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Kreisschreiben des

schweizerischen Bundesrathes an die Regierungen sämmtlicher eidgenössischen Stände und an die jenigen der Grenzkantone insbesondere, betref send fremde Truppenbewegungen.

Bern, den 15. gebruar 1850.

Getreue, liebe Eidgenossen !

Mehrere Zeitungen enthielten die .Nachricht, daß von »erfchiedenen Mächten u. a. von Oefterreich und Preußen Truppen zufammengezogen werden, mit der Bestimmung, gegen die Schweiz zu marfchiren, ja fogar sie zu bcse&en, und zwar in der Abficht, ihr gewisse, mit ihrer Würde

und Unabhängigkeit unverträgliche Zugeständnisse abzu# nöthigen.

Obgleich nun bis zur Stunde, von Seite der be# nannten Mächte, weder schriftlich noch mündlich, keine Note und kein Anfuchen der in den öffentlichen .-..Blättern rrwähnten Art., d. h. Noten und Begehren in Beziijj auf die Flüchtlinge und Gefährdung der Institutionen und Rechte der Schweiz bezweckend, weder direkt noch indirekt an uns gerichtet wurden, obgleich die Machie jeglichen Grundes zu Beschwerden gegen die Eidgenossenschaft, welche aus freien Stücken und redlich ihre volker-* rechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat und fortfahren wird, sie zu erfüllen, entbehren, und wir daher weit entfernt sind, die diesen Mächten untergeschobenen Absichten zu glauben, oder auch nur vorauszusetzen, so sehen wir uns dessen ungeachtet, im Bewußtsein unserer .Pflicht über die Sicherheit der Schweiz und die Erhaltung ihrer

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Unabhängigkeit sowohl als ihrer Neutralität zu wachen, veranlaßt, an Sie das Gesuch zu richten, uns von Allem demjenigen, was Sie in Bezug auf Zusammenziehung und Bewegungen fremder Truppen, deren Zweck die Schweiz sein dürfte, wissen und erfahren können, in Kenntniß setzen zu wollen, damit wir, falls wider alles Erwarten die ausgestreuten Gerüchte .gegründet sein sollten, in den Stand gesetzt wären, zur rechten Zeit die zur Verteidigung des Vaterlandes erforderlichen Maßregeln zu ergreifen.

Sie wissen es wohl, getreue, liebe Eidgenossen, daß

wenn einerseits die Schweiz nicht Willens ist, ihr Gebiet zum .peerde einer Propoganda und zu Umtrieben, welche den Nachbarstaaten Beforgniß einflößen können, herzugeben, wie dieß der schweizerische Bundesrath durch seinen Beschluß vom 16. Iuli 1849 und seine übrigen Maßregeln in Betreff der Internirung der Flüchtlinge und der Ausweisung ihrer Anführer, Maßregeln, welche nicht Zugeständnisse find, sondern die selbstständigc und freiwillige. Erfüllung unferer völkerrechtlichen Vcrpflichtungen waren, bewiesen hat, anderseits die Schweiz, stark auf diese Stellung, jede Zumuthung, welche die Grenze ihrer Pflichten überschreiten würde, jeden Angriff auf ihre Rechte, mit derjenigen Kraft, welche das Bewußtsein einer guten Sache gibt, zurückweisen müßte; es ist dieß der feste Entschluß der Nation und ihrer sowohl kantonalen als eidgenössischen .-.Behörden. Diefer Entschluß ist daher auch der unfrige, in der Ueberzeugung, daß wenn die Schweiz nicht herausfordert, sie sich ebensowenig vor Drohungen beugt.

Allein, wir wiederholen es, die Feindseligkeiten, mit welchen gewisse Zeitungen die Schweiz bedrohen, entbehren fo sehr allen Grundes, fie würden der Vernunft und

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der Gerechtigkeit, der Erhaltung der allgemeinen Ruhe so sehr zuwiderlaufen, dajj wir die Mächte zu beleidigen glaubten, wenn wir annehmen wollten, daß fit sich durch eine Partei hinreißen lassen könnten, welche nicht müde wird, die Schweiz zu verläumden, in der Hoffnung, es werde ihr, indem fie die europäischen Regierungen durch ihre unausgesetzten Lügen tauschen, gelingen, dieselben zum Werkzeuge ihrer gefährlichen Plane zu machen.

Schenken Sie auch diefer Partei keinen Glauben, die da behauptet, es hätte der Bundesrath den Geboten der Diplomatie nachgegeben oder er sei deren Forderungen entgegengekommen. Es ist dieß ebenso unwahr, als wenn sie behauptet, der Bundesrath habe nicht die Macht, seinen Befehlen Achtung zu verfchaffen, oder es gebe die Schweiz fortwährend Ursache zu Unruhen in den Nach'barftaaten.

Diese, wie auch andere Erfindungen stehen in Verbindung mit dem Plane der Umtriebe der reaktionären Partei; daher es wichtig ist auf diefclbe ein wachsames Auge zu haben.

Wir ergreifen diefen Anlaß, Sie, getreue liebe Eidgenossen, fammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathe..?, Der Bundespräsident:

«·Ç. Drue.0.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft, Der Stellvertreter,

N. von Moos.

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Kreisschreiben des schweizerischen Bundesrathes an die Regierungen sämmtlicher eidgenössischen Stände und an diejenigen der Grenzkantone insbesondere, betreffend fremde Truppenbewegungen.

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Bundesblatt

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1850

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08

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23.02.1850

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