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Schweizerisches Bundesblatt.

38. Jahrgang. I.

Nr. 16.

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17. April 1886.

Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1885.

VI. Geschäftskreis des politischen Departements.

I. Beziehungen zum Auslande.

A. Abgeschlossene oder ratifizirte Verträge.

a. Auf unsere Eröffnungen hin hat sich der Minister der südafrikanischen Republik im Haag, Hr. Beelaerts van Blokland, nach Bern begeben, versehen mit Spezialvollmacht zum Abschlüsse eines Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrags. Wir haben unser Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, die Unterhandlungen zu leiten, welche geglückt sind (siehe Geschäftsbericht für 1884).

b. Im Uebrigen lag im Jahr 1885 kein anderer Vertrag vor, mit dessen Abschluß oder Ratifikation das politische Departement sich zu befassen gehabt hätte.

ge

B. Erklärungen, Aufkündungen und Modifikationen bestehender Uebereinkünfte, Beitrittserklärungen etc.

a. Da infolge der in Korea stattgehabten insurrektioneilen Wirren Graf Inouyé Kaoru, Minister der auswärtigen AngelegenBundesblatt.

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heilen Japans, welcher die Arbeiten der internationalen Konferenz für die Revision der Verträge mit J a p a n in Person geleitet hatte, eine vorübergehende Mission nach Seoul erhielt, so wurden diese Arbeiten im Laufe des letzten Jahres ausgesetzt. Dieselben dürften jedoch nächstens wieder aufgenommen werden.

b. Die Gesandtschaft Großbritanniens erwies uns die Ehre, uns darüber zu konsultiren, ob die Zusatzartikel zur G e n f e r K o n v e n t i o n vom 22. August 1864 über Verbesserung des Looses der im Kriege verwundeten Militärs (Amtl. Samml. VIII, 520) als offizieller Text mit verbindlicher Kraft zu gelten haben. Diese Artikel datire vorn 20. Oktober 1868.

Auch wünschte die Gesandtschaft zu vernehmen, ob nach unserer Auffassung der Art. 7 der Uebereinkunft modifizirt sei -- im Sinne eines Antrags der Türkei vom Monat November 1876, wonach der rothe Halbmond als Neutralitäts-Abzeichen statt des rothen Kreuzes dienen könne.

Wir erwiederten im Wesentlichen: Unseres Erachtens seien die Zusatzartikel nicht als ein integrirender Bestandtheil der Genfer Konvention und gleich dieser als ein in Kraft stehender internationaler Vertrag anzusehen, indem nicht alle Vertragsparteien beigetreten seien und selbst der Text jener Artikel noch nicht festgestellt erscheine. Was den Antrag der Türkei über Modifikation von Art. 7 der Uebereinkunft betreffe, so sei derselbe nicht genehmigt worden.

Diese Auffassung schien uns ganz mit derjenigen der Signatarmächte der Genfer Konvention, wie sie auf der Brüsseler Konferenz von 1874 und in den Antworten auf den oben erwähnten Anlrag der Hohen Pforte kundgegeben worden, im Einklang zu sein und war von uns auch klar abgesprochen worden anläßlich dos von den Vereinigten Staaten von Amerika gestellten Begehrens um Beitritt zur Genfer Konvention (siehe unsern Geschäftsbericht für 1882).

c. Durch Vermittlung unseres Ministers in Paris hat die serbische Regierung uns angefragt, ob wir damit einverstanden wären, den betheiligten Mächten folgenden Zusatzartikel zur Genfer Konvention vorzuschlagen : ,,Im Kriegsfalle werden die nicht kriegführenden Mächte den Kriegsparteien, zur Pflege der Verwundeten in den Spitälern, Aerzte aus ihren Armeen, soweit sie solche unbeschadet des ordentlichen Dienstes entbehren können, zur Verfügung stellen.

,,Diese delegirten Aerzte sind unter den Befehl der kriegführenden Armee, welcher sie beigegeben sind, zu stellen.a

871 Die vom 1. bis 6. September 1884 in Genf abgehaltene dritte internationale Konferenz der Gesellschaften des rothen Kreuzes hatte den bereits im Jahr 1869 in Berlin laut gewordenen Wunsch geäußert, es möchten die Regierungen, welche die Genfer Konvention unterzeichneten, sich über diesen Vorschlag verständigen und aus demselben einen Zusatzartikel zur genannten Konvention bilden.

Wir haben Herrn Lardy mitgetheilt, daß wir, nach dem Scheitern der mühsamen Verhandlungen über den Entwurf der Zusatzartikel vom 2U. Oktober 1868, dem serbischen Antrage keine günstige Aufnahme in Aussicht stellen können; daß wir es aber nicht ablehnen, einfach unsere Vermittlung für die Vorlage desselben an die Signatarmächte eintreten zu lassen, jedoch ohne ihn zu empfehlen.

Auf diese Mittheilung erhielten wir noch keine Antwort.

d. Eine Anfrage des Herrn Präsidenten des internationalen Komite des rothen Kreuzes in Genf haben wir dahin beantwortet, daß uns das Recht eines Staates, der Genfer Konvention beizutreten, von dessen Religion unabhängig zu sein seheine, wie dies aus der vorbehaltlosen Zulassung der Türkei im Jahr 1865 und Persiens im Jahr 1874 erhelle.

e. Ein weiterer Wunsch, der von der internationalen Konferenz des rothen Kreuzes in Genf im Jahr 1884 geäußert wurde, dahingehend: es möchten in allen Ländern energische Maßnahmen legislativer oder ähnlicher Natur getroffen werden zur Verhütung des Mißbrauchs des konventionellen Zeichens des rothen Kreuzes auf weißem Grunde, sowohl für Friedens- als Kriegszeiten, ist von uns in Erwägung gezogen worden. Wir mußten uns jedoch ungeachtet unseres lebhaften Wunsches, das Emlilein des rothen Kreuzes gegen dessen mißbräuchliche Verwendung in Friedenszeiten zu schützen, davon überzeugen, daß der Einführung von dahin zielenden Gesetzesbestimmungen in der Schweiz sowohl Schwierigkeiten praktischer Natur als staatsrechtliche Gründe entgegenstehen, und theilten dies dem Präsidenten des internationalen Komite des rothen Kreuzes in Genf, Herrn Moynier, mit.

C. Projettirte Verträge.

a. Noch immer sind wir ohne Antwort auf die Eröffnungen, welche wir im Jahr 1883 den Vereinigten Staaten von A m e r i k a

872 in Bezug auf einen allgemeinen Schi e d s g e r i c h t - V e r t r a g gemacht hatten. Wir geben indessen die Hoffnung nicht auf, daß die doriige Regierung schließlich doch auf unseren Gedanken eingehen werde.

b. Nachdem die Regierung der Republik E c u a d o r uns durch Vermittlung unseres Ministers in Washington mitgetheilt hatte, daß ihr unsere Eröffnungen über den Abschluß eines Freundseliafts-, Niederlassungs- und Handels-Vertrags genehm seien, und daß sie ihren dortigen Vertreter mit den Unterhandlungen betrauen werde, beeilten wir uns. an Herrn Frei die erforderlichen Vollmachten zu sofortiger Anhandnahme derselben abgehen zu lassen.

c. Im Laufe des Jahres 1882 legte die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten von A m e r i k a dem Bundespräsidenten den Entwurf eines Vertrags vor, den die dortige Regierung mit der Schweiz in Bezug auf die E i n b ü r g e r u n g von Schweizern in Amerika und von Amerikanern in der Schweiz abzusehließen wünschte. Da wir uns bereits bei erster Prüfung überzeugen mußten, daß die Grundidee des Entwurfs, soweit es sich um den Verlust des Schweizerbürgerrechts handelt, mit dem Wortlaute des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876, sowie mit den Grundsätzen unseres Staatsrechts über diesen Punkt in völligem Widerspruche steht, so theilte der Bundespräsident dem Minister der Vereinigten Staaten mit, daß dessen Eröffnungen eine günstige Aufnahme nicht zu gestatten scheinen (siehe Geschäftsbericht für 1»82).

Derselbe glaubte aber diesen Entscheid nicht als einen abscbließlichen ansehen zu sollen, sondern that erneuerte Schritte, um uns zu veranlaßen, in Unterhandlungen auf Grundlage des von seiner Regierung ausgearbeiteten Entwurfs einzutreten, oder ihm allf'ällig ein Gegenprojekt mitzutheilen. Nach näherer Prüfung der Sache haben wir diese Anträge definitiv abgelehnt, und zwar aus folgenden Gründen: Die Hauptbestitnmang des projektirten Vertrags hätte sich notwendiger Weise auf den Verlust des schweizerischen, beziehungsweise amerikanischen Bürgerrechts bezogen. Nach der Auffassung der Regierung der Vereinigten Staaten hätte ein das Bürgerrecht der letztem erwerbender Schweizer durch diese Erwerbung sein Schweizerbürgerrecht verloren. Er hätte jedoch letzteres wieder erlangt oder wäre vielmehr im ununterbrochenen Besitze desselben verblieben für den Fall seiner definitiven Heimkehr nach der Schweiz. Und umgekehrt hätten ähnliche Bestimmungen die Stel-

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lung der ins Schweizerbürgerrecht aufgenommenen normirt.

Amerikaner

Die Unionsregierung wollte also damit, wenn nicht die rechtliche Möglichkeit eioes Doppelbürgerrechts, so doch die zahlreichen und bedeutenden Uebelstände vermeiden, welche in der Praxis oft daraus herfließen. Dieser Zweck konnte uns nur sympathisch sein.

Allein unsere Mitwirkung zu demselben wurde unmöglich gemacht durch die Natur des Sehweizerbürgerrechts, welches den Bestand eines kantonalen und eines Gemeinde-Bürgerrechts voraussetzt. Da der Art. 44 der Bundesverfassung den Kantonen untersagt, einen Kantonsbürger des Bürgerrechts verlustig zu erklären, so wäre die Eidgenossenschaft ihrerseits nicht in der Lage, sich über dieses Verbot hinwegzusetzen. Sie könnte daher nicht die Vertragsbestimmung eingehen, daß die Erwerbung eines ausländischen Bürgerrechts für den Schweizer den Verlust seines Bürgerrechts nach sich ziehe. Ebenso wäre es mit den Begriffen unseres eidgenössischen und kantonalen Staatsrechts unvereinbar, den Vorlust des Schweizerbürgerrechts an eine mehr oder weniger lange Landesabwesenheit zu knüpfen oder die Bestimmung aufzustellen, daß das verlerne Bürgerrecht durch einfache Heimkehr nach der Schweiz und definitive Domizilnahme daselbst zurückerworben werden könne.

d. Durch Vermittlung unserer Gesandtschaft in Paris hatten wir die Regierung von C h i l i darum angegangen, sie möchte unsere Landsleute in Bezug auf die Entschädigungen, die sie infolge der von den chilenischen Truppen auf Gebiet von Bolivien und Peru während des letzten Krieges verübten Handlungen zu fordern im Falle sind, den Bürgern desjenigen Staates gleichstellen, unter dessen Schutz sie sich begeben hatten. Chili glaubte jedoch, indem es im Uebrigen versicherte, es wolle sich keineswegs der ihm obliegenden Verantwortlichkeit entziehen, unserm Verlangen nicht entsprechen zu können. Uni uns indessen einen Beweis seines Wunsches zu geben, unsern Reklamationen nach Möglichkeit zu entsprechen, erklärte es sich bereit, mit uns eine ähnliche Uebereinkunft abzuschließen, wie die von ihm kürzlich mit andern Staaten (Belgien und Oesterreich) abgeschlossenen, jedoch unter der Bedingung, daß diese Uebereinkunft in Santiago verhandelt und unterzeichnet werde.

Da uns diese Vorschläge annehmbar schienen und da die Regierung des Deutschen Reiches so gefällig war, ihren Minister in Santiago uns für diese Verhandlungen zur
Verfügung zu stellen, so ließen wir an den Letztern die erforderlichen Vollmachten abgehen , um in unserm Namen eine Uebereinkunft auf Grundlage derjenigen, welche am 11. Juli abhiu zwischen Oesterreich und Chili

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zu Stande kam, zu verhandeln und zu unterzeichnen. Der wesentliche Unterschied zwischen den Bestimmungen dieser Uebereinkunft und denjenigen der von uns der chilenischen Regierung vorgeschlagenen Vereinbarung wird darin bestehen, daß eine und dieselbe gemischte Kommission über die Forderungen aller unserer Angehörigen zu entscheiden haben wird, gleichviel unter welchen Schutz diese sich gestellt finden mögen.

Die Ratifikation der Parlamente beider Staaten bleibt vorbehalten.

D. Spezialfälle.

a. Was die Frage der Entschädigungsforderungeu der durch den Aufstand in E g j ' p t e n vom Jahr 1882 zu Schaden gekommenen Schweizer betrifft, so sind wir in der angenehmen Lage, Ihnen mittheilen zu können, daß alle schweizerischen Reklamauten vollständig abgefunden worden sind.

Am 7. August setzten die Schuldbereinigungskommissäre den endgültigen Wortlaut des Reglements für die Zahlung der seitens der Kommission von Alexandrien bewilligten Entschädigungen fest.

Seither haben wir dann, im Laufe des Oktober», von Paris und Berlin die Meldung erhalten, daß die Durchführung des Reglements keinerlei Beanstandung gefunden habe, und daß die unsern Angehörigen zugesprochenen Entschädigungen ganz ausbezahlt worden seien.

Damit erscheint diese Angelegenheit als definitiv erledigt.

b. Unser Anstand mit Italien betreffend das C o l l e g i u m B o r r o m ä u m ist im letzten Jahre leider auf dem gleichen Fleck geblieben. Vergeblich hat unser Minister in Rom wiederholte dringende Sehritte bei der königlichen Regierung gelhan, um von derselben eine Antwort auf unsere Vorschläge zu erlangen (siehe unsern Geschäftsbericht für 1884).

Ohne Zweifel ist dieser bedauerlichen Hinausziehung der Angelegenheit der eingetretene Wechsel in der Person des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten des Königreichs Italien nicht ganz fremd, indem der neue Minister sich Zeit für das Studium der Frage nehmen wollte.

Angesichts des Mißerfolgs, den unsere diesfälligen Sehritte bisher hatten, können wir nur die Versicherung wiederholen, daß wir nichts, was zur Wahrung der Rechte der betheiligten Kantone dienen kann, versäumen, vielmehr fortfahren werden, Alles, was von uns abhängt, zu thun, um die Erledigung dieser Angelegenheit zu beschleunigen.

875 e. Die im Laufe des letzten Jahres in C o l u m b i e n vorgekommenen Insurrektionswirren haben mehrere Schweizer schwer betroffen und ihnen mancherlei materielle Schädigung zugefügt. Die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten Amerikas in Bogota hat sich beeilt, die Reklamationen jener Beschädigten der eolumbisehen Regierung zu übermitteln.

d. Mit Dekret vom 14. Dezember 1884 hat der Präsident der französischen Republik verfügt, daß die F r e m d e n l e g i o n fortan aus zwei Regimentern statt aus einem bestehen soll. Wie wir voraussahen, hat diese Maßnahme den freiwilligen Eintritt von Schweizern in die Fremdenlegion merklieh verstärkt, was uns nöthigte, den Kantonsregierungen und dem Publikum (Bundesblatt 18fc>5, I, 278) den Inhalt unseres Kreisschreibens vom 18. Januar 1884 (siehe vorjahrigen Geschäftsbericht) in Erinnerung zu bringen.

Ungeachtet dieser bestimmten Erklärungen sind doch von mehreren Seiten, selbst von Behörden, zu-Gunsten von freiwillig Bngagirten Gesuche um Befreiung eingegangen, welche sich lediglich auf Gründe persönlicher Konvenienz stützten. Wir haben es abgelehnt, auf dieselben einzutreten.

Die französische Regierung hat keine Erleichterung in den strengen Maßnahmen eintreten lassen, welche sie getroffen hat, um Annullirungen von Aufnahmen in die Fremdenlegion zu verhindern.

Wir konnten denn auch, letztes Jahr, nur hei einem einzigen ·schweizerischen freiwillig Engagirten die Befreiung erwirken, während wir nach Paris vier derartige Gesuche mit Empfehlung übermittelten.

e. Die Frage der Demarkation der französisch-schweizerischen Grenze zwischen Wallis und S a v o y en ist noch hängend. Doch ist der neue Zwischenfall, der in Bezug auf das Bigenihum einer in der Nähe der Grenze gelegenen Bodenparzelle entstanden war, au Gunsten der schweizerischen Interessenten entschieden worden.

f. Auf Verlangen der italienischen Regierung willigten wir in die Streichung des Postskriptums vom 21. November 1882 zu dem in C h i a s s o von den Abgeordneten beider Staaten unterzeichneten Demarkationsprotokolle vom 26. Oktober gleichen Jahres. Sobald wir derselben hievon Mittheilung gemacht hatten, meldete uns die königliche Regierung ihre Ratifikation des Protokolls.

So hat endlich dieser seit mehr als zwölf Jahren bei unserm politischen Departement hängende Anstand seine Erledigung gefunden und es erübrigt nur noch die im Protokolle vorgesehene Grenzsteinsetzung.

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g. Am 19. Juni genehmigten wir das Protokoll über Regelung der Grenze zwischen der schweizerischen Gemeinde Cadro (Tessin) und der italienischen Gemeinde A l b o g a s i o , und wurden sodann am 28. Juli benachrichtigt, daß dies auch von Italien geschehen sei.

h. Eine Reihe von Grenzsteinsetzungen, dieim Jahr 1885 an der schweizerischen Grenze stattfanden,brauchen hier wohl nicht erwähnt zu werden. Doch wollen wir nicht übergehen, daß wir anläßlich der Wiederherstellung von internationalen Grenzmarken einen Kanton daran erinnern mußten, daß dieses Geschäft nicht unter den Art. 9 der Bundesverfassung falle, sondern unserer Vermittlung bedürfe.

i. Letztes Jahr setzten wir Ihnen die Verletzung schweizerischen Gebietes auseinander,, deren sich zwei badensische Agenten schuldig O O gemacht hatten, indem sie bei E m m i s h of en, Kanton Thurgau, die Verhaftung eines Deutschen, Namens Schroff, vornahmen.

Die Regierung von Baden, bei der wir Beschwerde erhoben, beeilte sich, eine Untersuchung anzuordnen, deren Ergebniß sie uns mittheilte. Sie überzeugte sich, daß die Verhaftung des Schroff eine gesetzwidrige gewesen, ordnete seine sofortige Freilassung an und ließ den fehlbaren Agenten eine Rüge ertheilen. Dein Ausdrucke ihres tiefen Bedauerns über den Vorfall fügte die großherzogliche Regierung bei, daß sie die erforderliehen Maßnahmen getroffen habe, um die Wiederholung von Derartigem zu verhindern.

k. Ein Fall von Grenzverletzung, der in der Nacht vom 20.

auf den 21. Januar in M o n s t e i n - A u , Rheinthal, vorkam, wurde uns erst am 3. Februar berichtet. Oesterreichische Zollbeamte hatten, in Verfolgung von Schmugglern, oder um diesen den Uebergang über den Rhein zu verwehren, auf sie geschossen, wobei dio Kugeln Schweizerboden trafen.

Da die von uns sofort angeordnete Untersuchung uns in Stand setzte, zu konstatiren, daß ähnliehe Fälle schon früher mehrmals vorgekommen waren, so beauftragten wir unsern Minister in Wien, der österreichischen Regierung die üblichen Vorstellungen zu machen und ihr unsern Wunsch auszusprechen, sie möchte ihre Agenten zur Respeklirung unseres Bodens mahnen.

Diesem Ansinnen entsprechend, untersagte die österreichische Regierung ihren Zollbeamten, unter Androhung der schwersten Strafen, Kugeln über den Rhein gegen die Schweizergrenze abzuschießen, und traf die erforderlichen Maßnahmen, um der Wiederkehr solcher Vorfälle vorzubeugen.

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l. Am 24. Juni morgens schritt der iu Chiasso stationirte Delegirte der italienischen Polizei, im Einverständniß mit einem Angestellten der königlichen Mauth, zur Verhaftung des Florido Mat t eu ce i, eines Mitglieds der Internationalen, in dem Augenblick, wo derselbe in den nach Corno und Mailand fahrenden Eisenbalmzug stieg. Matteucc.i wurde kraft eines gegen ihn erlassenen Zuführungsbefehls nach Como dirigirt, weil er sich der Ueberwachung der italienischen Polizei entzogen habe.

Der Staatsrath von Tessiu, welcher in dieser Verhaftung einen Eingriff in seine Souveränetätsrechte erblickte und der Ansieht war, der Polizeiagent habe sich der Amtsanmaßung schuldig gemacht, wandte sich sofort mit dem Gesuche an uns, wir möchten das durch die Umstände Gebotene anordnen.

Nachdem wir konstatirt hatten, daß das Verfahren des Delegirten der italienischen Polizei weder nach der Uebereinkuuft vom 16. Februar 1881 über den Polizeidienst 'in den internationalen Gotthardbabnstationen, noch nach der Uebereinkunft vom 15. Dezember 1882 über den Zolldienst in jenen Bahnhöfen sich rechtfertigen lasse, beauftragten wir unsero Minister in Rom, diese Vorfälle der königlichen Regierung zur Kenntniß zu bringen, mit dem Gesuche, sie zu verifiziren. Für den Fall, daß ihre Richtigkeit anerkannt würde, was uns nicht zweifelhaft scheine, solle Herr Bavier die Zurückbringung des Matteucci nach Chiasso und die Bestrafung der schuldigen italienischen Beamten verlangen, sowie darauf dringen, daß strenge Maßnahmen getroffen werden, um die Wiederholung solcher ärgerlichen Vorfälle zu verhindern.

Am 8. November übermittelte uns die Gesandtschaft in Rom die Abschrift einer Note des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten , in welcher derselbe anerkannte, daß die Verhaftung des Matteucei eine ungesetzliche gewesen sei und daß der Delegirte der italienischen Polizei dieselbe entgegen den Bestimmungen der italienisch-schweizerischen Uebereinkünfte vom 16. Februar 1881 und 15. Dezember 1882 vorgenommen habe. Der Herr Minister fügte bei, das königliche Ministerium des Innern habe, die Ungehörigkeit des Verhaltens dieses Delegirten einsehend, nicht ermangelt, demselben eine ernste Rüge zu ertheilen und die gemessensten Befehle zu erlassen, daß die königlichen Agenten sich künftig strenge an die obgenannten Bestimmungen halten.
Was das Verlangen der Zurückbringung des Matteucci betreffe, so sei es der königlichen Regierung unmöglich gemacht, demselben zu entsprechen, indem er, in Freiheit gesetzt und mit einem Passe versehen, bereits Italien verlassen habe, urn nach Amerika abzureisen.

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Wir hielten diese Erklärungen für zufriedenstellend und damit den Vorfall für erledigt.

m. Die italienische Regierung, welche, wie aus unserm letztjährigen Geschäftsberichte ersichtlich, in Bezug auf die im Juli 1884 in P o n t e - T r e s a vorgekommenen zwei Fälle von G r e n z v e r l e t z u n g e n uns bereits ihr Bedauern ausgedrückt hatte, theilte uns sodann die Ergebnisse der diesfalls eingeleiteten Untersuchung mit.

Die zwei schuldigen königlichen Beamten sind bestraft worden; der eine wurde versetzt, der andere nur verwarnt wegen übermäßiger Strenge in der Erfüllung seiner Pflichten.

n. F a l l F e l l o n i und C a t e n a z z i . Letztes Jahr theilten wir Ihnen mit, daß die italienische Regierung nach langwierigen Verhandlungen schließlich die Ungesetzlichkeit der Verhaftungen des Felloni und der Catenazzi anerkannt habe, und fügten bei, es erübrige noch die Erledigung eines Streitpunktes, der hoffentlich ebenfalls eine befriedigende Lösung finden werde.

Es hatten sich nämlich bei der Verhaftung des Felloni und der Catenazzi die italienischen Zollangestellten nicht darauf beschränkt, die auf diesen Individuen vorgefundenen Schmuggulwaaren zu koufisziren, sondern sie wollten ihre Gefangenen nur gegen Kaution frei lassen. Nun hatten wir bei Beginn des Konflikts unsern Minister in Rom beauftragt, die Erstattung sowohl der konfiszirten Waaren, als auch der Kautionen zu verlangen. Um jedoch der königlichen Regierung einen Beweis unseres Entgegenkommens zu geben und damit es nicht den Anschein habe, als würden wir die Interessen der Schmuggler verfechten, an denen uns nichts gelegen, erklärten wir -- unter allem Vorbehalt der Rechte der Betheiligten, ihre Reklamationen nach Gutfinden geltend zu machen -- mit der Rückerstattung der Kautionen uns begnügen zu wollen. Auf diese aber könnten wir nicht verzichten, indem die erlegten Kautionen den Felloni und die Catenazzi repräsentiren, und die Erstattungsverweigerung als eine Auf'rechthaltung des ungesetzlichen Zustandes erscheine, der durch die Verhaftung dieser Personen entstanden sei.

Allein die italienische Regierung wollte unsern Vorslellungen nicht Gehör geben. Sie ließ dem Felloni direkte den Saldo zustellen, den er von seiner Kaution her zu gut hatte, nach Abzug der Buße und der Gerichtskosten, zu denen er in letzter Instanz vom königlichen Kassationshofe verurtheilt worden war. Was die

879 Oatenazzi betreffe, so sei unsere Reklamation gegenstandlos geworden , indem diese Person sieh freiwillig dem Entscheide der Verwaltungsbehörden unterworfen habe.

Um ünnöthige Komplikationen zu vermeiden, waren wir einverstanden, den Zwischenfall, soweit er die Catenazzi betrifft, als erledigt anzusehen; dagegen drangen wir neuerdings mit Nachdruck darauf, daß unserer Forderung in Bezug auf die Kaution des Felloni entsprochen werde.

Unsere Bemühungen waren jedoch vergeblich. Die italienische Regierung fand, sie könne uns die von ihren Gerichten gegen Felloni ausgesprochene Verurtheilung entgegenstellen, und lehnte es, unter dem Verwände, sie könne weder Urtheile annulliren, die von den Gerichten des Königreichs in gehöriger Form gefällt worden, noch eine Person den gesetzlichen Folgen eines ordnungsmäßigen Urtheils entziehen, kategorisch ab, unserer Reklamation zu entsprechen.

Diese Argumente waren augenscheinlich nicht geeignet, uns zu überzeugen; denn wir verlangten ja weder die Annullirung der Verurtlieilung des Felloni, noch, daß Letzterer den Folgen derselben entzogen werde. Wir beschränkten uns vielmehr darauf, gegen die Vollziehung des Urtheils zu protestiren, das über die Pelloni'sche Kaution verfügte, deren sich die Agenten des italienischen Fiskus nur durch einen von ihrer Regierung selbst als ungesetzlich anerkannten Akt bemächtigt hatten. Daraus ergab sich nach unserem Dafürhalten, daß, wenn die königliche Regierung unseren gerechten Reklamationen entgegengekommen wäre, sie sich dadurch keineswegs mit den von ihr aufgestellten Grundsätzen in Widerspruch gesetzt hätte; denn der Verurtheilungsspruch wäre aufrecht geblieben, nur seine Vollziehung suspendirt worden, gleich wie es der Fall geweseto wäre, wenn die Dinge den gehörigen Gang genommen, d. h. wenn die italienischen Zollangestellteu, unser Gebiet respektirend, es unterlassen hätten, den Felloni nach seiner Entweichung zu verhaften, und wenn unter solchen Umständen Letzterer gleichwohl wegen Schmuggels verurtheilt worden wäre.

Da wir aber den Konflikt nicht verewigen wollten und übrigens überzeugt waren, daß die italienische Regierung von ihrem diesfälligen Bescheide nicht zurückkommen werde, so beauftragten wir unseren Minister iu Rom, derselben unseren Entschluß, die Verhandlungen über den Fall Felloni fallen zu lassen, mitzutheilen unrl ihr unser lebhaftes Bedauern über -deren negatives Brgebniß auszusprechen.

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o. K o n f e r e n z von Como. Einzelne unklare Bestimmungen der Uebereinkunft vom 15. Dezember 1882 über den Zolldienst in den internationalen Bahnhöfen Chiasso und Luino hatten den in Chiasso stationirten italienischen Zollbeamten zu wiederholten Verletzungen des Schweizergebiets Anlaß gegeben. Theils zur Erleichterung der Erledigung von noch hängenden Konflikten (Fall Felloni, Catena/zi etc.), theils zur Verhütung neuer Anstände machten wir Italien am 10. April 1884 den Vorschlag, eine Konferenz zu veranstalten zu dem Zwecke, die Auslegung der wesentlichen Punkte der Uebereinkunft, über deren Tragweite Zweifel bestehen könnten, festzustellen und für eine bessere Ordnung in den internationalen Bahnhöfen zu sorgen.

Die italienische Regierung trat schließlich unserem Antrage bei, jedoch unter der Bedingung, daß der Konferenz die Aufgabe gestellt werde, überhaupt den Grenzzolldienst zu regeln, und in der Erwartung, daß alle auf diesen wichtigen Gegenstand bezüglichen Fragen dabei zu gründlicher Auseinandersetzung und befriedigender Bereinigung gelangen sollten.

Wir konnten diese Bedingung nicht annehmen, sondern bemerkten, es sollten unseres Eraehtens vor Allem die Bestimmungen der Uebereinkunft vom 15. Dezember 1882, welche zu Komplikationen Anlaß gegeben hatten, zum Gegenstande der Verhandlungen gemacht werden; diese könnten sieh aber auch auf die andern Punkte erstrecken, welche in den Augen der Abgeordneten eine den bisherigen Erfahrungen entsprechende nähere Auslegung oder eine Ergänzung jener Uebereinkunft vvünsehbar erscheinen ließen.

Da Italien auf diese Bemerkungen nichts einwendete, so dachten wir, es theile unsere Auffassungsweise.

In gegenseitigem Einverständnisse wurde die Stadt Como als 8itz der Konferenz bezeichnet. Am 13. Juli traten die Abgeordneten daselbst zusammen; für die Schweiz: die Herren August Comaz, Stäuderath, Martin Pedrazzini, Nationalrath, und Arnold Franscini, Zolldirektor des IV. eidgenössischen Zollkreises; für Italien: die Herren Alexander Galloni, Finanz-Intendant, und Jos. Baptist Calabrese, Fiskal-Advokat.

Bereits in der ersten Sitzung begründeten die schweizerischen Abgeordneten ihre Anträge, die sich insgesammt auf die Auslegung oder Umarbeitung der vorerwähnten Uebereinkunft bezogen. In der folgenden Sitzung theilte dann die italienische Delegation die Anträge ihrer Regierung mit, welche dahin lauteten :

881 1) Die Bestimmungen des Art. 17 der Uebereinkunft vom Jahr 1882 sind auf alle Grenzzollbüreaux auszudehnen.

2) Ebenso die Bestimmungen der Art. 3, 4, 10 und 11, mit dem Vorbehalte, ihnen eine noch klarere und wirksamere Fassung zu geben.

3) Den Zollagenten der beiden Staaten wird die Erlaubniß eingeräumt, auf dem Luganersee und auf dem Langensee, in den Gewässern des andern Staates, bis auf 100 in. von der Küste, die in den Staatsgewässern betroffenen Schmuggler zu verfolgen, sie zu verhaften und ihneu die Schmugglerwaaren wegzunehmen.

Gleiche Erlaubniß zur Verfolgung zu Lande, innerhalb einer erst noch zu bestimmenden Zone.

4) Innerhalb einer noch zu bestimmenden Zone dürfen solche Waareu nicht gelagert werden, welche gewöhnlich Gegenstand des Schmuggels sind, und es wären solche, wenn sie ein gewisses (noch zu bestimmendes) Quanturti für den örtlichen Verbrauch übersteigen, als Beweis für einen Schmuggel versuch der Depositäre anzusehen.

Die für die Industrie- und Handelsbedürfnisse gestatteten Depots sind näher zu reglementiren.

5) Es ist die Bestimmung zu treffen, daß der Transport tariftrler Gegenstände auf italienischer und schweizerischer Seite ohne besondere Erlaubniß (die erst noch zu regeln ist) nur zu den reglementarischen Stunden des Zolldienstes und auf den von der Zollverwaltung hiefür erlaubten und bezeichneten Straßen und Landungsplätzen stattfinden darf.

6) Verträgen über Versicherung von Waaren gegen Schmuggelunfälle ist jede Gültigkeit zu versagen.

Die italienischen Anträge waren danach von einer solchen Natur, Ausdehnung und Wichtigkeit, daß sie aus den für die Konferenz gezogenen Schranken, die wir als beiderseits angenommen ansehen durften, heraustraten. Unsere Abgeordneten beantworteten dieselben indessen, instruktionsgemäß, nicht mit einer Ablehnung, soadern erstatteten uns, nachdem sie die nähere Auseinandersetzung der Anträge angehört hatten, um deren Bedeutung und /weck wohl zu ermessen, Bericht behufs Einholung spezieller Instruktionen.

Auch drangen sie in der Konferenz darauf, daß die schweizerischen Anträge in der Zwischenzeit diskutirt werden möchten, was über die italienischen Abgeordneten unbedingt ablehnten, mit der Erklärung, daß die Verschiebung der Diskussion ihrer Anträge die Lösung jeder andern Frage als verfrüht erscheinen lasse.

882 Es schien uns nicht möglich, den Begehren Italiens zu entsprechen, aus dem doppelten Grunde, weil sie einerseits einen Zustand geschaffen hätten, der ausschließlich für uns mit Lasten verbunden wäre, und weil sie anderseits sich nicht mit den Grundsätzen unseres Verfassungsrechtes vereinigen ließen. Nachdem unsere Schlußnahme den italienischen Abgeordneten zur Kenntniß gebracht worden war, fanden sie, die allgemeine Ablehnung ihrer Anträge entziehe der Konferenz jedes Interesse, und erklärten dann, auf Weisung ihrer Regierung, die Konferenz als gegenstandlos geworden und als geschlossen ansehen zu müssen.

Dabei wurde jedoch erklärt, daß damit die Anträge der Schweiz, betreffend die Auslegung der Uebereinkunft von 1882, nicht verworfen seien, sondern daß sie zum Gegenstand einer weitern diplomatischen Korrespondenz zwischen den beiden Regierungen gemacht werden könnten.

Die Konferenz wurde am 10. August geschlossen.

II. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

Paris. -- Infolge Ablebens des Hrn. Ernst Von der Mühl ersten Sekretärs der Gesandtschaft, wurde Hr. Karl Daniel Bourcart, Doktor der Rechte und früherer Sekretär, zum Grade eines ersten Sekretärs befördert.

Hr. Rudolf v. Schulthess, Doktor der Rechte, von Zürich, ist als Gesandtschaftssekretär eingetreten.

Rom. -- Hr. Albert Serment, Gesandtschaftsattache, wurde zum Sekretär ernannt.

Berlin. --- Hr. Karl Christoph Burckhardt, Doktor der Rechte, von Basel, ist als Gesandtschaftssekretär eingetreten.

B. Konsulate.

a. Im Etat unseres Konsularpersonals sind im Berichtjahre folgende Mutationen eingetreten : Brüssel. -- Hr. Konsul Jules Borei ist am 1. August gestorben.

Das politische Departement wurde beauftragt, auf seine Ersetzung bedacht zu sein.

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Knoxville. -- Wir haben die Demission -des Hrn. Peter Staub, der als Konsularagent zurücktrat, angenommen und denselben durch Hrn. Charles Ducloux, von Lausanne, ersetzt.

Messina. -- In Ersetzung des am 12. Februar verstorbenen Herrn Gonzenbach haben wir Hrn. Gustav Tobler, von St. Gallen, zum Konsul ernannt.

Neapel. -- In unserem Geschäftsbericht für 1884 haben wir das Ableben unseres Generalkonsuls, des Hrn. Karl Pfister, erwähnt.

An diesen Posten haben wir Hrn. Felix Hermann, von Wattwil (St. Gallen), gewählt.

Odessa. -- Wir sind von dem am 2. September erfolgten Ableben unseres Konsuls, des Hrn. Otto Truhen, sowie von der Demission des Vizekonsuls, Hrn. Spöhrle, in Kenntniß gesetzt worden. Das politische Departement ist beauftragt worden, ihre Ersetzung in Aussicht zu nehmen.

Panama. -- Auf unsere Einladung hin hat Hr. Konsul Aepli, der uns seine Demission eingereicht hatte, dieselbe zurückgezogen.

Patras. -- Wir haben ein Konsulat in Patras für das Königreich Griechenland errichtet und zum dortigen Konsul ernannt Herrn Albert Hamburger, von Rorschach.

Die Frage, ob in diesem Lande weitere Konsularposten zu kreiren seien, bleibt noch in Untersuchung.

Paysandu. -- Dem von unserem Konsul in Montevideo ausgesprochenen Wunsche entsprechend, haben wir in Paysaudu ein Vizekonsulat für das Departement Paysandu (Uruguay) errichtet. Zum Vizekonsul daselbst wurde ernannt: Hr. Jules Rosé, Dr. med., von Fahy (Bern).

Portland. -- Auf Verlangen unseres Ministers in Washington haben wir den Staat Oregon und die Territorien Washington und Idaho von dem Konsularkreise San Francisco abgetrennt und für diese Territorien ein Konsulat in Portland errichtet. Zum Konsul daselbst wurde Hr. Gabriel Schindler, von Mollis (Glarus), ernannt.

Riga. -- In Ersetzung des am 8. März verstorbenen Hrn. Rud.

Heinr. Caviezel beriefen wir zum dortigen Konsulatsposten Hrn. Karl Caviezel, Doktor der Rechte, von Chur (Graubünden), einen Bruder des Verstorbenen.

San Francisco. -- Zum dortigen Konsul wählten wir Hrn. Anton Borei, von Neuenburg, den frühern Vicekonsul, in Ersetzung des am 1. April verstorbenen Hrn. Berton.

O

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884

b. Die Zahl unserer Konsularniederlassungen stieg im Jahr 1885 von 88 auf 91. Auch dieses Jahr gingen uns viele Gesuche um Errichtung *on Konsularstellen und bezügliche Dienstanerbieten ein, so namentlich f ü r : Athen und andere Städte Griechenlands, Valparaiso, die Südterritorien von Chili, Durban, Mähe (Inseln Scychelles), Ledbetter, Perth und Rosario de Santa Fé.

Die beiden erstem Gesuche fanden wir einer nähern Prüfung werth, die noch nicht abgeschlossen ist; die andern dagegen entsprachen augenscheinlich keinem wirklichen Bedürfnisse und wurden daher abgelehnt.

"O>c. Wir sahen uns im Interesse einer guten Dienstbesorgung im Falle, dem Konsulat in Tiflis und dem Vixekonsulat in Cannes einen Jahresbeitrag zuzusprechen. Die den andern 28 vom Bunde subventionirten Konsulaten gewährten Entschädigungen sind sich gleich geblieben wie im Jahre 1884.

Somit haben von 91 Konsulat--Etablissements 30 Generalkonsulate und Konsulate die folgenden Beträge erhalten : Generalkonsulate.

London Rio de Janeiro St. Petersburg Bukarest Neapel Lissabon

.

.

Fr.

,, ,, ,, ,, ,,

15,000 9,000 4,000 2,500 1,500 1,000

,., ,, ,, ,, ,, ,,

8,000 6,000 5,000 4,000 4,000 4,000 3,000 3,000 3,000 3,000

Konsulate.

Havre Bueuos-Ayres Neu-Yoi'k Lyon Melbourne Mailand Besançon .

Moskau Montevideo Sidney

.

.

.

.

f l

,, ,, ,, Uebertrag

Fr. 76,000

885 Uebertrag Fr. 76,000 Nizza ,, 2,500 Marseille ,, 2,000 Philadelphia . ,, 2,000 Neu-Orleans ,, 2,000 Warschau ,, 2,000 Odessa ,, 1,500 Tiflis ,, 1,500 Geuua ,, 1,000 Amsterdam ,, 1,000 Antwerpen .

.

, .

,, 1,000 Bremen ,, 1,000 Livorno ,, 1,000 Venedig .

. ,, 1,000 Cannes (für sechs Monate) .

. y, 500 Fr. 96,000 Da der Büdgetkredit nur Fr. 94,000 betrug, so waren wir geaöthigt, einen Nachkredit von Fr. 2000 nachzusuchen.

Ebenso mußten wir um einen Nachkredit von Fr. 1000 unter der Rubrik III. A. 12. Unvorhergesehenes einkommeu. Diese Summe wurde als außerordentlicher Beitrag dem Konsulat in Palermo verabfolgt, zur Deckung der dringenden Bedürfnisse der dortigen, durch die Cholera stark mitgenommenen Schweizerkolonie.

III. Auswärtige Gesandtschaften und Konsulate in der Schweiz.

A. Gesandtschaften.

Herr Hector Alvarez, Minister-Resident der Argentinischen Republik, hat uns am 22. Juni sein Beglaubigungsschreiben überrennt. Derselbe ersetzt den im Jahr 1884 zurückberufenen Don Antonio Del Viso.

Am 9. Juli legte uns Herr Cramer, Minister - Resident und Generalkonsul der Vereinigten Staaten von Amerika, sein Abberufungsschreiben vor, und gleichen Tags überreichte sein Nachfolger , Herr Boyd Winchester, das ihn in gleicher Eigenschaft, akùreditirende Beglaubigungsschreiben dem Herrn Bundespräsidenteu.

B. Konsulate.

Den Konsularbeamten der folgenden Staaten haben wir das Exequatur ertheilt: Fundesblatt. 38. Jahrg. Bd. I.

61

886

Frankreich.

Konsul in Basel : Hr. Pierre-Joseph-Julien Decrais.

,, ,, Genf: ,, Etienne-Louis-Emile Champy.

Vizekonsul ,, Zürich: " Silvain-Henri-Eugène Frémonteil.

Italien.

Konsul in Lugano: Hr. Graf Antonio Marazzi.

,, ,, Zürich: ,, Chevalier Gian-Paolo Riva.

Vizekonsul ,, ,, ,, Francesco Benelli.

Vereinigte Staaten von Amerika.

Konsul in Zürich: Hr. Georges-L. Catlin Vizekonsul ,, Borgen: ,, William Streuli.

Konsul ,, St. Gallen: ,, Pierre Staub.

Konsularagent ,, Rorschach: " W. P. Beauchamp.

Republik San Salvador.

Konsul in Genf: Hr. Benjamin Haas.

IV. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Wir reproduziren hier, wie gewohnt, das Kreisschreiben, das wir am 4. Dezember an alle Kantoasregierungen unter Beilegung einer Tabelle erließen, aus welcher ersichtlich ist, wie der im eidgenössischen Budget den schweizerischen Hülfsgesellschaften im Auslande für 1885 ausgesetzte Buudesbeitrag von Fr. 20,000 (im Jahr 1884 Fr. 19,600) uuter 85 Gesellschaften (82 im Jahr 1884) vertheilt worden ist. Sie finden darin alle Aufschlüsse, die über den Stand dieser Gesellschaften ertheilt werden können.

Sodann folgt das Verzeichniß der kantonalen Beiträge, nach Kantonen geordnet, gemäß dem Wunsche, den die Kommission des Ständerathes und diejenige des Nationalrathes, denen die Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrathes von 1880 und 1881 oblag, uns geäußert haben.

Dieses Verzeichniß ist übrigens vollständig auch in der Gesammtübersicht der Hülfsgesellschaften von 1885 enthalten, welche wir am 4. Dezember allen Kantonsregierungen übermittelt haben und im Bundesblatte vom 12. Dezember 1885 (1885, IV, Beilage zu Nr. 54) erscheinen ließen.

Das Kreisschreiben lautet: ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Wir haben die Ehre. Ihnen beigeschlossen die Tabelle über die Vertheilung des diesjährigen Bundesbeitrages von Fr. 20,000 unter 85 schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande zu übermitteln.

887

,,Diese Tabelle enthalt außerdem eine Uebersicht der Venheilung des Bundesbeitrages im Jahr 1884 und der kantonalen Beiträge im Jahr 1885. Sie gibt endlich Aufschluß über den Vermögensstand der Gesellschaften am Schlüsse des vorhergehenden und zu Anfang des gegenwärtigen Geschäftsjahres, sowie über die Höhe ihrer Ausgaben im Jahr 1884.

,,Der schweizerische Wohlthätigkeitsverein in Kharkoff, die schweizerische Gesellschaft "Helvetia" in Nürnberg und die schweizerische Hülfsgesellschaft in Regensburg sind dieses Jahr zum ersten Male auf der Kanzlei unseres politischen Departements eingeschrieben worden. Dagegen haben wir den schweizerischen Klub in Mailand welcher eingegangen ist, und den schweizerischen Wohlthätigkeitsverein in Paterson, dessen Einrichtung derjenigen der Übrigen Hülfsgesellschaften nicht entspricht, aus dem Verzeichnis gestrichen.

,,Das Repartitionstableau umfaßt 101 Vereine (100 im Jährt; 1884). Das gesammte Gesellschaftskapital der letalem belauft sich auf Fr. 1,639,908. 94 (im Jahr 1884 auf Fr. 1,311,978. 22), und ihre Ausgaben betrugen für 1884 Fr. 475,926. 37 (im Jahr 1888 Fr. 441,272. 44).

,,Bei Vereinen von nicht ausschließlich schweizerischem Charakter haben wir, wie bisanhin, auf Anführung des Gesellschaftsvermögens une der Ausgaben verzichtet. Sonach geben die drei ersten Zahlenkolonnen ziemlich genau den Betrag des Gesellschaftskapitals und der Ausgaben der schweizerischen Wohlthätigkeitsvereine im Auslande an.

,,Einer Gesellschaft, welche uns über das Jahr 1884 einen sehr mangelhaften Bericht einsandte, haben wir deshalb für dieses Jahr den Beitrag entzogen. Die Beiträge für drei andere Vereine, deren allgemeine Verwaltungskosten oder Einnahmen zum Gesammtbetrag der verabfolgten Unterstützungen in keinem Verhältnisse stehen, haben wir um je Fr. 50 herabgesetzt. In gleicher Weise sind wir gegenüber einem andern Schweizerverein mit Rücksicht auf dessen besonders günstige finanzielle Verhältnisse verfahren. Wir waren endlich in der Lage, den Betrag der außerordentlichen Subsidien, welche letztes Jahr infolge der Cholera-Epidemie mehreren Gesellschaften gewährt werden mußten, entsprechend zu reduziren.

,,Auch dieses Jahr sind von allen Kantonen Beiträge eingegangen, und wenn auch zu bedauern ist, daß dieselben die Höhe der vorjährigen nicht erreicht haben (Fr. 21,340
im Jahr 1885 gegenüber Fr. 21,690 im Jahr 1884), so wollen wir doch nicht unterlassen, Ihnen hiemit im Namen der bedachten Gesellschaften unsern besten Dank auszusprechen.

888

,,Endlich ist noch beizufügen, daß wir, laut Anmerkung am Fuße der Tabelle,7 die Summe von Fr. 700, > welche die Regierungen O O von vier Kantonen zu unserer Verfügung stellten, ohne die nähere Verwendung selbst zu bestimmen, von uns aus unter eine Anzahl Gesellschaften vertheilt haben, für welche eine größere Subvention, als diejenige, welche wir ihnen aus dem Bundesbeitrag zuwenden konnten, uns angezeigt schien. Im wohlverstandenen Interesse der Wohlthätigkeitsvereine und einer möglichst gerechten Vertheilung sowohl der kantonalen als der Bundesbeiträge würden wir es begrüßen, wenn sämmtliche Kantonsregierungen jenes Beispiel nachahmten und künftighin es uns überließen, die Vertheilung ihrer Subsidien vorzunehmen, oder wenn sie sich lediglich darauf beschränken wollten, die Gesellschaften zu bezeichnen welche bedacht werden sollen, ohne den Betrag der einer jeden derselben zu verabfolgenden Subvention zu bestimmen.

,,Indem wir Ihnen unsern warmen Dank für das erneuern, was Sie auch dieses Jahr wieder zu Gunsten der schweizerischen Hülfsvereine im Auslande gethan haben, und Sie ersuchen, denselben Ihre gütige Unterstützung auch ferner angedeihen lassen zu wollen, benutzen wir gerne den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen. " Kantonale Beiträge, nach Kantonen geordnet.

Kantone.

Beiträge.

Fr.

2,800 Bern .

.

.

. 1,880 Luzern 1,000 U r i .

.

.

. 100* Sehvvyz « .

300 Unterwaiden ob d. W.

100* Unterwaiden nid d. W.

100* Glftrus 650 Zug .

135 Freiburg 700 Solothurn .

500 Basel Stadt 100 Basel-Landschaft 445 Zürich

Uebertrag

9,410

Kantone.

Beiträge.

Fr.

Uebertrag 9,410

Schaffhausen Appenzell A. Rh.

Appenzell I. Rh. .

St. Gallen .

Graubilnden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuen bürg .

Genf Total

400* 500 60 1.470 1^)00 1,500 800 1,500 1,600 200 1,400 1,500 21,340

* Beträge, über die dem Bundesrathe die freie Verfügung überlassen wurde.

889

V. Innere Angelegenheiten.

R e v i s i o n der B u n d e s v e r f a s s u n g . In welcher Weise wb iu der Behandlung der uns zur Prüfung überwiesenen, auf Revision der Verfassung abzielenden Motionen vorzugehen gedenken, ko inten Sie den allgemeinen Bemerkungen entnehmen, die wir veranlaßt waren, unserer Botschaft über die Alkoholfrage (Bundesblatt 1834, IV, 369) vorauszuschicken. Wir haben mit Befriedigung gesehen, daß unser Vorgehen von Ihnen gutgeheißen wurde.

Seither haben die verschiedenen Departemente, die mit dem Vorstudium der in ihren Geschäftskreis fallenden Motionen beauftragt sind, ihre Arbeiten zum Theil beendigt, so daß wir hoffen, Ihnen nächstens unsere Anträge über die eine oder andere der aufgeworfenen Fragen unterbreiten zu können.

,, VI. Bürgerrechtsertheilungen.

Unser politisches Departement hatte sich im Jahr 1885 mit 709 Gesuchen um Bewilligung zur Erwerbung des schweizerischen Bürgerrechts zu befassen (697 im Jahr 1884), wovon 176 in die Vorjahre zurückreichen; 204 Anmeldungen waren auf Ende Dezember noch hängend.

Wir hatten 473 eigentliche Gesuche zu entscheiden (499 im Jäh r 1884), und erthcilten 428 Naturalisationsbewilliguugen (463 im Jahr 1884). Abgelehnt haben wir 35 Bewilligungsgesuche (36 im Jahr 1884), welche den gesetzliehen Bedingungen nicht genügten.

10 Gesuche sind von den Bewerbern zurückgezogen worden.

Wir erledigten 32 Gesuche von allgemeinerer Bedeutung für Naüuralisationsfragen.

In 11 Fällen sahen wir uns genöthigt, die ertheilte Erlaubniß zu annulliren, indem die Bewerber nicht im Falle waren, ein kantonales oder Gemeinde-Bürgerrecht zu erwerben, und daher die beim Bundesrath niedergelegten Schriften zurückforderten, um wieder ihr früheres Heimatrecht zu erlangen.

Dieses Jahr hat unser politisches Departement zum ersten Male eine vollständige Statistik der verschiedenen Daten aufgestellt, welche auf Gesuche um Einbürgerungsbewilligung Bezug haben. Wir entnehmen derselben folgende wenige Einzelheiten.

890 Die meisten Gesuche gehen von Deutschen aus. Von 560 im Jahr 1885 eingegangenen oder entschiedenen Anmeldungen sind 375 von Deutschen ; zunächst folgen Franzosen mit 114, sodann Italiener (28), Oestrreicher (27), Russen (8), Amerikaner (4), Belgier (2), ein Türke und ein Engländer.

81 Gesuchsteller waren minderjährig, 21'2 (die Minderjährigen inbegriffen) waren ledig; 300 waren verheirathet 27 Wittwer oder Wittvven, und 3 Geschiedene; 18 hatten uns ihren Civilstand nicht angegeben.

Die 560 Anmeldungen umfaßten 864 Kinder, wovon 484 Knaben und 380 Mädchen.

Die Gesammtzahl der Einbürgerungskandidaten betrug demnach im Jahr 1885, mit Einschluß der verheiratheten Frauenspersonen, 1722.

Die im Jahr 1885 ertheilten 428 Bewilligungen zur Bürgerrechtserwerbung fallen auf: 300 Deutsche, 87 Franzosen, 18 Italiener, 15 Oesterreicher, 3 Russen, 2 Belgier, l Engländer, l Türken und l Amerikaner, und erstrecken sich auf 692 Kinder; wovon 394 Knaben und 298 Mädchen.

Die Gesammtzahl der Personen, denen wir die Bewilligung zur Einbürgerung ertheilten, betrug demnach im Berichtjahre, mit Einschluß der verheiratheten Frauenspersonen, 1375.

Die Kantone, welche im Jahr 1885 am meisten Aufenthaltsbescheinigungen für Naturalisirungsbewerber auszustellen hatten, sind: Genf (114), Zürich (112) und Basel-Stadt (73). Es folgen Neuenburg (53), Bern (48). Sodann kommen Waadt (33), St. Gallen (25), Thurgau und Tessin (je 14), Basel-Land (13), Aargau (12), Schaffhausen (8), Graubünden und Solothurn (je 7), Luzern und Freiburg (je 6), Schwyz und Appenzell A. Rh. (je 4), Glarus, Zug und VVallis (je 2).

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1885.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1886

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.04.1886

Date Data Seite

869-890

Page Pagina Ref. No

10 013 069

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