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Schweizerisches

Jahrgang II. Band I.

Wo. 14.

Frei.tag, den 5. April 1850.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis sür das Jahr 1850 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i Srfn. 3.

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Kommissionalbericht zu dem

Entwurf eines Erpropriationsgesetzes, wie derselbe alte den Berathungen der vom Nationalrath ernannten Kommission hervorgegangen ist.

Tit.!

Sie haben in ihrer letzten Sitzung vom 14. Dezember 1849 beschlossen: ,,daß die Vorlagen, welche der Bundesrath, in Folge des vom Nationalrath in der Eisenbahnangelegenheit ihm ertheilten Auftrages an die Bundesverfammlung zu bringen im Falle fein werde, unmittelbar an die damals ernannte Kommission zur Prüfung, Begutachtung und Antragstellung zu übermitteln feien."

Jn Ausführung dieser auch vom Ständerath bestätigten Schlußnahme hat der Bundesrath der von Jhnen gewählten Kommission den Entwurf zu einem ExpropriationsBunde.JW.it.. L Jahrg. H. Bd.I.

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174 gefetz mitgetheilt. Diese Kommission hatte fchon während der letzten Sitzung des Nationalrathes eine Sektion von drei Mitgliedern mit der Vorberathung eines solchen vom Bundesrath zu erwartenden Gesetzcsentwurss beaustragt.

Diese Sektion fand sich nun veranlaßt, den vom Bundesrath vorgelegten Entwurf in mancher Beziehung zu ergänzen und ein vollständig umgearbeitetes Projekt an die größere Kommission zu bringen, welch' letztere sodann auf Grundlage der Anträge dieser Sektion den Entwurf eines Bnndesgcsetzes über Expropriation so genehmigte, wie derselbe gedruckt den Mitgliedern der Bundesversammlung mitgetheilt worden ist.

Indem nun die von Jhncn ernannte. Kommission diesen Entwurf dem Nationalräthe vorlegt, wird sich die gegenwärtige Berichterstattung daraus beschränken, nur die wesentlichsten Punkte herauszuheben, und die nähere Beleuchtung mancher Detailbestimmungen der mündlichen Erörterung bei der Berathung im Nationalräthe vorbehalten.

Was zunächst die ganze Anlage des Gesetzes betrifft, so hielten wir für angemessen, den darin zu behandelnden Stoff unter verschiedene Hauptgesichtspunkte zu rubriciren.

Es zerfällt demnach der Entwurf, der leichtern Uebersicht wegen, in folgende Abfchnitte: L Verbindlichkeit zur Expropriation und zur Ent-

schadigung.

li. Verfahren Behufs der Expropriation und der Ausmittlung der dafür zu leistenden Entschädigung.

III. ..Bezahlung der Entschädigung und ihre Wirkung.

IV. Von den tosten.

Wir werden daher auch in der -.Berichterstattung dieser

Eintheilung folgen.

175 I. Von der V e r b i n d l i c h k e i t zur E x p r o p r i a t i o n und zur Entschädigung.

Die Kommission mußte sich zunächst die Frage aufwerfen: ob mit Hinficht auf die Veranlassung der Ansarbeitung eines Gesetzesentwnrses über Expropriation, dieser letztere speziell und ausschließlich aus Errichtung von Eisenbahnen berechnet sein soll, wie dieß bei verschiedenen Expropriationsgesetzen wirklich der Fall tist. Sie entschied diese Frage in verneinendem Sinne. Da der §. 21 der neuen Bundesverfassung dem Bund im Allgemeinen das Recht einräumt, zur Errichtung von össentlichen Werken im Interesse des Bundes, oder auch nur eines großen Theiles der Eidgenossenschaft die zum Zwecke der Expropriation erforderlichen Bestimmungen aufzustellen,

so erscheint es eben so nothwendig als zweckmäßig, bei der Ausarbeitung und Erlassung eines solchen Gesetzes sich nicht bloß auf eine einzelne Gattung folcher Werke zu beschränken, fondern im Einklang mit der Bundesverfaffnng ö f f e n t l i c h e W e r f e ü b e r h a u p in's Auge zu fassen. Dabei ist es jedoch ganz natürlich, daß man bei der Ausarbeitung nnd Berathung dieses Gesetzes vorzngs-

weife ans diejenigen Verhältnisse Rücksicht nimmt, welche mit der Errichtung von Eisenbahnen zusammenhängen, indem gerade diese es sind, für welche das Gesetz zunächst ganz besonders bestimmt ist.

Sodann glaubte die Kommission auch die Frage nicht außer Acht lassen zu dürsen, wem das Entscheidungsrecht zustehen soll, sofern es sich darum handelt, das Gesetz auch auf solche Fälle anzuwenden, wo öffentliche Werke nicht vom Bund selbst oder aus Rechnung desselben errichtet werden; sondern von Dritten, seien es Gefcllfchaften 'oder einzelne Privaten, immerhin in der Voraussetzung, daß bei Errichtung derselben der .Bund, oder ein bedeu-

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tender Theil der Eidgenossenschaft ein Interesse hat. Nach der Ansicht Jhrer Kommission soll in den letztern Fällen die Anwendung des Expropriationsgesetzes jeweilen Gegenstand der Entscheidung der Bundesversammlung sein, weßhalb sie angemessen fand, diefen Grundfatz in den ersten Paragraphen des Gesetzesentwurfes niederzulegen.

Eine andere Frage, welche zu wiederholten Erörterungen Stoff bot, bezieht sich auf den U m f a n g der Expropriationspflicht.

Darüber, daß diefe Verpflichtung bestehen soll, sowohl behufs der Erstellung, Unterhaltung und des Betriebes, als auch behufs allfälliger Veränderungen oder Erweiterungen öffentlicher Werke, waltete in der Kommission kein Zweisel; dagegen machten sich verschiedene Ansichten gelfend über die Frage, ob unter gewissen Voraussetzungen das Recht der Expropriation auch gegenüber solchen Berechtigten geltend gemacht werden könne, welche durch die Errichtung eines öffentlichen Werkes nicht direkte berührt werden. Die Kommission entschied sich für die Ansicht,

daß dieß in der Regel nicht der Fall fein könne, daß es aber doch gewisse Verhältnisse gebe, wo das Recht zur Expropriation auch solchen gegenüber eingeräumt werden müsse, welch? durch das zu errichtende öffentliche Werk nicht direkte berührt werden, jedoch nur mit denjenigen Beschränkungen, welche in §. 2 des Entwurfes aufgeführt sind. Die Kommission fand namentlich, daß da, wo in Folge der Errichtung eines öffentlichen Werkes zur Erhaltung ungestörter Kommunikation der Unternehmer zu Straßen-, Wasserbauten u. s. w. verpflichtet werden müsse (1. 6.), oder wo die Erstellung von besondern Vorrichtungen im Jnteresse der öffentlichen Sicherheit notwendig werde (§. 7), die Anwendung des Expropriationsgesetzes auch solchen gegenüber, welche durch das öffentliche Werk

177 nicht direkte betroffen werden, um fo mehr gerechtfertigt sei, als ohne dieß die Ausführung eines öffentlichen1 Werkes unter Umständen nicht nur fehr erschwert, sondern oft geradezu unmöglich gemacht würde, und da überdieß in solchen Fällen sehr oft auch ein öffentliches Interesse vorhanden fein werde, das für die Anwendung des Expropriationsgefetzes spreche. Mehr getheilt waren die Ansichten der Kommission darüber, ob das Recht der Erpropriation da, wo der Erpropriationspflichtige nicht direkte berührt wird, anch noch weiter ausgedehnt werden soll, wie namentlich auch solche Fälle, wo es sich um Entschädigung von andern direkte berührten Expropriationspflich-* tigen handelt. Die Kommission erklärte sich in ihrer Mehrheit dasür, daß auch im letztern Fall das Expropriations* recht geltend gemacht werden könne, jedoch nur, sosern den vom Unternehmer zu erfüllenden Verpflichtungen nicht auf anderm Wege ohne fehr bedeutenden Nachtheil für ihn ein Genüge gethan werden kann, und falls nicht ferner derjenige, der expropriirt werden foll, trotz der ihm zukommenden Entschädigung, besonders empfindlich betrossen wird. Es ging dabei die Kommission von der Ansicht aus, daß die Anwendung dieser Bestimmung besonders in einzelnen der in §. 4 vorgesehenen Fälle vorkommen werde, und zwar ost mehr im Jnteresse des direkt berührten Expropriationspflichtigen, als in demjenigen des Bannnternehmers. Der mehr zufällige Umstand, daß das Eigenthum des Einen direkte berührt wird, während dieß beim Andern nicht der Fall ist, soll keinen hinreichenden Grund dasür bilden, daß z. B. dem Einen die Betreibung eines ganzen Gewerbes unmöglich gemacht werden soll, während durch Anwendung des Expxopriationsrechtes bei dem nicht direkte berührten Berechtigten ohne bedeutenden Nachtheil

178 für Letztern die Fortbetreibung des Gewerbes für den Erstern* möglich gemacht werden könnte.

Was fodann die Entschädigungspflicht selbst betrifft, so fand die Kommission, es sei dieselbe ganz im Allgemeinen dahin festzustellen, daß sie für denjenigen, der Rechte abzutreten oder einzuräumen hat, den Anfpruch begründe auf vollen Ersatz sür alle ihm hiednrch ohne seine Schuld erwachsenden Vermögensnachtheile. Wir hielten es nicht sür angemeffen, im Gesetze selbst die einzelnen Faktoren speziell auszuführen, welche bei der Bestimmung der zu leistenden Entschädigungssumme zu be-

rücksichtigen sein können; da eine solche Auszählung der vertchiedenen hiebei zu berücksichtigenden Momente doch nicht immer eine vollständige ist, und daher besser dem richterlichen Ermessen bei Ausmittlung des Maßes der

Entschädigung im einzelnen Fall vorbehalten bleibt. Da« gegen sanden wir mit dem Bundesrath nothwendig, die-

jenigen Fälle speziell aufzuzählen, in welchen der BauUnternehmer verpflichtet ist, die Entfchädigungspflicht für das Ganze zu übernehmen, obgleich er für die Ausführung

des öffentlichen Werkes nnr Theile desselben nothwendig l)at (§. 4).

Eben so nothwendig schien uns aber auch durch das Gesetz selbst dem Bauunternehmer die Pflicht aufzulegen, alle diejenigen Bauten jeder Art zu übernehmen, welche zum Zweck der Erhaltung ungestörter Kommunikation nothwendig werden (§. 6), und diejenigen Vorrichtungen zu erstellen, welche durch die Interessen der öffentlichen Sicherheit geboten sind (§. 7).

179 II. V e r f a h r e n b e h u f s der Expropriation und d e r A u s m i t t l u n g d e r d a f ü r z u l e i s t e n d e n Eut-

schädignng.

Unter diesem Abschnitt sind aufeinander zu halten: . 1) Diejenigen Bestimmungen, welche zum Zwecke haben, in kurzer Zeit auf genaue und möglichst vollständige Weise den Umsang derjenigen Rechte kennen zu lernen, sür welche der Bauunternehmer Entschädigung zu leisten hat.

2) Diejenigen Vorschriften, welche sich ans die Ausmittlung der zu leistenden Entschädigung selbst beziehen.

Was nun die Bestimmungen der ersten Art betrifft, so liegt es in der Natur der Verhältnisse, daß dieselben nicht ganz gleich sein können, da wo es sich um die erste Anlegung eines öffentlichen Werkes handelt, wie in denjenigen Fällen, wo bloß Veränderungen oder Erweiterungen eines öffentlichen Werkes nothwendig werden, oder wo die Abtretung oder Einräumung von Rechten eine bloß zeitweife ist, oder wo die Expropriation nnr zum Zweck der Herbeischaffung oder Ablagerung von Material oder zum Zweck der Erhaltung oder des Betriebs eines öffentlichen Werkes erforderlich ist; oder wo Rechte abgetreten werden sollen, um andere Expropriationöpflichtige zu entschädigen, oder Verpflichtungen zu erfüllen, welche dem Unternehmer in Folge der .-Bestimmungen von §§. 6 und 7 obliegen. Die Kommis|ï'on fand nothwendig diesen Unterschied, der auch im Entwurf des Bundesrathes theilweise Berücksichtigung gefunden hat, dadurch bestimmt heranszuheben, daß sie die zur einen oder andern Art des Verfahrens gehörenden Bestimmungen, fo weit diefelben abweichend sind, unter zwei Unterabtheilungen zusammenstellt, und von einem o r d e n t l i c h e n (§§.9 -- 16) und

180 einem a u ß e r o r d e n t l i c h e n Verfahren spricht, (§. 16 bis §,21); während hinwieder diejenigen Vorschriften, welche fowohl bei dem einen als bei dem andern Verfahren ihre Anwendung finden, unter der Rubrik " g e m e i n f a m e Best i m m u n g e n" sich zusammengestellt finden.

Soll der Zweck, in furzer Zeit die Rechte kennen zu lernen, für welche Entschädigung verlangt wird, wirklich erreicht werden, so müssen Fristen festgesetzt und an Nichtbeachtung derselben gewisse Rcchtsnachtheile geknüpft werden. Der Entwurf des Bundesrathes bestimmt eine Frist von 30 Tagen, vom Tage der Ankündigung des Planes an gerechnet, und verbindet damit die Androhung, ,,-daß Forderungen, welche erst nach Ablauf diefer Frist gemacht werden, nicht mehr zulässig feien." Wir fanden eine solche Fristbestimmnng von 30 Tagen zwar angemessen, dagegen aber doch sur das materielle Recht zu gefährdend, wenn die Nichtbeachtung diefer ersten Frist fofort die Ausschließung jeder Entschädignngsanfprache zur Folge haben follte. Wir beantragen daher, daß noch eine zweite Frist und zwar eine solche von sechs Monaten festgefetzt werde, in dem Sinne, daß erst die 9îichtbeachtung dieser zweiten Frist den Verlust jeden Anspruchcrcchts auf Entschädigung zur Folge haben soll. Damit indessen die Festsetzung der ersten Frist, derjenigen von 30 Tagen nämlich, eine praktische Bedeutung und gehörige Wirksamkeit erhalte, wurde es nothwendig, gewisse Nachtheile schon für den Fall anzudrohen, wenn dieselbe versäumt werde. Der Rechtsnachtheil, der für diesen Fall nach dem Entwurf der Kommission angedreht wird, besteht nun darin, daß sich der Berechtigte in Beziehung aus das Maaß der zu leistenden Entschädigung dem Entscheibe der in §. 25 aufgestellten ©chatzungskornmifsiou zu unterziehen hat, . worüber unten das Nähere folgen soll.

181 Die Kommifsion glaubte auf folchem Wege den Zweck, in kurzer Zeit den Umfang der erhobenen Rechtsansprüche kennen zu lernen, erreichen zu können, ohne die letztern durch eine formelle Bestimmung allzusehr zu gefährden.

Was nun die einzelnen, fowohl auf das ordentliche als außerordentliche Verfahren, so wie die aus beide gleichmäßig anwendbaren Bestimmungen betrifft, so bedürfen dieselben im gegenwärtigen Bericht wohl keiner nähern

Begründung.

Eine wesentliche Abweichung zwischen dem Entwurf des Bundesrathes und demjenigen der Kommifsion bezieht sich auf die oben sub. N. 2 erwähnten Bestimmungen, betreffend die Ausmittlungen der Entschädigungsansprachen selbst. Nach dem Entwurf des Bundesrathes foll, sofern

mit den Berechtigten eine gütliche Verständigung nicht er-

zielt werden kann, fofort das bundesgerichtliche Prozeßverfahren eintreten. Die Kommifsion dagegen beantragt, daß dem richterlichen Entscheid ein Schätzungsverfahren vorausgehen soll, wie dieß in den meisten Expropriationsgefetzen answärtiger Staaten und schweizerischer Kantone der Fall ist.

Die Kommission ist vollständig mit dem .Bundesrathe darüber einverstanden, daß der Entjcheid der Frage, ob die Expropriationspflicht im einzelnen Fall begründet sei ober nicht, in die Kompetenz des Bundesrathes, und der Entscheid über die mit der Entschädigung zusammenhängenden Fragen in diejenige des ..Bundesgerichtes fallen soll. Allein [nach der Ansicht der Kommission liegt es im Interesse einer möglichst schnellen Erledigung, so wie in demjenigen derOekonomie, daß nicht alle und jede Entschädigungsansprachen, gleich von Anfang an, an das prozessualifche bundesgerichtliche Verfahren gewiefen werden.

Es soll daher nach dem Entwurf der Kommission dem gerichtlichen Entscheide ein Schätznngsversahren voraus-

182 gehen, welch letzteres, fofern nach demfelben noch ein

richterlicher Entscheid wirklich nothwendig wird, in der Regel auch die Grundlage des richterlichen Verfahrens bilden wird. Ein folches Schätzungsverfahren erscheint der Kommission um so nothwendiger, wenn man die Organisation unserer Bundesrechtspflege in's Auge faßt, nach welcher für die ganze Eidgenossenschaft nur ein einziges Centralgericht, nur eine einzige Jnstanz besteht, während hinwieder eine Delegation der Gerichtsbarkeit an die Kantonalgerichte mit manchen Jnkonvenienzen verbunden wäre und nur auf Kosten eines gleichmäßigen Verfahrens geschehen könnte. Von befonderer Wichtigkeit war dabei allerdings die Frage, wie die Schätznngslommission gebildet werden soll.

Die Kommission glaubte den beabsichtigten Zweck am besten dadurch zu erreichen, wenn dieselbe in der Weise komponirt werde, daß ein Mitglied vom Bundesgericht, ein Mitglied vom Bundesrath und das dritte Mitglied von der Regierung desjenigen Kantons gewählt werde, deren Liegenschaften bei der Ausführung des öffentlichen Werkes betheiligt sind. Um dieser Kommission möglichst den Charakter einer unparteiischen Taxationèkommission zu wahren, konnte dieselbe nicht wohl unter die Aufsicht der bei der Ausführung folcher öffentlichen Werke in der

Regel betheiligten Administrativbehörde, sondern sie mußte vielmehr unter die Aussicht des Bundesgerichtes gestellt werden. Dabei sprechen jedoch schon mit Rücksicht auf die zahlreiche Composition dieser letzter« ..Behörde Gründe

der Zweckmäßigkeit dafür, die mit dieser Aufsicht verbundenen Funktionen theils dem Präsidenten, theils einer Kommission des Gerichtes zuzutheilen, was süglich einem befondern Regulativ des Bundesgerichtes vorbehalten

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bleiben kann. Daß sowohl gegenüber den Parteien als gegenüber der Schatzungskommission felbst, Bestimmnngen aufgenommen werden, welche .theils ein eventuelles

(§§. 33 und 35), theils ein möglichst schleuniges Verfahren (§§. 31 und 38) zura Zwecke haben, rechtfertigt sich von felbst. Was sodann das von dem Bnndcsgerichte zu beobachtende Versahren betrifft, so-konnte sich dieKommission nicht veranlaßt finden, in den Entwurf spezielle prozessualische Bestimmungen aufzunehmen, indem sie von der Ansicht ausgeht, es werde in nächster Zeit in Beziehung auf das von dem Bundesgericht zu beobachtende Prozeßverfahren ein Gefetzesentwurf der Bundesversammlung vorgelegt werden.

HL Bezahlung der Entschädigung und ihre

Wirkung.

Die Hauptbestimmungen in diesem Abschnitt in Beziehung aus welche der Entwurf der Kommission von demjenigen des Bundesrathes abweicht, sind diejenigen, welche in §. 42 enthalten sind. Da mit der Bezahlung der Eutschädigungssumme diejenigen Rechte, welche Gegenstand der Expropriation sind, ohne Weiteres an den Bauunternehmer übergehen (§. 43), so muß durch das Gesetz ganz besonders Vorsorge dasür getroffen werden, daß für die Jnhaber der auf expropriirten Liegenfchaften lastende« dinglichen Rechte keine Gefährde entsteht. Wenn man nun .berücksichtiget, wie verfchieden die Gesetze und Behörden in den Kantonen sind, welche mit dem Hypothekarwesen zusammenhängen, so glaubte die Kommission für die Jnteressen des Kredites am besten dadurch zu sorgen, wenn sie dem Bauunternehmer zur Pflicht mache, die Entschädigungssumme durch Vermittlung der betreffen-

184 den Kantonsregiernng an die Berechtigten gelangen zu lassen, welche dann dafür zu sorgen hat, daß den Jnhabern solcher dinglichen Rechte sür ihre Ansprüche ihr Betreffniß von der Entschädigungssumme zukomme. Ebenso fand die Kommission für angemessen, etwas genauer diejenigen Fälle zu bezeichnen, in welchen auch v o r der

Bezahlung der Entschädigungssumme die Abtretung oder Einräumung von Rechten, welche Gegenstand der Expropriation sind, durch den Bauunternehmer fofort nach geschehener Schätzung verlangt werden kann, wie dieß namentlich durch den §. 44 des Entwurfs geschieht.

Sodann vermißte die Kommission in dem Entwurf des Bundesrathes Bestimmungen darüber, wie es gehalten werden soll, wenn ein expropriâtes Recht zu einem andern Zweck als zu demjenigen, sür welchen expropriirt worden ist, verwendet werden wollte, oder wenn es während längerer Zeit zu dem Expropriationszweck gar nicht benutzt würde, oder wenn das öffentliche Werk, für welches expropriirt wurde, gar nicht ausgeführt wird.

Jn folchen Fällen soll nach der Ansicht der Kommission der ursprüngliche Jnhaber des expropriirten Rechtes wieder besugt sein, nach den nähern Bestimmungen des §. 45 die Rückerstattung desjenigen zu fordern, was expropriirt worden ist. Wenn der Zweck, zu dessen Erreichung im allgemeinen öffentlichen Jntereffe wider den Willen des Berechtigten Abtretung von Privatrechten gefordert werden kann, wegfällt, so soll dem Privatberech.tigten auch die Besugniß zustehen, seine frühexn Rechte wieder zu vindiziren. Ein Ausfluß diefes gleichen Grundfatzes ist es , wenn nach der Schlußbestimmung des erwähnten Artikels demjenigen, dessen Rechte expropriirt sind, die Besugniß eingeräumt wird, sosern durch den

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Bauunternehmer der Gegenstand der Expropriation veräußert werden sollte, die Rückerstattung des Rechtes gegen Bezahlung jenes Betrages zu verlangen, für welchen die

Veräußerung beabsichtigt wird.

IV. V o n d e n K o st e n.

Der Entwurf des Bundesrathes enthält über diefen Punkt keine nähern Bestimmungen. Die Kommission glaubt dagegen, es dürse derselbe im Gefetz nicht mit Stillfchweigen übergangen werden. Was die hierüber anfzustellenden Vorfchriften selbst betrisst, so mnß hierbei unterfchieden werden zwifchen denjenigen Kosten, welche durch die Expropriation veranlaßt werden, ohne daß

hiebei dem Expropriationspflichtigen irgend welche Schuld zugemessen werden kann, und denjenigen Kosten, welche durch das bundeögerichtliche Verfahren entstehen. Was die erstere Klasse von Kosten betrisst, wie namentlich die Kosten der im §. 10 vorgefchriebenen öffentlichen Bekanntmachungen, der laut §. 17 erforderlichen Anzeige, des gefammten Schatzungsverfahrens, der Auszahlung der

Entfchädigungsfumme (§. 42), der Hinterlegung von Kantionen in den Fällen von §. 44, so sollen alle diese Kosten nach der Ansicht der Kommission durch den Bau.Unternehmer getragen werden; da dieselben ein unvermeidlicher Ausfluß des Expropxiationsverfahrens überhanpt sind. Was dagegen die zweite Art von Kosten betrifft, diejenigen nämlich, welche durch das bundesgerichtliche Verfahren entstehen, so fand die Kommission nicht für nothwendig, hierüber spezielle Bestimmungen anfzunehmen, indem sie von der Ansicht ausgeht, daß in diefer Beziehung diejenigen Vorschristen ihre Anwendung finden sollen, welche in dem zu erwartenden Prozeßgefetz für das von dem Bundesgericht zu beobachtende Prozeß-

186 verfahren aufgestellt werden, wornach alfo die Anferlegnng von Kosten wesentlich davon abhängen wird : ob die über einen Entscheid der Schalznngskommission an das

Bundesgericht gelangte Klage von letzterem als begründet erfunden wird oder nicht. Nach den gleichen Bestimmungen foll mit Beziehung auf diejenigen Kosten verfahren werden, welche durch die Bestreitung der Expropria-

tionspflicht felbst entstehen.

Jndem die Kommission den aus ihren Berathungen hervorgegangenen Entwurs nachsichtiger Beurtheilung des Nationalrathes empfiehlt, verbindet sie damit zugleich die Versicherung ihrer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern im März 1850.

Die Mitglieder der Kommission: Escher.

Düfour, abwesend.

Veher im Hof, abwesend.

B-e«, Berichterstatter.

Sfämpfli.

Steiger.

Erpf.



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