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Bundesgesetz über

die Unterstützung von privaten Eisenbahn- und Dampfschiffsunternehmungen zum Zwecke der Einführung des elektrischen Betriebes.

(Vom 2. Oktober 1919.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 25. April 1919, beschliesst: Art. 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, gemäss den nachstehenden Bestimmungen in Verbindung mit den Kantonen und Gemeinden diejenigen bestehenden privaten Eisenbahn- und Dampfschiffsunternehmungen, die für den allgemeinen Verkehr des Landes oder eines Gebietes desselben von erheblicher Bedeutung sind, zum Zwecke der Einführung des elektrischen Betriebes zu unterstützen, sofern dadurch die Wirtschaftlichkeit der Unternehmung nachweisbar gehoben werden kann.

Transportunternehmungen, die im wesentlichen nur dem Ortsverkehr, Touristenverkehr und dem Hotelgewerbe dienen, haben auf diese Unterstützung keinen Anspruch.

Art. 2. Die Transportunternehmung, die eine solche Unterstützung in Anspruch nehmen will, hat mit dem Gesuche um deren Anordnung eine vollständige Projektvorlage mit verbindlichem Kostenvoranschlag einzureichen und dabei den Nachweis zu leisten, dass ihr die nötige elektrische Energie gesichert ist.

Art. 3. Das Gesuch wird durch die Verwaltung der Unternehmung dem Bundesrate vorgelegt, welcher endgültig darüber

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entscheidet, ob die Voraussetzungen für die Unterstützung vorhanden sind.

Art. 4. Die Unterstützung erfolgt auf der Grundlage eines Ziisammenwirkens des Buudes mit den beteiligten Kantonen, denen anheimgestellt ist, auch Gemeinden beizuziehen.

Art. 5. Es ist in jedem einzelnen Falle eine freie Vereinbarung zwischen der Transportunternehmung einerseits und dem Bund, sowie den beteiligten Kantonen bzw. Gemeinden anderseits abzuschliessen.

Gegenstand der Vereinbarung ist entweder die Gewährung von Darlehen an die Unternehmung in der Höhe der ganzen Kosten der Elektrifizierung oder eines Teiles derselben oder die Leistung eines Beitrages an die, Verzinsung der von privaten Darleihern aufgebrachten Beträge, wobei die Unterstützung gewährenden Gemeinwesen eine Forderung an die Unternehmung im Umfange ihrer Leistungen erlangen.

Die Unterstützung in der einen oder ändern Form erfolgt in der Weise, dass der Bund die eine, die Kantone, eventuell mit Gemeinden, die andere Hälfte tragen.

Sind bei der Unterstützung mehrere Kantone beteiligt, so sind für die Höhe ihrer Beteiligung massgebend die Länge der auf die einzelnen Kantone fallenden Betriebsstrecken, sowie die Zahl der Stationen und ihre Bedeutung. Sind mehrere Gemeinden beteiligt, so wird auf die Bedeutung der einzelnen Stationen abgestellt. Wenn die Kantone bzw. Gemeinden grundsätzlich bereit sind, die ihnen auffallende Hälfte der Leistung zu übernehmen, jedoch über die Verteilung dieser Hälfte unter sich eine Verständigung nicht erzielen können, so ist in die Vereinbarung eine Bestimmung aufzunehmen, wonach der Bundesrat diese Verteilung vornimmt.

Über die Beteiligung privaten Kapitals an solchen Darlehen werden im einzelnen Falle die erforderlichen Vereinbarungen getroffen.

Art. 6. Die Elektrifizierungsdarlehen sind zu einem in jedem Falle besonders zu vereinbarenden Zinsfusse, mindestens aber mit 3 %, zu verzinsen und mit i °/o zu amortisieren.

Ergibt sich ein Reingewinn, so ist dieser unter Vorbehalt von Art. 9, Absatz 3, des Bundesbeschlusses vom 18. Dezember 1918 über Hülfeleistung an notleidende Transportunternehmungen zunächst zur Rückvergütung der bei der Gewährung des Elektrifizierungsdarlehens bewilligten Zinsermässigung zu verwenden.

122 Art. 7. Übersteigt der Anteil des Bundes am Darlehen zwei Millionen Franken oder betragt der jährliche Zinsverlust des Bundes im einzelnen Falle mehr als Fr. 40,000, so ist die Vereinbarung der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 8. Die Leistungen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden oder der privaten Darleiher, die auf Grund dieses Gesetzes den Transportimternehmungen zum Zwecke der Elektrifizierung gemacht werden, einschliesslich aller rückständigen Zinse, haben von Gesetzes wegen ein Pfandrecht an dem Unternehmen, das allen im Zeitpunkte der Darlehensgewährung bereits auf dem Unternehmen lastenden Pfandrechten vorgeht, mit Ausnahme des Vorzugspfandrechtes für Forderungen aus der Gewährung von Betriebsdefizitdarlehen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 191.8, mit dem sie im gleichen ersten Range stehen.

Art. 9. Bei einem allfälligen Rückkauf des Unternehmens durch den Bund kann dieser seine Darlehensforderung nebst Zinsen wie ein anderer Gläubiger geltend machen. Dabei kann der Bund für die Dauer des Darlehens diejenigen Zinsen beanspruchen, die er zur Zeit der Gewährung der Unterstützung selbst zu entrichten hatte. Die Forderungen des Bundes werden vom Rückkaufspreis abgezogen.

Besondere Vereinbarungen zwischen dem Bunde und den übrigen Beteiligten bleiben vorbehalten.

Art. 10. Der Bundesrat wählt auf die ordentliche Amtsdauev eine Kommission von 7 bis 9 Mitgliedern. Darin sollen die Volkswirtschaft, das Finanzwesen, die Elektrotechnik, die Bunde.sbahnen, sowie die privaten Transportunternehmungen vertreten sein. Das Eisenbahndepartement ist berechtigt, sich bei den Sitzungen der Kommission vertreten zu lassen.

Die Kommission begutachtet die einlaufenden Unterstützungsgesuche und stellt dem Eisenbahndepartement Antrag darüber, ob die Voraussetzungen für die Unterstützung vorliegen und unter welchen finanziellen und technischen Bedingungen sie gewährt werden soll. Sie äussert sich überdies über alle diejenigen allgemeinen Fragen betreffend die Elektrifizierung von Transportunternehmungen, die ihr vom Eisenbahndepartement zur Prüfung und Berichterstattung vorgelegt werden.

Art. 11. Der Bundesrat entscheidet in Fällen, wo die Voraussetzungen von Art. l vorliegen, ob und wieweit dieses Gesetz

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Anwendung findet auf Verbindlichkeiten, die- im Hinblick auf dasselbe seit dem 1. Juli 19Ì8 eingegangen worden sind.

Art. 12. Der Bundesrat setzt den Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes fest.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 2. Oktober 1919.

Der Vizepräsident: Dr. Pettavel.

Der Protokollführer: Kaeslin.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 2. Oktober 1919.

Der Präsident: H. Häberlin.

Der Protokollführer: Steiger.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Art. 89, Absatz 2, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

B e r n , den 2. Oktober 1919.

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

Datum der Veröffentlichung: 8. Oktober 1919.

Ablauf der Referendumsfrist: 6. Januar 1920.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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(Vom 2. Oktober 1919.)

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1919

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08.10.1919

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