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Bekanntmachungen von

Departementen und ändern Verwaltungsstellen des Bundes.

Kreisschreiben des

«eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements an die Aufsichtsbehörden über das Zivilstandswesen der Kantone.

(Vom 11. Oktober 1919.)

Tit.

§ 21 des österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches bestimmte die Altersgrenze der Minderjährigkeit auf das vierundzwanzigste zurückgelegte Lebensjahr des Österreichers.

Diese Altersgrenze ist nun in bezug auf Angehörige des Staates Deutschösterreich durch Gesetz Nr. 96 dieses Staates vom 6. Februar 1919*), in Kraft erwachsen am 19. gleichen Monats, dahin abgeändert worden, dass an Stelle des Wortes ,,vierund-zwanzig" zu setzen ist ,,einundzwanzig". Infolgedessen erreicht der Angehörige des Staates Dentschösterreich die Volljährigkeit mit dem zurückgelegten einundzwanzigsten Lebensjahr.

Mit vorzüglicher Hochachtung !

Eidg. Justiz- und Polizeidepartement : Müller.

*) Staatsgesetzblatt für den Staat Deutschösterreich. 28. Stück, 96.

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Kreisschreibeiì des

eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kaetonsregierungen betreffend die Einführung des Fabrikgesetzes.

(Vom 3. Oktober 1919.)

Während der Kriegszeit konnte wegen ihrer wirtschaftlichen Einwirkungen auf unser Land das Bundesgesetz vom 18. Juni 1914 betreffend die Arbeit in den Fabriken nicht zur Anwendung gelangen. Nur einzelne Artikel wurden in Kraft gesetzt, nämlich : Art. 85 (Fabrikkommission), Bundesratsbeschluss vom 21. Oktober 1914; Art. 84 (Oberaufsieht des Bundesrates, Inspektorate), Bundesratsbeschluss vom 13. Januar 1917; Art. 36 bis 39 (eidgenössische Werkstättenkommission), Bundesratsbeschluss vom 28. März 1917; Art. 30 bis 35 (Einigungsstellen), Bundesratsbeschluss vom 1. Februar 1918.

Die Vorarbeiten für den Vollzug des ganzen Gesetzes erlitten jedoch keine Unterbrechung, und es war beabsichtigt, Gesetz und Verordnung auf den 1. Juli 1919 in Kraft zu erklären. Dazwischen kam nun der Erlass des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1919 betreffend die Arbeitszeit in den Fabriken, der eine Abänderung des Titels ,,II. Arbeitszeit" des Gesetzes vom 18. Juni 1914 mit sich brachte und daher einen nochmaligen Aufschub seiner Inkrafterklärung nötig machte.

Nachdem nun die Referendumsfrist für das Gesetz von 1919 unbenutzt abgelaufen ist, hat der Bundesrat dieses, kombiniert mit demjenigen von 1914, auf den 1. Jannar 1920 in Kraft erklärt und gleichzeitig für die gesamte neue Fabrikgesetzgebung eine Vollzugsverordnung erlassen, die auf den gleichen Tag in Kraft tritt. Die Verordnung beruht auf mehrjährigen Vorarbeiten Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. V.

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und auf der Beratung (îsovember 1918 und September 1919) durch die Fabrikkommission (Art. 85 des Gesetzes) ; der Entwurf vom 24. Mai 1918 ist am 22. Juni 1918, derjenige vom 30. Juli 1919 am 19. August auch den zuständigen kantonalen Departementen übermittelt worden.

Da die Verordnung die Kenntnis der Gesetzgebung voraussetzt, erschien es als zweckmässig, eine Textausgabe zu veranstalten, in der diese Erlasse vereinigt sind. Sie ist bestimmt sowohl für die Behörden, als für die privaten Interessenten und kann zum reduzierten Preise von 80 Rappen für das Exemplar beim Drucksachenbureau der Bundeskanzlei bezogen werden. Wir legen einige Exemplare zu Ihren Händen bei und ersuchen Sie gleichzeitig, für Bekanntmachung der Erlasse und der Anordnung betreffend deren Bezug besorgt sein zu wollen ; es ist nötig, dass dies bei der Wichtigkeit der Angelegenheit für Behörden, Fabrikinhaber und Arbeiter in ausreichender Weise geschehe.

Hinsichtlich der Rechte und Pflichten der kantonalen Behörden verweisen wir ausdrücklich auf den Inhalt des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1914/27. Juni 1919 und der Vollzugsverordnung vom 3. Oktober 1919. Dabei macheu wir aufmerksam auf den Umstand, dass gewisse Massnahmen ohne Verzug zu treffen oder einzuleiten sind, damit die neuen Vorschriften vom 1. Januar 1920 an tatsächlich zur Anwendung kommen. In dieser Beziehung ist namentlich folgendes zu erwähnen : 1. Sämtliche Fabrikinhaber sind von Ihnen einzuladen, ihre Fabrikordnungen beförderlichst den neuen Vorschriften anzupassen und nach der vorgeschriebenen Anhörung der Arbeiter Ihnen zur Genehmigung vorzulegen.

2. Ferner wollen Sie die Fabrikinhaber, die im Besitze von vorübergehenden oder dauernden Ausnahmebewilligungen betreffend die Arbeitszeit sind, darauf aufmerksam machen, dass diese mit Ende des Jahres dahinfallen, unter Vorbehalt der Übergangsbestimmung von Art. 221 der Vorordnung. Gesuche für die nachfolgende Zeit müssen nach den Vorschriften über veränderte Anordnung der Tagesarbeit (Verschiebung der Grenzen der Tagesarbeit, zweischichtiger Tagesbetrieb), Überzeitarbeit. vorübergehende oder dauernde Nacht- und Sonntagsarbeit Hülfsarbeit abgefasst und den zuständigen Behörden ohne Verzug eingereicht werden.

Wir weisen besonders darauf hin, dass im Interesse einer gleichmässigen Praxis in den Kantonen die Verordnung eingehende Bestimmungen über den Inhalt der Bewilligungen enthält und

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vorschreibt, dass die Behörden weitergehende oder andere Bedingungen nicht aufstellen dürfen (Art. 177).

3. Es ist zu beachten, dass künftig über die Unterstellung unter das Gesetz und über deren Aufhebung in erster Instanz unsere Abteilung für Industrie und Gewerbe entscheidet.

Die Verordnung (Art. 11 und 12) dehnt die bisherige Unterstellungspflicht aus auf Gasfabriken mit drei und mehr Arbeitern, Stickereien mit zwei und mehr Pantograph-Schifflimaschinen, einer und mehr Automat-Schifflimaschinen oder mit zwei und mehr Stickmaschinen (Inbegriffen Handstickmaschinen) verschiedener Systeme, Ausrüstereien.

Sie wollen die Betriebe, um die es sich handelt, ermitteln lassen und gemäss. Art. 14 und 18 der Verordnung'vor Ende des Jahres Ihre Anträge betreffend die Unterstellung einreichen.

4. Die Ihnen obliegende Bezeichnung der Gerichtsstellen, von denen Zivilstreitigkeiten aus dem Dienstverhältnis zu entscheiden sind (Art. 29 des Gesetzes), muss vor Ablauf des Jahres erfolgen, damit die Rechtsprechung vom 1. Januar 1920 an einsetzen kann. Eine Wegleitung betreffend den Vollzug von Art. 29 enthält das Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen vom 12. Oktober 1915, auf das wir hiermit verweisen.

Entsprechen in einem Kanton die bestehenden Prozessvorschriften den Grundsätzen von Art. 29, so sind neue gesetzgeberische Erlasse nicht notwendig.

Was die in unserm Kreisschreiben vom 6. April 1916, Ziffer 2, erörterte Anwendbarkeit der Bestimmungen von Art. 29, Absatz 3 und 4, auf andere Streitigkeiten als solche mit kleinem Streitwert betrifft, so wird beim Vollzug des Art. 29 überhaupt vom Standpunkt auszugehen sein, dass sein Inhalt sich nur auf Streitigkeiten bezieht, die sich aus den Art. 21 bis 28 des Fabrikgesetzes ergeben.

Wir ersuchen Sie, die vom Kanton auf Grund von Art. 29 getroffenen Massnahmen uns zur Orientierung mitteilen zu wollen.

5. Durch den Bundesratsbeschluss vom 1. Februar 1918 betreffend die Errichtung von Eiuigungsstellen sind die Kantonsregierungen ermächtigt worden, die Art. 30 bis 35 des Fabrikgesetzes auf administrativem Wege zu vollziehen. Es wird einerseits nicht möglich sein, innert eines Vierteljahres Erlasse dieser Art durch solche der Gesetzgebung zu ersetzen ; anderseits ist

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es selbstverständlich, dass die Einigungsstellcn fortbestehen müssen. Der genannte Bundesratsbeschluss kann daher noch nicht aufgehoben, soll aber möglichst bald entbehrlich werden.

Wir haben Sie schon in unserm Kreisschreiben vom 1. Februar 1918 eingeladen, die Entwürfe für den Vollzug der Art. 30 bis 35 auf dem durch die kantonale Verfassung vorgeschriebenen Wege vorzubereiten, und bei der Aufstellung der endgültigen Bestimmungen die Erfahrungen zu verwerten, die bei der Anwendung der provisorischen sich ergeben werden. Heute möchten wir Sie ersuchen, diese Arbeiten derart zu fördern, dass die endgültigen Vorlagen dem Bundesrat bald zur Genehmigung unterbreitet werden können (Art. 30, Absatz 2). Die Kantone, die endgültige Erlasse bereits besitzen, wollen diese ungesäumt dem Bundesrate einreichen.

In der Fabrikkommission ist darauf hingewiesen worden, dass die bestehenden Einigungsstellen nicht immer mit hinreichend sachkundigen Personen besetzt seien und daher nicht durchwegs zur vollen Zufriedenheit der beteiligten Kreise arbeiten. Wir legen Ihnen daher nahe, diesem Punkte spezielle Aufmerksamkeit zu widmen, und dahin zu wirken, dass die Einigungsstellen zu tunlichster Anpassung an die verschiedenartigen Verhältnisse befähigt seien.

(i. Die Anordnungen betreffend die Bezeichnung der kantonalen Vollzugsorgane und betreffend den Vollzug v,on Art. 195 der Verordnung müssen vor dem 1. Januar 1920 getroffen und veröffentlicht sein.

Die in Art. 195 vorgeschriebene Mitteilung dieser Anordnungen an unser Departement, Abteilung für Industrie und Gewerbe, erbitten wir in zwei Exemplaren.

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass wir auch Ihre Mitteilung darüber erwarten (Verordnung Art. 188), wie lange die gesetzliche Verpflichtung zum täglichen Schulbesuch dauert.

7. Das ,,Verzeichnis der Arbeiter und Angestellten" (Beilage II zur Verordnung) ist gegenüber dein bisherigen etwas erweitert, das ,,Wöchnerinnenverzeichiiis"1 (Beilage III") überhaupt neu; beide sind obligatorisch. Es steht Ihnen frei, diese Formulare für die Fabrikinhaber erstellen zu lassen.

Den Fragebogen betreffend die Unterstellung (Beilage I) werden wir, wie bisher, zur Verfügung stellen.

Hinsichtlich der Niederkunftsausweise (Gesetz, Art. 69, Absatz 3) und der Altersausweise (Gesetz, Art. 73, Absatz 2) wird

265 der Bundesrat Ihnen zuhanden der Zivilsiandsämter und der Polizeibehörden besondere Mitteilungen machen.

8. Wir möchtenim Hinblick auf die von Ihnen zu treffenden Massnahmen nicht unterlassen, noch besonders auf folgende Punktehinzuweisen: .

' «. die bis Ende des Jahres 1919 erteilten kantonalen Bewilligungen betreffend die Genehmigung von Fabrikanlagen und betreffend die Betriebseröffnung solcher werden durch das Inkrafttreten der neuen Vorschriften nicht berührt ; b. die Vorschriften des Titels V (Gesetz und Verordnung} hinsichtlich der Bewilligung zur Erstellung von Anstalten für die Unterkunft und Verpflegung der Arbeiter und hinsichtlich der Genehmigung von Kassenstatuten eröffnen den, Kantonsregierungen ein erweitertes Tätigkeitsgebiet und erfordern daher spezielle Beachtung; c. die Art. 75 und 76 des Gesetzes bandeln von jugendlichen Personen, die nicht Lehrlinge sind. Die Verpflichtung desFabrikinhabers im Hinblick auf den obligatorischen und beruflichen Unterricht für Lehrlinge richtet sich nach Art. 337 des Obligationenrechts.

· ......

Wir bitten Sie, dem Vollzüge der neuen Vorschriften Ihre besondere Sorgfalt zu widmen und namentlich auch dahin zu "wirken, dass die Bezirks- und Gemeindebehörden allseitig ihre Obliegenheiten gewissenhaft erfüllen. Der Gesetzesvollzug verbleibt auch weiterhin den Kantonen, und von der Einsicht und Tatkraft ihrer Organe hängt es ab, ob er in glücklicher und beide Teile befriedigender Weise sich gestalte.

u Mit vollkommener Hochachtung.

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B e r n , den 3. Oktober 1919.

Eidgenössisclies

VolksioirtKcliaftsdeparlcrncnt: Schulthess.

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Bundesbeitrag an die Lebensversicherungen der eidg.

Beamten und Angestellten.

Mit Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesrates vom 17. November 1882 und unsere bezügliche Bekanntmachung vom 16. Oktober 1883 erinnern wir daran, dass unter Umständen auch solche Beamte, Angestellte und ständige Arbeiter der eidg.

Verwaltungszweige, die gar nicht oder mit weniger als Fr. 5000 Versicherungssumme beim Schweiz. Lebensversicherungsverein versichert sind, aber bei einer ändern vom Bundesrat konzessionierton Gesellschaft eine Lebensversicherung auf den Todesfall abgeschlossen haben, an der dem genannten Verein zur Prämienreduktion jährlich bewilligten Bundessubvention Anteil haben können, sofern eine der folgenden Bedingungen zutrifft : a. wenn die zu unterstützende Lebensversicherung schon vor dem I.Januar 1876 bestand; b. wenn die Versicherung vor dem Eintritt in den eidg. Dienst eingegangen wurde; o. wenn der Versicherte vom Schweiz. Lebensversicherungsverein wegen mangelhafter Gesundheit abgewiesen oder mehr als 6 Monate zurückgestellt werden musste, oder wenn die Versicherungssumme reduziert wurde; d. wenn der Versicherte eine Abänderung eines beim Schweiz.

Lebens Versicherung« verein eingereichten Antrages nicht angenommen hat, sich aber bei einer ändern Gesellschaft nach dem ursprünglich bei obigem Verein eingereichten Antrag versichern konnte.

Die Begünstigung erstreckt sieh auf die effektiv bezahlten Prämien bis zu einer Versicherungssumme von Fr. 5000, darf jedoch 12 °/oo der subventionsberechtigten Versicherungssumme, sowie den absoluten Betrag von Fr. 60 nicht übersteigen, wobei Versicherungen beim Schweiz. Lebensversicherungsverein inbegriffen sind, Anspruchbereehtigte werden hiermit ersucht, Sämtliche Prämienquittungen für das Jahr 1919 mit Begleitschreiben und Angabe der Adresse (Name und Vorname) und derzeitige amtliche Stellung längstens bis zum 15. November nächsthin der Verwaltung des Schweiz. Lebensversicherungsvereins in Basel frankiert zuzusenden. Spätere Einsendungen und Ansprüche für frühere Jahre können keine Berücksichtigung finden.

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Bei der erstmaligen Anmeldung ist ausserdam die Binsendung der Police und des Ernennungsschreibens, sowie die Angabe des Datums des Eintritts in den eidg. Dienst und des Geburtsdatums erforderlich.

Besitzt der Gesuchsteller auch eine Versicherung beim Schweiz. Lebensversicherungsverein, so ist die Policenummer anzugeben.

Die Verwaltung des Schweiz. Lebensversicherungsvereins wird, wie bisher, bei Rücksendung der Belege die Auszahlung der Anteile der Bundessubvention besorgen und auf Anfrage hin -direkt jede wünschbare Auskunft erteilen.

B e r n , den 18. Oktober 1919.

(2.).

Departement des Innern.

Verzeichnis der allgemeinen Ausfuhrbewilligungen.

Die eidgenössische Oberzolldirektion hat ein neues Verzeichnis der auf 10. Oktober 1919 in Kraft gesetzten allgemeinen Ausfuhrbewilligungen herausgegeben. Das Verzeichnis, welchem als Anhang die Vorschriften betreffend die Ausfuhr von Verpackungsmaterial und den gebrochenen Transit beigegeben sind, wird je nach Einräumung weiterer Erleichterungen durch Nachträge ergänzt werden.

Dasselbe kann bei der schweizerischen Oberzolldirektion, den Kreiszolldirektionen in Basel, Schaffhausen, Chur, Lugano, Lausanne und Genf, sowie bei den Hauptzollämtern Luzern, Zürich und St. Gallen zum Preise von 80 Cts. per Exemplar bezogen werden.

B e r n , den 11. Oktober 1919.

(2..)

Eidg. Oberzolldirektion.

Die Broschüre, enthaltend die Vorschriften des Bundes über die Arbeit in den Fabriken, kann zum Preise von 80 Cts. plus 5 Cts. Porto (per Mandat) bezogen werden oeim Drucksachenbureau der Schweiz. Bundeskanzlei.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bundes.

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Jahr

1919

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.10.1919

Date Data Seite

260-267

Page Pagina Ref. No

10 027 296

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