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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erstellung von 12 Arbeiterwohnhäusern in Wimmis.

(Vom 5. September 1919.)

Tit.

Am 20. April 1917 hat der Bundesrat, gestützt auf Art. 3 des Bundesbeschlusses betreffend die Massnahmen zum Schütze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 3. August 1914, die Errichtung einer Pulverfabrik bei Wimmis beschlossen.

Bereits während des Baues dieser Fabrik sind Erhebungen angestellt worden über die Möglichkeit, bei der Betriebsverlegung das zur Übersiedelung von Worblaufen nach Wimmis in Aussicht genommene Betriebspersonal am neuen Orte unterzubringen. Man gelangte zum Ergebnis, dass dies ohne besondere Schwierigkeiten möglich sein werde, wenn einmal die Internierten und die zahlreichen am Fabrikneubau Beschäftigten, die sich teilweise mit Familien in Wimmis uud Umgebung aufhielten, wieder weggezogen sein würden.

Nachträglich hat sich nun gezeigt, dass die dortigen Wohnungsverhältnisse diesen Erwartungen nicht entsprechen. Bauarbeiter wie Internierte hatten vielfach nur improvisierte Wohnungen bezogen, die wohl für einen vorübergehenden Aufenthalt genügen mochten. Die Zahl kompletter und! für die dauernde Benützunggeeigneter Wohnungen jedoch erwies sich als bedeutend kleiner, als auf Grund der ersten Erhebungen angenommen worden war.

Dazu kommt nun noch, dass die Zahl der von Worblaufen nach Wimmis ziehenden Arbeiter grösser ist, als die Kriegstechnische Abteilung in Aussicht genommen hatte. Ursprünglich war beabsichtigt, von den Arbeitern der Pulverfabrik Worblaufen nur eine beschränkte Zahl im neuen Betriebe in Wimmis zu verwenden, d. h. einen Stock geschulter Leute., der für die sichere Weiter-

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fuhrung der Fabrikation unbedingt erforderlich ist. Den Rest der Arbeiter in Worblaufen gedachte man zu entlassen und durch in Wimmis und Umgebung bereits ansässige Leute zu ersetzen; dies unter der damals gerechtfertigten Voraussetzung, dass die in Worblaufen zu entlassenden Arbeiter mit Leichtigkeit anderswo Arbeit finden würden. Der Gang der Ereignisse hat nun die Verhältnisse derart umgestaltet, dass sie heute dieser Voraussetzung in keiner Weise mehr entsprechen. Es hat sich inzwischen bekanntlich die Arbeitslosigkeit sehr verbreitet. Die Leute, von denen man annehmen konnte, dass sie, anstatt nach Wimmis zu gehen, es vorziehen würden, in Worblaufen zu bleiben, verlangen nun im Hinblick auf die Schwierigkeit, anderweitig Arbeit zu erhalten, in Wimmis beschäftigt zu werden. Es befinden sich darunter Arbeiter mit zahlreicher Familie und auch solche, die wegen ihres vorgerückteren, jedoch zur Pensionierung noch nicht ausreichenden Alters schon in normalen Zeiten nicht mit Leichtigkeit eine neue Anstellung finden könnten. Diesen gegenüber besteht eine gewisse moralische Verpflichtung, sie weiter zu beschäftigen, was zur Folge hat, dass von den Arbeitern der Pulverfabrik Worblaufen eine grössere Zahl nach Wimmis übersiedelt, als den ursprünglichen Absichten entspricht. Dabei muss ausdrücklich bemerkt werden, dass die für die neue Fabrik in Wimmis in Aussicht genommene Arbeiterzahl (zirka 70 Mann) das Minimum dessen ist, was gebraucht wird, wenn die Fabrik überhaupt soll betrieben werden können.

Im Verlaufe des Herbstes 1916 wurde mit Fertigstellung eines Teiles der Neuanlage eine erste Gruppe Arbeiter von Worblaufen nach Wimmis beordert. Nach Massgabe der Ausdehnung des Betriebes auf die verschiedenen fertig werdenden Anlageteile wurde die Arbeiterzahl sukzessive erhöht. Hand in Hand damit gingen die Bestrebungen, für die übersiedelnden Leute in Wimmis und Umgebung Unterkunft zu finden, was grossen Schwierigkeiten begegnete. Es bedurfte einer, durch die Kriegstechnische Abteilung organisierten, Wohnungsvermittlung, die ebenso zeitraubend als undankbar war. Die Einwohnerschaft war vielfach nicht sehr entgegenkommend und die Ansprüche der Wohnungsuchenden den Verhältnissen wenig Rechnung tragend. Nach monatelangen Bemühungen ist es gelungen, von den von Worblaufen übersiedelnden verheirateten
Arbeitern in Wimmis und Umgebung alle unterzubringen bis auf acht; für diese letztem Wohnungen zu finden, ist aussichtslos. Einige der Untergebrachten wohnen überdies so weit von der Fabrik weg, oder es ist ihre Unterkunft derart primitiv, dass für diese die Wohnungsfrage nur provisorisch gelöst erscheint. Es fehlen demnach heute mindestens 12 Wohnungen für die Unterbringung des Personals der Pulverfabrik.

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Von den Gemeindebehörden Wimmis und Spiez ist wiederholt auf die durch den Zuzug von Arbeitern der Pulverfabrik daselbst entstandene Wohnungsnot aufmerksam gemacht und die Erwartung ausgesprochen worden, es möge seitens der Militärbehörden durch Erstellung von Arbeiterwohnungen mitgeholfen werden, derselben zu steuern. Auch die Öffentlichkeit hat sich mehrfach durch Zeitungseinsendungen in ähnlichem Sinne zur Sache geäussert, und es hat die Frage sogar Anlass zu sozialpolitischen Erörterungen gegeben. Von der Arbeiterschaft wurde fortgesetzt und zuletzt durch eine Eingabe vom 4. Juli 1919 an den Bundesrat die Schaffung von Unterkunft nachgesucht. Überdies hat auch die Direktion der Pulverfabrik verschiedentlich die Wünschbarkeit des Baues einiger Wohnungen in Fabriknähe ausgesprochen, damit bei Brandausbrüchen und Unglücksfällen in der Fabrik ausser der Betriebszeit die erste rasche Hilfeleistung sichergestellt sei.

Unter den obwaltenden Umständen kann die Erstellung von mindestens 12 Arbeiterwohnungen in Wimmis nicht umgangen werden. Untersuchungen, ob allenfalls der Bau dieser Häuser ermöglicht werden könnte durch Gründung einer Genossenschaft, bestehend aus Bund, den am Bau der Häuser beteiligten Unternehmern und den zukünftigen Mietern, sind angestellt worden, jedoch haben sie gezeigt, dass diese Lösung schwer ausführbar und für den Bund nicht empfehlenswert ist. Bleibt deshalb als einzige Lösung die Erstellung der Häuser durch den Bund als Arbeitgeber.

Unser Militärdepartement hat durch die Direktion der eidgenössischen Bauten Projekte für 12 Wohnungen ausarbeiten lassen, und es ist von den vier vorgelegten Varianten die Wahl auf diejenige gefallen, welche bei einfachster Bauart und bei Beschränkung von Raum und Komfort auf das unumgänglich Notwendige eine Lösung darstellt, die den neuzeitlichen, auf die Schaffung von Eigenheimen gerichteten Bestrebungen nach Möglichkeit Rechnung trägt. Diese Lösung besteht in zwei Reihen zu sechs Einfamilienhäusern, wovon jeweilen die vier Zwischenhäuser drei Zimmer und die zwei Flügelhäuser vier Zimmer erhalten werden. Dieses System ist dem Blockhaussystem mit für mehrere Wohnungen gemeinsamen Eingängen entschieden vorzuziehen und nicht wesentlich kostspieliger.

Von dem von der Burgergemei.nde Wimmis und von Privaten offerierten Bauland kommt wegen des
verhältnismässig niedrigen Preises eine in unmittelbarer Nähe des Fabrikareals liegende Parzelle in Frage, deren Inhalt von rund 13,000 m 2 den absolut notwendigen Bedarf an Bauland übersteigt, die jedoch nur als Ganzes erhältlich ist. Der für die zu erstellentien Gebäude nicht

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erforderliche Teil derselben wird erlauben, an die Arbeiterschaft der Pulverfabrik Pflanzland zu vermieten.

Die Erstellungskosten werden betragen: a. Landerwerb Fr. 35,000.-- b. Baukosten für 2 x 6 Reihenhäuser nach Kostenvoranschlag der eidgenössischen Baudirektion ' · ,, 303,160.-- c. Wege- und Platzanlagen, Wasserzti- und -ableitungen, elektrische Zuleitungen, Verschiedenes und Unvorhergesehenes . . .

,, 31,840.--- Total Kosten Fr. 370,000.-- Die gegenwärtig anormal hohen Baukosten würden bei ßVa'Voigei1 Verzinsung einen mittleren Mietzins von Fr. 2000 per Wohnung erfordern. Da ausgeschlossen ist, dass dio Arbeiter derart hohe Mietzinse zahlen können, werden die zu erstellenden Häuser eine ungenügende Rendite abwerfen.- Der Bund wird einen Teil der Zinse zu tragen haben, wie dies schon zu normalen Zeiten bei bereits bestehenden eidgenössischen Amtswohnungen geschah. Im vorliegenden Falle kann er sich dieser Pflicht um so weniger entschlagen, als bekanntlich während letzter Zeit viele städtische Gemeinwesen der Schweiz zur Behebung der Wohnungsnot genötigt sind, zahlreiche Wohnungen zu erstellen und unter grossen Opfern zu vermieten. Beispielsweise sei erwähnt, dass in Bern für eine Dreizimmerwohnung in den neuen Gemeindewohnbauten der Mietzins nur Fr. 900 beträgt, während Verzinsung des Anlagekapitals und Gehäudeunterhalt ungefähr das 2--21/2('ache erfordern.

Trotz diesen Verhältnissen ersuchen wir Sie, gestutzt auf vorstehende Darlegungen, um die Genehmigung des nachfolgenden Bundesbeschlusses, mit dem Hinweis darauf, dass die Erstellung von Arbeiterwohnhäusern in Wimmis äusserst dringlich erscheint.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 5. September 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

701 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Erstellung von 12 Arbeiterwohnhäusern in Wimmis.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 5. September 1919, beschliesst: 1. Dem Bundesrate wird für die Erstellung von 12 ArbeiterWohnhäusern in Wimmis auf Rechnung des Jahres 1919 ein Kredit von Fr. 370,000 bewilligt, 2. Dieser Beschluss tritt sofort in Kraft.

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