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Schweizerisches

desblatt.

II. Band III.

MTM' 54.

M i t t w o c h , den 27. 2Bintranonat 1850.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für bas Jahr 1850 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i Srkn. 3.

Inferate sind f r a n k i r t an die Expedition einzufenden. Gebühr l Batzen per Zeile oder deren Raum.

Verhandlungen der Bundesversammlung, des National- und Ständerathes.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Militärkapitulationen.

(Vom 13. November 1850).

Tit.

Unterm 29. November vorigen Jahres hatten wir die Ehre Ihnen einen Bericht über die damalige Sachlage betreffend die Militärkapitulationen vorzulegen. Wir verbanden keine Anträge damit, weil wir einerseits die Akten als noch unvollständig erklären mußten und weil anderseits die hohen Stände Schwyz und Solothurn in Anwendung des Art. 81 der Bundesverfassung hierauf bezügliche Anträge unmittelbar an die hohe Bundesversammlung gerichtet hatten. Am 13. Dezember faßte sodann der hohe Nationalrath folgenden Beschluß : Bnudesblatt. Jahrg. II. Bd. III.

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500 "Der Nationalrath gewärtigt die weitern Berichte ,,und Anträge des Bundesrathes über den Stand der "Kapitulationsangelegenheit und überweist zum Zweck der "Vervollständigung der Akten die eingegangenen Er"klärungen der Kantonsregierungen an den Bundes,,rath."

Diesem -.-Beschluß Folge leistend, übermachen wir Ihnen hiemit unter Hinweisung auf unsern Bericht vom 29. November 1849 die Fortsetzung desselben nebst unsern Anfichten über diese Angelegenheit. Der erwähnte Bericht umfaßte folgende Verhältnisse : l. Die V o l l z i e h u n g des Beschlusses, b e t r e f fend das Verbot der .Werbungen.

Da die Art und Weise, wie dieses Verbot zur Vollziehung kam, uns zu besondern eventuellen Anträgen veranlaßt, so behalten wir uns vor, weiter unten zur Begründung derselben über diesen Gegenstand einzutreten.

H. E r k l ä r u n g e n einzelner K a n t o n e über diese Angelegenheit.

Den im frühern Berichte erwähnten Erklärungen müssen beigefügt werden : 1) Der Antrag der Regierung von Schwyz an den hohen Nationalrath, dahin gehend : "Es sei der Bundesbeschluß vom 20. Inni 1849 über die Militärkapitulationen zurückgezogen und den Kantonen in Rücksicht auf dieselben diejenigen Rechte ungeschmälert belassen, die ihnen vor Erlassung nach Art. 3 und 11 der Bundesverfassung zustanden. Die Begründung dieses Antrages beruht vorzüglich auf dem Punkte der Kompetenz und darf um so eher hier übergangen werden, als derselbe in gedruckter Ausfertigung ausgetheilt wurde.

501 2) Diesem Antrag gegenüber gab die Regirnng von Bern am 14. November 1849 der hohen Bundesversammlnng den Antrag ein, an dem Beschlüsse v. 20. Inni nicht nur sestzuhalten, sondern überdieß diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, welche geeignet seien, sowohl die Vollziehung dieses Beschlusses in allen .-.theilen zu sichern als eine definitive Auflösung des Kapitulationsdienstes herbeizuführen.

3) Die Regierung von Solothurn eröffnete dem Bundesrath zu Handen der hohen Bundesversammlung folgende Schlußnahme des Kantonsraths von Solothurn : Der Kantonsrath von Solothurn anerkenne zwar die Befugniß der Bundesversammlung aus höheren

politischen Rücksichten und aus Gründen des öffentlichen Wohls unsere Gesammtvaterlandes, die Militärkapitulation mit Neapel vor Ablauf der darin bedungenen Zeitfrist aufzuheben, finde jedoch, es seien dermalen hiefür dringende Gründe, eine solche folgenwichtige Maßregel zu beschließen, nicht vorhanden, und stelle daher von dem ihm durch Art. 81 der Bundesverfassung eingeräumten Rechte Gebrauch machend, den Antrag : 1. Die hohe Bundesversammlung möchte eine Auflosung der Schweizerregimenter in Neapel nicht beschließen und das unterm 20. Iuni 1849 erlassene Anwerbungsverbot, da eine längere Fortdauer desselben als Bruch der Kapitulation angesehen werden könnte, aufheben.

2. Im galle dieser Antrag von der Bundesversammlung die Zustimmung nicht erhalten sollte, so möge dieselbe erklären : daß allfällige, peeuniäre Nachtheile, die aus der Aufhebung der Kapitulation oder längern Fortdauer des Werbungsverbots den Offizieren und Soldaten der Schweizerregimenter in Neapel erwachfen könnten, worunter namentlich die Kosten der Zurückbe*

502 rufung und Ausrichtung kapitulationsmäßiger Pension verstanden feien, von der gefammten Eidgenossenschaft getragen werden follen.

Die Regierung von Solothurn begleitete diesen Antrag noch mit folgenden Bemerkungen : Die Kapitulationsfrage mit Neapel erhob sich unter dem Einfluß der Aufregung, welche die neuern Ereignisse in Italien auch in der -.Schweiz hervorbrachten. Das Verbot der Tag* satzung gegen Werbungen, die zu Gunsten einer freiern Konstituirung Italiens versucht wurden, hatte die Rückwirkung, daß auch die Aufhebung der Kapitulationen angestrebt wurde. Diefes Verlangen wuchs als man glaubte, die Schweizerregimenter feien bestimmt, eine neuentstandene Republik zu bekämpfen und es könnten sogar Schweizer mit Schweizern handgemein werden. Diese Zustände mußten bei den Verhandlungen einen bedeutenden Einfluß äußern, obwohl damals schon manche Hoffnungen und manche Befürchtungen zu verfchwinden begannen. Seither haben sich jene politischen Zustände Italiens geändert und können nicht mehr alsBeftimmungsgründe für das politifche Verhalten der Eidgenossenschaft gelten. Daher der erste Antrag des GroJ5en3(htf).i..3 von Solothurn.

Was den eventuellen Antrag, die Tragung der Kosten betrifft, so spricht schon das Billigkeitsgesühl entschieden

für die Entschädigung der Truppen und es dürften viel-

leicht noch ganz andere Forderungen rechtlich begründet fein, als nur die verfallenen Penfionen. Die Entfchädigungspflicht tritt nicht nur ein auf Grundlage von Verträgen, sondern auch bei Störung wohl erworbener Rechte. Die Kantone können für die Folgen ihrer Ka* pitulationen nicht haften, wenn der Bund Eingriffe in dieselben macht, weil es sich eben um die Folgen dieser

503 Eingriffe handelt, nicht um .diejenigen der Kapitulationen, greiwillige Beiträge wird der Kanton Solothurn nicht leisten, er kann nicht auf eine lange Reihe von Iahren Leistungen übernehmen, um kleine Inkonvenienzen zu heben, welche nach ungefähr 6 Iahren von selbst verschwinden werden.

4) Die Regierung von Appenzell A.-Rh. machte am 26. November 1849 eine Eingabe an die hohe Bundesversammlung, worin fie den Antrag der Regierung von Schwyz unterstützt und um Zurücknahme des Beschlusses vom 20. Juni 1849 nachsucht. Sie begründet ihren Antrag mit den bekannten Motiven, welche gegen die Kompetenz des Bundes sprechen, und macht nachdrücklich aufmerksam auf die finanziellen golgen für die Eidgenossenschaft, welche ohne Zweifel einzustehen hätte.

5) Mit Schreiben vom 3. Dezember 1849 unterstützte die Regierung des Kantons Schaffhaufen den Antrag von Appenzell A.-Rh. und fügte bei, daß dieser Kanton schon im Jahr 1831 die Militärkapitulationen als unzulässig erklärt habe und daß man ihm daher hinsichtlich der Folgen des Bundesbeschlusses v. 20. Juni keine peeuniäre Opfer zumuthen werde.

HI. Die Entfchädigungsansprüche.

Nach unserm letzte« Berichte beliefen fich die bis damals bekannten Ansprüche auf folgende Summen, abgesehen von weitern eventuell geltend gemachten gorderungen :

1) Iährliche Entschädigung frz.gr. 899,030.34 Ct.

2) Nur ein Mal zu bezahlen ,, 782,207. 41 " Hiezu kommen nun noch folgende Beträge :

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A. Für den übrigen ...theil des Regiments Mohr Nr. 1.

1) Iährliche Entschädigung frz. Fr. 146,535. 13 Et.

2) Nur ein Mal zu bezahlen ,, 170,180.72,,

Als eventuelle Entschädigungen find ferner ange-

meldet: frz.Fr. 146,611.51 Ct.

B.

pr

das Regiment Riedmatten Nr. 3.

1) IährlicheEntfchädigung frz.gr. 431,268. 17 Et.

2) Nur ein Mal zu bezahlen ,, 280,350. 43 "

Hiebet ist zu bemerken, daß bei der ersten Post die bereits erworbenen Reträtegehalte nicht inbegriffen find und ....ei der zweiten Post die Kosten der Heimreise ebenfalls nicht. Auch werden im allgemeinen die eventuellen Forderungen vorbehalten. Der Gefammtbetrag der aufgezählten Summen -- nicht inbegriffen die eventuellen Ansprüche und die erwähnten Lücken in der Berechnung -- ist daher folgender :

1) IährlicheEntfchädigungen frz.gr. 1,476,833.64 Et.

2) Nur einMal zu bezahlen " 1,232,738.56 ,,

IV. Die Unterhandlungen m i t d e r k. R e g i e r u n g b e i d e r Sizilien.

.-.Die dießfälligcn Korrespondenzen

find in unserm

srühern Berichte erwähnt und die Akten beigelegt. Seither fanden kerne Verhandlungen mehr statt, weil sich mit vollständiger Sicherheit ergab, daß eine weitere Fortsetzung derselben gänzlich nutzlos wäre.

..Dieses ist die gegenwärtige Sachlage. Bei Bcurtheilung derfelben lassen wir natürlich die Frage der Kompetenz 'bei Seite, da diefelbe in Folge der frühern Verhandlungen und Beschlüsse erledigt wurde. Unsre Ansicht, die wir in Ergänzung der srühern Berichte mit einigen Worten begründen wollen, geht dahin, daß zur Zeit ijedenfalls nicht überwiegende oder hinreichende

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Gründe vorhanden seien, um die bestehenden Kapitulationen von Bundeswegen aufzuheben. Die Schwierigfeiten, die mit einer solchen Maßregel verbunden wären, stehen in gar keinem angemessenen Verhältniß zu dem voraussichtlichen Erfolg, so daß nur außerordentliche Umstände es rechtfertigen könnten, wenn man gleichwohl auf der Maßregel beharren wollte. Unter jenen Schwierigkeiten berühren wir nur folgende : 1) Die finanzielle Seite der Sache. Da es sich dicjjmal nicht um provisorische Verfügungen, sondern um einen definitiven Entscheid handelt, so kann man die CEntschädigungssrage nicht umgehn. Es ist Pflicht der Behörde, sich alle Folgen eines so wichtigen Beschlusses klar vorzustellen. Während der frühern Verhandlungen der hohen Bundesverfammlung wurde diese Frage zwar nicht entschieden, aber nach allen Richtungen so einläßlich erörtert, daß wir uns darauf beschränken können, einfach nnsere Ueberzeugung dahin anszusprechen, es müsse eine Entschädigung, der Truppen stattfinden und zwar nicht nur für die Kosten der Heimreise, sondern für alle Vortheile, die sie ans der Kapitulation rechtlich erworben haben. Diese Entschädigungspflicht würde allerdings nicht auf einem Vertrage beruhen, wohl aber auf dem für die ..truppra nachtheiligen Eingriff in das Gebiet ihrer Prisatrechte. Wenn diese Anficht richtig ist, so können die Folgen durch keinerlei Machtspruch abgcwendet werden. Denn die Betheiligten würden bei dem unabhängig hingestellten Bundesgericht ihr Recht suchen und dieses müßte nach seiner freien Ueberzeugung urtheilen. Auf welche Summen nun die zu leistende Ent-

scho.digunä sich wirklich belaufen würde, läßt sich unmog-

lich auch nur annähernd bestimmen, indem es wesentlich davon abhangen würde, wie viele der Soldaten dem

506 Rufe der Behörden $ola,e leisten und den Militärdienst verlassen würden. Allein'das springt sogleich in die Augen, daß die jährlich zu bezahlende Summe jedenfalls fehr bedeutend wäre, infofern man nämlich voraussetzt, daß der Zweck vollständig oder großentheils erreicht werden soll oder mit andern Worten, daß alle oder die meisten Soldaten zurückkehren würden. Nimmt man aber umgekehrt an, daß nur ein kleiner ...theil der Truppen sich zur Heimkehr bestimmen ließe, so würden allerdings die Kosten sich bedeutend vermindern ; allein dann bliebe der Zweck größtentheils unerreicht und in diesem Fall dürfte man wohl mit Grund fragen, ob nicht diese kleinern Summen nutzlos weggeworfen feien.

Wir haben den Betrag der Entfchädigungsforderung der Vollständigkeit wegen angeführt, wie er in den Berichten der Regimentsadministrationen erscheint, ohne damit sagen zu wollen, daß wir dieselben ihrem ganzen Umfang nach für begründet halten. So ist z. B. eine Summe von srz. gr. 1,232,738 angegeben, welche außer den jährlichen Entschädigungen aus ein Mal zu bezahlen wäre. In dieser Summe sind zum Theil, jedoch nicht alle Kosten der Heimreise begriffen, zum Theil aber eine besondere Entfchädigung, bestehend in einem Jahressold welche der König von Neapel im Falle einer unvorgesehenen Entlassung vor Ablauf der Kapitulation an diejenigen entrichten muß, welche nicht 10 Dienstjahre haben.

Hier läßt sich immerhin bezweifeln, ob die Eidgenossenschaft in diefe Verpflichtung eintreten müßte. Hingegen wären jedenfalls die Kosten der Rückreise zu vergüten und diese betragen nach den vorliegenden Tabellen cirea srz. Fr. 160,000, nur sür die Strecke von Neapel bis Genua berechnet. -- Wir bringen endlich nicht in Anschlag die eventuellen Forderungen, welche die Regierung

507 von Neapel stellen würde für nicht erfüllte Dienstjahre, Kleidung, Ausrüstung u. s. w., obwohl man sich wenigstens die Möglichkeit denken kann, daß fie solchen .§orderungen durch irgend welche Repressalien, sei es gegen den schweizerischen Handel überhaupt, sei es gegen die in beiden Sizilien niedergelassenen Schweizer Nachdruck zu geben versuchte.

Und wer soll nun die erforderlichen Summen, welche jedenfalls nicht unbedeutend sein werden, bezahlen? Kein einziger derjenigen Kantone, welche Kapitulation abgeschlössen, hat als solcher eineVergütung in Ausficht gestellt; im Gegentheil haben mehrere derselben gegen alle oko* nomischen Folgen protestirt und zwar mit Recht. Denn wenn der Bund in diese Rechtsverhältnisse eingreift, so ist nichts natürlicher, als daß der Bund auch die Solgen trage. Nun ist aber die Bundeskasse nicht in der Lage, solchen außerordentlichen Ausgaben zu genügen und wäre dieses auch der Fall, so dürfte dadurch manches schöne Projekt, welches große finanzielle Opfer fordert, in eine Ungewisse Zukunft hinausgeschoben werden. Der Bund müßte also für diesen Zweck an die Kantone gelangen,

und es läßt sich die Stimmung denken, mit welcher bei der gespannten Finanzlage der meisten Kantone ein sol* ches Ansinnen aufgenommen würde. Die einen derfelben, welche eine Kapitulation abfchlossen, befchweren sich schon bitter über die Aufhebung derfelben, als einen die Bundesversassung verletzenden Akt; ihr Unwille wird sich nicht mindern, wenn sie vollends noch helfen sollen, die Kosten zu bezahlen. Nicht minder werden sich andere Kantone beschweren, welche, obwohl in der Mehrheit, nach dem Bundesvertrag von 1815 den Abschluß der Kapitulationen nicht hindern ko.nnten und nun gleichwohl zum großer«

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.-Theil die folgen von dem tragen sollten, was die Minderheit zu unternehmen für gut fand.

2) Eine weitere große Schwierigkeit liegt in der Vollziehung. Wir gehen hier von der Ansicht aus, daß, wenn es sich um eine wichtige, eingreifende Schlußnahme und um bedeutende Opfer handle, man das eigentliche Ziel anstreben und die Sache felbst, nicht bloß den Schein und Namen retten folle. Diefe besteht aber nicht in den Kapitulationen, welche eigentlich nur die unsere Truppen schützende Form find, sondern in dem Dienste selbst, der von Schweizern für monarchische Interessen geleistet wird.

Allerdings liegt zwar eine gewisse indirekte ...n-.eilnal-.me

an der Sache selbst darin, daß durch die Kapitulationen die Werbungen förmlich gestattet werden. Allein man darf nicht überfehen, daß die Schweiz theils durch die meisten neuern Kantonsverfassungen, theils durch die Bundesverfassung, theils durch die Verhandlungen der obersten Bundesbehörde diesen Söldnerdienst entschieden desavouirt hat, und daß es ihr wohl kein Unbefangener zur Unehre anrechnen kann, wenn sie aus wichtigen, rechtlichen und finanziellen Bedenken und bei der Unmöglichkeit eines wirksamen Eingreifens die schon bestehenden Verträge noch ablaufen läßt. -- Die Schwierigkeiten der Vollziehung zeigen sich in einer doppclten Hinficht. Wir haben fur's erste durchaus keine wirksamen Mittel, um die Entlassung der jetzigen Regimenter zu bewirken, ja nicht einmal, um die Wegnahme der schweizerischen Fahnen durchzusetzen. Dieser Zweck läßt sich nur erreichen, durch freiwillige Mitwirkung der Regierung von Neapel oder der Schweizerregimenter.

Auf die erstere können wir nach dem Refultate der Korrespondenz in keiner Weise rechnen, und auch die letztere

ist mehr als zweifelhaft. Berücksichtigt man die ungün-

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stige Stimmung, die sich in den Berichten der Oberoffiziere kund gibt, die Angewohnung der Truppen an ihre Lebensweise, die Ungewisse Zukunft weitaus der meisten Soldaten, ihre Besorgnisse über den Umfang der ihnen zu Theil werdenden Entschädigung, so wird man die Ucbcrjeugung gewinnen, daß bei Aufhebung der Kapitulationen wohl nur ein kleiner Theil fich zur Rückkehr bestimmen ließe. Man darf zudem nicht übersehen, daß es die Regierung von Neapel wohl schwerlich an Mitteln fehlen ließe, um die Truppen ferner an den Dienst zu fesseln. So wäre der Hauptzweck schon »on vorneherein zerprt. Die Regierung von Bern hat zwar vorgeschlagen, die Ungehorsamen mit dem Verlust ihrer politischen Stimmrechte zu bedrohen, die -.Truppen ihres kapitulationsmäfjigen (Eides zu entbinden und den Rückfehrenden die Reisekosten zu vergüten, unter Vorbehalt allfällig weiterer Ansprüche, welche die Kantone ihnen etwa einräumen mochten. Allein wir können uns nicht überzeugen, daß bicsc Mittel son irgend welchem Erfolg wären; wir glauben im Gegentheil, daß die äußerst vage Verheißung einer möglichen Entschädigung noch alle Zweifelhaften zurückschrecken würde, und daß man einzig und allein durch bestimmte Zusicherung einer vollen Entschädigung auf einigen Erfolg bei Aufhebung der Kapitulationen rechnen dürfte. Ohne eine solche Garantie für künftige Eristenjmittel wird gewiß die Androhung des Entzugs des politischen Stimmrechts, dessen Ausübung ja ohnehin für diese Leute in eine ferne Zukunft gerückt ist, ohne alle Wirkung bleiben. Das Nämliche wird der Fall fein bei einer Schlußnahme, welche die Soldaten ihres ..Diensteides entbinden würde. Es wird für fie die Gewisscnsfrage entstehen, ob schweizerische Behörden sie eines Fahneneides entbinden können, den sie der Regie-

510 rung von Neapel geleistet haben. Es ist kaum zweifelhaft, wie sie sich diefe Frage beantworten und wie all-

fällig ängstliche Gemüther von Offizieren und Geistlichen hierüber belehrt würden. Als Beleg hiefür, fowie für die Schwierigkeit, die Truppen von dem Dienste wegzubringen, mag auch die Thatsache dienen, daß mit Ausnahme einiger weniger Offiziere, alle Regimenter dem Könige wieder einen neuen, dem frühern widerfprechenden Eid leisteten. Sie finden über diefes Verhältnij.. bei den Akten einen von der bernerfchen Regierung mitge-

theilten Bericht des Verwaltungsraths des 4. Regiments.

Aus diefen Gründen können wir uns daher nicht überzeugen, daß die Aufhebung der Kapitulationen die bestehenden Schweizerregimenter in irgend erheblicher Weise vermindern würde, ausgenommen vielleicht den gall, wenn die hohe Bundesversammlung den Truppen auf unzweideutige Weise den vollen Ersatz aller vertragsgemäßen Vortheile zusichern würde.

Allein es gibt noch eine zweite Schwierigkeit der Voll-

ziehnng, welche sich ans die Zufunst bezieht. Die Aufhebung der Kapitulationen müßte natürlich von einem beständigen Verbote der Werbungen begleitet fein. Nun hat uns, abgefehen von der Natur der Sache, die Erfahrung des letzten Iahres bewiefen, daß ein solches Verbot nur in sehr ungenügender Weise gehandhabt werden kann. Wir haben mit aller Wachsamkeit die Werbnngen zu verhindern gesucht, und unser Iustiz- und Polizeidépartement ist sogleich überall eingeschritten, wo Spuren davon bemerkbar waren, wie die dießfälligen Akten es beweifen; wir sind überdiejj von mehreren Kantonsregiernngen kräftig unterstützt worden. Aber trotz Allein dem hatten die Werbungen ihren Fortgang, und zwar in nicht unbedeutendem Umfange. Die eigentlichen Werbbüreaur

511 find im Ausland; geheime Agenten befördern in der Schweiz die Instradirung der Leute und geben ihnen Reifegeld. Reiseschriften bedürfen diefe gar nicht. Mit gewissen Adressen, die sie erhalten, haben fie ungehinderten Eintritt in die östreichischen Staaten und ein bloßer Taufschein genügt für ihre Annahme im Werbdepot.

Dazu kommt noch die unverkennbare Neigung in manchen Kantonen, die Sache gehen zulassen, wie sie geht.

Unter solchen Umständen ist es durchaus unmöglich, diesem Söldnerdienst ein Ende zu machen und es ergänzen sich die Regimenter auf dem Wege des Reislaufens.

Zu diefen großen Schwierigkeiten kommen noch andere Bedenken, die wir nur kurz berühren wollen. Es darf ernstlich erwogen werden, ob es gut gethan sei und im Interesse unseres Landes liege, in einer Zeit, wo über allzu große Konkurrenz der Arbeit, Uebervölkerung und zunehmendes Proletariat geklagt, wo auf Organisation und Beförderung der Auswanderung hingewirkt wird, durch außerordentliche Maßregeln Taufende von Sandesangehörigen heimzuberufen, von denen es sehr sielen schwer fallen dürfte, fich eine erträgliche Stellung im bürgerlichen Leben zu erringen. -- Es darf ferner nicht überfehen werden, daß mehrere Kantone durch Aufhebung der Kapitulationen fich in ihren Rechten und Interessen auf's Empfindlichste verletzt glauben, daß ihr Vertrauen auf die bundesrechtlichen Zustände, wie fie dieselben auffassen, tief erschüttert, ihre Zuneigung zu der neuen Gestaltung des Bundes vermindert und ihre Abneigung vermehrt wird. Wir halten dafür, -Beschlüsse von solcher Wirkung seien nicht geeignet, des Vaterlandes Wohl und eine erfreuliche Zukunft zu fördern, und es sollten solche Mittel nur ausnahmsweise ergrissen werden, wenn eine höhere Notwendigkeit es gebieterisch

512 verlangt. Daß vor einem Iahre eine folche vorhanden gewesen sei, mochten Manche in guten Treuen annehmen, ©ewiß ist, daß damals die politischen Eonjunkturen im Allgemeinen und die Ereignisse in Italien, die damalige Stellung der Schweizerregimenter in Neapel insbesondere, einen großen Einfluß ans die damalige Behandlung der Angelegenheit äußern mußten. Wie die Regierung von Solothurn in ihrer Eingabe richtig bemerft, waren damals manche Hoffnungen und manche Besorgnisse vorhanden. Allein diese find jetzt verschwunden oder wenigstens so in den Hintergrund getreten, daß fie nicht als Bestimrnungsgründe so wichtiger Schlußnahmen Geltung haben können.

Wir fassen schließlich das Gesagte dahin zusammen, daß die Aufhebung der Kapitulationen mit sehr bedeutenden Schwierigkeiten und Opfern verbunden wäre, daj..

der zu erwartende Erfolg mit denfelben in gar keinem Verhältnis steht und daß auch keine außerordentlichen Umstände vorhanden sind, welche eine so außerordentliche Maßregel verlangen könnten. Auf diefe Gründe gestützt stellen wir daher den Antrag : ,,Die h. Bundesversammlung möge es den be"theiligten Kantonen überlassen, über die bestehen"den Kapitulationen bis zu deren Ablauf das (i.'ut"findende zu verfügen und daher den provisorischen "Bundesbeschluß vom 20. Inni a. p. anßer Kraft ,,setzen."

Auf den Fall, daß die h. Bundesversammlung diefem Antrag nicht beitreten oder die Angelegenheit noch länger verschieben sollte, erachten wir es für nothwendig, daß zur Unterstützung der Vollziehung des provisorischen Verbotes der Werbung Weiteres geschehe, indem, wie schon oben berührt wurde, aller unserer Bemühungen

513 ungeachtet, die Vollziehung sehr mangelhaft zu sein scheint. Zur ©rundung des eventuellen Antrages, den wir am Schlüsse dieses Berichtes Ihnen vorlegen, werfen wir vorerst einen Blick auf den seitherigen Verlauf dieser Angelegenheit unter Einweisung auf die zahlreichen Akten, welche das Nähere hierüber enthalten.

Den in Folge unserer ersten Kreisschreiben eingegangenen Erklärungen gemäß waren die Werbbüreaur geschlossen, und es wurde die beruhigende Zuficherung ertheilt, daß der Beschluß der Bundesversammlung voEzogen werde. Allein von Zeit zu Zeit kam die Kunde, daß die Werbungen in vielen Kantonen im Geheimen fortdauern, und daß später auch offen ganze Transporte von Rekruten, unter denen freilich auch deutsche Flucht* lingc waren, nach Italien abgehen. Es ergab sich, daß zwar die eigentliche Anwerbung und Ausbezahlung der Handgelder erst in Como, später in Seeeo stattfand, daß aber Agenten dieser Werbbüreaur, meist ehmalige Soldaten in fremdem Dienst, überall in der Schweiz aufgestellt waren, welche theils selbst, theils durch Angestellte die Leute zum Eintritt in den Dienst beredeten, sie in Wirthshäuser auf ihre Kosten verlegten, ihnen ReiseUnterstützung verabreichten, Etappen bestimmten, wo sie wieder weiters befördert wurden, ihnen Adressen mitgaben, die ihnen an der Gränze statt der Pässe dienten und fie mitunter in ganzen Transporten nach Leeeo führen ließen. Wir haben durch Kreisfchreibcn die Polizeibehörden auf dieses Treiben aufmerksam gemacht, und sie aufgefordert theils präventiv zu handeln durch Verweigerung von Reifeschriften in gegebenen gällen und durch Rückweisung der Angeworbenen, theils die Transportführer und andere Uebertreter des Verbotes den Gerichten zur Bestrafung zu uberweifen. Als Kantone,

514 in welchen die Werbung in obigem Sinne betrieben werde, wurden fuccessive benannt: Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, greiburg, Solothurn, Basel, Appenzell I.#Rh., Graubünden und Wallis.

Unser Iustiz- und Polizeidepartement hat jede einkommende Anzeige sofort der betreffenden Kantonsregierung oder Polizeibehörde überfandt und die Einleitung einer gerichtlichen Unterfuchung iverlangt. Der Erfolg war sehr verschieden, jumal ein .......heil der angeklagten Personen nicht mehr zu finden war. In Zürich wurden einige Werbgehülfen durch die Polizeibehörde mit 4--12 Frk. Buße belegt. Von Bern wurde uns zur Zeit noch kein Strafurtheil mitgetheilt, obwohl verschieden Unterfuchungen eingeleitet waren und es ist sonach anzunehmen, daß diese zu keinem erheblichen Resultate geführt haben. In einem Speeialfall wurde auf das Gesuch unsers Iustiz- und Polizcidepartements mit Bereitwilliglcit eine Hausdurchsuchung vorgenommen; da dieselbe aber ohne Erfolg war, so wurde die Ueberweisung ans Gericht verweigert, ungeachtet vier Personen deponirt hatten, daß sie von dem betreffenden Angeklagten in Bern angeworben worden seien. Aus ßnzern ist uns ebenfalls keine erwiefene Uebertretung des Verbotes bekannt geworden, hingegen erhielten wir diefer Tage die Mitteilung, daß ein Würtemberger, auf welchem eine Anzahl der bekannten Adressen an das Wcrbbüreau in Leeeo aufgefunden wurde, wegen Verdachts von galfchwerbung über die Grenze gewiesen worden sei. Ungeachtet gegen den Kanton Uri wiederholte Klagen einliesen, so wurde uns von dort immer amtlich berichtet, daß Werbungen nie stattgesunden haben, daß die schärfsten Verbote gegen Beihülfe zur Werbung erlassen worden feien, und daß die wegen Verdachts denuneirten Personen sich bereits entfernt

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haben. Jn neuerer Zeit find keine Spmalfälle mehr zu unserer Kernüniß gelangt, obwohl die Anschuldigungen gegen diesen Kanton im Allgemeinen in der Presse fortdauern. In Schwyz hat die Regierung auf Begehren unsero Iustiz- und Polizeidepartements eine Untersuchung eingeleitet, deren Erfolg darin bestund, daß der dem Gericht überwiesene .Bürger von Schwyz freigesprochen wurde, ungeachtet er eingestanden hatte, daß er mehrmals Transporte von Rekruten nach Secco befördert, ihnen die Reisekosten vorgestreckt habe und daß das dortige Serbbüreau ihm diese Kosten nebst einem ...t-aggeld ersetze.

Angefragt, ob fie gegen dieses Urtheil appellirt haben, erwieberte die Regierung von Schwyz, daß nach dortigen Gesetzen das Urtheil nicht appellabel sei. Aus Unterwaldrn wurde gemeldet, daß die denuneirte Person fich bers-its entfernt habe und daß überhaupt Werbungen nicht stattfinden. Seit jener Zeit find uns auch keinerlei Indizien mehr zugekommen, die fich auf diesen Kanton beziehen. In Zug kam ein Fall zur gerichtlichen 33eurtheihtng; die Strafe lautete auf 50 Frk. Buße (oder im galle des Unvermögens auf vierzehn Tage Verhaft) und auf zweijährige Verweisung aus dem Kanton. In -greilntrg ist eine gerichtliche Untersuchung gegenwärtig noch pendent, sowie'auch in Appenzell I.-Rh. In Solothurn wurden zwei Personen mit 20--40 grk. Buße bestraft, und ein dritter steht noch in -..Seurtheilung. In Baselstadt wurden fünf in Untersuchung gezogen, wovon vier freigesprochen und einer zu vierzehn Tagen Verhaft verurtheilt wurde. Ein fechster konnte fich der Untersuchung durch die glucht entziehen, weil das gegen ihn aufgefiindene Beweismittel nicht etwa fofort der Behörde in Basel zugestellt, sondern zuerst nach Bern gemeldet xrnd inzwischen dem Publikum in Bafel bekannt wurde.

Bundesblatt. Jahrg. II. Bd. III.

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516 Jn Bûselland hat das Kriminalgericht ein Jndividuum mit Verdacht des Versuchs der Gehülfenfchaft bei der galschwerbnng von der Instanz entlassen. In Granbünden fand ein freifprechendes Urtheil statt, und ein zweiter Fall ist noch pendent. In Wallis endlich wurden die wiederholten Anzeigen, welche von Tesfin, Waadt und Freiburg aus einkamen, in Widerspruch gesetzt. Jn neuester Zeit jedoch beklagte sich die Regierung von Wallis selbst, daß vielfache Werbungen stattfinden, welche bcsonders auch dadurch erleichtert werden, daß die Leute ohne Reiseschriften in Sardinien eingelassen werden und Zuflucht finden. Wir haben hierauf nicht ermangelt, bei der fardinifchen Regierung Beschwerde zu führen.

Diefes ist der Gang der Angelegenheit feit Erlassung des Verbotes und es bleibt uns nur noch übrig, mit besonderer Anerkennung der Thätigkeit und des Eifers zu erwähnen, mit welcher die teffinifche Regierung für

die allfeitige und strenge Vollziehung des Bundesbefchlusses gewirkt hat.

Werfen wir nun einen Blick auf diefes Verhältniß und berückfichtigen wir, daß trotz aller Bemühungen der Behörden die Werbungen immer fortdauern, wie wenigstens von allen Seiten her geklagt wird, und daß ein Ende des Uebelstandes nicht einzusehen ist, nach den erwähnten freisprechenden Urtheilen und unbedeutenden Bußen, so ist es einleuchtend, daß weitere Maßregeln ergriffen werden müssen,- will man nicht den fraglichen Bundesbeschluß und die Stellung der Behörden dem Spott preisgeben. Es ist im gernern ein arger Uebcl* stand, daß das nämliche Vergehen, die Uebertretung eines Bundesgefeizes, in den einen Kantonen gar nicht und in den andern ganz verfchieden bestraft wird- Die Ursache diefer Erfcheinung besteht in der grofe« Sücken-

51?

haftigkeit des Bundesbefchlusses, welche der hie und da gegen denfelben vorhandenen Abneigung einen willkommenen Spielraum gewährt. Diefe Lückenhaftigkeit äußert sich befonders in zwei Richtungen :

1) Es ist nur die Werbung unterfagt. Man sollte zwar glauben, daß es nach den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechtes sich von felbst verstehe, bei einer strafbaren Handlung fei auch der Versuch und die Beihülfe, nicht nur die Vollendung und die Urheberfchaft strafbar, und wir haben in diesem Sinne ein Kreisschreiben erlassen. Dessen ungeachtet machte sich eine andere Anficht geltend, welche alle zur Werbung mitwirkenden Handlungen für erlaubt hält, wie diefes namentlich das frei-

sprechende Urtheil von Schwyz beweist.

'-· 2) Der Bundesbeschluß enthält keine Strafbestimmung.

Nulla poena sine lege, sagt ein bekannter Grundsatz

des Strafrechts. Es ist daher begreiflich, daß man besonders in denjenigen Kantonen, die kein Strafgefetz über Werbung haben, in einiger Verlegenheit war und die eingeklagten Handlungen etwa nur unter dem Titel des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen mit einer

Buße belegte.

Es fcheint uns daher nothwendig, bis zur Erlassung eines allgemeinen eidg. Strafgesetzes den fraglichen Bundesbefchluß durch ein besonderes, provisorisches Strafgesetz näher auszuführen. Im fernern kann nicht verkannt werden, daß es zur Einheit und Gleichförmigkeit im Verfahren und in der Anwendung des Gesetzes überhanpt wesentlich beitragen würde, wenn man alle Uebertretungen desselben an die eidg. Asfifen verweisen würde. Wir glauben aber gleichwohl von diesem Gedanken abstrahiren zu sollen, weil das Gesetz nur provisorisch, das Strafprozeßverfahren für diefe Behörde noch nicht festgestellt ist, und

518 weil leicht FäUe verkommen können, deren Bedeutsamkeit mit den entstehenden Kosten in keinem Verhältnis stehen würden. Indem wir aber vorschlagen, diese Straffällc den kantonalen Strafgerichten zu überlassen,- müssen wir aus begreiflichen Gründen den Bundesbehörden das Recht vindieiren, gegen die erstinstanzlichen Urtheile die üblichen Rechtsmittel, Appellation, Cassation n. s. w. zu ergreifen.

Auf diesen Gesichtspunkten beruht der ©efctzesvorschlag, den wir als eventuellen Antrag Ihnen vorzulegen die Ehre haben.

Was die präventive Wirksamkeit der Polizeibehörden betrifft, so ist diese lediglich Sache der Vollziehung.

Bis jetzt haben wir durch Nachforschungen, Ermahnungen und Aufträge alles Mögliche gethan, um dem Bundesbefchlusse eine vollständige Vollziehung zu verschaffen.

Wenn die Werbungen aber gleichwohl fortdauern sollten nnd zwar in der .Weise, daß augenscheinlich übler Wille oder grobe Fahrläßigkeit der kantonalen Behörden im Spiel ist, so werden wir weitere Maßregeln ergreisen müssen, und namentlich auf Kosten folcher Kantone das erforderliche Polizeiperfonal dahin abordnen bis Ordnung gefchafft ist. Wenn wir hierüber nicht einen formlichen Antrag stellen, fo geschieht es nur, weil wir glauben, solche Maßregeln liegen in der Competenz der $8oU* ziehungsbehörden, wenn andere Mittel nicht ausreichen, um einem Bundesbeschlusse die gebührende Nachachtung und Vollziehung zu verschaffen.

Indem wir schließlich' den erwähnten Gefeizesentwurf beifügen, haben wir die Ehre, Sie unferer vollkommenen Hochachtung und Ergebenheit zu versichern.

519 EvetttîteKer ..Hntrag p einem provisorischen Strafgesetz über die Werbungen.

Die schweizerifche B u n d e s v e r s a m m l u n g in weiterer Ausführung des Bundesbeschlusses vom 20. Inni 1849 über das Verbot der Werbungen,

b esch li eß t : Art. l.- Jede Werbung für ausländischen Militärdienst ist im Umfange der Eidgenossenschaft und für Schweizer auch im Auslande untersagt.

Art. 2. Die Uebertretung dieses Verbots ist mit

Fr. 500 (N. W.) Buße und 3 Monate Verhaft zu bestrafen.

Art. 3. Iede Art von Anleitung, Verlockung, UnterstüÖung oder Mitwirtung zum Eintritt in ausländischen

Militärdienst ist als Beihülfe zu betrachten und mit der

Hälfte bis drei Viertheilen der im Art. 2 bezeichneten ·Strafe ju'belegen.

Art. 4. Ausländer find überdieß nach erstandener Strafe für immer ans der Eidgenossenschaft wegzuweisen.

Art. 5. Insoweit die ausgesprochene'.Geldbuße nicht erhältlich ist, soll sie in Verhaft verwandelt werden und zwar zu 4 Fr. für einen Tag berechnet.

Art. 6. Der Einfluß dçr Milderungs- und Erschwerungsgründe, sowie namentlich auch des Rücksalls und der Eonkurrenz und des bloßen Versuchs ist nach der Gesetzgebung des Kantons zu beurtheilen, in welchem das Vergehen zur gerichtlichen Behandlung kommt.

2lrt. 7. Kompetent find die Gerichte des Kantons, in welchem die Vergehen verübt wurden. Geschah letzteres in mehrern Kantonen durch dieselbe Person, so werden

520 die Gerichte desjenigen Kantons, in welchem zuerst eingeschritten wird, für alle Vergehen diefer Art kompetent.

Art. 8. Die Urtheile sind dem Bundesrathe einzufenden, welcher in jedem Fall die Befugniß hat, die im Allgemeinen zuständigen Rechtsmittel (jAppellation, Re.-kurs, Kassation u. s. w.) zu ergreifen.

' Art. 9. Zu diesem Behufe sind alle Momente des Anklage- und des Sntlassungsbeweifes entweder in's Urtheil aufzunehmen oder in einen befondern Aktenauszug beizulegen. Auch ist auf den . Urtheilen vorzumerken, welche Rechtsmittel zuläßig feien und binnen welcher grifi.

Art. 10. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

#ST#

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Aufhebung des Kutschertheils in Uri.

(Vom 20. November 1850).

Tit.

Am 16. und 22. Mai 1849 erließ die hohe Bundesversammlung ein Gesez, welches den freien Verkehr auf der Wasserstraße von Luzern nach glüelen herstellte, und zwar im Hinblick auf den Art. 30 der Bundesverfassung, welcher es der Bundesgefezgebung vorbehält, hinsichtlich der Abfchaffung bestehender Vorrechte in Bezug auf Transport von Perfonen und Waaren jeder Art, zwischen den Kantonen und im Innern derfelben, auf dem

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Militärkapitulationen. (Vom 13. November 1850).

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1850

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.12.1850

Date Data Seite

499-520

Page Pagina Ref. No

10 000 484

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