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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Frankenstein, Camille, von Tramelan-dessus, zurzeit in Davos-Dorf.

(Vom 11. Juli 1919.)

Der Rekurrent, Camille Frankenstein, absolvierte vom 1. März; bis 6. Mai 1916 die Telegraphen-Pionier-Rekrutenschule in Zug; er hat sich während dieses Dienstes und auch nach der Entlassung nicht krank gemeldet. Im August 1916 begab er sich in Behandlung des Herrn Dr. med. Eduard König in Bern, der schon bei der ersten Untersuchung eine deutlich erkennbare Lungentuberkulose konstatierte. Trotzdem blieb der Rekurrent bis nach Absolvierung des Maturitätsexamens im September 1916 in Bern. Am 21. September 1916 hat er sich dann zum Kuraufenthalt in das Sanatorium Viktoria in Montana begeben, wo er bis Ende Mai 1918 blieb. Der dortige Kurarzt, Dr. med.

Bodmer, konstatierte eine schwere offene Tuberkulose der linken Lunge und eine leichte Erkrankung der rechten Lungenspitze.

Am 9. September 1918 ist Frankenstein, nachdem er am 14. August 1917 von der sanitarischen Untersuchungskommission für die Mobilmachung in absentia für sechs Monate dispensiert worden war, wegen Lungentuberkulose dienstuntauglich erklärt worden.

Gestützt hierauf ist der Rekurrent unterm 19. August 1918 für den Militärpflichtersatz pro 1917 und 1918 eingeschätzt worden, in welchen Jahren Frankenstein keinen Dienst geleistet hat. Gegen diese Taxation, lautend auf Fr. 32,000 in Rechnung fallende Anwartschaft und die Personaltaxe, welche dem Rekurrenten mit Avisbrief vom 19. August 1918 eröffnet worden ist, erhob dieser am 26. August 1918 Einsprache, erstens gegen die Taxation überhaupt und zweitens gegen die Besteuerung der Anwartschaft, deren Vorhandensein er bestritt. Die Einsprache, die von keinerlei Beweismitteln begleitet war, ist vom Kreiskommando Bern der kantonalen Rekursbehörde zur Behandlung als Rekurs gemäss Art. 2, lit. &, des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 überwiesen worden. Die Militärdirektion des Kantons Bern hat nach Einholung eines Gutachtens der Abteilung für Sanität

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des schweizerischen Militärdepartements das Begehren um Steuerbefreiung abgewiesen. Ein Rekurs, den Frankenstein an den Bundesrat richtete, wurde am 25. Februar 1919 abgewiesen.

Der Rekurrent zieht nun diesen Entscheid des Bundesrates an die Bundesversammlung weiter und stellt das Begehren: ,,Er möchte in Abänderung des angefochtenen Entscheides des schweizerischen Bundesrates vom 25. Februar 1919 nach Art. 2, lit. 6, · des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 von der Militärpflichtersatzsteuer enthoben werden".

Gegenüber den sehr weitläufigen Ausführungen des Rekurrenten verweisen wir auf die im beiliegenden Protokollauszug enthaltene Motivierung unseres Entscheides vom 25. Februar 1919.

Der Bundesrat als eidgenössische -Beschwerdeinstanz in Militär·steuersachen ist zur Aufhebung von kantonalen Rekursentscheiden nur zuständig, wenn diese eine Verletzung oder unrichtige Anwendung gesetzlicher Bestimmungen in sich schliessen. Er hat deshalb in casu nur zu prüfen, ob die mangels genügenden .Beweises erfolgte Abweisung der Einsprache, die Rekurrent gegen die Militärsteuerveranlagung pro 1917 und 1918 erhoben hatte, gesetzwidrig sei. Die erst nach Ausfällung des kantonalen Entscheides der Militärdirektion des Kantons Bern vom 6. September ;1918 eingereichten Zeugnisse der behandelnden Ärzte Dr. König und Dr. Bodmer waren für die Beurteilung dieser Frage irrelevant, da sie auf die Verfügung der kantonalen Rekursbehörde ohne Einfluss waren. § 12 der kantonal bernischen Vollziehungsverordnung über die Anlage und den Bezug des Militärpflichtersatzes vom 26. Februar 1902 bestimmt, dass den Einsprachen die nötigen Ausweise beizulegen sind, und dass nicht hinreichend belegte Einsprachen nicht berücksichtigt werden. Diese Vorschrift ist auf dem Avisbrief in extenso wiedergegeben und dadurch dem Rekurrenten zur Kenntnis gebracht worden. Die Einsprache, 'welche Frankenstein am 26. August 1918 an das Kreiskommando Bern gerichtet hat, war von keinerlei Ausweisen begleitet. Die Abteilung für Sanität teilte in ihrem Bericht vom 4. September 1918 der Militärdirektion des Kantons Bern mit, dass ihr für die Beurteilung der medizinischen Seite des Falles nur das Dienstbüchlein des Rekurrenten zur Verfügung gestanden sei, und dass daraus nicht ersichtlich sei, dass Frankenstein seine Krankheit im Dienst erworben oder verschlimmert habe. Der abweisende Entscheid der kantonalen Rekursinstanz schliesst deshalb keine

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Verletzung oder unrichtige Anwendung gesetzlicher Bestimmungen in sich, und es lag somit für dessen Aufhebung durch den Bundesrat kein Grund vor. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die Abteilung für Sanität in ihrem nach Kenntnisnahme der Zeugnisse der behandelnden Ärzte Dr. König und Dr. Bodmer abgegebenen Gutachten vom 11. Januar 1919 zum Schlüsse kommt, dass keinerlei Anhaltspunkte für einen Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Militärdienst vorliegen.

Bezüglich der Nichtinrechnungstellung des väterlichen Vermögens stellt der Rekurrent kein bestimmtes Begehren. Die eidgenössischen Räte sind deshalb nicht in der Lage, diesen Beschwerdepunkt zu überprüfen. Dadurch, dass Frankenstein in seinem Rekurs an den Bundesrat anerkannt hat, dass sein Vater eigenes Kapital im Geschäft investiert habe, gibt er das Vorhandensein elterlichen Vermögens zu. Der Einwand, dass es bei den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen sehr wohl möglich sei, dass ihm einst sein Vater nichts mehr hinterlassen werde, ist irrelevant. Denn es besteht nach 'dem klaren Wortlaut des Art. 5 a, Ziffer 2, des Militärsteuergesetzes kein Zweifel darüber, dass für die Veranlagung nicht das zukünftige Erbe, sondern das gegenwärtige Vermögen der Eltern in gewissem Umfange in Betracht fällt.

Wie hoch das Vermögen der Eltern des Rekurrenten einzuschätzen sei, ist eine reine Taxationsfrage, deren Beurteilung in die endliche Kompetenz der kantonalen Behörden fällt.

Im Hinblick darauf, dass der Entscheid der Militärdirektion des Kantons Bern vom 6. September 1918 keine Verletzung oder unrichtige Anwendung gesetzlicher Bestimmungen in sich schliesst und deshalb der Bundesrat nicht in der Lage war, denselben aufzuheben oder abzuändern, erscheint auch der vorliegende Rekurs als unbegründet.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, es sei der von Camille Frankenstein durch seinen bevollmächtigten Vertreter, Fürsprecher R. von Stürler in Bern, erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit.j die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. Juli 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Vizekanzler: Kaeslin.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Frankenstein, Camille, von Tramelan-dessus, zurzeit in Davos-Dorf. (Vom 11. Juli 1919.)

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1919

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1122

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16.07.1919

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261-263

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