht gegenwärtig eine Schule in Genf. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde. Sollte die Bussenumwandlung gleichwohl unumgänglich sein, so kann sie der Eichter gemäss Art. 49, Z. 3, Abs. 2, des Strafgesetzbuches ausschliessen, sofern ihm der Verurteilte nachweist, dass er schuldlos ausserstande ist, die Busse zu bezahlen.

32. Lina Schlaginhaufen, verurteilt am 22. Dezember 1943 von der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 1800 Busse wegen unrichtiger Führung der Fabrikationskontrolle und Nichteintragung der Herstellung von Käse, Verletzung der Eapportpflicht in bezug auf Milch, Butter und Käse, Verletzung der Ablieferungspflicht bezüglich Butter und Käse und Abgabe von Käse ohne Eationierungsausweise.

Für die Verurteilte ersucht ein Eechtsanwalt um weitgehenden Erlass der Busse, wozu er in der Hauptsache die Schuldfrage erneut aufwirft und versichert, Frau Schlaginhaufen habe nicht aus Gewinnsucht gehandelt, sondern aus Nachgiebigkeit gegenüber ihrer Kundschaft, welcher Umstand bei der Strafzumessung zu wenig
Beachtung gefunden habe. Im übrigen werden die Familienverhältnisse der Verurteilten geschildert, deren Ehemann zwei Jahre vor dem Kriege gestorben sei und dessen Nachfolge in der Leitung der Käserei Frau Schlaginhaufen allein übernommen habe.

Die Verurteilte hat durch ihre Machenschaften einen widerrechtlichen Gewinn erzielt, der jedoch von der urteilenden Behörde nicht eingezogen werden konnte, weil die Höhe desselben nicht zu ermitteln und der Betrag nicht fassbar war. Dieser Gewinn ist daher in der ausgesprochenen Busse mit enthalten. Im übrigen kann darauf hingewiesen werden, dass die strafrechtliche Kommission die heute in der Eingabe vorgebrachten Einwände bereits in grossem Masse berücksichtigt hat. Die verhängte Busse beträgt

1328 deshalb Fr. 700 weniger als nach Antrag der Überweisungsbehörde. Abschliessend stellen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes fest, dass der Bichter die geltend gemachten Entschuldigungsgründe bereits würdigte und überdies eigentliche Begnadigungsgründe fehlen. Aus diesen Gründen b e a n t r a g e n wir mit der erwähnten Amtsstelle Abweisung.

33. Sebastian Billia, verurteilt am 11. Februar 1944 von der strafrechtlichen Rekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils zu 14 Tagen Gefängnis und Fr. 500 Busse, weil er in der Zeit zwischen August und Oktober 1941 zusammen mit seinem damaligen Arbeitgeber unter verschiedenen Malen Rationierungsausweise für Zucker gekauft und mit Gewinn verkauft hatte, wobei er seinen Abnehmern bei der Einlösung der Ware behilflich gewesen war.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um gänzlichen oder wenigstens bedingten Erlass der Freiheitsstrafe. Er macht geltend, dass der gute Leumund des Billia und die Tatsache, dass er als Angestellter handelte, für ein Entgegenkommen sprechen.

Die strafrechtliche Rekurskommission hat in ständiger Rechtsprechung am Grundsatz festgehalten, dass der Schwarzhandel mit Rationierungsausweisen in grösserem Umfange mit Gefängnis bestraft werden müsse. Ebenso bestimmt hat sie sich gegen die Gewährung des bedingten Strafvollzuges in derartigen Fällen ausgesprochen. Aus generalpräventiven Gründen wurde diese Rechtswohltat auch dann verweigert, wenn das Vorleben des Beschuldigten einwandfrei war. Nach diesen Grundsätzen wurde auch im vorliegenden Falle entschieden. Dabei wurde der Umstand berücksichtigt, dass Billia nur Angestellter seines Mitverurteilten war und sich erstmals gegen kriegswirtschaftliche Vorschriften verging. Die Freiheitsstrafe stellt hier die H a u p t sanktion dar. Die urteilende Behörde war daher der Meinung, dass die Busse den ganzen Erlös aus den getätigten Schwarz verkauf en (für Billia insgesamt Fr. 1700) nicht wegzusteuern brauchte. In Berücksichtigung der bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers wurde die Busse deshalb nur auf Fr. 500 festgesetzt. Würde nun die Freiheitsstrafe bedingt erlassen, so ginge Billia beinahe straflos aus. Da im übrigen keine stichhaltigen Begnadigungsgründe vorliegen--
der Verurteilte ist ledig und hat keine bekannten Unterstützungspflichten --, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

84. Ernest Ammann, verurteilt am 10. Dezember 1942 von der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu 30 Tagen Gefängnis, deren Vollzug auf die Dauer von fünf Jahren aufgeschoben wurde, sowie zu einer Busse von Fr. 5000, weil er im Jahre 1941 grössere Posten Speiseöl widerrechtlich erworben und verkauft hatte, wobei weit übersetzte Preise getätigt wurden.

1329 Amniann ersucht um Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 2000 und Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er den Sachverhalt schildert und seine bedrängte Lage in den Vordergrund stellt.

Den Urteilserwägungen entnehmen wir, dass es sich beim Gesuchsteller um einen ausgesprochenen Schwarzhändler handelt, der sich aus reiner Gewinnsucht verging. Wir halten ein Entgegenkommen nicht für angebracht und b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung. Hinsichtlich der bedingt aufgeschobenen Freiheitsstrafe erübrigt sich ein Antrag.

35.

36.

37.

38.

39.

Pierre ßiger, 1878, Kaufmann, Tavannes (Bern), Josef Chaikin, 1883, Hausierer und Marktfahrer, Zürich, Joël Ginsberg, 1878, Marktkrämer, Bern, Johann Kunz, 1892, Kaufmann, Luzern, Joseî Wyler, 1903, Kaufmann, Basel.

(Versorgung von Volk und Heer mit technischen Rohstoffen usw.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 25. Juni 1940 über die Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer mit technischen Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten sowie zudienlichen Ausführungsvorschriften sind verurteilt worden : 35. Pierre Giger, verurteilt am 19. April 1943 vom Einzelrichter der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 100 Busse wegen Abgabe von Eadreifen und Luftschläuchen ohne gleichzeitige Entgegennahme der entsprechenden Ausweise.

Giger ersucht um Erlass von Busse und Kosten, wozu er sein vorgerücktes Alter und seine bescheidenen Verhältnisse geltend macht, sowie auch den Umstand, dass er eine zahlreiche Familie auferzogen habe.

Wie die Rekursinstanz in ihren Urteilserwägungen feststellt, hatte der erstinstanzliche Richter die im Begnadigungsgesuch wieder vorgebrachten Einwände weitgehend berücksichtigt. Zudem ist zu erwähnen, dass Giger kriegswirtschaftlich auch schon gebüsst werden musste. Einem betreffend diese erste Verurteilung eingereichten Begnadigungsgesuch wurde in der Dezembersession 1941 (Antrag 25 des I. Berichtes vom 20. November 1941, BB1. 943) teilweise entsprochen. Giger gehört offenbar zu den Leuten, die die kriegswirtschaftlichen Vorschriften nicht ernst nehmen können. Mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes bea n t r a g e n wir Abweisung. In bezug auf den Erlass der Kosten ist die Bundesversammlung unzuständig.

1330 86. Josef Ohaikin, verurteilt am S.April 1944 vom Einzelrichter der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 230 Busse, weil er in der Zeit vom 1. April 1942 bis 15. Juni 1943 insgesamt 8518 Textilausweise den Lieferanten zum Zwecke des direkten Warennachbezuges übermittelt hatte, statt sie vorschriftsgemäss der eidgenössischen Textilkontrolle zu überweisen.

Chaikin ersucht um gänzlichen oder doch wenigstens teilweisen Erlass der Busse, wozu er erklärt, er habe aus Angst vor vermehrter Kostenauflage gegen das Urteil der strafrechtlichen Kommission keinen Eekurs erhoben, weshalb er nun den Begnadigungsweg einschlage. Die Busse treffe ihn als bescheidenen Marktfahrer hart.

i Es ist nicht Sache der Begnadigungsbehörde auf die Schuldfrage zurückzukommen. In seiner Eingabe führt der Gesuchsteller nichts aus, das nicht schon bekannt wäre. Chaikin hat nach den Akten offenbar versucht, sich der Kontrolle der zuständigen Textilrationierungsbehörde zu entziehen. Die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten scheinen ausserdem nicht so schlimm zu sein, wie er sie darzutun versucht. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde.

37. Joël Ginsberg, verurteilt am 22. Oktober 1943 vom Einzelrichter der 4. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 250 Busse, weil er im März 1943 9 Textilkarten angekauft hatte.

Für den Verurteilten ersucht ein Eechtsanwalt um gänzlichen oder doch wenigstens teilweisen Erlass der Busse, wozu er ausführt, Ginsberg lebe in ärmlichen Verhältnissen. Gerade sein schwerer Existenzkampf sei es gewesen, der ihn dazu bewogen habe, sich gegen kriegswirtschaftliche Erlasse zu vergehen.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes spricht sich für den Erlass der Bussenhälfte aus.

Ein Polizeibericht bestätigt die wenig beneidenswerten Verhältnisse des Gesuchstellers. Den Strafakten entnehmen wir, dass die zu unrecht erworbenen Textilrationierungsausweise ausnahmslos eingezogen wurden. Ein volkswirtschaftlicher Schaden konnte daher nicht entstehen. Aus Kommiserationsgründen b e a n t r a g e n wir die teilweise Begnadigung im Wege
der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 40. In persönlicher Beziehung scheint der Gesuchsteller dieser Massnahme würdig zu sein.

38. Johann Kunz, verurteilt am 11. Mai 1943 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zur Fr. 350 Busse, weil er in den Jahren 1941 und 1942 Eeinigungsund Ersatzwaschmittel ohne Genehmigung und unter missbräuchlicher Ver-

1331 Wendung des Wortes «Seife» hergestellt und vertrieben hatte, wobei auch eine Widerhandlung gegen die Preiskontrollvorschriften vorlag.

Kunz ersucht um gänzlichen Brlass der Busse, wozu er den Sachverhalt schildert und versichert, er habe in Unkenntnis der bestehenden Vorschriften gehandelt. Er sei lang krank gewesen und befinde sich heute in einer bedrängten Lage.

Die Gesuchsangaben stimmen mit den Tatsachen nicht überein. Ausserdem hat der Eichter alle etwa vorhandenen Milderungsgründe bereits bei der Strafzumessung berücksichtigt. Da Kunz im übrigen noch verschiedene Vorstrafen aufweist, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

39. Josef Wyler, verurteilt am 27. März 1942 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 1000 Busse, weil er in mehreren Eingaben um Zuteilung von Seifenprodukten wahrheitswidrige Angaben gemacht hatte. Die urteilende Behörde erklärte die Firma J. Kaufmann & Cie., mit Sitz in Bern, deren verantwortlicher Leiter der Verurteilte war, als für Busse und Kosten solidarisch haftbar.

Ein erstes Gesuch des Verurteilten wurde in der Dezembersession 1942 (Antrag 49 des Berichtes vom 23. November 1942, Bundesblatt 859) unter Hinweis auf die solidarische Haftbarkeit der Arbeitgeberfirma antragsgemäss abgewiesen.

Seither ist die erwähnte Firma von einem andern Unternehmen übernommen worden, das jedoch die Absicht kundtut, auf Wyler Bückgriff nehmen zu wollen, falls es für die Bezahlung der Busse belangt werde. Unter Hinweis auf diesen Umstand und seine bisherigen Zahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 360 ersucht der Verurteilte neuerdings um Begnadigung. Er fügt bei, dass er seit einiger Zeit auch für seme kranke Mutter aufkommen müsse, die regelmässiger ärztlicher Pflege bedürfe, was ihm vermehrte Auslagen verursache.

Die kantonale Zentralstelle für Kriegswirtschaft Basel-Stadt und das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes stellen nachträglich fest, dass die inkriminierten Überbezüge an Seifenprodukten inzwischen durch Minderbezüge mehr als ausgeglichen wurden, so dass von einem volkswirtschaftlichen Schaden nicht die Bede sein könne. In Würdigung der gesamten Aktenlage und mit
Bucksicht auf die Stellungnahme der in erster Linie interessierten Amtsstellen b e a n t r a g e n wir den Erlass der noch bestehenden Kestbusse. Wyler, der heute offenbar mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, scheint dieses Entgegenkommens in persönlicher Beziehung würdig zu sein.

1332 40. Karl Vogt, 1895, gewesener Gemeindebeamter, Bern.

(Versorgung mit flüssigen Kraft- und Brennstoffen und Mineralölen ; Versorgung von Volk und Heer mit technischen Eohstoffen usw.; Schutz der regulären Marktversorgung.)

40. Karl Vogt ist am 19. August 1943 von der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes gemäss Bundesratsbeschluss vom 26. September 1939 über die Landesversorgung mit flüssigen Kraft- und Brennstoffen, Bundesratsbeschluss vom 21. Februar 1941 über die Landesversorgung mit flüssigen Kraft- und Brennstoffen und Mineralölen, Bundesratsbeschluss vom 25. Juni 1940 über die Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer mit technischen Eohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten und Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung zu einem Monat Gefängnis, als Zusatzstrafe zu einer von einem Divisionsgericht am 16. Juli 1942 ausgesprochenen Freiheitsstrafe, sowie zu einer Busse von Fr.400 verurteilt worden. Überdies verfügte die urteilende Behörde die Urteilsveröffentlichung in drei verschiedenen Zeitungen und die Eintragung der Strafe im Strafregister.

Das Urteil erfolgte wegen widerrechtlichen Bezugs von Benzin und Petrol ohne Eationierungsausweise, Abgabe dieser Stoffe ohne Entgegennahme der erforderlichen Ausweise und zu übersetzten Preisen sowie wegen Abgabe von Autopneus ohne Bewilligung. Vogt, der vom Herbst 1940 bis im Frühjahr 1942 einen Vertrauensposten in der Armee innehatte, hat fortgesetzt ihm dienstlich anvertraute Sachen entwendet, so 1720 l Benzin, 175 l Petrol und 7 neue Autoreifen. Wegen dieser Veruntreuungen und anderer militärischer Delikte wurde er von einem Militärgericht zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Die eingangs erwähnten kriegswirtschaftlichen Widerhandlungen für deren Beurteilung das Militärgericht nicht zuständig war, stehen mit den angeführten Veruntreuungen im Zusammenhang.

Gemäss Verfügung des eidgenössischen Militärdepartementes vom 14. Juni 1944 wurde Vogt gestützt auf einen günstigen Bericht der Strafanstaltsdirektion und auf ein Stellenangebot auf den 15. Juli 1944 entlassen.

Am 28. Juni reichte die Ehefrau des Verurteilten ein Begnadigungsgesuch ein, worin sie um Erlass der zusätzlichen Freiheitsstrafe nachsuchte. Zur Begründung
ihrer Eingabe verwies sie auf die Verfügung des eidgenössischen Militärdepartementes, wobei sie bemerkte, es sei dringend notwendig, dass ihr Ehemann zur Erhaltung der Existenz der Familie nun wieder arbeiten könne.

Ein weiterer Strafvollzug gefährde die bereits angebotene Arbeitsstelle.

Am 30. Juni 1944 teilte das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement der Polizeidirektion des Kantons Bern mit, dass es dem Gesuch um Strafaufaufschub entsprochen habe und der Entlassung des Verurteilten auf den vom eidgenössischen Militärdepartement festgesetzten Termin nichts mehr im Wege stehe. Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparte-

1333 mentes beantragt heute den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe, unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren.

Da der Gesuchsteller wegen der zum grössten Teil nämlichen Tatbestände eine längere Zuchthausstrafe verbüssen musste und für ein Drittel dieser Strafe auf Grund seines guten Verhaltens in der Anstalt bereits bedingt entlassen wurde, sind wir der Ansicht, dass ein neuer Strafantritt im heutigen Zeitpunkt zweifellos eine gewisse Härte bedeuten würde. Wir b e a n t r a g e n deshalb unsererseits den bedingten Erlass der Zusatzstrafe von einem Monat Gefängnis, jedoch unter Auferlegung einer Bewährungsfrist von 5 Jahren, verbunden mit der besonderen Bedingung, dass Vogt während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und sich nicht neuerdings Widerhandlungen gegen kriegswirtschaftliche Vorschriften zuschulden kommen lasse.

41. Max Mettler, 1906, Bäcker, Aarburg (Aargau), 42. Ernst Reist, 1896, Bäcker, Biberist (Solothurn), 43. Louis Widmann, 1897, Bäcker, Vaulion (Waadt).

(Widerrechtliche Verwendung von Mahlprodukten.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 19. September 1939 über die Verarbeitung von Weizen, Boggen und Dinkel und über die Verwendung der Mahlprodukte, in der neuen Fassung vom 15. März 1940, sind verurteilt worden: 41. Max M e t t l e r , verurteilt i am 16. Oktober 1942 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes zu Fr. 150 Busse wegen wiederholter Übertretung des Sonntagbackverbotes in der Zeit vom Oktober 1941 bis Februar 1942.

Mettler ersucht um Begnadigung, wozu er eine bedrängte finanzielle Lage geltend macht, die vor allem auf den Ausfall des Automobilverkehrs zurückzuführen sei.

Vorab sei festgestellt, dass Mettler sich vorsätzlich vergangen hat, indem er erhebliche Mengen Brot und «Zupfen» an Sonntagen gebacken und damit diejenigen Bäckermeister geschadigt hat, die sich um die genaue Einhaltung der Vorschriften bemuhten. Seinen schlechten finanziellen Verhältnissen trug der Eichter bereits bei der Festsetzung des Strafmasses Eechnung. Uns will scheinen, dass es dein Gesuchsteller bei etwas gutem Willen möglich sein sollte, die Busse wenigstens in Raten aufzubringen. Ist dies nicht der Fall, so kann der Eichter die Umwandlung derselben auf Grund von Art. 49 StGB ausschliessen, sofern ihm der Verurteilte nachweisen kann, dass er schuldlos ausserstande ist, den Bussenbetrag aufzubringen. Da Mettler zudem vorbestraft ist, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

Bundesblatt.

96. Jahrg.

Bd. I.

91

1334 42. Ernst E e ist, verurteilt am l I.Februar 1944 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes zu Fr. 200 Busse wegen Verkaufs von Frischbrot, Nichteinhaltens der vorgeschriebenen Backzeiten, vorschriftswidrigen Aufbewahrens von Backwaren und ungenügender Fuhrung der Backkontrolle.

Eeist ersucht um teilweisen Erlass der Busse, deren Betrag er für übersetzt hält. Er habe nicht vorsätzlich gehandelt.

Einem zuhanden der Begnadigungsbehörde verfassten Polizeibericht entnehmen wir, dass der alleinstehende Gesuchsteller in finanziell geregelten Verhältnissen lebt. Aus den Strafakten geht übrigens einwandfrei hervor, dass Eeist teilweise auch vorsätzlich gehandelt hat. Da er im übrigen keine eigentlichen Begnadigungsgründe geltend macht und solche auch nicht nachgewiesen sind, bean tragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes ohne weiteres Abweisung.

43. Louis W i d m a n n , verurteilt am 26. Februar 1943 vom Einzelrichter der 10. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 300 Busse wegen Frischbrotverkaufs, Übertretung des Sonntagsbackverbots und Nichtführung der Backkontrolle, wobei auch die Vorschriften über die Zusammensetzung der verschiedenen Backwaren mehrmals übertreten wurden.

Widmann ersucht um möglichst weitgehenden Erlass der Busse, wozu er ausfuhrt, dass er selbst und seine Familie in letzter Zeit vom Unglück befallen worden seien. Ehefrau und Tochter mussten sich schweren Operationen unterziehen, während dem Sohn ein Bein amputiert werden musste.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes befürwortet den Erlass der Bussenhälfte.

Wenn auch gesagt werden muss, dass die Verfehlungen des Widmann schwerer Natur waren, glauben wir trotzdem, dass in diesem Falle ein Entgegenkommen am Platze ist. Die Gesuchsangaben werden von der Gemeindebehörde und von einem Arzt bestätigt. Aus Kommiserationsgründen beantragen wir daher die Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 100. In persönlicher Beziehung scheint der Verurteilte dieser Massnahme würdig zu sein.

44. Ernst Baumann, 1888, Landwirt, Schwellbrunn (Appenzell A.-Eh.), 45. Johann Hagenbuch, 1886, Wirt und Landwirt, Oberlunkhofen (Aargau).

(Landesversorgung mit Eauhfutter und Streuemitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 20. September 1940 über die Landesversorgung mit Eauhfutter und Streuemitteln sind verurteilt worden: 44. Ernst B a u m a n n , verurteilt am 2. Dezember 1942 vom Einzelrichter der 5. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschafts-

1335 departementes zu Fr. 200 Busse, weil er im Frühjahr 1942 30 q Heu und Emd sowie einen kleineren Posten Stroh zu weit übersetzten Preisen verkauft hatte, wobei ein widerrechtlicher Gewinn von Fr, 126.45 erzielt worden war.

Auf einen eingereichten Eekurs konnte der Einzelrichter der strafrechtlichen Bekurskoinmission verschiedener Formfehler wegen nicht eintreten.

Baumann ersucht, den Fall «an die Begnadigungskoinmission weiterzuleiten ».

Der Gesuchsteller hat nichts unversucht gelassen, den Strafvollzug so lange wie möglich auf die lange Bank zu schieben. Unter Hinweis auf den Bericht des zuständigen Pohzeiamtes und die Ausführungen des Generalsekretariates des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes b e a n t r a g e n wir entschieden mit dieser Behörde Abweisung.

45. Johann Hagenbuch, verurteilt am 17. März 1944 vom Einzelrichter der strafrechtlichen Rekurskornmission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 250 Busse, weil er im Frühjahr 1941 und im Sommer 1942 insgesamt 3626 kg Heu bezogen hatte, ohne im Besitze einer behördlichen Bewilligung zu sein.

Hagenbuch ersucht um Begnadigung, wozu er sich auf den Einwand beschränkt, er habe das zugekaufte Heu zur Beibehaltung seines Viehbestandes benötigt. Niemand habe dabei einen Schaden erlitten.

Die heutigen Gesuchsanbringen wurden schon von der Bekursinstanz geprüft und als unzutreffend betrachtet. Der Begnadigungsweg aber ist kein zusätzliches Rechtsmittel. Hagenbuch führt keine eigentlichen Begnadigungsgründe an, und es liegen auch keine vor, was der Polizeibericht vom 3. Juni 1944 bestätigt. Da der Gesuchsteller im übrigen schon wiederholt kriegswirtschaftlich bestraft werden musste, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes ohne weiteres Abweisung.

46.

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49.

Georg Stamm, 1871, Landwirt, Thayngen (Schaffhausen), Karl Schiattar, 1883, Landwirt und Wirt, Schaffhausen, Joseph Vienat, 1887, Landwirt, Chevenez (Bern), Hans Merz, 1888, Landwirt, Zetzwil (Aargau).

(Ausdehnung des Ackerbaues.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 1. Oktober 1940 über die Ausdehnung des Ackerbaues sind verurteilt worden: 46. Georg Stamm, verurteilt am 1. Juni 1943 vom Einzelrichter der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 150 Busse wegen teilweiser Nichterfüllung der Anbaupflicht in den Jahren 1941/42.

1336 Stamm ersucht um gänzlichen oder doch wenigstens teilweisen Erlass der Busse, deren Bezahlung ihm schwer falle. Er versichert, dass er nicht schuldhaft gehandelt habe.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit der Herabsetzung der Busse auf Fr. 100 einverstanden erklären.

Im vorliegenden Falle scheint die Busse etwas hoch ausgefallen zu sein.

Einem zuhanden der Begnadigungsbehörde verfassten Polizeibericht entnehmen wir, dass Stamm infolge seines vorgerückten Alters den grössten Teil seiner verschuldeten Liegenschaft verpachtet hat. Zusammen mit seiner Ehefrau betreibt er heute nur noch soviel Landwirtschaft, als für den Unterhalt der Familie erforderlich ist. Zudem wird berichtet, dass der Gesuchsteller von seinen erwachsenen, in getrenntem Haushalt lebenden Kindern unterstützt wird. Er ist überdies mit einem Augenleiden behaftet. Sein rechter Arm ist gelähmt. Die Prüfung der Verhältnisse durch den Bichter hatte schon ergeben, dass der Verurteilte kein Vieh mehr besitzt und damit auf fremde Zugtiere angewiesen ist. Wir sind der Ansicht, dass sich hier ein Entgegenkommen geradezu aufdrängt, weshalb wir die Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 30 beantragen.

47. Karl Schlatter, verurteilt am 29. Februar 1944 vom Einzelrichter der 5. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 155 Busse wegen Nichterfüllung der Anbaupflicht in den Jahren 1942/43.

Schlatter ersucht um teilweisen Erlass der Busse, wozu er geltend macht, er müsse sein Land mit seiner kranken Frau und einem schwachen Knecht bewirtschaften. Die Busse treffe ihn zu hart.

In den Strafakten wird der Gesuchsteller als renitent bezeichnet. Er habe immer allerhand Ausreden und glaube, die Vorschriften gelten für andere Leute, nur nicht für ihn. Schlatter ist in der Lage, die Busse ratenweise aufzubringen. Da stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung, immerhin unter Zubilligung von Zahlungserleichterungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde.

48. Joseph Vienat, verurteilt am 21. Oktober 1943 vom Einzelrichter der 3. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu einer Busse von Fr. 200, weil er in der Anbauperiode
1941/42 die ihm zugewiesene Pflichtfläche nicht bebaut hatte.

Vienat ersucht um Erlass der Busse, wozu er geltend macht, er sei während der in Betracht kommenden Zeitspanne krank gewesen. Auch sein Sohn könne sich nicht der besten Gesundheit erfreuen.

Die vom Verurteilten angeführten Entschuldigungsgründe sind vom Kichter bereits berücksichtigt worden. Wir verweisen auf die Urteilserwägungen und

1337 beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Yolkswirtschaftsdepartementes deshalb Abweisung, weil stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen.

49. Hans Merz, verurteilt am 5. Juni 1944 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparteinentes zu Fr. 300 Busse, weil er in der Aubauperiode 1942/43 anstatt der ihm auferlegten Pflichtflache von 249 a nur 187 a angepflanzt hatte.

Merz ersucht um Erlass der Busse, wozu er seine Unschuld beteuert.

Sein Land eigne sich zum Mehranbau nicht. Er habe seinerzeit die vorgesehene Einsprachefrist verpasst und sehe sich daher gezwungen, um Straferlass zu ersuchen.

Zunächst ist festzustellen, dass der Begnadigungsweg kein Eechtsmittelersatz ist. Sodann erwähnen wir, dass die kantonale Ackerbaustelle die Möglichkeit des Mehranbaues in diesem Falle in vollem Umfange bejaht hat.

Merz ist aber ein Gegner der Ausdehnung des Ackerbaus. Laut den eingezogenen Erkundigungen kann er die Busse ohne weiteres entrichten. Wir bea n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. November 1944.

5447

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Stampfli.

Der Bundeskanzler: Leiingrulber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1944.) (Vom 10. November 1944.)

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23.11.1944

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