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Schweizerische Bundesversammlung.

Dio gesetzgebenden Räte der Eidgenossenschaft sind am 10. November 1919, nachmittags 4 Uhr, zur Fortsetzung der Herbstsession zusammengetreten.

In beiden Räten gedachten die Präsidien bei der Sessionseröffnung in ehrenden Worten (siehe Seite 401 hiernach) des am 9. November verstorbenen Herrn Bundesrat Eduard Müller.

Hinscheid des Herrn Bundesrat Eduard Müller.

Herr Bundesrat Eduard M ü l l e r ist am 9. November 1919, mittags 12 Uhr, in Bern gestorben.

Der Bundesrath hat den Kantonsregierungen, den Mitgliedern der Bundesversammlung und dem Bundesgericht durch folgendes Schreiben hiervon Kenntnis gegeben : Von herbem Schmerz erfüllt teilen wir Ihnen mit, dass unser hochverehrter Kollege, Herr Bundesrat Dr. Eduard Müller, von Nidau, Sonntag den 9. November, mittags, um 12 Uhr, drei Tage vor Vollendung seines 71. Altersjahres, nach kurzer Krankheit entschlafen ist.

Eduard Müller, geboren am 12. November 1848, wandte sich dem Studium der Rechte zu und liess sich nach Absolvierung des bernischen Staatsexamens zunächst als Fürsprecher in Bern nieder. Seine fortschrittliche patriotische Gesinnung wies ihn schon früh auf die Beschäftigung mit den öffentlichen Dingen hin. Das Vertrauen seiner Mitbürger berief ihn an die Spitze der Verwaltung der Bundesstadt. Bereits am 26. Oktober 1884 wurde er in den Nationalrat gewählt. Damit ward ihm das Feld der eidgenössischen Politik zur Betätigung freigegeben, auf welchem er sich im Verlaufe seines arbeitsreichen Lebens grosse und dauernde Verdienste erwerben sollte. Er wurde am 2. Dezember 1890 zum Präsidenten des Nationalrates gewählt, und als im Jahre 1895 der hervorragende bernische Staatsmann,. Bundesrat Dr. Schenk, der obersten Landesbehörde durch den Tod entrissen wurde, erkor die Bundesversammlung Eduard Müller zu seinem Nach-

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folger. Die Leitung des Justiz- und Polizeidepartementes, die ihm zunächst zufiel, vertauschte er, der sich auch auf militärischem Gebiet früh ausgezeichnet und den Grad eines Oberstdivisionar« erworben hatte, im Jahr 1897 mit derjenigen des Militärdepartements, die er bis zum Jahre 1912 beibehielt. In diesem Jahr kehrte er zum Justiz- und Polizeidepartement zurück, dem er von nun an bis zu seines Lebens Ende vorstand. Die Würde des Bundespräsidenten hat er in den Jahren 1899, 1907 und 1913 bekleidet, in welchen Jahren er die Geschäfte des politischen Departementcs zu leiten hatte.

Aus der Fülle seines überreichen Lebenswerkes ragen besonders hervor die Verdienste, die er sich um die Organisation unseres Heerwesens und um die Verwirklichung der Vereinheitlichung des schweizerischen Strafrechtes erworben hat.

Seiner mit eindringender Sachkenntnis gepaarten staatsmännischen Klugheit ist zum guten Teil das Zustandekommen der Militärorganisation vom 12. April 1907 zu danken, und wenn unsere Armee in den Zeiten des Weltkrieges sich als ein achtuugsheischender Schutzwall gegenüber den dräuenden Gefahren erwiesen hat, so soll nicht vergessen sein, dass Eduard Müller in hervorragender Weise hierfür durch die Neugestaltung unseres Heerwesens die Grundlage schaffen half.

Nach Inkrafttreten des schweizerischen Zivilgesetzbuches war der Moment gekommen, um die bis zu diesem Zeitpunkt zurückgestellten Arbeiten zur Vereinheitlichung des schweizerischen Strafrechts wieder aufzunehmen. Diese Aufgabe fiel Eduard Müller zu, als er im Jahr 1912 die Leitung des Justiz- und Polizoideptxrtementes übernahm, und er, der schon zu Anfang der 1890er Jahre der ersten Expertenkommission für ein schweizerisches Strafgesetzbuch angehört hatte, widmete sich ihr mit neuem Eifer und nie ermüdender Arbeitsfreudigkeit. Noch ehe dieses Werk zu Ende geführt war, trat auf Grund der Erfahrungen des langen Aktivdienstes während den Kriegsjahren die Notwendigkeit zutage, das veraltete Militärstrafrecht zeitgemäss umzugestalten. Auch diese neue Bürde schreckte den Verstorbenen nicht, und er setzte sich ganz für die Förderung dieses Werkes ein. Heute liegen tlie Entwürfe zu einem schweizerischen Strafgesetzbuch vom 23. Juli 1918 und eines schweizerischen Militärstrafgesetzbuches vom 26. November 1918 den eidgenössischen Räten vor. Die
Krönung des Werkes, dem Eduard Müller die beste Kraft seiner letzten Lebensjahre gewidmet hat, das Inkrafttreten der von ihm vorbereiteten Strafgesetzbücher, war ihm zu erleben nicht vergönnt.

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Ein tatenfrohes, mit segensreicher Arbeit zum Wohle des Schweizerlandes erfülltes Leben hat seinen Abschluss gefunden.

Bin allzeit aufrechter Mann, erfüllt vom Ideal demokratischer Gerechtigkeit, begabt mit einem durchdringenden Verstand und reich an staatsmännischer Erfahrung, ist von uns geschieden, der mit der Strenge gegen sich selbst herzliches Wohlwollen gegenüber ändern zu verbinden wusste. Wir werden ihn mit Ihnen und dem ganzen Lande in liebevollem Andenken behalten.

Im N a t i o n a l r a t hielt bei der Eröffnung der Session am 10. November Herr Präsident Dr. H. Häberlin folgenden Nachruf: Meine Herren Kollegen !

Mit Herzeleid eröffne ich die heutige Sitzung. Herr Bundesrat Müller ist von uns gegangen. Nicht ganz unerwartet kam die schlimme Botschaft. Seit einem halben Jahre war der sonst so kraftstrotzende Siebziger nicht mehr ganz der Alte. Wenn man ihn tröstend darauf hinwies, dass er nunmehr in wohlverdienter Ruhe sich von den Überanstrengungen der Kriegszeit werde erholen können, schüttelte er zweifelnd das Haupt, er habe das Gefühl, dass mehr an ihm nage als nur eine freilich vorhandene Ermüdung. Am Sonntag mittag, den 9. November, ist der Tod an ihn herangetreten und hat ihm gnädig das erspart, was ihm, dem Starken, sicher das Schrecklichste gewesen wäre, ein langes Siechtum.

Im Jahre 1848 geboren, studierte der junge Berner Jurist an den Universitäten Bern, Heidelberg, Leipzig und Paris. Aus dem Anwaltsberufe heraus rief ihn das Richteramt. Der Gerichtspräsident von Bern liess schon deutlich einen der Hauptcharakterzüge erkennen, die wir später an ihm so hochschätzen lernten : das fadengerade Wesen, das nicht rechts und nicht links schaute bei Verfolgung des Rechten. In den achtziger Jahren griff er in die kantonale und Gemeindepolitik ein, wurde Grossratsmitglied und Stadtpräsident von Bern. Tatkräftig erfasste er die nicht leichten Verwaltungsaufgaben, die seiner harrten. Die fruchtbare Arbeit zu fördern, war eines seiner Hauptziele ; Zeuge davon waren die von ihm ins Leben gerufenen Lehrwerkstätten, die Arbeitslosenunterstützung, der Arbeitsnachweis.

Im Jahre 1884 wurde er vom Mittelland in den Nationalrat entsandt; schon 1890 war er dessen Präsident. Da mit seiner glänzenden bürgerlichen Laufbahn auch die militärische Schritt

402 hielt, die ihn 1885 zum Obersten avancieren und in der Folge die 5. und 3. Division führen liess, ist es wohl kein Zufall, dass ihn auch im Parlament vor allem militärische Probleme anzogen, die Organisation des Wehrwesens, das Militärstrafgesetz, neben ihnen immerhin auch spezifisch juristische und staatsrechtliche Fragen ihn als Kommissionsreferenten und geschätzten Experten in Anspruch nahmen.

Im Jahre 1895 löste Herr Müller im Bundesrate den Berner Schenk ab; seine schöne Wahl zeigte das grosse Vertrauen, das pflichtbewusste Arbeit ihm bei seineu Kollegen erworben hatte.

Von 1895 bis 1897 stand er an der Spitze des Justizdeparteiments und nahm dort zum ersten Male Fühlung mit den noch in der Vorbereitung befindlichen Problemen der Reehtseinheit. Vierzehn Jahre lang hat er dann das Militärdepartement verwaltet, dieses Dikasterinm, das mit seinen bald weitausgreifenden, bald ins Kleine und Kleinliche hineinspielenden technischen, finanziellen, politischen und -- nicht zuletzt -- Personenfragen die Arbeitskraft auch des zähesten Vorstehers allmählich zermürben muss.

Doch sind ihm auch grosse Sonnentage in dieser Tätigkeit beschieden gewesen ; er durfte die unser Heer verjüngende neue Militärorganisation nach langem Ringen als sein und seiner Mitarbeiter Werk vom Schweizervolke gutgeheissen sehen. Und wenn ihm vielleicht militärisches Bureaukratentum manchmal das Departement verärgern mochte, so liess er sich doch nicht unterkriegen; aus seinen an die Truppenoffiziere gerichteten Direktionen atmete ein frischer, moderner Geist, der auch uns damals noch Jüngere erquickte.

Als dann nach dem jähen Hinschiede von Herrn Bundesrat Brenner Herr Bundesrat Müller in die Bresche sprang und wieder als Chef des Justizdepartements an die gewaltigen Fragen der Rechtseinheit mit all den begleitenden Komplikationen, an die Reorganisation der Bundesverwaltung und viele andere rechtlich und politisch verquickte Fragen herantrat, da -- es soll nicht verhohlen werden -- fragte sich auch unter uns manch einer : wie wird der 65jährige nach so langer Entfremdung von der juristischen Tätigkeit mit diesen neuen Aufgaben fertig werden?

Da muss nun konstatiert werden, was der breiten Öffentlichkeit sich vielleicht eher entzog, was aber namentlich diejenigen, welche in den vorbereitenden Kommissionen mit ihm
zusammenarbeiten durften -- man denke an die Strafrechtskommission --, mit eigentlicher Bewunderung feststellen, dass der Verstorbene nicht nur sich seine natürliche, praktische geistige Frische voll bewahrt

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hatte, sondern dass er auch in die subtilen wissenschaftlichen Fragen sich leicht einarbeitete und bei aller Grundsätzlichkeit in den Hauptlinien gesetzgeberisch schmiegsam war. Wenn ihm im letzten Jahre die Leitung der Fremdenpolizei da und dort Anfechtungen eingetragen hat, so wird derjenige, der beurteilen kann, wie die hier zutage tretenden diametral entgegengesetzten Interessen schon an einem g e s u n d e n Mann direkt nervenzerstörend reissen müssen, dem k r a n k e n Manne für das Erreichte gerecht werden.

Über den Departementen, denen der Verstorbene vorzustehen hatte, vergass er aber nicht, dass der Bundesrat nicht nur zu verwalten, sondern auch zu regieren hat. Er nahm lebhaften Anteil an den politischen Fragen höherer Ordnung. Untrügliche Richtschnur war ihm dabei sein kräftiges schweizerisches Empfinden, sein gesunder Sinn für das Rechte und Einfache, sein Abscheu vor Unklarheit und Schaukelpolitik. Wie vornehm und opferbereit sein gerader Sinn war, hat er am allerdeutlichsten noch im letzten Jahre seiner Tätigkeit bewiesen, als schmutzige Hämlinge sein rein schweizerisches Denken anzweifeln wollten ; ·er hat schweigend auf eine ihm zukommende Ehrung verzichtet, um dem eidgenössischen Bedürfnis nach brüderlicher Einigkeit zu einem sinnenfälligen Ausdruck zu verhelfen. -- Aus der freisinnigen Partei hervorgegangen, ist Bundesrat Müller deren Anschauungen bis '/.um Ende treu geblieben. Der Freisinn war ihm nicht Fabrikmarke; er war sein Wesen.

Wir hatten gehofft, duss dem unermüdlichen Arbeiter nun noch Jahre der Ruhe im Kreise der Familie beschieden sein möchten. Ein tragisches Geschick wollte es anders. Wenige Tage vor dem selbstbestimmten Ende einer durch restlose Pflichterfüllung ausgezeichneten Tätigkeit wurde er abberufen.

. Im Namen unseres Rates, hinter dem ich das trauernde Volk der Eidgenossen weiss,' spreche ich der Familie des Freundes, derh hohen Bundesrate und dem Kanton Bern, dessen währschafter Sohn er war, unser herzliches Beileid aus.

Bleine Herren Kollegen, ich bitte Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

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Im S t ä n d e rat gedachte Herr Präsident Dr. F. Brügüjer des Verstorbenen mit folgenden Worten : Meine Herren Ständeräte!

Die Fahne auf dem alten Bundeshaus steht auf Halbmast und ein Trauerflor hängt daran -- Bundesrat Dr. Eduard Müller ist gestorben.

Unerwartet kam die Nachricht nicht nach den hoffnungslosen Zeitungsberichten der letzten Zeit, die von schwerer innerer Erkrankung des im Lebensalter schon vorgerückten Magistraten meldeten. Unwohl war Bundesrat Müller schon seit dein letzten Sommer, aber bis in die allerletzten Tage wollte er der Krankheit nicht sich ergeben, er wollte arbeiten bis zum Ende.

Eduard Müller, von Nidau, Kanton Bern, war am 12. November 1848 in Dresden geboren, am 12. November. 1919 wird er in Bern bestattet. Sein Vater war protestantischer Pfarrer in Dresden, vorher war der Vater Müller Vikar in Schupfen als Nachfolger von Pfarrer Schenk im Pfarramte, und im Jahre 1895 wurde der Sohn Eduard Müller der Nachfolger von Bundesrat Schenk im Bundesrate.

Pfarrer Müller kam 1849 mit seiner Familie nach Bern zurück, wo er in der Folge, 1863, Professor der Theologie an der Universität wurde. So wuchs der junge Müller in Bern auf, besuchte hier die Volksschule und das Gymnasium und studierte dann Jurisprudenz an den Universitäten Bern, Heidelberg und Leipzig. Im Jahre 1872 erhielt Müller, nach glänzend bestandenem Staatsexamen, das bernische Fürsprecherpatent, im Jahre 1874 wurde er vom Grossen Rate zum Gerichtspräsidenten von Bern gewählt. Im Jahre 1877 verliess Müller den Gerichtspräsidentenstuhl von Bern und wandte sich der Anwaltspraxis zu, zugleich auch der Tätigkeit im politischen und parlamentarischen Leben, in dem er nun rasch aufwärts stieg. Im Jahre 1882 kam Müller in den Grossen Rat von Bern, im Jahre 1884 in den schweizerischen Nationalrat, im Jahre 1885 wurde er Präsident des Grossen Rates von Bern, Präsident der Stadtgemeinde Bern, Oberst und Kommandant einer Infanteriebrigade und für kurze Zeit auch Generalanwalt der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Im Jahre 1888 wurde Müller Oberstdivisionär und kommandierte als solcher erst die 5. Division, dann die 3., die von Bern.

Am 2. Dezember 1890 stieg Müller auf den Präsidentenstuhl des Nationalrates. Am 16. August 1895 wurde Müller in den Bundesrat gewählt,-und er war Bundespräsident in deo Jahren 1899,

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1907 und 1913. Im Jahre 1919 wäre wieder die Reihe an ihm gewesen.

Dem Bundesrate Müller war vor seinem Eintritt in die oberste Behörde der Ruf eines ziemlich weit linksstehenden Parteiführers vorausgegangen, in dem noch vom Studentenfechtboden her die Neigung zum ,,Durchhauen" lebte.

Aber die Jahre und die Verantwortung eines schweren Amtes und der Gang der Dinge in der letzten Zeit machten aus dem einst rücksichtslos Voranstürmenden einen bedächtig überlegenden Mann, und der Bundesrat Müller sah Menschen und Dinge vielfach anders an, als früher der junge Stadtpräsident Müller es getan.

Gradaus und offen war Müller immer, und treu gearbeitet hat er immer, und das brachte ihm die Achtung und die Sympathie auch derjenigen, die seine Anschauungen nicht teilten und nicht teilen, aber herzlich und dankbar seine Verdienste anerkennen. · Im Bundesrate war Müller einer von den ,,Alten1'", aber fest und grad und aufrecht alle Zeit, besonders auch gegen aussen, gegen die fremde grosse Welt hin.

Auf zwei Gebieten hat sich Bundesrat Müller während seiner Amtszeit dauernde Verdienste erworben: im Militärwesen und im Justizwesen. 1897 bis 1912 war er Chef des Militärdepartementes, und die neue Militärorganisation vom Jahre 1907 und die neue Truppenordnung von 1911 kamen unter seiner wesentlichen Mitwirkung zustande. Und wenn im Schicksalsjahro 1914 unsere rasche Mobilmachung vollständig gelang und vielleicht unser Land rettete, so gebührt ein ganz wesentliches Verdienst daran den jahrelangen Vorarbeiten unter dem Militärdepartementschef Müller.

Im Jahre 1912 übernahm Müller wieder das Justizdepartement, dem er schon von 1895 bis 1897 vorgestanden hatte, und der neue Entwurf vom 23. Juli 1918 zum eidgenössischen Strafgesetz und der neue Entwurf vom 26. November 1918 zum eidgenössischen Militärstrafgesetz sind Frucht und Zeugen der nimmermüden Arbeit Müllers.

Er wünschte und hoffte, bei der Behandlung dieser Entwürfe noch mitzuhelfen mit seinen Erfahrungen und seinen reichen Kenntnissen -- aber mitten in der Arbeit wurde er abberufen.

Wir wollen einen allezeit aufrechten, hochverdienten Eidgenossen in Ehren und Erinnerung halten ! Ich bitte Sie, meineHerren Ständeräte, von Ihren Sitzen sich zu erheben.

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Am 12. November, vormittags 10 Uhr, fand in der Heiliggeistkirche in Bern eine Trauerfeier statt, worauf sich die Teilnehmer im Zuge nach dem Bremgartenfriedhofe begaben.

An der Trauerfeier iu der Heiliggeistkirche wurden folgende Reden gehalten : Rede des Herrn Bundespräsidenten Ador.

Wir sind hier versammelt, um dem von uns Geschiedenen
Die Kollegen von Eduard Müller berührt es aufs schmerzlichste beim Gedanken, dass sie ihren geschätzten und geachteten Mitarbeiter nicht mehr in ihrer Mitte wahrnehmen werden. Dei' heutige Tag ist eia Trauertag für den Bundcsrat, für die Bundesversammlung und für das ganze Schweizervolk. Unser Vaterland verliert an Eduard Müller einen Sohn, der ihm während langen Jahren mit unermüdlichem Eifer gedient hat.

Zur Erfüllung seiner Aufgabe brachte er vortreffliche Herzensund Geistesgaben mit, verbunden mit der strengsten Gewissenhaftigkeit in der Erforschung aller Fragen und in der täglichen Ausübung seines beschwerlichen und überaus verantwortungsvollen Amtes.

Kf war oine sehr volkstümliche Erscheinung, nicht nur hier in Bern, wo er seit seiner frühesten Kindheit beständig lebte, sondern auch in der ganzen Schweiz, wo ihm die hohen Amtestellen, die er allmählich als Rundespräsident, als höherer Offizier unserer Armee und vor allem als Vorsteher des Militärdepartemeuts bekleidete, ihm mehrfach Gelegenheit boten, mit den Behörden und der Bevölkerung sämtlicher Kantone in Beziehung zu treten. Während 14 Jahren hat er dem Militärdepartemont vorgestanden, wo er von seinem administrativen Talento und seinem gesunden Erfassen der Bedürfnisse eines Milizheeres Zeugnis ablegte. In hervorragender Weise hat er an der Ausarbeitung unseres Bundesgesetzes betreffend die Militärorgauisation von 1907 mitgewirkt, dank welchem unsero Soldaten sich der Pflichten, die ihnen die Verteidigung unserer Unabhängigkeit auferlegt, gewachsen zeigten.

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So sehr sich Eduard Müller als strammer Offizier, von hochgewachsener und kraftvoller Gestalt und als warmer Freund des militärischen Lebens auszeichnete, tat er sich mehr noch als Jurist hervor.

Er hatte tüchtige und erfolgreiche Rechtsstudien durchgemacht und als Anwalt praktiziert, so dass er sich auf dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, das er bis zu seinem Tode leitete, so recht in seinem Elemente fühlte. Sein Name wird mit zwei wichtigen gesetzgeberischen Werken, denen er sich mit jugendlichem Eifer widmete, verknüpft bleiben.

Das Militärstrafgesetzbuch und das schweizerische Strafgesetzbuch sind zwei Werke, die eine ganz bedeutende Arbeit erforderten. Es ist das Verdienst Müllers, die Entwürfe der Expertenkommission des schweizerischen Strafgesetzbuches seit 1912 wieder aufgenommen und, ohne sich durch hemmende Schwierigkeiten entmutigen zu lassen, eine allzulang aufgeschobene Arbeit 2u Ende geführt zu haben.

Alle die, welche das Vergnügen und das Glück hatten, in den Kommissionen mit Müller zusammen zu arbeiten, wissen, mit welcher Meisterschaft und Autorität er sie präsidierte. Nichts überliess er dem Zufall, zum voraus bereitete er die zu beratenden Geschäfte vor, und wenn er auch für die Ansichten, die ihm lieb waren, entschlossen eintrat, so verstand er es doch öfters mittels glücklicher redaktioneller Verbesserungen das Feld der Verständigung und Vermittlung zu finden, das zur Erreichung des gewünschten Ergebnisses nötig war.

Im Schosse des Bundesrates verkörperte Müller die Tradition.

Mit einem ausgezeichneten Gedächtnisse ausgestattet, erinnerte er sich aller Diskussionen in den eidgenössischen Räten ; öfters hat er uns an das Entstehen dieses oder' jenes Antrages, der sich fast aus dem Gesichtskreise verloren hatte, erinnert. Treu ·den politischen Grundsätzen, nach denen er sich immer richtete, lie! es ihm manchmal schwer, der Entwicklung der Ideen zu folgen und zu begreifen, dass eine vor 20 und 30 Jahren gültige Anschauung den Bedürfnissen der Gegenwart nicht mehr völlig genügte. Aber im guten Glauben stand er willig für eine neue Lösung ein. wenn ihm nach reiflichem Studium des Aktenmaterials die Begründung der Einwürfe stichhaltig schien..

Leicht zugänglich, überaus wohlwollend und zuvorkommend, war er allezeit bereit, sich dienstbar zu erweisen, und selten verliess ihn seine aufrichtig gute Laune und seine entgegenkommende Liebenswürdigkeit, die zu den grossen Reizen einer ßundesblatt. 71. Jahrg. Bd. V.

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anscheinlich etwas rauhen Natur gehörten. Der Sprechende wird nie vergessen, dass Eduard Müller freiwillig aus freundeidgenössischer Gesinnung zu seinen Gunsten auf die Präsidentschaft verzichtet hat. Die neugewählten Bundesräte haben sich seino lange Erfahrung in den öffentlichen Angelegenheiten zunutze gemacht, und sein nachsichtiges Wohlwollen kam ihnen zugute.

Wir können daraus ermessen, welchen Platz er im vertrauten Familienkreise eingenommen, und wir begreifen auch die festen und treuen Freundschaftsbande, die ihn in seiner politischen Tätigkeit unterstützten.

Sein Gesundheitszustand bekümmerte uns seit einigen Monaten. Woche für Woche wohnten wir der allmählichen Abnahme seiner Kräfte bei. Er gab sich dessen Rechenschaft, ohne die Natur des Übels zu erkennen, die seine sonst rüstige Gesundheit untergrub. Er klagte nie und schonte sich nur, um Tag für Tag die beschwerliche Arbeit seines Departements fortzusetzen. Am 31. Oktober hat er zum letztenmal im Bundesvat gesessen und uns ein schönes Beispiel der bis an die äusserste Grenze seiner Kräfte gewissenhaften Pflichterfüllung hinterlassen.

Er hatte gehofft, sich auf Jahresende in den engen Familienund Freundeskreis zurückziehen zu können, um hier die wohlverdiente Ruhe zu gemessen.

Dieses Glück wurde ihm nicht zuteil; denn der Mensch denkt und Gott lenkt. Unser Kollege ist nach einem Krankenlager von nur wenigen Tagen in die ewige Ruhe des Jenseits eingegangen, wo es weder Tränen, noch Trauer, noch Leiden mehr gibt.

Alle die, welche Eduard Müller gekannt haben, ganz besonders seine Kollegen im Bundesrat werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten. Sein Andenken wird nicht nur im Kanton Bern, dessen würdiger Sohn er war, sondern im ganzen Schweizerlande, das er allezeit stark und geeinigt wünschte, das er treu geliebt und dem er treu gedient hat, geehrt werden.

Möchte diese Versicherung für diejenigen, welche seinen Hioscheid beklagen, ein Trost und eine Milderung für ihren Schmerz sein. Dies ist der aufrichtige Wunsch des Bundesrates^

409 Rede des Herrn Nationalratspräsidenten Dr. Häberlin.

Werte Leidtragende !

Verehrte Traîioerversammhmg !

Der Totenklage, die der Präsident und Senior des Bundesrates um den dahingeschiedenen Kollegen angehoben hat, der herzlichen Beileidsbezeugung an die trauernde Familie des Verstorbenen, schliessen sich durch meinen Mund die gesetzgebenden Räte der Eidgenossenschaft an. Er war auch einer der Unsrigen, in den Jahren 1884 bis 1895, als er dem Nationalrate angehörte; er hat seither mit uns in Wechselwirkungen gestanden als Mitglied der höchsten Behörde bis zu seinem letzten Tage.

Was er, bevor die eidgenössischen Dinge von ihm Besitz ergriffen, seinem Kanton, seiner Gemeinde geleistet hat, wie er geworden ist, welche militärische Laufbahn er durchschritten hat, das werden dazu näher Berufene schildern ; lassen Sie mich versuchen, Ihnen zu sagen,- was er uns gewesen ist.

In blühendem Mannesalter, temperamentvoll und doch schon gebremst und gereift durch verantwortungsvolle Tätigkeit auf richterlichem und administrativem Gebiete, so trat der kraftvolle Berner an die für ihn neuen Aufgaben heran. Dass man den schneidigen Truppenführer, der mit den notwendigen militärischen Kenntnissen auch organisatorisches Talent verband, bald nicht mehr missen mochte in den wichtigsten Fragen des Militärwesens, sei es als Experten, sei es als Mitglied oder Präsidenten der parlamentarischen Kommissionen, war kein unverdienter Zufall, er hat so damals schon grosse Verdienste um die Militärreform, um das Militärstrafrecht, um die Organisation und den Unterricht des Landsturms erworben. Aber auch mehr staatsrechtliche Probleme, wie die Institution der politischen Polizei, beschäftigten den juristisch geschulten Parlamentarier; das Versicherungswesen zeigte auf eidgenössischem Boden dem bisherigen Gemeindeadministrator neue soziale Ziele. Überall, wo man diese neue Kraft hinstellte, zeichnete sie sich durch sorgfältige Durcharbeitung, zielbewusste Führung aus. Kein Wunder, dass Eduard Müller schon nach sechsjähriger Angehörigkeit zum Parlamente den Präsidentenstuhl .des Nationalrates besteigen durfte. Und als im Jahre 1895 ein Unfall den bisherigen Vertreter bernischer Eigenart und Tüchtigkeit in der obersten Exekution, Herrn Bundesrat Schenk, dahinraffte, da war es wiederum Eduard Müller, auf den sich ohne langes Besinnen die Augen seiner engern Mitbürger und der Kollegen in den Räten richteten. Es war ein prächtiges

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Vertrauensvotum, das damals den radikalen Berner auf seinen Platz im Bundesrate gestellt hat. Und glänzend hat er es auch in seinem neuen Amte gerechtfertigt. Dreimal war es ihm vergönnt, als Bundespräsident unser Vaterland zu repräsentieren und zu vertreten. Speziell zwei Departement« waren es, in denen seine Arbeitskraft zur Entfaltung kam. In den ersten beiden Jahren war es das Justiz- und Polizeidepartement, wo damals, als man dio Etappe des Schuldbetreibungs- uud Konkursgesetzes hinter sich hatte, das einheitliche Zivilrecht in seinen Anfängen sich ankündigte und einer systematischen Vorbereitung rief. Er sollte; ihm am Ende des Entwicklungsweges wieder begegnen. Vorher war ihm aber eine lange Unterbrechung dieser Tätigkeit, die ihm Herzenssache war, beschieden.

Vierzehn Jahre lang, von 1897 bis 1911, hatte der Verstorbene das Militärdepartement zu leiten. Sicher ist, dass or hier mehr Dornen als Rosen gefunden hat; ist es doch ein ausnahmsweise stachliges Ministerium, mit seinen vielen sachlichen und personellen Roibungen, besonders in einer Zeit des Übergangs. Um so erfreulicher durfte es für ihn sein, dass er auch auf diesem Gebiete Erfolge von grosser eidgenössischer Bedeutung erzielte. Nachdem ein erster Anlauf zur Reform der MilitärOrganisation gescheitert war, brachte ihm der 3. Oktober 1907 das Gelingen. Er hatte es verstanden, die Lehren aus der ersten Abstimmung zu ziehen. Er, der überzeugte Zentralist, liesa die weniger ausschlaggebenden Forderungen, welche das kantonale Souveränitätsgefühl verletzen konnton, beiseite, und rettete so das, was ihm die Hauptsache war, die Verjüngung der Armee, der er nicht nur organisatorisch, sondern auch durch Aufstellung moderner Unterrichtsziele sein grösstes Augenmerk geschenkt hatte.

Mit Freuden kehrte Anno 1912 Bundesrat Müller in sein liebes Justizdepartement zurück, das ihm eine schier Überreiche Fülle interessanter Aufgaben aufbewahrt hatte. Noch war das grosse Werk der Rechtseinheit zu krönen durch die Schaffung eines schweizerischen Strafgesetzes. Mit jugendlichem Feuereifer warf sich der 65jährige auf diese Mission. Mit erstaunlicher Energie und Zielbewusstheit leitete er die grosse Expertenkommission und vorstand es, durch zähes und klares Betonen der Elemente einerseits, durch weises und schmiegsames Anpassen an berechtigte
Sondererscheinungen anderseits, in relativ kurzer Zeit das Strafgesetz, sowie dessen Zwilling, das Militärstrafgesetz, für die Räte verhandlungsbereit zu stellen. Und daneben hatte er sich mit einer Unmasse anderer Probleme, bald auf rechtlichem,

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bald auf rechtspolitischem, bald auf administrativem Boden auseinanderzusetzen. Bald war es die Reform der Bundesverwalturig, die ihn beschäftigte, dann sein spezielles Sorgenkind, das Verwaltungs- und Disziplinargericht, die Abgrenzung für die Tätigkeit des Bundesgerichts, für dessen hohe Aufgabe und Bedeutung er stets ein feines Verständnis zeigte. Bald war es wieder die rechtszentralisierende Tendenz bei den Eh'renfolgen des Konkurses, die auch seine radikalen Anschauungen wieder lebhaft zum Aufflackern brachte, nicht zuletzt auch die politische und die Fremdenpolizei, welche die mehr wissenschaftlichen Erörterungen oft durch eine mehr polemische Klangfarbe ablösen liess.

So möchte ich ihn denn auch unserm Gedächtnisse einmeisseln, wie er oft am Bundesratstische vor uns gestanden hat, der prächtige Alte, mit den blitzenden Augen, dem frischen Gesichte unter dem weissen, buschigen Haar, die aufrechte Gestalt dem Gegner entgegenreckend; wenn er das Gefühl hatte, dass an den Fundamenten der Gerechtigkeit, der staatlichen Ordnung oder seiner Überzeugung gerüttelt werden wolle, so konnte seine Stimme grollend anschwellen und die Rechte sich zur Faust ballen, mit kräftiger Geste seinen und des Bundesrats Standpunkt unterstreichend. Und wir wussten, dass hinter diesem Äussern die Persönlichkeit eines ganzen Mannes stehe, eines Mannes ohne Falsch und ohne Wanken. Bundesrat Müller hat sich nie nach dem Wind gedreht. Wie er in politischer Hinsicht treu zu den. Freisinnigen, radikalen Grundsätzen seiner Jugend hielt, so stellte er über alles stets den eidgenössischen Gedanken, ihm alles andere opfernd. Winkelzüge verabscheute er ; gerade auf das Ziel los steuerte bei ihm sowohl Angriff als Abwehr. Und ebenso schlicht und einfach wie sein politisches Auftreten war auch sein Verhältnis zu den Freunden.

Ungekünstelt, und wenn mau ihn für sich haben konnte, von tiefem Gefühle für alles, was schön und gut ist, durchglüht, so durften wir ihn kennen lernen. Er war treu; er hat es bewiesen durch sein Ausharren auf dem anvertrauten Posten bis zum letzten Atemzug. Echt schweizerisch, wie seine kernige Sprache, war sein ganzes Empfinden. Wenn heute, an seinem 71. Geburtstage, die Fahnen über seinem Grabe sich senken werden, wird unsichtbar neben ihm stehen bleiben eine Standarte, die Standarte mit dem weissen Kreuz im roten Feld. Und ein dankbares Schweizervolk sendet ihm den letzten Grass !

Eduard Müller, Du Getreuer, lebe wohl !

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Rede des Herrn Regierungspräsidenten von Bern, Or. C. Moser.

Hochgeehrte Trauer versammlung1

Als vor wenigen Tagen in der Bundesstadt die Kunde sich verbreitete, Herr Bundesrat Müller sei plötzlich schwer erkrankt, bemächtigte sich vieler Gemüter eine grosse Bangigkeit und auf vielen Lippen konnte man die Frage lesen : wird Herr Bundesrat Müller diesen schworen Krankheitsanfall überstehen?

Doch der Frage folgte bald die Botschaft, Bundesrat Müller ist in dio ewige Heimat eingegangen. Es hat sein Tod im Bernerland und im ganzen Schweizerland das Gefühl eines grossen und schmerzlichen Verlustes und .der innigen, aufrichtigen Anteilnahme ausgelost. Vor wenig Wochen noch in voller Arbeitskraft, wurde er unversehens plötzlich auf das Krankenlager geworfen, von dem er sich nicht mehr erheben sollte. Tief ergriffen steht das Schweizervolk und speziell das Bernervolk an der Bahre seines hochverehrten Magistraten, Bürgers und Freundes mit dem Gefühle, einen seiner wägsten und besten Söhne im schönsten Sinn des Wortes verloren zu haben. Dankbar anerkennt heute das ganze Schweizervolk das Wirken und Schaffen des seltenen Mannes, der in öffentlicher Stellung mit allen seinen Kräften dem Vaterland diente und so diente, dass wir von ihm sagen können : mit Bundesrat Eduard Müller ist ein ganzer Eidgenosse, ein echter und treuer Sohn seiner Heimat und ein überzeugter, glühender Patriot dahingegangen.

Bundesrat Müller war ein überzeugter Idealist, ein Manu, der es mit der Erfüllung der einmal übernommenen Pflichten ernst, wir dürfen sagen hingebend ernst nahm und dem infolge dieser hervorragenden Charaktereigenschaften auch beschieden war, grosse Aufgaben zu erfüllen und hohe Ziele zu erreichen.

Mit grosser Kraft und in der Überzeugung, für eine gute Sache zu kämpfen., warf er sich als junger Rechtsanwalt und als freisinniger Führer anfangs der achtziger Jahre in die städtische Politik, und zwar mit durchschlagendem Erfolg. Sein ausgezeichnetes Organisationstalent und seine hervorragende Schaffenskraft, die er überall schonungslos einsetzte, blieben nicht lange unbeachtet. In der Stadt Bern rückte er zum Gemeinderat und dann zum Stadtpräsidenten auf, in welcher Stellung er durch seine Initiative und sein mannhaftes Eintreten für die Verwirklichung sozialer Postulate eine Aera fruchtbringender und segensreicher Entwicklung herbeiführte. Ihm verdanken wir, um nur ein

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Beispiel anzuführen, die Gründung der städtischen Armenverpflegungsanstalt Küblewil.

Dass ein Mann mit so hervorragenden Eigenschaften des Geistes und des Herzens auch bald berufen war, in der kantonalen Politik eine massgebende Stellung einzunehmen, liegt auf der Hand. Bereits im Jahre 1882 berief ihn das Vertrauen seiner Mitbürger in den Grossen Rat, in welcher Eigenschaft er als Präsident und Mitglied verschiedener Kommissionen an der Beratung der Verfassungsrevision und einer grossen Zahl von Gesetzen und Dekreten hervorragenden Anteil nahm. So war er Mitglied der Kommission für das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Obligationenrecht, Präsident der Kommission für die Vorlage betreffend die Vereinfachungen im Staatshaushalt, Präsident der Kommission für die Verfassungsrevision, Präsident der Kommission für das Gesetz betreffend die Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalt, Mitglied der Staatswirtschaftskommission, und bekleidete im Jahr 1885/86 das Ehrenamt des Präsidenten des bernischen Grossen Rates.

Als dann im Jahre 1895 der unvergessliche Bundesrat Schenk durch einen Unfall aus dem Leben schied, da war die Berner Deputation in den eidgenössischen Räten bald einig, wen sie als neuen Vertreter des Kantons Bern im Bundesrat der Bundesversammlung vorschlagen wollte. Der Vorschlag liei auf Eduard Müller, Stadtpräsident von Bern, und mit sehr grossem Mehr wurde er auch gewählt.

Von Anfang an genoss Herr Bundesrat Müller das volle Zutrauen des Schweizer Volkes. Und wenn er auch aus den Gemischen Ämtern schied, so zählten wir Berner ihn doch zu den unsrigen, und im Herzen des Bernervolkes war sein Name tief eingegraben und wird es bleiben. Dessen erinnern wir uns in der Abschiedsstunde aufs neue, und in das Gefühl des Schmerzes mischt sich das Gefühl des Stolzes, dass wir Berner dem Bunde einen so hervorragenden und vielverdienten Staatsmann und untadeligen Patrioten schenken durften. Bundesrat Müller wird dem Bernervolk und wohl nicht weniger dem gesamten Schweizervolke ein Vorbild freudiger Schaffenskraft, hingebender Pflichterfüllung und hoher Vaterlandsliebe bleiben. Mit dem Ausdruck des innigsten Dankes entbieten -wir dem teuren Verewigten unsere letzten Grüsse. Du wackerer Eidgenosse, lebe wohl !

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19.11.1919

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399-413

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