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Schweizerifches -.

Jahrgang II. Band II.

Wro.

24.

Dienstag, den 2i. Mai 1850.

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Bundesgesetz, betreffend

die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten

(Vom 1. Mai 1850.)

Die Bundesverfammlnng der schweizerischen Eidgenossenschaft,

in Ausführung des Artikels 21 der Bundesverfassung,

beschließt: I. Verbindlichkeit zur AbtretHng Hnd zur

Entschädigung.

Art. 1. Wenn kraft Art. 21 der Bundesverfassung entweder öffentliche Werke von Bnndcswegen errichtet Bundesblatt I. Jahrg. II. Bd. II.

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48 werden oder die Anwendung diefes Bundesgesetzes auf andere ossentliche Werke von der Bundesversammlung beschlossen wird, so ist Jedermann, so weit solche Werke es erforderlich machen, verpflichtet, sein (Sigenthum oder andere aus unbewegliche Sachen bezügliche Rechte gegen volle Entschädigung dauernd oder bloß zeitweise abzutreten.

Ueberall, wo in diesem Gesetze der Ausdruck "Abtretung von Rechten" gebraucht wird, ist darunter auch das Einräumen von Rechten inbegriffen.

Art. 2. Die Abtretungspflicht besteht sowohl behufs der Erstellung, der Unterhaltung und des Betriebes, als auch behufs der Veränderung oder Erweiterung solcher öffentlichen Werke, so wie zur Herbeifchaffung oder Ablagerung des Baumaterials.

Sie erstreckt sich überdieß auf diejenigen Rechte, deren der Bauunternehmer zur Erfüllung der in den Art. 6 und 7 enthaltenen Verpflichtungen bedarf.

In diesem galle darf aber die Abtretung nur gefordert werden, sofern der Bauunternehmer seiner Obliegenheit nicht ohne bedeutenden Nachtheil auf anderm Wege nachkommen kann.

Art. 3. Die Abtretung kann nur gegen vollen Ersatz aller Vermögensnachtheile, welche aus derselben für den Abtretenden ohne seine Schuld erwachsen, verlangt werden.

Vortheile, welche sich für ihn in Folge des Unternehmens ergeben, dürfen bei der Ansmittlung der Cntschädigung nur insofern in Abrechnung gebracht werden, als der Abtretungspflichtige durch dasselbe von besondern .Lasten, die ihm vorher oblagen, befreit wird.

Art. 4. Wenn

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1) von einem Gebäude oder von einem Komplex von Liegenfchaften, der zur Betreibung eines Gewerbes dient, ein Theil abgetreten werden: muß, ohne welchen die Benutzung des Gebäudes oder die Betreibung des Gewerbes nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich ist, und welcher auch nicht durch andere angemessene Veranstaltungen erfctzt werden kann; 2) von einem Grundstück, dessen Abtretung nur theilweile erforderlich ist, nicht wenigstens ein zufammenhängender glächenraum von 5000 .Quadratfuß

übrig bleibt ; --

so find Diejenigen, welche Rechte mit Beziehung auf solche abzutretende Theile haben, befugt, zu verlangen, daß ihnen das ganze entsprechende Recht abgenommen und nach dem vollen Werthe vergütet werde.

Art. 5. Müßte für Abtretung eines Rechts dem hiezu Verpflichteten wegen daheriger Verminderung des Werthes seiner übrigen mit diesem Rechte zusammenhängenden Vermögensstücke mehr als ein Viertheil des Werthes der letztern gegeben werden, so ist der Bauunternehmer berechtigt, die gänzliche Abtretung solcher Vermögensstücke gegen volle Entschädigung zu verlangen.

Art. 6. Zu der Ausführung aller Bauten, welche in golge der Errichtung eines öffentlichen Werkes behufs Erhaltung ungestörter Kommunikationen nothwendig werden, seien es Straßen- oder Wasserbauten oder welche immer, ist der Unternehmer desselben verpflichtet.

Dem Letztern liegt überdieß die Unterhaltung solcher Bauten ob, sosern oder soweit sonst für Andere neue

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'oder größere Unterhaltungspflichten als bis anhin entstehen würden.

Art. 7. Die Erstellung von Vorrichtungen, die in golge der Errichtung von öffentlichen Werken im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder derjenigen des Einzelnen nothwendig werden, liegt dem Unternehmer eines öffentlichen Werkes ob.

Art. 8. Dem Bundesrathe steht das Recht zu, die Aufnahme von Plänen und die Vornahme von Aussteckungen mit Beziehung auf öffentliche Werke, die im Interesse der Eidgenossenfchaft oder eines großen ..theiles derselben liegen, anzuordnen oder zu gestatten, auch bevor die ...Bundesverfammlung die Errichtung eines ossentlichen Werkes oder die Anwendung des gegenwärtigen Gesetzes auf ein solches beschlossen hat.

Macht der Bundesrath von dieser Befugniß Gebrauch, so ist Jedermann verpflichtet, auf feinem Eigenthume folche Vermessungen, Aussteckungen u. f. w. geschehen zu lassen, dabei aber auch berechtigt, vollen Ersatz für allen ihm hieraus erwachsenen Schaden zu fordern.

Art. 9. Wer Signale, Pfähle oder andere Zeichen, die bei einer Vermessung oder Aussteckung angebracht werden, verändert, befchädigt oder beseitigt, verfällt in eine Buße von zwei bis fünfzig Franken, wovon ein Dritttheil der -Bundeskasse, ein' Dritttheil der be* treffenden Kantonskasse und ein Dritttheil dem Anzeiger zukommt.

51 11. Versahren behufs der Abtretung von Privatrechten und der Ausmittlung der dafür zu leistenden Entschädigung.

A. Ordentliches Verfahren.

Art. 10. Der Bauunternehmer ist verpflichtet, dem Gemeinderath jeder Gemeinde, in deren Gebiet ein offentliches Werk ausgeführt werden foli, nach vorgenommener Ausstecknng einen Plan einzureichen, in .welchem die einzelnen, in derselben befindlichen Grundstücke, so weit fie durch das öffentliche Werk betroffen werden, genau zu bezeichnen find.

Art. 11. Der Gemeinderath hat sofort nach Empfang dieses Planes in üblicher Weife öffentlich bekannt zu machen, daß derselbe während 30 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung an gerechnet, zu Iedermanns Einficht bereit liege.

Art. 12. Innerhalb dieser gleichen §rift haben 1) diejenigen, welche gegen die in .Folge der Aus* führung des Werkes für fie, gemäß dem Plan entstehende Verpflichtung zur Abtretung Einsprache erheben zu können glauben , diese Einsprache in schriftlicher Eingabe bei dem Gemeinderathe zu Handen des Bundesrathes geltend zu machen; 2) alle, welche mit Beziehung auf das betreffende Werk, gemäß dem Plane, Rechte abzutreten oder gorderungen (Art. 6 und 7) zu stellen im Falle find,

gleichviel, ob fie die Abtretungspflicht bestreiten

oder nicht, jene Rechte und Forderungen genau und vollständig schriftlich bei dem Gemeinderathe anzumelden.

Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf die In*

52 haber von Pfandrechten, Grundzinsen und Zehnten keine Anwendung.

Art. 13. Nach Ablauf der im Art. 12 bezeichneten grifi ist keine Einsprache gegen die Abtretungspflicht mehr zuläßig.

Art. 14. Wenn die im Art. 12, Ziffer 2 angege# benen Rechte, welche Gegenstand der Abtretung find, von den Betheiligten nicht inner der im Art. 12 erwähnten Frist angemeldet werden, so hat diejj zur Folge, daß dieselben zwar mit dem Ablauf dieser Frist an den Unternehmer übergehen, daß aber noch binnen 6 Monaten nach Ablauf diefer SOtägigen Frist eine Entfchädigungsforderung geltend gemacht werden kann, wobei jedoch der ehemalige Inhaber diefer Rechte in Bezierhung auf das Maaß der Entfchädigung dem Entscheide der Schatzungskommisfion (Art. 26) sich ohne Weiteres zu unterziehen hat.

Wird auch innerhalb dieser zweiten Frist von 6 Monaten keine Sntfchädigungsforderung geltend gemacht, so erlöschen alle und jede daherigen Ansprüche an den Unternehmer, -mit Ausnahme derjenigen galle, wo er-

weislich dem Abtretungspflichtigen das Bestehen eines Rechtes oder einer Last erst später bekannt geworden ist,

und mit Vorbehalt allfälliger Entfchädigungsforderungen in Folge von Pfandrechten, ©rundzinfen und Zehnten, welche auf dem Gegenstande der Expropriation haften.

Die Bestimmungen diefes Artikels finden ihre entsprechende Anwendung auf Forderungen, welche aus tien in den Art. 6 und 7 enthaltenen Vorfchriften hergeleitet werden.

Art. 15. Der Gemeinderath ist verpflichtet, mit der im Artikel 11 vorgefchriebenen Bekanntmachung zu*

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gleich die Aufforderung zu verbinden, den Vorschriften des Artikels 12 nachzukommen, unter ausdrücklicher (Srwähnung der in den Artikeln 13 und 14 für den Unterlassungsfall angedrohten Folgen.

Art. 16. Dem Gemeinderathe liegt ob, sofort nach Erlaß der in den Artikeln 11 und 15 vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung eine genaue Abschrift derselben an den Bauunternehmer einzusenden und darauf zu bescheinigen, an welchem Tage und in welcher Weise die Bekanntmachung stattgefunden habe.

B. Außerordentliches Verfahren. ' Art. 17. Ein außerordentliches Verfahren findet statt : 1) wenn die Abtretung eine bloß zeitweise fein soll; 2) wenn dieselbe zum Zwecke der Herbeischaffung oder Ablagerung v on Material verlangt wird; 3) wenn es fich um Abtretung zum Zwecke der Unterhaltung oder des Betriebes eines öffentlichen Werke.,,, oder 4) zum Behufe unwesentlicher Veränderungen oder Erweiterungen desselben handelt; 5) wenn Rechte abgetreten werden sollen, um die in Art. 6 und 7 enthaltenen Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Für dieses außerordentliche Verfahren gelten die in den nachfolgenden Art. 18 bis und mit 21 enthaltenen Bestimmungen.

Art. 18. Der Bauunternehmer hat den Eigenthümern der Grundstücke, mit Beziehung auf welche die Abtretung ober die Einräumung von Rechten verlangt wird, hievon schriftlich genaue Kenntniß zu geben, und

auch Solchen, die in den durch Art. 6 und 7 vorgescheuen Fällen Forderungen zu stellen haben könnten, die geeigneten Mittheilungen zu machen.

Art. 19. Binnen 30 Tagen, vom Tage dieser Mittheilung an gerechnet, kann gegen die Abtretungspflicht beim Gemeinderathe zu ..panden des Bundesrathes ·Sinsprache erhoben werden.

Später ist dieß nicht mehr zulässig.

Wenn durch die Abtretungsforderung noch Andere außer dem Eigenthümer berührt werden, so hat der .Letztere denselben von der Abtretungsforderung unter seiner Verantwortlichkeit so rechtzeitig Mittheilung zu machen, daß sie innerhalb der hierzu anberaumten Frist, die der Eigenthümer ihnen ebenfalls zur Kenntnijj zu bringen hat, die Abtretungspflicht bestreiten können.

Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Inhaber von Pfandrechten, Grundzinsen und Zehnten keine Anwendung.

Art. 20. Innerhalb derselben grifi von 30 Tagen hat der Eigenthümer überdieß, ob eine Bestreitung der Abtretungspflicht statt gefunden habe oder nicht, alle Rechte, welche durch die mit Beziehung auf sein Grundstück gestellte Abtretungsforderung berührt werden, mit Ausnahme von Pfandrechten, Grundzinfen und Zehntsorderungen, bei dem Gemeinderathe zu Handen des Bauunternehmers anzumelden.

gur den Fall der Unterlassung treten die im Art. 14 für das ordentliche Verfahren angegebenen Folgen ein.

Berechtigte mit Beziehung anf das Grundstück, die durch dahcrige Unterlassungen des Eigentümers zn Schaden kommen, haben sich dafür lediglich an den Eigenthümer zu halten.

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Diese Bestimmung findet auch 'auf diejenigen, die kraft Art. 6 und 7 Forderungen zu stellen haben, eutfprechende Anwendung.

Art. 21. Der Bauunternehmer hat mit der im Art. 18 vorgefchriebenen Anzeige die Aufforderung zu verbinden, den in den Art. 19 und 20 enthaltenen Vorfchriften nachzukommen, unter ausdrücklicher Er* wähnung der in diesen Artikeln für den Unterlassungsfall angedrohten Folgen.

C. Gemeinsame Bestimmungen.

Art. 22. Der Bundesrath hat jeweilen im Voraus zu entscheiden, ob das ordentliche oder das außerordentliche Verfahren in Anwendung zu bringen fei.

Art. 23. Vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung des Bauplanes an (Art. 11), oder, bei dem außerordentlichen Verfahren, vom Tage der Mittheilung der Abtretungsforderungen (Art. 18) darf, Nothfälle vorbehalten, ohne Einwilligung des Bauunternehmers an der äußern Befchaffenheit des Abtretungsgegenstandes keine wesentliche, und, mit Beziehung auf die rechtlichen Verhältnisse desselben, gar keine Veränderung vorgenommen werden. Wird diefer Bestimmung entgegen* gehandelt, fo find diese Veränderungen bei Ausmittlung

der Entschädigungssumme nicht zu berücksichtigen.

Der Bauunternehmer hat für den aus dieser Einschränkung des freien Verfügungsrechtes erweislich her- .

vorgegangenen Schaden Erfatz zu leisten.

Ueber dießfalls sich ergebende Streitigkeiten entscheidet das Bundesgericht.

Art. 24. Das in dem vorhergehenden Artikel erwähnte Verbot, sammt der für den Fall der Nichtbe-

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achtung desselben darin enthaltenen Androhung ist in die im Art. 11 vorgefchriebene Bekanntmachung, sowie in die gemäß Art. 18 den Grundeigenthümern zu machende Anzeige aufzunehmen. Die Letztern haben hievon den bei der betreffenden Abtretungsforderung Mitbetheiligten (Art. 19) rechtzeitig Kenntniß zu geben.

Art. 25. Streitigkeiten über die Frage, ob die Abtretungspflicht begründet fei oder nicht, entscheidet der Bundesrath.

Art. 26. Die Prüfung der im Art. 12, Ziffer 2 und Art. 20 erwähnten Eingaben, und die Ausmittlung der Leistungen, welche fowohl in Bezug auf die Eut-

schädigung der Abtretungspflichtigen nach Inhalt der

Artikel 3 bis und mit 5, als mit Beziehung auf die gemäß den Art. 6 und 7 gestellten Forderungen, dem Bauunternehmer aufzulegen find, gefchieht durch eine Schätzungskommisfion, wenn nicht vorher eine gütliche

Verständigung statt findet.

Art. 27. Eine solche Schätzungskommisfion besteht aus drei Mitgliedern, wovon das erste durch das Bundesgericht oder dessen Präfidenten, wenn behufs diefer Wahl das Bundesgericht außerordentlicher Weife versammelt werden müßte; das zweite durch den Bundesrath, das dritte jeweilen durch die Regierung desjenigen Kantons ernannt wird, in welchem die Liegenschaften sich befinden, mit Beziehung auf welche die Abtre·Jung statt finden foll. Für jedes Mitglied werden von den zur Wahl -..Berechtigten, zwei Erfajzmänner bezeichnet.

Der Bundesrath wird das Gebiet, für welches eine Schätzungskommiffion bestimmt ist, und die Dauer, während welcher dieselbe bestehen soll, jeweilen festfetzen.

Art. 28. Die Schätzungskommisfion steht unter der

Aufficht des Bundesgerichtes,

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Das ...Bundesgericht wird die dießfälligen Verrichtungen, je nach der Natur derselben, seinem Präfidenten oder einer besondern aus der Mitte des Bundesgerichtes hiefür zu bestellenden Kommission übertragen.

Art. 29. Die Entschädigung der Schätzungskommisfion wird durch ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement bestimmt.

Art. 30. In Beziehung auf den Ausstand von Mitgliedern der Schätzungskommisfion gelten die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Mit-

glieder des Bundesgerichtes.

Handelt es sich um den Ausstand eines Mitgliedes und find über denselben die beiden andern Mitglieder getheilter Anficht, oder kommt der Ausstand mehr als eines Mitgliedes in Frage, so treten für die dießfälligen Entscheidungen die Erfatzmänner an die Stellen derjenigen Mitglieder, um deren Ausstand es sich handelt.

Art. 31. Zur Gültigkeit der Verhandlungen der Schätzungskommiffion ist, unter Vorbehalt der im vorhergehenden Artikel enthaltenen Beschränkung, die AnWesenheit von drei Mitgliedern, beziehungsweise Ersatzmännern, erforderlich.

Art. 32. Zur Vornahme der Schätzung find Alle, welche Rechte als Gegenstand der Abtretung oder gorderungen (Art. 6 und 7) angemeldet haben, 7 Tage vor der Verhandlung einzuladen, wenn nicht vorher eine gütliche Verständigung erfolgt ist. Im Falle des Ausbleibens der Betheiligtcn findet das Schätzungsverfahren gleichwohl statt.

Art. 33. Die Schätzungskommisfion ist befugt, wenn fie es nothwendig erachtet, Abgeordnete des Gemeinde-

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rathes oder besondere Sachverständige zu Rathe zu ziehen und von den Grundbüchern Einsicht zu nehmen.

Art. 34. Die ©chätzungskommisiion hat auch in Beziehung auf diejenigen Rechte die Schätzung vorzunehmen, in Betreff welcher die Abtretungspflicht bestritten ist.

Art. 35. Der Entfcheid der Schätzungskommiffion ist den fämmtlichen Betheiligten schriftlich mitzutheilen.

Binnen 30 ..tagen, vom Tage der erhaltenen Mittheilung an gerechn-et, ist jeder Betheiligte befugt, über denfelben bei dem Bundesgerichte Befchwerde zu führen, welchem über die streitigen Punkte das Entfcheidungsrecht zusteht.

Denjenigen gegenüber, welche binnen diefer Frist eine Befchwerde bei dem Bundesgericht nicht eingelegt haben, ist der Entscheid der Schätzungskommisfion gleich einem rechtskräftigen Urtheil anzufehen.

Art. 36. Diejenigen, von welchen die Abtretungs»flicht bestritten worden ist, haben, auch wenn der Bundesrath hierüber noch nicht entschieden hat, gleichwohl, falls fie über den eventuellen Entfcheid der Schätzungskommifsion (Art. 34) Befchwerde erheben wollen, diese binnen der im vorhergehenden Artikel anberaumten Frist und bei Vermeidung der in demselben für den Fall der Verfäumung diefer Frist angedrohten Folgen, eventuell dem Bundesgerichte einzureichen.

Art. 37. Das Bundesgericht urtheilt in der Regel auf Grundlage des Befundes der Schätzungskommisfion.

Dasselbe kann jedoch, wo es dieß nothwendig findet, eine neue Untersuchung anordnen.

Art. 38. Wenn die Entschädigung für verschiedene Rechte, die mit Beziehung auf das gleiche Grundstück

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abzutreten find, im Streite liegt, oder wenn es fich um.

eine Entschädigung mit Beziehung auf verschiedene Grundstücke unter gleichartigen Verhältnissen handelt, so soll die Erledigung solcher Streitfälle fo viel als immer möglich in e i n e m Verfahren statt finden.

Art. 39. Sowohl die Schätzungskommiffion als das Bundesgericht find zu möglichster Beschleunigung des Verfahrens verpflichtet.

Art. 40. Soweit nicht das gegenwärtige Gesetz besondere Vorschriften enthält, gelten in Beziehung auf das Verfahren vor dem Bundesgerichte die dießfälligen allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen.

Art. 41. Wenn durch Aufnahme von Plänen oder durch Ausstellungen behufs Errichtung öffentlicher Werke (Art. 8) Schaden zugefügt worden ist, und zwischen

den Betheiligten keine gütliche Verständigung erreicht wird, so entscheidet über die zu leistende Entschädigung die kompetente Behörde des Kantons, in welchem der Plan ausgenommen wurde oder die Aussteckung stattfand.

Ebenso ist die Anwendung der für den Saß der Veränderung, Befchädigung oder Beseitigung von Signalen, Pfählen u. s. w. angedrohten Strafbeftimmungen (Art. 8) Sache der kompetenten Kantonalbehörden.

Ili. Ük§ahÜuHg der Entschädigung und ihre

ssiîkung.

Art. 42. Mit dem Tage, an welchem der Entscheid einer Schätzungskommisfion oder ein bundesgerichtliches-

Urtheil in Rechtskraft tritt, kann die Erfüllung der durch dieselben auferlegten Verpflichtungen werden.

gefordert

60 Art. 43. Die Bezahlung der Entschädigungssummen an die Berechtigten geschieht durch die Vermittlung der Regierung des Kantons, in welchem das .Grundstück liegt, mit Beziehung auf welches Rechte abgetreten worden find.

Diese Letztere hat dafür zu sorgen, daß, wo es fich um Entschädigung für abgetretenes Eigenthum handelt, den Inhabern anderer darauf lastender dinglicher Rechte, wie z. B. von Pfandrechten, Grundzinfen u. f. w. für ihre Ansprüche ihr Betressniß zukomme, und daß die daherige Sedigung des Abtretungsgegenstandes in die betreffenden Xitel eingetragen werde.

Art. 44. Mit der nach Anweisung der betreffenden Kantonsregierung erfolgten Bezahlung der Entschädigung für diejenigen Rechte, welche Gegenstand der Abtretung sind, gehen dieselben ohne Weiteres und ohne daß dazu die Beobachtung irgend einer sonst etwa vorgeschriebenen gorm erforderlich, oder der Bezug irgend welcher daherigen Steuern oder Gebühren zulässig ist, an den Bauunternehmer über.

Art. 45. Ist in .Jolge der Abtretung nach den vorhergehenden Artikeln oder auch in Folge der Bestimmungen des Artikels 14 Eigenthum an den Bauunternehmer übergegangen, so erlöschen damit auch alle dinglichen Rechte, welche Dritten an denselben zustehen, wie z. B.

Pfandrechte, ©rundzinsforderungen u. f. w.

Art. 46. Wo bedeutender Nachtheil mit dem Verzug verbunden wäre, ist der Bauunternehmer berechtigt, die Abtretung der Rechte sofort nach geschehener Schätzung .zu verlangen, sofern entweder der Schätzungsbericht genügenden Aufschluß über den Gegenstand der Abtretung crtheilt, oder auch nach dem Uebergang der Rechte aus

61 den Bauunternehmer die Größe der Entfchädigung fich mit Sicherheit ermitteln läßt. Er ist jedoch in diesem Fatte verpflichtet, eine durch die Schätzungskommisfion zu bezeichnende Kaution zu leisten, und den Zins der Entschädigungssumme von dem ..tage an, mit welchem die Rechte auf ihn übergegangen find, bis zur Bezahlung der Ent-

schädigung zu entrichten.

* Streitigkeiten über die Anwendung diefes Artikels werden von dem Bundesrathe entfchieden.

Art. 47. Sollte ein abgetretenes Recht zu einem andern Zwecke als zu demjenigen, für welchen es abgetreten worden ist, verwendet werden wollen, oder wäre es" binnen 2 Iahren nach erfolgter Abtretung zu dem Abtretungszwecke nicht benutzt worden, ohne daß fich hiefür hinreichende Gründe anführen lassen, oder wird das

öffentliche Werk, für welches die Abtretung geschehen ist, gar nicht ausgeführt, fo kann der frühere Inhaber des abgetretenen Rechtes dasselbe gegen Rückerstattung der dafür erhaltenen Entschädigungssumme wieder zurückfordern.

Sind vom Bauunternehmer am abgetretenen Eigenthum inzwischen Veränderungen vorgenommen worden, welche den Werth desselben erhöhen oder vermindern, so ist die Rückforderung im erfteren Falle nur gegen Erstattung der hierauf verwendeten Auslagen zuläßig, und im letztern galle ist der eingetretene Minderwerth abzurechnen.

Wenn das abgetretene Recht um einen niedrigern Betrag als denjenigen der für die Abtretung bezahlten Entfchädigungssurnme von dem Bauunternehmer veräußert werden will, so ist derjenige, welcher es abtreten mußte, befugt, die Rückerstattung des Rechtes

62 ·gegen Bezahlung jenes Betrages, für welchen die Veräußerung beabfichtigt wird, zu verlangen.

Wenn sich, in Folge der in diefem Artikel enthaltenen Bestimmungen, Streitigkeiten erheben, so steht das Entscheidungsrecht dem Bundesgerichte zu.

IV. Kosten.

Art. 48. Die Kosten der im Artikel 11 vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung, der laut Art. 18 erforderlichen Anzeigen, des gesammten Schätzungsverfahrens, der Auszahlung der Entschädigungssummen (Art. 43), der Hinterlegung von Kautionen (Art. 46) find in allen Fällen durch den Bauunternehmer zu tragen.

Art. 49. In Beziehung ans die Auferlegung der Kosten, welche durch bundesgerichtliches Verfahren entstehen, finden die dießsälligen allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen ihre Anwendung.

Dieselben gelten auch in Betreff solcher Kosten, welche durch Bestreitung der Abtretungspflicht veranlaßt werden.

Art. 50. Der Bundesrath ist mit der Bekanntmachung und Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

Der schweizerische Bundesrath,

beschließt: Einziger Artikel.

Das vorstehende Bundesgcsetz, betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, ist den

63 sämmtlichen Kantonsregierungen zur üblichen Publikation mitzutheilen und gleichzeitig in das Bundesblatt und in die offizielle Sammlung der Eidgenossenschaft aufzunehmen.

Bern, den 10. Mai 1850.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident: ·Ç. Driie9.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schieß.

Ausstellung von 1851.

Reglement, betreffend die Ausstellung von Maschinen mit Bewegung.

Die für die Ausstellung von 1851 bestellten königl.

Kommissärs haben, um denjenigen Theilnehmern, welche Mafchinen oder Maschinenzüge (tout un train de machines) mit Bewegung auszustellen wünschen, jedmögliche Erleichterung und Unterstützung zu gewähren, beschlössen den Zutritt auch solcher Maschinen zu gestatten, die, um ihren Zweck und Wirksamkeit darzustellen, in Bewegung (Betrieb) gesetzt werden müssen, insofern es nämlich irgend möglich und unter der Aufficht der Eigenthümer und durch deren eigene-.Bemannung geschieht.

Demzufolge stellen die Kommissärs den Eigenthümern

unentgeldliche Dampskraft zu Gebote, jedoch nicht über

30 Pfd. per Zoll. Der Dampf wird in geschlossenen

64 Röhren in diejenigen Theile des Gebäudes geleitet, wo derfelbe zu verwenden ist.

Einzelnen Mafchinentheilen oder Artikeln, welche durch Dampf getrieben werden sollen, ist eine tragbare kleine Dampfmafchine beizugeben, in welche eine Dampfröhre eingesetzt werden kann. Diesen Maschinen wird der nöthige Dampf von ein bis sechs Pferdekraft gewährt, unter welcher Kraft nicht etwa bloß ein einzelner Manufakturtheil oder Artikel verstanden ist, welcher Dampf verlangt.

Was diejenigen Mafchinen betrifft, welche zu klein find um eine eigene tragbare Dampfmaschine zu erfordern, fo find Vorkehrungen getroffen, daß dieselben bei ihrer Aufstellung also gruppirt werden, daß sie in Verbindung gebracht werden können mit solchen, die als Dampfmaschinen selbst zur Ausstellung gelangen und durch dieselben die gewünschte Betreibung erhalten.

Die Aussteller von tragbaren Dampfmaschinen werden demnach verständigt, daß durch ihre Werke andere ........caschinen, welche Bewegung erfordern, in Betrieb zu fetzen feien, wozu ihre Einwilligung einzuholen ist.

M. D i g b y - W y a t t , Sekretär.

.·Berichtigung.

Aus Versehen der Drntferei hat sich in Nr. 22 des Bundesbla.tes, Seite 22, R..6.ÏE "Aue ..-eu Verhandlungen des Bundesrathes " folgender Fehler eingefchlichen. Jn der letzte« Zeile muß es heißen: auch foU er em.3m.f>n. anstatt ein z u{erufeii.

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Bundesgesetz, betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten (Vom 1.

Mai 1850.)

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1850

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2

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24

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.05.1850

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47-64

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