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Schweizerisches

Jahrgang II. Band III.

M i t t w o c h , den 20. .ffihUernionat 1850.

Mnn abonnirt ausschließlich beim nächfiflelegeneu Postami. Preis sur Bas Jahr 1850 im ganzen Umfange der @*meiz p o r t o f r e i Frkn. 3.

Inserate sind s r a n k i r t an die (Srpedition einjufeiide.i. ©ebühr l Batzen per Zeile ober deren Dianm.

Verhandhttiiîett der .Bundesversammlung, des National- und Ständerathes.

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Gesezentwurf über

die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes., Vom Bunbesratl-ie definitiv bercithen am 14. Nov. 1850.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft,

in Ausführung der Art. 61,62,63,64,65 und 66, sowie in Berücksichtigung des Art. 74, Ziffer l der Bundesverfassung, nach Einficht des Vorschlages des Bundesrathes, beschließt: Artikel 1. Die Wahl des Nationalrathes wird direkt vom Volke vorgenommen.

Bundesblatt. Jahr-, n. Bd. HL .31

410 Art. 2. Der Nationalrath wird auf die Dauer von drei Jahren gewählt und es findet jeweilen Gesammterneuerung statt.

Die inzwifchen in Erledigung fallenden Stellen find, wenn nicht eine ordentliche Gefarnmterneuerung nahe bevorsteht, ohne Verzug durch die Anordnung einer neuen Wahl zu erfezen.

Die Gesammtwahlen beginnen jeweilen am ersten Sonntage nach dem Bettage des betreffenden Iahres.

Die erste Amtsdauer geht mit dem 6. November 1851 zu Ende.

Art. 3. Der Nationalrath wird nach Art. 61 der Bundesverfassung aus Abgeordneten des fchweizerifchen Volkes gebildet. Auf je 20,000 Seelen der Gefammtbevölkerung wird ein Mitglied gewählt.

Eine Bruchzahl über 10,000 Seelen wird für 20,000 Seelen berechnet..

Ieder Kanton, und bei getheilten Kantonen, jeder der beiden Sandestheile hat wenigstens ein Mitglied zu

wählen.

Art. 4. Nach Maßgabe dieser Bestimmung und des Ergebnisses der jüngsten Volkszählung hat zu wählen:

Der Kanton Zürich .

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.-Transport: 56 Mitglieder.

411 Transport: 56 Mitglieder.

Der Kanton Solothurn 3 ,, ,, " Basel-Stadt . l " ,, ,,.

Basel-Sandschaft . 2 " ,, " Schaffhausen . 2 " ,, ,, Appenzell Außer-Rhoden . 2 " " ,, ,, Inner-Rhoden . l " St. Gallen .

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120 Mitglieder.

Art. 5. Je Einen eidgenosfischen Wahlkreis bilden die Kantone:

Uri.

Schwyz.

Unterwalden ob dem Wald.

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Glarus.

ZviÖ.

Solothurn.

Basel-Stadt.

Basel-Sandschaft.

Schaffhausen.

Appenzell Außer-Rhoden.

" Genf.

Inner-Rhoden und

412 Je zwei Wahlfreife bilden die Kantone : Luzern.

Freiburg.

Graubünden.

" Thnrgau.

Tesfin.

Wallis und Neuenburg.

Je drei Wahlkreife bilden die Kantone: St. ©allen.

Aargau und

Wcmdt.

Vier Wahlkreise bildet der Kanton Zürich.

Acht Wahlkreise bildet der Kanton Bern.

Art. 6. Die Wahlen finden in der Regel gemeindenweise und unter geheimer ©timmgebung, nach Vorschrift des gegenwärtigen Gesezes, statt.

Jn denjenigen Kantonen jedoch, welche Landsgemeinden haben, und die nur einen Wahlkreis bilden,, können die Wahlen auch in diesen Versammlungen und in offener Abstimmung vorgenommen .....erden. Dabei gelten diejenigen Formen als maßgebend, welche bei .Wahlen durch die Landsgemeinde in dem betreffenden Kantone überhaupt üblich sind.

Art. 7. Die Kantonsregierungen haben jeweils» : a. die Umschreibung der eidgenössischen Wahlkreise ihres Kantons genau zu bestimmen;

b. Tag und Stunde der Versammlungen zur Vornahine der Wahlen gleichmäßig für den ganzen Kanton zu bezeichnen; c. Sür Zusammenstellung des Wahlergebnisses zu forgen.

413 Art. 8. In jeder Gemeinde soll durch die Gemeindsbehorde ein Verzeichnis der stimmfähigen Bürger gebildet und jeweilen vor der Wahl bereinigt werden.

Art. 9. Stimmberechtigt ist jeder Schweizer, der das zwanzigste Altersiahr zurückgelegt hat und im Uebri# gen nach der Gesezgebung des Kantons, in welchem er seinen Wohnfitz hat, nicht vom Aftivbürgerrechte ausgeschlossen ist. (Bundesverfassung Art. 63.)

Art. 10. Beschwerden über unstatthafte Ausschließung vom Verzeichnisse, oder über unstatthafte Einverleibung in dasselbe werden zuerst bei der Kantonsregierung angebracht. Von dieser mag Berufung an den Bundesrath stattfinden.

Der Rekurs ist übrigens kein Hinderniß für die Wahlvornahme, und die Giltigïeit oder Ungiltigkeit der Wahl selbst ist von dem Entscheide und von dem Einflusse abhängig, den die betressenden Stimmen aus das Wahlergebniß gehabt haben.

Art. 11. Die Bürger, welchem Kantone fie auch angehören mögen, stimmen in demjenigen eidgenössischen Wahlkreise und in der Wahlversammlung derjenigen Gemeinde, wo sie ihren Wohnsitz haben.

Durch diese Bestimmung erleidet jedoch der auf die Mitglieder des Bundesrathes und auf den Kanzler der Eidgenossenschaft bezügliche Art. 2 des Bundesgesezes ·O"om 16. Mai 1849 über Organisation und Geschäftsgang des -.Bundesrathes keinen Eintrag.

Art. 12. Die Versammlungen zur Wahl von Abgeordneten in den Nationalrath werden vom Gemeindsvorsteher (Gemeindammann, Präsident, Syndik) oder seinem jeweiligen Stellvertreter eröffnet.

Art. 13. Zu einer giltigcn Wahlverhandlung ist

414 die Anwefenheit von wenigstens einem Drittheife der stimmfähigen Bürger erforderlich.

Art. 14. Bei Eröffnung der Verfammlung läßt der Präsident : a. das Sinberufungsdekret und die Artikel 63 und 64 der Bundesverfassung verlesen; h. die Versammlung über Zusammensetzung des definitiven'Büreaus abstimmen, das aus einem Präsidenten, aus wenigstens zwei Stimmenzählern und wenigstens einem Schreiber bestehen soll. In größern Gemeinden kann auch eine größere Zahl von Stimmenzählern und Schreibern ernannt werden.

Art. 15. Wahlfähig als Mitglied des National-

rathes ist jeder stimmberechtigte Schweizerbürger wel> lichen Standes. Naturalisirte Schweizer müssen feit wenigstens süns Jahren das erworbene Bürgerrecht besizen, «m wahlfähig zu sein (Bundesverfassung Art. 64).

Art. 16. Der Verbalprozeß jeder Ortswahlverfammlung foli fowohl die Gefammtzahl der Stimmenden, als auch insbesondere die Anzahl der Stimmen entlialten, die jeder Kandidat auf sich vereinigt, und nach Bekanntmachung des dießfälligcn Ergebnisses ein vom Bureau unterzeichnetes Doppel, in einem Umschlag versiegelt, dem Bezirksvorsteher und von diesem der Kantonsregierung zugeschickt werden. Wo keine von den Gemeinden getrennte Bezirkseintheilung besteht, werden solche Doppel unmittelbar der Kantonsregierung zugeschickt. * Der Bezirksvorsteher, beziehungsweise die Kantonsregierung, hat nöthigenfalls dafür zu sorgen, daß solche Eingaben frühzeitig und vollständig einlangen.

Art. 17. Innerhalb der ersten acht Tage nach Abhaltung der Wahlverfammlungen tritt die betreffende

415 Kantonsregierung zusammen, össnet die Eingaben, welche die Verhandlungen enthalten und stellt das daherige Ergebniß zusammen.

Art. 18. Ist das Ergebniß der in den Versammlungen des Wahlkreises erfolgten Abstimmungen erwahrt, so wird jeweilen als in den Nationalrath gewählt erklärt, wer die absolute Mehrheit der Stimmenden auf sich vereinigt hat.

Haben mehr Kandidaten die absolute Mehrheit auf sich vereinigt als zu wählen find, so gilt derjenige als gewählt, der die meisten Stimmen aus sich vereinigt hat;

bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos.

Art. 19. Hat keiner der Vorgeschlagenen oder nur ein Theil der zu erwählenden Mitglieder die absolute .üJlehrheü aus fich vereinigt, so wird für die weiter erforderlichen Wahlen die Abstimmung erneuert.

-tlrt. 20. Behufs dessen wird die Kantonsregierung': a. den Gemeinden des betreffenden Wahlkreises das (Ergebniß mittheilen; b. dnselben zu einer neuen Abstimmung möglichst bald und längstens binnen vierzehn Tagen aus einen bestimmten Tag einberufen.

Art. 21. Bei der. nochmaligen Abstimmung wird,

wie oben int gegenwärtigen Gesez vorgeschrieben ist, verfahren un.5 zwar insbesondere nach Art. 8 bis 11 und 15 bis 18, so daß die Wahl fortwährend frei bleibt und fich nicht auf einzelne Kandidaten der frühern AbfHmmung beschränkt.

Art. 22. Das Bureau bleibt das nämliche, welches für die erste Abstimmung gewählt worden war, insoweit dasselbe nicht etwa wegen Abwesenheits- oder anderer Verhinderungsfälle einer Vervollständigung bedarf.

Art. 23. Wenn aus irgend einem der im Art. 19

416 angeführten Gründe ein dritter SBahlgang erforderlich wird, fo findet das gleiche Verfahren, wie beim vorigen Wahlgange statt, jedoch gilt alsdann derjenige Kandidat als gewählt, der in diefem dritten Wahlgange die relativ meisten Stimmen auf sich vereinigt hat.

Haben zwei oder mehr Kandidaten gleichviel Stimmen erhalten, fo entscheidet das Loos.

Art. 24. Für Wahlen in den Nationalrath gilt kein Amtszwang. Die betreffende Kantonsregierung hat daher auf eine authentifche Erklärung hin, daß Jemand eine auf ihn gefallene Wahl nicht annehme, unverzüglich eine neue Wahl anzuordnen, wobei im Allgempinen nach diefem Gesez und im Bcfondern nach Art. 8 bis 11, 13, 15 bis 18 und 22 desselben verfahren wird.

Art. 25. Ist eine Wahlverhandlung beendigt, so wird die betreffende Kantonsregierung : a. den oder die ©ewählten mit einem Srnenniingsakte versehen, welcher ihnen zur Bfglaui.iigung dient ; b. ihnen den Tag der Eröffnung des Nationalrathes anzeigen ; c. die Wahlprotofolle dein Bundesrathe mittheilen.

Art. 26. ..Die polizeilichen Verordnungen in den Kantonen zur Handhabung von Ordnung und Regelinäjjigkeit bei Wahlen finden in den Ortewahlversammlungen ihre Anwendung.

Ebenso gelten, bis zur Erlassung des eidgen. Strafgesezes, die kantonalen Gefeze für Bc|lrafnng von Verbrechen und Vergehen, die sich auf die Wahlen beziehen.

Art. 27. Wird wegen eines Todesfalles, wegen Rücktrittes, oder ans irgend einem ©runde die Ersezung eines Mitgliedes nöthig, so werden die .-.ÜBähler des eidgen. Wahlkreises, der das zu ersezende Mitglied in

417 den Nationalrath ernannt hatte, zu einer neuen Wahl einberufen.

Der Bundesrath ist ermächtigt, eingereichte Entlassungen anzunehmen und es wird derselbe in solchen gällen durch die betreffende Kantonsregierung eine neue Wahl veranlassen.

Es ist dabei das im Allgemeinen vorgeschriebene fahren zu beobachten.

Ver-

Art. 28. Der Bundesrath Übermacht die erhaltenen Wahlakten, behufs Prüfung und Anerkennung der Wahl, jeweilen dem Nationalrathe.

Art. 29. Iedes mit einer Beglaubigung der betreffenden Kantonsregierung versehene Mitglied des Nationalrathes nimmt im Schooße dieses leztern ohne weiters vorläufig seinen Plaz ein.

Art. 30. Zur Prüfung der Wahlakten wählt der Nationalrath aus feiner Mitte eine Kommiffion, welche in einer feiner nächsten Sizungen darüber Bericht zu erstatten hat.

Art. 31. Aus den Bericht erwähnter Kommisfion entscheidet der Nationalrath über die Gesezlichkeit des fraglichen Wahlvorganges und über daherige Anerkennnng der Wahlurknnden.

Art. 32. Erzeigt es sich, daß dasselbe Mitglied mehrfach gewählt ist, so hat es sich vor seiner Brndigung zu erklären, welche Wahl es annehme, und der Nationalrath je nach dem daherigen Ergebnisse den Buttdesrath gemäß Art. 27 dieses Gesezes mit der Anordnung einer oder mehrerer neuen Wahlen zu beauftragen.

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Gesezentwurf über die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes.

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