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Schweizerisches

Jahrgang II. Band I.

Mro.

9 W.

Samstag, den 19. Januar 1850.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für das Jahr 1850 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i Srkn. 3.

Jnferate sind fr a n fi r t an die Erpedition einzufenden. Gebühr l Batzen per Zeile oder deren Raum.

Verhandlungen der Bundesversammlung, des National- und Ständerathes.

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Bericht

der Kommission des schweizerischen Ständerathes, be= treffend den Gesetzesentwurfs über die Militär» organisation der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Herr Präsident!

H e r r e n Ständeräthe!

Die Kommiffion, welche Sie beauftragt haben, den vom Bundesrathe vorgelegten und vom Nationalrathe abgeänderten Gefetzesentwurf über die eidgenöffische Militärorganisation zu prüfen, hat die Ehre, Ihnen hiemit das Crgebniß ihrer Arbeit vorzulegen.

Die kurze Zeit, welche der Kommission zu Gebote stand, hat derselben nicht gestattet, im gegenwärtigen Bnndesblatt I. Jahrg. II. Bd. I.

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übersichtlichen Berichte, alle ihre Anträge umständlich zu entwickeln; daher wird sie sich darauf beschränken, hier nur die wesentlichsten derselben hervorzuheben, indem sie sich vorbehält, bei der artikelweisen Berathung mündlich die nothigen Erläuterungen über die Gründe anzubringen, von welchen sie geleitet worden ist.

Uebrigens ist die vorliegende Frage keine neue: die Botschaft des Bundesrathes, die Berichte der Mehrheit und Minderheit der Kommifsion des Nationalrathes, sowie die Berathung, welche im Schoofje des letztgenannten Rathes stattgefunden, haben genügendes Licht über diesen Gegenstand verbreitet, so daß der Ständerath über denselben eintreten kann, ohne eines weitläufigen Berichtes zu bedürfen.

Um die Berathung zu erleichtern, erhält jedes Mitglied des Ständerathes ein Exemplar der von Ihrer Kommission gestellten Abänderungsanträge, nebst dem gedruckten Gesetzesentwurfe, wie derselbe aus den Berathungen des Nationalrathes hervorgegangen ist.

Art. 2. Durch Art. l wird jedem Schweizer die Verpflichtung auferlegt, die Waffen zu tragen, und der Art. 2 hat zum Zwecke, die Zeitdauer zu bestimmen, während welcher die Bürger gehalten find, jene Ver.pflichtung zu erfüllen. Die Kommisfion verwirft ein-

stimmig, die Abfassung diefes Artikels, indem sie den Sinn derselben für

zweifelhaft hält; hingegen ist die

Kommisfion getheilter Ansicht über das für die Dienstdauer festzusetzende Zeitmaß. Zwar ist fie über die Zweckmäßigkeit einverstanden, den Beginn der Wehr.Pflicht nicht früher als auf das angetretene zwanzigste Altersjahr festzusetzen; allein sie ist abweichender Ansicht

über das Alter des Austritts aus der Wehrpflicht: die

33 Mehrheit will bis zum vollendeten neunundvierzigften Altersjahr gehen, während die Minderheit beim vollendeten vierundvierzigften Altersjahr stehen bleiben mochte. Von daher rühren die zwei Anträge, die Ihnen vorgelegt werden.

Art. 3. Um anstößige Ungleichheiten in der Militärgefetzgebung der verschiedenen Kantone, in Betreff der Ausnahmen und Ausschließungen von der WehrPflicht, zu vermeiden, beantragt die Kommission, die Festsetzung dieser Fälle einem Bundesgesetze zu überlassen.

Art. 8. Ueber diesen Artikel, einen der wichtigsten des ganzen Entwurfes, ist die Kommiffion getheilter.

Anficht. Die Majorität will alle Rekruten ohne Ausnahme verpflichten, in den Auszug zu treten und nachher in der Reserve zu dienen, aus welcher fie nach einer gewissen Zeit zur Landwehr übergehen würden. Die Minderheit hingegen, obschon fie dem Grundsatze der Gleichheit Gerechtigkeit wiederfahren läßt und denselben gerne mochte in Anwendung bringen können, sieht so große Uebelstände in den Folgen desselben .voraus, daß sie genöthigt ist, jenen Grundsatz zu verwerfen. Ohne sich hier in Erörterung des bundesverfassungsmäßigen Gefichtspunktes einzulassen, hält die Kommiffion dafür, daß man jenem Grundsatze die wahrhafte Stärke des Bundesheeres zum Opfer bringen würde, und zwar sowohl insoweit es die Mannschaft als die Instruktion betrifft, und daß man einer großen Zahl von Kantonen Opfer anferlegen würde, die sie außer Stande find zu tragen.

Art. 12. Es ist gegenwärtig allgemein anerkannt, daß die Scharsschützen bei ihrer dermaligen Organifation, Instruktion, Bewaffnung und Ausrüstung dem Vaterlande nicht diejenigen Dienste leisten können, welche

34 man von ihnen zu erwarten berechtigt ist. Diese Sachlage rührt großentheils d'avon her, daß man aus Vorurtheil immerfort verfucht hat, die Scharfschützen als Spezialwasse darzustellen, was in keiner andern Armee stattfindet. Hieraus find irrige Ansichten über ihre Verwendung und Bestimmung entstanden, während die Scharffchützen in Wirklichkeit als eine besondere Art von Infanterie betrachtet werden follten. Die hohe .Wichtigkeit, welche die Kommiffion diesem wesentlichen Bestandtheile der Armee beilegt, veranlaßt fie, darauf anzutragen, die Litt, d des Art. 12 zu streichen und die Scharfschützen an die Spitze der Infanterie zu fiellen, mit welcher fie, faft ohne Ausnahme, zufammen zu leben und zu kämpfen berufen find. Wenn dieser Grundsatz einmal ausgestellt ist, so würde es um so leichter sein, die Instruktion der Scharfschützen auf eine ihrer wirklichen Bestimmung entsprechende Weise zu leiten und damit übereinstimmend auch ihre Bewaffnung und Ausrüstung zu verändern.

Art. 19. Da die Kavallerie wirklich eine Speziaiwaffe ist, die sich wesentlich von allen andern unterscheidet; und da fie vermehrt und ihr eine ausgedehntere sowie eine gründlichere Instruktion ertheilt werden muß, so ist es nothwendig, dieser Waffe einen besondern Stab zu geben, welcher dieselbe in Zeiten des Krieges anzuführen, und in griedenszeit zu leiten und zu beauffichtigen habe. Hiefür der Antrag unter Litt, d dieses

Artikels.

Art. 34 bis. Die Kommission schlägt die Aufnahme eines Artikels 34 bis vor, der zum Zwecke hat, den Kantonen die Befugniß einzuräumen, die Offiziere des eidgenössischen Stabes für den Kantonaldienst zu verwenden, wenn sie nicht für den eidgenoffifchen Dienst in

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Anspruch genommen find. Auf diese Weise würden die Offiziere des eidgenosfifchen Stabes durch die unmittelbare Berührung mit den ..truppen an Erfahrung gewinnen und diese letztern hinwieder würden ans den Kenntnissen jener Offiziere Vortheil ziehen.

Hierin würde zugleich ein Mittel liegen, gewisse

Offiziere zu hindern, den eidgenosfischen Dienst einzig des Zweckes wegen zu suchen, sich dem Kantonaldienste zu entziehen.

Art. 43. Von der Kommisfion wird beantragt, den Schluß des Artikels, von den Worten an: "dasjenige der zweiten u. s. *w.", zu streichen. Sie geht hiebet von dem Grundsatze aus, daß es zweckmäßig sei, mo'g-

lichst freien Spielraum für das Spezialgesetz zu lassen, welches gleich nach Vollendung der Volkszählung sich

mit dem Verhältniß der verschiedenen Waffengattungen unter einander, ihrer Verkeilung, sowie derjenigen des Kriegsmaterials zu befassen haben wird. Deswegen

wird der weggestrichene Theil dieses Artikels durch den beantragten Zusatz ersetzt.

Dabei macht die Kommission aufmerksam, daß die Kantone durch diese Veränderung des Artikels sich in feiner Weise bloßstellen, indem derjenige Theil des allgemeinen eidgenössischen Militärreglements, welcher für diesen Gegenstand maßgebend ist, bis zur Annahme des vorgedachten Gesetzes in voller Kraft verbleibt.

Art. 61. Obschon die Kommisfion die Zentralisation der Instruktion der Scharfschützen voraussetzt, so beautragt sie dennoch das erste Alinea dieses Artikels, welches hievon spricht, wegzulassen, indem der Sinn desselben in den Bestimmungen des Artikels 62 aufgenommen ist, wohin es besser paßt.

(Bemerkung. Dieses Alinea ist nur in dem französischen Texte des vom Tit. Nationalrathe berathenen Entwurfes enthalten.)

36 Art. 67. Es wird beantragt, diefem Artikel einen Zusatz beizufügen, welcher zum Zwecke hat, einem einzelnen Kanton das nämliche Recht einzuräumen, welches der Artikel mehrern Kantonen vereint zugesteht; denn in der That würde hierdurch der nämliche Zweck erreicht: derjenige der Ertheilung einer höhern Instruktion an eine gewisse Anzahl vereinigter Truppen von allen Waffengattungen.

Art. 71, 72, 73, 74 und 76. Diefe Artikel sind

in dem Sinne modifizirt worden, daß die Bezeichnung des mit den Infpektionen beauftragten Perfonals wegfällt, und diefelbe dagegen an die passendere Stelle im VI. Titel, Litt. D. versetzt wird, wo von den eidgenösfischen Militärbeamten und den Verrichtungen derselben

die Rede ist.

Art. 75 wird gestrichen und das Betreffende in den Bestimmungen des Artikels 116 aufgenommen.

Art. 77. Die Kommiffion will jeden Kanton anhalten, einen zum Voraus bezeichneten Kriegskommissär zu haben; sie kann nicht einsehen, wie es fortan anders gehalten sein dürste, besonders seit die Zentralisation des Unterrichts der Spezialwaffen und der Scharffchützen befchlossen ist.

Art. 95. Diefer wichtige Artikel, welcher einen neuen

Grundfatz ausstellt, nämlich alle Truppen der Schweiz, die eidgenossischen wie die Kantonaltruppen, den eidgenösfischen Militärstrafgesetzen unterzuordnen, hat eine leichte Veränderung zu dem Zwecke erlitten, den Sinn desselben genauer auszudrücken.

Art. 103. Von dem Grundsatze ausgehend, daß die wesentlichsten Bestimmungen in Betreff der Entwicklung des Gesetzes über die eidgenössische Militärorganifation, Gegenstand besonderer Gesetze sein werden, während es

37 Sache des Bundesrathes ist, die eigentlichen Réglemente und Instruktionen Behufs der Vollziehung zu erlassen, hat die Kommission dem Artikel diejenige Abfassung gegeben, welche in den Abänderungsanträgen enthalten ist.

Endlich haben einige der Tafeln, die sich im Anfang

des Gesetzesentwurfes befinden, ebenfalls einige leichte Abänderungen erlitten.

Dieß, Herr Präsident, Herren Ständeräthe, find die hauptsächlichsten beantragten Veränderungen. Bei Durchlesung der lithographirten Abänderungsanträge wird fich zeigen, daß außerdem noch manche andere, im allgemeinen weniger wichtige Modifikationen, vorgeschlagen werden, deren Aufzählung jedoch nicht in die engen Schranken aufgenommen werden konnte, welche die Kommission dem gegenwärtigen Berichte hat setzen müssen.

Die Kommission hat die Ehre u. s. w.

Bern, den 19. Dezember 1849.

Namens der Kommission: BourgeoisîDojat, Präsident.

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Bericht der Kommission des schweizerischen Ständerathes, betreffend den Gesetzesentwurfs über die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft.

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