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Schweizerisches

Jahrgang II. Band I.

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Samstag, den 6. April 1850.

Man abonnirt ausschließlich beim nachstgelegenen Postamt. Preis sur das Jahr 1850 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i Frkn. 3.

Jnferate sind f r a n k ir t an die Expedition einzufenden. Gebühr 1 Batzen p« Zeile oder deren Raum.

Aus den Verhandlungen de?. Bundesrathes.

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Bericht und Beschluß

in Sachen der deutschen Arbeitervereine.

Tit.

Nachdem die Untersuchungsakten über die deutschen Arbeitervereine den erreichbaren Grad von Vollständigkeit erhalten haben, beeilt sich der Bundesrath über den wesentlichen Inhalt derselben folgenden Bericht zu erstatten.

Auf die durch einen schweizerischen Beamteten erhaltene Nachricht, daß am 18. Februar mit Rücksicht auf angeblich bevorstehende politische Ereignisse eine Ver* sammlung von Abgeordneten der deutschen Arbeitervereine in Murten stattfinden solle, beauftragte das De* partement die freiburgischen Behörden bei dieser Versammlung einzuschreiten, die Papiere mit Beschlag zu »undesblait I. Jahrg. II. Bd.i.

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190 belegen und die Mitglieder zu verhaften. Diefe Versammlung war jedoch, wie sich nachher ergab, erst auf den 20. Februar vertagt, und es fand am 19. Februar Abends eine vorberathendc Verhandlung statt, bei welcher die Polizei einschritt und sich der Personen und Papiere verficherte. Die letztern, bestehen... aus eirea 150 Briefen verfchiedener Vereine, Statntenentwurfen, Vollmachten und aufreizenden Druckfchriften in Versen und Prosa, wurden hieher gesandt. Das Departement erließ hierauf fogleich an die Polizeibehörden derjenigen Kantone, in welchen solche ..Bereine bestehen, ein Reciuifitorial, um die Untersuchung der Papiere und die Abhörung der Vereinsvorstchcr zu veranlassen. Dieser Schritt hatte den Erfolg, daß in verschiedenen Vereinsorten, wohin die Kunde des Vorfalls in Murten noch nicht gedrungrn war, noch zahlreiciic Schrifien *) aufgefunden wurden, während dieselben bei andern Vereinen, namentlich in der weillichen Satunn-.,, beseitigt werden fonnten. Diese Beseitigung von ·ì.chriftcn ist nach den Akten außer allem Zw;isel und Wir heben biescn Umstand hervor, weil er nicht gut übereinstimmt mit der offenen und unschuldigen Tendenz, welche die Betheiligtcn diesem Vereine zu geben bemüht find. Am 22. Februar begann die Untersuchung in Zürich, was durch ein Vereinsmitglied sofort nach S/îurtcn gesd.'ncben Wurde, damit die Abgeordneten auseinand.y.'geïjeu Jollen.

*) Seder Verein hat ein besonderes. (5a..ies, worin die ©chriften liegen, welche 6ei demselben gefunden iinirden; in jedem sind die Briefe mtmerirf, irnd es iegt ein Register dabei, welches in der Diubrtf Bemerkungen meistens den Hauptinhalt bezeichnet, und worin die erheblichem Sitten angestrichen sind. Nach dieser Einrichtung zitiren wir daher im Sauf des Berichtes die Aäen so: z. B.Murteu Dir. 9Of Zürich Nr. 30 n. s. w

191 Sowohl die verhafteten Abgeordneten als die Vor* steher der einzelnen Sokalvereine find über den Umfang und Zweck derfelben einvernommen worden. Im Auge* ineinen stellen fast alle die Behauptung auf, daß der Zweck der Vereine nur in der moralischen und geistigen Ausbildung bestehe; von Politik werde freilich mitunter auch gesprochen, wie in allen Gesellschaften; allein von einer eigentlich politischen oder gar revolutionären Tendenz sei gar keine Rede. Einige geben etwas mehr zu und sprechen von der politischen ;und sozialen Bildung der Arbeiter. In diesem Sinne spricht sich z. B. Liebknecht von Gießen aus, der Präsident des Genferzentralvereine, und fügt bei: ,,Wir wollen nicht eine Revo,,lution hervorrufen, aber uns zur Hülfe bereit halten, ,,wenn unsere Partei Ausficht auf Erfolg hat; zu einer ,,partiellen Insurrektion, welche nicht die große Mehr-

,,heit des Volkes für sich hätte, würden wir nicht Hand

,,bieten." -- Albrecht, Präsident des Vereins in Vivis, erklärte: ,,3!Bir haben uns diefem Zweck der revolutio,,nären Propaganda angefchlossen, in der Abficht, aus ,,die Ereignisse in Deutfchland gefaßt zu fein." -- Ueber den Zweck des Kongresses in Murten dcponiren fast alle übereinstimmend, es habe sich um eine definitive, festere ..Organisation des Vereins gehandelt, sowie um die Gründung einer Arbeiterzeitung undf um eine gemeinschaftliche Auswahl von Gesangstücken. Endlich muß noch aus diesen Einvernahmen hervorgehoben werden, daß jede Verbindung mit auswärtigen Vereinen in Widerspruch gesetzt wird, während diese Verbindung durch die Akten unzweideutig erwiesen ist. -- Dieses ist der wesentliche Inhalt der sämmtlichen Depositionen, den wir nun auf sich beruhen lassen, weil sich dessen Wertl)

192 »der Unwerth aus der nachfolgenden, den Akten cnthobenen Darstellung ergeben wird.

Schon feit manchen Iahren bestehen in der Schweiz unter verfchiedenen Namen Vereine der deutschen Arbeiter.

Weit entfernt, denselben etwas in den Weg zu legen, suchte man fie vielmehr zu befördern und aufzumuntern.

Sowohl ihre frühern Statuten, als ihr Wirken gereichte ihnen zur Empfehlung, indem fie manchen Rohheiten des srühern Gefellenlebens entgegenarbeiteten und durch Gesang, Lektüre, Unterricht im Schreiben, Rechnen, in der sranzöfischen Sprache u. s- w., vorteilhaft einwirkten.

Von verwerflichen Tendenzen war lange Zeit nichts zu bemerken; wir finden im Gegentheil, daß früher mehrere Vereine gegen kommunistische Umtriebe, die mit ihnen versucht werden wollten, energische Beschlüsse faßten. So blieb in den meisten Vereinen das gesellige und bildende Element längere Zeit hindurch das vorherrschende. Mit dem Iahr 1848 aber trat im V er ein s leb en ein vollständiger Wendepunkt ein ; die politischen Ereignisse in 5rank# reich und Deutschland wirkten wie ein Zauberschlag und absorbirten beinahe gänzlich alles bisherige Dichten und Trachten der Vereine. Und in der That, es wird es ihnen auch Niemand im Ernste verdenken, wenn fie nicht kalt und gleichgültig auf das große Drama hinblickten, welches fich in Deutschland zu entwickeln begann, wenn fie in ihren Mußestunden mit Eifer der Tagespolitik fich hingaben und ihren ©..fühlen und Sympathien sur eine neue und bessere Ordnung der Dinge Worte verliehen.

Allein es blieb nicht beim Politifiren. Die Vereine nahinen immer mehr und entschiedener den Charakter von

.Klubs an, in der Abficht, thätig für die Revolution mit.juwirken, und alle deutfchen Kräfte in der Schweiz zu

193 organifiren. Hie und da entstanden dadurch Spaltungen, wodurch die minder extremen Elemente, welche spottweise den Namen der Partei ,,der Honetten" erhielten, zum Austritt gezwungen wurden. Hinwiederum waren viele mit bloßen republikanischen Tendenzen keineswegs befrie.-digt, sondern verlangten eine durchgreifende foziale Reform. Manche zogen schon im Iahr 1848 zum Kampfe aus, und kamen dann geschlagen in das schweizerische Asyl zurück, um da von neuem auf kommende Revolutionen sich vorzubereiten. So wurde die Bewegung immer steigend, und erhielt namentlich durch die .Jlücht-

linge Impuls, Nahrung und Verstärkung, bis die Or-

ganifation in der Ausdehnung und mit den Zwecken vorlag, wie wir fie weiter unten werden kennen lernen, und wie fie in Murten definitiv fanktionirt werden follte.

Diefe immer schroffere politische Richtung zeigte fich in allen Sebensäußerungen der Vereine. So nahmen mehrere der letztern einen andern entschiedener« Namen an, und nannten fich z. B. demokratifcher Verein, oder demokratischer Nationalverein; ferner wurden fast allgemein obligatorische Diskussionsstunden eingeführt, worin ausschließlich politifche und soziale Themate behandelt wurden. Die Akten enthalten keine Spur von einem andern Verhandlungsgegenstand, und dennoch erklärten die Betheiligten, die Vereine haben keinen politischen Zweck.

'Ein Hauptthema fast aller Vereine bildete die Frage: warum sind die letzten Revolutionen gescheitert? --Auch finden wir die Frage. Müssen wir zuerst die République modérée erringen, ehe die soziale möglich ist? u. s.w.

Eine ähnliche Richtung nahm der Lesestoff, Bücher und Zeitungen. In der letztern Zeit finden wir immer häufiger Schriften über die politischen und sozialen Tagesfragen, und neben diesen eine große Nachfrage nach

194 Eugen Sue's Werken; die gewöhnlichen radikalen Zeitungen genügten allmälig auch nicht mehr, und wir sehen die ...Chatsache, daß hie und da die Berner- und ähnliche Zeitungen dem Unabhängigen, der Evolution u. s. w.

weichen mußten. Dieselbe Erscheinung zeigt fich endlich

auch im Singstoff. Die gemüthlichen Lieder der schweijerischen Sängervereine traten theilweise in den Hinter* · grund; dagegen kamen die Marseillaise und ähnliche Ge* sänge in Ausnahme. Da es, nach vielfachen Ausfagen der Betheiligten, unter anderm auch zu der Aufgabe des Kongresses in Miirten gehörte, einen gemeinschaftlichen

Singstoss zu wählen, fo mag es hier für die geistige

Richtung der Vereine bezeichnend und am Platze fein, zu fehen, welche Muster in Murten vorgelegt werden sollten. Es fanden fich unter den Schriften keine andern Lieder vor als Revolutionsgefänge, z. B. deutsches Re.publikanerlied, die badifche Artillerie und der Sturmruf.

Das letztere fcheint besonders zur Einübung bestimmt gewesen zu sein; denn es war die Partitur vorhanden in ungefähr fo viel Abschriften, als Lokalvereine find.

Ueberhaupt scheint in neuerer Zeit der Gesang in den Vereinen dicfe Richtung genommen zu haben, und be# sonders auch bestimmt gewesen zu sein, denselben neue Mitglieder zuzuwenden. So schreibt z. B. der Verein in Pruntrut an denjenigen von Bern: ,,Wenn es Euch ,,möglich ist, so schicket einen der ben zweiten Baß fingt, ,,denn damit wäre dem Verein hier sehr gedient, und ,,er würde, gewiß wieder schnell an Mitgliedern znnch,,men, wenn wir erst wieder fingen konnten; denn es ,,hat noch viele Deutsche hier, die sich dann auch an,,schließen werden. Wir halten freilich den Gesang nur ,,für eine Nebensache, aber diejenigen, die mit dem .,,Vereinsleben noch nicht vertraut find, für die Haupt-

195 ,,sache, und wir fänden dadurch Gelegenheit, wieder ,,für unser Prinzip zu gewinnen."

Derselbe Geist, dieselbe Stimmung spricht sich auch in den Korrespondenzen vieler Vereine aus, wenn von Politik die Rede ist. Um nicht eine große Menge von Briefen kopiren zu müssen, heben wir einige Beifpiele heraus und verweifen im Uebrigen auf die Akten. So schreibt der Verein in Lausanne an den von Bern bei einem Rückblik auf das Iahr 1848.

,,Können wir denn das alte Iahr, wie es der alther,,gebrachte Gebrauch mit sich bringt, mit Freuden be,,schließen? Nein! Laßt uns die betrügerische drei,,farbige Fahne zerreißen und eine schwarze an deren ,,Stelle setzen, bis eine r o t h e dieselbe ersetzen wird. So ,,lange wollen wir trauern und mit Muth und Ingrimm ,,das neue Iahr betreten mit dem Rufe: Es lebe das ,,Heiligste, es lebe die Arbeiterverbrüderung ! nur von ihr ,,aus können wir Heil erwarten." -- (Murten Nr. 21).

Der Verein von Schaffhausen, indem er das neue Eentralisationsprojekt von Genf billigt, bemerkt am 30. September 1849:

,,Alle Revolutionen in Deutschland zeigen es nur ,,zu klar, daß nirgends kein Zusammenhandeln zu finden ,,ist. Versuchen wir doch einmal die Mittel unserer ,,Gegner und a r b e i t e n m e h r im © e h e i n t e n ; ferner ,,studircn wir mehr ben Charakter der Männer die fich an ,,bic Spii;1., stellen, so werben wir nicht mehr in die Noth,,wendigkeit versetzt werden, die Täuschung einzusehen, ,,wenn es zu spät ist. gerner sollte hauptsächlich mehr ,,von den Einrichtungen des Staates gelehrt Werden, ,,denn nicht die Rcpubliî: verbessert unsern Zustand, ,,sondern die Einrichtungen in derselben, deswegen ist es ,,nothwendig, daß wir vorher schon klar sind, nicht daß.

196 ,, w e n n w i r R e p u b l i k h a b e n , w i r erst a n f a n g e n ,,müssen, zu r e v o l u t i o n i r e n . -- (Genf Nr. 38).

Am 2. Inni 1849 fchrieb der Verein in Bafel an den von Bern unter anderem folgendes: ,,Ihr werdet begreifen, wenn wir Euch sagen, daß ,,es in Baden eine Bourgeoisie gibt, welche sich die ,,Arbeiter gerne vom Halse halten Imöchte und wohl ,,wissen, daß der Arbeiter, die Waffen in der Hand, ,,sich nicht nach Gutdünken dieser Bourgeois Einhalt ,,gebieten läßt, sogar wenn nothig, die Waffen gegen . ,,sie kehrt. Bedarf es deutlichere Beweise als diese, ,,so erinnert Such an Paris, Dresden, Erefeld u. f. w.

,,Die A r b e i t e r K o l o n n e n m u f f e n o r g a n i f i r t ,, w e r d e n , d a m i t man nicht w i e d e r , wie fchon fo ,,oft auf h a l b e m W e g e h a l t m a c h t . Deswegen ,,ruft sie der eine Führer, während dem sie ein Anderer ,,(Büreaukrat und Eomp.) cutfernt halten will. Von ,,diefem Thema könnten wir unzählige Beifpiele anfüh,,ren; denn Abgefandte in einem [oder dem andern Sinn, ,,Schreiben und Aufrufe fehen wir täglich hier." --

(Bafel Nr. 7).

Der Serein in Zürich schreibt am 23. Mai 1849 an den von Schaffhanscn: ,,Wenn der erste R u f an uns e r t ö n t , so w e r ,,den w i r auch n i c h t z u r ü c k b l e i b e n , u n d sänden , , e i n e n g e r e g e l t e n gr e i s c h a a r e n z u g a u s d e r ,, g a n z e n Schweiz für das beste." (Schafft).Nr.3).

An einem Vereinsfestc in Basserstorf fchreibt der Verein in folgendein eigenthümlichen Styl an Schasshaufen: ,,Die Beschlüsse der versammelten Gesellschaft lauten ,,dahin: daß wir alle, die Sache der greihcit, die ,,Sache der kräftigen Unterdrückung aller in diesem ,,Augenblick mit aller Macht auftauchenden .Jiirsten- und

197 ,,Bcurgeoifiegelüsttn kurz jeder Aristokratie mit alleu ,,uns zu G e b o t e stehenden Mitteln und Kräf,,ten zu unterstützen; und welcher mit ungeheurer Be,,geisterung aufgenommen wurde. Zugleich wurde eine ,,Siste zur Einztichnung derjenigen auferlegt, diesichper,,fönlich an dem Zuzuge zur deutschen Volksarmee be,,theiligen wollen, die auch fchon mit mehrern Unter,,schriften versehen ist." (Schaffhaufen Nr. 4).

Am 6. Ianuar 1840 schrieb der Verein in Zürich an denjenigen in Genf: ,,Die einzige Möglichkeit etwas Ganzes zu fchaffen, ,,lifgt nur in der Zusammenberufung eines Kongresses, ,,den auch Ihr fchon in Euerem Briefe vom 19. Dezember ,,a. p. als das einzige Mittel zum Ziele anerkanntet ; ,,da wir nun im Ziele einig gehn, fo feid Männer und ,,verliert Euch nicht auf Seitenwegen, die Zeit ist ,,kostbar, wenn uns eine Revolution, die wir ,,recht bald h o f f e n , überrafcht, so wird auch ,,dann Niemand seinen P o s t e n wissen. Wir ,,bitten Euch, unser Streben nicht zu verkennen, wenn ,,wir viele Opposition machen, wir wollen entweder etwas ,,ganzes oder nichts; also noch einmal ein Kongreß bis ,,Ende Ianuar, wo möglich in der Mitte der Schweiz; ,,dort eine Einheit geschaffen, und dann v o r ,, w ä r t s , Brüder!" -- (Zürich Nr. 42).

An den Verein in Lnzern, fchrieb derjenige von Zürich am 14. Ianuar 1850 : ,,llnfcr einziges Ziel ist, uns in politischer Hinficht ,,zu bilden und zu vervollkommnen, wozu wir die Woche ,,nnr zwei Mal Diskufion und mehrere demokratische ,,Zeitschriften, worunter auch den Völkerbund, haben und ,,uns bis jetzt fchon viel von Nutzen zu fein schienen, ,,hinsichtlich der Vorbildnng zur Revolution;

198 ,,denn w i r m u f f e n u n s e i n z i g u n d allein n u r ,,auf uns v e r l a f s e n . " -- (Luzern Nr. 56).

Auch der Verein von Schaffhansen wurde mit Schreiben von gleichem Tage aufgefordert, fich für die Revolution auf diese Weise vorzubereiten. (Schassh. Nr. 10).

Der Verein in greiburg schrieb im August 1848 an denjenigen von Burgdorf wie folgt: ,,Schon einmal ist der Ruf Republik über die Gauen ,,Deutfchlands erschallt, was wir aber fragen wollen, ,,wo ist das Echo geblieben? Wir glauben, es sei die ,,Hälfte mit den damals eingeschüchterten, süßsprechenden ,,Worten der Tyrannen verglimmt, die andere aber an ,,eine graue gelfenwand geprellt, welche das ächte Frei,,sein nicht anerkennen kann, und fich bei aller seiner ,,Härte noch glücklich fühlt. Aber nein, freie Brüder ,,in der Schweiz! Hier liegen uns keine K e t t e n ,,am Halse; darum lasset uns w i r k e n , t r a c h t e n ,,und streben mit der A u f o p f e r u n g unfer ,,aller L e b e n , daß wir j e n e s Echo zu fo kräf,,tigem Schalle bringen, vor dessen Anprellen ,,alle Pillaste der Bluthunde und Tyrannen ,, z u s a m m e n s t ü r z e n müssen.

Hebt Euch her,,an mit Herz und Muth, mit festem Sinn und ©eist, ,,mit dem Fleis'e der Ameisen und dem brüderlichen Zu,,sammenhang gleich den Bienen, den eisernen Stab ,,und das steinerne Ioch, welches uns und unsern Vätern ,,fchon vor Jahrhunderten bic menschlichen Wurden ,,unterdrückte, in ewige ©ruft und Verdammniß zu ,,werfen. Das zu erreichen müssen wir aber erstlich die ,,reine, freie Himmelluft einathrncn und gänzlich die ,, d e u t s c h e Lauheit f a h r e n lafsen und uner,,schrocken v o r w ä r t s zum K a m p f e s c h r e i t e n und ,,der S t a n d h a f t i g k e i t H e c k e r s folgen, der das

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,,Muster und dit ächte Duelle der Republick ,,Deutschlands ist. Auf die auch unter uns Arbei,,tern herrschenden Iefuitenfmtnde, die hinter uns her.,,streichen, hie und da ein verdammtes Wort der grei,,heit sprechen, hernach teuflisch lächeln, richtet ein scharfes ,,Auge, daß fie einst gekannt werden. Drum nur vor,,wärts, v o r w ä r t s B r ü d e r , sei unser Sinn, ,,Freiheit u n s e r g e l d g e s c h r e i und Rache unsre ,,Stimme." '-- (Burgdorf 15).

In ähnlichem Sinn schrieb dieser Verein an denjenigen von Luzern. (Suzern 23).

Der Verein in gleuricr schrieb im Mai 1849 an den damaligen Zentralverein in Bern, einen Geldbeitrag können fie jetzt nicht schicken, aber wenn dif Tyrannei ihr Schlangenhaupt wieder erhebe, so werden fie statt einer kleinen Gabe mit ihrem Leben einstehen. (Murten 112).

In diefem Tone find eine Masse von Briefen gehalten. Diefe Auszüge werden indcß genügen, um den Geist der Vereine und ihre Tendenz zu bezeichnen, und die Behauptung der Betheiligten zu widerlegen, daß fie von der Politik nur etwa beiläufig sprechen, wie es überall im gesellschaftlichen Leben zu geschehen pflege.

Da es sich indcß nicht nur um die Gesinnung der Vereine handeln kann, sondern um ihr wirkliches oder vorbereitendes Eingreifen in's Leben, so haben wir noch ihre Entwicklung, Organisation, Thätigkeit und ihre Verbindung mit ausländischen Vereinen darzustellen, so weit die uns zu Gebote stehenden Akten Ausschluß ertheilen. Es ist schon oben berührt worden, daß sich die politische Bewegung im Frühling 1848 der Vereine beniächtigte. In der westlichen Schweiz bildete sich unter Becker und Hattemer in Bicl der Wehrbund : Hilf dir !

Es ist nicht ersichtlich, daß dieses im Einverständniß mit

200 den Vereinen in der Schweiz geschehen sei, sondern es geschah vermuthlich aus eigener Machtvollkommenheit und im Einverständniß mit den Demokraten in Deutschland. Dieser Verein fabrizirte eine Art Papiergeld, Schuldscheine, rückbezahlbar durch die deutsche Republik, die jedoch in der Schweiz keine Abnehmer fanden, sondern nach Deutschland emittirt wurden ; er hatte ferner in der Presse ein befonderes Organ, Evolution betitelt, welches in terroristischer Sprache zur Revolution und kommunistischen Institutionen aufforderte. Damit ließ es aber diefer Verein nicht bewenden, sondern er versuchte eine bewaffnete Organisation der in der Schweiz wohnenden Deutschen, namentlich der deutschen Vereine in's Leben zu führen, und erließ zu diefem Behufe Aufforderungen und Instruktionen an dieselben über Bewajfnnng, Bekleidung, Verwaltung u. f. w. Diese scheinen jedoch keinen Erfolg gehabt zu haben; wir finden in den Akten nur einen Befchluß des Vereins in Luzern wodurch im Mai 1848 ein Exerzierkurs angeordnet wurde. Die Regierung von Bern fand fich nämlich veranlaßt, gegen diefes Treiben des Bieler Vereins, der unter dem Namen Zentralausfchuß der Deutschen in der Schweiz seine Organisationsedikte versandte, einzuschreiten, und die Urheber den Gerichten zu überweisen.

Dieser Umstand und die Entfernung Beckers aus der Schweiz, der an den verschiedenen militärischen Expeditionen Theil nahm, mögen an dem baldigen Verfall dieses Vereins Schuld sein. Was fich noch aus späterer Zeit in den Akten über denselben vorfindet, beschränkt sich darauf, daß im Dezember 1848 bei dem Versuch, einen Zentralverein zu gründen, die Vereine in Vivis, La Chaux-de-Fonds und Soele zuerst erklärten, sie anerkennen keinen andern Zentralvemn als den Becker'schen

201 Wehrbund, und daß fich ein von Becker am 1. Dezember 1848 für Karl Keyfer ans Sondershausen ausgestelltes Aufnahmszeugniß vorfindet, worin Bern als Zweigvcrein bezeichnet .und die Aufnahme deö Kepfer in diesen Zweigaerein mit dem Datum des 26. Dezembers 1848 verschen ist. Da, wie wir unten sehen werden, zu jener Zeit, der Verein in Bern schon als Zentralyerein konftituirt war, fo scheint man zu dem Schlüsse berechtigt, daß der Bccker'schf. Wehrbund neben der Organisation der Arbeitervereine im Stillen noch fortdauerte. Doch findet fich hierüber nichts weiteres vor und im Frühling 1849, wenn wir nicht irren, hörte auch das Blatt: "die Evolution" auf zu erscheinen. Bei Anlaß der gegenwärtigen Untersuchung berichtete das Statthalteramt von Biel, daß vor zirka l Jahr ein deutscher Arbeiterverein dort gewesen sei, jetzt wisse man nichts mehr davon; seit Becker fort fei, habe jede Verbindung von Deutschen aufgehört. Dicfcr Bericht stimmt insofern mit den Akten überein, als unter der zahlreichen Korrespondenz aller Vereine von dem spätern Lokalverein in Biel keine Briefe vorhanden find, welche über den Mai 1849 hinausgehen.

Am 21. Mai schrieb der dortige Verein an denjenigen von Bern : ,,Wir haben heute die Aufforderung von der badi,,schen Regierung erhalten und haben heute beschlossen, ,,bis Donnerstag früh alle zusammen fortzugehen." -- Ferner stimmt damit übcrein, daß in den fpätcrn statistifchen Angaben und Monatsrapporten der Verein in Biel nicht mehr zum Vorschein kommt, so wie auch die Vereine von Neuchatel und Murten als aufgelost erwähnt werden. Ans diesem allem geht hervor, daß sowohl der Becker'sche republikanische Wehrbund in Biel als der

202 spätere dortige Zweigverein seit einiger Zeit nicht mehr existiren.

Während im Frühling 1848 Becker von Biel ans die Deutschen in der Schweiz zu den Waffen rief und zu einem fofortigen thatkräftigen Handeln zu bestimmen

versuchte, entwickelte in der östlichen Schweiz, in Zürich, der deutfche Nationalverein seine Thätigkeit. Er ist nicht zu verwechseln mit dem dortigen Arbeiterverein "Eintracht", welcher in die vorliegende Untersuchung verflochten ist, während jener schon längere Zeit nicht mehr besteht. Der Nationalverein bestand nicht nur aus Handwerkern, sondern aus Personen verschiedener Stände, namentlich auch aus Professoren und Lehrern. Obwoh beide Vereine in gutem Einvernehmen waren und manche Mitglieder wahrscheinlich beiden Vereinen angehörten, obwohl sie zunächst wenigstens ein Ziel im Auge hatten, so kam es doch zu keiner Verschmelzung beider Vereine und wir finden in Folge dessen in der Korrespondenz aller Vereine eine lange und gründliche Erörterung der Frage, ob der allgemeine Organismus zwei Vereine in derfclben Stadt, die sich nicht vereinigen, als felbstständige Glieder in sich aufnehmen könne oder nicht.

Ein Theil der Vereine war entschieden dafür, ein anderer beharrlich dagegen. An den Nationalverein in Zürich wendeten sich die Demokraten Deutschlands, um durch seine Vermittlung ihre Kräfte in der Schweiz zu organifiren, er folgte diesem Ruf und korrefpondirte zu diesem Zwecke mit den verschiedenen Arbeitervereinen.

Es solgen hier die Korrespondenzen, welche aus Deutschland herkamen und sich bei den Akten vorfinden.

1) Berlin den 3. August 1848. Im Namen des Centralausschnsses der deutschen Demokraten N. N. an den deutschen Nationalverein in Zürich.

203 ,,MitFreude haben wir gehört, daß Ihr Euch an die ,,allgemeine deutsche', demokratische Vereinigung anzu,,schließen beschlossen habt. Es verstehtsichvon selbst, daß ;,die deutsche Demokratie in ihren Anforderungen an Euch ,,Cuere besondere, von der, der einheimischen Vereine ,,abweichende Stellung stets berücksichtigen wird. Sollte ,,es Euch gelingen, die Gründung von noch mehr ,,demokratischen Vereinen in der Schweiz zu bewirken, ,, so wäre das sicher ein großer Gewinn für unsere ,, Sache. Denn ohne Zweifel befinden sich unter unscrn ,,deutschen Landsleuten, welche an den verschiedenen ,,Ortender Schweiz zahlreich wohnen, noch die tüchtig,,sten demokratischen Kräfte, die sich organifiren und zur ,, Herbeiführung der deutschen Demokratie mitwirken ,,müssen. Wir ersuchen Euch daher für die Stiftung ,, neuer Vereine mit allen Kräften weiter zu arbeiten.

,,Zu diesem Ende wird es gut sein, wenn ihr alsbald ,, aus Euercr Mitte einen provisorischen Kreisausschnß ,,erwählt und diesen mit der Organisation der deutschen ,,Demokraten in der Schweiz beauftragt. Sobald diese ,,Organisation etwas vorangeschritten sein wird, mag ,,dann der provisorische Ausschuß einen Kongreß der in ,,der Schweiz wohnenden Demokraten berufen und die,,fem die Wahl eines definitiven Kreisausschusses so wie ,,die weitern Organisationsmafregeln zum Beschluß vor,, legen. Euerm Bericht über die Thätigkeit und Stärke ,, Eueres Sereins im Monat Iuli (wie es §. 8 unseres ,,Organisationsplanes verlangt) sehen wir entgegen, ,, damit wir denselben in den allgemeinen Monatsbericht ,,über den Stand der deutschen Demokratie mit auf.,,nehmen können. Endlich haben wir Euch mitzutheilen, ,,daß wir die sämmtlichen Vereine eingeladen haben, sich ,,zur Beschaffung der für die Partei unumgänglich noth-

204 ,,wendigen Summen (deren Betrag, wie ihr leicht er,,messen könnt, kein geringer ist) nach dem Vorgange ,,englischer und amerikanischer Demokraten eine Kopf,,steuer für die allgemeine Angelegenheit der Demokratie ,,aufzuerlegen. Wir glauben, dasj der monatlicht Bei,,trag eines Silbergroschens, von jedem Mitgliede des ,, Vereins entrichtet, nur selten die Kraft des Einzelnen ,,übersteigen wird. Solltet Ihr in der Sage fein, auf ,,diesen unfern Vorfchlag einzugehen, so ersuchen wir ,,Such, uns den Beitrag für den Monat .Juli auf ,,folche Weife recht bald zukommen zu lassen."

2) Berlin den 23. September 1848. Derfelbe an denselben. ,, Unsere Hoffnung, für die flüchtigen Re,,püblikaner das 9.?öthige aus der demokratifchen Cen,,tralkasse thun zu können, ist leider und bis aufdiefen ,, Augenblick noch immer vereitelt. Umfonst haben wir ,,zweimal in eigenen Rundschreiben die deutschen demo,, kratischen Vereine aufgefordert, eine gemeinfame Steuer ,,für die Bedürfnisse der Partei von ihren Mitgliedern ,,zu erheben. So gering wir diese Steuer auch ange,,setzt hatten, so ist dem ungeachtet jso wenig bei uns ,,eingelaufen, daß wir kaum die allerdringendsten Be,,dürsnisse der demokratischen Centralisation bis jetzt zu ,,befriedigen im Stande waren, gefchweige denn, daß ,,wir befähigt wären, eine nur einigermaßen erhebliche ,, Summe den Flüchtlingen -- wie es Pflicht der deut,,schen Demokraten wäre -- zur Dispofition zu stellen.

,,Unsere Demokraten find noch zu unerfahren in der ,, Organifation und darin, wessen es. zu einer folchen ,,bedarf. Der g r ö ß e r e T h e i l d e r s e l b e n hat den ,, R u b i k o n vom W o r t zur That noch nicht über,,schritten. H o f f e n wir, daß dieß bald gefchehe.

,,Zu diesem letztern Ende durchreisen gegenwärtig drei

205 ,,Mitglieder des Centralausschusses Deutschland. Sei ,, betreiben die Organifation an Ort und Stelle und ,,wirken insbefondere für die .Bcfchaffnng von Geld.

,,.£ ist durch Schlesien nach Wien, §} nach Hessen, Baden ,,und .Wurtemberg, Z nach dein ....corden abgegangen.

,,Euer Schreiben vom 15. s. M. war uns so interessant ,, als erfreulich. Wir danken Euch für Eure Thätigkeit ,,zur Vereinigung der deutschen Demokraten in der ,,Schweiz. Die V e r e i n e zu V i v i s , S u z e r n , ,,Wintert.hur und Glarus h a b e n wir in die ,,Liften der a l l g e m e i n e n , d e m o k r a t i s c h e n Affo,, d a t i o n ci.ng'etragen. Der Anschluß der Vereine ,,in der französischen Schweiz wäre, wenn er erfolgt ,,ist, ein entschiedener ©ewinn für unsere Sache. Daß ,,Ihr bei den großen Opfern, die Ihr zur Erhaltung ,, der Flüchtlinge gebracht ha&t, und noch immer bringt, ,,fiir die dernofratifche Sentralkasse vor der Hand nicht ,,steuern könnt, versteht sich von selbst. Daß eine bal,,dige Amnestie oder Rückkehr unserer Republikaner zu ,,erwarten sei, ist unrnahrschcinlici). -- Die eiserne gaust ,, der Reaktion, die wieder auf uns drückt, vermag aller,,dings die Demokratie nicht zu erdrücken. Sie wächst ,, unaufhaltsam. Sogar in Pommern und Îïït-Preujjen ,,rührt es sich und das patriarchalische Meklenburg hat ,, seine Revolution gehabt. An allen Orten entstehen ,,demokratische Vereine. Der endliche Sieg unfrcr Sache ,,ift unzweifelhaft. Wir w e r d e n a b e r nicht durch ,, P a r l e m e n t e siegen, sondern durch eine neue ,, R e v o l u t i o n . Das ist nach den Ereignissen in ftrank,,surt ebenso unzweifelhaft. Die deutsche Nationalver,,sammlung hat die Freiheit und Einheit Deutschlands ,,verrathen. Das Volk hat es erkannt. Sie wird die Bundesblatt I. Iahrg. II. Bd. i.

21

206 ,,Verfassung Deutschlands nicht zu Ende berathen. Wir ,,werden demnächst den demokratischen Kongreß auf den ,, 16. Oktober hieher nach Berlin ausschreiben. Werden ,,wir bis dorthin vielleicht einen aus Eurer Mitte bei ,,uns begrüßen können? -- Jedenfalls sehen wir noch ,, vor dieser Zeit einem weitern Bericht über die Erfolge ,,Euerer seitherigen Wirksamkeit entgegen, damit wir ,,ihn bei Abfassung unseres ©eneralberichtes über den ,, Stand der deutschen Demokratie mit cinflechten können."

3) Für den Zcntralausschufj der Demokraten .Deutsch-.

lands N. N., an die Zentralfomrnisfion der deutschen Arbeitervereine in der Schweiz in Bern. 29. Jan.. 1849.

,,Eucre Zuschrift vom 25. ..Dezember v. I. haben wir ,,erhalten und danken Euch viclmal für den Beschluß, ,,tnit uns in eine i n t i m e V e r b i n d u n g zu t r e t e n .

,,Wir werden, was au uns liegt, einen möglichst leB,, haften Verkehr mit Euch zu erhalten suchen und de»,,halb auch in ber nächsten Zuschrift an die uns ange.,,schloffenett Vereine diesen anempfehlen, in der Art mit ,,(Such in CarteU zu treten, daß jeder, ber sich als' ,,Mitglied eines mit Euch m Verbindung stehenden' ,, Vereins ausweist, sofort als .....Jiitglied in'die beino-' ,,kratischen Sereine Deutschlani.i.,5 eintreten kann. Wir ,;übersenden (icnch hiemit ein ï>aïei Drudsachen und /,Zuschriften, welche wir an unsere Sereine geschickt ,, haben, und werden mit solchen Zusendungen an Euch ,,regelmäßig fcftfcihrrn, barnit Jl)r von der Bewegung ,, unseres drmoïraiischen .-Bevc.nOIcucns möglichst unter,,richtet blei&t. Dagegen ersuch;n wir (Such, uns (fuere ,,· Zuschriften an Guere .-Sereine wo möglich jedesmal in ,,20 Exemplaren zuzusenden, damit wir fie an alle Kreis* ,,ausschüffe schiefen können. Sir sind jetzt lebhaft be,,müht, eine immer festere Organisation in die demo-

207 ,,kratifche Partei hineinzubringen, deren Nothwendigkeit ,,die Ereignisse des vorigen Iahres unwiderftreitbar ,,dargethan haben. Die Ereignisse dieses I a h r e s ,,müssen uns w o h l o r g a n i s i r t und w o h l g e r ü s t e t ,,finden." (Mnrten Nr. 5, 6, 41.)

Wir führen diefe Briefe ziemlich vollständig an, weil die in Untersuchung stehenden Vereine oder deren einvernommene Mitglieder jede Verbindung mit auswärtigen Vereinen abgeläugnet haben. Aus diesen Briefen geht nun hervor, daß die Organifation der Vereine in der Schweiz von Deutfchland aus angestrebt und verlangt wurde, daß eine vollständige Verbindung schon mit Ende des Iahres 1848 zu Stande kam; daß die deutschen Demokraten als Zweck die Sammlung aller Kräste sur eine neue Revolution, als einziges Rettungsmittel bezeichneten, und daß die deutschen Vereine in der Schweiz ihr Kontingent dazu liefern follen. Eine Vereinigung der letztern zu politifchen Zwecken ohne Anschluß und Wirksamkeit nach Außen, hätte natürlich gar keinen Sinn, so daß man das Abläugnen jener Verbindung nur aus dem Bestreben erklären kann, den Vereinen einen möglichst unschuldigen Anstrich zu geben. Es find übrigens für jene Verbindung mit auswärtigra Vereinen noch eine Menge anderer Beweise vorhanden, von denen wir folgende erwähnen: 1) ,,Der Nationalverein in Zürich gab feinem Abgeordneten auf den Kongreß zu Bern im Dezember 1848 unter andenn die Instruktion, mit möglichst vielen deutschen demokratischen Vereinen anzuknüpfen (Murten, Nr. 14.) Auf die Beschlüsse dieses Kongresses kommen wir spater zurück.

2) ,,Jm Dezember 1848 beschloß der Verein in Bern, mit dem Märzvprein in granffurt in Korrespondenz zu

208 treten, jedoch ohne engern Anschluß, indem die Vereine in der Schweiz sich ausdrücklich für die

demokratisch soziale Republik erklären. (Murten, Nr. 152.)

3) ,,Im Februar 1849 erwähnte der Zentralverein von Bern in seinem Berichte, daß mit Konstanz Verbindungen angeknüpft seien (Murten, Nr. 49), und im März meldete er den Vereinen, daß derjenige von Lyon fich anzuschließen wünsche, und thcilte die von Berlin erhaltenen Druckschriften mit. Dabei bemerkte er : ,,Mit diesen Sendungen wird nun regelmäßig fortgefahren werden, d a m i t wir immer von den B e w e g u n g e n des g r o ß e n Bundes in Kenntnis! gesetzt sind.

Wir werden aber auch ersucht, unsere Zuschriften nach .Leipzig zur Mittheilung an andere Vereine in 20 Exem.jjlaren einzusenden. Die weitere Ausdehnung unserer Vereinigung und diese nähere Verbindung mit Deutfchland erfordern aber, daß wir, um unsere Korrespondenz genügend zu besorgen, eine Presse anschaffen müssen."

(Zürich, Nr. 12.) Es ist dabei nicht zu über-

sehen, daß dieser Brief ein Kreisschreiben ist, wodurch also alle V e r e i n e mit der S achlage b e k a n n t w ü r d e n .

4) ,,Der Verein in Lyon genehmigte die von Genf gemachte Proposition, in die engste Verbindung zu treten, und fügte bei, er werde mit Todesverachtung dem Zwecke der Befreiung Deutschlands treu bleiben. (Genf,

Nr. 7.)

5) ,,Der Verein in Genf schrieb im April 1849 an den in Bern: ,,Daß die Verbindung mit allen ächt demokratischen Vereinen Deutschlands zu Stande gekommen.ist, daß selbst der Lyonerverein fich angeschlofien, dvß der Loelerverein, sowie wir gegen den Märzverein

209 und dessen mehr verderbliche, als zeitgemäße Richtung proteftirt, das alles sind auch für uns erfreuliche und ermuthigende Beweise für die Zweckmäßigkeit unserer Organisation." (Murten, Nr. 86.) In einem andern Monatsbericht, ohne Datum, schrieb der Verein von Genf ferner : ,,Ueber den Anfchluß des Konstanzervereins, sowie über weitere thätige Ausdehnung der Verbindung im Seekreis, erklärt der hiesige Verein seinen ungetheilten Beifall, und fordert zu unermüdlicher Thätig.keit in d i e f e m W i r k u n g s k r e i s auf." (Murten,

Nr. 150.)

6) ,,Von La Ehaur-de-Fonds wurde im Merz 1849 an den Zentralverein in Bern geschrieben: ,,Wir sehen, daß die Vereinigung und Zentralisirung nach und nach nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland und Frankreich an Ausdehnung gewinnt. Wir tragen darauf an, auch den Arbeitervereinen in greiburg im Breisgau und Mannheim ein Eartell anzubieten."

(Murten, Nr. 90.)

7) ,,Der Verein in gleurier fchrieb zu derselben Zeit, er wünsche sehr, daß nebst Lyon sich noch andere Vereine in Frankreich und andern Staaten anschließen, damit die Vereinigung fich über ganz Europa erstrecke und einen europäischen Volksverein begründe; bisdahin zweifle der Verein an der Ausführung des großen,

mächtigen Bundes. (Murten, Nr. 77.)

8) ,,Der Verein in Suzern stellte im Mai 1849 die Anfrage, ob, wie zu wünfchen wäre, alle Vereine der Schweiz fich an den demokratifchen Verein zu Berlin angeschlossen haben und somit zu dem Monatsbeitrag verpflichtet seien; er seinerseits würde dazu stimmen.

(Murten Nr. 122).

210 9) Schon im September 1848 schrieb der Verein in Ehur an den in Zürich : . · ,,Mit der Anschließung demokratischer Vereine in Deutschland sind wir alle einverstanden ; aber mit einem Abgeordneten nach Berlin können wir uns nicht verständigen." Etwas später meldete er : ,,Ein Eartell mit Darmstadt haben wir für gut befunden; es sollte sich aber ein Zentralkomite in der Schweiz konstituiren und dieses sollte mit den deutschen Vereinen korrespon-

diren. (Zürich Nr. 6 und 7).

10) ,,Aus den Protokollen des Vereins von Basel .ergibt sich, daß derselbe mit dem fiörracherverein in Verbindung war und daß er einen Abgeordneten zu einem .Kongreß der demokratischen Vereine in Ossenburg abzu-.

senden beschloß. (Basel Prot. I, Fol. 9, 10, 22).

11) ,,Bei den Akten liegen auch Berichte der Vereine von Konstanz, Darmstadt und Stuttgart. (Murten

Nr. 7, 8, 10, 130)."

Nachdem wir den Zusammenhang der inländischen deutschen Vereine mit den ausländischen, veranlaßt durch die letztern und unterstützt durch den Nationalverein in Zürich, nachgewiesen haben, sahren wir in der Dar.fiellung der weitern Entwicklung fort. Die Thätigkeit dieses Nationalvereins stieß auf vielfache Schwierigkeiten, welche theils in abweichenden Anfichten über die Organisation, theils und besonders im Mißtrauen mancher andern Vereine ihren ©rund hatten. An einem geste in Burgdorf, an welchem fich außer dem dortigen Verein, noch diejenigen von Bern und Thun betheiligten -- es war am 20. August 1848 -- machte fich jenes Mißtrauen geltend; es wurde die Nothwendigkeit eines Zentralvereins der .deutschen Arbeitervereine in der Schweiz erkannt und beschlossen, in diesem Sinne ein

211 .Rundschreiben zu erlassen, wovon wir den größcrn .-.theil .hier aufnehmen, wie folgt: ,,Es wurde von verfchiedenen Seiten der feste Wille ausgedrückt, daß die deutschen Arbeitervereine in der Schweiz so wenig als möglich fremde Clemente in sich aufnehmen follen, d. h. bei der Aufnahme von Nichtarbeitern zu Mitgliedern sich .nicht durch diese oder jene Persönlichfeiten in ihrer Thätigkeit lahmen zu lassen, wie schon so oft der Fall war in mehrern Vereinen, wo die Machinationen und Intriguen mehr Schaden als Nutzen gebracht. Wenn in irgend einem Verein gelehrte Mitglieder find oder Unterricht geben, fo foll man ihnen .trotz dem keinen Einfluß einräumen auf das politifche Leben des Vereins; denn die Herren Gelehrten werden niemals unfere Ansichten theilen bei einer Sozialreform und zwar aus dem einfachen Grunde, daß eine durchgreifende Sozialreform ihren Privatinteressen entgegensteht. Die Gelehrten wollen immer herrschen. Wir find weit entfernt, den Gelehrtenstand deswegen zu hassen; es gibt unter den Gelehrten auch sehr ehrenwerthe Ausnahmen die mit großer Begeisterung die Lage der Arbeiter besprechen uni> verbessern helfen. Aber ebenfo wenig als die gelehrten Herren uns Rechte einräumen über Sachen die wir nicht verstehen, ebenfo wenig wollen wir den Herren Stubengelehrten, die von dem praktischen Leben gar nichts oder wenig verstehen, Rechte einräumen in unscrn Angelegenheiten. Die Lehre gibt uns die franzosische Revolution, daß die Arbeiter von keiner Staatseinrichtuna, etwas gutes zu hoffen haben, so lange sie nicht verhältnißmäßig in der gesetzgebenden Versammlung repräscntirt sind, denn mit einem Arbeiter-Ministerium ist wenig geholfen. Hilf dir f e l b s t , so h i l f t dir G o t t ! -- f a g t ein a l t e s

212 S p r ü c h w o r t , und d i e ß ist b u c h s t ä b l i c h w a h i : denn wenn Deutschland heute Republik würde, so hätte der Arbeiter deshalb kein besseres Loos, als jetzt. Der Arbeiter war von jeher ein Plakesel, um unverschämte gaulenzer durch die Welt zu schleppen, das soll und muß einmal aushören ! -- Um aber dieses auszuführen, müssen wir uns vereinigen, uns einander näher anschließen und vor allem keinem Feinde unsrer Beftrebungen Stimmrecht bei unsern Verhandlungen einräumen.

Sobald die Vereinigung der Vereine in der Schweiz stattgefunden und ein Zentralverein gewählt worden ist, so werden wir unsere Kräfte zählen und uns mit den Arbeitervereinen in Deutfchland in Verbindung fetzen, damit die Interessen der Arbeiter mit Ernst betrieben werden können und Mittel erfinnen, um den Egoismus und die Habsucht der Reichen so viel als möglich unschädlich zu machen. -- Das bekannte Rundschreiben des sogenannten Nationalvereins in Zürich, worin dieser Verein sich als Zentralverein der deutschen Arbeitervereine in der Schweiz empfiehlt, wurde besprochen und nach angeführten Gründen befchlossen, daß den deutschen Arbeitervereinen abzurathen sei, sich einem Vereine untcrzuordnen, dessen größere Mitgliederzahl unter dem Einflüsse von Gelehrten und Nichtarbeitern steht. Die drei Vereine, Bern, Burgdorf und Thun werden dem Nationalverein in Zürich nicht beitretcn, aber nicht desto weniger in freundfchaftlicher Beziehung zu demselben zu stehen wünfchen. Wir wollen auch, wie der deutsche Nationalverein die Republik wir w o l l e n a b e r auch eine d u r c h g r e i f e n d e S o z i a l r e f o r m und die wird der Nationalvercin nicht wollen; folglich würde derselbe als Zentralverein die Interessen der deutschen Arbeiter.vereine nicht vertreten, sondern sogar feindlich gegen-

213 überstehen. Wir müssen einen Zentralverein haben der mit Liebe und Begeisterung die Interessen der Arbeiter verficht." (Luzern Nr. 24), Der Nationalverein in Zürich machte gute Miene zu diefer Oppofition, erklärte fich mit jeder ordentlichen Organisation befreunden zu können und so verständigte man fich allseitig zu einem Kongresse, der auf den 9.

Dezember 1848 nach Bern angefetzt wurde. -- Es waren hier folgende Vereine durch Abgeordnete vertreten: Bern, Zürich (beide Vereine), Bafel, .-Thun, La Chaurde-gonds, Genf, Burgdorf, Biel, Laufanne und greiburg. Der Kongreß setzte zuerst die Statuten fest, denen wir folgendes entheben: ,,Zweck der Vereinigung ist, die Mitglieder untereinander zu s o z i a l - d e m o k r a tischen Republikanern zu bilden, wie auch auf jede rechtliche Weise den sozial-demokratisch-republikanischen Grundsätzen und Einrichtungen unter den Deutschen Anerkennung zu verschaffen und auf deren V e r w i r k -

lichung hinzuarbeiten; deßhalb tritt die Ver-

einigung mit den Z e n t r a l a u s s c h ü f f e n demokratifcher und A r b e i t s v e r e i n e in Deutfchland in Verbindung, um i h r e K r ä f t e mit den ihrigen zu v e r e i n i g e n , so weit es ihre Stellung im Auslande gestattet. Iedes Mitglied des Vereins hat monatlich einen Batzen zu bezahlen. Der Zentralverein leitet die Geschäfte durch eine Kommission von wenigstens fünf Mitgliedern. Icdes Iahr ist eine ordentliche Sitzung des Kongresses, der höchsten, gefetzgebenden Behörde der Vereinigung. Die K o m m i f f i o n v e r m i t t e l t die Geschäfte zwifchen den Zentralausschüssen Deutschlands und den Z w e i g v e r e i n e n in der Schweiz; sie verwaltet die Kasse und das Archiv.

Die Zweigvereine senden monatlich einen Bericht ein

214 und das Geldkontingent. Aus der Kasse werden die Kosten der Korrespondenz und der Deputirtensendungen bestritten." -- Die totale Umwandlung des Vereinslebens im Iahr 1848 ist schon oben dargestellt worden und diese Statuten bilden den entsprechenden Schlußpunkt und die äußere Sanktion der innerlichen schon durchgeführten Verändernng. In vielen Vereinen blieb zwar der Buchstabe der frühern Statuten, der auf eine allgemeine moralische und intellektuelle Ausbildung hinweist, stehen; allein nach allem Gesagten muß wohl kaum beigefügt werden, daß das Vereinsleben an den meisten Orten wenig damit harmonirte. Statt der allgemeinen Ausbildung schreiben diese Statuten eine spezielle, rein politische und soziale Richtung vor, und zwar eine solche, die so viel möglich praktisch nach außen wirken soll und die mit den Verfassungen und Igefeizlichen sozialen Einrichtungen in grellem Widerspruch steht. Diese Statuten enthalten zwar auch die Restriktion, daß ,,auf j e d e r e c h t l i c h e Weise" durch die Vereine im Sinne der Statutengewirkt werden soll. Wenn man indeß erwägt, daß dieses geschrieben wurde, als die Parthei schon zweimal umsonst versucht hatte, mit Waffengewalt ihrem Prinzipe Geltung ju verschaffen, und daß damals die Führer der Parthei offen erklärten, nur von einer neuen Revolution sei etwas zu hoffen, so muß man nothwendig zu dem Resultate gelangen, daß die Berufung auf ,,Mof. 1 rechtliche Mittel" entweder eine Täuschung fei oder daß auch die Revolution unter diese Mittel gezählt werden dürfe. Wir haben keinen Grund über Letzteres zu rechten, indem wir auf einem ganz andern Standpunkt stehen, nämlich auf demjenigen des neutralen Gebiets, auf

215 .welchem wir eine revolutionäre Propaganda nicht dulden »ollen. -- Nachdem die erwähnten Statuten waren angenommen worden, faßte der Kongreß noch verschiedene andere Beschlüsse, wovon wir folgende erwähnen:

1) Den Bürgern I. Th. Becker in Biel und Willich in Besançon soll die Anerkennung für ihre demokratischen Bestrebungen ausgesprochen werden; jedoch sollen die Vereine als solche sich dem Wehrbund: hilf dir ! nicht anschließen, einzelne Vereine oder Mitglieder mögen fich dabei betheiligen.

2) Der K o n g r e ß tritt mit dem Z e n t r a l a u s schuß d e r D e m o k r a t e n i n B e r l i n i n d i e innigste V e r b i n d u n g , und mit dem Frankfurter Märzverein in Korrefpondenz.

3) Auch mit dem Verein in Konstanz soll in Verbindung getreten werden, so wie mit den Arbeiterkomites in Leipzig, Frankfurt und andern Zentralausschüssen, die fich in Deutschland bilden sollten. Mit allen Arbeiiervcreinen alldort soll ein Cartellverhältniß angestrebt werden.

4) Dem nächsten Kongreß sollen auch Vorschläge vorgelegt werden, in wiesern die Vereinigung der deutschen Arbeitervereine in der Schweiz auch zur Hebung der materiellen Fragen aller Theilnehmer benutzt werden könne.

Zum Schlüsse der Verhandlungen wurde der Verein in Bern als Zentralverein gewählt. So trat nun diese neue Organisation nach Maßgabe obiger Statuten und nnter der Leitung des Zentralkomitcs in Bern in's geben. Die Vereine fandten monatliche Rapporte ein Über ihre Thätigkeit, den herrschenden Geist, die Zahl

216 ihrer Mitglieder, anfällige Anträge u. s. w., auch wurden Geldbeiträge eingesandt, zwar nicht immer ganz regelmäßig, weil fie bisweilen durch Unterstützung von

Flüchtlingen und durch die Lokalbedürfnisse ziemlich in Anspruch genommen wurden. --

Im Mai 1849, als die dritte Erhebung in Baden begann, entwickelte der Zentralverein die größte Xhätigkeit, indem er die dortigen Ereignisse und die Erlasse der proviforifchen Regierung in einer Reihe von Kreisschreiben mittheilte und die Vereine zum Zuzug nach Deutschland aufforderte. Hierauf erlofch dann für einige Monate das Vereinsleben sowohl in Bern als an verschiedenen andern Orten, weil einerseits alle frifcheu Kräfte fich durch Betheiligung am geldzitge entfernt hatten und weil anderfeits in Bern eine Unterfuchung wegen Werbungen angehoben und mehrere Mitglieder ausgewiefen wurden.

Während diefer Periode der Entkräftung verfchiedener Vereine entwickelte dagegen der demokratifche Verein in Bafel seine größte Thätigkeit. Wir müssen dieselbe um so mehr hervorheben, als fie zum ...theil ganz eigenthümlicher Natur war.

Vermöge seiner geographischen Lage war Basel natürlich das wesentlichste Débouché der Zuzüger und das Hauptdcpot derselben. Der dortige Verein nun war unermüdlich im Einberufen und Speditiren der Zuzüger, im Sammeln von Geldbeiträgen für diefelben, in Rath und Unterstützung aller Art. -- Ia er leistete weit mehr als die proviforifche Regierung von Baden verlangte und als ihr lieb war.

Am 7. Mai 1849 beschloß dieser Verein, mit allen Mitteln, selbst mit den Waffen in der Hand die dcutfchen Freiheitsbestrebungen zu unterstützen, und zwar:

217 a. Mit dem Kongreß der Märzvereine in Frankfurt in direkte Verbindung zu treten; b. In Rheinbaiern b e w a f f n e t e Hülfe zu leisten;

c. Alle ähnlichen Vereine in der Schweiz aufzufordern,

fchleunigst sich anzufchließen und ähnliche Beschlüsse zu fassen. (Murten Nr. 103).

Schon am 11. Mai. erließ der Verein wiederholte dringende Aufforderung zum Zuzug und bemerkte dabei, es sei nicht gemeint, daß man in bewaffneten Kolonnen ausziehen müsse, sondern j e d e r mög'e an W a f f e n m i t n e h m e n , w a s e r v e r b o r g e n o d e r o h n e Verdacht zu e r r e g e n , m i t n e h m e n könne. (MurtenlOG).

Nach einer nochmaligen Aufforderung zur Antwort unterm 14. Mai schrieb er unterm 17. Mai an das Zentralkomite in Bern : ,,Bewaffnete zu fchicken, lag durchaus nicht im Sinne unseres Antrages, denn das wäre eine Neutralität.,?verletzung und befinden sich in Baicrn und Baden ·Waffen genug. Geht alfo, wie unsere Leute, ohne Waffen.

Die Notabilitäten der demokratischen Bewegung find alle schon in's Vaterland geeilt, denn niemand läuft Gefahr an der Grenze angehalten zu werden, mit oder ohne Waffen -- (Hier eine Auslassung.)

-- gestern auch Heinzen -- heute erwarte ich (nämlich der Präsident Namens des Vereins) noch Becker und Willich. -- Die Kolonne von Besançon ist bereits drüben und von unserem Vereine reisen täglich manche ab.

Bereits verließen uns zirka 30 Mann und mehr solgen.

Ihr verleugnet Euren demokratischen Charakter, daß Ihr auf den Ruf einer festen Behörde warten wollt.

Ist die proviforifche Regierung in Rheinbaiern und Baden keine feste Behörde und habt Ihr deren Aufrufe gclefcn? es handelt sich aber diefmal durchaus um keine

218 greifchärlerei, sondern es ist ein allgemeiner Kampf der Freiheit gegen die russische Knute." -- (Mnrten 118).

In dem schon erwähnten Schreiben vom 11. Mai weiß der Verein freilich anders über die Neutralität wegzukommen: nachdem er den Rath ertheilt, verborgene Waffen mitzunehmen, fährt er fort: ,,Sodann geben wir Such zu bedenken, daß der heiligste aller Verträge der der Freiheit und Brüderlichkeit ist und daß dieser Vertrag allen Verfassungen zu ©rund liegen muß. Kämpfen wir also für die Freiheit, so können wir auch keine rechtmäßig bestehenden Verträge verletzen, und will man uns dessen beschuldigen, so weifen wir es wie freie Männer zurück."

In zwei Schreiben an die provisorische Regierung in Baden, d. d. 25. und 30. Mai, spricht der Verein seine Beschwerde und sein höchstes Bedauern aus, daß man Zujüger aus Efringen zurückweise, statt sie vielmehr gratis auf der Eisenbahn weiter zu befördern.

Der Verein bemerkt darin, solche Befehle rühren wohl nicht von der Regierung her, sondern von reaktionären Spekulationen, denn im Oberland seien noch Leute genug erforderlich, um der Reaktion entgegenzutreten. (Basel 2.

4.)

Dieser Verein beschränkte sich aber keineswegs darauf, die Znzüger zu sammeln, zu unterstützen und hinaus zu spedire«, sondern er »ersah förmlich den Grenz* polizeidienst, berichtete der provisorischen Regierung, stellte bei ihr Anträge, wie eine badische Behörde, und beaufsichtigte auch auf der schweizerischen Seite die ihm.

verdächtig scheinenden Badcnscr. Am 22. Mai bs.rich# lete der Verein an die provisorische Regierung über die Gesinnungen und Acußerungen der ©renzbeamteten, und beantragte deren Absetzung. (Basel 1.) Am 25. Mai

219 erstattete er einen neuen Grenzbericht, und stellte den d r i n g e n d e n Antrag: ,,Die Grenzwächter ins Innere des Sandes zu ziehen und zu entwaffnen, um fie unfchädlich zu machen, die Beamten schleunigst auf die Reichsverfassung beeidigen zu lassen, und die Widersvenstigen ihres Amtes zu entlassen, und ihnen dadurch jede Möglichkeit zur Reaktion aus den Händen zu nehrnen." (Basel 2.)

Am 3. Inni berichtete der Verein an die provisorische Regierung von Baden, daß die Zahl der Ausreißer aus den Grenzdorfern auf Schweizerbodensichtaglili) mehre, und ermahnte sie zu energischen Maßregeln gegen das schmähliche Davonlaufen; auch fei an reaktionäre Behorden, welche folchen Subjekten Pässe ausstellen, eine strenge Mahnung zu richten. (Bafel 8.)

Um aber auch auf Schweizergebiet in diesem Sinne zu wirken, schrieb der Verein an Dr. gern in Siestal, es versammeln sich in Basel-Land neuere badische Fluchtlinge, um die Zujüger zum Rückzug zu ermahnen; er möchte daher bei der Regierung von Basel-Sand dahin wirken, daß sie solche Umtriebe verhindere, und die Betreffenden schadlos mache. (Basel 5.)

. Als nach der Niederlage und Auflösung der Aufst.andspartei in Baden und Rheinbaiern eine ..Dìasse von

Flüchtlingen in die Schweiz gekommen war, gestaltete sich das politische Treiben der Vereine bald wieder lebendiger, indem diese mit den Flüchtlingen in vielfache 33erbindnng traten, und die leiztern hie und da die Leitung der Vereine in ihre Hände nahmen. Die erste Slnregurn., zu neuer Drganifation ging von dem Verein in La Ghaur-de-gonds aus, der am 22. August a. p. folgendes Rundschreiben erließ:

220 ,,Mitbürger! Wie Such schon bekannt ist, wurde im vorigen Jahre am 9. bis 11. Dezember in Bern ein Kongreß abgehalten, wo die meisten Vereine der Schweiz, entweder durch einen Abgeordneten, oder schriftlich vertreten waren. Von diesem Kongreß wurde Bern als Zentralverein gewählt, und von diesem Verein der Zentralausschujj gebildet. Wir genossen jedoch die Früchte dieser Zentralisation nicht lange, indem die dentfche Erhebnng die meisten Mitglieder der Vereine nach.Deutschland rief, der Zentralausschuß kürzlich der Werbung beschuldigt, und in Folge dessen der Bernerverein aufgelöst wurde. Ihr werdet wissen, daß sämmtliche Vereine, besonders die, welche durch Abgeordnete vertreten waren, dadurch große [Kosten verursacht haben, daher sind wir der Meinung, daß dieses nicht umsonst gewesen sein, sondern uns nach der gefehlten deutschen Erhebung zu einer noch engcrn Verbindung anspornen soll, um uns nicht als geialinsc oder Gedemüthigte gegenüber der reaktionären Partei zu zeigen. Wir fordern Euch daher auf, uns Euere Meinung über diese Angelegenheit baldigst zu schreiben, wie, wann , wo die Reorganisation stattfinden soll. Ein solches Rundschreiben ist an folgende Vereine abgegangen, nämlich an Genf, Saufanne, Vivis, Locle, Neuchatel, gleurier, St. Imier, Pruntrut, Burgdorf, greiburg , Luzern, Thun, Basel, Zürich , Winterthur und Chur. Sollten noch an einigen andern Orten deutfche Vereine bestehen, so ersuchen wir Euch, die zunächst liegenden von unserm Schreiben in Kenntniß zu setzen." (Genf 28.)

Diese Thatsache ist noch dahin zu berichtigen, daß schon einige Tage vorher der Verein in ©tnf ebenfalls aus die Notwendigkeit einer neuen Zentralisation hin-

221 gewiesen hatte. Am 18. August schrieb er an die Vereine: ,,Um Einigkeit in unsere Wirksamkeit zu bringen, bedürfen wir vor der Hand schon eines Mittelpunktes, bis wir diese Angelegenheit auf einem Kongreß ordnen können. Wir ersuchen Euch daher, in Euerm Antwortschreiben umgehend den Verein anzugeben, dem ihr die einstweilige Oberleitung zu übertrag...« wünscht. Daß wir vor der Hand die Leitung in dieser Frage übernommen haben, werdet ihr nicht für Anmaßung halten.

Die Sache drängt; außerdem ist unser Verein jetzt der zahlreichste, und was die Hauptsache ist, die politischen Verhältnisse des Genferkantons gestatten uns mehr Freiheiten im Handeln, als jedem andern Verein in der Schweiz." (Murten 129.)

Mit Schreiben vom 1. September verlangte der Verein von Genf auf's Dringlichste eine sosortige Antwort, damit die so nothtvendige Zentralisation möglichst bald eingeführt, werden könne. In diesem .-.Briefe wurde unter ändert» bemerkt : ,,Im Angesicht der gegenwärtigen Ereignisse, in einem Augenblick, wo die demokratifche ·Partei fo schwere [Schläge erlitten hat, ist es in doppeltern Maße unfcre Pflicht, alle Kräfte, über die wir verfügen können, zu vereinigen und zu organifiren.

W i r m u f f e n u n f e r n Feinden z e i g e n , d a ß d a s U n g l ü c k uns nicht g e b e u g t , s o n d e r n im ©eg e n t h e i l nur zu stärker..« Widerstande und zu v e r g r ö ß e r t e n An streng un gen a n g e spornt hat."

(Zürich 31.)

Im .Lause des Septembers gingen entsprechende Er.fiärungen ein, so daß der Verein von ©ens am 2. Ok-

tober folgende Anzeige erließ : ,,Die Schritte, welche

von La Chan-i-de-gonds und Genf aus zum Behufe der

Bundesblatt I. Jahrg.II. Bd. I.

22

222 Centralisation der deutschen demokratischen Vereine in der Schweiz gethan wurden, find glücklicherweise nicht ohne Erfolg geblieben. Fast alle V e r e i n e h a b e n sich für ein i n n i g e s Z u s a m m e n t r e t e n ausgesprechen, u n d d i e M a j o r i t ä t h a t a n ©enf d i e provisorische Oberleitung übertragen. Wir danken für das Zutrauen, welches man uns schernì, und werden Alles thun, was in unscrn Kräften steht, um es ju rechtfertigen. Wir nehmen die auf uns gefallene Wahl r.nt grenden an , so gut wir auch einschen, wie schwierig unsere Stellung in diesem Augenblicke iit1.

Ie g r ö ß e r die Hindernisse sind, welche uns im W e g e fiehen,dcftogroßcrunscr(..Begierde, sie aus ben. W e g e zu r ä u m e n . Unser Streben wirb vor allen Dingen dahin gehen, das Vercinslebcn, welches jejzi nc.r.i.'ntlich in «Jolgî bcï politischen Stürme fast gän$li4. a.n 53oden liegt, wieder aufzurichten und eine energische ..Lhätigleit an die ©teile der jetzigen ...trägheii und .-.theilnahmlofîgïîit zu seinen. Sir müssen unsere ..-Beveine crìi im Ir.nrr.i fest gründe.t, ehe wir nach Außen hin mit Erfolg »iri-r.ï ïonnen." (Zürich 32).

Am 16. Dïtobcr iibersanbtî ber neue .provisorische Centralvcï'..:..! ©enf an btï Soïalvercin.: den Entwurf von GratV'.ilj"tatufcn denen wir folgende Be-jKmmungen entheben : ,,§. i. Seï Zwecî ber deutschen demokratischen Vereine in ber Schweiz ifi 1) die ©runbsäij.: der socialeu . S c n î o ï r a t i c uutìr ben .Sîitgliebcrn der Vereine zum ïlaren Bewußtsein zu bringen unb 2} alle K r ä f t e a u f z u b i e t e n , uni b i c f c G r u n d s ä t z e nach Außen hin zu v e r b r e i t e n und zu v er wirf lichen.

,,§. 3. Sie Aufgabe bc.5 Sentralvereins ist, burch eine kräftige, einheitliche Leitung die Vereine selbst zu

223 heben und i h r e T h ä t i g k e i t nach A u ß e n erfolgreich zu o r g a n i s i r e n .

,,§. 4. Die Geschäfte leitet ein Ccntralverstand, bestehend aus zwei Präsidenten, zwei Schreibern und einem Kassier. -- Die übrigen Einrichtungen, VerwaltunÖ, Antragfiellung, Geldbeiträge und deren Verwendung find im Wesentlichen gleich wie diejenigen des frühcrn Centralvereins."

Man wird auf den ersten Blick sehen, wie viel entschiedener dieser Verein auftritt, als der frühere.

Während dort die Verwirklichung des Vcreinsjwecîcs besonders nach Außen hin vcrklausulirt und mit einer gewissen, sorgsamen Schüchternheit angebrocht ist, wird fie hier keck in den Vordergrund gestellt, und während dort nur von rechtlichen Mitteln gesprochen wurde, ist hier von einer so unbequemen .-.Beschränkung nicht mehr die Rede. Sollte aber nach allem Angeführten noch irgend ein Zweifel walten über den wahren, eigentlichen Zweck und Charakter dieser Vereine, so würbe er wohl voïïc.nds gehoben, durch folgendes Rundschreiben, womit diese Statuten begleitet und eingeführt würben : ,, Wir übersenden Euch hiemit die von uns neu und ,,möglichst îurz entworfenen Gentralîïatuten und ersuchen ,,6uch, dieselben zu berathen und das Resultat Eurer ,, AbfUn..nung schnell mitzutheileu, damit wir endlich ,,e;n,i..il eine energisch; ThcUigkeit beginnen können. -- ,,Was tie Statuten anbelangt, so halten wir dieselben ,,allerdings in mander Beziehung für notwendig, absr ,,wir verhehlen uns nicht, daß auf solche Förmlichkeiten ,,kcin ailzuhohcr Scrii) zu legen ist. Nicht auf die ,,Satzungen kommt cS an, sondent auf die Art und ,,Weise unseres Handelns. O r g a n i s a t i o n der ,,Vereine, Organisation der revolutionären

224 ,,Propaganda ist uusere Aufgabe. Dieser Auf,,gabe zu genügen ist unser heiligstes Streben.

,,An uns soll es nicht fehlen, wir werden versuchen, ,,unsere Pflicht zu thun. Thut auch Ihr die Euere.

,,Kräftigt Euch soviel als möglich nach Innen. Erzieht ,, Euch zu braven und einfichtsvollen Demokraten. Ferner ,,versäumt nichts, das Loos unserer geflüchteten Lands,,leute zu erleichtern und bietet alles auf, um sociale ,, und politische Bildung unter denselben zu verbreiten.

,,Zieht sie so viel als möglich in die Vereine, gebt ,,ihnen tüchtige Bücher und Zeitungen zu lesen oder ,,lest fie ihnen vor und erläutert sie ihnen; auch laßt fie ,, an den Diskussionen Theil nehmen." (Murten Nr. 131.)

Den 20. November zeigte der Eentralverein an, daß d i e S t a t u t e n v o n d e r M e h r h e i t d e r Vereine a n g e n o m m e n w o r d e n seien, einzelne, unbedeutende Ausstellungen werde man nächstens zur Sprache bringen, wenn alle Vereine fich erklärt haben. (Murten Nr. 133.)

Dieses bestätigt fich auch allseitig aus den Korrespondenzen.. Nur der Verein in Zürich setzte einen andern Statutenentwurf in Umlauf und vertheidigte denfelben hartnäckig. Der wesentliche Unterschied besteht aber nur darin, daß Zürich statt eines Eentralvereins einen vom Kongreß zu wählenden Eentralvorstand von drei Mitgliedern will, damit derselbe nicht unter dem Einflüsse eines einzelnen Vereines stehe. Sodann setzt der zürcherische Verein kluger Weife den Vereinszweck als bekannt voraus und läßt seinen Entwurf fo beginnen: ,,§. 1. Die Centralifation der demokratifchen Vereine der Schweiz hat eine dem Vereinszweck entfprechende einheitliche Leitung der Vereine nach Innen und eine kräftige Vertretung derselben nach Außen, so wie die Anbahnung einer innigen Verbindung mit andern außer-

225 schweizerischen Vereinen von gleicher Tendenz zum Zweck.'-*

(Zürich Nr. 37.)

Unter'm 6. Dezember erstattete der Centralverein wieder Bericht über den Stand der Organisation, woraus fich ergiebt, daß sechszehn Vereine Genf als Eentralverein anerkannt haben, nämlich: Lachaurdefonds.

Soele, gleurier, Zürich, Winterthur, Laufanne,'Basel, Thun, Pruntrut, Herisau, Vivis, Schaffhausen, Glarus, St. Immer, greiburg, Burgdorf und Genf. Die Vereine in Ehur und Suzern seien noch unentschlossen. Im gleichen Schreiben werden noch die abweichenden Anträge über die Statuten zur Berathung mitgetheilt, so wie das Programm von Galeers Völkerbund. Es wird dabei den Vereinen dieses Blatt zur Anschaffung empfohlen, da es das beste Organ der Partei sein werde. (Murten

Nr. 134.)

Aus dem .Monatsberichte des Centralvereins vom 28. Dezember geht hervor, daß derselbe sehr in Zunahme

begriffen sei, 89 Mitglieder zähle und eine große Thätigkeit entwickle, daß dagegen der Verein in Chur die Statuten gänzlich verworfen und die Vereinigung für unnütz und

unpolitifch erklärt habe. (Zürich Nr. 40.)

Aus dem Protokoll des Vereins von Bern vom 30. Dezember ergiebt fich ferner, daß auch dieser Verein fich anschloß und Genf als proviforischen Eentralverein anerkannte. Von allen Vereinen hatte sich also einzig derjenige von Chur bestimmt gegen die Richtung des Centralvereins und daher gegen den Anfchluß erklärt, ungeachtet er auf die zudringlichste Weife bearbeitet wurde. Wir erwähnen hierüber folgendes Schreiben des Centralvereins an denjenigen von Chur : ,, Euer Schreiben vom 19. Oktober nothigt uns zu ,, einer kurzen Erwiederung. Ihr erklärt nämlich. Euch

226 ,,nur insofern an die Centralisation anzuschließen, als ,,sie die Hebung der Vereine zum Zwecke hat. Euch da,,gegen von jeder politischen Thätigkcit fern zu halten.

,,Kurz darauf fagt ihr aber, daß ihr Soeialdemokraten ,,seid und Euch innerhalb des Vereins als solche aus,,zubilden sucht. Das ist nun eigentlich schon eine poli,,tische Thätigkeit. Doch wir wollen uns nicht in Wort,,streitigkciten einlassen. Die Sache ist einfach die. Ihr ,,wollt nicht nach Außen hin wirken. Ihr w o l l t keine ,, P r o p a g a n d a machen. Und das ist es, was ,, w i r b e k ä m p f e n m ü s f e n . Wer das Wahre, das ,,Gute kennt, ist verpflichtet, es mitzutheilen. Nur ,,dadurch können unfcre Prinzipien zum Siege gelangen, ,,daß wir sie jedem, der sie nicht kennt, an's Herz legen ,,und ihn zu gewinnen suchen. Die Macht der Wahr,,heit iit" unwiderstehlich. Die Ideen verbreiten sich trotz ,,Kanonen und Bajonetten, sie verbreiten sich durch dic ,, Propaganda. Darum ist dieselbe das mächtigste Mittel ,,zur Gründung der Soeialrepublif. Wer den Zweck ,,will, muß auch die Mittel wollen und gebrauchen.

,,Seid Ihr Demokraten, gut! dann müßt Ihr Propa,,ganda machen. Mit dem Reden ist nichts gcthan; das ,,Handeln ist erst der ©rundstein der Gesinnungen; nur ,,durch Eure Thätigkeit könnt Ihr beweisen, ob Ihr ,,seid, was Ihr Euch nennt.

,, Wenn Ihr zur Begründung Euerer Ansicht sagt, daß ,, wir durch ein Auftreten, wie wir es verlangen, unsere ,,Stellung in der Schweiz gefährden, fo glauben wir ,,dagegen, daß durch Vorsicht j e n e s E i n s c h r e i t e n ,, v o n Seite d e r eidgenössischen B e h ö r d e ver,, h i n d e r t w e r d e n kann. Auch auf die Gewährung

,,des Asyls hat unsere politische Thätigkeit keinen Ein,,fluß, wie Ihr

zu glauben scheint. Man kann die

··/

227

,, Flüchtlinge nicht wegen dessen strafen, was die Vereine ,, thun. Daß unsere Sage und Aufgabe gerade jetzt keine ,,leichte und gefahrlose ist, geben wir gerne zu. Aber ,,nur ein Feigling läßt steh schrecken. Der Demokrat ist ,,verpflichtet, für die heilige Sache der Freiheit, Gleich,,hcit und .-Brüderschaft sein Leben zu geben und in un,, serein galle handelt es sich noch lange nicht um das ,,Leben, sondern im schlimmsten Falle um ein paar , , k l e i n l i c h e Z ä n k e r e i e n mit d e n B e h ö r d e n . Da,,vor werbet Ihr Euch doch nicht fürchten; das wäre ,,ja traurig.

,,Brüder! Zum Schlusse fordern wir Euch auf, ,,prüft noch einmal Euern Entschluß, erwäget, daß es ,, gerade jetzt so nothig ist, alle Kräfte zu gebrauchen, ,,.wenn es uns gelingen soll, die r u c h l o s e n F e i n d e ,,der M e n s c h h e i t n i e d e r z u s c h m e t t e r n . Bedenkt, ,, welche Pflichten und welche Verantwortlichkeit Ihr als ,,Demokraten habt und wir hoffen. Ihr werdet erken,,ncn, wie unendlich lächerlich es im Munde eines ,,Soeialisten klingt, wenn er behauptet, sich von politi,,scher Thätigkeit fern halten zu wollen, in einem Mo,,mente, wo der Sturm der Revolution durch die ganze ,, Welt hinbraust." -- (Ehnr Nr. 10.)

Der Central« er ein von Genf hielt nun die Organisation für hinreichend hergestellt, um einen Kongreß einzuberufen und erließ zu diesem Behuf unterm 1. Febri.ar 1850 eine Einladung mit einein Monatsberichte. Der wesentliche Inhalt davon ist folgender : ,,Irn Allgemeinen müssen wir den Stand der Vereine einen befriedigenden nennen, wenn auch die Mitgliederzahl nicht überall groß ist, so w i r d dieß durch die entschlossene, wahrhaft r e v o l u t i o n ä r e Stimmung erfetzt, die mit Freude dem Tag

228 entgegensieht, wo wir uns wieder mitunsern F e i n d e n S t i r n g e g e n S t i r n auf dem Schlachtf e l d e messen.

,,Der Verein in St. Imier, welcher seinem Untergange nahe war, hat sich mit Hülfe La Chaux-de-Fonds wieder neu konstituirt. Außerdem ist uns die Nachricht zugekommen, daß in Neuchatel wieder ein deutfcher Verein besteht. Der aufgelöste Bernerverein hat fich ebenfalls wieder neu gebildet und zählt 30 Mitglieder.

Er hat fich bereit erklärt, die Zentraleffekten an uns auszuliefern u. f. w.

,,In diesem Augenblicke, wo die Ereignisse in Deutschland , namentlich die neueste.. Vorgänge in Berlin, mit Macht einer Entfcheidung zudrängen, halten wir die Befchleunigung eines Kongresses für nothwendig, und berufen denselben auf den 20. Februar nach Murten.

Die Zufammenkunft ist den 19. Abends, im schwarzen Adler daselbst. B e r n k o n n t e n wir des Bundesrathes halber nicht w ä h l e n , und Murten als eine durchaus radikale Stadt, schien uns vollständig zu unserm Zwecke geeignet. Die größer« Vereine müssen ihre Abgesandten selbst bezahlen, den kleinern werden wir nach Krästen und Verhältniß Zuschuß aus der Zentralkasse geben, doch bitten wir , sich deßhalb möglichst schnell an uns zu wenden.

,,Um ein Organ zu befitzen, das unsere Prinzipien vertritt, haben wir uns nach reislicher Ueberlegung entschlössen, eine Arbeiterzeitung zu gründen, die vorläufig alle acht Tage erscheint. Ohne eine solche geistige Vereinigung nützt uns alle Zentralisation nichts. Nur durch die Presse können wir nach Außen Propaganda machen, und diejenige Bedeutung erringen, welche den schweizerischen Vereinen bei der Bildung ihrer Mitglieder zu-

229 kommt. Auf dem Kongresse wollen wir das Nähere zu Sprache bringen, und wenn wir einig find, wird dieser schöne Plan auch ausgeführt werden. Anerkennen müssen wir es, daß sich Winterthur in seinem letzten Schreiben energisch für ein folches Organ ausgesprochen hat.

,,Wir haben hier eine Kasse errichtet, zu der die kleinsten Beiträge angenommen werden, damit w i r im g a l l e eines plötzlichen A u s m a r s c h e s nicht volHg m i t t e l l o s d a s t e h e n , golgt unferm Beifpielnach.

Es ist Pflicht jetzt an die R e v o l u t i o n zu denken, d e n n sie ist v i e l l e i c h t n ä h e r , als so Mancher g l a u b t . V e r s ä u m n i ß ist auch ein V e r r a t h . --

Zürich hat den zweckmäßigen Antrag gestellt, daß wir eine gemeinfchaftliche Methode des Gefangunterrichts in allen Vereinen anbahnen follen. Die nöthigen Schritte dazu wollen wir auf dem Kongresse bereden. Einstweilen kündigen wir noch an, daß wir Euch mit nächstem die Partituren von mehrern neuen politischen Liedern zu* schicken werden."

Den Schluß des Briefes bilden polizeiliche Verfügungen. Es kann hier beiläufig bemerkt werden, daß die Vereine schon längst eine Polizeiaufficht, sowohl gegen die Mitglieder, als gegen Fremde ausübten. Wenn Iemand z. B. einen Kredit mißbraucht hatte, oder wegen seinen politischen Gefinnungen verdächtig schien, so wurde er den andern Vereinen avtfirt und steckbrieflich verfolgt.

Auf diefe Weife wurden zwei Mitglieder ausgeschrieben, bloß darum, weil sie im ©enferverein, angeblich von der Partei der ,,Honetten" (d. h. der Gemäßigten) vorgefchoben, eine gewisse Opposition gemacht hatten.

(Zürich 36.)

Mit diefer von Genf eingefchlagenen Richtung und

230 der Berufung eines Kongresses, der schon längere Zeit vom Zürcherverein energisch betrieben wurde, war die große Mehrzahl der Vereine einverstanden. Derjenige von Burgdorf beschloß am 13. Ianuar h. a. einstimmig, dem Zentralvercin in Genf für fein redliches Streben den Dank zu bezeugen. Wenn nicht alle Vereine den Kongreß beschickten, fo hatte das einen doppelten ©rund.

Mehrere Vereine, obwohl mit der Sache ganz einyerstanden, ließen sich der Kosten wegen durch andere re.·präfcntiren, oder gaben ihre Wünsche schriftlich ein, so z. B. Schaffhausen, Thun, Winterthur und Andere.

Einige wenige zogen sich zurück, indem ihnen die eingeschlagene Richtung zu bedenklich erschien. Wir heben diese besonders hervor, weil wir in Bezug auf diese Vereine abweichende Maßregeln vorzuschlagen gedenken :

1) Ehur sagte sich von dieser praktisch revolntionären Richtung gänzlich los, wie wir schon oben gezeigt haben.

2) Herisau beschloß am 10. Ftbruar h. a., keinen Deputirtcn zum Kongreß zu schicken, und falls sich derfelbe bloß der revolutionären Propaganda anfchließen würde, sich vom Zentralvercin zu trennen.

3) Glarus wollte ebenfalls von der Sache nichts wissen, und fchrieb am 16. Februar an den Verein in Herisau : Ihr fraget uns an, was wir vorn Murtner Kongreß halten, fo diene Euch Folgendes: Wir haben uns noch nie an den Zentralverein angeschlossen, das im-, merhin r e v o l u t i o n ä r e S y s t e m g e f ä l l t uns durchaus nicht und wird auch dem schweizerischen B u n d e s r a t h e nicht gefallen, fobald er Wind d a v o n bekommt. Ihr müßt immerhin annehmen, daßein Prinzip vom Ausland bei einem Voll keinen Anklang

231 findet; es muß sich von innen heraus, vom Volke selbst ausbilden ; ist dieß der Fall nicht, so werden alle Revolutionen scheitern. (Herisau 4.)

4) Suzern schloß fich ebenfalls dem Zentralverein nicht an, und beschickte auch den Kongreß nicht. Nähere Nachweisungen hierüber finden sich nicht vor.

5) Aarau bildete ebenfalls noch keinen integrirendenTheil der ganzen Association. Dieser Verein entstand erst im September 1849, und, obwohl er zur Zeit der größten Bewegung ins Leben trat, zeigte er keinerlei politische Richtung in seinen Statuten. Er wußte offenbar noch nicht, wozu er später gebraucht werden sollte, und war vom Zentralverein in Genf noch ganz ignorirt.

Er zeigte im Dezember 1849 dem Nachbarverein in Bern seine Konstitnirung an, und erbat fich Unterstüizung an Zeitungen und ©esangheften, worauf er die Bernerzcitung erhielt, welche vom Zentralverein in Genf den Vereinen besonders empfohlen war. (Zürich 40.)

Der Verein von Aarau schickte allerdings einen Abgeordneten nach Murten ; allein dieses scheint besonders in Folge zudringlicher Aufforderungen des Zürchervereins geschehen zu sein, und ohne Kenntniß der Vorgänge und der genferschen Zirkulare.

Ehe wir diese Darstellung beendigen, welche mit dem Kongreß in Murten ihren historischen Abschluß findet, müssen wir noch eine wichtige Seite des neuen Vereinslebcns etwas näher ins Auge sassen, nämlich das Verhältniß zu den Flüchtlingen. Lassen wir auch hier die Akten sprechen: Am 18. August a. p. schrieb der Verein in Genf in dem Briefe, worin er eine neue Organisation anregte, folgendes an die andern Vereine: ,,Wenn die Aufgabe unferer Vereine unter anderm die ist, den

232 sozial demokratischen Grundsätzen und Einrichtungen Anerkennung zu verschassen, so haben wir in diesem Augenblick mehr als je Gelegenheit, dieser Aufgabe nach* zukommen. Unter den zahlreichen Massen unserer g e f l ü c h t e t e n L a n d s l e u t e , b e f i n d e n sich v i e l e , d e n e n noch d i e w a h r e D u r c h b i l d u n g mangelt. Indem wir uns d a h e r der Brüder a n n e h m e n , t r a g e n wir d a z u bei, für die Zuk u n f t eine wahre F r e i h e i t s a r m e e heranzubilden.

Von diefer Ueberzeugung durchdrungen, haben wir allen Flüchtlingen das Lokal nnferes Vereins zur Verfügung gestellt, und lassen sie, natürlich unentgeltlich, an der Lektüre, den Unterrichts- und Diskusfionsstundcn Theil nehmen. Wie sehr wir dadurch auf diefelben einwirken fo'nnen, sieht jeder ein, und die rege Theilnahme der Soldaten zeigt, daß sie unsere Mühe zu schätzen wissen.

Wir ersuchen Euch, deutsche Brüder, diesem Beispiel zu folgen, und in ähnlicher Weife im Interesse der Demokratie zu verfahren, natürlich nicht o h n e d a b e i die Vorsicht zu b e o b a c h t e « , w e l c h e die j e t z i g e Haltung der Schweiz auferlegt. (Murten 129.)

Der Brief vom 2. Oktober a. p. enthält hierauf bezüglich folgende bemerkenswerthe Stellen : ,,So traurig auch die gegenwärtige Zeit, wenigstens augenblicklich für nnfere Parthei sein mag; für die deutschen V e r e i n e in der S c h w e i z ist sie günst i g er als je. Unter der großen Masse unsrer geflüchteten. Brüder befinden sich viele, welche uns gerne beitretrn und mit ihren Kräften unterstützen werden, sobald wir ein frifcheres Leben unter uns geschassen haben. Der Ansang wird schwer, sehr schwer sein, aber seien die Schwierigkeiten, mit welchen wir zu kämpfen haben, auch noch so groß, es steht bei uns, fie zu über*

233 winden und die Vereine jetzt auf einen Standpunkt der $Hüthe zu bringen, den fie noch niemals eingenommen haben. Wir fordern Euch also auf, nichts zu vergessen, was Euern Verein stark und tüchtig machen kann. Doch, nun zu einem andern Punkt. Wie wir schon früher ausgesprochen, halten wir es für das H a u p t z i e l unsrer T h ä t i g k e i t , u n t e r u n f e r n f l ü c h t i g e n

Brüdern auf Verbreitung politifcher Bildung u n d s o z i a l - d e m o k r a t i s c h e r G r u n d s ä t z e hinzuw i r k e n . Unter denselben befinden sich so viele, welche wohl von glühendem Haß gegen die Tyrannen erfüllt, in den Kampf gegangen, aber noch weit davon entfernt sind, die tiefern gesellschaftlichen Gebrechen zu erkennen, an welchen die Menschheit jetzt überall kränkelt. Unsre g r o ß e A u f g a b e besteht n u n v o r Allem d a r i n , die se un s r e B r ü d e r zu M ä n n e r n h e r a n z u z i e h e n , die bei dem nächsten Ausbruche mit festem Arm und klarem Bewußtsein für die ächte, g a n z e R e v o l u t i o n in die S c h r a n k e n t r e t e n und fich vo;n k e i n e m j e n e r l i b e r a l e n S c h u r k e u b e t r ü g e n lassen, w e l c h e dem V o l k e schon so oft die F r ü c h t e seiner blutig e r k a u f t e n Siege eutrissen h a b e n . (Zürich 32).

Am 23. Oktober wurde vom Genferverein unter anderm folgendes nach Bern geschrieben:

,,Ferner frage ich Sie, ob es nicht möglich ist, in

Bern einen neuen Verein zu errichten. Der Ort ist so wichtig und an Leuten kann es doch auch nicht fehlen.

Gerade im jetzigen Augenblick ist es doppelt wichtig, unsre Parthei zu organifiren und dann ist es h a u p t sächlich u n s e r e Pflicht, unter den Flüchtlingen, namentlich den Soldaten, P r o p a g a n d a zumach en.

Die Wichtigkeit hievon brauche ich nicht auseinanderzu-

234 setzen. Und gerade in Bern hättet ihr geld sur diese Thätigfeit." (Bern 1).

ein so schönes

In einem Schreiben vom 19. Dezember a. p., vertheidigte der Zentralverein gegenüber dem Verein in Zürich sein Statutenprojekt und bemerkt hierbei: ,,Liegt, wie es uns den Anschein hat, in der Ernennung eines Zentralvorstandes die. Absicht eine Zentralleitung für alle in der Schweiz befindlichen deutschen Demokraten, namentlich Flüchtlinge, zu schaffen, so müssen wir Euch crwiedern, daß wir in unserm Verein diese ....·îothwendigkeit schcn oft besprochen haben, dap wir aber bei der in sämmtlichen deutschen Vereinen begriffenen, geringen Mitglicderzahl von höchstens 400 und den bis jeiptnoch nicht allzu zahlreich auftretenden geistigen .frästen es nicht für möglich gehalten haben, aus den Vereinen einen solchen Zentralvorstanb zu schaffen. Die Anficht des Vereins gestaltete sich dahin, daß in allen Kautonen und namentlich in den grö'lcrn ©liidtcn aus den Gcneralversv-mmlungen sämmtlichev deutscher Demokraten durch direkt.; Wahl s o g e n a n n t e U n t e r s t ü t z u n g s f o m i t e s g e w ä h l t w e r b e n sollten, w e l c h e nicht allein d i e U n t i r i l ü t z u n g s s a c h c , s o n d e r n v o r a l l e m die h ö h e r e p o l i t i s c h e C e i t u n g u n d P r o p a g a n d a zu b e s o r g e n h ä t t e n , au& w e l c h e n Komites dann ein allgemeines Zentral?omite g e w ä h l t w e r d e n folltc. Zu diesem Behuse kam durch Aufruf unsere Vereins am letzten Sonntag eine 33ersammlung zu Standî, welche ein neues Unterpizungskonnte, bestehend aus (folgen bis Namen) durch Wahl ernannte, dessen neuer gründlicher Shätigkeit »ir entgegensehen."

Ans diesen und andern Akten geht also hervor, daß es den Vereinen zu einer Hauptaufgak gewacht wurde.

235 die grojüere Masse der Flüchtlinge für ihre Ideen und Zwecke zu bearbeiten, ihnen die ,,wahre Durchbildung" zu geben und fie ,,zu einer gmheitsarmee zu erziehen."

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, daß da, wo thätige Vereine find, wie z. B. in Genf, Bern und Zürich, die Flüchtlinge viel schwerer zur Abreise zu bestimmen waren. -- Während aus diese Weise die 23ereine auf die Masse der Flüchtlinge zu wirken suchten, bemächtigten sich hinwiederum die Chefs der Flüchtlinge und die durch Bitdung ober Energie Hervorragenden unter ihnen der Sereine, indem fie entweder die Leitung derselben an steh rissen oder sonst eine einflußreiche Sitllitnö einnahmen. Es ist bekannt, in welcher Verbindüng ..peinzen. Struse und andere in ©cnf standen; wir sehen überdicß im dortigen Verein noch viele bekannte Namen von Flüchtlingen z. B. Esscllrn, Siel..ïnecht, Schnauïfer, Pelizier u. s. w., im Serein von Lausanne, Eugelmann, gewesener Bataillonschef im Rheinbaierisch..n .Uîorps, jeizt Präsident des dortigen Vereins, in Sa Shaur-de-gonds Valentin Weber aus Rheiubaiern, in-SernDr. Maas von dort. 3)cr letztere ließ hier einen schon durch bie öffentlichen Blätter kkannten höchst aufreizenden Aufruf an die Arbeiter drucken und der Bernerverein verbreitete denselben. Wenigstens sandte er denselben an den Verein in Aarau mit folgendem Schreiben: ,,Wir übersenden Such beiliegende (.fremplarc einer Proklamation von einem unserer Mitglieder, die ihr flewiß für zwcudieulic.) halten und ein j e d e r von Euch an Such b e k a n n t e D r t c in D e u t s c h l a n d , «m daselbst Pro pag and a ' z u m a c h e n , senden werdet."

(Aarau 4).

Der Verein in Bafel »uree von Meiicrnich «nd

236 genner von Ffennenberg mit fanatischen Reden erbaut .wenn es erlaubt ist, die Aeußerung, ,,man sollte die Hälfte der Deutschen aufhängen!" -- mit diesem Ausdruck zu bezeichnen. (Basel Protok. II.) Der Verein in Zürich .meldete am 6. Januar h. a. nach Genf: ,,Schließlich müssen wir nun noch bedauern, daß die ..Eheilnahme der Flüchtlinge eine sehr geringe ist; man trifft sie in Bierhäusern, aber nicht im Verein ; im Ansang versprachen sie viel; nachdem wir sie aber beim Wort gesagt, sehen wir sie nicht mehr ; unsere ganzen intelligenten Kräfte bestehen aus Handwerkern, unterstützt durch einige Anleitung von Xechow, Beust, Schurz.

Auch besuchen unö Umbscheiden, Weil, Ottenhofer, Horlachcr je." (Zürich 42).

Nach Schaffhausen berichtete der Verein in Zürich am 14. Januar h. a.

,,Unsern Verein besuchen auch Flüchtlinge von h ö h e r e r politischer B i l d u n g , d i e u n s namentlich in Politiksachcn b e l e h r e n . " (Schaffhausen 10).

Was es mit dieser Belehrung sur eine Bewandtniß habe, mag man aus der gesammten Aftenlage und bcsonders aus der angefügten (·.·.enferkorrespondenz entnehmen. Man wird überall finden, daß sich diese politische und soziale Bildung darauf beschränkt, bei den Arbeitern die geidenschaften zu entfesseln und die Gefühle des Hasses und der Rache nicht nur gegen die Regierungcn, fondern gegen den ganzen Stand der Bcsiizcnden und gegen alle staatliche und soziale Ordnung der Dinge zu entflammen; man wird keiner Spur einer wirklichen Belehrung begegnen, einer wissenschaftlichen oder populäre;. Grörterung der schwierigen sozialen fragen weder in den Protokollen noch in den Korre-

237

spondenzen. Und doch -- fast hätten wir die Grenze der Wahrheit überschritten -- finden wir unter den hunderten von Aktenstücken wenigstens Eines, das sich mit dem Aufbau einer neuen Ordnung der Dinge beschäftigt. Schon dieser Rarität wegen und weil es das

einzige Aktenstück ist, welches sich nicht bloß mit dem

Niederreißen, sondern auch mit dem Aufbauen beschäftigt, nehmen wir dasfelbe wortlich auf. Bei den Papieren des Vereins von Luzern, findet sich ein Instruktionsentwurf für den Abgeordneten des deutschen Arbeitersereins in der Schweiz zum Arbeiterparlamente in Berlin, unterzeichnet : Bern den 14. August 1848. Der Bernerverein, dessen Präsident, Dr. ©ey-jggcr. Nach einer längcrn Instruktion über verschiedene organische Einrichtungen schließt der Entwurf mit folgendem : ,,Diesj im Einzelnen der Sache beim Arbeiterparlamente, betreffend Hauptanfichten über eine repnblikanische Staatscinrichtung."

,,Erstens die fünftige repnblifanifche Staatseinrichtnng in Dcntfchland wollen wir nie als vollkommen anerkennen : a. fo lange irgend ein Beamter höher besoldet ist, als ein Arbeiter durchgängig verdient; b. so lange nicht alle Staatsbeamten gleich besoldet

sind; c. so lange nicht die gröbern Arbeiter, wie Straßenbau- Wasserbau- Eisenbahn- und Kanalarbeitcr

gleich besoldet sind,- wie die Arbeiter diirchgängig

bezahlt werden ; d. so lange nicht Grnndbefiiz Staatseigenthum ist; c. der Staat soll die Schulcrziehung der Jungen unentgcldlich übernehmen. In den Schulen darf kein Religionsunterricht gelehrt werden; indem dieIugend

Bundesbl..« I. Jahrg. II. Bd. I.

23

238;

f.

g.

h.

i.

k.

1.

erst mit reifcrem Alter sich darüber soll aussprechen können, ob dieselbe fich einer Religionsgesellschaft anschließen will oder nicht und welcher ? -- Die Rcligionslehrer sollen von der Gemeinde besoldet werden und zwar, so lange jemand im Staate geduldet wird, von denjenigen Gemeinden, welche einen solchen Sehrer haben wollen.

Es dürfen im Staate keine Zolle erhoben werden, sondern alle Staatsausgaben durch Erhebung einer Progrcsfivsteuer vom Kapital und Vermögen und durch Erbschaftssteuer bestritten werden.

Aller Handel soll Staatssache sein; doch darf der Staat kein Geldgeschäft daraus machen, sondern die Sache so wohlfeil verkaufen, daß nur die aus> gelegten ©cldcr nebst Zinfen herauskommen. Alle Angestellten find gleich besoldet, wie andere Staatsangestellten.

Alle stehenden Truppen müssen abgeschafft werden und Milizdienst eingeführt werden.

Es darf im Staate kein Geschäft ausgeführt werden, wodurch ein Bürger sich auf Unkosten seiner Mitbürgern bereichern kann, sondern der Ucberschuß in allen Geschäften soll unter allen Arbeitern nach Verdienst gleich vertheilt werden, wohberfianden nach dem die Zinse von allfällig geliehenen Geldern bezahlt sind, folglich follen die Meisterschaftcn ganz aufhören, und statt diesen eine Bruderschaft in's Scbcn gerufen werden.

Vermögen darf nur in Geld gesammel.. werden, indem die unbeweglichen Güter Staatseigenthum find, ebenso dürfen die Bürger das ©cld niemals

239 an ihre Mitbürger gegen % ausleihen, fondern dasfelbe in die Staatsbank gegen zu bestimmende Proeente einlegen, von wo aus die Bürger in Proportion ihre Betriebskosten beziehen." --

Alles bisher angeführte bezieht sich auf die Vorbereitung einer Revolution nach Außen, namentlich in Deutfchland ; doch find auch Indizien vorhanden, daß die Vereine, oder wenigstens die Eingeweihten davon auch den fchweizerischen Zuständen ihre ernste Aufmerkfamkeit zuwandten, und bei uns ebenfalls mit der Faust ein* zuschreiten sich vornahmen. .Ein deutscher Flüchtling, der unter falschem Namen sich in der Schweiz aufhielt, und unter Hinterlegung eines falfchen Wanderbuchs, Mitglied des Arbeitervereins in Sausanne war, berichtete an seine Verwandten und Freunde in der Heimat unter anderm Folgendes: ,,Ich will Euch etwas von Politik schreiben, und zwar möchte ich recht viel schreiben, aber ich kann und

darf nicht. -- Ich bin Mitglied einer Gefellschast, und Ihr werdet Euch wundern, wenn ich Euch den Namen fage : Iefnitenverein ; aber kein geistlicher, fondern ein demokratischer. Cs stehen Männer an der Spitze, die das Vertrauen des Volkes genießen, auch derjenigen, die mitunter bloß Zeitungen lesen. Bleibt sest bei einander, und zersplittert die demokratischen Kräfte nicht in verschiedene Parteien, und wenn es noch einmal im Westen kracht, dann stehet Mann für Mann auf, und macht den Schritt über die letzte Stufe zum Thron. -- Wir werden Wache halten mit der Guillotine, damit die Schurken in kein anderes Afyl mehr kommen, als in die Erde, oder in der freien Luft am Galgen, Ich will diefen letzten Tanz noch einmal mittanzen; ist das deutfche Volk aber wieder fo unentfchlossen, als im

240 · vorigen Iahre, nun dann mag es fich knechten und treten lassen von dem Hofgeschmeiß. Etwas will ich Euch mittheilen von dem V., daß Ihr nicht wieder Vertreter wählt, sondern Euere Gesetze auf den Barikaden diktirt.

Sollte es verunglücken, nun dann soll die Welt ein Freudenfeuer erleben, wie noch keines da gewesen ist. -- Ueber die Politik des Bundesrathes der Schweiz werdet Ihr wohl schon Berichte gelesen haben. Badisches Mi:

litär ist bald keines mehr da, und ist alles ausgewiesen worden. Engelmann hätte das 8oos vielleicht auch getroffen, wenn der Bundesrath wüßte, wo er wäre.

Schlösse!, Techow und mehrere preußische Offiziere und andere, 32 an der Zahl, die gravirtesten Führer find alle ausgewiesen worden. Seider hat die Schweiz aber zu radikale Bürger, wo dieselben ohne Erlaubniß des Bundesrathes ein Asyl haben, so auch Mazzini. Dem

- Willich geht es in England sehr schlecht, der wird fich aber rächen. Von übrig gebliebenen Flüchtlingen, die wir jetzt in der Schweiz noch find, werden bei Ausbruch einer R e v o l u t i o n die republikanische Garde b i l d e n , um die R e g i e r u n g zu schützen o d e r zu stürzen, nachdem sie sich nun verhalten wird. Zum grühjahr gibt es wieder was zu thun, denn wir haben von den Arbeitern in Frankreich genaue -Berichte, und sollten die Sozialisten gewinnen, nun dann mögen fie fich ein anderes Paris und Lyon bauen u. s. w." (Lausanne 4.)

Jn einem andern Briefe schrieb der nämliche nach Hause : ,,Was Euere Neugierde über den Verein betrifft, kann ich nicht befriedigen. Verrath wird mit dem Tode bestraft; .was für Mitglieder dabei find, weiß ich nicht; es kommen sehr wenig zusammen." (Lausanne 3.)

241 Ob diefes Alles nur gantafiegebilde seien, wie der Deponent in Anerkennung der Aechtheit der Briefe in dem Verhör darzustellen versuchte, oder ob er wirklich Mitglied einer geheimern, die Arbeitervereine dominirenden Verbindung sei, mag sür unfern Zweck und bei dem voraussichtlichen geringen .Erfolg einer weitern Untersuchung dahingestellt bleiben.

Wir schließen diesen Bericht mit einer statistischen Angabe über den Bestand der Vereine, so weit derselbe ans den Akten hervorgeht: Genf hat 89 Mitglieder nach feiner Erklärung im Dezember 1849.

Laufanne hat circa 30 Mitglieder nach der Dcpofition des Präfidenten.

Vivis hat 6 Mitglieder nach der Depofition des Präfidenten.

La Chaux-de-gonds hat 112 Mitglieder nach der Deposition des Sekretärs.

Loele hat 40 Mitglieder nach dem Bericht des Vereins in Gens.

gleurier hat 11 Mitglieder nach der Depofition des

Sekretärs.

Freiburg hat 12 Mitglieder nach dem Bericht des Vereins in Genf.

Bern hat 36 Mitglieder nach dem Verzeichnis

Pruntrut hat 12 Mitglieder nach den Angaben von Mitgliedern.

St. Imier ?

Burgdorf hat 12 Mitglieder nach dem amtlichen Be-

richte.

Thun hat 15 Mitglieder nach dem amtlichen Berichte.

Bafel hat 62 Mitglieder nach dem amtlichen Be-

richte.

:242 Zürich hat circa 50 Mitglieder nach der Déposition

des Präfidenten.

· Winterthur hat eirea 40 Mitglieder nach der Depofi-

tion des Aktuars.

Schasshausen hat eirea 30 Mitglieder nach der Angabe des Präfidenten.

Aarau hat 40 Mitglieder nach dem Verzeichnis bei den Akten.

Luzern hat 30 Mitglieder nach der Angabe des Präfidenten.

Glarus hat 18 Mitglieder laut Verzeichnis bei den

Akten.

Ehur hat 101 Mitglieder nach dem amtlichen Berichte.

Herisau hat 25 Mitglieder nach dem Bericht des Vereins von Genf.

Bringen wir nun die fünf letzten Vereine, als nicht affilirte in Abrechnung, so bleiben für die übrigen un-

gefähr 560 Mitglieder. Unter denfelben befinden fich auch einzelne Schweizer, aber verhältnismäßig sehr wenige, und in den Vereinen, wo deren mehrere find, haben dieselben fichtlich diesem Treiben entgegengewirkt.

Das Gesammtresultat der Untersuchung ist nun Folgendes : 1) Es ist vollständig erwiesen, daß die deutschen Arbeiter in der Schweiz, behufs einer neuen Revolution, welche nicht nur die Throne, sondern auch die sozialen Einrichtungen zunächst Deutschlands vernichten sollten, fich organifirten, und ihre geistigen und materiellen Kräste dazu in Bereitschast zu setzen suchten.

2) Diese revolutionäre Propaganda -- wie der Eentralverein die Association selbst nennt -- ist aber weder in der Schweiz entstanden, noch ihr eigenthümlich. Ihr 4?eerd und ihre Duelle ist in Deutschland, Frankreich

243 und England; von dort aus wurde sie ins Leben gerufen und steht keineswegs vereinzelt da, sondern fie ist nur ein ©lied in der großen Kette des sozial-demokratischen Bundes. In der Schweiz konnten diese Vereine sich hie und da etwas freier bewegen, und ihre Beftrebungen traten dahier mehr ans Tageslicht; allein die bewegenden Kräfte und diejenigen Personen, welche hinter den Coulissen stehen, find grösjtentheils im Ausland, und in der Stunde der C-ntfcheidung feilte aus der Schweiz, wie ans jeder andern Provinz, nur das deutfche Kontingent bezogen werden. Es ist deshalb historisch unwahr, und darum ungerecht, die Schweiz als den Heerd der europäischen Revolutionen zu bezeichnen, dasjenige Land, welches ohne Truppen, und nur vermöge der moralischen Krast, welche Freiheit und Bildung einem Volke geben, fast allein in Ruhe und Ordnung verharrte, während politische Revolutionen und kommunistische Eineuten in Europa die Runde machten.

3) Es hat sich endlich herausgestellt, daß die Vereine mit den Flüchtlingen in enge Verbindung traten, und daß-namentlich auch die Chefs oder andere hervorragende Personen unter ihnen die Wirksamkeit der Vereine unterstützten 1und beförderten. Diese Erscheinung wird hoffentlich alle diejenigen beruhigen, welche die Ausweisung der glüchtlingschefs als ein Unrecht betrachteten.

Gestutzt auf diese faktischen Verhältnisse faßte der schweizerische Bundesrath folgenden Beschluß: Der schweizerische B u n d e s r a t h , Nach Anhörung eines Berichtes des Justiz- und Polizeidcpartements in Sachen der deutschen Arbeiter-vereine und nach Einsicht der Untersuchungsakten, woraus sich ergeben, daß die Mehrzahl dieser Vereine in organifirter Verbindung mit ausländischen Vereinen auf eine rechtswidrige und gefährliche Weife mit politifchen Umtrieben sich besaßt habe; In A n w e n d u n g der Art. 57 und 90, §§. 8 und 9 der B u n d e s v e r f a f s u n g

beschließt:

1) Die Mitglieder der deutschen Arbeitervereine in Genf, Lausanne, Vivis, La Ehaux-de-Fonds, Locle,

244 gleurier, Freiburg, Bern, Pruntrut, St. Imier, ...Burgdorf, £hun, Basel, Zürich, Winterthur und Schaffhausen find mit Ausnahme der allfälligen fchwcizerischen Angehörigen ans der Schweiz auszuweisen.

2) Die deutschen Arbeitervereine in Aarau, Luzern, Glarus, Chur und Herisau, find einstweilen nur unter

polizeiliche Aufficht zu stellen.

3) Das Justiz- und Polizeidepartcment wird beauftragt, sich über die Vollziehung des Beschlusses und die hierüber erforderlichen Aufschlüsse mit den Kantonsregierungen ins Einvernehmen zu setzen.

4) Das Verbot der Aushingabe der Reiseschristen an die Mitglieder der Arbeitervereine erlischt hiemit für .die Kantone Aargau, Lnzern, ©larus, Graubünden, und Appenjcll Außer-Rhoden, für die Kantone Bern/ Zürich, Schaffhausen, grciburg, Bafel, Waadt, Neuenburg und Genf findet es dagegen nur nach Maßgabe der Vollziehung dieses Beschlusses feine Erledigung.

5) Dieser Beschluß ist den sämmtlichen Kantonsregierungen mitzuiheilen.

# S T #

Ans den Verhandlungen des Bundesrathes

vom 5. April 1850.

Der Bundesrath hat nachstehende Postbeamtenwahlen getroffen : Als Commis auf dem P o s t b ü r e a u in Solothurn: Herrn Emil Herzog, von Schönenwerth, mit einer

jährlichen Besoldung von Fr. 500.

Als Posthalter in Goßau, Kantons Zürich: Herren Gebrüder Schanfclberger in Goßau, Gehaltserhöhung von 100 auf Fr. 180.

Als Posthalter in Saanen, Kantons Bern: Herrn Markus Boo, mit einer Jahresbesoldung von

Fr. 300.

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Bericht und Beschluß in Sachen der deutschen Arbeitervereine.

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Jahr

1850

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

15

Cahier Numero Geschäftsnummer

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06.04.1850

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189-244

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