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Schweizerisches

ndesbïatt.

Jahrgang II. Band U.

Nro. 8O*

Samstag, den 29. Juni 1850.

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Verhandlungen der Bundesversammlung des National- und Ständerathes.

(Vom Monat April 1850.)

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Beriet der vom

Ständerathe niedergesetzten Kommission über die,, den revidirten Verfassungen der Kantone Zürich Und Thurgau zu ertheilende eidgenössische Bewährleistung.

Tit.

Der h. Bundesrath hat Ihnen unterm 6. April drei Verfassungsgesetze des Kantons Zürich vom 23. Oktober 1849, sowie die neue Staatsverfassung des Kantons Thurgau vom 9. November v. J., welche ihm von den Regierungen der betreffenden Stände zum Behufe der eidgenössischen Gewährleistung eingesandt worden find, mit seinem Gutachten über dieselben mitgetheilt, und Bundesblatt. Jahrg. II. Bd. II.

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216 Ihnen zugleich bestimmte Anträge über die Form, in welcher die Garantie ertheilt werden foll, vorgelegt.

Mit der Vorberathung dieser nicht unwichtigen Frage beauftragt, haben wir nicht ermangelt, von fämmtlichen uns zugegangenen Aktenstücken genaue Einficht zu nehmen, und geben uns nun, auf diefe Prüfung gestützt, die Chre, Ihnen Folgendes zu berichten:

I.

Die drei Verfassungsgesetze des Kantons Zürich sind am ' 18., beziehungsweise am 19. und 25. November v. I. vom Volke desselben in den Urverfammlungen mit 'großer Mehrheit angenommen worden. Das erste derfelben stellt eine neue Organisation des Regierungsrathes, Kirchenrathes und Erziehungsrathes auf; das zweite räumt den Gemeinden die freie und unmittelbare Wahl der Geistlichen und Lehrer ein; das dritte fetzt in den cidgenoffischen Volkszählungen die Grundlage fest, nach welcher die Stellvertretung des Volkes im Großen Rathe ausgemittelt werden foll. Schon diefe bloße Aufzählung, der Gegenstände, welche die drei Verfassungsgefetze beschlagen, wird Sie, ..Tit., davon überzeugen, daß dieselben in keiner nähern Beziehung zu den Vorschriften.

der Bundesverfassung stehen können, und wirklich haben wir in denselben durchaus nichts gefunden, was diesen zuwiderlaufen würde. In allen übrigen Theilen, welche durch jene drei Gefetze nicht betroffen werden, verbleibt die bisherige Staatsverfassung des Kantons Zürich in Kraft, und da diefe lange vor der Einführung der neuen Bundesverfassung die eidgenöfsifche Gewährleistung erhalten hat, so haben wir nicht zu unterfuchen, ob alle Bestimmungen derfelben, z. B. diejenigen über die Revision, mit den gegenwärtigen Bundesvorfchriften über*

217 einstimmen oder nicht. Wir können alfo unfern Bericht hinsichtlich der zürcherischen Verfassungsgesetze einfach dahin fchließen, daß wir Ihnen den vom Bundesrathe entworfenen Befchlussesantrag, durch welchen denfelben die bundesgemäße Garantie ertheilt wird, zur Annahme empfehlen.

II.

Die revidirte Staatsverfassung des Kantons T hurg au ist von der Mehrheit des souveränen Volkes angenommen worden, und kann jederzeit ganz oder theilweise revidirt werden; sie entspricht also unzweifelhaft den Vorfchriften des Art. 6, litt, b und c der Bundesverfassung. Mit Vergnügen haben wir überdieß bemerkt, daß von den allgemeinen Bestimmungen der Bundesverfassung viele beinahe wörtlich in die thurgauifche Verfassung aufgenommen worden sind, daß namentlich der im Kanton niedergelassene Schweizerbürger, welcher seit wenigstens einem Iahre daselbst einen festen Wohnsitz hat, stimmberechtigt und zu allen Staatsbeamtungen wählbar ist, und daß in allein Uebrigen, was nicht als Ausflug der Bundesverfassung erfcheint, wenigstens nichts, was in entschiedenem Widersprüche mit derselben stünde, gefunden werden kann. Der h. Bundesrath erhebt zwar einige Bedenken, namentlich über die unbedingte Fassung des §. 39, litt, h, nach welchem dem Großen Rathe die Verfügung über die bewaffnete Macht des Kantons zusteht; er befürchtet, es könnte aus dieser Redaktion gefolgert werden, daß der Große Rath auch kompetent sei zu entscheiden, ob eine von den Bundesbehorden geforderte Truppenstellung vollzogen werden solle oder nicht, und findet in derselben einigen Widerspruch mit der in der Bundesverfassung enthaltenen Zentralifation des

218 Militärwesens. Nach unserm Dasürhalten hat indessen jene Verfassungsbestimmung ihren guten Grund darin, daß eben auch nach der gegenwärtigen Bundesverfassung noch die Kantone in sehr vielen Fällen über ihre Xrnppen selbst zu verfügen berechtigt und im Falle fein werden, wie namentlich zu Herstellung der Ordnung in ihrem Innern, bei plötzlich drohender Gefahr von Außen, und auf'die erfolgende Mahnung eines Mitstandes (Art. 14 und 15 der Bundesverfassung), daß in allen diesen Fällen zugleich die einschlägigen Vorschriften der Bundesverfassung genau zu beachten find, daß namentlich auch der Kanton Thurgau einem von kompetenter Bundesbehörde erlassenen Truppenaufgebote oder andern militärifchen Verfügungen, zu denen das dermalen in Berathung liegende Bundesgefetz über die Militärorganifation die eidgenössischen Behörden ermächtigen wird, Folge zu leisten verpflichtet ist, ergibt sich nach unsrer Anficht von selbst daraus, daß er im Art. 1 seiner Verfassung sich als Bundesglied bekennt. Nach einer folchen allgemeinen Erklärung, aus welcher alle Verpflichtungen gegen den Bund von selbst folgen, fcheint uns ein befondrer Vorbehalt derselben bei jeder einzelnen Bestimmung einer Kantonsverfassung, die etwa zu zweifeln Anlaß geben könnte, überflüssig zu fein. Der Bundesrath findet ferner einigen Anstoß an dem Art. 52 der thurganifchen Verfassung, nach welchem der Regierungsrath zu außerordent. lichen Maßnahmen befugt ist, fo ferne die Zeitumstände solche nothwendig machen und Gefahr im Verzüge fein ..würde, unter Vorbehalt nachträglicher Genehmigung derfelben durch den Großen Rath. Es wird darüber bemerkt, daß, wenn folche Maßnahmen die Verhältnisse zum Auslande berühren würden, diefelben der Bundesbehörde zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt werden sollten. Nach

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unsrer Anficht iit es allerdings wünschenswerth, daß mit ·.pinficht ans auswärtige Beziehungen die Kantonsregierungen fich immer so viel als moglich mit dem Bundesrathe in's Einvernehmen setzen; indessen können wir weitere Verpflichtungen desselben, als die bereits in Art. 9 und 15 der Bundesverfassung enthaltenen nicht anerkennen und müssen jedenfalls auch hier wieder finden, daß fich die in diesen Bundesvorschriften enthaltenen Beschränkungen der Souveränetät für jeden Kanton von selbst verstehen, ohne daß sie in seine Verfassung noch besonders aufgenommen zu werden brauchen. Uebrigens ist die angefochtene Bestimmung des Art. 52 von der Art, daß fie fich eigentlich für jeden, nur einigermaßen noch selbstständigen Staat »on selbst versteht. Wenn die Verfügung über die bewaffnete Macht in der Regel nur der obersten Landesbehörde zustehen soll, welche nicht immer versammelt ist, so muß eben in der Zwischenzeit die Regierung zu Anordnungen in dringenden gällen befugt sein.

Wenn wir also mit dem h. Bundesrathe darüber einverstanden find, daß die etwas allgemein gehaltene gassnng der zwei beanstandeten Artikel nur in dem Sinne ausgelegt werden darf, daß dabei die Verpflichtungen gegen die Eidgenossenschaft und die in der Bnndesverfassung und in den Bundesgesetzen enthaltenen Beschränkungen der Kantonalsouveränetät immerhin vorbehalten bleiben, so finden wir doch, daß fich dieser Vorbehalt zu sehr von selbst verstehe, als daß es noch nöthig wäre, denselben in die Motive des Beschlusses aufzunehmen, durch welchen der Verfassung des Kantons Thurgau die eidgenosfische Gewährleistung ertheilt wird. Wir schlagen Ihnen daher vor, diese Garantie ohne weitere 33cdingung auszusprechen, und empfehlen Ihnen die Annahme

220 des bundesräthlichen Beschlussesantrages mit Weglassung seines zweiten Erwägungsgrundes.

Bern, den 17. April 1850.

Namens der Kommiffion, der Berichterstatter: B lu m er, Ständerath.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrathes.

(Vom 19. Juni 1850.)

Auf den Antrag des Militärdepartements wurden die Herren Albert Stooß in Bern und Charles Cofsy in Lausanne zu Sekretären im eidg. Stabe ernannt.

Auf den motivirten Vorjchlag des .Postdepartements für Vollziehung des Artikels 14 des Posttarengesetzes, betreffend Bezug einer erhöhten Geld- und Pakettare sür den Transport auf Alpenpässen wurde beschlossen : 1) gür den Posttransport aus den Alpenpässen des Splngen, Engadin, Bernhardin, ©otthardt und ©implon ist die schweizerische .Xransporttare von Geldern und Paketen mit erhöhetem Betrage sür die betreffende Gebirgsstrecke zn beziehen.

2j Es wird daher der von dem Abgangsbürean bis zum Postbureau der Bestimmung (oder Gränze) berechneten einfachen fchweizerifchen Taxe noch die Taxe der dritten Entfernungsstuse als Zuschlagsporto für die betreffende Gebirgsstraße hinzuberechnet, und zwar: a. über den Simplon, für die Straßenstrecke zwischen Bricg und Domo d'Ossola;

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Bericht der vom Ständerathe niedergesetzten Kommission über die, den revidirten Verfassungen der Kantone Zürich Und Thurgau zu ertheilende eidgenössische Gewährleistung.

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1850

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30

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29.06.1850

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215-220

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