600

# S T #

z u

5 7 5

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Bundesratsbeschluss vom 16. Juni 1919 betreffend Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung..

(Vom 16. Juni 1919.)

Es ist eine Tatsache, dass Wehrmänner, die im Militärdienst oder infolge desselben erkrankten, und ihre Angehörigen, sowie die Hinterlassenen von im Militärdienst oder an einer durch den Militärdienst erworbenen Krankheit verstorbenen Wehrmännern, sehr häufig, soweit nicht noch andere Unterhaltsmittel neben den Leistungen der eidgenössischen Militärversicherung zur Verfügung standen, in eine bedrängte Lage gerieten. Dieser schon seit längerer Zeit bestehende Umstand beweist, dass die Ansätze, die im Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, vom 28. Juni 1901, gegeben sind, mit den heutigen Lebensverhältnissen nicht mehr in Übereinstimmung stehen, was bereits auch schon in den eidgenössischen Räten gesagt und anerkannt worden ist. Durch die Motion Nationalrat Straumann ist sofortige Revision des Militärversicherungsgesetzes vom 23. Dezember 1914 verlangt und vom Bundesrat bereits zugesagt worden. Die eingetretenen Umstände Messen es jedoch nicht zu, diese Revision abzuwarten, sondern es mussten provisorische Massnahmen ergriffen werden, um da, wo sofortige Behebung von Mängeln als geboten anerkannt worden war, Abhülfe bringen zu können. Es muss ohne weiteres zugegeben werden, dass eine Revision des Gesetzes erst recht spät die notwendigen Verbesserungen hätte bringen können.

Diesem Umstände wurde bereits durch die Bundesratsbeschlüsse vom 4. Januar 1918 und 15. November 1918 Rechnung getragen ; das Maximum des Krankengeldes wurde über das im Gesetz von 1914 vorgesehene heraufgesetzt, und es sind prozentuale Erhöhungen der Pensionen eingeführt worden.

Diese Erhöhungen bestanden für das Jahr 1918 : a. in der Schaffung neuer Verdienstklassen, so dass über die bereits bestehenden Krankengeldklassen von Fr. 2.10, 2.80,

601

3. 50, 4. 20 und 5. 25 hinaus noch solche von FIY 5. 60.

6. 30 und 7. -- aufgestellt wurden ; b. in der Gewährung eines jährlichen Teuerungszuschlâges von« 15 °/o zu den Pensionen, der vom 1. November 1918 hinweg auf 25 °/o erhöht wurde.

Durch Bundesratsbeschluss vom 1. Februar 1919 wurdendiese Erhöhungen (neue Krankengeldklassen und 25 °/o Teuerungszulage zu den Pensionen) auch für das Jahr 1919 gewährt.

Es zeigte sich aber, dass auch diese Erhöhungen ungenügend waren ; Eingaben von verschiedenen Kantonsregierungen und von Privaten, sowie Äusserungen in der Presse wiesen verschiedentlich darauf hin. Dies veranlasste unser Militärdepartement im Februar 1919, eine Expertenkommission, zusammengesetzt aus den Vertretern eidgenössischer Behörden, mehrerer Kantone, sowie der amtlichen und freiwilligen Armeefürsorge, unter dem Vorsitz.

des Oberfeldarztes zur Prüfung der Frage der Erhöhung der Versicherungsleistungen einzuberufen. Die Kommission bestätigte des bestimmtesten das Ungenügen der Leistungen der eidgenössischen Militär Versicherung und liess durch den Oberfeldarzt weitgehende Verbesserungsvorschläge einreichen. Nachdem sich auch noch das eidgenössische Versicherungsgericht zur Angelegenheit geäussert hatte, wurde von uns der beiliegende Beschluss gefasst.

Wir haben uns nicht verhehlt, dass dieser Beschluss namhafte finanzielle Folgen mit sich bringen wird. Wir hielten jedoch dafür, dass vor allem eine ausreichende staatliche Hülfe an die .im Militärdienst verunfallten oder erkrankten Wehrmänner und an die Angehörigen derselben erforderlich ist, und dass die daherige Erhöhung der Auslagen des Bundes eben als eine unausweichliche Folge der durch die Kriegszeiten geschaffenen Lage hingenommen werden muss. Diese Mehrausgaben fallen übrigens bei der grossen Mobilisationsschuld an sich nicht besonders in Betracht, wie dies auch in der vorerwähnten Expertenkommission betont wurde.

Auf Grund der geführten Statistik ist es möglich, verschiedene Wahrscheinlichkeitsberechnungen über die finanziellen Folgen unseres Beschlusses aufzustellen. Es wäre aber zwecklos, hier die Details dieser ausführlich geführten Rechnungsarten anzugeben, einmal weil die Resultate nicht stark auseinandergehen und anderseits weil die Zahl der für das laufende Jahr zu erwartenden Entschädigungsfälle auch nicht von ferne genau geschätzt werden kann.

602

"Wenn keine aussergewöhnlichen Verhältnisse eintreten, so könnte auf Grund der seit Anfang des Jahres erfolgten Erkrankungen von Versicherten für das laufende Jahr die Zahl von 10,000 Militärpatienten als Grundlage angenommen werden. Die finanziellen Konsequenzen der Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung lassen sich bei dieser Annahme folgendermasseu 'beziffern : Ad Art. 1. In den Jahren 1902--1917 wurde von der .Militärvcrsicherung bei einem maximal zu berechnenden Tages· verdienst von Fr. 7.50, respektive einem maximalen Krankengeld von Fr. 5.25, im Durchschnitt ein Krankengeld von Fr. 3 bezahlt.

Vom 1. Januar 1918 hinweg ist dann infolge der Erhöhung des anrechenbaren Tagesverdienstes auf Fr. 10, respektive des Krankengeldes auf Fr. 7, das durchschnittliche Krankengeld auf .Fr. 4 pro Tag gestiegen, und es würde dasselbe also bei einem Lohnmaximum von Fr. 15 pro Tag Fr. 6 betragen. Da indessen in der letzten Zeit die Lohngrenzen sich noch weiter nach oben verschoben haben und also diese Zahl noch zu niedrig sein und eher mit einem Durchschnittskrankengeld von zirka Fr. 7 ge.rechnet werden dürfte, so ergäbe sich hieraus eine Mehrausgabo von Fr. 3 pro Mann und Krankheitstag, für 300,000 Krankheitstage also eine solche von Fr. 900,000 pro Jahr. Für das Jahr 1919 würde die Mehrausgabe bei Festsetzung des Beginns der Erhöhung auf 1. Juli 1919 noch Fr. 450,000 betragen.

Wir glauben mit der Ansetzung von weitern Stufen des für ·die Berechnung des Krankengeldes zu berücksichtigenden Verdienstes dem vorhandenen Bedürfnisse soweit tunlich entsprochen und für die weitaus grösste Zahl der Fälle eine ausreichende Hülfe geschaffen zu haben ; beträgt doch das Maximum des anrechenbaren Tagesverdienstes Fr. 15 gegenüber Fr. 7. 50 im Militärversicherungsgesetz von 1901 und das Maximum des Krankengeldes Fr. 10. 50 gegenüber Fr. 5. 25 im Tag.

Ad Art. 2. Wenn wir annehmen, dass von den vorgesehenen 300,000 Krankeitstagen 20 °/o als häusliche zu betrachten sind, so ergeben diese 60,000 Krankheitstage, an denen der Spital·ersatz um Fr. 1. 50 zu erhöhen wäre, eine Mehrausgabe von .Fr. 90,000.

Ad Art. 3. Diese Bestimmung hat keine finanziellen Folgen.

1919

Ad Art. 4. Seit dem 1. Juli 1918 hatten wir bis am 31. Mai rund 2040 Todesfälle zu verzeichnen. Dies ergibt, wenn

603

in allen Fällen eine einmalige Entschädigung von Fr. 200 ausgerichtet wird, eine Summe von Fr. 408,000. Für n o r m a l e J a h r e würde die Ausrichtung einer derartigen Entschädigung die Summe von Fr. 8000 bis Fr. 10,000 ergeben. Für das l a u f e n d e J a h r , unter der Annahme, dass 200 Todesfalle sich ereignen würden, Fr. 40,000.

Ad Art. 5. Die Teuerungszulage von 25 % zu den auf den 31. Mai 1919 in Kraft bestehenden Pensionen beträgt im Monat Fr. 37,000. Ihre Erhöhung um 15 °/o ergäbe die Summe von Fr. 22,200, was eine Mehrausgabe von Fr. 266,400 im Jahr bedeuten würde.

Ad Art. G. Wie für die Berechnung des Krankengeldes, so müssen auch für die Festsetzung der Pensionen entsprechende acht obere Jahresverdienstklassen vorgesehen werden, um der Erhöhung der Löhne und des Verdienstes überhaupt nach Tunlichkeit Rücksicht zu tragen. Die dadurch bedingten Ausgaben lassen sich nicht berechnen, da selbstverständlich die Zahl und die Art der auf den 30. Juni 1919 folgenden Pensionsfälle nicht vorausgesehen werden können.

Wir schliessen mit dem Antrage, die Bundesversammlung möge den Bundesratsbeschluss vom 16. Juni 1919 betreffend Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung (siehe Beilage), gestützt auf Ziffer I, Absatz 3, des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, genehmigen.

B e r n , den 16. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

604 Seilage.

Bundesratsfoeschluss betreffend

Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung.

(Vom 16. Juni 1919.)

D e r s c h w e i z e r i s c h e B u n d e sr a t , auf den Antrag seines Militärdepartements, beschliesst: Art. 1. Zu den gemäss Art. 23 des Bundesgesetzes betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, vom 28. Juni 1901 (in der Folge mit M. V. Gr. bezeichnet) bestehenden fünf Klassen des Tagesverdienstes werden für die Berechnung des Krankengeldes mit Wirkung vom 1. Juli 1919 hinweg folgende acht höhere Klassen aufgestellt: 6. Klasse Fr. 7. 51 bis und mit Fr. 8. -- 7- « ,, 8.01-,, ,, ,, ,, 9.8. ,, ,, 9.01 ,, ,, ,, ,, 10.9. ,, ,, 10.01 ,, ,, ,, ,, 11.10. ,, ,, 11.01 ,, ,, ,, ,, ,,12. 11. ,, ,, 12.01 ,, ,, ,, ,, 13.12. ,, fl 13.01 ,, ,, B ,, 14.13. ,, ,, 14.01 ,, ,, B ,, 15.Das sich nach dem anrechenbaren Tagesverdienste richtende Krankengeld, das bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit 70 °/o des dem Geschädigten entgehenden Verdienstes beträgt, wird an Stelle der in Art. 19 M. V. G. für die ersten dreissig Krankheitstage nach Ablauf des Dienstes vorgesehenen festen Vergütung von Fr. 5. ---, beziehungsweise Fr. 3. -- ausgerichtet. Im übrigen bleiben die bestehenden Vorschriften über das Krankengeld massgebend.

Art. 2. Der Spitalersatz wird in Abänderung der Bestimmungen in Absatz l des Art. 21 M. V. G. ab 1. Juli 1919 auf Fr. 4. -- pro Tag einheitlich für Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten erhöht.

Art. 3. Die eidgenössische Militärversicherung wird ermächtigt, auf Antrag der Familie oder deren Vertreter (z. B. Behörden, Fürsorgeorgane etc.) das Krankengeld bis auf 90 % seines Be-

605

träges statt an den kranken Wehrmann direkt an die Familie, oder deren Vertreter auszuzahlen. Desgleichen kann die eidgenössische Militärversicherung anordnen, dass ein Teil des Spitalersatzes an den behandelnden Arzt, immerhin nur auf ein Gesuch des letztem hin, als Deckung für seine Bemühungen auszurichten sei.

Art. 4. In allen Todesfällen wird den Hinterlassenen, ob ein Bedürfnis vorliegt oder nicht, eine einmalige Entschädigung von Fr. 200. -- ausgerichtet und zwar mit Rückwirkung auf alle seit dem 1. Juli 1918 vorgekommenen Todesfälle. Sie darf von der allfällig nachher gewährten Pension nicht in Abzug gebracht werden.

Diese'Entschädigung wird ausbezahlt an die gemäss Art. 34 bis 37 M. V. G. als Empfänger von Pensionen in Betracht kommenden Hinterlassenen. Dabei schliessen Witwen und Kinder oder die Witwe oder die Kinder die Eltern, die Eltern die Geschwister und die Geschwister die Grosseltern des verstorbenen Wehrmannes aus.

Art. 5. Zu allen Pensionen von Invaliden, bei welchen der Zeitpunkt der Invaliditätserklärung vor den 1. Juli 1919 fällt, sowie zu allen Pensionen von Hinterlassenen vor dem 1. Juli 1919 verstorbener Wehrmänner wird eine jährliche Teuerungszulage "von 40 °/o des Betrages der Pension rückwirkend vom 1. Januar 1919 hinweg gewährt, abzüglich der bereits pro 1919 bezogenen bisherigen Zulage.

Art. 6. Für die Pensionen von Invaliden, bei welchen der Zeitpunkt der Invaliditätserklärung nach dem 30. Juni 1919 fällt, sowie für die Pensionen von Hinterlassenen nach dem 30. Juni 1919 verstorbener Wehrmänner werden die Jahresverdienstklassen -wie folgt angesetzt: 1. Klasse Fr. 900.-- 2. 11 n 1200. -- 3. n n 1500. -- 4. ·n n 1800. -- 5. ·n n 2250. -- 6. 11 n 2400. -- 7. 11 n 2700. -- je 300facher Tagesverdienst.

8. n n 3000. -- 9. n ·n 3300. -- 10. n n 3600. -- 11. 11 11 3900. -- 12. n n 4200. -- 13. ): n 4500. --

(tt)6

Art. 7. Durch diesen Beschluss werden aufgehoben alle mit demselben in Widerspruch stehenden Bestimmungen von Gesetzen, Verordnungen und Beschlüssen, insbesondere auf 1. Juli 1919: a. Bundesratsbeschluss vom 4. Januar 1918 (A. S. XXXIV, S. 1); b. Bundesratsbeschluss vom 15. November 1918 (A. S. XXXIV, S. 1169); c. Bundesratsbeschluss vom I.Februar 1919 (A. S. XXXV, S. 86).

Art. 8. Dieser Beschluss tritt unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung mit 1. Juli 1919 in Kraft.

Bern, den 16. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bandespräsident:

Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

-»-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Bundesratsbeschluss vom 16. Juni 1919 betreffend Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung. (Vom 16. Juni 1919.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1919

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

575

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.06.1919

Date Data Seite

600-606

Page Pagina Ref. No

10 027 156

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.