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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bezug von Gebühren durch die Bundeskanzlei.

(Vom 25. November 1919.)

Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat uns mit Schreiben vom 5. August die Anregung unterbreitet, es sei das Bundesgesetz vom 10. Juni 1879 betreffend den Bezug von Kanzleisporteln im Sinne einer zeitgemässen Erhöhung der Gebühren zu ändern und den eidgenössischen Räten ein diesbezüglicher Antrag resp. Entwurf zu einem Bundesbeschlusse zu unterbreiten.

Der Bezug von Kanzleigebühren durch den Bund wurde erstmals geregelt durch das Bundesgesetz vom 19. Juli 1850 über den Bezug von Kanzleisporteln (A. S. Bd. II, S. 37). Dieser Erlass normierte lediglich die Gebühren, welche für die besonders verlangten Ausfertigungen von Beschlüssen und Entscheidungen der Behörden und für die Legalisationen gefordert werden sollten..

Durch das Bundesgesetz vom 10. Juni 1879 betreffend den Bezug von Kanzleisporteln (A. S. n. F. Bd. IV, S. 335) wurden unter Aufhebung des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1850 die Kanzleigebühren wesentlich erhöht, und es wurde zugleich eine Gebühr von Fr. 35 festgesetzt für die Erteilung der Bewilligung zur Erwerbung eines schweizerischen Bürgerrechts. Das bundesgesetz vom 25. Juni 1903 betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe (A. S. Bd. XIX, S. 690) hat die Gebühr für die Ausfertigung der Bewilligung zur Erwerbung des Bürgerrechtes auf Fr. 20 herabgesetzt. Die daherigen Einnahmen werden gebucht unter den Einnahmen der innerpolitischen Abteilung des politischen Departementes, während der Bezug der Kanzleigebühren betreffend Schreibarbeiten und Legalisationen im Abschnitte, Allgemeine Verwaltung, Bundeskanzlei figuriert.

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Wenu nun eine Revision der Gebühren angeregt wird, muss vorab entschieden werden, ob sie sich auf die zurzeit noch geltenden Gebühren des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1879 beschränken soll, oder ob eine Revision der Binbürgerungsgebühren damit zu verbinden sei. Wir sind der Meinung, die Festsetzung der Höhe der Einbürgerungsgebühren gehöre, wie es jetzt der Fall ist, in das Bundesgesetz betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und bilde einen organischen Bestandteil desselben. Eine allfällige Revision dieser Gebühren wird deshalb bei Aulass der Änderung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1903 zu behandeln sein.

Angesichts der in den letzten Jahren immer stärker einsetzenden Geldentwertung muss ohne weiteres anerkannt werden, dass die im Jahre 1879 aufgestellten Ansätze für die durch die Buudeskanzlei zu beziehenden Gebühren den gegenwärtigen Geldverhältnissen keineswegs mehr entsprechen. Eine angemessene Erhöhung erscheint durchaus als angezeigt. Die Ansätze für die Schreibgebühren sollten verdoppelt werden, und die Erhöhung der Legalisationsgebühr auf Fr. 3 dürfte in Ansehung der anderwärts bezogenen Legalisaüonsgebühren als eine massige bezeichnet werden.

Wenn wir lediglich der Einladung der eidgenössischen Finanzdelegation folgen würden, so würden wir beantragen, die Gebühren in dem vorbezeichneten Umfange zu normieren. Wir halten aber dafür, es sollte die Höhe der Kanzleigebühren nicht durch ein Bundesgesetz geregelt werden, sondern durch einen Bundesratsbeschluss.

Wir schöpfen diese Kompetenz aus Artikel 3, Absatz 2, des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1919 betreffend die Organisation der Bundeskanzlei (A. S. Bd. XXXV, S. 873), wonach die Obliegenheiten der Bundeskanzlei im einzelnen vom Bundesrate geordnet werden. Zu diesen Obliegenheiten gehören die Ausfertigung von Beschlüssen und Entscheiden der Behörden und die Légalisation von Unterschriften und infolgedessen auch der Bezug von Gebühren für diese Arbeiten. Abgesehen von dieser Vorschrift muss doch wohl die Befugnis zur Festsetzung solcher Gebühren als eine Administrativmassoahme betrachtet werden. Verfassungsrechtliche Vorschriften, die gegen eine derartige Regelung sprechen würden, finden sich nirgends vor. Jedenfalls führen praktische Erwägungen zu diesem Resultate.

Die Kanzleigebühren fallen für den Bundesfiskus nicht stark in
Betracht. Ausfertigungen von Beschlüssen und Entscheiden werden sehr selten verlangt, und die Zahl der Legalisationen beläuft sich in normalen Jahren auf ungefähr 1500 Fälle. Die eidgenössischen Räte sollten mit solchen geringfügigen Geschäften nicht behelligt werden.

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Die Höhe dei- Gebühren sollte den jeweiligen Geldverhältnissen angepasst und deshalb jederzeit einer Revision unterworfen werden können. Sobald sie durch ein Gesetz festgelegt wird, muss der lange Weg der Gesetzesänderung mit Referendumsvorbehalt beschritten werden.

Sobald feststeht, dass einerseits die Kanzleigebühren zu erhöhen sind und dass anderseits die Normierung derselben Sache des Bundesrates ist, muss das Bundesgesetz vom 10. Juni 1879 aufgehoben werden, damit der Bundesrat in die Lage versetzt wird, neue Gebühren festzusetzen.

Wir empfehlen Ihnen daher die Annahme des nachstehenden Entwurfes zu einem Bundesbeschlusse.

Genehmigen Sie, sehr geehrte Herren, die erneute Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 25. November 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

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(Entwurf).

Bundesbeschluss über

Aufhebung des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1879 betreffend den Bezug von Kanzleisporteln.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 25. November 1919, beschliesst: Art. 1. Das Bundesgesetz vom 10. Juni 1879 den Bezug von Kanzleisporteln wird aufgehoben.

betreffend

Art. 2. Dieser Bundesbeschluss tritt nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft.

Art. 3. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über die Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bezug von Gebühren durch die Bundeskanzlei. (Vom 25. November 1919.)

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26.11.1919

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