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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession von schmalspurigen Straßeneisenbahnen von Genf nach Bernex und von Genf nach Lancy.

(Vom 17. Dezember 1886.)

Tit.

Die Herren J. D u p o n t - B u ë c h e in G e n f , B. Tronchet in C h ê n e und P. P e t i t in V e y r i e r , welchen unterm 2. Juli 1. J.

die Konzession für eine schmalspurige Straßeneisenbahn (Dampftramway) von Genf nach Veyrier ertheilt wurde, sowie ferner Herr D a v i d Annevelle in Genf, beabsichtigen, in gleicher Weise wie Veyrier, noch eine Reihe anderer mehr oder weniger entfernter, mit Genf in vielfachem und regem Verkehr stehender Ortschaften durch schmalspurige Straßeneisenbahnen mit der Hauptstadt zu verbinden und so der Bevölkerung der betreffenden Gemeinden und ihrer Umgebung an Stelle der bisherigen ungenügenden und kostspieligen Verkehrseinrichtungen ein den Bedürfnissen entsprechendes, rasches und gleichzeitig billiges Transportmittel zu verschaffen.

Zu diesen Zwecken reichten die genannten Initianten unterm 27. Oktober abhin Konzessionsgesuche für die Linien G e n f St. J u l i e n , Genf-Bernex und G e n f - F e r n e x ein, denen sie unterm 2. November noch ein ferneres für die Linie G e n f ' - L a n c y folgen ließen.

Was zunächst die Linien G e n f - S t. J u l i e n und G e n f F e r n ex betrifft, so wurden dieselben schon unterm 22. Dezember

1321 1879 (s. E. A. S. V, 274) den Herren B. Dussaud in Genf und Ch. Revel in Paris als eine einheitliche schmalspurige Straßeneisenbahn konzessionirt und nach dreimaliger Fristerstreckung unterm 20. Dezember 1882 die Konzession unter wiederholter Verlängerung ausschließlich auf den Namen des Herrn Dussaud übertragen. Seither mußten die Fristen noch weitere drei Male verlängert werden und ist zur Zeit wieder ein bezügliches Begehren hängig.

Mit Rücksicht auf den Umstand, daß für Genf-St. Julien und Genf-Fernex zur Zeit noch eine Konzession besteht, glaubte das Eisenbahndepartement, mit dem wir einig gehen, in die Behandlung der neuen Konzessionsgesuche für diese Linien einstweilen nicht eintreten zu sollen, um zu einer Verständigung zwischen den neuen Bewerbern und dem dermaligen Konzessionsinhaber Zeit und Gelegenheit zu geben. Es fanden denn auch Verhandlungen zu diesem Zwecke zwischen den Betheiligten statt, ohne aber bis zur Stunde zu einer Verständigung geführt zu haben.

Die beiden andern Konzessionsgesuche, für G e n f - B e r n ex und G - e n f - L a n c y , dagegen, in Bezug auf welche ein Konkurrenzverhältniß nicht vorlag, wurden der Regierung von Genf zur Vernehmlassung übermittelt, mit der Einladung, sich insbesondere darüber auszusprechen, ob zwischen den kompetenten kantonalen bezw.

lokalen Behörden und den Konzessionsbewerbern eine abschließliche Vereinbarung über die Benutzung der öffentlichen Straßen für die Bahnanlage schon getroffen sei, indem nach konstanter Praxis die Bundeskonzession nur unter dieser Voraussetzung ertheilt werden könne.

Dieser Einladung kam der Staatsrath von Genf mit Zuschrift vom 23. November 1886 nach, indem er die schon anläßlich der Konzession für Genf-Veyrier in seinen Schreiben vom 11. und 15. Juni 1886 (siehe Botschaft betreffend Genf-Veyrier vom 24. Juni 1886, Bundesbl. 1886, II, 877 und 878) abgegebene Erklärung bestätigte, daß der Staatsrath die erforderlichen administrativen Kompetenzen besitze, um die Erstellung einer schmalspurigen Bisenbahn auf den Kantonsstraßeu von sich aus zu bewilligen, ohne die gesetzgebende Behörde begrüßen zu müssen.

Mit feücksicht indessen auf den bedeutenden Einfluß, welchen das projektirte umfassende Straßenbahnnetz auf den Verkehr im Allgemeinen ausüben werde, habe der Staatsrath beschlossen, vom Großen Rathe die
Ermächtigung einzuholen, mit den Konzessionären der sämmtlichen verschiedenen Linien des Netzes über Alles, was die Benutzung öffentlichen Grund und Bodens betreffe, direkte zu verhandeln.

1322 Was im Besondern die Linien Genf-Bernex und Genf-Lanc.y betreffe, so seien der Staatsrath und die Petenten über das aufzustellende Pflichtenheft einig, dessen Bestimmungen die gleichen seien wie diejenigen der Uebereinkunft betreffend Genf-Veyrier.

Nach diesen Erklärungen des Staatsrathes konnte die Frage der Straßenbenutzung grundsätzlich als erledigt betrachtet werden und stand der weitern Behandlung der Gesuche nichts entgegen.

Am 9. Dezember fanden die durch Art. 2 des Eisenbahngesetzes vorgeschriebenen konferenzielleti Verhandlungen zur Vereinbarung der Konzessionsbedingungen unter Betheiligung des Staatsrathes von Genf und der Petenten statt. Dabei einigte man sich mit einigen unbedeutenden Abänderungen, die unten zur Sprache kommen werden, auf die schon für die Konzession Genf-Veyrier aufgestellten Bedingungen.

Was die beiden Projekte im Einzelnen anbelangt, so ergibt sich aus den vorliegenden Akten im Wesentlichen Folgendes: Die Linie Genf-Bernex ist zur Bedienung der Ortschaften PutitLaucy, Onex, Confignon und Bernex bestimmt, welche alle zur Erleichterung ihres täglichen Personen- und Warenverkehrs nach Genf lebhaft den Ersatz des ungenügenden Omnibusdienstes durch eine Schmalspurbahn wünschen. Dabei wird ferner aufmerksam gemacht, daß diese Bahn der zahlreichen Bevölkerung der Rhououfer für den Fall, daß sich bei der sie sonst bedienenden Eisenbahn Genf-Lyon eine Katastrophe wie 1883 beim Fort de TEcluse, wiederholen und die Verbindung unterbrechen würde, gute Dienste zu leisten im Falle wäre.

Für die Linie Genf-Lancy ergebe sieh das Bedürfniß schon aus der Dichtigkeit der davon berührten Bevölkerung (95 Seelen per Quadratkilometer), die ebenfalls nach einem leichtern, fiiigo nehmern und vor Allem billigern Verkehrsmittel rufe, welches ebenso der landwirtschaftlichen und der industriellen Bevölkerung zur Beförderung ihrer Erzeugnisse auf den Markt nach Genf, wie ferner dem Verkehr der die unterti und höheren Schulen Genfs besuchenden jungen Leute von Lancy und Des Accacias dienen werde.

Nach dem vorläufigen Projekte und vorbehaltlich des Entscheides der vom Staatsrathe mit dem Studium eines umfassenden Schmalspurbahnnetzes im Kanton Genf beauftragten Expertenkommission, ist .für Genf-Bernex zunächst ein mit der (von den gegenwärtigen Petenten projektirten) Linie nach St. Julien
gemeinschaftliches Traue vorgesehen, welches auf dem Quai de la l'oste in Genf beginnt, das Boulevard de la Coulouvrenière kreuzt und bis zum Boulevard du Diorama gelangt, wo die Abzweigung

1323 nach rechts stattfindet ; von hier weg folgt die Linie der neuen Kantonsstraße nach Onex und gelangt, nach dieser Ortschaft die alte Straße Lancy-Chancy benutzend, bis in die Mitte des Dorfes Bernex, wo sie ihr Ende nimmt.

Die Linie Genf-Laney geht von der Place de la Poste aus, folgt dem Boulevard du théâtre, erreicht die Place neuve, das dermalige Stelldichein der Bevölkerung der von der Linie zu bedienenden Gegend, vereinigt sich dann mit der Linie nach St. Julien, um gemeinschaftlich dem Boulevard de Plainpalais und dem Chemin des Terrassiers entlang zu verlaufen, die Arve auf dem Pont-neuf zu übersetzen, von dort, rechts abzweigend, die Route des Aecacias zu verfolgen, die Höhe von Lancy zu gewinnen und auf der alten nach Chancy führenden Straße bis nach Lancy zu gelangen, wo die Linie einstweilen endigt.

Regelmäßige Haltestellen sind vorgesehen, außer an den Endpunkten, für Genf-Bernex bei Confignon, für Genf-Lancy bei der Place neuve, Les Aecacias und am Pont-rouge.

Die technischen Grundlagen, das Betriebsmaterial und die Betriebsweise sind die nämlichen wie bei Genf-Veyrier und wie sie später auch für Genf-St. Julien und Gent'-Fernex adoptirt werden sollen.

Die Spurweite beträgt l Meter. Auf der Strecke Genf-Bernex kommen Steigungen bis 46,e %o, auf derjenigen Genf-Lancy bis 50 °/oo vor. Als kleinste Kurvenradien sind bei beiden Linien solche von 50 Meter in Aussicht genommen ; bei Genf-Lancy soll ausnahmsweise auf 45 Meter hinuntergegangen werden.

Die Linie Genf-Bernex ist (einschließlieh die mit Genf-St. Julien gemeinschaftliche Strecke) 6613 m. "lang, während die Länge von Genf-Lancy nur 3372 m. beträgt.

Beide Linien sind bestimmt, dem Personen-, Gepäck- und Güterverkehr zu dienen, und ist gleiches Rollmaterial wie für GenfVeyrier in Aussicht genommen: Tenderlokomotiven mit 3 gekuppelten Achsen und von circa 15 Tonnen Gewicht, Personenwagen, einstweilen nur zu einer Klasse, sovvio die erforderlichen Güterwagen, Alles in genügender Zahl, um dem Verkehre genügen zu können.

Der Retrieb soll wie bei Genf-Veyrier in der bei den Tramways im Allgemeinen üblichen Weise eingerichtet werden. Außer an den vorgesehenen Haltestellen werden die Züge überall da anhalten, wo die lokalen Bedürfnisse es erfordern. Die Billetausgabe wird in den Zügen durch das Zugspersonal besorgt, von welchem auch die Güter unterwegs auf- und abgeladen werden. Um Letz-

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Die Kosten werden für Genf-Bernex auf rund Fr. 60,000 per km. oder total Fr. 374,280 (ausschließlich die mit Genf-St. Julien gemeinsame Strecke), für Genf-Lancy auf Fr. 66,000 per km. oder im Ganzen auf Fr. 222,550 veranschlagt.

Da, wie wir schon oben erwähnten, in Betreff der vorgesehenen Straßenbenutzung zwischen dem Staatsrath von Genf und den Petenlen Einverständniß herrscht und auch im Uebrigen die Bedingungen zur Ertheilung der Konzession erfüllt sind, so beantragen wir Ihnen, den Gesuchen in Form nachstehenden Beschlußeutwurfes zu ' entsprechen.

In der Konzessionskonferenz lag für jede der beiden Linien ein besonderer Konzessionsentvvurf vor, was aber bei der vollständigen Uebereinstimrnung der Bedingungen nicht nur nicht nothwendig, sondern als eine Weitläufigkeit erscheint, so daß wir Ihnen die Vereinigung der Konzessionen in e i n e m Beschlüsse vorschlagen, womit sich auch die Petenten mündlich einverstanden erklärt haben. Um die von den Bewerbern gewollte Unabhängigkeit der beiden Linien von einander zu wahren, genügt es vollkommen, wenn im Art. 6 a ausdrücklieh gesagt wird, daß die Nichteinhaltung der Fristen für die eine Linie ohne Einfluß auf den Fortbestand der Konzession für die andere ist, also nicht deren Hinfall bedingt.

Im Eingang des Entwurfs ist nach dem Wunsche der Petenten die Konzessionsertheilung ,,für sich oder" zu Händen einer -/AI bildenden Aktiengesellschaft vorgesehen, da die Gresuchsteller unter Umständen von der Bildung einer Aktiengesellschaft Umgang zu nehmen beabsichtigen. Demgemäß ist auch in den einzelnen Bestimmungen der Konzession überall statt des Ausdruckes ,,Gesellschaft" die allgemeinere Bezeichnung ,,Bahnuuternehmen" oder eine andere passende Redaktion gewählt.

Sodann sind in der Prseambel die beiden Linien getrennt aufgeführt, mit der weitern Maßgabe, daß die nachfolgenden Bestimmungen für jede derselben Geltung haben sollen.

Die Passung des Art. 14 läßt den Konzessionären die Alternative offen, eine oder zwei Wagenklassen einzuführen, wogegen keine Einwendung zu erheben ist, da der Betrieb nach Art der Tramways eingerichtet werden soll, und überdies die Petenteu in der Konzessionskonferenz ihre Bereitwilligkeit erklärten, neben der zweiten eine erste Wagenklasse einzuführen, sobald sich aus dem Publikum bezügliche Wünsche geltend machen sollten. Im Art. 15 ist bei

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Im Art. 24 ist auch die Verpflichtung zur Errichtung einer Kranken- und Uniei'stüfzungskasse für das Personal, heziehungsweise, mit Rücksicht auf den geringen Umfang der Unternehmungen, zur Versicherung bei einer Anstalt, aufgenommen.

Alle übrigen Bestimmungen des Entwurfs stimmen mit den von Ihnen für Grenf-Veyrier festgestellten überein, an denen festzuhalten um so gerechtfertigter ist, als es sich hier um in allen Beziehungen analoge Unternehmungen handelt, die überdies von den nämlichen Personen ausgeführt und betrieben werden sollen.

Wir sehen daher von einer weitern Begründung ab, indem wir uns gestatten, auf die Botschaft betreffend Konzession einer schmalspurigen Straßeneisenbahn von Genf nach Veyrier vom 24. Juni 1886 (Bundesblatt 1886, II, 876) zu verweisen.

Der Staatsrath von Genf hat in seiner Vernehmlassung sowie Anläßlich der Konferenz speziell darauf aufmerksam gemacht, daß die Linie Genf-Lancy theil weise das dem Hrn. D u s s a u d für Genf - St.

Julien konzessionirte Trace in Anspruch nehme, was, wie oben erwähnt, vollkommen richtig ist. Es versteht sich, daß in Betreff der gemeinsamen Benutzung der betreffenden Strecke eine Verständigung zwischen den Interessenten zu treffen sein wird, wenn überhaupt die beiden Linien von verschiedenen Konzessionären erstellt werden sollten, was dermalen keineswegs als sicher anzunehmen ist. Schon aus diesem Grunde und im Hinblick auf Art. 30 des Eisenbahngesetzes halten wir die Aufnahme einer diesbezüglichen Bestimmung in die Konzession nicht für nothwendig.

Wir benutzen auch den vorliegenden Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. Dezember 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Bnndesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

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1326 (Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession für schmalspurige Straßeneisenbahnen von Genf nach Bernex und von Genf nach Lancy.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren J. D u p o n t - B u ë c h e in Genf und Genossen, vom 27. Oktober und 2. November 1888; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 17. Dezember 1880, beschließt: Den Herren J. D u p o n t - B u ë c h e und David A n n e v e l l e in G e n f , B. T r o n c h e t in C h ê n e und P. P e t i t in V e y r i e r , für sich oder zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb von schmalspurigen Straßeneisenbahnen von G e n f nach B e r n e x und von G e n f nach L a n c y unter den nachfolgenden, für jede der beiden Linien geltenden.

Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen, jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren., vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sita des Unternehmens ist in G e n f .

Art. 4. Die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltung muß au3 Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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1327 Art. 5. Binnen einer Frist von zwölf Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen eventuell nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Innert 12 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Die Nichteinhaltung dieser Fristen für die eine Linie ist ohne Einfluß auf den Fortbestand der Konzession für die andere Linie.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für den Straßenverkehr oder die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit l Meter Spurweite und eingeleisig ausgeführt, mit Ausnahme der als Ausweichstellen nöthigen doppelspurigen Strecken.

Der Oberbau ist so zu wählen, daß die Befahrung der Geleise mit Maschinen gefahrlos erfolgen kann.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Genf und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreiten, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Hinsichtlieh der Anzahl der Ziige und der Geschwindigkeit derselben bleibt die Prüfung und der Entscheid des Bundesrathes vorbehalten.

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1328 Art. 13. Die Unternehmung hat sich dem Transportreglement für die schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig öudet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Zustimmung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Das Unternehmen kann zur Personenbeförderung Wagen mit zwei Klassen führen.

Art. 15. Für den Transport von Personen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: in der ersten Waarenklasse, wenn eine solche ] er ,,., . , t-1, 4 wird, · A 15 -t K Rappen, D der eingeführt yrP R Kilometer , ,..

Bannla in der zweiten Wagenklasse 8 Rappen J ng«Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

Handgepäck, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann, ist bis zum Gewichte von 10 Kilogramm frei.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von 10 Rappen für 100 Kilogramm und einen Kilometer erhoben werden, jedenfalls mindestens 20 Rappen für das einzelne Stück.

Für Abonnementsbillets ist ein Rabatt von wenigstens 25 °/o zu bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Bisenbahn au spediren. Das Bahnunternehmen hat sich den hierüber vom Bundesrath aufzustellenden Vorschriften zu unterziehen.

Art. 17. Für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 6 Rappen, die niedrigste nicht über 4 Rappen per 100 Kilogramm und Kilometer betragen soll.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 20 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18. In Betreff des Gewichtes gelten Gütersendungen bis auf 100 Kilogramm für volle 100 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheü von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

1329 Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrunduog nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 19. Die im Artikel 17 aufgestellten Taxbestimmuugen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waaren ist Sache der Bahnunternehmung, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 20. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 21. Die sämmtlicheu Tarife sind, mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22. Wenn die Unternehmung drei Jahre nach einander einen 6 °/o der Kosten für die baulichen Anlagen und den Inventarwerth des vorhandenen Betriebamaterials übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist entweder die Zahl der Fahrten angemessen zu vermehren, oder es sind die Taxen entsprechend zu erniedrigen.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich 5 °/o für Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals, zu decken, so kann entweder die Zahl der Fahrten angemessen vermindert, oder es dürfen die im Art. 15 und 17 zugestandenen Tarifsätze erhöht werden. Der Entscheid hierüber steht, nach Anhörung des Staatsrathes von Genf, dem Bundesrathe zu.

Verminderung der Fahrten oder Erhöhung der Taxen sind nur so lange zuläßig, als nöthig ist, um die oben genannte Rendite einzuhalten.

Art. 23. Den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen ist freier Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 24. Die Bahnunternehmung wird für die Aeuffuung eines gehörigen Brneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Krankenund Unterstützungskasse für ihr Personal errichten oder dasselbe bei einer Anstalt versichern. Die darüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

1330 Art. 25. Ueber die Benutzimg der öffentlichen Straßen und Plätze u. s. w. durch die Einrichtungen der Straßenbahn, sei es nur während des Baues, sei es zum Bau und Betrieb, soweit es sich nicht um Expropriation handelt, haben die Konzessionäre in erster Linie mit den kantonalen Behörden eine Verständigung auzustreben. Das bezügliche Pflichtenheft ist dem Bundesrat h zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. Insofern bis zum Termin der Planvorlage keine Einigung unter den Betheiligten erfolgt, wird der Bundesrath über die streitigen Punkte entscheiden.

Art. 26. Nach Ablauf der vorliegenden Konzession und durch die bloße Thatsache dieses Ablaufs treten der Kanton Genf und eventuell die betheiligten Gemeinden in alle Rechte der Konzessionäre in Hinsicht auf die von diesen auf dem betreffenden öffentlichen Grund erstellten Anlagen; diese sind von den Unternehmern in normalem, betriebsfähigem Stand zu hinterlassen oder in solchen herzustellen.

Die nicht mit dem Boden verbundenen Gegenstände (mit Ausnahme der Schienen), als die Vorräthe, das Rollmaterial, die Remisen, sollen von Experten geschätzt werden.

Der Kanton Genf und, wenn derselbe von dieser Befugniß keinen Gebrauch macht, die Gemeinden haben das Recht, diese Gegenstände gegen Zahlung des von den Experten bestimmten Preises an sich zu ziehen. Die Konzessionäre ihrerseits können fordern, daß diese Gegenstände zu dem erwähnten Schätzungswert!!

vom Staat und den Gemeinden übernommen werden.

Die Parteien sollen sich hierüber ihre Absichten ein Jahr vor Ablauf der Konzession mittheilen.

Art. 27. Der Rückkauf kann jederzeit vom Kanton Genf, und eventuell von den Gemeinden, gegen Zahlung einer gerechten Entschädigung bewirkt werden. ' Mangels einer gutlichen Verständigung über den Preis und die Rückkaufsbedingungen sollen die kantonalen Gerichte, unter Vorbehalt der Berufung an's Bundesgericht, entscheiden.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzug der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tag ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Nachtrags-Bericht des

Bundesrathes über die Rekurseingabe der Regierung des Kantons Zug, betreffend die Führung der Expreßzüge 42 und 47 zwischen Zürich und Zug.

(Vom 13. Dezember 1886.)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen die neue Eingabe zuzustellen, welche betreffend die Beschwerde des Kantons Zug gegen den Bundesrathsbeschluß vom 7. Mai d. J. bezüglich der Führung der Expreßzüge 42 und 47 der schweizerischen Nordostbahn mit Schreiben der Regierung des genannten Kantons vom 25. November d. J. an uns gelangt ist. In dieser Eingabe ist ,,der Streit für einmal als gegenstandslos bezeichnet", weil die angefochtene Schlußnahme des Bundesrathes bereits vollzogen sei, -- dagegen wird eine authentische Interpretation des Art. 33 des Eisenbahngesetzes verlaugt, mit dem Beifugen, daß dieses Begehren bereits in der ursprünglichen Rekurseingabe angebracht, aber sowohl von den Kommissionen der Räthe als namentlich im Bericht des Bundesrathes mit Unrecht nicht in Betracht gezogen worden sei.

Die letztere Bemerkung veranlaßt uns zu einer kurzen Erwiderung. Das Bundesstaatsrecht kennt die Institution der authentischen Interpretation von Gesetzen nicht; über die Meinung und die Bedeutung gesetzlicher Bestimmungen im Falle Widerspruchs ist. noch immer anläßlich konkreter Fälle auf dem Rekursweg entschieden worden. Dieses Verfahren hat sieh bewährt und wir können nicht

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession von schmalspurigen Straßeneisenbahnen von Genf nach Bernex und von Genf nach Lancy.

(Vom 17. Dezember 1886.)

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30.12.1886

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