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Bericht der

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit seit der Neukonstituierung vom 1. Oktober 1918 bis 30. September 1919.

(Vom 30. September 1919.)

Hochgeachtete Herren !

Gemäss Art. 26 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1902 über den Geschäftsverkehr zwischen Nationalrat, Ständerat und Bundesrat etc., ' liegt der Finanzdelegation die nähere Prüfung und Überwachung des gesamten Bundeshaushaltes ob. Über die Ausübung dieses Mandates beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Bericht zu erstatten : I. Personelles.

Infolge Ablaufs der Amtsdauer reichte Herr Ständerat Düring, Präsident der Finanzkommission des Ständerates, am 12. Dezember 1918 seine Demission ein. Als Nachfolger wählte die Finanzkommission des Ständerates in ihrer Sitzung vom 13. Dezember 1918 Herrn Ständerat J. Baumann. Am 18. Dezember fand sodann die Ersatzwahl eines Mitgliedes der Finanzdelegation an Stelle des austretenden Herrn Ständerates Düring statt; sie fiel auf Herrn Ständerat J. Andermatt.

Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte setzte sich somit am 18. Dezember 1918 zusammen aus den Herren Ständeräten Baumann, Pettavel, Andermatt, und aus den Herren Nationalräten Piguet, Spahn, von Streng, sowie aus den Ersatzmännern: den Herren Ständeräten Wyrsch, Gabuzzi, Rutty, und den Herren Nationalräten Evéquoz, Peter, Affolter.

Dem seit 1903 tätigen Protokollführer, Herrn V. Fässler, Beamten der eidgenössischen Finanzkontrolle, wurde beim Anlasse

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der Reorganisation des eidgenössischen Finanzdepartements (B. G.

v. 5. IV. 1919) der Titel eines Sekretärs der Finanzdelegation uud der Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte verliehen.

II. Sitzungen.

Vom 1. Oktober 1918 bis zum 30. September 1919 haben stattgefunden : vier ordentliche Sitzungen am 12./13. Mai in Bern und am 4./5. August in Luzern, sowie vier ausserordentliche Sitzungen am 18. Dezember 1918 und am 10./12. März 1919 in Bern.

III. Verhandlungsgegenstände..

Übungsgemäss sehen wir davon ab, hierorts alle Geschäftsfälle zu nennen. Darüber geben den Mitgliedern der Finanzkommissionen die Protokolle Aufschluss, die Ihnen zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen. Dagegen gestatten wir uns, die nachstehenden, allgemein interessierenden und wichtigeren Fälle etwas ausführlicher zu behandeln: 1. Frage der Änderung des Schemas für die eidgenössische Staatsrechnung. Im Anschlüsse an den letztjährigen Bericht (Bundesbl. 1918, Bd. V, S. 76/77) teilen wir.ihnen mit, dass wir am 18. Dezember 1918 ein Schreiben an das Finanzdepartement gerichtet haben, worin die Anregungen und Wünsche der Delegation sowohl hinsichtlich der Form der Verwaltungsrechnung als auch der Vermögensrechnung niedergelegt sind.

In seiner Antwort vom 26. Mai 1919 teilt das Finanzdepartement der Delegation mit, dass es einverstanden sei, die gewünschten Änderungen in der Vermögensrechnung vorzunehmen, im übrigen aber die Beibehaltung des jetzigen Schemas wünsche.

In Anbetracht der derzeitigen starken Inanspruchnahme des eidgenössischen Finanzdepartements hat sich die Finanzdelegation entschlossen, zurzeit auf die weitere Behandlung dieser Frage zu verzichten.

2. Prüfung der Rechnungen über die äivilen Kriegsorganisationen.

In^bezug auf das Procedere in dieser Angelegenheit hat die Finanzdelegation ihrer Kommission Antrag gestellt. Die ständerätliche Finanzkommission hat in ihrer Sitzung vom 21. Mai 1919 beschlossen, es solle das gleiche ordentliche Verfahren eingeschlagen werden, wie bei der Berichterstattung über die Komptabilitäten

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der KrigsmobilmachuDgsausgaben. Im fernem hat sie die Delegation eingeladen, den Finanzkommissionen über die Art und den Zeitpunkt der Berichterstattung sobald wie möglieh Mitteilung zu machen.

Die Finanzkommission des Nationalrates hat sich dieser Auffassung angeschlossen.

Es veranlasste dies die Delegation am 24. Mai 1919 an den h. Bundesrat zu schreiben, er möchte dafür besorgt sein, der Finan/delegation resp. den Finanzkommissionen wenn möglich auf den 1. August 1919, analog wie bei den Rechnungen über die Ausgaben für die Kriegsmobilmachung, einen Bericht einzureichen, umfassend die Rechnungen der zivilen Kriegsorganisationen bis und mit 31. Dezember 1918.

Am 12. Juli 1919 erhielt die Delegation vom eidgenössischen Finanzdepartement überwiesen ,,die inzwischen eingegangenen Berichte der Revisionsstellen des eidgenössischen Ernährungsamtes und des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements". Mit Schreiben vom 18. August erlaubte sich die Finanzdelegation das Finanzdepartement auf das Unzulängliche dieses Berichtes aufmerksam zu machen, indem die Eingabe nur Rechnungen des Ernährungsamtes und des Volkswirtschaftsdepartements betreffen und auch diese nicht die vollständige Periode seit Beginn der Amtstätigkeit bis 31. Dezember 1918, und indem ferner die vorhandenen Rechnungen nur teilweise die Oberrevision der eidgenössischen Finanzkontrolle passiert hätten, und eine ganze Anzahl von Rechnungen der Jahre 1915 und 1916 noch nicht erstellt ist, während Bilanzen der gleichen Abteilungen von spätem Rechnungsperioden heute schon vorliegen.

Es ist klar, dass das der Finanzdelegation, resp. den Finanzkommissionen, überbundene Mandat der Prüfung der Rechnungen über sämtliche zivile Kriegsorganisationen (Schreiben des Bundesrates an die eidgenössischen Räte vom 16. März 1918 betreffend die Rechnungsprüfungskommissionen) nur so richtig ausgeführt werden kann, wenn die gesetzlichen Normen eingehalten werden, d. h., wenn vorschriftsgemäss erstellte Rechnungen der Departemente vorliegen, geprüft durch eine départementale Instanz, kontrolliert durch das eidgenössische Finanzdepartement und so genehmigt vom h. Bundesrate, der sie nun vermittelst einer Vorlage den eidgenössischen Räten unterbreitet, die zur Vorberatung dieses Gegenstandes ihre Organe bereits schon bestimmt haben.

Dies die Sachlage dieses
Verhandlungsgegenstandes am Ende des Geschäftsjahres 1918/19. Die Finanzdelegation hat dem eidgenössischen Finanzdepartement mitgeteilt, dass sie die weitere Be-

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handlung dieser Rechnungen einstelle, bis der gewünschte Bericht des Bundesrates in der vorgeschriebenen Form vorliege.

3. Prüfung der eidgenössischen Staatsrechnnny 1918. In der Bilanz auf 31. Dezember 1918 der schweizerischen Postverwaltung figuriert sub Titel IV. Postcheckdienst ein Guthaben bei der eidgenössischen Staatskasse von Fr. 63,399,286.35. Die Delegation hält es für wünschenswert, dass diese neue Art eines innern Anleihens des Bundes im Interesse der Liquidität der Postcheckgelder nicht mehr gesteigert, sondern allmählich wieder heimbezahlt und die flüssigen Gelder in leicht realisierbaren Wertpapieren angelegt werden.

IV. Durchsicht der Revisionsprotokolle der eidgenössischen Finanzkontrolle.

Die Finanzdelegation hat seit Beginn ihrer Tätigkeit besonders Wert darauf gelegt, periodisch Einsicht zu nehmen von den Revisionsbemerkungen der eidgenössischen Finanzkontrolle. Sie betont dies deshalb, weil wiederholt der Versuch gemacht worden ist, diese oberste Kontrollinstanz da überflüssig zu erklären, wo bei den Departementen schon ein Kontrollorgan erster Instanz existiert.

Solchen Tendenzen ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten.

Die Kontrollstellen erster Instanz der verschiedeneu Departemente sind da entstanden, wo die betreffenden Departemente oder deren Abteilungen zu grosse Dimensionen angenommen haben. Bei solchen Departementen verschaffte sich die Kontrollstelle des eidgenössischen Finanzdepartements nur schwer die notwendige Einsicht in die departementalen Eigenarten ihres Rechnungswesens ; um die Kontrollarbeit rechtzeitig bewältigen zu können, kann sich hier die eidgenössische Finanzkontrolle nicht in Einzelheiten verlieren, sie muss sich je nach Umständen mit mehr oder weniger zahlreichen Stichproben begnügen und die Ü b e r s i c h t des gesamten Rechnungswesens des betreffenden Departements in materieller, arithmetischer, finanzieller und gesetzlicher Hinsicht beurteilen, und ihre Aufmerksamkeit stets den Regela eines geordneten und für den gesamten Haushalt gleichmässigen und gültigen Finanzgebahrens widmen. Solche Revisionsstellen erster Instanz bestehen beim Postwesen, Zollwesen, Militärwesen etc., und zuletzt, auf Anraten des Finanzdepartements selbst, beim Volks wirtschaftsdepartem ent.

Unter keinen Umständen können aber diese Revisionsstellen erster Instanz die Kontrolle des eidgenössischen Finanzdepartements

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ersetzen. Jene sind die Kontrollstellen der Departemente, dazu berufen, mit der nötigen Sachkenntnis die Ausgaben ihrer Abteilungen materiell und arithmetisch zu prüfen. Gegen die finanziellen Dispositionen ihrer Vorgesetzten, falls diese im Widerspruch wären mit den Gesetzen, Verordnungen, der Zweckmässigkeit oder mit dem geordneten Gange, der für die gesamte Bundesverwaltung notwendig ist, könnten diese Revisionsinstanzen nicht aufkommen. Neben der materiellen und arithmetischen Prüfung aller Departemente und Verwaltungsabteilungen liegt dies in der Aufgabe einer möglichst unabhängigen Oberrevision, nämlich des zurzeit dem eidgenössischen Finanzdepartemente unterstellten Organs der eidgenössischen Finanzkontrolle, des Kontrollorgans des Bundesrates sowohl als des Parlaments. Dass es den eidgenössischen Räten ferne steht, die Stellung der eidgenössischen Finanzkontrolle zu schmälern, sondern dass sie im Gegenteil gewillt sind, diese Kontrolle möglichst unabhängig zu gestalten, dafür zeugt das am 10. Dezember 1918 vom Ständerate gestellte Postulat : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, neuerdings die Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob die Errichtung eines eidgenössischen Rechnungshofes zu beschliessen, und wenn ja, welche Rechte und Pflichten demselben zu übertragen seien."

Die Revisionsbemerkungen der eidgenössischen Finanzkontrolle geben uns nicht Anlass zu Bemerkungen oder Anträgen.

Im allgemeinen schienen uns die Revisionsbemerkungen begründet.

Ihre Beantwortung ist durchwegs1 korrekt und objektiv- gehalten, und da, wo ein Urteil durch das Finanzdepartement gefallt wurde, scheint das Richtige getroffen worden zu sein.

V. Inspektionen und Revisionen durch die Sektionen der Finanzdelegation.

Durch die ausserordentlichen Sessionen der Bundesversammlung und daherige Inanspruchnahme der eidgenössischen Räte hat die Vornahme von Inspektionen und Revisionen etwas gelitten.

Im abgelaufenen Geschäftejahre wurden inspiziert: beim Militärdepartement die Munitionsfabrik Altdorf; beim Departement des Innern das Landesmuseum ; beim Finanz- und Zolldepartement die Kreiszollkassen Schaffhausen und Genf, das Zollamt Genf-Bahnhof P. V. ; beim Volkswirtschaftsdepartement die Versuchs- und Untersuchungsanstalten in Wädenswil, die agrikulturchemische Anstalt und die Samenuntersuchungs- und Versuchsanstalt in Örlikon;

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beim Post- und Eiseubahndepartement die Postbureaux Schwyz und Langnau, die Kreispostkasse in Genf und das Telegraphenbureau in Schwyz.

Die Berichte der Sektionen über ihre Wahrnehmungen werden von der Finanzdelegation in ihren Sitzungen stets einlässlich besprochen uud geben ihr Anlass zu mündlichem und schriftlichem Meinungsaustausch, zu Wünschen und Anregungen. Die diesbezüglichen Akten werden geordnet aufbewahrt; deren Einsichtnahme steht den Mitgliedern Ihrer Kommissionen jederzeit offen.

Mit dieser Berichterstattung verbinden wir die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

O' U

B e r n , den 30%September 1919.

Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte,

Der Präsident: Baumann, Ständerat.

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Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit seit der Neukonstituierung vom 1.

Oktober 1918 bis 30. September 1919. (Vom 30. September 1919.)

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01.10.1919

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