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Schweizerisches Bundesbîatt mit schweizerischer Gesetzsammlung.

7l. Jahrgang.

Bern, den 18. Juni 1919.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Prêts 12 Franken im Jahr, 6 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr: 16 Rappen die Zeile oder deren Raum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli £ de. in Bern.

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zu 1041

Bericht der

Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichtes und des Eidg.

Versicherungsgerichtes im Jahre 1918.

(Vom 21. Mai 1919.)

Herr Präsident, Herren Ständeräte !

Die Geschäftsprüfungskommission beehrt sich, Ihnen über die Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrates des Bundesgerichtes und des Versicherungsgerichtes im Jahre 1918 Bericht zu erstatten. Wir werden die nachstehenden Bemerkungen in der Verhandlung des Rates über die Rechenschaftsberichte näher ausführen, begründen und ergänzen.

Soweit die Geschäftsführung des Bundesrates Massnahmen umfasst, die er getroffen hat kraft der Vollmachten, die ihm erteilt wurden durch den Bundesbeschluss vom 3. August 1914 zum Schutze des Landes und zur Wahrung der Neutralität, haben wir unsre Prüfung beschränkt auf die im Geschäftsbericht vom Bundesrat selbst aufgeführten Punkte, da die Vorprüfung der Berichte über die Handhabung der ausserordentlichen Vollmachten im übrigen Sache der Neutralitätskommission ist.

Geschäftsführung des Bundesrates.

Allgemeine Verwaltung.

Gesetzgebende Räte. Sechs Tagungen der Räte mit einer Gesamtdauer von 106 Tagen dürfen als ausserordentliche Beanspruchung der Vertreter notiert werden. Es ist die Frage, ob auf die Dauer die gute und gleichmässige Vertretung aller berechtigten Interessen unter solcher Geschäftslast nicht leiden wird.

Auch im Berichtsjahr war die Geschäftslast des Bundesrates gana ,ausserordentlich schwer.

Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

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546 Personelles. Wir schliessen uns den warmen Worten der Anerkennung und des Dankes für die dem Lande geleisteten treuen, langjährigen Dienste gegenüber dem auf Ende 1918 entlassenen B u n d e s k a n z l e r S c h a t z m a n n an.

Politisches Departement, Î. Abteilung für Auswärtiges.

Die Zeitumstände haben eine starke Arbeitslast auf dieses Departement gewälzt, und es ist die Vermehrung der Geschäftsstellen nötig geworden zum Studium der Fragen des internationalen Rechts, zum Studium sonstiger Rechtsfragen. Auch ist ein Pressbureau und ein Kurierbureau eingerichtet worden. Über den vom Departement vorbereiteten V ö l k e r b u n d s e n t w u r f und dessen Schicksal kann erst beim nächsten Geschäftsbericht oder bei anderer Gelegenheit Auskunft erwartet werden.

Delegation für Auswärtiges. Sie ist als ständige Institution gedacht, doch wird abzuwarten sein, ob sie sich bewährt, ob namentlich nicht die Befürchtung sich als gerechtfertigt erweist, dass dadurch die b e h ö r d l i c h e E i n h e i t des Bundesrates beeinträchtigt wird oder Schaden nimmt. Wer dem K a n z l e r der Eidgenossenschaft die Aufgabe eines Trägers der Tradition und der Kontinuität auch in Dingen der auswärtigen Politik des Landes zuweisen möchte, angesichts des mehr oder minder bei jedem System unvermeidlichen, verhältnismässig raschen Wechsels in der Person des Chefs des Politischen Departements, der wird nicht ohne Kritik davon Kenntnis nehmen, dass der Bundeskanzler den Sitzungen des Ausschusses nicht beiwohnt und dass das Protokoll von einem Beamten des Politischen Departements geführt wird !

Nicht Zersplitterung, sondern Konzentration muss die Parole sein, besonders bei den durch die Kriegsjahre geschaffenen Verhältnissen und im Hinblick auf deren Abbau.

Verträge. Man darf wohl annehmen, dass rechtzeitig alle Massnahmen getroffen werden für die Beschaffung aller nötigen Unterlagen zur Vorbereitung neuer Vertragsverhältnisse und dass alle interessierten Kreise des Bundes und geeignete Sachverständige dabei nicht zu spät zum Worte kommen.

Dasselbe gilt entsprechend für die B e z i e h u n g e n zu n e u g e g r ü n d e t e n S t a a t e n und in erhöhtem Masse für die hochwichtigen und brennenden Fragen der F l uss S c h i f f a h r t .

547 Der Bericht des Departements über die Anstände betreffend S i c h e r u n g von E r b s c h a f t e n im Ausland, über gewisse U r t e i l e von P r i s e n g e r i c h t e n kriegführender Staaten, über die A u s d e h n u n g des B e g r i f f e s ,,Feind" auf Neutrale bei der Handhabung der B l o c k a d e b e s t i m m u n g e n , und das System der " s c h w a r z e n L i s t e n " , über die S e q u e s t r i e rungen, Requisitionen, Konfiskationen, Zurückh a l t u n g v o n S e n d u n g e n u n d K o r r e s p o n d e n z e n etc., über d i e V e r l e t z u n g d e r R e g e l n d e s i n t e r n a t i o n a l e n R e c h t e s a u c h bei der B e s t e u e r u n g , über die g r u n d losen V e r h a f t u n g e n , die A u s w e i s u n g e n , den Zwang.

zum K r i e g s d i e n s t und ähnliche Massnamen der Kriegsparteien zum Schaden von S c h w e i z e r n im In- und Ausland ist naturgemäss mit Zurückhaltung und Vorsicht abgefasst und vermeidet die Nennung konkreter Beispiele auch da, wo solche notorisch sind. Wie ein Reif in der Frühlingsnacht müssen aber diese Mitteilungen fallen auf die gegen das Ende des Weltkrieges immer lebendiger und kräftiger in den weitesten Volkskreisen der ganzen Welt und besonders der Schweiz erwachte Sehnsucht der Aufrichtung und des Ausbaus des Völkerrechtes als einer heiligen, den Frieden gewährenden Rechtsordnung. Denn die Art, wie in der rauhen Wirklichkeit mit dem geschriebenen, alten internationalen Vertragsrecht unter Umständen umgesprungen worden ist, gibt zu schwerem Zweifel an die Heiligkeit und Wirksamkeit neuer Verträge dieser Art Anlass. Jedenfalls beweist der Bericht, dass es ausserordentlich wünschenswert ist, im kommenden Völkerrecht Garantien und Sanktionen für seine Normen zu schaffen.

Es darf allerdings auch nicht vergessen werden, in welcher Lage sich ein Volk befindet, das um seine Existenz ringt, und es muss anderseits seitens unsres Landes die Anerkennung den, Kriegführenden nicht versagt werden für das, was sie für die Ernährung und die Industrie in solcher Lage ihm beschafft haben.

Vertretung der Schweiz im Ausland. Der Bericht meldet eingehend die personellen Verhältnisse. Bei der neuen Ordnung der internationalen Dinge muss auch unsre Vertretung Gegenstand gründlicher Prüfung und Umgestaltung sein. Es rnuss Sorge getragen
werden für eine andre Schulung und Vorbereitung, das Erfordernis von Bildung und Erfahrung auf den Gebieten des wirtschaftlichen und geschäftlichen Lebens wird in erste Linie rücken bei der Ausbildung und Wahl der diplomatischen Vertreter.

Auch das Konsularwesen wird zu reformieren sein, die Frage der Berufskonsuln für wichtigere Plätze wenigstens, wird sich neu stellen. Jedenfalls muss das Verständnis für die hohe Wichtigkeit

548 einer richtigen Vertretung unsres Landes und seiner Geschäftswelt gepflegt und gehoben werden, damit auch die Bereitwilligkeit zur Gewährung der notwendigen Mittel besteht, die sich gewiss reichlich lohnen werden, selbst wenn sie in gross scheinende Summen gehen.

Abteilung fUr Vertretung fremder Interessen und Internierung.

Der Bericht verdient hohes Interesse. Ohne Selbstüberhebung darf gesagt werden, dass auf diesem Gebiete die Schweiz getan hat, was in ihren Kräften stand und dass sie, getreu ihrer internationalen Stellung und Aufgabe, mit gleicher Menschenliebe und gleichem Fleiss ihre Dienste beiden Kriegsparteien und ihren leidenden Angehörigen geleistet hat.

II. Innerpolitische Abteilung.

Einbürgerungswesen. Der Bundesrat hat auf dem Erfordernis vierjährigen statt zweijährigen Wohnsitzes für die Einbürgerung von seit Kriegsausbruch Eingewanderten beharrt, was mit dem Wortlaut des Gesetzes immer noch nicht vereinbar ist. Immerhin ist eine bald vorzulegende Gesetzesnovelle zu erwarten, die für die bundesrätliche Auffassung die erforderliche Sanktion schaffen soll.

Für eine später, bei gegebener Zeit, vorzulegende Reorganisation des ganzen Einbürgerungswesens sind die vorbereitenden Schritte unternommen.

Zu hoffen ist, dass nach Wiederkehr des Friedenszustandes es dem Bundesrat gelinge, die A n s t ä n d e b e t r e f f e n d S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t und W e h r p f l i c h t gemäss dem Vertragswillen der betreffenden Abkommen zu regeln, wo Schaden entstanden, Ersatz zu erhalten und endlich dafür zu sorgen, dass bei spätem internationalen Konflagrationen eine grössere Rechtssicherheit den schweizerischen Staatsangehörigen zur Seite steht.

Interkantonale Armenpflege. Der Berieht über die Vereinbarung betreffend die wohnörtliche Notunterstützung für die Kriegsdauer und derjenige über das Konkordat betreffend die wohnörtliche Unterstützung beweist neuerdings die Unvollkommenheit und Unsicherheit der Konkordatsform für die Schaffung von Normen, die gemeineidgenössische Geltung haben sollten.

Departement des Innern.

2. Gesetzgebung.

Die durch den Krieg geschaffene schwierige Lage hat die Ausführung des Bundesbeschlusses betreffend die Förderung der

549 angewandten Kunst sowie die Betätigung des Bundes an einer bessern Ausgestaltung der nationalen Erziehung verzögert.

Es ist wünschenswert, dass diese Geschäfte im Interesse des Unterrichts und der bürgerlichen Erziehung unsrer Jugend so schnell als möglich gefördert werden.

Unterstützung der öffentlichen Primarschule.

Sehr aufschlussreich ist die Tabelle im Departementsbericht über die Verwendung der Subventionssumme in den einzelnen Kantonen. Sie wurde vollständig ausgerichtet in einem Betrage von 2,357,528 Fr. 80.

Von dieser Summe wurden 1.252,592 Fr. 32 zur Aufbesserung von Lehrerbesoldungen sowie zur Erhöhung der Ruhegehalte verwendet. Der Rest wurde zweckmässig an verschiedene andere Gruppen mit erzieherisch-fürsorglicher Richtung sowie für den Bau und Umbau von Schulhäusern und Schuleinrichtungen verteilt.

1. Bundesarchiv.

Die historischen Arbeiten und Nachforschungen wurden allgemein, ganz besonders aber in Paris, durch den Krieg erschwert.

Wir hoffen indessen, dass nach Friedensschluss die Nachforschungen wieder eifrig aufgenommen werden können. Ja, es wäre wünschenswert, dass sie auf alle fremden Staaten, die für unsere Landesgesehichte ^wertvolle Aktenstücke besitzen, ausgedehnt würden.

2. Landesbibliothek.

Wir haben den Tod des Herrn Kommissionspräsidenten Prof.

Dr. Graf zu beklagen. Für die Landesbibliothek, deren eigentlicher Gründer und treibende Seele in ihrer ganzen Entwicklung ·er war, ist dies ein herber Verlust.

Die wichtige Frage der Raumnot wird noch geprüft.

Die Kommission hat sich nach erfolgtem Augenschein von der dringenden Notwendigkeit, der Bibliothek zu ihrer gegenwärtigen und zukunftigen Entwicklung die erforderlichen Räume zu sichern, überzeugen können. Der Katalogsaal tnuss von dem Zeitungs- und Zeitschriftensaal getrennt werden.

Das Ausleihbureau ist entschieden zu klein und entspricht den Anforderungen nicht mehr. Der Aufzug für die Beförderung von Büchern, Dokumenten usw. von einem Stockwerk zum ändern ist geradezu primitiv und beansprucht einen zu verschwenderischen Platz.

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Die finsteren und sehr engen Räume des Kellergeschosses sind für die Erhaltung der Schriften und des dort arbeitenden Bibliothekpersonals sicherlich nicht besonders geeignet.

Der Bücherzuwachs der Bibliothek ist erfreulich ; er übertrifft den des Vorjahres um ein Merkliches. Er beträgt im Jahre 1918 1739 Nummern mit 2170 Stücken mehr als im Jahre 1917.

Der Stillstand im Ausleihdienst und der starke Rückgang iu der Bücherbenützung ist eine Folge der Grippeepidemie.

3. Zentralbibliothek.

Diese Anstalt, die hauptsächlich für die Bundesverwaltung und die gesetzgebenden Räte bestimmt ist, besitzt eine gute Literatur über die wirtschaftlichen Fragen sowie Kommentare zu den Gesetzen und den Zivilgesetzbüchern der verschiedenen Staaten.

Die Bedeutung der Zentralbibliothek erzeigt sich aus ihrer immer wachsenden Inanspruchnahme. Die während der Kriegszeit 1918 ausgeliehenen Bände belaufen sich auf die aussergewöhnlich hohe Zahl von 24,784 oder 11,284 Bände mehr als im Vorjahre.

Sehr bedeutend ist auch die Zahl der in der Bibliothek angestellten Nachforschungen. Dagegen gestalteten sich die Nachforschungen über offizielle Veröffentlichungen zwischen der Schweiz und dem Auslande infolge des Weltkrieges sehr schwierig und äusserst langwierig.

4. Eidgenössische Technische Hochschule.

Es ist erfreulich, dass die Frequenz ganz merklich zunimmt.

Der Departementsbericht über die Tätigkeit der verschiedenen Abteilungen dieser bedeutsamen Schule ist vollständig und bis ins einzelne ausführlich. Die Schlussdiplomprüfung wurde durch den Militärdienst ziemlich erschwert. Es mussten daher für die Kandidaten der Schlussdiplomprüfung, die verhindert waren, an den ordentlichen Prüfungen teilzunehmen, Extraprüfungen abgehalten werden.

Eine gewisse Anzahl kriegsinternierter Studierender wurde ermächtigt, dem Unterricht unentgeltlich beizuwohnen.

Besonders hervorgehoben zu werden verdient die von der Aluminium-Industrie-Aktiengesellschaft Neuhausen der Eidgenössischen Technischen Hochschule zugewendete Stiftung einer Summe von 500,000 Fr. zur Förderung wissenschaftlicher Untersuchungen, auf dem Gebiete der augewandten Elektrizität, insbesondere der Elektrochemie und Elektrometallurgie, die für die schweizerische Volkswirtschaft Interesse bieten.

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Eine vom Schulrate eigens dafür bestellte Kommission wird, «ich im Einklänge mit den von der stiftenden Gesellschaft vorgeschriebenen Bedingungen und gemäss dem Reglement, mit dessen .Ausarbeitung der Schulrat betraut worden ist, mit der Organisation und Verwaltung dieser Stiftung beschäftigen.

Die Witwen- und Waisenkasse der Professoren erfreut sich ·einer günstigen Finanzlage. Die im Jahre 1918 dieser Wohltätigkeitsanstalt zugewandten Geschenke und Legate sind sehr zahlreich und bedeutend.

Die Bauarbeiten des Hauptgebäudes der Technischen Hochschule ·achreiten langsam vorwärts; wir hoffen, dass der Umschlag in .der politischen Lage es erlauben wird, die noch unvollendeten Arbeiten weiterzuführen und noch in diesem Jahre zu beendigen.

6. Schweizerisches Landesinusenm und Stiftung yon Efflnger-Wildegg.

An administrativen Arbeiten sind besonders die Beendigung des Inventars der Münzsammlung aus dem Kloster Rheinau hervorzuheben sowie die Revision der Jacob Amietschen Sammlung, -die sich früher im eidgenössischen Archiv befand.

Die schweizerischen Medaillen haben auch ihre Nomenklatur erhalten.

In den Werkstätten des Museums wird immer rege gearbeitet.

Der Abguss der romanischen Galluspforte am Münster in Basel ist heute zu Ende geführt; dies war eine langwierige Arbeit, mit der schon im Jahre 1914 begonnen wurde. Verschiedene Arbeiten mussten infolge der nur ungenügend gewährten Kredite und wegen Platzmangels eingeschränkt werden.

Wir wollen nicht unterlassen, allen denen, die das Landesmuseum mit bedeutenden Geschenken und Legaten edelmütig bedachten, unsern Dank auszusprechen. Die Vergrösserung des Museums ist eine dringende Notwendigkeit.

12. Unterstützung der Enlturbestrebungen von Vereinen und Privaten.

Der schweizerische Zentralverein- für das Blindenwesen verdient von allen entschieden die weitgehendste Unterstützung. Hervorzuheben ist die im verflossenen Jahre entfaltete grosse und wirksame Tätigkeit dieser wohltätigen Gesellschaft zur Besserung des Loses der Blinden.

Diese Gesellschaft verdient in der Tat tatkräftigste Unterstützung, damit sie sich auch weiterhin mit den Fragen der Alters-

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und Invalidenversicherung sowie mit der Errichtung von Erholungsund Ferienheimen beschäftigen Kann.

Die Kommission empfiehlt dem Volkswirtschaftsdepartement wohlwollende Berücksichtigung der Blinden im neuen Bundesgesetz betreffend die Berufslehre und Berufsbildung.

Wörterbücher der schweizerischen Mundarten.

Das Wörterbuch der schweizerisch-italienischen Mundarten hat infolge des Krieges und der Reduktion des Bundesbeitrages keine Fortschritte zu verzeichnen. Soll dieses Werk keine Verzögerung erleiden und weitergeführt werden, so ist es unumgänglich notwendig, den Beitrag den Zeitumständen entsprechend zu erhöhen.

Die Arbeiten der ändern Wörterbücher konnten trotz einiger Schwierigkeiten in befriedigender Weise weitergeführt werden.

Oberbauinspektorat.

Im Laufe des Jahres 1918 ist der bisherige Oberbauinspektor, Herr A. von Morlot, von 'seinem Posten zurückgetreten. Wir ergreifen die Gelegenheit, diesem tüchtigen und gewissenhaften Beamten für die langjährigen und erfolgreichen Dienste, die er dem.

Lande erwiesen hat, die vollste Anerkennung auszusprechen.

Organisation.

Die kantonalen Regierungen wurden in Kenntnis gesetzt, dass die Benützung der Wasserkräfte, und zwar die Projekte für die Errichtung von Wasserwerken, von Talsperren und Stauseen, überhaupt alles, was mit dieser Frage zusammenhängt, unter der Oberaufsicht der Wasserwirtschaft stehen.

Alpenstrassen.

Die Eröffnung einiger Alpenstrassen für den Postdienst und den Privatverkehr musste ungünstiger Witterungsverhältnisse halber hinausgeschoben werden.

Die Baudirektion des Kantons Bern ist sogar der Meinung, dass mit Rücksicht auf die ausserordentlichen Verhältnisse der Postdienst nicht vor dem 15. Juli aufgenommen werden sollte.

In der Tat lassen es die allezeit schwierig auszuführenden und kostspieligen Schneeräumungen ratsam erscheinen, den Postdienst nicht vor diesem Zeitpunkt zu eröffnen.

Die gleichen Bemerkungen, die im Departementsbericht über · die Grimsel-, Furka- und Oberalpstrasse stehen, gelten auch für

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die Gotthardstrasse, wo die Sehneeräumungsarbeiten nie ganz zu Ende geführt werden können. Der Unterhalt der Gotthardstrasse sowie die Schneeräumungen werden von den Kantonen Tessin und Uri besorgt. Der gute Zustand · dieser Strasse könnte nicht aufrechterhalten werden, wenn sie die Militärautos nicht sehr massvoll befahren.

C. Allgemeines Wasserbauwesen.

Der Departementsbericht ist sehr ausführlich. Die durch dea Krieg verursachten wirtschaftlichen Folgen haben die Ausführung verschiedener Arbeiten erschwert. Trotzdem konnten die bereits begonnenen Arbeiten ziemlich rasch und ohne Unterbrechung weitergeführt werden.

Wir müssen die Aufmerksamkeit des Departementes darauf hinlenken, dass in den letzten Jahren, bei starken Regengüssen, sich die Überschwemmung des untern Teiles der Ebene von Magadino immer wiederholt und an landwirtschaftlichen Produkten nicht unbedeutenden Schaden verursacht.

Diese Erscheinung ist offenbar auf "den ungenügenden Abfluss des Sees bei Sesto-Calende zurückzuführen. Es scheint, dass ia dieser Gegend Arbeiten ausgeführt worden sind, die den freien und regelmässigen Abfluss des Wassers verhindern.

Der Bundesrat ist durch die Regierung des Kantons Tessin bereits darauf aufmerksam gemacht und gebeten worden, die Angelegenheit aufzuklären und die nötigen Massnahmen zur Verhütung dieser periodischen, die Landwirtschaft schwer schädigenden Überschwemmungen zu treffen.

HI. Baudirektion.

Im Jahre 1918 fanden unter dem technischen und dem Kanzleipersonal zahlreiche Beförderungen statt.

Infolge des Krieges konnten die Gebäude nicht in wünschbarer Weise unterhalten werden. Eine grössere Anzahl hat infolge militärischer Benutzung stark gelitten und muss wieder in guten Zustand gebracht werden.

Unter den Bauten, die am dringendsten eine Innenreparatu'r benötigen, erwähnen wir das Museum Vela in Ligornetto. Diese herrliche Besitzung des ber Uhm tea Bildhauers Vincenzo Vela, die unvergleichliche Schätze von Skulpturen und Malereien enthält^ kam durch ein Vermächtnis vom. 23. Juli 1895 des Sohnes Spartakus Vela, ebenfalls Kunstmaler, in den Besitz der Eidgenossenschaft.

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Die Familie Vela ist eine ruhmvolle Zierde der Schweiz, und die Eidgenossenschaft schenkte mit Recht diesem Museum ihre ganze Aufmerksamkeit. Heute ist die Restauration des Gebäudes vollendet. Die Aufstellung der zahlreichen Statuen und Bilderweike ist von sachkundiger Hand ausgeführt worden. Das Museum Vela befindet sich jetzt in völliger Ordnung, so dass die Besucher in den Räumen ungehindert zirkulieren können.

Wir zweifeln nicht, dass eine ausgedehntere Reklame in der Schweiz und im Auslande die Besucherzahl erheblich zu steigern «nd sogar noch einen gewissen Ertrag abzuwerfen vermöchte.

IV. Inspektion für Porstwesen, Jagd und Fischerei.

Die kriegführenden Nachbarstaaten, vor allem Italien, haben an unsere Waldungen, die die verschiedensten Holzarten zu liefern hatten, hohe Anforderungen gestellt.

Die Holznutzungen in den Staats- und Privatwaldungen waren im letzten Jahre sehr bedeutend, und der Holzhandel im allgemeinen blühte.

Der Kohlenmangel hat unsere Eisenbahnen zur Einführung der Holzfeuerung gezwungen.

Die Holzverwertung zu Heizungszwecken muss den Bedürfnissen unsrer Bevölkerung entsprechend rationeller gestaltet werden.

Der Bundesratsbeschluss vom 23. Februar 1917 betreffend die Überwachung der Holznutzung in den privaten Nichtschutzwaldungen, der nur vorübergehend auf Grund der Vollmachten gefasst worden ist, hat seine gute Wirkung nicht verfehlt. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser Beschluss im loteresse unsrer Industriell und für die Bedürfnisse des Landes noch eine Zeitlang in Kraft bestehen sollte.

In einigen Kantonen, besonders im Tessin, harrt seit langem eine wichtige Frage der Lösung, welche es verdient, ernstlich geprüft zu werden. Es ist die Frage des freien Weidganges der Ziegen. Die durch diese fortwährend in den Wäldern herumstreifenden Tiere verursachten verheerungsvollen Schäden sind besonders in den Gebirgsdörfern unberechenbar und gefährden die regelmässige Entwicklung der jungen Bäume in hohem Masse.

öfters ist dieser freie Weidgang der Ziegen auch die Ursache von Hader und Streit zwischen den Ziegenbesitzern und den Landwirten und Waldeigentümern. Zur endgültigen Erledigung dieser Frage sollte das Departement in Erwägung ziehen, ob es nicht angezeigt wäre, den in Art. 42, Ziff. 3, des Forstgesetzes vom Jahre 1902 vorgesehenen Bundesbeitrag derart auszudehnen, dass

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Für jene Kantone, deren Staatswaldungen im Hochgebirge gelegen sind, sollte auch die Frage der Beitragsleistung an den Waldwegbau neu geprüft werden. Diese entspricht den hohen Auslagen und grossen Schwierigkeiten für die Weganlagen keineswegs. Die auf 20 °/o festgesetzte Subvention sollte für den Waldwegbau im Hochgebirge mindestens auf 30 °/o erhöht werden.

Die Erhebungen über den Ertrag der Holzschläge werden von der Zentralstelle für das forstliche Versuchswesen in Zürich -ausgeführt und sind heute auf die Kantone der deutschen und französischen Schweiz beschränkt. Der Tessin besitzt bis jetzt noch keine auf solider wissenschaftlicher Grundlage gemachten Erhebungen über die Ergiebigkeit seiner Waldungen.

Im Interesse des Landes ist es wünschenswert, diese Erhebungen auf alle Kantone auszudehnen.

B. Jagd und Vogelschutz.

Das Jagdverbot wurde im Jahre 1918 in den Grenzgebieten -aufrechterhalten.

Das Departement des Innern hat das Gesuch der Tessiner Regierung um Erteilung der Bewilligung, für die Vogelhäuser in der grossen Gartenanlage der Stadt Lugano mit Fangnetzen Vögel . «inzufangen, abschlägig beschieden. Diese hübschen und grossen Vogelhäuser sind übrigens eine Zierde der Anlagen und fanden -allezeit den Beifall der Fremden.

Zudem werden die Vögel dort sorgfältig verpflegt, so dass uns die abschlägige Antwort des Departements nicht gerechtfertigt scheint.

Die laut Geschäftsbericht stark angewachsene Zahl der im .Kanton Tessin beschlagnahmten verbotenen Vogelfanggeräte ist ·sicherlich betrübend. Diese Zunahme ist gewiss eine Folge des Jagdverbotes und der durch Arbeitslosigkeit noch gesteigerten Schwierigkeiten in der Lebensmittelversorgung.

Es muss aber hervorgehoben werden, dass der grösste Teil der Vogelfanggeräte im Grenzgebiete beschlagnahmt wurde, wo eine Unterdrückung des Jagdfrevels sich natürlich schwieriger gestaltet. Indessen würde eine Erhöhung der Prämien sicherlich -sehr wirksam sein und die Wachsamkeit verschärfen.

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C. Fischerei.

Trotz des Verbotes der Ausfuhr von Fischereigerät und der Einschränkung gewisser Gesetzesbestimmungen war der Fischfang, der hohen Fischpreise ungeachtet, ergiebig. Die Fische bildeten für unser Land während der trüben Kriegszeit ein wertvolles Nahrungsmittel.

Die italienisch-schweizerische Übereinkunft betreffend die Fischerei und namentlich die Ausführungsbestimmungen dazu werden von den Bewohnern einiger italienischer Uferortschaften nicht immer genau befolgt, was bei der beteiligten tessinischen Bevölkerung gerechten Unwillen hervorruft. Die Revision dieser Übereinkunft und der Ausführungsbestimmungen sollte gelegentlich in Erwägung gezogen werden, um unsere Beziehungen zu Italien mit Bezug auf die Fischerei besser zu o^srestalten.

V. Wasserwirtschaft.

Im Personalbestand dieser Abteilung ist im Verlauf des Berichtsjahrs ein grosser Wechsel vorgekommen. Der Departementsbericht gibt sehr ausführlich Aufschluss über das ganze der Abteilung für Wasserwirtschaft zugeteilte Arbeitsgebiet.

Am 1. Januar 1918 trat das Bundesgesetz betreffend die Nutzbarmachung der Wasserkräfte in Kraft.

Seine Anwendung ist für unsere Staatswirtschaft und besonders für die industrielle Zukunft der Schweiz von grosser Bedeutung. Damit aber das Gesetz und seine, Ausführungsbestimmungen ihre Wirkung nicht verfehlen, müssen sie mit den Bestimmungen der kantonalen Behörden im Einklang sein.

Die Geschäftsprüfungskommission ist der Ansieht, dass jede Wasserkraftskonzession einem einheitlichen Nutzungsplane eingeordnet und zugleich mit der Regulierung der Seen in Beziehung gebracht werden sollte.

Dasselbe gilt auch von den Projekten für Kraftwerke.

Die Regulierungsarbeiten der Seen sollten soviel als möglich gefördert und unterstützt werden.

Jetzt, da der Krieg glücklicherweise beendigt ist, scheint uns der Zeitpunkt für gekommen, die schon seit langem beabsichtigten Unterhandlungen betreffend die Regulierung des Luganersees mit Italien entschlossen wieder aufzunehmen. Der Bundesrat hat dieses wichtige Problem, das unstreitig mit dem der Flussschiffahrt in engem Zusammenhang steht, immer mit Wohlwollen geprüft.

Zum Wohle des Landes müssen heute die Unterhandlungen mit der italienischen Regierung unverzüglich wieder aufgenommen werden.

557 Die Regulierung des Luganersees wird übrigens von der Uferbevölkerung dringend gefordert, damit sie vor den Schädigungen und Gefahren vor Überschwemmungen geschützt wird.

Das Problem der Flusssehiffahrt ist brennend. Die Abteilung für Wasserwirtschaft ist emsig an der Arbeit, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, der bezweckt, die Schaffung von Wasserstrassen zu fördern. Wir halten den Zeitpunkt ebenfalls für gekommen, in Italien nachdrücklich vorstellig zu werden, dass die Frage der Schiffahrt vom Langensee durch den Po nach dem adriatischen Meer neuerdings und ernsthaft geprüft werde.

Alle ausführbaren Wasserstrassen werden dem Handel unsres Landes von unberechenbarem Vorteil sein.

Justiz- und Polizeidepartement, I. Justizabteilung.

A. Bimdesgesetzgelnmg.

VI. Eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinargerichtsbarkeit. Aus den in dieser Sache vorliegenden Berichten und Gutachten (des Justizdepartements, des Bundesgerichts, des Herrn Bundesrichter Dr. Jäger, des Herrn Professor Dr. Fleiner) ergibt sich, dass über die wesentlichen materiellen und organisatorischen ·Grundlagen einer zweckmässigen gesetzgeberischen Lösung an den massgebenden Stellen noch sehr verschiedene Auffassungen obwalten.

Ohne zu der Frage schon hier endgültig Stellung zu nehmen, scheint es der Kommission im Interesse der Vereinfachung der Organisation wünschenswert, dass die im Gutachten des Bundesgerichts vertretene Idee einer Vereinigung des Verwaltungsgerichts mit der staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts zu einem einheitlichen Gerichtshof für öffentliches Recht nicht aufgegeben werde.

XI. Die Revision des Gebührentarifs zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs ist dringlich.

XII. Handelsregister. Die Kommission begrüsst den Brlass der revidierten Verordnung II vom 16. Dezember 1918 mit den verschärften Bestimmungen über nationale und territoriale Bezeichnungen.

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C. Anwendung von Gesetzen und Verordnungen.

III. Handelsregister.

Die Bestimmungen der revidierten Verordnung II betreffend die nationalen oder territorialen Bezeichnungen in einer Firma haben zahlreichen bezüglichen Gesuchen gerufen. Von 304 Gesuchen im Jahre 1918 wurden 207, von 137 Gesuchen bis 1. Mai 1919 wurden 71 bewilligt. Die Praxis der Handelsregisterbehörden bezüglich der nationalen Bezeichnungen (,,schweizerisch" etc.) geht dahin, dass der Zusatz nur dann bewilligt wird, wenn die neue Unternehmung im Interesse der schweizerischen Volkswirtschaft arbeitet und gleichzeitig nach dem beteiligten Kapital und den leitenden Personen als schweizerisches Unternehmen betrachte^ werden muss.

Der neue Gebührentarif mit seinen wesentlich erhöhten Ansätzen und der Verschiebung der Repartition zwischen Bund und Kantonen (früher entfielen auf den Kanton */B, jetzt noch lk der Gebühren) hat dem Bund eine erhebliche Mehreinnahme gebracht (von rund Fr. 25,000 pro 1917 auf rund Fr. 235,000 pro 1918).

Hinsichtlich der Statistik der Eintragungen gibt einerseits die Rubrik ,,Bevollmächtigungen" Anlass zu einer Bemerkung: Die Zahl dieser Eintragungen ist von 3151 pro 1917 auf 7923 pro 1918 hinaufgeschnellt; anderseits ist auffällig, dass die Zahl der Löschungen infolge Konkurses mit 216 erheblich tiefer steht als der Durchschnitt der vorhergehenden zehn Jahre (438). Die Nummern der Korrespondenzkontrolle sind erheblich gestiegen (von 3431 pro 1917 auf 5267 pro 1918). Die Geschäftslast im ganzen ist in ständiger Zunahme begriffen und es fragt sich, ob der knappe Personalbestand zu ihrer Bewältigung noch ausreicht.

VI. Viehverpfändung.

Die Zahl der Verschreibungen ist vom 1. Januar 1918 bis 1. Januar 1919 von 11,833 auf 8368 zurückgegangen.

F. Verschiedenes.

/. Rechtshülfe zwischen den Kantonen. Es wäre wünschenswert, dass durch Gegenrechtserklärungen zwischen allen Kantonendem Grundsatz der Kostenlosigkeit armenrechtlicher Rechtshülfe zur allgemeinen Geltung verhelfen würde.

II. Grundbuchamt.

A. Allgemeines.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung davon Kenntnis., dass der Entwurf der neuen eidgenössischen Vermessungsinstruk«

559 tion die notwendigen Erleichterungen vorsieht und dass diese Vereinfachungen gemäss Beschluss vom 5. Juli 1918 bei allen in Ausführung begriffenen Vermessungen sofort Anwendung finden sollen.

III. Polizeiabteilung.

B. Übereinkünfte.

Nachdem Frankreich den Niederlassungsvertrag mit der Schweiz, die Schweiz im Frühjahr 1919 ihrerseits die Niederlassungsverträge mit Deutschland und Italien gekündigt hat und eine Neuordnung der Verhältnisse mit Österreich-Ungarn mit Rücksicht auf die staatsrechtliche Umgestaltung auf dem Gebiete der alten Donaumonarchie unvermeidbar erscheint, ist die Revision des Niederlassungswesens mit allen Nachbarstaaten, eine der nächsten und wichtigsten Aufgaben des Bundes.

C. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

Die Zahl der Auslieferungsgesuche des Auslandes an dieSchweiz ist stets noch eine ausserordentlich geringe (25 Fällepro 1918 gegen 880 Fälle pro 1913).

E. Frenulenpolizei. Heinischaffungen.

Ì6 und 47. Deserteure, Grenzpolizei. Es ist eine unerfreuliche Tatsache, dass fremde Deserteure .und andere unerwünschte Elemente nicht in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können, während tausende von kriegsentlassenen Ausländern, die ihre Familien in der Schweiz haben, und zum Teil auch sonst mit ihr eng verwachsen sind, an der Grenze vergeblieh auf Einlass harren. Eine systematische Absperrung der Schweiz gegenüber diesen letzteren wäre weder zweckmässig noch gerecht.

. Die Abteilung für Fremdenpolizei war bis vor kurzem in einem Zustand bedenklicher Unordnung und Vernachlässigung.

Die seither in Aussicht genommene und grossenteils bereits durchgeführte Reorganisation der Abteilung war dringend notwendig.

Die Installation der reorganisierten Abteilung im Gebäude des ehemaligen Werkbundes hat dem Raummangel abgeholfen und'erlaubte eine zwekmässige Unterbringung der verschiedenen Dienstzweige. Die neue Leitung bemüht sich mit Erfolg, der aufgelaufenen Rückstände Herr zu werden, ohne die laufenden Geschäfte zu vernachlässigen.

Die ganze hochwichtige Materie bedarf der besondern Aufmerksamkeit des Bundesrates. Da es sich in der Hauptsache um Eriegsmassnahmen handelt, kann die nähere Erörterung der Be^ handlung der Neutralitätsberichte vorbehalten bleiben.

560 18. Heimschaffnngen. Hier fällt der ausserordentlich schleppende Geschäftsgang im Verkehr mit Italien auf. 24 Fälle, die nach Ansicht unserer Behörden durchaus klarliegen, harren seit mehreren Monaten, ja zum Teil sogar seit Jahren, der Erledigung.

Hier muss mit Entschiedenheit eine raschere Behandlung solcher Fälle verlangt werden.

F. Tollziehung von Strafurteilen.

Der Umstand, dass die Einreichung eines Begnadigungsgesuchs keine aufschiebende Wirkung hat, lässt der Möglichkeit Raum, dass ein Strafurteil vollstreckt wird, bevor die Bundesversammlung über die Begnadigung beschliessen konnte. Das Departement erklärt, dass es auf Grund der bestehenden Gesetzgebung .diesem theoretisch unbefriedigenden Zustande nicht abzuhelfen vermöge, dass aber praktische Unzukömmlichkeiten sich bis anhin daraus nicht ergeben haben.

Die Kommission ist ebenfalls der Ansicht, dass man es wohl der vernünftigen Anordnung der mit dem Strafvollzug betrauten Behörden überlassen dürfe, dafür besorgt zu sein, dass gegenüber einem Verurteilten, der um Begnadigung nachgesucht hat, die Vollstreckung aufgeschoben wird, falls nicht offensichtlich das Begnadigungsgesuch zum Zwecke der Verschleppung eingereicht Avurde.

In den Fällen einer Verurteilung durch das Bundesstrafgericht oder durch die kantonalen Gerichte infolge Delegation steht die Vollstreckungsverfügung ohnedies bei der Polizeiabteilung des Justizdepartements. Eine gesetzgeberische Änderung herbeizuführen, scheint ·angesichts dieser Verhältnisse nicht notwendig.

IV. Bundesanwaltschaft.

Durch Kreisschreiben vom 9. August 1918 (im Geschäftsbericht nicht erwähnt) hat der Bundesrat die Kantonsregierungen auf die Unzulässigkeit der Vornahme von Amtshandlungen auf Schweizergebiet durch fremde Agenten oder Beamte in Strafsachen aufmerksam gemacht.

Das Kreisschreiben wurde veranlasst durch das Vorgehen französischer Polizeibeamter, welche mit Zustimmung und teilweise unter Mitwirkung kantonaler Polizeiorgane in der Schweiz Untersuchungshandlungen in politischen Strafsachen, die in Frankreich hängig waren, vornahmen.

Der Bundesrat .hat in dem erwähnten Kreisschreiben in Erinnerung gebracht, dass der einzig zulässige Weg, Beweiserhebungen

561 für ausländische Strafprozesse in der Schweiz vorzunehmen, derjenige der Rechtshülfe durch die kompetenten schweizerischen Behörden ist. Ein Anspruch fremder Staaten auf Rechtshülfe besteht nur in den staatsvertraglich vorgesehenen Fällen. Dabei haben die schweizerischen Behörden stets an dem durch die Auslieferungsverträge bestätigten Grundsatze festgehalten, dass eine Rechtshülfe in p o l i t i s c h e n P r o z e s s e n des Auslandes ausgeschlossen ist, es sei denn, es handle sich um die Erhebung von Entlastungsbeweisen zugunsten des Angeklagten.

Die Vornahme von Beweiserhebungen durch ausländische Beamte, Konsuln oder Agenten ist auch dann unzulässig und nicht .zu dulden, wenn die Untersuchungshandlung im Einverständnis ·der beteiligten, in der Schweiz wohnhaften Personen vorgenommen wird; denn es handelt sich um die Wahrung des öffentlich-rechtJichen Grundsatzes der Gebietshoheit.

Die Kommission nimmt zustimmend Akt von dieser Auffassung^ ·und Anordnung des Bundesrates.

Das Arbeitspensum des Militärdepartementes hatte sich bis zum 11. Dezember 1918, dem Zeitpunkt der Entlassung des Generals, ^im alles, was die Mobilisation und den Aktivdienst betrifft, ver-mindert.

.

Seine auf diese Weise beschränkte Geschäftstätigkeit umfasste : 1. die Verwaltung und Rekrutierung; 2. den Unterricht; 3. die Dienstabteilungen und Dienstzweige; 4. die Militär Werkstätten.

Der Geschäftsbericht spricht sich weder über die Rekrutierung noch über den Unterricht oder über die Organisation der Fliegertruppen aus.

Dies ist, wie es scheint, dem Umstände zuzuschreiben, dass das Flugwesen noch nicht endgültig organisiert werden konnte, und -dass in dieser Beziehung noch nichts Entscheidenes beschlossen wurde.

Es wäre indessen lehrreich gewesen, über die erzielten ernstlichen Fortschritte unterrichtet zu werden, die für das Jahr 1919 die Ausarbeitung eines Organisations- und Unterrichtsplanes ermöglichten. Zwar ist er nur provisorisch, scheint aber doch dea Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

37

562

Bedürfnissen der Armee und den Wünschen der Zivilbevölkerungzu genügen.

Die Fliegergruppe besteht aus fünf Geschwadern zu je 10 Flugmaschinen und aus 20 Ersatzapparaten.

Sie steht unter dem Befehl des Generalstabes.

Voriges Jahr wurde der Bundesrat eingeladen, zu prüfen, welche Sparmassnahmen im Militärwesen getroffen werden könnten.

Seither haben sich die Verhältnisse geändert. Der Krieg ist beendigt. Mit der Gründung des Völkerbundes, zu dessen Beitritt die Schweiz eingeladen ist, hat eine neue Zeit begonnen, die eine allgemeine Abrüstung erhoffen lässt.

Andrerseits erwartet das Schweizervolk eine Verminderung der Militärausgaben.

Hierzu ist aber die Revision der Militärorganisation unvermeidlich. Wir werden aber dabei mit äusserster Besonnenheit handeln müssen.

Eine solch umfangreiche Arbeit wird ohne Zweifel einen beträchtlichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Es ist indessen von Wichtigkeit, das Werk sowohl in Hinsicht auf die Anpassung der Armee an die neuen Bedürfnisse als auch mit Rücksicht auf unsere Finanzen sobald als möglich durchzuführen.

Deshalb glaubt denn auch die Kommission, den Bundesriü jetzt schon einladen zu sollen, die Frage der Abänderung unsrer Militärorganisation zu prüfen.

Selbstverständlich müssen wir uns in der Zwischenzeit an ein Übergangsprogramm halten, das jeder Entwicklungsfähigkeit für* die Zukunft freien Spielraum gewährt.

Nach Beendigung des Krieges fühlen wir uns verpflichtet, dur Armee im Namen des Landes für die treue Grenzwacht sowie für die Aufrechthaltung der innern Ruhe und Ordnung unter schwierigen Verhältnissen die vollste Anerkennung auszusprechen.

I. Verwaltung und Rekrutierung.

I. Allgemeines.

Der Bundesrat bat 59 Beschlüsse, das Departement 43 Verfügungen oder Verordnungen, also im ganzen 101 Erlasse, herausgegeben.

Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Ergänzung der Heeresorganisation, auf die Truppenausrüstung, auf die Besserstellung des Wehrmannes im Aktivdienste. Sie sind gerechtfertigt durch die Notwendigkeit, das Heer in Kriegsbereitschaft zu halten, und durch die 'Verteuerung des Lebensunterhalts.

563 Wir erwähnen noch den Bundesratsbeschluss über den neuen Stahlhelm, dessen Einführung unumgänglich war. Bekanntlich hat sein Modell eine lebhafte und bemerkenswerte Beurteilung hervorgerufen. Der Stahlhelm steht dem mutvollen Kopfe unseres Wehrmannes gut an, weshalb er gerne damit fürlieb genommen hat.

II. Personelles.

Bis Ende 1918 unterstanden sämtliche Sektionen der Generalstabsabteilung dem Armeestab, mit Ausnahme der Sektion für Territorialdienst.

Der General wurde am 11. Dezember verabschiedet.

Die damalige Lage erlaubte es indessen nicht, gleichzeitig den ganzen Armeestab zu entlassen, weil die hängenden Geschäfte noch erledigt und ausserdem Truppen für den Grenzschutz wie für die Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes im Dienste zurückgehalten werden mussten.

*b Dagegen war man darauf bedacht, den Armeestab aufzulösen.

So wurde am 24. Dezember eine Verordnung über die teilweise Entlassung des Armeestabes erlassen, der eine Verordnung ähnlichen Inhalts vom 4. Januar 1919 folgte.

Die Notwendigkeit, die Sektionschefs bis zum 1. Januar im Aktivdienste zu behalten, war dadurch begründet, dass der Armeestab nur nach und nach entlassen werden konnte.

II. Unterricht.

1. Forunterricht.

Das Departement verwendet auf das Turnwesen und den militärischen Vorunterricht besondere Sorgfalt.

Wir begrüssen diese Beflissenheit, wiewohl der Erfolg den Anstrengungen noch nicht entspricht.

Wir müssen unsrer Jungmannschaft jeden möglichen Unterjicht ausserhalb der Kaserne erteilen und für diese nur vorbehalten, was sich sonst nicht erlernen lässt. Bei richtiger Würdigung der aus dem Kriege und aus dem Generalstreik zu ziehenden Lehren wird das Arbeitsprogramm der Rekrutenschulen hinreichend belastet sein und an Bedeutung gewinnen.

Wie sehr der Umkreis, die Familie und der Kanton die Eigenart unserer Wehrmänner beeinflussen, haben wir bei den letzten Unruhen beobachten können. Diesen Einflüssen muss in erhöhtem Masse Rechnung getragen werden.

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Die Aufnahme des Eislaufes und des Skifahrens in das Übungsprogramm verschiedener Vereinskurse auf Kosten des Bundes ist eine wertvolle Neuerung. Namentlich die Förderung des Skisports ist für den Militärdienst von grossem Nutzen. Dieser Sport stählt die Körperkraft, fördert die Geistesgegenwart und macht den Mann mit dem Begehen des Hochgebirges und dem dortigen Aufenthalte vertraut. Die Schneeschuhläufer sind für die Verteidigung unserer Gebirgsgegenden im Winter sehr nützlich.

Andrerseits ersetzt der Skisport das Turnen in unsern höhern Alpentälern, wo es infolge der besondern Lebensverhältnisse der Bergbewohner wenig gepflegt wird. Die Unterstützung des Eislaufes, dieses Vergnügungssports begüterter Klassen, scheint uns weniger angebracht zu sein.

Die Bestände der Kadettenkorps nehmen fortgesetzt ab. Wir bedauern es, denn diese Unterrichtsanstalten bereiten die Teilnehmer in hervorragender Weise auf den Militärdienst vor.

Der Rückgang ist auf das allzu militärische Programm der Kadettenkorps zurückzuführen. Es sollte den herrschenden Anschauungen besser angepasst und vor allem durch Einführung deibei der Jugend gegenwärtig so beliebten Sportspiele ergänzt werden. Das Militärdepartement sollte seinen Einfluss in diesem Sinne geltend machen.

2. Rekruten- und Kaderschulen.

Mit Bezug auf die Rekrutenschulen enthält der Geschäftsbericht vornehmlich statistische Angaben.

Diesen entnehmen wir unter anderm, dass sich das Instruktionskorps Ende 1918 wie folgt zusammensetzte: Infanterie J15 Instruktoren Kavallerie 17 ,, Artillerie 38 ,, Genie 13 ,, Festungstruppen . . . .

7 ,, Sanitätstruppen . . . . 15 ,, Verpflegungstruppen . . .

6 ,, 211 Instruktoren, denen 46 Instruktoren mit reduzierter Verwendung zuzuzählen sind.

Das macht mehr als 20 °/o, uusres Erachtens eine hohe Zahl.

Andrerseits zählt der Bestand 7 Instruktoren der Infanterie, 6 ,, ,, Artillerie, l Instruktor des Genie, also zusammen 14 Instruktoren weniger als im Voranschlag für 1918 vorgesehen waren.

565

Dagegen gibt uns der Geschäftsbericht über das Programm der Rekrutenschulen und die Wirksamkeit des Instruktionspersonals keinerlei Auskunft, was unter den jetzigen Umständen wissenswert gewesen wäre.

Der Bericht der Kommission zur Untersuchung der Armeesanität gibt uns in dieser Hinsicht einige Aufklärungen.

Der von der Kommission einvernommene Oberstkorpskommaudant Wildbolz äussert sich unter anderm wie folgt: ,,Endlich traten Folgen zutage des f a l s c h e n T o n e s in u n s e r e m I n s t r u k t i o n s k o r p s : Ewige Besserwisserei und Schulmeistere!, Verkennung unserer Leute, Mangel an Geschick sich alles und alle dienstbar zu machen, Neigung zu Nörgelei und Zank, kleinliches knorziges Wesen."

Wir entnehmen dem Kommissionsberichte noch folgende Stelle über wenig erbauliche Vorkommnisse in einer Kavallerierekrutenschule : ,,Bezüglich der unwürdigen Behandlung sind eine Reihe von sehr gemeinen Anrufen seitens eines Offiziers nicht nur behauptet, sondern teilweise zugegeben worden. Es seien auch Rippenstösse, Stupfen, gelegentlich auch Schläge mit der Säbelscheide vorgekommen."

Ein Zeuge, der als Rekrut die Schule mitgemacht hat, erklärte bei der Abhörung: ,,Wir waren meistens Bauernsöhne und voll Freude in die Schule eingerückt, nach Beendigung derselben waren 99 Prozent von uns Antimilitaristen.u Diese AuszUge bedürfen keiner weitern Erläuterungen. Es ist dringend notwendig, die schweren Übelstände zu beseitigen.

Auch sie drängen auf eine baldige Revision unsrer Militärorganisation.

Unsres Erachtens sollten vorläufig keine Instruktoren mehr, zumal keine neuen, dauernd angestellt werden.

IV. Freiwilliges Hülfswesen.

Das schweizerische Rote Kreuz zählte auf Ende 1917 41,789 Mitglieder, und der schweizerische Samariterbund wies auf denselben .Zeitpunkt 16,073 Mitglieder auf.

Während der Grippeepidemie sind die Rotkreuzkolonnen häufig zum Dienst in Krankenhäusern und Notspitälern zugezogen worden. Alle verfügbaren Angehörigen der Rotkreuzdetachemente sind zur Pflege von Grippekranken militärisch aufgeboten worden.

566 Dieses Pflegepersonal musste durch zahlreiche Samariterinnen ergänzt werden.

Wir wissen nicht, was für ErfahruDgen über die Verwendbarkeit dieser Hdlfskräfte beim Sanitätsdienst der Armee gemacht worden sind.

Sicher ist, dass das Rote Kreuz und der Samariterbund der Armee in schwieriger Zeit aufopfernde Dienste geleistet haben, wofür wir ihnen hiermit den Dank des Vaterlandes aussprechen.

3. Dienstabteilungen und Dienstzweige.

1. Landesbefestigungen.

Die Notbefestigungen sind im Verschwinden begriffen. Die in Betracht kommenden Grundstücke werden zur Bebauung freigegeben und das Material verkauft werden.

Wie steht es mit den ständigen Befestigungen?

Noch ist es zu früh, diese Frage zu lösen.

Sie wird gleichzeitig mit der Revision der Militärorganisation zu prüfen sein.

II. Abteilung für Sanität.

2, MiUtärverSicherung.

Die Militärversicherung hat zu zahlreichen Klagen Anlass gegeben, die in den Ratssälen des Landes ihr Echo gefunden haben.

Man beklagt sich über zweierlei: 1. über ungenügende Entschädigungen; 2. über Langwierigkeiten in der Erledigung der Versicherungsfälle.

Der Geschäftsbericht des Versicherungsgerichts befasst sich eingehend mit den zahlreich einlangenden Militärversicherungsstreitigkeiten. Das Versicherungsgericht sucht durch seine Rechtsprechung den wohl fiskalischen Rücksichten entspringenden Anschauungen des Vertreters des Oberfeldarztes und der eidgenössischen Pensionskommission,- die bis jetzt nur zu oft die vom Versicherten zu beanspruchenden Entschädigungen als gewöhnliche Unterstützungen betrachteten, wirksam entgegenzuarbeiten.

Die Zahl der Militärversicherungsstreitigkeiten übersteigt jede Ahnung. Der Bundesrat wird ohne Zweifel Massnahmen treffen, um die Erledigung der -bei der Militärversicherung und beim eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Fälle zu beschleunigen.

Es fragt sich aber, ob es nicht zweckmässig wäre, die Militärversicherung zu reorganisieren.

'567

V, Kriegsmaterial.

Der Kommission ist ein vertraulicher Bericht zugegangen.

Bis Ende Oktober hat die kriegstechnische Abteilung fortgesetzt für die Kriegsbereitschaft gearbeitet.

. .

Von diesem Zeitpunkte an hat die Abteilung die Munitionsfabrikation einschränken können, indem sie die Bestellungen für die' an die Privatindustrie in Auftrag gegebenen Erzeugnisse bei den verschiedenen Lieferanten rückgängig machte. Immerhin wurde -die Lieferung der im November in Ausführung begriffenen Sachen noch zugestanden.

.

· .

Dieses Vorgehen hat den in Frage kommenden Arbeitern -gestattet, neue Beschäftigung zu finden. Auch sind dadurch Ent· Schädigungsbegehren von Lieferanten vermieden worden.

Vom vorgesehenen Bedarf von 200,000 Stahlhelmen konnten 'infolge des Fehlens von Rohmaterial bloss ungefähr 75,000 Stück 'geliefert werden.

Der gegen fünf Tuchfabrikanten angestrengte Prozess ist noch hängig. Das Urteil scheint bevorzustehen. Hoffentlich wird die Angelegenheit bald erledigt sein. Im Volke wartet man, wie dies schon im letzten Berichte der Geschäftsprüfungskommission hervorgehoben wurde, mit Ungeduld darauf.

Militärwerkstätten.

Der Geschäftsbericht führt fünf Militärwerkstätten auf.

Die wichtige Pulverfabrik in Wimmis ist nicht erwähnt.

Dem vertraulichen -Berichte ist zu entnehmen, dass die Un.bilden der Witterung, sowie die verspätete Lieferung von Maschinen die Erstellung der Fabrik verzögert haben. Die versuchs.weise Pulverfabrikation konnte im September begonnen werden.

Die Kosten für diese Pulverfabrik sind ausserordentlich hoch.

Zurzeit beschäftigt sich die kriegstechnische Abteilung mit .der Auflösung der Pulverfabrik in Worblaufen bei Bern.

Finanz- und Zolldepartement.

Geschäftsverkehr mit der schweizerischen Natioualbank.

Die Kommission hätte dem Rate gewisse Bemerkungen über »das gegenwärtige Geschäftsgebaren der Nationalbank unterbreiten können, das sich offenbar den ausserordentlichen Verhältnissen,

568

nicht immer anzupassen vermochte. Wir wissen aber, dass der Bundesrat mit der Ausarbeitung eines Entwurfes Über die Abänderung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen beschäftigt ist. Aus diesem Grunde ziehen wir es vor, heute diesen Gegenstand nicht in den Bereich unsrer Verhandlungen zu ziehen.

II. Zollverwaltung.

Hinsichtlich der Zollverwaltung hätten wir dem S tau devate Erörterungen über die freien Zonen von Gex und Hochsavoyen vortragen können. In der Tat ist die Frage dadurch, dass Frankreich die Übereinkunft von 1881 gekündigt hat, brennend geworden. Wir halten es aber für angezeigt, heute auf die Frage nicht einzutreten, und möchten vorläufig bloss mit Befriedigung feststellen, dass die vom Buudesrate zur Prüfung der Angelegenheit, bestellte Kommission erklärt hat, die Verträge von Paris und Turin über die Schaffung von zollfreien Zonen könnten nicht als hinfällig betrachtet werden, die Beziehungen zwischen den Grenzgebieten wären vielmehr bedeutend zu verbessern.

I. Handelsabteilung.

Die H a n d e l s v e r t r ä g e sind auf den 20. September 191& gekündigt, einige auf einen frühern, andere auf einen spätem Termin.

Infolge der Kündigungen lässt sich die R e v i s i o n des Z o l l t a r i f s nicht länger aufschieben.

Die z o l l f r e i e Z o n e von H o c h s a v o y e n wurde im Jahre 1860 auf Grund der Volksabstimmung über den Anschluss von Hochsavoyen an Frankreich durch ein kaiserliches Dekret geschaffen. Frankreich hat auf Ende 1919 die Übereinkunft vom 14. Juni 1881 betreffend die Zollverhältnisse zwischen dem Kanton Genf und der zollfreien Zone von Hochsavoyen gekündigt. Der Bundesrat sagt, mit der Frage der Aufhebung der allgemeinen Zollfreiheit sei ernstlich zu rechnen, aber man nehme an, dass ,,dermalen" eine so tiefgreifende Änderung abseilen Frankreichs nicht beabsichtigt sei.

Eine vom Bundesrat ernannte Kommission zum Studium der Fragen betreffend die freien Zonen von Hochaavoyen und Gex

56$

hat aro 20. Mai 1919 sich einstimmig dahin ausgesprochen, es stehe für die Schweiz ausser Frage, dass die formellen und nicht aufgehobenen Bestimmungen der Verträge von Paris und Turin welche die Eidgenossenschaft selbst verpflichteten, nicht als hinfällig betrachtet werden könnten. Gleichwohl möge die Grundlageeiner Verständigung geprüft werden, welche in möglichst entgegenkommendem Sinne gefasst werden soll.

Die Geschäftsprüfungskommission stimmt diesem Vorgehen zu..

Das W i r t s c h a f t s a b k o m m e n mit Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien und den Vereinigten Staaten ist im Neutralitätsbericht behandelt.

Die E i n f u h r im Jahre 1917 beläuft sich auf 2393 Millionen Franken, die A u s f u h r auf 2321 Millionen Franken. Die Differenz beträgt somit 72 Millionen Franken. Einzig das Jahr 1916 verzeichnete eine um 79 Millionen Franken grössere Ausfuhr als Einfuhr. Seit 1906 bis und mit 1913 betrug dagegen die Mehreinfuhr 360--550 Millionen Franken. In den Jahren 1916 und 1917 haben sich die Werte der Ein- und Ausfuhr erheblich gesteigert.

Im Rechenschaftsbericht 1915 zeigte der Bundesrat an, dass. der Gesetzesentwurf über die B e a u f s i c h t i g u n g der Banken voraussichtlich im Sommer 1916 veröffentlicht und der angemeinen Erörterung zugänglich gemacht werden könne. Er stellte auch ein Gesetz über die Ausgabe von Wertpapieren in Aussicht.

Die Abonnentenzahl des H a n d e l s a m t s b l a t t e s ist von 6350 auf 7500 gestiegen, die der Freiexemplare auf 2050.

II. Industrie und Gewerbe.

Hinsichtlich der V e r m i t t l u n g s t ä t i g k e i t der schweizerischen A r b e i t s ä m t e r ist festzustellen, dass die Gesamtzahl der A r b e i t s u c h e n d e n grösser war als die o f f e n e n S t e l l e n e i n z i g in Basel, Liestal, Schaff hausen, Rorschach und La Chauxde-Fonds, kleiner aber in Zürich, Winterthur, Bern, Biel, Luzern, Freiburg, Solothurn, St. Gallen, Aarau, Lausanne und Genf. Während für Männerarbeit 76,349 Arbeitsuchenden nur 71,997 Stellen offen standen, waren 20,989 weiblichen Arbeitsuchenden 31,821 Stellen zur Verfügung. In bezug auf Berufsgruppen war die Zahl der Arbeitsuchenden kleiner als die der offenen Stellen beim Baugewerbe, bei der Holzindustrie, Bekleidung, Ausrüstung, Textilindustrie und Landwirtschaft. Bei der Frauenarbeit war das Angebot einzig beim Bureau- und Ladenpersonal grösser als die-.

Nachfrage.

.570 Die Zahl der vorgenommenen F a b r i k i n s p e k t i o n e n ist in Nachachtung einer Reklamation der nationalrätlichen Prüfungs.kommission betreffend das Jahr 1915 auf 7864 gestiegen.

In 9317 F a b r i k e n waren 381,170 A r b e i t e r beschäftigt.

Das Bundesgesetz über die A r b e i t in den F a b r i k e n vom 18. Juni 1914 ist, ausgenommen die Art. 30--35 (Einigungsstellen) und Art. 36--39 (eidgenössische Werkstättenkommission), noch nicht in Vollzug gesetzt. Die Fabrikkommission hat den Entwurf zu einer Vollziehungsverordnung durchberaten. Seit der auf 1. April 1918 erfolgten Inbetriebsetzung der obligatorischen Unfallversicherung steht die Anwendung der Haftpflichtgesetzgebung nur noch in Frage hinsichtlich von Unfällen, die vor diesem Zeitpunkt sich ereigneten.

Die Bundesbeiträge für die g e w e r b l i c h e und i n d u s t r i e l l e Berufsbildung sind auf Fr. 1,625,597, die für die k o m m e r z i e l l e Bildung auf Fr. 1,405,883 und die für die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des w e i b l i c h e n Geschlechts auf Fr. 620,772 erhöht worden.

III. Bundesamt für Sozialversicherung.

Das B u n d e s a m t für S o z i a l v e r s i c h e r u n g hat im .Berichtsjahr von der Herausgabe einer Sammlung grundsätzlicher Entscheide und Antworten Umgang genommen mit Rücksicht darauf, dass die getroffenen Entscheide meistens nicht allgemeine Bedeutung haben und dass die Veröffentlichung der übrigen ohne Nachteil auf spätere Zeit verschoben werden kann.

Ende Dezember 1917 bestanden 777 anerkannte Kassen mit 629,927 genussberechtigten Mitgliedern.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Unterstützung der W ö c h n e r i n n e n und die f r e i e Ä r z t e w a h l entspringen zweifellos idealer Gesinnung. Die Konsequenzen sind indessen für die Kassen sehr schwerwiegend. Die Zahl der Krankentage bei weiblichen Mitgliedern ist höher als die bei männlichen Mitgliedern.

An B u n d e s b e i t r ä g e n gemäss Art. 35 des Gesetzes sind .pro 1917 insgesamt Fr. 2,452,331. 50 ausbezahlt und pro 1918 für Fr. 2,106,897. 95 Vorschüsse verabfolgt worden: Zufolge einer Eingabe des Konkordates schweizerischer Krankenkassenverbände ist über die gesetzlichen Leistungen hinaus ein a u s s e r o r d e n t l i c h e r B u n d e s b e i t r a g für erwachsene w e i b l i c h e V e r s i c h e r t e beschlossen worden. Die Erhöhung erfordert für die Jahre 1918 und 1919 eine Mehrausgabe von je Fr. 200,000.

571

Die Ausrichtung der G e b i r g s z u s c h l ä g e wird erst im laufenden Jahre erfolgen, immerhin sollen sie soweit rückwirkend ·erfolgen, als die Wirksamkeit der Anerkennung der betreffenden Kassen reicht.

Mit Recht bemerkt der Bericht, dass die Krankenkassen neben der Fürsorge für die erkrankten Mitglieder ihr Augenmerk immer mehr auf die K r a n k h e i t s V e r h ü t u n g richten sollten.

Die S c h w e i z e r i s c h e U n f a l l v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t ' -in Luzeru hat am 1. April 1918 ihren Betrieb eröffnet.

Hinsichtlich der U n t e r s t e l l u n g der B e t r i e b e unter die obligatorische Unfallversicherung sagt der Bericht, dass die Versicherung von öffentlichen Verwaltungen, insbesondere hinsichtlich forstwirtschaftlicher Arbeiten, jedesmal dann bejaht wurde, wenn die Forstarbeiten zwar insgesamt im Gemeindewerk (Fronarbeiten) ausgeführt werden, aber ausserdem ein Bannwart oder Förster in · einem Dienstvertragsverhältnis zur betreffenden öffentlichen Verwaltung steht. Von der obligatorischen Unfallversicherung werden aber nur die im Dienstverhältnis stehenden Personen ergriffen.

Die Frondienstpflichtigen werden weder als Angestellte noch als Arbeiter der betreffenden öffentlichen Verwaltung anerkannt. Sie sind somit von der Versicherung ausgeschlossen. Die Entscheidung, ·ob die Auffassung, wonach Frondienstarbeiter nicht Arbeitssub.jekte, sondern bloss Arbeitsobjekte sind, richtig ist, hat das Versicherungsgericht zu treffen.

Der Bundesrat hat kraft seiuer ausserordentlichen Vollmachten dem eidgenössischen Versicherungsgericht die Beurteilung der Streitigkeiten aus der M i l i t ä r v e r s i c h e r a n g auf 1. Januar 1918 übertragen. Infolge der daherigen Arbeitsvermehrung mussten Richter im Nebenamt zu zeitweilig ausschliesslicher Betätigung für das Gericht herbeigezogen werden.

Über die Frage, ob Te u er u n gs- und K o n j u n k t u r z u l a g e n nebst Familien- und Einderzulagen als L o h n im Sinne des Gesetzes zu betrachten und danach sowohl Prämien wie Ver-·sicherungsleistungen zu berechnen seien, konnte eine Verständigung nicht erzielt werden. Man einigte sich dahin, dass der Entr ·scheid /beim Versicherungsgericht liege.

Der Verwaltungsrat der Unfallversicherungsanstalt findet, eine R e v i s i o n des Art. 74 (zweitägige Wartefrist und
Vergütung von nur 80 °/o des Lohnes} sei noch nicht vorzunehmen, weil noch weitere wichtige Punkte des Abschnittes Unfallversicherung des Gesetzes in nicht ferner Zeit zu einer Revision führen müssen.

.Es seien vorher aber die nötigen Erfahrungen hierzu zu gewinnen.

572

Obgleich mit der Unterstellung eines Betriebes unter die obligatorische Unfallversicherung die V e r t r ä g e über die Verantwortlichkeit des Betriebsinhabers filr Unfälle und Berufskrankheiten der Arbeiter oder über die Unfallversicherung von Angestellten und Arbeitern dahinfallen, so ist nach Ansicht des Volkswirtschaftsdepartementes das nicht der Fall hinsichtlich der von den Angestellten selbst, abgeschlossenen Verträgen.

Das Departement erteilte am 31. August dem Amte für Sozialversicherung den Auftrag, die S t u d i e n für die A l t e r sund I n v a l i d i t ä t s v e r s i c h e r u n g anhand VAI nehmen. Das Departement verfügte sodann die Bildung einer Kommission zur Beratung vorerst der grundsätzlichen Fragen und sodann der Einzelheiten.

Die Verbindung der Alters- und Invaliditätsversicherung mit der bestehenden Krankenversicherung wird eine R e v i s i o n des K r a n k e n v e r s i c h e r u n g s g e s e t z e s nötig machen. Der Bericht führt aus, dass das Nebeneinanderbestehen mehrerer sich konkurrenzierender Kassen am gleichen Ort und der Betrieb kleiner und kleinster Kasslein eine höchst unzweckmässige Zersplitterung der Kräfte und einen unverhältnismässig hohen Aufwand an Arbeit, Zeit und Geld bedeute und dass die Überlassung des Obligatoiiums an Kantone und Gemeinden, wo es überhaupt, eingeführt wurde, ein so buntscheckiges Bild gezeitigt habe, dass der Wunsch verschiedener Kreise, die Vielseitigkeit durch einheitliche Bestimmungen ersetzt zu sehen, mehr als gerechtfertigt sei. Die Kommission fragt sich dagegen, ob man mit einer Zentralisierung, Sozialisierung und Verstaatlichung der Kassen nicht anderseitserhebliche Nachteile in Kauf nehmen müsse, insbesondere die Ersetzung einer demokratischen Verwaltung durch eine bureaukratische. Verwaltungszweige, die von den interessierten Personen selber verwaltet werden können, sollten ihnen nicht unnötigerweise entzogen werden. Die engere Fühlung der Kassenvorstände mit den Versicherten stärkt das Verantwortlichkeitsgefühl. Das Selbstverwaltungspriuzip soll so lange als möglich hochgehalten werden. Die lokalisierte Selbstverwaltung ist entschieden billiger als der zentralisierte Staatsbetrieb. Soweit einheitliche Bestimmungen getroffen werden, dürfen sie nicht das Verantvvortlichkeits- und Selbständigkeitsgefühl der Kassen
untergraben. Die Gerichtsfälle in bezug auf Entscheide der örtlichen Kassen sind übrigens äusserst seltene.

Als ein Mittel zum Ausbau der Sozialversicherung wurde die Einführung eines eidgenössischen J a g d r e g a l s mit negativem Erfolg empfohlen.

Der V e r s i c h e r u n g s f o n d s ist von Fr. 44,187,334 auf Fr. 28,872,635 zurückgegangen.

573

IV. Gesundheitsamt.

Die Zahl der auf Ende des Jahres gemeldeten G r i p p e «rkrankungen belief sich auf rund 660,000. Sie verteilen sich auf
Zur Bekämpfung der Seuche wurde verfügt: am 18. Juli 1918 die Ermächtigung der Kantone zum Erlass ·«ines A n s a m m l u n g s V e r b o t e s ; am 11. Oktober die A u z e i g e p f l i c h t ; am 19. November die Zusicherung von 50 P r o z e n t an Kantone und Gemeinden für M a s s u a h m e n zur Bekämpfung der Influenza.

Hinsichtlich der G r i p p e b e i t r ä g e au die Krankenkassen ist an den Beschluss der Bundesversammlung, die hierfür einen Kredit von 2 Millionen Franken aussetzte, sowie an das Postulat · Schöpfer zu erinnern, das diesen Beitrag nicht unter 50 Prozent ·der durch die Grippe den anerkannten Kassen entstandenen Mehrausgaben bemessen will.

Der Entwurf zu einem T u b e r k u l o s e n g e s e t z ist einer Sachverständigenkommission zur Begutachtung übergeben worden.

V. Landwirtschaft.

Die Summe der für B o d e n v e r b e s s e r u n g e n zugesicherten Beiträge hat sich mehr als verdoppelt, 2*/z Millionen gegenüber l'/4 Million im Vorjahre, einesteils wegen grössern Projekten, ·anderseits wegen der Verteuerung von Arbeit und Material.

Der Bundesrat ist gewillt, die Quote des Bundesbeitrages zu erhöhen, wenn die Bodenverbesserung eine unmittelbare Erhöhung der Bodenerträge herbeizuführen geeignet erscheint. Immerhin ,nur unter dem Vorbehalt, dass vom Kanton oder von dritter unbeteiligter Seite' ebenfalls entsprechend erhöhte Beiträge bewilligt werden.

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Eine grosse Reihe anderweitiger Projekte ist in der Tabelle nicht aufgeführt, aber bereits in Angriff genommen. Unbeschadet der spätem Subventionierung wurde der Beginn der Arbeit gestattet, um nicht eine Verzögerung der Ausführung zu bewirken» Infolge Ermächtigung durch Bundesratsbeschluss vom 24. Juni 1918 sind an zwei Kantone zu 4Va °/o verzinsliche V o r s c h ü s s e gemacht worden im Betrag von Fr. 1,600,000 für die Ausführung von M e l i o r a t i o n e n grössern Stils, die unmittelbar der Vermehrung der Lebensmittelproduktion dienen.

Im laufenden Jahre wird der Bund sich ebenfalls an grössern Meliorationswerken durch erhöhte Beiträge betätigen.

An die Besoldungen der K u l t u r i n g e n i e u re ist den Kantonen die Hälfte mit Fr. 78,693 zurückvergütet worden.

Es darf auch an dieser Stelle zur Beleuchtung der Art und Weise der Behandlung der Schweiz gesagt werden, dass es dem Kanton Waadt, der es übernommen hatte, zur Bekämpfung der R e b l a u s die Einfuhr und Verteilung von 100,000 kg Schwefelkohlenstoffes an die Weinbau treibenden Kantone zu besorgen, nicht gelungen war, trotz allen Bemühungen und Vorausbezahlung der Ware, auch nur einen Teil der gekauften Ware in die Schweiz hereinzubringen.

Der Bundesbeitrag für V i e h v e r s i c h e r u n g betrug wie im Vorjahre Fr. l für jedes versicherte Stück Grossvieh und 40 Rp.

für jede versicherte Ziege. Die Viehversicherung ist für den Kleinbauer, auf dem das Risiko eines nicht oder nicht genügend versicherten guten Viehstandes schwer lastet, viel wichtiger als die Prämien für Zuchttiere, welche doch vorab den besser situierten Landwirten zufliessen.

VI. Vetertihäramt.

Die Vollziehungsverordnung zum T i e r s e u c h e n g e s e t z soll nächstens in Beratung gezogen werden. Vorher wird das am 13. Juni 1917 erlassene Gesetz nicht in Kraft erklärt werden können.

Die Bundesbeiträge an die von der M a u l - und K l a u e n s e u c h e im Jahre 1918 heimgesuchten Kantone beliefen sich auf Fr. 1,249,667. Von den geschlachteten 1437 Stück Grossvieli und 1201 Stück Kleinvieh entfallen auf den Kanton Graubünden1305 Stück Gross- und 1038 Stück Kleinvieh. Die Entschädigung betrug l,a Millionen Franken.

Der Bundesrat hat mit Recht dem Gesuche des schweizerischen Bauernverbandes entsprochen und den Art. 7, Abs. l, der Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleischschau usw. dahin

575.

interpretiert, dass die b ä u e r l i c h e n Hausschlachtungen auch dann nicht unter den Begriff des gewerbsmässigen Schlachtens fallen, wenn ein Teil des Fleisches verkauft wird. Immerhin ist das für den Verkauf bestimmte Fleisch der örtlichen Fleischschau zu unterstellen.

Der Anregung des Kantons Thurgau ist beizupflichten, dass für die V e r w e r t u n g des u n g e n i e s s b a r e n F l e i s c h e s , namentlich aber der umgestandenen Tiere, Vorschriften aufgestellt werden, die für eine sanitarisch einwandfreie Verarbeitung und.

Verwendung Garantie bieten.

Post- und Eisenbahndepartement.

I. Eisenbahnwesen.

Gesetze, Verordnungen und Postulate.

Wir nehmen davon Akt, dass die Angelegenheit betreffend, Hilfsleistung au notleidende T r a n s p o r t a n s t a l t e n tunlichst gefördert wird.

Der Anregung der Kommission des Nationalrates für den letztjährigen Geschäftsbericht, es möchte das bisherige System der L e h r l i n g s a u s b i l d u n g bei den Bundesbahnen in der Weise geändert werden, dass die praktische Einführung in den Eisenbahndienst dem theoretischen Unterrieht in den Fachschulen vorauszugehen hätte, soll keine Folge gegeben werden. Wir möchtenunsrerseits anerkennen, dass sich sehr gute Gründe auch für Beibehaltung des bisherigen Systems, das der nötigen theoretischen Ausbildung der jungen Leute den Vortritt gibt, anführen lassen und daher empfehlen, an der gegenteiligen Anregung nicht festzuhalten.

Das P o s t u l a t Nr. 618 betreifend R e o r g a n i s a t i o n des E i s e n b a h n d e p a r t e m e n t s musste wegen Inanspruchnahme durch andere dringliche Geschäfte neuerdings zurückgelegt werden.

Dagegen sind über die A u s ü b u n g d e r A u f s i c h t ü b e r die B u n d e s b a h n e n neue Vorschriften im Sinne einer durchgreifenden Vereinfachung aufgestellt worden. Wir sind aus Erwägungen praktischer Natur mit dieser ,,Vereinfachung", womit die Selbständigkeit der Bundesbahnverwaltung gegenüber der Aufsichtsbehörde wesentlich gemehrt wird, einverstanden, wenn auch theoretisch zu sagen sein wird, dass damit ein Prinzip, das seinerzeit, bei der Verstaatlichung als grundlegend angesehen und anerkannt.

576 wurde, mehr oder weniger wieder preisgegeben wird. Immerhin nehmen wir davon Akt, dass die getroffenen Änderungen wenigstens zum Teile als bloss vorläufig, auf Zusehen hin, verstanden sind, mit dem Vorbehalt, in der Folge darauf zurückzukommen.

Eisenbahnrückkauf.

Im Laufe des Jahres ist der freihändige Rückkauf der T ö s s t a l b a h n und der Linie W a l d - R ü t i perfekt geworden. Der schweizerischen S e e t a l b a h n ist der konzessionsmässige Rückkauf auf Anfang 1922 angekündigt worden. Die Weiterverfolgung ·der Verstaatlichungsaktion geschah und geschieht auf diesen beiden Etappen nach dem System des Handelns von Fall zu Fall, in Abgang eines allgemeinen, umfassenden Programms, von dessen Aufstellung aus bekannten Gründen immer noch abgesehen wurde.

Internationale Verhältnisse.

Der G o t t h a r d v e r t r a g hat hinsichtlich des italienischschweizerischen Verkehrs eine Modifikation erfahren, indem mit Zustimmung der italienischen Regierung im direkten Personenund Gepäck verkehr auf der Gotthardlinie zu den vertragsmässigen Taxen noch die schweizerischen Kriegszuschläge erhoben werden; im direkten Güterverkehr konnte das ohne weiteres geschehen, nachdem auch die italienischen Einrechnungstaxen eine Erhöhung ·erfahren hatten.

In Hinsicht auf die Frage einer R e v i s i o n des Gotthardvertrages sei hier an die Erklärungen erinnert, die in der JanuarFebruar-Session des laufenden Jahres auf die Interpellation Dind -und Mitunterzeichner im Ständerat vom Vertreter des Bundesrates abgegeben worden sind.

Im Schosse der Kommission ist neuerdings auf die Gefahr hingewiesen worden, welche die geltenden hohen B e r g z u s c h l ä g e · auf der Gotthardlinie mit Bezug auf eine wirtschaftliche Isolierung des T es si n mit sich führen müssen. Die Frage, wie in dieser Beziehung weitere Erleichterungen oder Kompensationen geboten ·werden könnten, wird fortgesetzt im Auge zu behalten sein.

Ausserordentliche Stundung.

An fünf Eisenbahn- und zwei SchifFahrtsunternehmungen ist ·die ausserordentliche Stundung bewilligt worden.

Technische Kontrolle.

Die Wiederaufnahme der seit 1916 eingestellten Bauarbeiten an der Strecke Gletsch-Andermatt-Disentis der Linie B r i g F u r k a - D i s e n t i s hat noch nicht stattgefunden.

577 Eine bundesrätliche Verordnung zur Regelung der Frage der technischen Einheit in der e l e k t r i s c h e n Z u g s b e f ö r d e r u n g ist in Vorbereitung.

Bei einer D r a h t s e i l b a h n ist ein Seilbruch vorgekommen, über dessen Ursache eine gründliche Untersuchung veranstaltet wurde, im Zusammenhang mit den allgemeinen Untersuchungen über die Abnützung der Drahtseile.

Hinsichtlich des Unterhai tes des R o l l m a t e r i a l s hat seitens der Aufsichtsbehörde in Berücksichtigung der Zeitverhältnisse eine gewisse Duldung gewaltet Der Bericht erwähnt eine auffällig ·grosse Zahl von Meldungen von Kuppelungsbrüchen, die indessen, wie es scheint, nicht aus Mängeln im Unterhalt des Materials erklärt werden muss.

Dem erneuten Begehren des Kartells der vereinigten Eisenbahnpersonalverbände um allgemeine Herabsetzung der täglichen A r b e i t s z e i t auf acht Stunden und der Dienstbereitschaft auf ·zwölf Stunden bei sämtlichen Kategorien des Betriebspersonals der Bundesbahnen ist einstweilen nicht Folge gegeben worden. Die grundsätzliche Erledigung der Forderung ist für die Revision des Arbeitszeitgesetzes vorgesehen, die in Vorbereitung liegt. Die vorläufige Abweisung des Begehrens hat zu einem Konflikt mit dem Verband der Werkstättearbeiter geführt, der über die BundesbahnWerkstätten die Sperre verhängte.

Infolge des L a n d e s s t r e i k e s war bei 42 Verwaltungen, weil das gesamte Personal oder die Mehrheit desselben streikte, der Betrieb vom 12./14. November gänzlich eingestellt; bei 15 Verwaltungen bestand teilweise Arbeitsniederlegung durch das Personal; bei 16 Verwaltungen wurde ein beschränkter Fahrplan durchgeführt, obschon das eigene Personal nicht streikte; bei 65 Verwaltungen fand keine Arbeitseinstellung statt.

Administrative Kontrolle.

Der F i n a n z h a u s h a l t der B a h n e n bietet infolge der anhaltenden, sich verschärfenden Störungen in der Weltwirtschaft ein betrübendes Bild. Durch Erhöhungen der Tarife steigerten .sich die Betriebseinnahmen von 267,9 Millionen Franken im Jahre 1917 auf 314,2 Millionen Franken im Berichtsjahre, womit sie die Betriebseinnahmen des Jahres 1913 um 35 Millionen Franken übertrafen. Doch haben die Betriebsausgaben in noch stärkerem Masse zugenommen. Der Einnahmeüberschuss ist von 89,9 Millionen Prunken des Jahres 1913 im Jahre
1917 auf 34,9 Millionen Franken zurückgegangen und wird sich für das Berichtsjahr noch ungünstiger gestalten. Dementsprechend wurde auf Ende Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

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578 1917 ein Vermögensrückgang der Bahnverwaltungen im Belaufevon 132, Millionen Franken ermittelt, der sich auf Ende des Berichtsjahres ebenfalls vermehrt haben wird.

II. Postverwaltung.

Vorlagen an die Bundesversammlung und Erlasse derselben.

Das P o s t u l a t betreffend Einführung von Postkreditbriefen wird bis zur Erledigung der Frage der Postsparkassen zurückzulegen sein. Dem Postulat Wettstein betreffend Ausdehnung des Postregals auf den Zeitungsverkehr möchte der Bundesrat keine Folge geben.

Man wird sich in Hinsicht auf die letztere, wie in Hinsicht auf andere Fragen die. endgültige Entscheidung vorbehalten dürfen bis zur Erledigung der allgemeinen Frage der U m g e s t a l t u n g d e r P o s t v er w al tun g, die auf mehrfache Anregungen aus dem Schosse der eidgenössischen Räte zurzeit vor einer Fachmännerkommission liegt. Der Bericht scheint darauf vorbereiten zu wollen, dass die Reformbestrebungen zu grossen Resultaten im Sinne der wünschbaren Besserung dei- finanziellen Ergebnisse der Verwaltung nicht führen dürften. Sowenig zu verkennen ist, dass manche hinderliehen Verhältnisse schwer oder gar nicht zu überwinden sein werden, möchten wir doch die Hoffnung auf positive Ergehnisse der waltenden Untersuchung nicht aufgeben.

Personal.

Herr Oberpostdirektor S tag e r ist aus Gesundheitsrücksichten auf 1. Oktober 1918 vom Amte zurückgetreten; die Anerkennung langjähriger pflichttreuer Amtswaltung folgt ihm in den Ruhestand. Als Nachfolger wurde Herr Dr. F ü r r er, Vorsteher des Rechtsbureaus der Kreisdirektion V der schweizerischen Bundesbahnen in Luzern, gewählt.

Beim Personal war ein ausserordentlich starkes Anschwellen der Erkrankungs- und Sterbefälle gegenüber 1917 zu konstatieren, als Folge der G r i p p e e p i d e m i e ; der Prozentsatz der Erkrankten ist von 45,02 im Jahre 1917 auf 71,6? im Jahre 1918 gestiegen.

Die Postverwaltung hat sich erfolglos bemüht, bei der Unfallversicherungsanstalt in Luzern eine Ermässigung des Prämiensatzes für die obligatorische U n f a l l v e r s i c h e r u n g ihres Personals (3 %o) zu erlangen. Da der Prämiensatz augenscheinlich hoch und für die Postverwaltung stark belastend ist, darf wohl eine baldige Ermässigung erwartet werden.

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In der Kommission ist bemerkt worden, dass die B e u r l a u b u n g e n auf längere Zeit, wie sie bei der Postverwaltung vorkommen, mit Inkonvenien/en verbunden sind und daher auf ausnahmsweise Fälle beschränkt bleiben sollten.

Kurswesen.

Die Verwaltung hat im Einvernehmen mit der Militärbehörde die Einführung des fabrplanmässigen F l u g v e r k e h r s geprüft.

Man kam zum Resultat, dass die Flugpost sich nur rechtfertige, wenn mit dem Flugzeug Entfernungen von über 600 km zurückgelegt werden können.

Geldverkehr.

Beim P o s t c h e c k d i e n s t betrug das G u t h a b e n der K o n t o i n h a b e r auf E*nde des Jahres 121,9 Millionen Franken.

Davon waren 23 Millionen Franken durch Wertschriften im Depot der Nationalbank gedeckt; 63,* Millionen Franken sind ausgewiesen durch Guthaben beim schweizerischen Finanzdepartement und 35,6 Millionen Franken (die Ziffern sind überall abgerundet) durch Guthaben bei der Nationalbank, Kassenbestaud und Zuschuss an das Betriebskapital der Postvcrwaltung. -- Der Guthabenbestand der Kontoinhaber hat sich im Vergleich zum Jahre 1913 (34 Millionen) nahezu vervierfacht, während der durch Wertschriften gedeckte Teil eher kleiner geworden ist (23 gegen 25 Millionen). Insbesondere mag der derzeitige hohe Bestand des Guthabens beim schweizerischen Finanzdepartement auffällig sein. Doch wird für die nächste Zei't wohl mit einem Rückgang des Guthabenbestandes der Kontoinhaber gerechnet werden müssen, und so war es vom Standpunkte der Postverwaltung aus gegeben, auf rasche Verfügbarkeit der Bestände Bedacht zu nehmen und daher von weitern Aulagen in Wertschriften abzusehen. Wir möchten sonach dieses Vorgehen unsrerseits nicht beanstanden. -- Vom Verzeichnis der vorhandenen Werfsehriften haben wir bei der Oberpostdirektion Einsicht genommen. Din Anlagen rühren vorwiegend aus der Zeit vor Kriegsausbruch. Das gilt ausnahmslos für die ausländischen Werttitel. Auf diesen haben sehr starke Abschreibungen vorgenommen werden müssen, und auf Grund der heutigen Tageskurse wären diese noch erheblich zu verstärken. Doch ist die Anlage von ausländischen im Vergleich zu den schweizerischen Werten durchaus nicht übermässig gross und sie wird nach den Maximen, die zur Zeit der Anlage allgemein anerkannt und gellend waren, nicht zu beanstanden sein.

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Finanzielles.

Der Abschluss der G e w i n n - und V e r l u s t r e c h n u n g der Postverwaltung ist höchst unerfreulich; sie verzeigt einen Passivsaldo von Fr. 12,585,054 als Folge der Kriegs- und Nachteuerungszulagen an das Personal im Gesamtbetrage von rund 22,7 Millionen Franken. Die Erfahrungen des Berichtsjahres haben gezeigt, dass es nicht angeht, die vermehrten Ausgaben etwa einfach durch Taxerhöhungen ausgleichen zu wollen ; das Jahr weist eine bedeutende Verminderung der Briefe, Postkarten uad Einschreibegegenstände auf, deren Ursache wohl zutreffend zur Hauptsache in der eingetretenen Erhöhung der Taxen gesucht wird. Das Ziel einer durchgreifenden Vereinfachung und Kosteneinsparung bei der Postverwaltung wird daher nicht aus dein Auge verloren werden dürfen.

Verschiedenes. Der S t r e i k im November 1918 hat starke Störungen im Postdienst «verursacht. An einer Reihe von Orten hat auch das Personal der Postverwaltung, neben den Angestellten zum Teile auch das Beamtenpersonal, sich am Streik beteiligt. Doch war, wie der Bericht konstatiert, die Haltung des Postpersonals, abgesehen von den Streikzentren, im grossen und ganzen pflichtgetreu.

Einwirkung des Krieges auf den Postbetrieb.

Bis Ende 1918 hat die Postverwaltung im Ausland verkehr 680,573,609 p o r t o f r e i e K r i e g s p o s t s e n d u n g e n befördert, die ohne die Portofreiheit einen Taxen- und Gebührenanteil von nahezu 70 Millionen Franken eingebracht haben würden. Die bei den Postverwaltungen der kriegsbeteiligtea europäischen Grossstaaten unternommenen Schritte um Verabfolgung einer Entschädigung für die Beförderung der Kriegsgefangenenpakete waren von dem Erfolge begleitet, dass von ihnen nun seit 1. Januar 1918 für ein ermitteltes Paket eine Vergütung von 10 Rappen geleistet wird.

III. Telegraphen- und Telephonverwaltung.

Im erfreulichen Unterschiede zur Postverwaltung weist die Telegraphen- und Telephonverwaltung bei fortgesetzt starker Zunahme des Verkehrs, ganz besonders des Telephonverkehrs, auch ein recht gutes finzanzielles Ergebnis auf, einen Einnahmeüberschuss der Gewinn- und Verlustreehnuog von Fr. 7,560,837. 56.

Zu besondern Bemerkungen gibt uns dieser Berichtsabschnitt nicht Anlass.

58Î

Geschäftsführung des Bundesgerichts.

Die Geschäftslast der verschiedenen Abteilungen ist, abgesehen von der erheblichen, aber jedenfalls vorübergehenden Mehrbelastung des Bundesstrafgerichts, im wesentlichen gleich geblieben.

Das Gericht hat sich mit Rücksicht auf die Verkehrsschwierigkeiten veranlasst gesehen, eine Verordnung zu erlassen, wodurch den Parteien gestattet wird, bei Berufungen irn Streitwert von mehr als Fr. 4000 das mündliche Verfahren durch das schriftliche zu ersetzen. Die Neuerung ist zu begrüssen ; ihre Beibehaltung auch in normalen Zeiten wäre wünschenswert.

IV. Schuldbetreibung und Konkurs.

Bei der Wiederaufnahme der Inspektionen einzelner Betreibungs- und Konkursämter durch die Mitglieder der bundesgerichtlichen Kammer sollte vom Grundsatz ausgegangen werfen, dass die eigentliche Aufsicht und Inspektion durch die kantonalen Aufsichtsbehörden ausgeübt wird. Die Inspektionstätigkeit der bundesgerichtlichen Kammer kann und soll sich daher mehr auf gelegentliche Kontrollmassnahmen beschränken.

Geschäftsführung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts.

Der Bericht, der erste seit der Eröffnung der Tätigkeit des eidgenössischen Versicherungsgerichts, mahnt zum Aufsehen in verschiedener Beziehung.

1. Die Geschäftslast ist eine ausserordentlich grosse. Sie übersteigt alle Ersvartungen, so dass sie das Gericht in seiner gegenwärtigen Organisation nicht zu bewältigen vermag.

Allerdings sind die Berufungen in U n f a l l v e r s i c h e r u n g s s a c h e n wenig zahlreich (11). Aber einmal verteilen diese sich nur auf die vier letzten Monate des Jahres 1918 und sodann ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Fälle aus dem Jahre 1918 noch vor den kantonalen Versicherungsgerichten liegen und erst im Laufe des Jahres 1919 an das eidgenössische Versicherungsgericht gelangen können. In der Zeit vom I.Januar bis 17. Mai 1919 sind 15 Berufungen aus der zivilen Versicherung eingelangt. Die Belastung des Gerichts von dieser Seite her scheint sich also,

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auch wenn einmal der normale Gang eingetreten ist, in bescheidenen Grenzen zu halten und es würde die Organisation des Gerichts für ihre Bewältigung mehr als ausreichend sein.

Ganz anders steht die Sache aber in der M i l i t a r v e r s i ch er u n g. Hier sind dem Gerichte im Jahre 1918 710 Berufungen zugegangen, wovon sich 486 gegen Verfügungen der Militärversicherung und 224 gegen Entscheide der Peusionskommission richten. Erledigt wurden 261 Fälle, auf das Jahr 1919 übertragen 449. Vom I.Januar bis 17. Mai 1919 sind weiterhin eingegangen 647 Berufungen, und zwar im Januar 92 ,, Februar 122 ,, März 146 ,, April 191 bis 17. Mai 96 Total 647 In der gleichen Zeit konnten erledigt werden 281 Fälle, zum grössten Teil Rückstände aus dem Jahre 1918. Es waren also Mitte Mai 1919 zirka 800 Fälle hängig; diese Tendenzen vermehren sich rasch und in steigender Proportion, weil die Eingänge viel zahlreicher sind als die Erledigungen.

Das Gericht hat bereits im Jahre 1918 auf die Sachlage aufmerksam gemacht und veranlasst, dass die nichtständigen Mitglieder in verstärktem Masse, zum Teil für längere Zeit sogar ausschliesslich sich dem Versicherungsgericht widmeten (vrgl. Geschäftsbericht des Volkswirtschaftsdepartements Seite 77). Trotzdem derart das Gerieht mit einer Anspannung aller Kräfte arbeitete, die im Rahmen der jetzigen Organisation nicht mehr gesteigert werden kann, steht es vor der Unmöglichkeit, der Arbeit in angemessener Frist Herr zu werden. Es kann angenommen werden, dass es dem Gericht möglich sein wird, im Jahre 1919 etwa 600 Fälle zu erledigen. Veranschlagt mau die Zahl der noch zu erwartenden Eingänge auch nur auf zirka 700, im ganzen also pro 1919 auf rund 1300, so werden auf Ende 1919 die hängigeu Geschäfte auf über 1100 angewachsen sein, gegenüber rund 450 auf Ende 1918.

Dieser Zustand ist unhaltbar und rul't dringend sofortiger Abhülfe.

Das Versichernogsgericht hat beim Bundesrat ein Gesuch eingereicht, es möchte die sofortige Vermehrung der Zahl der ständigen Mitglieder auf fünf veranlasst werden. Dem Bundesrat ist die rasche Behandlung des Gesuchs zu empfehlen. Man wird sich allerdings nicht leicht schon jetzt zu einer so starken,

583 ·dauernden Vermehrung der Zahl der ständigen Mitglieder entschliessen, weil sich die Geschäftslast des Gerichts in normalen Zeiten noch gar nicht abschätzen lässt. Es ist nämlich bei der Würdigung der oben erwähnten Zahlen wohl zu berücksichtigen, ·dass diese keinen Massstab für die normale Geschäftslast abgeben.

Die gegenwärtig hängigen und noch eingehenden Fälle stammen aus der Zeit des Grenzwachtdienstes und sind zum grossen Teil auf die Grippeepidemien zurückzuführen. Es ist klar, dass die Streitfälle aus der Militärversicherung mit der Reduktion der Truppenaufgebote automatisch zurückgehen müssen und io dem hoffentlich nahen Friedensdienst auf ihreu normalen Stand gelangen werden. Es ist auch nicht zu bezweifeln, dass eine bessere und sachgemässere Erledigung der Fälle durch die eidgenössische Mililärversieherung das Versicherungsgericht erheblich entlasten würde; es sei hierüber auf die später folgenden Bemerkungen verwiesen. Aus allen diesen Gründen erweist sich die gegenwärtige ·Geschäftslast in Militärversicherungssachen als eine vorübergehende und abnormale und die dauernde Organisation des Gerichtes wird nicht darauf zugeschnitten werden können.

Welche organisatorischen Änderungen aber zur unbedingt erforderlichen Verstärkung des Gerichts zu- treffen sein werden, ·ob man insbesondere eine dauernde Vermehrung der ständigen Mitglieder in Aussicht nehmen muss oder mit vorübergehenden Massnahmen zur Aufarbeitung der hängigen und noch zu erwartenden Streitfälle aus der Mobilisations- und Grippezeit auskommen kann, bedarf uoch weiterer Prüfung. Auf alle Fälle muss aber rasch für Abhülfe gesorgt werden.

2. Der Bericht beschäftigt sich weiterhin eingehend und in ·scharf kritisierender Weise mit der Tätigkeit der eidgenössischen Mililärversieherung. Wir zitieren diesbezüglich aus dem Bericht (Seite 9) : ,,Ein nicht weniger wichtiger Grund für den so ausser·ordentlich zahlreich erfolgten Weiterzug an das eirlgenössische Versicherungsgericht ist darin zu erblicken, dass in weitesten Kreisen unserer Wehrmänner das Vertrauen in die Institution der Militärversicherung, zumal in die Entscheide des Vertreters des Oberfeldarztes, gänzlich geschwunden ist. Wir haben nicht zu untersuchen, ob dieses Misstrauen begründet ist; wir müssen aber feststellen, dass es besteht, insbesondere aus den Akten
der uns unterbreiteten Berufungen nur allzusehr ersichtlich ist, und dass infolgedessen die Zahl der Berufungen eine nie geahnte Höhe erreicht hat." An einem ändern Orte (Seite 13) wird ausgeführt: ,,Was das Gebiet der Militärversicherung anbelangt, so wurden die den Versicherten zu gewährenden Enschädigungen bisher sowohl voui Vertreter des Oberfeldarztes als auch von der eidge-

584 nössischen Pensionskommission oft allzusehr unter dem Gesichtspunkt von blossen ,,Unterstützungen11 bewilligt, bei deren Ausrichtung auch fiskalische Erwägungen mitspielten etc.a Dieser Kritik entspricht das Resultat der Berufungen: Von 145 materiell beurteilten Berufungen wurden 123 = 85 °/o ganz oder teilweise gutgeheissen und nur 22 = 15 % abgewiesen, ein sonst unerhörtes Verhältnis, das beweist, dass die Erledigung der Fälle bei der Militärversieherung in materiell-juristischer Beziehung ganz unbefriedigend ist. Aber auch die formelle Behandlung scheint, ungenügend : Auf 261 beurteilte Fälle kamen 164 Fälle, in denen das Versicherungsgericht Beweiserhebungen vornehmen musste.

Es lässt dies in vielen Fällen nuf eine ungenügende Feststellung der Tatbestände durch die Militärversicherung schliesscn.

Eine eigentümliche Erscheinung ist sodann, dass das eidgenössische Armeeinstitut der Soldatenfürsorge als diejenige Stelle auftritt, welche in sehr zahlreichen Fällen (in den letzten Monaten in zirka. 90 % der Berufungen") als Vertreterin der versicherten Wehrmänner auftritt und auf Grund selbständiger Erhebungen deren Interessen verficht. Diese Filrsorgetätigkeit ist durchaus anzuerkennen und angesichts der Verhältnisse bei der Militärversicherung zu begreifen, aber sie sollte mehr im Sinne der Unterstützung der Tätigkeit der Militärversieherung gerichtet und in irgendeiner Weise mit dieser letztern organisch verbunden werden \ denn es geht doch nicht wohl an, dass eine Bundesinstitution sich zur Aufgabe macht, die Tätigkeit einer nebengeordneten Bundesanstalt zu kritisieren und ihre Verfügungen anzufechten. Die beiden Institute sollten parallel und gemeinsam, nicht gegeneinander arbeiten. Angesichts dieser Sachlage drängt sich eine gründliche Untersuchung der Geschäftsführung der Militärversieherung und eine rasche Abstellung der zutagegetretenen schweren Mängel der Organisation und der Geschäftsbehandlung auf; denn mit dem Versicherungsgericht anerkennen wir, dass der Wehrmaun, der im Dienste desVaterlandes an seiner Gesundheit Schaden gelitten hat, Anspruch auf die grösste Sorgfalt bei der Behandlung seines Falles durch die Behörden hat. Es handelt sich dabei nicht bloss um die Wahrung der ökonomischen Interessen der Wehrmänner, sondern ebensosehr um den Schutz der idealen Interessen des
Staates, um> die Erhaltung der Staatsgesinnung und der Dienstfreudigkeit in der Armee.

Zusammenfassend ersucht die Kommission den Bundesrat dringend, die' nötigen Massnahmen zu veranlassen, damit die ausserordentlich zahlreichen Rückstände bei der Mititärversicherung und beim Versicherungsgericht mit Beförderung und in richtiger Weise erledigt werden und insbesondere hei der Militärversiche-

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rung eine rasche und zuverlässige Abwicklung der Geschäfte gesichert werde.

3. In Pensionssachen, wo das Militärdepartement Partei isty lassi es sich vor Gericht nie vertreten und beantragt auch niemals irgendwelche prozessualen Massnahtnen. Da der Versicherte in der Regel durch die Soldatenfürsorge, durch ein Arbeitersekretariat oder einen Anwalt vertreten ist, welcher seine Interessen wahrnimmt, so resultiert daraus nicht selten eine processuale Inferiorität des Departements, die auf die materielle Entscheidung von Einfluss sein kann. Es scheint angezeigt, dass sich das Departement bzw. die Militärversicherung dieser Gerichtsfälle besser annimmt.

4. Die Raumverhältnisse im Gerichtsgebäude sind ungenügend« Es wird auf Abhülfe Bedacht genommen werden müssen.

Antrag der Kommission.

Die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichtes' und des Eidg. Versicherungsgerichtes für das Jahr 1918 wirdgenehmigt.

B e r n , den 21. Mai 1919.

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, Der Präsident: Bolli.

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Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichtes und des Eidg. Versicherungsgerichtes im Jahre 1918. (Vom 21. Mai 1919.)

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