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Bundesblatt

96. Jahrgang.

Bern, den; 21. Dezember 1944.

Band I.

Erscheint in der Segel alle 14 Tage. Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Coiffeurgewerbe.

(Vom 8.: Dezember 1944.)

Der schweizerische Bundesrat, nach Prüfung des Antrages des Schweizerischen Coiffeurmeister-Verbandes, des Schweizerischen Coiffeurgehilfen-Verbandes, des Schweizerischen Verbandes christlicher Textil- und Bekleidungsarbeiter und des Schweizerischen Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellter auf Allgemeinverbindlicherklärung des am 29. Juli 1944 abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Coiffeurgewerbe, gestützt auf Art. 8, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung: von Gesamtarbeitsvertragen, beschliesst : ,

Art. 1.

Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 29. Juli 1944 für das schweizerische Coiffeurgewerbe werden folgende Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt: I. Minimalgrundlage.

Die Bestimmungen dieses Vertrages sind als Minimalbestimmungen zu betrachten, die durch Einzeldienstverträge oder lokale und regionale Gesamtarbeitsverträge nicht unterschritten werden dürfen. Wo weitergehende kantonale oder lokale Vorschriften bestehen oder höhere Löhne üblich sind, bleiben sie weiter in Kraft.

: : II. Arbeitszeit (Präsenzzeit).

1 Die Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 60, höchstens 66 Stunden pro Woche. Vorbehalten bleiben zwingende gesetzliche Vorschriften.

Bundesblatt.

96. Jahrg.

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1510 ' 2 Die Arbeitgeber sind verpflichtet, sich mit den Angestellten über die Gewährung von mindestens zwei, womöglich zusammenhängenden Freistunden wöchentlich zur Besorgung persönlicher Bedürfnisse zu verständigen. Wo bisher mehr Freistunden gewährt wurden, bleibt diese Praxis bestehen. Beträgt die Arbeitszeit (Präsenzzeit) 57 Stunden oder weniger, so liegt die Gewährung von Freistunden im Ermessen des Arbeitgebers.

III. Überzeit- und Sonntagsarbeit.

Überzeitarbeit ist innert 14 Tagen durch entsprechende Freizeit auszugleichen. Die Karenzzeit von einer halben Stunde zur Fertigstellung einer Servicearbeit ist nicht als Überzeit zu betrachten, sofern diese Karenzzeit in der Woche zwei Stunden nicht übersteigt.

2 Für ausserordentliche, nicht ortsübliche Sonntagsarbeit : ist der Lohn um 50 % zu erhöhen, ausgenommen sind die in Ziffer VIII genannten Saisonstellen.

IV. Mittagszeit.

Die Mittagszeit muss mindestens 1% Stunde für alle Angestellten betragen.

Wird der Angestellte beim Meister verköstigt, so beträgt sie mindestens eine Stunde.

V. Ferien.

1 Den Gehilfen und'Gehilf innen sind folgende bezahlte Ferien zu gewähren: a. nach l Dienstjahr im gleichen Betrieb mindestens 3 Arbeitstage; b. » 2 Dienstjahren im gleichen Betrieb mindestens 4 Arbeitstage; 1

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Wird Kost und Logis durch den Meister gewährt, so ist dieser verpflichtet, dem Gehilfen dafür pro Ferientag Fr. 5 in städtischen, Fr. 4 in halbstädtischen und ländlichen Verhältnissen zu entschädigen (basierend auf der Einteilung der Ortschaften für die Lohn- und Verdienstersatzordnung).

3 Wird das Dienstverhältnis vor Ablauf eines Dienstjahres aufgelöst, so hat der Gehilfe bei einer Dienstdauer von mindestens sechs Monaten Anspruch auf die Hälfte der Ferien des laufenden Jahres. Dem Gehilfen ist ferner bei Auflösung des Dienstverhältnisses ein allenfalls ihm noch zustehender Ferienanspruch vergangener Dienstjahre zu gewähren.

VI. Bezahlte Feiertage.

Als bezahlte Feiertage gelten in allen Fällen der 1. Januar und der 25. Dezember. Wo bisher mehr Feiertage bezahlt wurden, bleibt diese Praxis bestehen. Diese Regelung gilt auch für Aushilfen, die länger als drei Tage beschäftigt werden.

1511 VII. Minimallöhne.

1. Nichtgewährung von Kost und Logis durch den Meister.

a. H e r r e n c o i f f e u r e .

per Tag, je nach Verhältnissen

1. Nach Abschluss der Lehrzeit . . . mindestens Fr. 5.-- bis 2-. Im zweiten Dienstjahr » » 6.25 » Nachher als 3. Zweiter Salonnier » » 7.25 » 4. Erster Salonnier . ..'

» » 9:.-- »

Fr. 6.-- » 7.-- » 8.-- » 10.--

l. Coiffeusen.

Für die Coiffeusen gelten die gleichen Lohnansätze wie für die Herrencoiffeure.. .

c. Mixte.

; Fr. 2.-- mehr per Tag als gleichqualifizierte Herrencoiffeure.

d. Damencoiffeure (Umbildung vom Herrenfach ins Damenfach).

Nach Ablauf zweier Dienstjahre nach Abschluss der Umlernzeit sind folgende Minimallöhne zu bezahlen: Zweiter Damencoiffeur mindestens Fr. 9.-- per Tag; Erster Damencoiffeur mindestens Fr. 12 per Tag.

2. Gewährung von Kost und Logis durch den Meister.

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Bei Gewährung von Kost und Logis im Haushalt des Meisters beträgt der Monatslohn das Zwölffache des sonst geltenden Taglohnes.

VUE. Zuschläge.

In kurzfristigen Saisonstellen wird auf alle Lohnsätze ein Zuschlag von mindestens 10 % gewährt. .

· Aushilfen erhalten während der ersten drei Tage den ihnen vertraglich zustehenden Taglohn mit einem Zuschlag von Fr. 1.-- plus Eeisespesen.

IX. Teuerungszulage.

Auf den in diesem Gesamtarbeitsvertrag unter Ziff. VII festgelegten Minimallöhnen ist eine 20 %ige Teuerungszulage auszurichten.

X. Verhältnis während der Krankheit.

Der Gehilfe ist gehalten, sich gegen Krankheit zu versichern. Der Meister muss für Arzt, Arzneikosten und Lohn während der Krankheit nicht aufkommen.

1512 XI. Unfall- und Haftpflichtversicherung.

Der Meister hat seine Gehilfen gegen Betriebsunfall sowie für Haftpflicht zu versichern.

XII. Probezeit.

Die Probezeit im Dienstverhältnis beträgt 14 Tage mit dreitägiger Kündigungsfrist.

XIII. Beendigung des Dienstverhältnisses.

Die Kündigungsfrist beträgt, wo nichts anderes schriftlich vereinbart wird, 14 Tage, und zwar auch für überjährige Dienstverhältnisse.

XIV. Schwarzarbeit.

Gehilfen und Gehilfinnen, die während der Freizeit oder der Ferien Berufsarbeit zu Erwerbszwecken ausführen, können nach einmaliger fruchtloser Mahnung sofort entlassen werden.

XV. Kontroll- und Strafbestimmungen.

Die von den Berufsverbänden eingesetzte paritätische Kommission (Ziff. XVI) im Coiffeurgewerbe kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen dieses Vertrages durchführen.

2 Bei festgestellter Nichtbezahlung allgemeinverbindlich erklärter finanzieller Verpflichtungen hat der Meister den Gehilfen diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren ; überdies hat er 25% der geschuldeten Nachzahlung an das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit zuhanden der paritätischen Kommission für das Coiffeurgewerbe zu entrichten.

Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindlicherklärung sowie für die Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden.

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XVI. Paritätische Kommission.

Zur Schlichtung der sich aus dieserò. Vertrage ergebenden Kollektivstreitigkeiten zwischen den vertragschliessenden Verbänden wird eine paritätische Kommission von acht Mitgliedern bestimmt (vier Vertreter des Meisterverbandes und vier Vertreter der Gehilfenorganisationen). Als Obmann wird von der Kommission eine neutrale Person bezeichnet. Die durch die vertragschliessenden Verbände vorgenommene Wahl bedarf der Genehmigung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit.

2 Diese Kommission wird zusammenberufen, wenn Differenzen in der Auslegung des Vertrages bestehen oder wenn zeitlich bedingte Änderungen, z. B.

im Falle einer allgemeinen Teuerung, im Vertrag notwendig werden oder die Verhältnisse im Gewerbe im allgemeinen es wünschbar erscheinen lassen. Es 1

1513 liegt in der Aufgabe der Kommission, von Zeit zu Zeit zusammenzutreten, um über die Verhältnisse im Gewerbe zu sprechen. Im Jahr soll mindestens eine Sitzung stattfinden.

Art. 2.

Die Allgemeinverbindlichkeit erstreckt sich auf das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft mit. Ausnahme der Kantone Waadt und Genf. Im Falle der Ausserkraftsetzung des Beschlusses vom 19. Juli/24. Oktober 1944 des Staatsrates des Kantons Genf betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das genferische Coiffeurgewerbe findet jedoch der vorliegende Bundesratsbeschluss auch auf diesen Kanton bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer neuen Allgemeinverbindlicherklärung für das genferische Coiffeurgewerbe Anwendung.

2 Sie erstreckt sich auf das Coiffeurgewerbe, ausgenommen die Lehrlinge, für die ein Lehrvertrag gemäss Bundesgesetz über die berufliche Ausbildung abgeschlossen wurde.

3 Die Allgemeinverbindlichkeit tritt mit der amtlichen Veröffentlichung dieses Beschlusses in Kraft und dauert hinsichtlich der allgemeinverbindlich erklärten Teuerungszulage (Art. l, Ziff. IX) bis Ende 1945, hinsichtlich der übrigen Bestimmungen bis Ende 1946.

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Bern, den 8. Dezember 1944.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Stampili.

Der Bundeskanzler: Leim gruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Coiffeurgewerbe. (Vom 8. Dezember 1944.)

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1944

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21.12.1944

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1509-1513

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