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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung,

7l. Jahrgang.

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Bern, den 2. Juli 1919.

Band III.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Revision des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1902 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten.

(Vom 16. Juni 1919.)

I.

Allgemeine Bemerkungen.

Die Anfänge einer gesetzlichen Regelung der Arbeite- und Ruhezeit bei den schweizerischen Verkehrsanstalten gehen zurück auf das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, das in Art. 9 den Verwaltungen .zur Pflicht machte, ihren Beamten und Angestellten wenigstens jeden dritten Sonntag freizugeben. Der Gesetzgeber fügte bei, dass diese Vorschrift auch auf andere, vom Bunde konzessionierte oder von ihm selbst betriebene Transportanstalten (Dampfschiffe, Posten, usw.) Anwendung finde. Um den Verwaltungen die Erfüllung dieser Verpflichtung zu erleichtern, sind sie durch das Nachtragsgesetz vorn 14. Februar 1878 ermächtigt worden, für -diejenigen Kategorien von Beamten und Angestellten, deren Ersetzung an Sonntagen mit besonderen Schwierigkeiten verbunden oder im Interesse der Betriebssicherheit nicht tunlich wäre, die Anordnung zu treffen, dass der Freisonntag durch einen Freiwerktag ersetzt werden könne. Das Nachtragsgesetz gestattete diesen Tausch ausnahmsweise auch für andere Beamte und Angestellte, falls diese selber darum nachsuchen sollten.

Eine eingehende Ordnung der Arbeitszeit brachte erst das Bundesgesetz vom 27. Juni 1890, das auf 1. Dezember gleichen Jahres in Kraft getreten ist. Die Sorge für die Betriebssicherheit, vornehmlich bei den Eisenbahnen, und das Bedürfnis vermehrten Schutzes der menschlichen Arbeitskraft im anstrengenBundesblatt. 7l. Jahrg. Bd. III.

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den und gefahrvollen Dienste dieser Anstalten, bildeten die massgebenden Gesichtspunkte der legislatorischen Ordnung. Beide Ziele sollten hauptsächlich durch Festsetzung einer maximalen täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden und einer Mindestdauer der ununterbrochenen Ruhezeit von zehn Stunden für das Maschinenund Zugpersonal, von neun Stunden für die übrigen Bediensteten, oder, bei Anweisung einer Wohnung in der Nähe der Arbeitsstelle, von wenigstens acht Stunden verwirklicht werden. Die Zahl der Ruhetage erhöhte der Gesetzgeber von 17 auf 52, wovon wenigstens 17 auf Sonntage fallen sollen.

Nach knapp fünfjähriger Wirksamkeit des Gesetzes wurde vom Zentralkomitee des Verbandes des Personals schweizerischer Transportanstalten mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Eisenbahner verglichen mit der übrigen Arbeiterschaft und den weiteren bürgerlichen Kreisen, namentlich hinsichtlich der Arbeitszeit und der Ruhetage, bedeutend ungünstiger gestellt seien, beim Bundesrate eine Revision der gesetzlichen Bestimmungen angeregt. Die vom 15. Dezember 1895 datierte Eingabe ging im wesentlichen dahin, dass 1. die Arbeitszeit um zwei Stunden gekürzt, die Überschreitung der gesetzlichen Maximalarbeitszeit aber gestattet werden solle, sofern für die Mehrleistung Extravergütung ausgerichtet werde; 2. um die Mitte der Arbeitszeit statt der einstündigen Ruhepause eine solche von einer bis zwei Stunden gewährt werde; '·i. die im bestehenden Gesetze geforderten 52 dienstfreien Tage nicht nur 24, sondern 36 Stunden umfassen sollen und jedem Angestellten nach seiner Wahl jedes Jahr ein achttägiger Urlaub gewährt werde; 4. der Güterdienst nicht nur an den Sonntagen, sondern auch an den staatlich anerkannten Feiertagen untersagt werde; 5. der Bundesrat Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen längstens für die Dauer eines Monates bewilligen dürfe.

Diesen Postulaten ist durch das geltende Gesetz vom 19. Dezember 1902 in weitgehendem Masse Rechnung getragen worden; darüber hinaus hat der Gesetzgeber eine Reihe neuer Grundsätze aufgestellt, die eine grössere Wohlfahrt des Personals, vermehrten Schutz für die weiblichen Bediensteten, sowie eine eingehende Kontrolle über die Erfüllung der den Betriebsinhabern obliegenden Verpflichtungen anstreben. In Ansehung der Verschiedenartigkeit und Mannigfaltigkeit des Dienstes bei
den dem geltenden Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten und Betrieben -- Eisenbahnen, Dampfschiffe, Post- und Telegraphenverwaltung -- hat der Gesetzgeber in weitergehendem Masse als bis dahin auf die-

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absolute Gleichbehandlung des. gesamten in Frage kommenden Personals verzichtet. An Stelle der zwölfstündigen setzte er die elfstündige Maximalarbeitszeit, während er die im Gesetze vom 27. Juni 1890 vorgeschriebene Mindestdauer der Ruhezeit von zehn und neun Stunden unverändert beibehielt. Dafür wird ein gesetzliches Höchstmass für die sogenannte Dienstbereitschaft geschaffen, abgestuft nach Massgabe speziell der Bedürfnisse des Eisenbahndienstes und mit einem elastischen Rahmen für einen Ausgleich innert eines bestimmten Zeitraumes. Die Ruhetage erhalten eine gesetzliche Dauer von wenigstens 32 Stunden, mit der Massgabe, dass sie mit einer Nachtruhe endigen sollen und am Wohnorte zugebracht werden können. Die jährliche Zahl der Ruhetage und ihre Verteilung auf Sonn- und Werktage bleibt grundsätzlich unverändert, dagegen sollen von der vorgeschriebenen Zahl der Ruhetage wenigstens acht in Form eines zusammenhängenden Urlaubes erteilt werden. Vom abgelaufenen neunten Dienstjahre hinweg oder nach zurückgelegtem 33. Altersjahre ist dem Personal der Hauptbahnen der zusammenhängende Urlaub über die 52 Ruhetage hinaus zu gewähren und für je drei weitere Dienstjahre um einen Tag zu verlängern. Für das übrige Personal wird vom abgelaufenen zehnten Dienstjahre an die Zahl der jährlichen Ruhetage, der zusammenhängende Urlaub Inbegriffen, auf 60 erhöht.

Die vom Bundesrate in Ausführung des Gesetzes erlassenen Vollziehungs Verordnungen für die Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen, die Post-, sowie die Telegraphen- und Telephonverwaltung haben die im geltenden Gesetze aufgestellten Grundsätze über die Regelung der Arbeitszeit entsprechend den Bedürfnissen der verschiedenen Betriebe weiter ausgestaltet. Auf Veranlassung des Post- und Eisenbahndepartementes, dem die Aufsicht und Kontrolle für die richtige Erfüllung der den Betriebsinhabern obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen übertragen ist, haben wir im Laufe der Jahre eine Reihe grundsätzlicher Fragen geordnet, wodurch die Wohltaten des Gesetzes oder wenigstens einzelne derselben auch solchen Kategorien von Bediensteten zuteil geworden sind, die früher davon ausgeschlossen blieben.

Über Umfang und Tragweite dieser Beschlüsse sind die eidgenössischen Räte jeweilen durch die Geschäftsberichte des Post- und Eisenbahndepartementes unterrichtet worden ;
auch die Geschäftsprüfungskommissionen der Räte haben sich wiederholt mit der Vollziehung des Arbeitsgesetzes beschäftigt und diesem wichtigen Teile des Arbeiterschutzes ihre besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Neben den Verordnungen für die Eisenbahnen,

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die Post-, sowie die Telegraphen- und Telephonverwaltung ist von uns eine besondere Verordnung für die Nebenbahnen erlassen worden, nachdem durch den Art. 3 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 über Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen dem Bundesrate die Weisung erteilt worden war, diesen Unternehmungen hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Regelung der Arbeitszeit Erleichterungen zu gewähren, soweit solche mit der Betriebssicherheit und dein Schütze des Personals gegen Überanstrengungen vereinbar seien.

Dieso Ausnahmen tragen den besonderen Verhältnissen der Nebenbahnen und der Eigenartigkeit des Betriebes einzelner derselben nach Möglichkeit Rechnung, soweit die Beschäftigung ihrer Bediensteten nicht eine ununterbrochene ist oder es sich um Personal handelt, das nur vorübergehend im Dienste steht oder einen Teil seiner Erwerbstätigkeit ausserhalb der Verkehrsanstalt verrichtet.

Bei der Würdigung der gesetzlichen Bestimmungen vom Standpunkte des Personals der Verkehrsanstalten aus betrachtet, ist festzuhalten, dass es sich dabei nur um Mindestforderungen handelt und dass den einzelnen Verwaltungen anheimgestellt ist, ihren Bediensteten weitergehende Erleichterungen, insbesondere hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeit, sowie der Ruhetage und Urlaube einzuräumen. In der Tat haben die Betriebsinhaber, namentlich für das Personal mit vollbeschäftigtem und verantwortungsvollem Dienste, in kleinerem oder grösserem Umfange von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht; in vermehrtem Masse geschah es, seitdem die Verkehrsanstalten infolge des Krieges sich genötigt sahen, den Betrieb einzuschränken und ein Teil des Personals nicht mehr ausreichend beschäftigt werden konnte.

Von Anfang an haben auch die Bundesbahnen dein gesamten Personal ihres Betriebsdienstes den Urlaub in dem Ausmasse zugeteilt, wie er vom Gesetzgeber für die Bediensteten der Hauptbahnen vorgeschrieben wird ; sie verzichteten also auf eine unterschiedliche Behandlung zwischen Personal von Haupt- und Nebenbahnen. Eine ähnliche Anordnung ist von der Berner Alpenbahn für ihr Personal getroffen worden; ferner haben städtische Gemeinwesen die Arbeitszeit der Bediensteten ihrer Strassenbahnbetriebe auf neun und weniger Stunden herabgesetzt und ihnen ausserdem in reichlicherem Masse, als das Gesetz es vorsieht, Ferien
gewährt. In den Vollziehungsverordnungeu für die Post-, die Telegraphen- und Telephonverwaltung ist auch vom Bundesrale für eine Reihe von Personalkategorien eine Arbeitszeit festgesetzt worden, die teilweise erheblich unter dem gesetz-

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'lichen Höchstmasse steht und beispielsweise heute für die Telephonistinnen acht Stunden nicht überschreitet.

Anderseits sind im Laufe der Jahre aus dem Schosse des Personals mancherlei Wünsche und Anregungen gemacht worden, die grössere Erleichterungen, hauptsächlich aber die Herabsetzung der Dauer der täglichen Arbeitszeit und die Erhöhung der ununterbrochenen Ruhezeit bezweckten. Von diesen Postulaten, denen, soweit das Personal der konzessionierten Unternehmungen in Frage kommt, nur durch eine Revision der gesetzlichen Bestimmungen entsprochen werden konnte, haben wir Ihnen jeweilen in den Geschäftsberichten unseres Post- und Eisenbahndepartementes Kenntnis gegeben. Durch die Motion des Herrn Nationalrates Studer (Winterthur) und Mitunterzeichner vorn 21. Juni 1912 ist der Bundesrat förmlich eingeladen wordenj die Revision des Gesetzes und der einschlägigen Bestimmungen der Vollziehungsverordnungen vorzubereiten und den Räten beförderlich Bericht und Antrag zu unterbreiten.

Nachdem im Jahre 1914 die Revision des Fabrikgesetzes zum Abschlüsse gelangt war, schien der Zeitpunkt gekommen zu sein, an eine, den veränderten Verhältnissen und Bedürfnissen Rechnung tragende Umgestaltung des Gesetzes über die Arbeitszeit der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten heranzutreten.

Der Ausbruch des Krieges hat die Inangriffnahme dieser Aufgabe verzögert, allein sein Verlauf und die daraus erwachsene Umgestaltung aller wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse verlangen nunmehr die unverzügliche Durchführung der Revision. Anlässlich der Generalstreikandrohung im Sommer des vergangener» Jahres konnte von der Abordnung des Bundesrates gegenüber den Begehren des Oltener Aktionskomitees um Einführung des.

Achtstundentages auf die bereits in Angriff genommene Revision verwiesen werden, womit eine zeitgemässe Herabsetzung der Arbeitsdauer in Aussicht gestellt wurde. Schon anfangs Juni 1918 hatte .unser Post- und Eisenbahndepartement die Verwaltungen der Verkehrsanstalten und die Leitungen der Personalverbände von seiner Absicht verständigt und sie gleichzeitig eingeladen, sich an den Vorarbeiten für die Gesetzesrevision zu -beteiligen und ihm ihre eventuellen Anträge für die Abänderung der gesetzlichen Vorschriften bis Ende Oktober gleichen Jahres bekanntzugeben. Von dieser Gelegenheit ist durch die
beteiligten Kreise in verdankenswerter Weise Gebrauch gemacht worden und mit wenigen Ausnahmen hat man, wenn begreiflicherweise im Ausmasse nicht übereinstimmend, einer der heutigen Zeitauffassung entsprechenden Revision im Sinne der Kürzung

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der dienstlichen Beanspruchung, sowie der Vermehrung der Ruhezeiten des Personals zugestimmt. Die dem Arbeitsgesetze unterstellten Verkehrsanstalten des Bundes, vorab die Verwaltung der Bundesbahnen, dann auch die Post-, sowie die Telegraphenund Telephonverwaltung haben Entwürfe zu einem neuen Gesetze eingereicht. In den Äusserungen der Verwaltungen der konzessionierten Verkehrsanstalten wurde bei dieser Gelegenheit auf ihre höchst ungünstige wirtschaftliche Lage hingewiesen, in die sie durch den Weltkrieg geraten seien; sie haben deshalb grundsätzlich die Auflassung vertreten, dass ein neues Arbeitsgesetz diese Lage weiterhin ungünstig beeinflussen werde. Unter solchen Umständen erschien es ihnen gerechtfertigt, dass zwar die Revision anhand genommen, dass aber das Inkrafttreten des abgeänderten Gesetzes verschoben werde, bis durch einen neuen Verkehrsaufschwung die vermehrten Lasten eher ertragen werden könnten. Im Auftrage des beteiligten Personals hat der Föderativverband eidgenössischer Beamter, Angestellter und Arbeiter, gestützt auf einen in der ausserordentlichen Delegiertenversammlung vom 27. Oktober 1918 gefassten einstimmigen Beschluss, unserem Post- und Eisenbahndepartemente seine Postulate in einer begründeten Eingabe zur Kenntnis gebracht, aus der wir die folgenden Hauptpunkte hervorheben: 1. Festsetzung des Achtstundentages in der Meinung, dass die tägliche, achtstündige Arbeitszeit auf neun Stunden ausgedehnt werden dürfe, wenn die besonderen Verhältnisse es erfordern und vorausgesetzt, dass die Arbeitszeit in sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen 48 Stunden nicht übersteige.

2. Festsetzung von täglich zwei, bei besonderen Verhältnisse!!

von drei Dienstantritten.

3. Ununterbrochene Nachtruhe von täglich zwölf Stunden.

4. Dienstbereitschaft von zwölf Stunden.

5. Ausdehnung der unter den Begriff der Nachtarbeit fallenden Zeit, und zwar vom 1. Mai bis 15. Oktober für den Dienst von acht Uhr abends bis fünf Uhr morgens, für den übrigen Teil des Jahres bis sechs Uhr morgens.

6. Gewährung von 56 Ruhetagen im Jahre, davon 26 an Sonntagen; auf jede Woche soll ein Ruhetag entfallen; die Ruhetage sollen 40 Stunden umfassen.

7. Zuteilung eines Erholungsurlaubes, einschliesslich der in diese Zeit fallenden Ruhetage von einer Woche im 1. bis 4. Dienstjahre, von zwei Wochen im 5. bis 10. Dienstjahre, von drei

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Wochen im 11. bis 20. Dienstjahre und von vier Wochen bei mehr als 20 Dienstjahren.

8. Wo besondere Verfügungen des Bundesrates erlassen werden, die die Rechte des Personals berühren, ist diesem davon Kenntnis zu geben.

9. Ausbau der Kontrolle über die Vollziehung des Gesetzes und Einräumung eines Mitspracherechtes des Personals bezüglich der Art der Kontrolle und bei der Wahl der Kontrollorgane; Abschaffung der Tagebücher.

Über die Neuordnung der Arbeitszeit für das Personal der "Verkehrsanstalten bei den Nachbarstaaten, ferner in England und Amerika, sind durch unsere Vertretungen einlässliche Erkundigungen eingezogen worden, so dass unserem Post-und Eisenbahndepartemente bis im Spätherbste 1918 ein umfangreiches Material zur Verfügung stand. Daraufhin ist von ihm im Laufe des Monates Oktober eine Kommission von Sachverständigen zur Ausarbeitung eines Vorentwurfes bestellt worden, die unter dem Vorsitze des Departementsvorstehers die eingelangten zahlreichen Berichte und Anträge einer sorgfältigen Prüfung unterzog und auf Grund der-, selben einen vorläufigen Gesetzesentwurf nebst zugehörigen Vorentwürfen zu Vollziehungsverordnungen ausarbeitete. Der erstere ist vom Post- und Eisenbahndepartemente mit einem erläuternden Berichte anfangs Januar dieses Jahres den Verwaltungen der Verkehrsanstalten, sowie den Geschäftsleitungen der Personalverbände zur Äusserung bis Mitte Februar zugestellt worden.

Dieser erste vom 23. Dezember 1918 datierte Entwurf nahm gegenüber dem geltenden Gesetze die folgenden wesentlichen Änderungen und Verbesserungen zugunsten des Personals in Aussicht : 1. Einführung einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von acht, neun und zehn Stunden an Stelle der bestehenden Höchstdauer von elf Stunden, in der Meinung, dass die Arbeitszeit abhängig sein solle vom Grade der körperlichen und geistigen Beanspruchung und der damit verbundenen Verantwortlichkeit, sowie vom Vorhandensein und der Dauer blosser Dienstbereitschaft.

2. Kürzung der Dienstschicht, im bisherigen Gesetze als ,,Dienstbereitschaft0' bezeichnet, d. h. des Zeitraumes zwischen zwei Ruheschichten, je nach der Art des Dienstes um ein bis ·drei Stunden und dementsprechend Verlängerung der durchschnittlichen ununterbrochenen Ruhezeit, im Entwurfe ,,Ruheschicht" genannt, um das gleiche Mass wie die Kürzung der Dienstbereitschaft.

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3. Erhebliche Kürzung des Nachtdienstes durch Einschränkung der in denselben fallenden Arbeitszeit auf höchstens 8 1/2 Stunden.

4. Erweiterung der Schutzmassnahmen für weibliche Bedienstete.

5. Verlängerung des Ruhetages um eine Stunde, d. h. Ausdehnung desselben, einschliesslich der ihm vorangehenden wenigstens neunstündigen Ruheschicht, von 32 auf 33 Stunden.

6. Einräumung eines zusammenhängenden Erholungsurlaubes -- im Entwurfe als ,,Ferien" bezeichnet -- vom ersten Dienstjahre hinweg und ohne Anrechnung auf die gesetzliche Zahl der 52 Ruhetage von sechs Tagen mit Erhöhung dieser Zahl auf 12 und 18 Tage je nach Absolvierung von zehn Dienstjahren oder Ziirücklegung des 30., bzw. vierzigsten Altersjahres.

7. Vereinfachung der Aufsicht und Kontrolle über die Innehältung der den Betriebsinhabern obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen; Abschaffung der Tagebücher und Einsetzung einer gemischten Kommission zur Begutachtung von Fragen, die dem Bundesrate zu Beschlüssen grundsätzlicher Natur, Entscheiden über Rekurse und Beschwerden, sowie Strafverfügungen Anlass geben.

Die zu diesem Entwurfe eingegangenen Bemerkungen weichen von den ersten Vernehmlassungen nicht wesentlich ab; das gilt sowohl von den Anregungen der konzessionierten Verkehrsanstalten, die dem Arbeitsgesetze unterstellt sind, als auch von denjenigen der beteiligten Personalvereinigungen. Entsprechend dem Wunsche des Föderativverbandes eidgenössischer Beamter, Angestellter und Arbeiter hat am 10. April dieses Jahres unter dem Vorsitze des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartementes eine Konferenz mit den Vertretern dieses Verbandes, den Abordnungen des Verbandes schweizerischer Eisenbahn- und Dampfschiffangestellter, des schweizerischen Zugspersonalvereins, des Lokomotivpersonalverbandes, des Lokomotivführervereins, der Arbeiter - Union schweizerischer Transportanstalten, des Nebenbahnenpersonalverbandes, des Postbeamtenverbandes und des Post-, Telegraphen- und Zollangestelltenverbandes stattgefunden. In dieser Konferenz sind von den Sprechern der verschiedenen Personalorganisationen die Vorzüge und Verbesserungen des Entwurfes gegenüber dem bestehenden gesetzlichen Zustande anerkannt, aber doch fast einstimmig an dem Hauptpostülate festgehalten worden, dass für das vollbeschäftigte Personal der Verkehrsanstalten die 48 - Stundenwoche gesetzlich sanktioniert und den Verwaltungen der Nebenbahnen eine privi-

75l: legierte Stellung nicht eingeräumt werden dürfe. Im Anschlüsse an diese Konferenz ist vom Präsidenten des Föderativverbandes, eidgenössischer Beamter, Angestellter und Arbeiter, Herrn Nationalrat Otto Weber in St. Gallen, die nachstehende vom 24. April' 1919 datierte Eingabe an den Bundesrat gerichtet worden: ,,Der Vorstand des Föderativverbandes eidgenössischer Beamter, Angestellter und Arbeiter erwartet vom Bundesrat, dass er in Analogie zu den vom schweizerischen Gewerkschaftskongress aufgestellten Forderungen die Frage der 48-Stundenwoche für das vollbeschäftigte Personal so rechtzeitig vorbereite, dass sie in der Junisession abschliessend behandelt und auf den 1. Juli 1919 eingeführt wird.

,,Das Personal hat die Überzeugung, dass die Einführung des Achtstundentages für das gesamte vollbeschäftigte Personal auf den genannten Termin in diesem Jahre möglich sei. DiePersonalverbände wären eventuell bereit, in besonderen Unterhandlungen mit den einzelnen Verwaltungen über die technischen Möglichkeiten der Durchführung des Postulates in Beratung zu treten, unter grundsätzlicher Festhaltung derForderung des Föderativerbandes für das gesamte eigenössisehe Personal.

,,Damit beauftragt, Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesp'-äsident, sehr geehrte Herren Bundesräte, von diesem Beschlüsse Kenntnis zu geben, soll ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es vom schweizerischen Verkehrspersonal als ein unerträglicher und unmöglicher Zustand betrachtet würde, wenn einerseits im Monat Juni von den eidgenössischen Räten abschliessend über die Einführung der 48-Stundenwoche im Privatgewerbe entschieden würde, während sich das Transportpersonal mit der Einführung der genannten Reform bis in den Herbst hinein oder noch länger zu .gedulden hätte. Das würde als Zurücksetzung und Benachteiligung empfunden, könnte zu Konflikten führen, die wir vermeiden möchten. Dabei besteht im Komitee des Föderativ verbandes -die Auffassung, dass das vollbeschäftigte Personal der Nebenbahnen keineswegs schlechter gestellt werden dürfe als dasjenige der Hauptbahnen, und zwar aus den Gründen, die bereits mündlich an der Konferenz rom.

10. April auseinandergesetzt worden sind."

Auf Grund aller dieser Kundgebungen ist die vom Departemente eingesetzte Kommission in eine erneute sachliche Beratung des ersten Entwurfes eingetreten und sie hat sich dabei von den Wandlungen Rechenschaft gegeben, die die Frage der Regelung

'752 ·der Arbeitszeit im In- und Auslande bei der Industrie, dem Gewerbe, den Verkehrsanstalten, sowie den öffentlichen und privaten Verwaltungszweigen durchgemacht hat, und zwar mehr und mehr im Sinne der Einführung der 48-Stundenwoche, selbst da, wo dies noch vor kurzer Zeit als völlig ausgeschlossen schien.

Von besonderer Bedeutung waren die Mitteilungen, dass diese Arbeitszeitverkürzung wenigstens im Grundsatze auch für das Eisenbahnpersonal in Deutschland, England und Italien eingeführt werde oder bereits zur Einführung gelangt sei. Weiter kam in Betracht, dass die Klauseln der Arbeitsgesetzgebung im Präliminarfriedensvertrage der Entente die Beschränkung der Arbeitszeit in den Industrien auf Grund des Achtstundentages und der 48-Stundenwoche vorsehen. Wir verweisen ferner auf unsere Botschaft vom 29. April 1919, womit wir Ihnen eine Verkürzung ·der Arbeitszeit in den Fabriken im Sinne der Einführung der 48-Stundenwoche als Normalarboitswoche beantragt haben. Endlich ist daran zu erinnern, dass der zürcherische Gesetzesentwurf über die Regelung der Arbeitszeit, der gegenwärtig vor dem Kantonsrate liegt, in der Fassung des Kommisionsentwurfes vom 2. April 1919 für die Angestellten, Arbeiter und Lehrlinge aller Gewerbe und Betriebe, ausgenommen die Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau, die Fuhrhalterei, die hausindustriellen Betriebe und das Wirtschaftsgewerbe, sowie endlich die Betriebe, ·deren Arbeitszeit bundesrechtlich geregelt wird, eine wöchentliche Arbeitszeit vorschreibt, die in der Regel 48 Stunden nicht übersteigen soll.

Alle diese Vorgänge haben die Kommission bewogen, auch für die Arbeitszeit des Personals der schweizerischen Verkehrs·anstalten -- Eisenbahnen, Schiffahrts- und Kraftwagenunternehmungen, Post, Telegraph und Telephon -- einer Lösung zuzustimmen, die in ihrer Wirkung der Einführung der achtstündigen täglichen Arbeitszeit oder richtiger ausgedrückt der 48-Stundenwoche gleichkommt. Dadurch soll dem Hauptpostulate des Verkehrspersonals entsprochen und seine Arbeitszeit derjenigen des Fabrikpersonals soweit angepasst werden, als die Rücksichtnahme auf die Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse der den öffentlichen Interessen dienenden Anstalten dies gestattet. Da die Arbeitsverhältnisse der letztern und vorab diejenigen der Eisenbahnen, ungleich kompliziertere sind als
diejenigen der Fabrikbetriebe, l&sst sich die für diese getroffene gesetzliche Ordnung nicht einfach auf die Verkehrsanstalten übertragen, noch darf man sich kurzerhand auf jene Regelung berufen, ohne näher zu prüfen,

753 ob die tatsächlichen Voraussetzungen hier und dort die nämlichen seien. Wo das zutrifft, ist nicht gezögert worden, bei der Geaetzesrevision dem Personal der Verkehrsanstalten den nämlichen Schutz und dieselben Vorteile angedeihen zu lassen, die durch das neue Fabrikgesetz und die den eidgenössischen Bäten zu demselben vorgelegte Novelle dem Fabrikpersonal zuteil werden sollen. Bei der Würdigung des Entwurfes muss man sich aber · auch die grossen Verschiedenheiten zwischen den beiden Betrieben stets vor Augen halten. Wir geben der Erwartung Ausdruck, dass auch das Personal der Verkehrsanstalten dieser Tatsache Rechnung tragen und nicht auf der Verwirklichung von Wünschen und Begehren bestehen werde, die bei den ungleich einfacheren Verhältnissen des Fabrikbetriebes erfüllbar sind, deren cgesetzliche Sanktion aber fiir die Verkehrsanstalten einen rationellen Betrieb geradezu verunmöglichen müsste und die Verwaltungen -zwingen würde, nicht ausreichend beschäftigtes Personal in Dienst au stellen 'und dafür Opfer zu bringen, die in keinem richtigen Verhältnisse zur Arbeitsleistung stünden.

Die gründlichen Arbeiten der vorberatenden Kommission ·und des Post- und Eisenbahndepartementes, und insbesondere die ·wiederholten Besprechungen des Vorstehers des Departementes mit kompetenten Vertretern aus den Kreisen des Personals und der Verwaltungen bieten dem Bundesrate Gewähr, dass der Entwurf, den wir Ihnen zur Annahme unterbreiten, den heutigen Anschauungen über die Regelung der Arbeitsverhältnisse in weitgehendem Masse Rechnung trage, dass er aber gleichzeitig auch -eine Lösung enthalten werde, die sich mit einem wirtschaftlichen .Betriebe unserer Verkehrsanstalten noch vereinbaren lasse.

·Gewiss ist es bedauerlich, dass die Beratung der Vorlage in einen .Zeitabschnitt fällt, in dem die ökonomische Lage fast aller dieser .Anstalten infolge der Einwirkungen des Krieges höchst unbefriedigend geworden ist. Angesichts dieser Umstände bedarf ·es eines grossen Mutes und freudiger Zuversicht in die Zukunft, Jhrer hohen Behörde eine Neuordnung der Arbeitsverhältnisse -des Verkehrspersonals zur Beratung zu unterstellen, die für alle Verwaltungen mit ganz wesentlichen Mehrkosten verbunden sein wird ; die letztern dürften umsomehr ins Gewicht fallen, als fast gleichzeitig die Gehalte und Löhne in einem den heutigen Lebensverhältnissen Rechnung tragenden Umfange verbessert werden müssen. Wir vertrauen darauf, dass durch die bedeutende Herab-

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Auch unter dieser Voraussetzung werden die Verwaltungen darnach trachten müssen, durch zweckmässigere Gestaltung ihres Betriebes, rationelle Diensteinteilungen und Ökonomie in der Verwendung ihres Personals einem zu starken Anwachsen des Bestandes und damit der Ausgaben vorzubeugen. Sie werden in vermehrtem Masse ihr Augenmerk darauf richten müssen, Betriebsanlagen und Betriebsmittel den modernen Anforderungen der Technik entsprechend auszugestalten und leistungsfähiger zu machen, auch überall da, wo es wirtschaftlich erscheint, die menschliche durch die mechanische Arbeitskraft zu ersetzen. Gleichzeitig sollte aber auch die Bevölkerung, das reisende und verkehrtreibende Publikum, die Industrie und ihre Arbeiterschaft, in ihren Ansprüchen an die verschiedenen Verkehrsanstalten des Landes sich einer weisen Mässigung befleissen und dazu beitragen helfen, dass die einzelnen Unternehmungen, an deren künftigem Gedeihen alle Schichten der Bevölkerung Anteil haben, sich nicht nur von den schweren Wunden des Krieges erholen, sondern auch die vermehrten Lasten tragen können, die die Verkürzung der Arbeitszeit und die gleichzeitige Verbesserung der Lohn verhältnisse ihnen aufbürden. Wenn überall in den Städten und Industriezentren die Arbeitzeit gekürzt, das Tagewerk am Morgen spater begonnen und der Feierabend früher gelegt wird, sollte es möglich sein, den Personenzugsfahrplan etwas zusammenzudrängen, Früh- und Spätzüge des Lokalverkehrs, die nicht Anschlüsse au direkte Verbindungen vermitteln, aufzuheben oder doch einzuschränken. Überhaupt wird die Ausgestaltung des Fahrplanes, der Postbestelldienst und der Schalterdierist der Postbureaux Einschränkungen erfahren müssen, soweit dadurch einer unwirtschaftlichen Verwendung des Personals vorgebeugt werden kann.

Schliesslich wird die Herabsetzung der Arbeitszeit in Verbindung mit der besseren Belohnung des Personals leider auch kaum
gestatten, die Fahrpreise und Frachten zu «-massigen oder andere Erleichterungen für den Reiseverkehr und den Güterumtausch einzuführen, die seitens der Verwaltungen mit Mehraufwendungen verbunden sein würden, denen aber keine entsprechenden Mehreinnahmen gegenüberstünden.

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Die Botschaft enthält keine ziffermässigen Angaben über die aus der Revision des Arbeitsgesetzes im Sinne des vorliegenden Entwurfes entstehenden Mehrkosten für die Verwaltungen. Die Ermittlung dieser neuen sehr erheblichen Lasten bietet ausserordentliche Schwierigkeiten, weil eine Reihe zum Teil wesentlicher Faktoren, von denen wir soeben gesprochen haben, nicht einmal annähernd gewertet werden können. Es scheint una deshalb richtiger zu sein, von der Mitteilung approximativer Beträge ganz Umgang zu nehmen, um so mehr, als das Mass der Verkürzung der Arbeitszeit heute weniger denn je von den daraus erwachsenden Kosten abhängig gemacht werden kann, das Hauptaugenmerk vielmehr darauf gerichtet sein muss, die gesetzlichen Grundsätze in einem Sinne und Geiste zu fassen, der den verschiedenartigen Bedürfnissen der Verkehrsanstalten billige Rücksicht trägt und ihre Verwaltungen nicht zur Anstellung von Arbeitskräften zwingt, für die eine wirtschaftliche Verwendung wegen des starren, allzu engen Rahmens des Gesetzes praktisch ausgeschlossen wäre. Die Verwirklichung der wesentlichen Postulate des Personals im Sinne unserer Vorlage ist nur möglich, wenn die Verkürzung der Arbeitszeit nach praktischen Gesichtspunkten des Betriebes der Verkehrsanstalten, nicht nach einer Schablone, nach theoretischen Prinzipien oder, einseitig nach dem Muster der gesetzlichen Ordnung, etwa des Fabrikbetriebes, erfolgt. Wir bitten Sie, bei Ihren Beratungen und Entschliessungen sich der eigenartigen Verhältnisse bei den Verkehrsanstalten stets gegenwärtig zu., bleiben und bei allem Verständnisse für die Forderungen des Personals und im Interesse ihrer weitgehenden Verwirklichung darnach zu trachten, dass die Verwaltungen ihren Dienst auch künftig den Anforderungen des Verkehrs entsprechend gestalten können und nicht gezwungenermassen zu Anordnungen schreiten müssen, die für die Allgemeinheit mit bedeutenden Nachteilen verbunden wären.

II.

Die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes.

Indem wir auf die Besprechung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes eintreten, wobei wir uns darauf beschränken, die sachlichen Änderungen gegenüber dem geltenden Rechte hervorzuheben und, soweit nötig, zu begründen, schicken wir voraus, 'dass wir besonderen Wert darauf gelegt haben, im Gesetzesentwurfe nur die Grundsätze aufzustellen, in der Meinung, dass ihre nähere Ausführung den Verordnungen des Bundesrates, vor-

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behalten bleibe. Um aber auch hinsichtlich der Ausführung des Gesetzes zum vorneherein möglichste Klarheit zu schaffen, hat es unser Post- und Eisenbahndepartement für zweckmässig erachtet, gleichzeitig die Vorentwürfe zu Vollziehungsverordnungen auszuarbeiten und dieselben als Erläuterungen dem Entwurfe beizugeben ; Sie finden diese Entwürfe in den Beilagen 2 und 3 der Botschaft. Angesichts der verschiedenartigen dem Gesetze zu unterstellenden Verkehrsanstalten erschien es untunlich, die Ausführungsvorschriften in einer einzigen Verordnung unterzubringen; es sind deshalb besondere Vorentwürfe zu solchen, einerseits für die Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen sowie für die Nebenbetriebe dieser Anstalten (I), anderseits für die Post-, Telegraphen-und Telephonverwaltung (II) aufgestellt worden, wobei das Eisenbahndepartement Wert darauf gelegt hat, dass die massgebenden Vorschriften, soweit die Verhältnisse bei den verschiedenen Anstalten dieselben sind, miteinander übereinstimmen.

Da es sich um Vorentwürfe handelt, hat der Bundesrat zu denselben noch nicht endgültig Stellung genommen ; dieselben werden je nach den Änderungen, den der Gesetzesentwurf im Schosse Ihrer Versammlung erfahren wird, einer Revision zu unterziehen sein. Vorgängig der Beratung durch den Bundesrat beabsichtigen wir, dieselben der in Art. 18 des Gesetzesentwurfes vorgesehenen Kommission zur Begutachtung zu unterbreiten.

Art. 1. Geltungsbereich.

Sowohl der Geltungsbereich des Gesetzes, sein sachliches Anwendungsgebiet, als auch der Kreis der Personen, auf den dasselbe Anwendung zu finden hat, ist im bestehenden Gesetze nicht mit aller nötigen Klarheit und Vollständigkeit festgelegt worden; der Entwurf sucht diesen Mängeln abzuhelfen; gleichzeitig will er der vollziehenden Behörde die Möglichkeit verschaffen, den gesetzlichen Geltungsbereich den künftigen praktischen Bedürfnissen entsprechend zu erweitern.

ZM Absätzen l und 2. Abgesehen von den eidgenössischen Betrieben -- Bundesbahnen, Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung -- fallen nach geltendem Rechte unter den Begriff der vom ,,Bunde konzessionierten Verkehrsanstalten" die Eisenbahnen, ferner die Schiffahrts- und Kraftwagenunternehmungen *), *) Verordnung vom 8. Februar 1916 über die Konzessionierung von Unternehmungen für die Beförderung von Personen und deren Gepäck mit Kraftwagen, Art. 27 ; Vollziehungsverordnung I, § l, Absatz l ; Vollziehungsverordnung II, § 1.

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sowie die geleislosen Bahnen, Aufzüge und Luftseilbahnen *)r die die regelmässige und periodische Beförderung von Personen, auf Grund eines Fahrplanes und eines Tarifes besorgen. An diesem Geltungsbereiche hat der Entwurf nichts geändert. Dagegen will er nach Massgabe von Absatz 2 dem Bundesrate die Ermächtigung, einräumen, dem Gesetze auch solche Nebenbetriebe zu unterstellen, die eine notwendige oder doch sehr zweckmässige Ergänzung einer der vorstehend genannten Verkehrsanstalten bilden. Obschoa das bestehende Gesetz eine entsprechende Vorschrift nicht kennt, ist es gleichwohl auf das auf Schweizergebiet beschäftigte Personal der internationalen Schlafwagengesellschaft und dasjenige der schweizerischen Speisewagengesellschaft angewendet worden. Beide Gesellschaften haben zwar gegen die Unterstellung ihrer Unternehmungen unter Berufung auf den Wortlaut des Gesetzes dagegen Einsprache erhoben, aber unter Wahrung ihres Rechtsstandpunktes die Erklärung abgegeben, dass sie sich aus freien Stücken den Anordnungen der eidgenössischen Aufsichtsbehördefügen werden. Ferner ist daran zu erinnern, dass nach Massgabe der Art. l und 2 der Vollziehungsverordnung vom 6. November 1890 zum früheren Arbeitsgesetze vom 27. Juni 1890 das Dienstpersonal der Bahnhofwirtschaften als zum Stationspersonal und dasjenige der Wirtschaften auf den Dampfschiffen als zum Kursdienstpersonal gehörig erklärt und wie diese beiden Personalkategorien dem Arbeitsgesetze unterstellt wurde. Gegen diese Ordnung ist von der Vereinigung schweizerischer Bahnhofrestaurateure am 10. März 1891 bei der Bundesversammlung Beschwerdegeführt worden. Die eidgenösssischen Räte haben dieselbe als begründet erklärt und den Bundesrat eingeladen, in Verbindung mit der Frage der Revision des Art. 31 der Bundesverfassung zu prüfen und darüber Bericht und Antrag zu stellen, ob nicht der Bund über den Schutz weiblicher Arbeiter, insbesondere über die Arbeitszeit des Dienstpersonals in den Wirtschaften, ein Gesetz erlassen solle. Seit der Begründeterklärung dieser Beschwerde ist das Arbeitsgesetz auf das Personal der Bahnhof- und Dampfschiffwirtschaften nicht mehr angewendet worden, an seine Stelle traten die kantonalen Wirtschaftsgesetze. Wir fügen bei, dass.

anlässlich der Beratung des Berichtes des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1917
von Herrn Ständerat Wettstein der Wunsch ausgesprochen worden ist, es möchten bei der Er. *) Verordnung vom 18. September 1906 betreffend die Konzessionierungund die Kontrolle der Automobilunternehmungen, Aufzüge und Luftseilbahnen.,, Art. 17 ; VoUziehungsverordnung I, § l, Absatz 2.

75S Neuerung von Verträgen mit den Pächtern von Bahnhofwirtschaften der schweizerischen Bundesbahnen jeweilen zugleich auch Bestimmungen über den Schutz des angestellten Personals aufgenommen werden, da in einzelnen Kantonen die gesetzlichen Vorschriften durchaus ungenügend seien. Die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen, die unser Post- und Eisenbahndepartement um Äusserung über diese Anregung ersuchte, bezeichnete die Aufstellung einheitlicher Schutzbestimmungen nicht .als ein absolutes Bedürfnis, immerhin hat sie sich bereit erklärt, die Frage zu prüfen, ob es sich nicht empfehlen dürfte, in den Pflichtenheften der Pachtverträge über Bahnhofwirtschaften · ein Mindestmass von Vorschriften hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeiten des Bedienungspersonals aufzunehmen, denen der Pächter vertraglich auch dann nachzukommen hätte, wenn die massgebenden kantonalen Wirtschaftsgesetze keine oder nur ungenügende Schutzfaestimmungen enthalten sollten.

Erachtet man im Hinblick auf den engen Zusammenhang dieser Wirtschaftsbetriebe mit dem Eisenbahn- und Schiffahrtsbetriebe einen besonderen Schutz des Bedienungspersonals für wünschenswert oder notwendig, so scheint es uns richtiger, die Inhaber dieser Betriebe durch gesetzliche Vorschriften und nicht durch privatrechtliche Verträge zu dessen Verwirklichung anzuhalten. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, sollte der Anlass der Revision des Arbeitsgesetzes benutzt werden, die nötige formelle Grundlage für die Aufstellung solcher Schutzbestimmungen zu schaffen, ohne dass man sich im übrigen der freien Entschliessung für die Zukunft zu begeben braucht. DU/AI veranlasst uns auch die Überlegung, dass sich in der Folge das Bedürfnis herausstellen könnte, noch andere Gewerbe, die den <
759 gestützt auf Art. 26 der Bundesverfassung, die ßundeskompetenz zum Erlasse von Vorschriften über Nebenbetriebe von Eisenbahnen dann gegeben sei, wenn diese Nebenbetriebe eine notwendige oder doch sehr zweckmässige Ergänzung des Bahnbetriebes darstellen oder, anders ausgedrückt, wenn der Nebenbetrieb, vom Standpunkte des Bahnbetriebes aus betrachtet, diesem wesentliche Dienste zu leisten vermöge und deshalb mit ihm enge verbunden erscheine, so besteht jedenfalls verfassungsmässig kein Hindernis, das vom Bunde für die Verkehrsanstalten erlassene Arbeitsgesetz auf derartige Nebenbetriebe auszudehnen. Die kantonalen Vorschriften können auf dieselben nur insoweit Anwendung finden, als daraus kein Widerspruch mit den bundesgesetzlichen Vorschriften oder den Interessen des Betriebes der konzessionierten Verkehrsanstalten erwächst. Gestützt auf diese Erwägungen beantragen wir die Aufnahme einer Bestimmung als Absatz 2 von Art. l des Entwurfes, wodurch der Bundesrat ein für allemal ermächtigt wird, das Arbeitsgesetz auf Nebenbetriebe von Verkehrsanstalten anwendbar zu erklären.

Zu Absätzen 3 und 4. Sie umschreiben den Kreis der Personen, auf welche die gesetzlichen Vorschriften Anwendung zu finden haben. Bei der grossen Verschiedenheit in den Anstellungsverhältnissen des Personals nicht nur von Anstalt zu Anstalt, sondern auch innerhalb der einzelnen Verwaltungen, bietet die Umschreibung des Kreises besondere Schwierigkeiten, die im bestehenden Gesetze nicht vollständig gelöst, teilweise erst durch die Vollziehungsverordnungen behoben worden sind.

Bei der Würdigung des Entwurfes darf daran erinnert werden, dass keiner der uns bekannt gewordenen Gesetzeserlasse des Auslandes die Arbeitszeitverhältnisse so unterschiedslos und in ihrem vollen Umfange auf alle Verkehrsanstalten und ihre sämtlichen Dienste anwendbar erklärt, wie dies durch unsere Vorlage verwirklicht wird.

Der Entwurf, der dem bestehenden Rechtszustande angepasst ist, erklärt zunächst die gesetzlichen Vorschriften als anwendbar b. Bundesratsbeschluss vom 2. Dezember 1910 über die Beschwerde der Kreisdirektion II der Schweizerischen Bundesbahnen gegen die Verfügung des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt betreffend die Anwendung des kantonalen Kuhetagsgesetzes auf das im Bahnhofe Basel betriebene Coiffeurgescbäft (Bundesbl. 1910, V,
694 ff); c. Bundesratsbeschluss vom 16. Oktober 1917 über die Beschwerde des Herrn Paul Schmidt in Basel betreffend Schliessung der Bahnhofbuchhandlung Frauenfeld an Sonn- und Feiertagen (Bundesbl. 1917, IV, 321 ff.).

Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

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760 auf Personen, die im B e t r i e b s d i e n s t e einer dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten tätig sind, gleichgültig, ob es sich dabei um Beamte, Angestellte oder Arbeiter, um Lehrlinge und Aspiranten, um männliche oder weibliche Bedienstete, handle.

Was alles unter den Begriff des Betriebsdienstes fällt, ist den Vorentwürfon zu. den Vollziehungsverordnungen zu entnehmen*).

Ausser Betracht kommen einmal die bei Neu- und Ergänzungsbauten beschäftigten Personen, vorbehaltlich der in Absatz 4 von Art. l erwähnten Bediensteten, ferner das Personal der allgemeinen Verwaltung. Vom Betriebspersonal fällt nur derjenige Teil darunter, der ständig und vorwiegend im Dienste beschäftigt wird. Die beiden wesentlichen Requisite bringen zum Ausdrucke, dass es sich zunächst um eine u n u n t e r b r o c h e n e , d a u e r n d e , alsp nicht lediglich vorübergehende Verwendung handle, wobei nicht massgebend ist die tatsächlich dauernde Beschäftigung, sondern die Absicht des Betriebsinhabers, das Anstellungsverhältnis zu einem ständigen im Sinne des Entwurfes zu gestalten. In zweiter Linie ist entscheidend, dass die Beschäftigung bei der Verkehrsaustalt die eigentliche Erwerbstätigkeit des Bediensteten darstelle, was im übrigen nicht ausschliesst, dass er neben dieser vorwiegenden Betätigung noch irgendeiner Nebenbeschäftigung ausserhalb der Verkehrsanstalt obliege. Nach Massgabe der Vorentwürfe zu Vollziehungsverordnungen gilt das Requisit dann als erfüllt, wenn die tägliche Dauer der Arbeitszeit bei 'der Verkehrsanstalt oder einem Nebenbetriebe derselben durchschnittlich sieben Stunden erreicht**). Eine letzte Voraussetzung für die Unterstellung bildet die Verpflichtung zu a u s s c h l i e s s l i c h p e r s ö n l i c h e r D i e n s t l e i s t u n g . Einzelne der dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten, vornehmlich die Postverwaltung, kennen Dienstverhältnisse, die dem Verpflichteten gestatten, die übernommenen Obliegenheiten ganz oder teilweise durch selbst gewählte und besoldete Hülfskräfte verrichten zu lassen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Familienvorstand eine Postablage führt und sich dabei während eines Teiles des Tages von seinen Familienangehörigen unterstützen oder ablösen lässt, oder wenn ein Geschäftsmann, der ausserdem die Führung eines Postbureaus übernimmt,
darin eine Privatgehülfin beschäftigt, oder wenn ein Landbriefträger für die Be*) Vgl. VollziehuDgsverordnung I, § 2 ; Vollziehungsverordnung II, § 2.

**) Vgl.Vollziehungeverordnung I, §3; Vollziehtmgsverordnung II, g 3.

761 sorgung seiner Bestellgänge noch einen Stundengehülfen oder einzelne Familienangehörige verwendet, usw. Wenn auch in der Regel eine persönliche Betätigung des Stelleninhabers immerhin vorausgesetzt ist, so braucht diese doch nicht eine ausschliessliche zu sein. -- Diese Stelleninhaber, denen es in einem gewissen Umfange freisteht, die Arbeit durch andere verrichten zu lassen, sind für ihre Person nicht an bestimmte Dienststunden gebunden.

Sie geniessen auch in der Verteilung der Arbeit auf ihre Hülfskräfte zum Zwecke eigener Befreiung von den Dienstverrichtungen eine gewisse Selbständigkeit. Meist handelt es sich um Familienbetriebe, die hausindustriellen Verhältnissen nicht unähnlich sind.

Derartige, besonders dem Postdienste, dann aber auch dem Stationsdienste gewisser Kategorien von Nebenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen eigentümliche Verhältnisse lassen sieh durch eine zwingende Regelung der Arbeitszeit, wie der G-esetzesentwurf sie voraussetzt, nicht erfassen; das Gesetz findet daher auf sie keine Anwendung.

Zu Absatz 5. Personen, die zwar im Betriebsdienste einer der dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten oder eines Nebenbetriebes derselben zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet sind, aber nicht ständig und vorwiegend beschäftigt werden, fallen nicht zum vornherein ausserhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes. Vielmehr ist für jedes der mannigfachen Dienst- und Anstellungsverhältnisse zu entscheiden, ob jmd gegebenenfalles in welchem Umfange die gesetzlichen Vorschriften Anwendung zu finden haben. Die nähere Ordnung wird in Anpassung an den bestehenden Rechtszustand, wie er durch die Vollziehungsverordnungen des Bundesrates und die von ihm als Aufsichtsbehörde erlassenen grundsätzlichen Entscheide festgestellt worden ist, dieser Behörde auch künftig überlassen *).

Zu Absatz G. Nach Massgabe von Art. 3 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1914 betreffend die Arbeit in den Fabriken hat der Bundesrat mit Bezug auf Werkstätten, Depots, Kraftstationen und ähnliche Anlagen, die zu Eisenbahnen und anderen Verkehrsanstalten gehören und mit deren Betrieb in direktem Zusammenhange stehen, auf Grund der Verhältnisse über die Anwendung des Fabrikgesetzes und der Eisenbahngesetzgebung, sowie über die Ausübung der Aufsicht zu entscheiden. Es ist nicht beabsichtigt, in grundsätzlicher Beziehung am bisherigen Rechtszustande *) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 3 ; Vollziehungsverordnung II, § 3.

762 etwas zu ändern, wonach die Hauptwerkstätten der Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen (im Gegensatze zu den Betriebswerkstätten) und die mit solchen Anlagen verbundenen Nebenbetriebe, wie Akkumulatorenladestationen und Gaswerke, als Fabriken gelten und demgemäss das in diesen Betrieben beschäftigte Personal dem Fabrikgesetze unterstellt ist. Die Verordnung über die Vollziehung des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken wird hierüber die näheren Vorschriften aufstellen.

Art. 2. Arbeitstag.

Diese rein formale Bestimmung ist dem Art. 3 der Vollziehungsverordnung vom 22. September 1903 zum geltenden Gesetze entnommen. Die beiden Zeitabschnitte, die zusammen den Arbeitstag zum Unterschiede vom Kalendertage darstellen, tragen die neuen Bezeichnungen ,,D i e n s t s c h i c h ta- und ,, R u h e schient" 1 an Stelle der bisherigen Namen ,,Dienstbereitschaft"1 und ,,ununterbrochene Ruhezeit". Die Änderung der Bezeichnung entspringt der Absicht, Verwechslungen mit anderen Bogriffen, namentlich mit dem ,,Reservedienst", den ,,Ruhepausen'1 und der ,,Ruhezeit"' zu vermeiden.

Art. 3. Arbeitszeit.

Der Festsetzung der Arbeitszeit kommt von allen Bestimmungen des Entwurfes die weitaus grösste Bedeutung zu und die Änderung gegenüber der bestehenden gesetzlichen Ordnung ist nicht nur von massgebender finanzieller Tragweite, sie enthält sachlich eine grundsätzlich neue Lösung. Das geltende Gesetz hat in Art. 2 die Höchstdauer der Arbeitszeit auf elf Stunden bemessen, gleichzeitig aber den Bundesrat ermächtigt, eine Kürzung anzuordnen, wenn besondere Verhältnisse es als notwendig erscheinen lassen. Gestützt auf diese Ermächtigung ist vom Bundesrate in Art. 8 der Vollziehungsverordnung vom 22. September .1903 der Grundsatz aufgestellt worden, dass bei der Zuteilung der Arbeitszeit auf die wirkliche körperliche und geistige Beanspruchung Rücksicht zu nehmen sei und dass daher bei besonders anstrengendem Dienste eine Kürzung derselben einzutreten habe, namentlich bei Personen, die sicherheitsdienstliche Funktionen ausüben. In Anwendung von Art. 3 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 über den Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen hat umgekehrt die Vollziehungsverordnung für die Nebenbahnen vom 9. Oktober 1903 in Art. l die zulässige 'Arbeitszeit für Angestellte, die nicht un-

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unterbrochen beschäftigt sind, auf zwölf Stunden ausgedehnt mit der Massgabe, dass dieselbe an drei aufeinanderfolgenden Tagen 33 Stunden nicht übersteigen dürfe. Für das Personal der Telegraphen- und Telephonverwaltungen darf nach der bezüglichen Vollziehungsverordnung die wirkliche Arbeitszeit in der Regel zehn Stunden nicht übersteigen. Bereits im vorigen Abschnitte haben wir darauf hingewiesen, dass sowohl die eidgenössischen Verwaltungen, als auch Betriebsinhaber konzessionierter Verkehrsanstalten für das Personal mit yollbeschäftigtem und verantwortungsvollem Dienste zum Teil ganz wesentlich unter der gesetzlich zulässigen Höchstdauer der Arbeitszeit geblieben sind, und dass heute schon und seit geraumer Zeit für gewisse Dienste die durchschnittliche achtstündige Arbeitszeit eingeführt sei. In der eingangs erwähnten Eingabe zur Revision des Arbeitsgesetzes vom 28. Oktober 1918 hat der Föderativverband eidgenössischer Beamter, Angestellter und Arbeiter unter Hinweis auf die für das Personal der Verkehrsanstalten im Auslande stattgefundene oder in Aussicht stehende Verkürzung der Arbeitszeit, speziell die Einführung des Achtstundentages in Deutschland, England und Amerika, ferner im Hinblick auf die durch das Fabrikgesetz vorgeschriebene weitgehende Herabsetzung der Arbeitszeit der Industriearbeiter und endlich unter Berufung auf die schon damals bei einer Anzahl privater industrieller Betriebe und städtischer Unternehmungen erfolgte Einführung des Achtstundenarbeitstages als Hauptpostulat die gesetzliche Sanktion der achtstündigen Arbeitszeit für das gesamte vollbeschäftigte Betriebspersonal der Verkehrsanstalten aufgestellt. Dabei haben sich die Verfasser der Eingabe der Tatsache nicht verschlossen, dass bei dem vielgestaltigen Betriebsdienste der Verkehrsanstalten und den verschiedenartigen Verhältnissen und Bedürfnissen der dem Gesetze unterstellten Verwaltungen -- Eisenbahnen, Dampfschiffe, Post, Telegraph und Telephon --, sowie ihrer Nebenbetriebe, sich nicht immer eine Diensteinteilung werde bewerkstelligen lassen, nach der für jeden Einzelnen, ohne Rücksicht auf seine Funktionen, eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden entfalle.

Sie erklärten sich deshalb einverstanden, dass für einzelne Diensttouren ausserordentlicherweise Überschreitungen der achtstündigen ·Arbeitszeit zulässig
sein sollen, in der Meinung, dass neun Stunden als Höchtmass zu gelten habe und dass die Arbeitszeit innerhalb sechs Tagen zusammen 48 Stunden nicht übersteigen dürfe.

Die Forderung des achtstündigen Arbeitstages bildet wohl eines der ersten und ältesten Postulate der Arbeiterbewegung,

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es ist gewissermassen zum Symbol, zum Feldzeichen des gewerkschaftlichen Zusammenschlusses der Arbeiterschaft geworden.

Bei den durch den Weltkrieg hervorgerufenen gewaltigen Umwälzungen auf allen Gebieten des wirtschaftlichen und sozialen Lebens hat die Verwirklichung dieser Forderung bedeutende Fortschritte gemacht ; von einzelnen Parteien ist sie zum Programmpunkte für die Ordnung unserer innerstaatlichen schweizerischen Verhältnisse erhoben worden. Wir haben im ersten Abschnitte unserer Botschaft auf diese Bestrebungen und ihre Erfolge hingewiesen und betont, dass die vorberatenden Instanzen sich im Hinblicke auf alle diese von ihnen sorgfältig verfolgten Vorgänge im In- und Auslande, in letzter Linie in Ansehung der Klauseln des Entwurfes zu einem Völkerbundvertragc, sowie die Ihnen mit Botschaft vom 29. April dieses Jahres beantragte Revision des Fabrikgesetzes auf der Grundlage der 48-Stundenwoehe die Überzeugung gewonnen haben, dass eine entsprechende Ordnung auch für das Personal der Verkehrsanstalten angestrebt werden müsse. Nun ist ohue weiteres verständlich, dass die für den Fabrikbetrieb in Aussicht genommene gesetzliche Regelung der Arbeitszeit nicht kurzerhand auf die Verkehrsanstalten übertragen werden kann, weil die Verhältnisse dort ungleich einfacher liegen als hier und starre, unabänderliche Normen bei diesen mehr oder woniger unabhängig von der bürgerlichen Arbeitszeiteintoilung sich abwickelnden Diensten zu einem unhaltbaren Zustande im Betriebe der Verkehrsanstalten, in der Verwendung der Arbeitskräfte und in der Erfüllung der diesen Anstalten obliegenden öffentlichen Vcrkehrsaufgaben führen müssste. Sollen Eisenbahnen, Post, Telegraph und Telephon, wie bis anhin, den grossen Anforderungen des Verkehrs genügen, konkurrenzfähig bleiben und nach wie vor wirtschaftlich arbeiten können, so muss ihnen in der Verwendung der menschlichen Arbeitskraft diejenige Freiheit und Beweglichkeit gewahrt bleiben, die ihnen gestattet, unter voller Wahrung der Betriebssicherheit, untar Schonung auch der Arbeitskraft und Gesundheit jedes Einzelnen, den praktischen Bedürfnissen und Anforderungen des Dienstes in ausreichendem Masse Rechnung zu tragen.

Im Sinne dieser Forderung haben die vorberatenden Instanzen von Anfang an den Standpunkt eingenommen, dass eine erhebliche Herabsetzung der bisher
zulässigen Arbeitszeit nur in der Form eines durchschnittlichen Ausmasses mit einem entsprechenden Ausgleiche möglieh sei, das innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nicht überschritten werden dürfe, dass aber vom Standpunkte der Betriebssicherheit und der Schonung der Arbeitskräfte

765 aus betrachtet- an einer absoluten Höchstdauer der dienstlichen Inanspruchnahme, die nur aus zwingenden Gründen des Betriebes übersehritten werden dürfe, nach wie vor festzuhalten sei. Bei der Ausarbeitung des Entwurfes waltete auch allseitig die Meinung ob, dass die durchschnittliche Dauer der Arbeitszeit nicht einheitlich bemessen werden sollte, weil die körperliche und geistige Beanspruchung des Einzelnen und die damit verbundene Verantwortlichkeit von Dienst zu Dienst, innerhalb derselben Verwaltung, und von Anstalt zu Anstalt ausserordentlich verschieden seien. Man betrachtete es daher für gerechtfertigt, dass die durchschnittliche Arbeitszeit vom Grade dieser Beanspruchung im Dienste abhängig gemacht werde. Das nämliche Prinzip ist vom Bundesrate schon in Art. 8 der Vollziehungsverordnung zum geltenden Gesetze für die Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen verwirklicht und es ist davon in weitergehendem Masse bei der Ordnung der Arbeitszeit der ausländischen EisenbahnVerwaltungen Gebrauch gemacht worden. Demgemäss hat der erste Entwurf unseres Post- und Eisenbahndepartements vom 23. Dezember 1918 grundsätzlich das Postulat der achtstündigen täglichen Arbeitszeit in gewissem Umfange sanktioniert, indem er die Dienste, je nach dem Grade der körperlichen und geistigen Beanspruchung und der damit verbundenen Verantwortlichkeit, je nach dem Vorhandensein und der Dauer blosser Dienstbereitschaft, in drei Klassen einteilte und für diejenigen Dienste, die die grössten Anforderungen an die Arbeitskraft stellen, eine durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von höchstens acht Stunden vorsah, während diese für die Dienste der beiden ändern Klassen eine, beziehungsweise zwei Stunden mehr, d. h. durchschnittlich neun und zehn Stunden betragen durfte. Auf diesem Boden stehen beispielsweise die neuen Vorschriften für die Durchführung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden im Eisenbahnbetriebs- und Abfertigungsdienste der bayerischen Staatseisenbahnen 1). Nach Massgabe derselben sind auf Dienstposten, auf denen während der ganzen Dienstzeit u n u n t e r b r o c h e n e A r b e i t erforderlich ist, für das an sieben Tagen der Woche entlöhnte Personal in einem Zeiträume von 30 Tagen höchstens bis zu 208 Stunden Arbeitszeit zulässig, (d. h. täglich im Mittel acht Stunden, nämlich
26 X 8) ; dagegen darf innerhalb des gleichen Zeitraumes bei einfacheren Verhältnissen eine Dienstzeit bis zu höchstens 300 Stunden gefordert werden, wenn der Dienst nur geringere Anforderungen an die Arbeitskraft oder Ver') Bayerisches Verkehrsministerialblatt Nr. 12 vom 18. Februar 1919.

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antwortlichkeit stellt, insbesondere wenn längere Pausen oder reichliche Zeiten blosser Dienstbereitschaft in dio Dienstschicht fallen.

Wie bereits erwähnt, hat sich der Föderativverband gegenüber dieser von unserem Post- und Eisenbahndepartemente in Aussicht genommenen grundsätzlichen Lösung ablehnend verhalten und in seiner schriftlichen Vernehmlassung vom 10. Februar 1919 geltend gemacht, die in Aussicht genommene Einteilung des Personals in drei Dienstklassen mit durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten von acht, neun und zehn Stunden gebe der Befürchtung Raum, dass nur ein kleiner Teil der Angestellten und Arbeiter von diesem wichtigsten Punkte der angestrebten Reform Nutzen ziehen würde. Angesichts der unaufhaltsamen Entwicklung und Verwirklichung des Achtstunden-Arbeitstages, sowohl auf schweizerischem als auch auf internationalem Boden erwarte das gesamte, ständig im Dienste der Transportunternehmungen stehende Personal einmütig die Einführung der 48Stundenwoche. Insbesondere könnte auch einer Regelung nicht beigepflichtet werden, bei der das Personal ein und desselben Bahnhofes in verschiedene Dienstklassen eingereiht würde, was ständige Reibungen zur Folge hätte. In der am 10. April 1919 unter dem Vorsitze des Vorstehers unseres Post- und Eisenbahndepartementes stattgefundenen Konferenz der Abordnung des Föderativverbandes, sowie der Vertreter der grossen Vereinigungen des Personals der Eisenbahnen und Dampfschiffe, der Post,- Telegraphen- und Telephonverwaltung ist diese Stellungnahme mit allem Nachdrucke bestätigt und es als praktisch gerade/u undurchführbar bezeichnet worden, die Arbeitsleistungen in gerechter, das Personal zufriedenstellender Weise zu qualifizieren und im Sinne des Entwurfes in drei Klassen einzuteilen ; eher Hessen sich derartige grundsätzliche Unterscheidungen im Ausmasse der Besoldungen zur Geltung bringen.

Man hat ferner darauf hingewiesen, dass trotz der Verschiedenheit der Beschäftigung von Fabrik zu Fabrik und von Werkstatt zu Werkstatt das Fabrikgesetz eine einheitliche Arbeitszeit vorschreibe. Im Transportbetriebe könne die Sache unmöglich anders geordnet werden; beim Einzelnen ändere die Arbeit von Tag zu Tag ; eine und dieselbe Dienstverrichtung könne auch von Leuten ganz verschieden besorgt werden, je nachdem sie vom einen als schwer, vom anderen als
leicht und angenehm empfunden werde. Unter diesen Umständen erscheine es als ein Ding der Unmöglichkeit, in gesetzlichen oder verordnungsmässigen Vorschriften allgemein bindend festzusetzen, welche Arbeit grössore

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oder geringere körperliche oder geistige Anforderungen stelle, welche schwerer, welche leichter zu besorgen sei.

. Bei aller Würdigung der vom Personal an der Einteilung der Dienste in drei Klassen geübten Kritik müssen wir daran festhalten, dass eine verschiedenartige Bemessung der Dauer der Arbeitszeit nach der Natur des Dienstes eine zutreffende und auch billige Lösung bedeuten würde und dass die Schwierigkeit einer absolut einwandfreien Einteilung keinen stichhaltigen Grund bildet, dieses System als praktisch undurchführbar hinzustellen, zumal es anderwärts der gesetzlichen Regelung der Arbeitszeit zugrunde gelegt worden ist, wie das beispielsweise für die bayerischen Staatsbahnen zutrifft. Angesichts der ablehnenden Stellungnahme der Leitungen der Personalverbände gegen diese Lösung und der gleichzeitigen Aufrechterhaltung der Forderung auf Einführung der 48-Stundenwoche für das v o l l b e s c h ä f t i g t e Personal, sowie im Hinblicke auf die von uns beantragte gesetzliche Normierung der Arbeitszeit für den Fabrikbetrieb auf dieser Grundlage glaubte die vorberatende Kommission für die Ausarbeitung des Gesetzesentwurfes und ebenso unser Post- und Eisenbahndepartement an der im ursprünglichen Entwurfe vorgesehenen Lösung nicht festhalten, sondern unter gewissen, den Bedürfnissen der Verkehrsanstalten entsprechenden Voraussetzungen eine Regelung vorschlagen zu sollen, die in ihrer Wirkung der Einführung der 48-Stundenwoche gleichkommt. Der Bundesrat hat dieser Lösung um so eher zustimmen können, als er besonderen Wert darauf legt, das Arbeitsgesetz für die Verkehrsanstalten in einer den Wünschen des Personal entgegenkommenden, den heutigen sozialen und ethischen Anschauungen tunliehst Rechnung tragenden Weise zu revidieren und so für die Beratungen Ihrer Behörde eine Grundlage zu schaffen, die den Erwartungen derjenigen Bevölkerungskreise entspricht, aus denen heraus die Armee des Verkehrspersonals sich rekrutiert. Auf einer solchen Grundlage wird es auch möglich sein, zu einer raschen und befriedigenden Lösung der Revisionsarbeit zu gelangen.

Zu Absatz 1. Für das vollbeschäftigte Personal darf die durchschnittliche, tägliche Arbeitszeit im Ausgleiche acht Stunden nicht übersteigen. Die Verkehrsanstalten kennen jedoch eine Reihe von Dienstverrichtungen oder besser gesagt von Diensten,
wo eine nicht ununterbrochene Arbeit zu leisten ist, wo die Verrichtung vielmehr ganz oder wenigstens zum Teil in blosser Dienstbereitschaft besteht, wie das beispielsweise für den Schrankenwärterdienst, unter gewissen Voraussetzungen auch beim Reserve-

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und Ablöserdienst zutrifft. Soweit es sieh um derartige Dienstleistungen handelt, soll eine durchschnittliche Dauer der täglichen Arbeitszeit bis auf neun Stunden zulässig sein. Nun ist es dem Gesetzgeber schlechterdings unmöglich, diese Ausscheidung der Dienste zum vorneherein zu treffen; das lässt sich nur von Fall zu Fall, von Dienstort zu Dienstort, auf Grund der praktischen Erfahrungen beurteilen. Um in dieser Beziehung alle nötigen Garantien zu schaffen, damit nicht die ausnahmsweise, d. h. im Mittel acht Stunden übersteigende Arbeitszeit auf Dienste ausgedehnt werde, wofür die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen, werden in den Vorentwürfen der Vollziehungsverordnungen diejenigen Dienste vollständig aufgeführt, wo dies nach Auffassung des Gesetzgebers zutrifft*). Allein auch bei diesen namentlich genannten Diensten ist zu prüfen, ob die Bedingungen erfüllt seien. Die endgültige Beantwortung hängt nicht lediglich vom Urteil des Betriebsinhabers ab, vielmehr steht im Beschwerdefalle der Entscheid hierüber der eidgenössischen Aufsichtsbehörde zu t die vorgängig ihrer Beschlussfassung das Gutachten der beratenden Kommission einholen wird.

Da Beginn und Ende der Arbeitszeit bei einem nicht unerheblichen Teile des Verkehrspersonals vom Fahrplane abhängig sind, d. h. im Gegensatze zum Fabrikbetriebe nicht innerhalb der bürgerlichen Arbeitszeit nach dem Ermessen des Betriebsinhabers festgesetzt werden können, muss man sich für den Verkehrsdienst mit einem Durchschnitte begnügen, d. h. mit einer gesetzlichen Normierung, die gestattet, das Personal an einzelnen Tagen zu längeren Dienstleistungen heranzuziehen. Solchen Tagen sollen sich jedoch Tage mit kürzerer Arbeitszeit derart anreihen, dass die durchschnittliche Arbeitszeit einer Gruppe aufeinanderfolgender Arbeitstage, soweit es sich um vollbeschäftigtes Personal handelt, acht, andernfalls neun Stunden, nicht übersteigt. Im Gegensatze sodann zur Ordnung bei den industriellen Betrieben, wo das Höchstmass der Arbeitszeit für eine Woche festgelegt wird**), muss für die Verkehrsanstalten die Zahl der Tage, auf die bei Berechnung des Durchschnittes abzustellen ist, bis zu einer bestimmten Höchstgrenze dem Ermessen des Betriebsinhabers überlassen bleiben. Aus diesen Erwägungen werden beim fahrens

) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 5 ; Vollziehungsverordnung II, § 6.

**) Vgl. Art. 40 des Gesetzcscntwurfes betreffend die Arbeitszeit in den Fabriken.

769 den Personal regelmässig Gruppen von Angestellten. gebildet, deren jeder eine bestimmte Anzahl aufeinanderfolgende, je eine Tagesleistung umfassende Diensttouren zugeteilt werden. Die letzteren sind von jedem zur Gruppe gehörenden Angestellten im täglichen oder wöchentlichen Wechsel zu besorgen. Die Zahl der einer solchen Gruppe zuzuteilenden Diensttouren ist für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit massgebend; sie ist im wesentlichen abhängig von der Art und dem Masse der dem betreffenden Depot zugewiesenen Fahrleistungen; sie muss also einen genügenden Spielraum besitzen. Als obere Grenze bestimmt der Entwurf vierzehn Tage, als den grössten Zeitabschnitt zwischen zwei Ruhetagen. Die Festsetzung dieses Höchstmasses bietet Gewähr, dass dem Personal nicht an einer zu grossen Zahl aufeinanderfolgender Tage eine längere als die durchschnittliche Arbeitszeit von acht, beziehungsweise neun Stunden, zugemutet wird.

Für die Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit fällt die gesamte, innerhalb einer Gruppe von höchstens vierzehn aufeinanderfolgenden oder durch einzelne Ruhetage getrennten Arbeitstage geleistete Arbeitszeit in Betracht. Massgebend ist somit die durchschnittliche Arbeitszeit, die sich aus der regelmässigen Aufeinanderfolge aller auf Grund der Diensteinteilung zu einer Gruppe gehörender Arbeitstage ergibt. Durch die im voraus vorgesehene oder infolge unvorhergesehener Umstände nötig werdende Einschiebung von Ruhetagen darf die Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit nicht beeinflusst werden. Das Einschieben regelmässiger Ruhetage, zwischen den für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit massgebenden Arbeitstagen, kommt namentlich bei denjenigen Personalkategorien vor, die nur an Werktagen beschäftigt, an Sonntagen dagegen regelmässig frei sind. In diesen Fällen ist es zulässig, in der einen Woche eine tägliche Arbeitszeit von neun, in der anderen eine solche von sieben Stunden anzuordnen und daraus die massgebende durchschnittliche Arbeitszeit für die zwölf aufeinanderfolgenden Arbeitstage zu berechnen, wiewohl sie in zwei durch einen Ruhetag von einander getrennte Gruppen zerfallen.

Zu Absätzen 2 und 4. Die Festsetzung einer durchschnittlichen Dauer der täglichen Arbeitszeit gibt den Verkehrsanstalten das Mittel an die Hand, ihr Personal in einer den
Anforderungen des Dienstes entsprechenden Weise zu verwenden, an einem Tage diese, am anderen Tage jene Arbeitszeit anzuordnen, wie es der Fahrplan erheischt, wie es die wirtschaftliche Verwendung des

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Einzelnen erfordert. Allein bei dieser Normierung hat es nicht sein Bewenden; die Sorge für die Betriebssicherheit, wie für die Schonung der menschlichen Arbeitskraft lassi es angezeigt erscheinen, auch künftig ein bestimmtes Höchstmass der täglichen Arbeitszeit vorzuschreiben. Als solches betrachtet das geltende Gesetz elf Stunden; der Entwurf zieht die Grenze bereits bei zehn Stunden. Über diese Grenze hinaus darf auch unter der Voraussetzung eines entsprechenden Ausgleiches an den übrigen für die Ermittlung des Durchschnittes massgebenden Tagen nicht gegangen werden ; damit wird zum vorneherein allzu starken Schwankungen in der Zuteilung der täglichen Arbeitszeit vorgebeugt. Allerdings bringen es die Verhältnisse der Verkehrsanstalten, vorab der Eisenbahnen mit sich, dass, unabhängig vom Willen des Betriebsinhabers, ohne sein Verschulden, das gesetzliche Höchstmass der Arbeitszeit gleichwohl vorübergehend überschritten wird. In solchen Fällen, wofür die Zugs- und Kursverspätungen das typische Beispiel bilden, soll der Ausgleich nicht erst innerhalb der für die Ermittlung des Durchschnittes massgebonden Tage erfolgen, was mitunter überhaupt nicht möglich sein könnte, sondern sofort innerhalb der nächsten drei Arbeitstage. Diese Vorschrift ist geltendes Recht ; die Vollziehungsverordnung vom 22. September 1903 enthält in Art. 6 den nämlichen Grund satz ; wir erachten es als zweckmässig, ihm gesetzliche Sanktion zu verleihen.

ZM Absätzen 2 und 3. Trotz des beweglichen Rahmens, der für die Regelung der Arbeitszeit des Personals der Verkehrsanstalten nicht entbehrt werden kann, lässt sich nicht vermeiden, dass mit der Einführung der durchschnittlichen achtstündigen Arbeitszeit für das voll beschäftigte Personal, ganz abgesehen von daraus entstehenden Mehrkosten, die Verwaltungen einen Teil des erforderlichen Personals nicht mehr voll beschäftigen, nicht mehr wirtschaftlich werden verwenden können. Häutig dürfte da und d'ort wegen der Gestaltung des Fahrplanes die Indienstnahme von Personen nötig werden, für die es an einer ausreichenden Verwendung gebricht. Der Betriebsinhaber könnte von der Anstellung einer weiteren Arbeitskraft Umgang nehmen, wenn ihm gestattet würde, den den Dienst besorgenden Angestellten eine halbe oder ganze Stunde länger arbeiten zu lassen. Die Ausrichtung einer besonderen
Barvergütung an diesen käme wesentlich billiger zu stehen als die Beiziehung eines Ablösers oder eines Ersatzmannes, den er sich unter dieser Voraussetzung ersparen könnte. Diese wirtschaftliche Erwägung vornehmlich hut

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uns veranlasst, einen Grundsatz in den Entwurf aufzunehmen, der bereits den Inhalt eines der Postulate der Personalverbände Bur Revision des Arbeitsgesetzes vom 27. Juni 1890 gebildet hat*) und der besonders im Betriebe der nordamerikanischen Eisenbahnen praktisch zur Anwendung gelangt ist. Auch die bayerischen Vorschriften über die Durchführung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden, auf die wir in anderem Zusammenhange verwiesen haben, gestatten mit Zustimmung des Personals oder seiner örtlich zuständigen Vertretung eine Überschreitung der zulässigen Höchstdienstleistungen, wenn daraus dem Personal ein Vorteil entsteht, oder wenn technische oder wirtschaftliche Gründe es als wünschenswert erscheinen lassen**). Das Prinzip ist aber auch der Fabrikgesetzgebung nicht unbekannt. Die Art 48 und 49 des Gesetzes und die entsprechenden Bestimmungen unseres Entwurfes für ein Bundesgesetz über die Arbeitszeit in den Fabriken gestatten die Verlängerung der zulässigen Dauer der Arbeitszeit bei nachgewiesenem Bedürfnisse, vorausgesetzt, dass eine behördliche Bewilligung erteilt wird und die Überzeitarbeit sich in der Regel auf nicht mehr als achtzig Arbeitstage im Jahre erstreckt. Auf dem nämlichen Boden steht der zürcherische Gesetzesentwurf über die Regelung der Arbeitszeit***).

*) Vgl. Bundesbl. 1898, I, 830, 844, 847, 851, 862.

**) Bayerisches Verkehrministerialblatt Nr. 12 vom 18. Februar 1919.

***) Die §§ 6 und 7 des Antrages der Kommission vom 2. April 1919 lauten : ,,Die Dauer der normalen Arbeitszeit kann mit Zustimmung der Arbeiter aus besonderen Gründen (wie Arbeitsversäumnis infolge von Betriebsstörung, Arbeitsüberhäufung in der Saison, Bestellungen anlässlich unvorhergesehener bestimmter Ereignisse, Abwendung von grossem Schaden, drohende Materialverderbnis, Verhütung der Arbeitslosigkeit anderer) und mit Bewilligung der zuständigen Behörde ausnahmsweise und vorübergehend um bestimmte Stunden und für eine bestimmte Zahl von Arbeitern nur unter Beobachtung der folgenden Bestimmungen verlängert werden: a. Arbeiter und Arbeiterinnen im Alter von weniger als 18 Jahren sind von der Leistung von Überzeitarbeit ausgeschlossen, desgleichen Wöchnerinnen während zwölf Wochen vor und nach der Niederkunft, wobei mindestens sechs Wochen auf die Zeit nach der Geburt fallen müssen ;
6. erwachsene Arbeiterinnen dürfen täglich höchstens zwei Stunden und jährlich höchstens 75 Stunden Überzeitarbeit leisten ; c. für erwachsene Arbeiter können Bewilligungen zur Leistung von Überzeitarbeit für jährlich 80 Tage und 150 Stunden erteilt werden.

Die Zahl der täglichen Überstunden darf nur in Notfallen zwei übersteigen.

Der Lohn für Uberzeitstunden soll um wenigstens einen Viertel höher sein als der gewöhnliche Lohn."

772 Bei Aufnahme der Bestimmungen in den Absätzen 2 und 3 unseres Entwurfes war der ziircherische Vorschlag wegleitend. Soll aber der Grundsatz für die Verkehrsanstalten eine praktische Bedeutung erhalten, so geht es nicht an, die Ausdehnung der Arbeitszeit über das gesetzliche Mittel hinaus von einer behördlichen Zustimmung abhängig zu machen ; dagegen steht nichts entgegen, diese Überzeitarbeit auf ein bestimmtes Mass zu beschränken, das nach dem zürcherischen Muster mit 150 Stunden angenommen worden ist. Die Beanspruchung über die zulässige durchschnittliche Arbeitszeit hinaus ohne Ausgleich möchten wir nicht auf bestimmte im Gesetze oder in den Vollziehungsverordnungen zu umschreibende Fälle beschränken, weil in Ansehung der Vielgestaltigkeit des Betriebes der Verkehrsanstalten sich eine derartige Schranke nicht empfiehlt und weil wir die Ermächtigung grundsätzlich überall da erteilen möchten, wo sie im Interesse des Dienstes als wirtschaftliche Massnahme gerechtfertigt und gebilligt werden kann. Da nach heutiger Anschauung die Verkürzung der Arbeitszeit weder mit der Sorge für die Betriebssicherheit noch mit derjenigen des ausreichenden Schutzes der menschlichen Arbeitskraft begründet wird, sondern der Erwägung entspringt, der arbeitenden Bevölkerung in vermehrtem Masse als bisher eine Anteilnahme an den Errungenschaften menschlicher Kultur zu sichern, braucht sich der Gesetzgeber nicht feindselig jeder weiteren Inanspruchnahme über das aus ethischen, ideellen Gesichtspunkten als zulässig erachtete Durchschnittsmass hinaus zu widersetzen, solange dieselbe innert bestimmter von ihm gezogenen Schranken bleibt, solange der Einzelne sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt und ihm, wie dem Arbeitgeber, daraus materieller Gewinn erwächst. Die Überschreitung der durchschnittlichen Arbeitszeit ohne Ausgleich dürfte geeignet sein, den Verkehrsanstalten die Last etwas zu verringern, die ihnen der Gesetzgeber mit der neuen Arbeitsordnung aufbürdet ; die Massnahme wird auch die Annahme des Postulates der achtstündigen Arbeitszeit erleichtern und seine eheste praktische Verwirklichung fördern. Wir liegen die bestimmte Überzeugung, dass der Verzicht auf den Ausgleich gegen Barvergütung manch einem zum Segen gereichen werde, der anders vielleicht nicht in der Lage wäre, von der vermehrten Mussezeit in
richtiger Art Gebrauch zu machen oder sie in irgendeiner Weise nutzbringend zu verwenden. Auch nach den heutigen Anschauungen ist die redliche Arbeit keine Schande, sondern ein Glück und eine Notwendigkeit; zur Förderung von Liebe und Freude an vermehrter Tätigkeit scheint uns daher kein Mittel zu gering.

773

Die im dritten Absätze des Artikels enthaltenen Grundsätze über das Mass der Barvergütung gegen Verzicht auf den gesetzlichen Ausgleich und die Art ihrer Berechnung geben uns zu besonderen Bemerkungen nicht Anlass ; sie entsprechen den Vorschriften über die Vergütung von Überzeitarbeit, wie sie üblich und beispielsweise bei der Bundesbahn Verwaltung rechtens sind.

Die nähern Ausführungsbestimmungen hierüber- sind den Vorentwürfen zu den Vollziehungsverordnungen zu entnehmen *}.

Art. 4. Pausen.

Zu Absatz 1. Zuteilung und Dauer der Pausen während der Arbeitszeit sind im Sinne der geltenden gesetzlichen Vorschrift (Art. 3, Absatz 3) geregelt. Der Erfüllung des vom Föderativverbande geäusserten Wunsches, die Pause auf anderthalb Stunden zu bemessen und sie auf zwei Stunden auszudehnen, soweit es sich dabei um die Einnahme der Hauptmahlzeit am Wohnorte handelt, stehen sowohl dienstliche Interessen als auch gegenteilige Begehren aus Personalkreisen selbst entgegen ; auch das Fabrikgesetz und der Entwurf einer Novelle zu demselben begnügen sich in Art. 42 mit einer nur einstündigen Mittagspause.

Bei der Verschiedenartigkeit der Betriebsverhältnisse der Verkehrsanstalten fällt die Pause für eine grössere Zahl von Dienstkategorien und Diensttouren überhaupt nicht mit der üblichen bürgerliehen Mittagspause zusammen; dazu kommt, dass die Aufstellung der Diensteinteilungen durch die Ausdehnung ihrer Dauer erheblieh erschwert würde. Derjenige Teil des Personals, der seine Mahlzeiten in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstelle oder in dem ihm hierzu von der Verwaltung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten einzunehmen pflegt, besitzt an der Ausdehnung kein wirkliches Interesse, weil damit eine Verlängerung der Dienstschicht, somit eine spätere Heimkehr nach Arbeitsschluss verbunden ist.

Kommen nach Massgabe der Diensteinteilungen eigentliche Mittagspausen in Frage, so sollen die Verwaltungen verpflichtet werden, sie soweit möglich, auf Wunsch des Personals, je nach den örtlichen Verhältnissen auf anderthalb bis zwei Stunden auszudehnen. Die Ordnung dieser Verhältnisse wird jedoch · besser den Vollziehungsverordnungen vorbehalten **).

*) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 6; Voüziehungsverordnung II, § 7.

**) Vgl. Vollziehungsverordnung I, §§7--9; Vollziehungsverordnung II.

§§ 8-9.

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Zu Absatz 2. Die Bestimmung ist neu, sie lehnt sich grundsätzlich an die im Fabrikgesetze (Art. 42, lit. a) vorgesehene Regelung an, trägt, jedoch den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen Rechnung, wie sie namentlich beim Drcischichtenbetriebe der Verkehrsanstalten obwalten.

Art. 5. Dienstschicht.

Die Bemessung der Dauer der Dienstschicht, die gebildet wird aus der Arbeitszeit und den Pausen, erfolgt nach grundsätzlich neuen Gesichtspunkten. Die vorgeschlagene Lösung steht in innerem Zusammenhange mit der Normierung der Arbeitszeit.

Zwar verzichtet der Entwurf auf ein verschiedenes Ausmass für das vollbeschäftigte und das übrige Personal, dagegen verwendet er wie für die Bemessung der Arbeitszeit den Begriff der d u r c h s c h n i t t l i c h e n Dauer auch für die Dienstschicht, die nach denselben Grundsätzen berechnet wird wie jene, ebenso setzt er eine gesetzliche Höchstdauer fest. Die durchschnittliche Dauer der Dienstschicht, deren Einführung gleichfalls dem Bedürfnisse nach rationeller Gestaltung des Betriebes entspringt, ist verschieden geregelt, je nachdem der Beamte, Angestellte oder Arbeiter Dienstwohnung in der Nähe der Arbeitsstelle hat oder nicht. Die Differenzierung rechtfertigt sich aus der schon bei Erlass des gegenwärtigen Gesetzes massgebend gewesenen Erwägung, dass der Aufenthalt während der dienstfreien Zeit, dann aber vorab das Verbringen der Ruheschicht zu Hause, welch letztere dieselbe Verschiedenheit im Ausmasse aufweist, für den einzelnen einen wesentlichen höheren Wert und Zweck besitzt, als wenn er genötigt ist, beides auswärts zu verbringen. Angesichte der daraus für die Verwaltungen erwachsenden materiellen Vorteile haben dieselben ein Interesse, für ihr Personal in möglichst weitgehendem Masse Dienstwohnungen in der Nähe der Arbeitsstelle zu schaffen und auf diese Weise eine zweckmässige Wohnungspolitik zu betreiben, soweit die Mittel der einzelnen Betriebsinhaber dies gestatten und in Ansehung der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse eine derartige Massnahme angezeigt erscheint.

Zu Absatz 1. Die Höchstdauer der Dienstschicht, die nach ·der bisherigen Terminologie als ,,Dienstbereitschaft" bezeichnet wird, ist im Art. 4 des geltenden Gesetzes für das Lokomotivund Zugpersonal auf vierzehn Stunden, für die Schrankenwärterinnen auf zwölf und für das übrige Personal, sofern ihm Amtswohnung in der Nähe der Arbeitsstelle angewiesen wird, auf sechzehn, beim Fehlen einer solchen auf fünfzehn Stunden be-

775 » messen. Der Föderativverband verlangt in seiner Eingabe eine Verkürzung dieser verschieden normierten Dauer auf zwölf Stunden, was im richtigen Verhältnisse zum Postulate der achtstündigen Arbeitszeit stehe. Ohne eine allzu starke Belastung, -ohne eine in keinem richtigen Verhältnisse zur Bedeutung der Sache stehende wesentliche Vermehrung des Personals und der Ausgaben lässt sich diese Forderung nicht verwirklichen. Das gilt vorab für die Nebenbahnen und die Postverwaltung.

Zur Beurteilung der Bedeutung dieser Frage für die Nebenbahnen erinnern wir beispielsweise an den Dienst eines Stationsvorstandes, wenn der nämliche Angestellte jeden Tag den gleichen Dienst besorgt, also kein Turnus, kein Dienstwechsel eingerichtet ist, aber innerhalb der Zugsintervalle ausgedehnte Pausen zugeteilt werden, während welcher der Mann über seine Zeit verfügen und diese nutzbringend verwenden oder zum Ausruhen und zur Einnahme der Mahlzeiten verwenden kann. Wir verweisen ferner auf den Betrieb von Strassenbahnen, wo der Dienst früh am Morgen beginnt, am Abend spät endigt und ein stärkeres Zusammendrängen des Fahrplanes ausgeschlossen erscheint. Hier wären die Fälle zahlreich, wo Ersatzpersonal angestellt werden müsste, das nur ungenügend beschäftigt werden könnte.

« Auch im Postbetriebe wäre die Aufstellung zweckmässiger Diensteinteilungen auf Grund einer durchschnittlichen Dienstschicht von nur zwölf Stunden fast unmöglich. Die Schwierigkeit liegt ·darin, dass während der Zeit des stärksten Verkehrs, d. h. bei .zeitlich oft weit auseinanderliegenden Tagesstunden, das gesamte Personal anwesend sein muss. Dieser Umstand bedingt eine verhältnismässig ausgedehnte Dienstschicht, die dafür bei nur achtstündiger Arbeitszeit die Einlegung ausgedehnter Pausen gestattet. Bei einzelnen Diensten bringt es der Zugsverkehr mit sich, dass, ähnlich wie bei gewissen Nebenbahnen, die Arbeit ·am Morgen begonnen und oft am Abend für kürzere Zeit noch einmal aufgenommen werden muss, während in der Mittagszeit für einen Teil des Personals grössere Pausen eingelegt werden können. Für eine solche Diensteinteilung reicht eine durchschnittliche, bloss zwölfstündige Dienstschicht nicht aus. Wollte man diese Norm gleichwohl gesetzlich festlegen, so müsste man mit einer grösseren Zahl von Stundenaushelfern arbeiten und das Hauptpersonal überdies während der flauen Geschäftsstunden im.

Dienste behalten, während man ihm bei ausgedehnterer DienstBundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

51

776 * schiebt in der verkehrsschwachen Tageszeit dafür längere Pausen einräumen könnte. Die zwölfstündige Dienstschicht würde daher namentlich bei der Postverwaltung zu einem durchaus unbefriedigenden Zustande führen.

Bezeichnend für die Schwierigkeiten, geeignete Dienstein-' teilungen auf Grund einer allzu knappen Dienstschicht zu erstellen, ist auch der Erlass im Amtsblatte Nr. l dieses Jahres des deutschen Reichspostministeriums ^dass die alten V o r s c h r i f t e n ü b e r die D i e n s t s c h i c h t e n bestehen bleiben sollen'1. Die Aufnahme einer derartigen Einschränkung bei Durchführung einer so weittragenden Reform kommt sicherlich nicht von ungefähr, vielmehr darf man annehmen, dass sie auch dort zwingenden Bedürfnissen des Verkehrs entsprungen sei. Wir fügen bei, dass nach den mehrfach zitierten Vorschriften vom 18. Februar 1919 für den Eisenbahnbetriebs- und Abfertigungsdienst der bayerischen Staatseisenbahnen auch für die Bemessung der Dauer der einzelnen Dienstschichten das Mass und die Art des zu leistenden Dienstes ausschlaggebend sind. Vorausgesetzt, dass eine entsprechende Pause eingeräumt werde, darf darnach die Dauer der einzelnen Dicnstschicht bis zu vierzehn Stunden, bei einfachen Dienstverhältnissen bis zu fünfzehn ausgedehnt werden. Schliesslich ist festzustellen, dass auch gewisse Personalkreise selber eine ausgedehntere Dienstschicht, sofern sie durch entsprechend längere Arbeitspausen ausgeglichen wird, wie sich dies bei nur achtstündiger Arbeitszeit von selbst ergibt, nicht nur nicht verwerfen, sondern sogar wünschen.

Aus allen diesen Erwägungen konnten die vorberatenden Instanzen und auch der Bundesrat der Forderung der zwölfstündigen Dienstschicht, deren Erfüllung grosse wirtschaftlicheNachteile brächte, ohne dass daraus dem Personal besondere Vorteile erwachsen würden, nicht gutheissen. Wir empfehlen Ihnen vielmehr im Sinne von Art. 5, Absatz l, die durchschnittliche Dauer der täglichen Dienstschicht auf d r e i z e h n und, wenn der Beamte, Angestellte oder Arbeiter Dienstwohnung in der Nähe der Arbeitsstelle hat, auf dreizehneinhalb Stunden zu bemessen.

Zu, Absätzen 2 und 3. Der Entwurf kennt eine ordentliche und eine ausserordentliche Höchstdauer der Dienstschicht ; die erstere darf vierzehn, die letztere fünfzehn Stunden nicht übersteigen. Für diese ist ein besonderer Ausgleich innerhalb dreier aufeinanderfolgender Tage, für jene der normale Ausgleich wie bei der Arbeitszeit innerhalb einer Gruppe von

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höchstens vierzehn aufeinanderfolgenden oder durch einzelne Ruhetage getrennten Tagen vorgeschrieben.

Die ausserordentliche Höchstdauer der Dienstschicht mit einem Ausmasse bis auf fünfzehn Stunden ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig, die in den Vorentwürfen zu Vollziehungsverordnungen näher umschrieben sind*). Es handelt sich dabei um die Befriedigung zwingender dienstlicher Interessen des Betriebes, woraus keinerlei Nachteile für das beanspruchte Personal erwachsen.

ZM Absatz 4. Wie bei der Arbeitszeit ist auch bei der Dienstschicht eine vom Willen des Betriebsinhabers unabhängige vorübergehende Überschreitung der zulässigen Höchstdauer möglich; häufig wird dies gleichzeitig für die Arbeitszeit und die Dienstschicht zusammentreffen; wo das der Fall ist, schreibt der Entwurf ebenfalls einen besonderen Ausgleich innerhalb der nächsten drei Arbeitstage vor.

Art. 6. Ruheschicht.

Die Ruheschicht, als das Komplement der Dienstschicht, ist in ihrem Ausmasse nach denselben Grundsätzen geordnet wie diese. Ihre durchschnittliche Dauer, das ordentliche und das ausserordentliche Mindestmass, ergeben je mit dem entsprechenden Komplement der Dienstschicht 24 Stunden. Auch der Ausgleich erfolgt nach denselben Gesichtspunkten wie derjenige für die Dienstschicht, ebenso bilden zwingende dienstliche Gründe die Rechtfertigung für die ausserordentliche Verkürzung der Schicht bis auf neun Stunden **).

Art. 7. Nachtdienst.

Über die Verwendung des Personals im Nachtdienste, d. h.

in der Zeit von elf Uhr abends bis vier Uhr morgens, hat Art. 5 des geltenden Gesetzes einschränkende Vorschriften erlassen, die den Zweck verfolgen, die erfahrungsgemäss für den menschlichen Organismus weniger zuträgliche Nachtarbeit einzuschränken und die Nachteile zu verringern, die mit einer allzu häufigen Verwendung im Nachtdienste für die Gesundheit des Einzelnen verbunden sind. Dieser doppelte Zweck sollte erreicht werden ein*) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 10; Vollziehungsverordnung II, § 10.

**) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 12; Vollziehungsverordnung II, § 12.

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mal durch die Festsetzung einer Höchstzahl von Dienstschichten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes auf den Nachtdienst verlegt werden dürfen, sodann durch die Vorschrift, dass die in den Nachtdienst fallende Zeit mit einem Zuschlage von 25 °/o zu bemessen sei und schliesslich durch den grundsätzlichen Ausschluss der Verwendung von Frauenspersonen im durchgehenden Nachtdienste.

Die Erwägungen, die zur Aufstellung dieser einschränkenden Vorschriften geführt haben, rechtfertigen es, den Verhältnissen auch künftig besondere Aufmerksamkeit zu schenken und dafür zu sorgen, dass den nachteiligen Wirkungen vorgebeugt werde, die ausgedehnter und häufig wiederkehrender Nachtdienst auf den menschlichen Organismus ausübt. Der wirksamste Schutz liegt in der allgemeinen Verkürzung der Dauer der Arbeitszeit und der Dienstsehicht ; aus dieser Erwägung konnten wir auf die Anwendung des Zeitzuschlages im Sinne von Art. 5 des geltenden Gesetzes verzichten, um so mehr, als dadurch nicht restlos der gewünschte Zweck erreicht wurde, weil der Zeitzuschlag ohne Rücksicht auf die kürzere oder längere Dauer der Arbeitszeit und der Dienstschicht Platz greift.

Als Nachtdienst gelten nach dem Entwurfe die in die Zeit von elf Uhr abends bis fünf Uhr morgens fallenden Dienstleistungen.

Seine Dauer wird also, verglichen mit dem bestehenden Rechtszustande, um eine Stunde erweitert, was für das Personal, in Ansehung der Bestimmung im zweiten Absätze von Art. 7 des Entwurfes und mit Rücksicht auf die allgemein üblichen Vergütungen für den Nachtdienst, ein etwelcher Vorteil bedeutet. Von dieser Verbesserung abgesehen, hat der Entwurf die bereits erwähnten Beschränkungen beibehalten, die in Art. 5 des gegenwärtigen Gesetzes zur Schonung des Personals bei Verwendung im Nachtdienste aufgestellt sind. Soweit sich dieselben auf die weiblichen Bediensteten beziehen, ist davon im Zusammenhange mit Art. 8 des Entwurfes zu sprechen. Die weitere, in Art. 5, Absatz 2, des Gesetzes enthaltene Vorschrift, wonach Angestellte innerhalb eines Zeitraumes von einem Monate an höchstens vierzehn Tagen ?um Nachtdienste verhalten werden dürfen, ist im Interesse einer weitergehenden Schonung des Personals dahin erweitert worden, dass der Nachtdienst höchstens sieben Male hintereinander zugeteilt werden darf. In Ansehung der besonderen Verhältnisse
bei den Eisenbahnen und entsprechend der bisherigen Praxis scheint es gerechtfertigt, diese Einschränkung fallen zu lassen,' wenn der Dienst sich nicht über mehr als eine. Stunde in den Nachtdienst hinein erstreckt, was für den Früh- und Spätdienst von Bedeutung

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ist. Darin liegt keine ungebührliche Inanspruchnahme des Personals, Und selbstverständlich soll daraus auf Seiten der Betriebsinhaber nicht etwa das Recht zum Entzuge oder zur Schmälerung der Nachtdiens'tentschädigungen abgeleitet werden können.

Art. 8. Beschäftigung von weiblichen Personen.

Wie erwähnt, kennt das geltende Gesetz einzelne wenige Vorschriften, die sich mit dem besonderen Schütze der weiblichen Arbeitskräfte beschäftigen. Der Entwurf begnügt sich mit der Aufstellung des allgemeinen Grundsatzes und überlässt die nähere Ordnung den einzelnen Vollziehungsverordnungen, wo der Platz für die Würdigung der besonderen Verhältnisse der verschiedenen Verkehrsanstalten ist. Wir beschränken uns auf den Hinweis auf § 13 des Vorentwurfes der Vollziehungsverordnung I, wo entsprechend dem bisherigen Rechtszüstande bei den Eisenbahnen gewisse Beschränkungen hinsichtlich der Verwendung der weiblichen Arbeitskräfte -- Beschäftigung im Nachtdienste, Rücksichtnahme auf den Haushalt bei Einteilung der Ruhepausen, Ausmass der Dienstschicht -- enthalten sind.

Die gesetzliche Sanktion des Wöchnerinnenschutzes im Entwurfe erscheint angezeigt, nachdem er bereits in der Vollziehungsverordnung vom 22. September 1903 zum gegenwärtigen Gesetze figuriert. Die Fassung des Entwurfes ist derjenigen in Art. 69, Absatz l, des Fabrikgesetzes angepasst.

Art. 9. Ruhetage.

Die Bestimmungen ersetzen den Art. 6 des bestehenden Gesetzes, sie ordnen gleichzeitig einzelne in den verschiedenen Vollziehuügsverordnungen für das Personal der Hauptbahnen, der Nebenbahnen, der Post, sowie der Telegraphen- und Telephonverwaltung verschiedenartig und teilweise im Sinne von Ausnahmen zum Gesetze geregelte Verhältnisse. Bei der Ausarbeitung des Entwurfes waltete, wie eingangs betont, die Auffassung ob, für alle ihm zu unterstellenden Verkehrsanstalten und Nebenbetriebe einheitliche Grundsätze festzulegen, in der Meinung, dass die nähere Ausführung derselben für die verschiedenen Verkehrsanstalten in den Verordnungen stattzufinden habe. Die Grundsätze sind in einer Weise formuliert, dass den Bedürfnissen der verschiedenartigen Betriebe Rechnung getragen werden kann. Das gilt vornehmlich für die Nebenbahnen, denen der Bundesrat nach Massgabe von Art. 3 des Nebenbahnengesetzes

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Erleichterungen gegenüber den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes bewilligen soll, soweit die Betriebssicherheit gewahrt und das Personal vor Überanstrengungen geschützt bleibt. Da, wo es nicht möglich gewesen ist, die Grundsätze für alle Verkehrsanstalten einheitlich zu ordnen und in Ansehung von Art. 3 des Nebenbahnengesetzes einzelnen Verkehrsanstalten oder Verwaltungen besondere Erleichterungen auch künftighin bewilligt werden müssen, stellt der Entwurf diese ausnahmsweise Behandlung ausdrücklich fest. Einer ersten derartigen Bestimmung begegnen wir im vorliegenden Art. 9 des Entwurfes. Im Gegensatze zum besehenden Gesetze ordnet der Entwurf sodann unabhängig voneinander die Ruhetage und die Ferien, und zwar in dem Sinne, dass die Ferien nicht mehr auf die gesetzlich garantierte Mindestzahl von Ruhetagen angerechnet werden.

Z/u, Absatz 1. Trotzdem nach Massgabe von Art. 10 des Entwurfes künftig jeder ständig und vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigte Beamte, Angestellte und Arbeiter vom ersten Dienstjahre hinweg in den Genuss von Ferien gelangen wird, empfehlen wir gleichwohl, dem Begehren des Födorativverbandes auf Zuteilung von 56 Ruhetagen im Kalenderjahre an diese Bediensteten zu entsprechen. Die Verwirklichung der Forderung, dass von dieser Zahl 26 auf Sonn- und allgemeine Feiertage zu fallen haben, stösst vornehmlich wegen der Betriebsverhältnisse bei den Eisenbahnen auf grosse Schwierigkeiten. Für eine Reihe von Dienstverrichtungen bei diesen Unternehmungen können Angestellte an Ruhetagen nur durch geschultes und diensterfahrenes Personal ersetzt werden. Das gilt vorab für den Dienst an Sonnund Feiertagen, an denen oft ein aussergewühnlicher Verkehr zu bewältigen ist. Dem Personal des Güterdienstes, das an diesen Tagen verfügbar wäre, fehlt die Eignung zur Besorgung von Funktionen des Personenverkehrs, und die Verwendung von nicht vollständig geeigneten Arbeitskräften bildet eine Gefährdung der Betriebssicherheit, die unter allen Umständen vermieden werden muss. Schon bisher bot die Zuteilung der gesetzlich geforderton 17 Ruhesonntage bei den Eisenbahnv.erwaltungen Schwierigkeiten, die vermehrt würden, sollte deren Zahl weiter erhöht werden.

Die teilweise oder vollständige Verwirklichung der Forderung erheischt entweder eine Einschränkung des Betriebes an Sonntagen oder die Indienstnahme
von Personal, das teilweise nicht ausreichend beschäftigt werden kann. Die eine wie die andere Lösung ist mit finanziellen Opfern für die Verwaltungen verbunden, deren Aufwendung in keinem richtigen Verhältnisse zu dem damit ver-

781 folgten Zwecke stünde. Die Forderung nach vermehrter Sonntagsruhe ist verständlich, sie verdient alle Sympathien, und soweit als möglich soll und wird ihr entsprochen werden. Allein bei der Würdigung der Frage können die Bedürfnisse der Verkehrsanstalten nicht völlig beiseite gestellt werden, noch dürfen ob der Befriedigung der persönlichen Interessen des einzelnen oder bestimmter Erwerbsgruppen die grossen und allgemeinen Interessen allzu stark hintangesetzt werden. Wer in den Dienst der Verkehrsanstalten tritt, muss die mit der Eigenart dieser Betriebe verbundenen Nachteile auf sich nehmen; er steht in dieser Beziehung nicht allein, denn gross ist die Zahl derjenigen, die, wie das Personal der Verkehrsanstalten, sich keiner vollständigen Sonntagsruhe zu ·erfreuen haben, man denke nur an die Hausfrau, an den Landwirt, an das Personal des Wirtschaftsgewerbes u. a. Im übrigen ist festzuhalten, dass das Gesetz nur ein Mindestmass von Ruhesonntagen vorschreibt; soweit die Verwaltungen in der Lage sind, dem Personal eine grössere Anzahl Sonntage zuzuweisen, ist es bisher geschehen und wird es auch künftig der Fall sein.

Zu Absatz 2. Die dem Bundesrate eingeräumte Ermächtigung, die Zahl der auf Sonn- und allgemeine Feiertage fallenden Ruhetage für gewisse Kategorien des Personals von Nebenbahnen, Schifiahrts- und Kraftwagenunternehmungen herabzusetzen, bildet «ine derjenigen Ausnahmen, von denen wir im Eingange der Erörterung zu diesem Artikel gesprochen haben. Gestützt auf Art. 3 des Nebenbahnengesetzes gestattet die Vollziehungsverordnung vorn 9. Oktober 1903 den Verwaltungen der städtischen Strassenbahnen, die Zahl der sonntäglichen Ruhetage für das fahrende Personal auf 13 bis 12 im Jahre herabzusetzen. Der Entwurf behält diese ausnahmsweise Behandlung ausdrücklich vor, weil dieselben Erwägungen, aus denen wir uns gegen die Erhöhung der Zahl von 17 Ruhesonntagen ausgesprochen haben, dazu, zwingen, unter gewissen Voraussetzungen unter diese Zahl herabzugehen. Die Ausnahme soll Nebenbahnen, Schiffahrts- und Kraftwagenunternehmungen, sowie* Nebenbetrieben der dem Gesetze zu unterstellenden Verkehrsanstalten zugute kommen, die namentlich an Sonntagen einen besonders grossen Verkehr zu bewältigen haben, der im Interesse der Betriebssicherheit durch ständiges, gut geschultes und diensterfahrenes
Personal besorgt werden muss.

Zu Absätzen 3 und 4. Der Entwurf erhöht die Mindestdauer des Ruhetages von 32 auf 33 Stunden, er verzichtet dagegen auf die Beibehaltung der bisherigen Vorschrift in Art. 6, Absatz 2, des gegenwärtigen Gesetzes, wonach der Ruhetag mit einer Nacht-

78Î ruhe endigen muss. Vom Gesetzgeber ist der Begriff der ,,Naehtruhe u nicht festgestellt worden; die Bedeutung der Bestimmung ergibt sich aber aus Art. 18 der Vollziehungsverordnung vom 22. September 1903, wonach die Arbeit nach einem Ruhetage in der Zeit von vier bis zehn Uhr vormittags wieder aufgenommen werden soll. Dieser Vorschrift konnte schon jetzt nicht überall nachgelebt werden, ihre Handhabung würde sich wegen der vorgeschlagenen Verlängerung des Ruhetages noch schwieriger gestalten; sie liegt auch nicht im Interesse des Personals und erschwert in unnötiger Weise die Aufstellung der Diensteinteilungen.

Beginnt beispielsweise der Ruhetag um acht Uhr abends, so hätte der Dienstantritt spätestens um zehn Uhr vormittags des zweitfolgeiden Tages, also nach Verfljiss von 38 Stunden zu erfolgen.

Wenn nun die Diensttour an dem dem Ruhetag folgenden Ttige um zwei Uhr nachmittags beginnt, hätte es sicherlich keinen praktischen Sinn, das Personal bereits um zehn Uhr vormittags antreten zu lassen, für dasselbe ist es doch viel vorteilhafter, den Dienst nach einer Ruhezeit von 42 Stunden aufzunehmen. Ein anderes Beispiel : Der 33stündige Ruhetag beginnt, um zwei Uhr morgens, endigt somit um elf Uhr vormittags des folgenden Tages. Ist der Dienstantritt nach zehn Uhr vormittags im Sinne der geltenden Vorschrift nicht mehr zulässig, so könnte die Arbeit erst am folgenden Tage frühestens um vier Uhr morgens, d. h. nach einer Ruhezeit von 50 Stunden, aufgenommen werden. Die allgemeine Gewährung von Ruhetagen von dieser Dauer, die zwar nach der bisherigen Ordnung ausnahmsweise vorgekommen ist, würde viel zu weit führen und die Vornahme des Wechsels vom Spät- in den Mitteldienst und von diesem in den Frühdienst ausserordentlich erschweren. Der Gesetzgeber soll dem Personal das Vertrauen schenken, dass es nach einem Ruhetage, gleich wie nach einer einfachen Ruheschicht über Tag, am Nachmittage oder abends ausgeruht und in richtiger Verfassung zum Dienste antreten werde.

Das Verlangen des Föderativverbandes, die Dauer des Ruhetages allgemein auf 40 Stunden zu bemessen, erscheint im Hinblick auf die Herabsetzung der Dauer der Arbeitszeit und der Dienstschicht, die Ausdehnung der Ruheschicht, die Vermehrung der Zahl der Ruhetage und schliesslich die Gewährung von Ferien vom ersten Dienstjahre hinweg,
nicht gerechtfertigt.

Zu Absatz 5. Die Zuteilung von Ruhetagen in der Dauer von wenigstens 33 Stunden stösst bei der Vornahme des Dienstwechsels, d. h. bei der Herstellung eines dem Fahrplane Rechnung tragenden Überganges des Personals vorn Spät- oder Nacht-

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dieriste zum Mittel^ oder Frühdienste auf Schwierigkeiten. Diese lassen sich überwinden, wenn bei derartigen Übergängen von einem Dienste zum anderen entwedBr die Dauer des Ruhetages ausnahmsweise und unter der Voraussetzung einer entsprechenden Verlängerung des nächstfolgenden Ruhetages bis auf 28 Stunden gekürzt oder zur Vermeidung allzu reichlicher Abfallzeiten die Zuteilung h a l b e r Ruhetage gestattet wird. Der Entwurf hat der zweiten Lösung den Vorzug gegeben, einmal aus der Erwägung, vom Gesetzgeber aus zwingenden dienstlichen Gründen zu gestattende Ausnahmen von den grundsätzlichen Normen nach Möglichkeit zu vermeiden, sodann aus der Überlegung, das» die Zuteilung halber Kuhetage eine wirtschaftlichere Verwendung der Arbeitskräfte erleichtere, ohne dass dadurch die Interessen des Personals beeinträchtigt werden. Schliesslich ist besonders darauf hinzuweisen, dass die Zuteilung halber Ruhetage nur beim Dienstwechsel und auch da nicht durchwegs in Frage kommt.

ZM Absatz 6. Die Bestimmung hat ihren Ursprung in den Betriebsverhältnissen der Post Verwaltung, wo infolge von Dienstbeschränkungen an Sonn- und Feiertagen die Mehrzahl des Sonntagdienstpersonals nur in den Vormittagsstunden zur Arbeit anzutreten hat und vom Mittage hinweg bis zum nächsten Morgen völlig frei ist. Wollte man diese kurze Vormittagsarbeit als ganzen Sonntagsarbeitstag anrechnen und dafür einen Ersatzruhetag zuteilen, so würde dieses Verfahren zu Ungleichheiten führen und eine ungerechtfertigte Bevorzugung gegenüber demjenigen Personal bedeuten, das wirklich ganzen Sonntagsdienst zu leisten hat und dafür ebenfalls nur Anspruch auf einen ganzen Ersatzruhetag besitzt. Tatsächlich kann das Personal, dessen Dienst auf den Sonntagvormittag beschränkt ist, den Nachmittag und Abend zur Erholung benützen und im Familienkreise den Sonntag verbringen. Es ist daher nicht nur keine Unbilligkeit, sondern natürlich, wenn ihm solche freie Sonntagnachmittage als halbe Ruhetage angerechnet werden. Die Einwendungen hiegegen sind um so weniger gerechtfertigt, als auch diesem Personal jedenfalls siebzehn ganze Ruhesonntage verbleiben sollen und es für je zwei im Dienste verbrachte Sonntagvormittage einen ganzen Ruhewerktag ersetzt erhält. Es geniesst daher im äussersten Falle, unter der Voraussetzung von. 56 Sonn- und Feiertagen, 17 ganze
Sonntage, dazu 39 Sonn- und Feiertagnachmittage und für die 39 Sonn- und Feiertagvormittage, an denen es während höchstens vier Stunden arbeitet, noch i9l/s freie Werktage.

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Die Postordnung sah bisher vor, dass ein Sonn- oder Feiertag als halber Ruhetag angerechnet werden könne, wenn der Dienst vormittags nur vier Stunden dauere. Der Entwurf stellt als weitere Bedingung auf, dass ein solcher halber Ruhetag mindestens 18 Stunden betragen müsse, während die Praxis bisher solche von nur i.Q1/2 Stunden Dauer gekannt hat.

Wenn, wie eingangs erwähnt, diese grundsätzliche Ordnung hauptsächlich für den Postdienst von Bedeutung ist, so soll sie künftig nicht mehr auf diesen beschränkt bleiben, sondern auch den besonderen Bedürfnissen der anderen Verkehrsanstalten überhaupt dienen, namentlich denjenigen der Eisenbahnen. Hier fällt insbesondere der starke Herbstverkehr in Betracht, während welchem der Güterdienst teilweise auf die Sonn- und Feiertage ausgedehnt werden muss.

Ari. 10. Ferien.

Der Entwurf will, wie bei Erörterung des vorausgegangenen Artikels hervorgehoben wurde, allen im Sinne von Art. l, Absatz 3, desselben ständig und vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeitern vom ersten Dienstjahre hinweg, ohne Rücksicht auf die Zuteilung vermehrter Ruhetage, den Genuss von bezahlten Ferien sichern, deren Dauer er nach dem Dienst- und Lebensalter abstuft. Der Entwurf spricht nicht mehr von einem zusammenhängenden Erholungsurlaube, sondern von Ferien, die, abweichend von Art. 7 des geltenden Gesetzes, unabhängig von der gesetzlich geforderten jährlichen Zahl der Ruhetage zu dem Zwecke bewilligt werden, jedem einzelnen, ohne Rücksicht auf das Erholungsbedürfnis, für einen gewissen kürzeren Zeitabschnitt des Jahres den Genuss voller persönlicher Freiheit zu verschaffen. Der Entwurf macht daher auch keinen Unterschied im Ausmasse je nach dem Grade der geistigen und körperlichen Beanspruchung, je nachdem es sich um Personal der Hauptbahnen oder Nebenbahnen oder um solches einer anderen Verkehrsanstalt handelt. Auf dieses gleichmässige Ausmass der Ferien bei allen Betrieben haben wir besonderen Wert gelegt.

Die Abstufung der Dauer der Ferien entspricht sachlich den Urlaubsvorschriften für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung und dasjenige der zentralen Verwaltung der Bundesbahnen. Wir hoffen, dass die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Verkehrsanstalten dieser Regelung, die ihnen eine wesentliche Besserstellung verschafft, ihre Anerkennung nicht versagen und dass sie auf die Geltendmachung weitergehender Forderungen im Sinne der Eingabe des Föderativverbandes verzichten werden.

785 Die Vorschrift über die Berechnung der Ferien in Absatz 3 des Entwurfes entspricht der gegenwärtigen Praxis; danach fällt die Zeit, während der ein Beamter oder Angestellter nicht im Dienste einer dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalt gestanden hat, ausser Betracht.

Art. 11.

Besondere Verhältnisse betreffend Ruhetage und Ferien.

Die nähere Ordnung der die Ruhetage und Ferien betreffenden Verhältnisse muss den Vollziehungsverordnungen überlassen bleiben, insbesondere die Beantwortung der Fragen über die Art ihres Bezuges, die Berücksichtigung der Wünsche des Personals bei der Zuteilung, die Anrechnung von Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles, Militärdienstes oder aus ändern Gründen, sowie das Ausmass der Ruhetage und ihre Verteilung auf Sonnund Werktage, an Bedienstete, denen im. Sinne von Art. l, Absatz 3, des Entwurfes nicht der Charakter von ständig und vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Beamten, Angestellten oder Arbeitern zukommt. Alle diese Fragen sind in den einschlägigen Bestimmungen der Vorentwürfe zu Vollziehungsverordnungen eingehend und, soweit nicht die besonderen Verhältnisse des Dienstes eine besondere Ordnung erheischen, einheitlich geordnet worden; wir gestatten uns, auf die Vorentwürfe selbst zu verweisen*).

Art. 12. Einteilung der Arbeitstage, Dienste, Ruhetage und Ferien.

Die Verpflichtung der ßetriebsinhaber zur Aufstellung von Einteilungen der Arbeitstage, Dienste, Ruhetage und Ferien und ihre Bekanntgabe an das Personal entspricht dern bestehenden Rechtszustande, wie er sich aus den Vorschriften der Art. 26 und 27 der Vollziehungsverordnung vom 22. September 1903 ergibt. Von der Ausarbeitung von Mustern dieser Einteilungen nach Massgabe der Vorentwürfe zu den neuen Vollziehungsverordnungen haben wir vorderhand Umgang genommen.

Art 13. Einschränkung des Dienstes an Sonn- und Feiertagen.

Die an Stelle von Art. 9 des bestehenden Gesetzes tretenden Vorschriften könnten sachlich ebensogut in das Transportgesetz und das Transportreglement aufgenommen werden. Wenn der Gesetzgeber diese Verhältnisse im Arbeitsgesetze geregelt hat, so *) Vgl. Vollziehungsverordnung I, §§ 14--27; Vollziehungsverordnung II, §§ 16--27.

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rührt es daher, dass die Dienstbeschränkungen sich als unmittelbare Folge der gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung von 17 Ruhesonntagen an das Eisenbahnpersonal darstellen. Für einmal, d. h. bis zur Revision des Transportgesetzes und des Transportreglementes, sind daher diese Beschränkungen an bisheriger Stelle beizubehalten.

Zu Absatz 1. Der Entwurf schafft die nötige Handhabe für die Einführung von gewissen Güterzügen an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, worauf einerseits wegen des ausländischen Wettbewerbes, anderseits im Interesse der Vermeidung von Güterstockungen bei starkem Verkehrsandrange nicht verzichtet werden kann. Derartige Anordnungen der Transportunternehmungen an Sonn- und allgemeinen Feiertagen sind nur nach Massgabe von der Aufsichtsbehörde vorher erteilter Ermächtigungen zulässig.

Die Bestimmungen über die Annahme, Beförderung und Auslieferung von leicht verderblichen Waren und von Tiersendungen an Sonn- und Feiertagen entspricht bisheriger Übung. Die Ausnahme ist aber etwas allgemeiner und weiter gefasst als nach geltendem Rechte und speziell nach den entsprechenden Vorschriften in Art. 5 des Eisenbahntransportgesetzes und § 55 des Transportreglementes. Leicht verderbliche Waren sollen beispielsweise nicht nur als Eilgut, sondern auch als Expressgut angenommen und ausgeliefert werden dürfen. Ferner soll gestattet sein, Militärpferde und Schlachtvieh der Militärverwaltung zu befördern, und Tiersendungen, die am Vorabend von Sonn- und Feiertagen die Bestimmungsstation nicht mehr erreichen konnten oder die an Sonn- und Feiertagen vom Auslande her auf einer Grenzstation eintreffen, nach der Bestimmungsstation weiter zu befördern. Wir fügen bei, dass es dem vom Bundesrate zu erlassenden Transportreglemente vorbehalten bleiben muss, auf Grund der allgemeinen Ermächtigung des Gesetzesentwurfes die nötigen Ausnahmen näher zu bezeichnen.

Zu Absatz 2. Die gleichfalls dem geltenden Gesetze entnommene Ermächtigung der Kantone zur Bezeichnung von viert weiteren Feiertagen, an denen Beschrä ikungen im Stationsdienste Platz greifen dürfen, würde aus allgemeinen Verkehrsrücksichten besser aufgehoben. Sollten die Kantone der Sache keinen besonderen Wert beimessen, so könnte die Vorschrift bei der Beratung des Entwurfes im Schosse Ihrer Behörde fallen gelassen werden.

Art. 14. Arbeits- und Unterkunftsräume. Dienstwohnungen.

Die den Betriebsinhabern überbundenen Verpflichtungen zur Schaffung und Ausgestaltung von Wohlfahrtseinrichtungen sind

787

schon im Art. 8 des geltenden Gesetzes enthalten. Die vorgenommenen Änderungen tragen dem in der Eingabe des Föderativverbandes geäusserten Wunsche Rechnung, der sich auf die Vermehrung und Verbesserung vor allem der eigentlichen Arbeitsräume bezieht. Wir fügen bei, dass der vor einigen Jahren bei der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen neuorganisierte bahnärztliche Dienst eine wirksame Kontrolle über die zweckmässige Ausgestaltung der Wohlfahrtseinrichtungen bei unserer grössten Verkehrsanstalt ausübt und dass die Bundesbahnen für die Schaffung und Vermehrung von Milchküchen und Badeeinrichtungen, die auch dem Personale der eidgenössischen Schwesteranstalten zugute kommen, keine Opfer scheut. Die Fortsetzung dieser Bestrebungen, denen wir unsere volle Unterstützung angedeihen lassen werden, dürfte nicht verfehlen, die mit den auswärtigen Aufenthalten und Übernachtungen des Personals verbundenen Unannehmlichkeiten und Nachteile zu mildern und der Ausbreitung ansteckender Krankheiten Einhalt zu tua ; darin erblicken wir gleichzeitig ein wirksames Mittel zur Verhütung von Alkoholmissbrauch und damit zur Förderung der Betriebssicherheit auf den Verkehrsanstalten.

Art. 15. Gewährleistung des bisherigen Gehaltes oder Lohnes.

Wiewohl der Gesetzgeber sich bei der Ordnung der Arbeitszeit des Verkehrspersonals in dessen Lohnverhältnisse nicht einmischen soll, weil er, soweit wenigstens die konzessionierten Unternehmungen in Frage kommen, hierfür nicht zuständig ist, kann bei dem innigen Zusammenhange beider Verhältnisse die Lohnfrage doch nicht vollständig beiseite gelassen werden. Damit die vorgesehene Verkürzung der Arbeitszeit, die Vermehrung der Buhetage und die Gewährung von Ferien nicht mit einer Lohneinbusse für das Personal zusammenfallen, hat schon das Gesetz vom 27. Juni 1890 in Art. 4, Absatz 2, einen Abzug am Gehalte oder Lohne wegen der Dienstbefreiung an den gesetzlichen Ruhetagen als unstatthaft bezeichnet. Das geltende Gesetz enthält eine entsprechende Bestimmung im letzten Absätze von Art. 7, wonach wegen der neuen, vom Gesetzgeber zugunsten des Personals eingeführten Erleichterungen eine Schmälerung des bisherigen Lohnes oder Gehaltes als unzulässig erklärt wird. In der Botschaft des Bundesrates vom 11. März 1898 wird ausgeführt, dass man eine nähere Präzisierung gegenüber dem Texte des Gesetzes von 1890 als angezeigt erachtet habe, um jeder Schädigung des Personals vorzubeugen und gleichzeitig klarzulegen, dass diejenigen, die

788 bisher nur an Werktagen beschäftigt und nur für diese Zeit bezahlt waren, aus dem Gesetze nicht die Forderung der Löhnung auch für die Sonntage und damit einer Lohnaufbesserung ableiten können*).

Der Entwurf hält den Grundsatz der Gewährleistung des bisherigen Gehaltes oder Lohnes ausdrücklich aufrecht und bestimmt in erster Linie, dass die Betriebsinhaber ihrem Personal sowohl bezahlte Ruhetage als auch bezahlte Ferien zu gewähren haben. Um verschiedenartigen Auslegungen des Verbotes künftig entgegentreten zu können, haben wir es für zweckmässig erachtet, auf das Einkommen für ein ganzes Kalenderjahr abzustellen. Damit erhalten die Betriebsinhaber im Ausmasse des Taglohnes zwar freie Hand, aber es wird ausdrücklich festgelegt, dass eine Verpflichtung zur Bezahlung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhetage bestehe. Die neue Fassung sorgt auch dafür, dass wegen der künftigen Erleichterungen dasjenige Personal, das heute nur für sechs Tage bezahlt ist, aber wegen der Verpflichtung der Betriebsinhaber zur Gewährung von Ruhetagen sich eines höheren Lohnsatzes erfreut, nicht etwa einen Anspruch auf Erhöhung des Ansatzes ableiten könne. Für das mit Jahresgehalt angestellte Personal ergeben sich hinsichtlich der Gehaltszahlung keinerlei Schwierigkeiten.

Selbstverständlich erstreckt sich das Verbot einer Schmälerung des bisherigen Gehaltes oder Lohnes nicht auf Vergütungen, wie Ersparnisprämien und Kilometerentschädigungen des fahrenden Personals und ebensowenig auf Reiseentschädigungen und Überzeitarbeit der Bediensteten, wofür der Anspruch erst durch die tatsächliche Besorgung bestimmter Dienstleistungen und damit verbundener persönlicher Mehrauslagen begründet wird**).

Art. 16. Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen.

In der Eingabe des Föderativverbandes wird das Begehren gestellt, dass vom Gesetze abweichende Anordnungen der Aufsichtsbehörde, die die Rechte des Personals berühren, diesem, vorgängig der definitiven Beschlussfassung, zur Kenntnis gebracht werden möchten, damit es sich dazu äussern und nötigenfalls dagegen Einsprache erheben könne. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass der Bundesrat, gestützt auf Art. 10 des gegenwärtigen Gesetzes, im Jahre 1903 eine Verordnung für die Nebenbahnen erlassen habe, durch die einzelne gesetzliche Vorschriften zum Nachteile des Personals geändert worden seien.

*) Vgl. Bundesbl. 1898, I, 860, 868.

**) Vgl. Vollziehungsverordnung I, § 32.

1B9

Wir stellen zunächst fest, dass der Bundesrat die Vollziehungsverordnung für die Nebenbahnen vom Jahre 1903 nicht gestützt auf Art. 10 des gegenwärtigen Arbeitsgesetzes erlassen hat, sondern, wie aus dem Ingresse der Verordnung hervorgeht, in Vollziehung von Art. 3 des Bundesgesetzes über Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen, auf welche Bestimmung wir in anderem Zusammenhange hingewiesen haben und durch die dem Bundesrate die Weisung erteilt worden ist, den Nebenbahnen bezüglich der Anwendung des Arbeitsgesetzes Erleichterungen zu gewähren, soweit solche mit der Betriebssicherheit und dem Schütze des Personals gegen Überanstrengung vereinbar seien. In Ansehung der wechselnden Bedürfnisse des Verkehrs und in Würdigung der eigenartigen Verhältnisse und besonderen Bedürfnisse einzelner Verkehrsanstalten oder Verwaltungen von solchen werden aber Ausnahmeverfügungen des ßundesrates auch künftig nicht zu vermeiden sein. Dabei lässt sich aber das Verlangen des Föderativverbandes, bei Anordnung von Ausnahmen gegenüber den gesetzlichen Vorschriften dem Personal, soweit es sich dabei um eine Einschränkung seiner Rechte oder Interessen handelt, ein Mitspracherecht einzuräumen, in dieser allgemeinen Form nicht verwirklichen. Bei den Massnahmen der Aufsichtsbehörde sind oft solche dringlicher Natur, denen keine allgemeine Bedeutung zukommt, und die lediglich vorübergehende Verhältnisse ordnen, so dass eine vorgängige Bekanntgabe an das beteiligte Personal nicht möglieh wäre und auch keinen praktischen Wert hätte. Kommen aber Entscheide grundsätzlicher und dauernder Natur in Frage, die als Vollzugsmassnahmen des Gesetzes oder als Änderungen und Ergänzungen der Vollziehungsverordnungen zu betrachten sind, so wird dem Begehren des Föderativverbandes durch die gutachtliche Tätigkeit der Kommission für das Arbeitsgesetz Rechnung getragen, einer Institution, über deren Bedeutung bei Art. 18 des Entwurfes zu sprechen sein wird. Unter diesen Umständen haben wir die in Art. 10 des gegenwärtigen Gesetzes dem Bundesrate eingeräumte Kompetenz im Entwurfe sachlich unverändert beibehalten.

Art. 17. Aufsicht.

Der Entwurf strebt eine grundsätzliche Neuordnung der Aufsicht über die richtige Erfüllung der den Betriebsinhabern obliegenden Verpflichtungen an. Der Art. 11 des geltenden Gesetzes überträgt diese Funktionen einerseits der Aufsichtsbehörde, d. h.

dem schweizerischen Post- und Eisenbahndepartemente, ander-

790 seits dem Personal, auf welches das Gesetz Anwendung findet.

Von der Aufsichtsbehörde wird eine unmittelbare und direkte Kontrolle nur ausgeübt gegenüber den Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen, sowie gegenüber Nebenbetrieben derselben, soweit sie dem Gesetze unterstellt sind, während die Postverwaltung und ebenso die Telegraphen- und Telephonverwaltung als unmittelbar dem Post- und Eisenbahndepartemento unterstellte Dienstaweige diese Kontrolle direkt und unter eigener Verantwortlichkeit besorgen. Von der Erwägung geleitet, künftig auf die ständige und direkte Kontrolle durch besondere Organe der Aufsichtsbehörde, in erster Linie gegenüber den Bundesbahnen, dann aber auch gegenüber den konzessionierten Unternehmungen zu verzichten oder sie doch erheblich einzuschränken, ermächtigt der Entwurf den Bundesrat, die Art der Ausübung der Aufsicht nach seinem Ermessen zu gestalten. Selbstverständlich bleibt untor dieser Voraussetzung dem Post- und Eisenbahndepartemente auch fernerhin das volle Recht gewahrt, durch seine Organe die richtige Erfüllung der gesetzlichen und verordnungsmässigen Verpflichtungen seitens der Verwaltungen der Verkehrsanstalten und ihrer Neben betriebe an Ort und Stelle nachprüfen zu lassen, und es wird nicht ermangeln, von diesem Rechte den erforderlichen Gebrauch zu machen und dafür zu sorgen, dass fehlbare Organe der Bundesbetriebe disziplinarisch bestraft*) und gegen Betriebsinhaber konzessionierter Verkehrsanstalten, die sich Übertretungen des Gesetzes schuldig machen, nach Massgabe von- Art. 19 des Entwurfes eingeschritten werde.

Die gemäss Absatz 2 von Art. 11 des bestehenden Gesetzes dorn Personal durch die vorgeschriebene Führung von Tagebüchern übertragene Kontrolle hat sich nicht bewährt. Diesen Tagebüchern ist schon bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzesentwurfes der praktische Wert abgesprochen worden, und die Erfahrung hat gezeigt, dass dieses Urteil begründet war **). Den Geschäftsberichten des Post- und Eisenbahndepartementes ist auch zu entnehmen, dass die Führung der Tagebücher immer viel zu wünschen übrig liess; zum Teil wurden sie unrichtig, zum Teil gar nicht gehandhabt, und häufig ist es vorgekommen, dass Angestellte trotz der an sie ergangenen Einladung die Bücher zur Kontrolle nicht ablieferten oder sie, statt vorschriftsgemäss zu führen,
für ausserdienstliche Zwecke verwendeten. Nach ein*) Vgl. Vollziehungsverordnung, I, § 38.

**) Vgl. insbesondere das Votum Dinkelmann im Nationalrate: Sten.

Bull., K, 939, 940, 942.

791 gegangenen schriftlichen Beschwerden zu schliessen, haben es viele Angestellte auch vorgezogen, die ab und zu stattgefundenen Unregelmässigkeiten den Personalverbänden zuhanden der Aufsichtsbehörde zu melden, statt die Einträge in die Tagebücher zu machen. Unter diesen Umständen vermochte die Einrichtung mitunter kein getreues Bild der tatsächlichen Verhältnisse zu geben. Es ist daher richtiger, sie zu beseitigen, um so mehr, als ihre Abschaffung auch in der Eingabe des Föderativverbandes verlangt wird, in der Meinung allerdings, dass dem Personale bei der Einsetzung von Aufsichtsbeamten, ähnlich den Fabrikinspektoren, ein gewisses Mitspracherecht eingeräumt werde. In dieser Form können wir dem Begehren nicht entsprechen, dagegen möchten wir für die Anbringung von Beschwerden wegen allfälliger Abweichungen von den gesetzlichen und verordnungsmässigen Verpflichtungen der Betriebsinhaber ein möglichst einfaches und rasches Verfahren einführen und nach Erschöpfung des Dienstweges innerhalb der Verwaltung einen Rekurs bis an das Post- und Eisenbahndepartement als Aufsichtsbehörde zulassen.

Dass gegen Entscheide dieses Departementes b e i d e n Parteien der Rekurs an den Bundesrat zusteht, ergibt sich aus Art. 23 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesverwaltung und braucht daher im Arbeitsgesetze nicht besonders gesagt zu werden. Bei Erledigung der auf dem Rekurswege an das Eisenbahndepartement gezogenen Beschwerden bleibt dieser Behörde anheimgestellt, ihrer Entscheidung vorgängig, das Gutachten der Kommission für das Arbeitsgesetz einzuholen und auf diese Weise auch dem Personal ein Mitspracherecht bei der Kontrolle zu verschaffen.

Art. 18. Begutachtende Kommission.

Nach dem Vorbilde des Fabrikgesetzes*) sieht der Entwurf die Einsetzung einer gemischten, begutachtenden Kommission vor, womit nicht nur eine engere Verbindung zwischen Aufsichtsbehörde und Verkehrsanstalten einerseits und dem Personal anderseits, sondern auch eine grössere Einheitlichkeit in Fragen der Anwendung und Auslegung des Gesetzes und seiner Vollziehungsverordnungen *) Der Art. 85 desselben bestimmt, dass vom Bundesrate eine Fabrikkommission bestellt werde, in der die Wissenschaft und unter sich zu gleichen Teilen die Fabrikinhaber und die Arbeiter vertreten sein sollen.

Dieser Kommission kommt insbesondere die Begutachtung von Fragen zu, die zum Erlasse von Verordnungen oder von Bundesratsbeschlüssen grundsätzlicher Natur führen.

Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

52

792 angestrebt wird. Wiederholt haben wir bei Besprechung des vorliegenden Entwurfes Gelegenheit gehabt, auf die neue Institution und ihren Aufgabenkreis hinzuweisen. Der Fassung des Art. 18 des Entwurfes ist zu entnehmen, dass die Kommission dem Bundesrate, bzw. dem Post- und Eisenbahndepartemente als vorberatendes Organ zur Verfügung stehen soll ; neben der eigentlichen begutachtenden Tätigkeit bleibt ihr auch vorbehalten, von sich aus Anregungen hinsichtlich der Arbeitsgesetzgebung für das Verkehrspersonal und des Vollzuges derselben zu machen.

Sowohl der Vorsitzende als auch die je zur Hälfte aus den dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten und deren Personal zu bezeichnenden Mitgliedern sollen vom Bundesrate nach Anhörung der beteiligten Kreise ernannt werden. Dabei ist verstanden, dass es dem Ermessen des Vorsitzenden überlassen bleibe, im Einvernehmen mit dem Post- und Eisenbahndepartemente Beamte dieser Amtsstelle zu bezeichnen, die an den Verhandlungen der Kommission mit beratender Stimme oder für die Protokollführung teilzunehmen haben.

Art. 19. Strafbestimmungen.

Während nach Massgabe von Art. 12 des bestehenden Gesetzes Bussen wegen Übertretung gesetzlicher Vorschriften nur in der Form strafgerichtlichen Urteils verhängt werden können, legt der Entwurf diese Kompetenz in die Hand des Bundesrates, entsprechend dem Verfahren gegenüber Verwaltungen wegen verschuldeter Eisenbahnverspätungen *). Nach dem Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zu Art. 114bi* der Bundesverfassung und der Organisation der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird gegen derartige Strafverfügungen des ßundesrates der Rekurs an das Verwaltungsgericht zulässig sein.

Art. 20. Vollziehungsverordnungen. Aufhebung früherer Erlasse.

Im gegenwärtigen Zeitpunkte lässt sich nicht beurteilen in welchem Masse durch die Revision des geltenden Gesetzes im Sinne des Entwurfes eine Vermehrung des Personals der Verkehrsanstalten notwendig werden wird. Sollte dies Jn einem Umfange der Fall sein, dass die sofortige und vollständige Durchführung desselben den Verwaltungen nicht ohne ernstliche Gefährdung der Betriebssicherheit oder nur durch das Mittel *) Vgl. hierzu Art. 34 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872.

793

der Einschränkung des Betriebes möglich wäre, so rauss es der Aufsichtsbehörde überlassen bleiben, den Verwaltungen eine angemessene Frist für die vollständige Durchführung der gesetzlichen Vorschriften einzuräumen.

In den Vernehmlassungen /um ersten Entwurfe des Postund Eisenbahndepartementes vom 23. Dezember 1918 ist Ton don konzessionierten Eisenbahnunternehmungen angeregt worden, in das neue Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, wonach die Transportanstalten ermächtigt würden, ihre durch Konzessionen festgelegten Taxen derart zu erhöhen, dass sie den ihnen zufolge der Durchführung des Arbeitsgesetzes und der bezüglichen Vollziehungsverordnungen erwachsenden, neuen finanziellen Verpflichtungen gerecht zu werden vermögen. Die Anregung ist unberücksichtigt geblieben, weil die gesetzgebenden Räte Gesuchen um Bewilligung von Taxerhöhungen, soweit sie nach der Finanzlage der in Betracht fallenden Unternehmungen begründet waren, bisher stets in weitgehendem Masse entsprochen haben. Ein Grund zu der Annahme besteht nicht, dass Ihre Behörde diese Praxis in Zukunft verlassen werde. Zudem gehören Bestimmungen im Sinne der gemachten Anregung ihrem Inhalte nach nicht in ein Gesetz, das die Arbeitszeit des Personals regelt.

Wir haben im ersten Teile unserer Botschaft auf die schweren Lasten hingewiesen, die den Verwaltungen aus dem neuen Gesetze im Sinne des vorliegenden Entwurfes erwachsen werden und die schwerer zu tragen sind, weil die Unternehmungen gleichzeitiggewaltige Mehrausgaben wegen der gleichzeitig notwendig gewordenen Gehalts- und Lohnerhöhungen zu übernehmen haben.

Wir können uns nicht verhehlen, dass es den Unternehmungen nur dann gelingen werde, ihren Betrieb noch einigermassen wirtschaftlich zu gestalten, wenn überall der gute Wille vorhanden ist, sich mit den Massnahmen abzufinden, die geeignet erscheinen, Einnahmen und Ausgaben nach und nach wieder in ein vernünftiges Verhältnis zu bringen. Dazu gehört letzten Endes auch die Aufrechterbaltung der gestützt auf unsere ausserordeoth'chen Vollmachten angeordneten Taxzuschläge, die in der Folge in gesetzlicher Form ihre Bestätigung erhalten sollten. Aus dieser Erwägung heraus werden auch die gesetzgebenden Räte einer entsprechenden Festsetzung der konzessionsmässigen Höchsttaxen ihre Zustimmung nicht vorenthalten.

794

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des beigefügten Gesetzcsentwurfes und bitten Sie, das Geschäft in Ihrer nächsten Session behandeln zu wollen, denn die Vorlage ist dringlich geworden, nachdem das Bundesgesetz über die Arbeitszeit in den Fabriken Ihre Billigung gefunden hat und das ihm unterstellte Personal nunmehr der Wohltaten teilhaftig werden soll, die wir Urnen in demselben Masse und nach sachlich gleichen Grundsätzen für das Verkehrspersonal beantragen.

B e r n , den 16. Juni

1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

795 Beilage 1.

Entwurf.

Bundesgesetz betreffend

die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, im Hinblick auf die Art. 26 und 36 der Bundesverfassung,, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Juni 1919, beschliesst: Art. 1.

1

Diesem Gesetze sind unterstellt: a. die schweizerischen Bundesbahnen, b. die Postverwaltung, c. die Telegraphen- und Telephonverwaltung, d. die vom Bunde konzessionierten Verkehrsanstalten.

2 Der Bundesrat ist ermächtigt, dem Gesetze auch solche Nebenbetriebe zu unterstellen, die eine notwendige oder doch sehr zweckmässige Ergänzung des Betriebes einer der in Absatz l hiervor genannten Verkehrsanstalten bilden.

3 Das Gesetz findet Anwendung auf Personen, die ständig und vorwiegend im Betriebsdienste einer dieser Verkehrsanstalten beschäftigt und zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet sind.

4 Die bei Neu- und Ergänzungsbauten verwendeten Personen fallen nur dann unter das Gesetz, wenn ihnen die Sicherung des Betriebes obliegt.

5 Über die Anwendbarkeit des Gesetzes oder einzelner Bestimmungen desselben auf Personen, die zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet, aber nicht ständig und vorwiegend bei einer der in Betracht fallenden Verkehrsanstalten beschäftigt sind, werden die Vollziehungsverordnungen zu diesem Gesetze die näheren Vorschriften aufstellen.

GeltuugsliGrGÎcîi

796 8

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Fabrikgesetzgebung.

Arbeitstag.

Art. 2.

Der Arbeitstag im Sinne dieses Gesetzes besteht aus der Dienstschicht und aus der Ruheschicht.

2 Die Dienstschicht umfasst den Zeitraum vom Antritte des Dienstes nach einer Kuheschicht bis zum Beginne der nächsten Ruheschicht; sie besteht aus der Arbeitszeit und don Pausen.

1

Arbeitszeit.

Art. 3.

Die tägliche Dauer der Arbeitszeit darf innerhalb einer Gruppe von höchstens vierzehn aufeinanderfolgenden oder durch ein/eine Ruhetage getrennten Tagen durchschnittlich acht Stunden nicht übersteigen. Für Dienste mit reichlichen Zeiten blosser Dienstbereitschaft ist eine durchschnittliche Dauer der Arbeitszeit bis auf neun Stunden zulässig ; diese Dienste sind in den Vollziehungsverordnungen zu bezeichnen.

2 Innerhalb einer einzelnen Dienstschicht darf die Arbeitszeit*) höchstens zehn Stunden betragen; ein Ausgleich hat nicht stattzufinden, wenn dem Beamten, Angestellten oder Arbeiter mit seiner Zustimmung für die Überschreitung der massgebenden durchschnittlichen Arbeitszeit Barvergütung geleistet wird.

8 Die Barvergütung ist auf Grund des Gehaltes oder Lohnes mit einem Zuschlage von wenigstens 25 Prozent zu berechnen.

Der Verzicht auf den Ausgleich darf 150 Stunden im Kalenderjahre nicht übersteigen.

4 Wird infolge von Zugs- oder Kursverspätungen oder aus anderen zwingenden Gründen des Betriebes die gesetzliche Höchstdauer der Arbeitszeit überschritten, so hat innerhalb der nächsten drei Arbeitstage ein Ausgleich stattzufinden.

1

Pausen.

Art. 4.

Nach ungefähr der Hälfte der Arbeitszeit ist eine Pause von wenigstens einer Stunde zu gewähren. Sie soll, soweit der Dienst es gestattet, am Wohnorte zugebracht werden können.

2 Von der Einteilung einer Pause darf Umgang genommen werden, wenn die Dienstschicht acht Stunden nicht übersteigt und das Personal die Möglichkeit hat, eine Zwischenverpflegung einzunehmen.

1

*) Im Ausgleiche.

797

Art. 5.

DienBtschicht

1 Die tägliche Dauer der Dienstschicht darf innerhalb einer Gruppe von höchstens vierzehn aufeinanderfolgenden oder durch einzelne Ruhetage getrennten Tagen durchschnittlich dreizehn Stunden, und wenn der Beamte, Angestellte oder Arbeiter Dienstwohnung in der Nähe der Arbeitsstelle hat, dreizehneinhalb Stunden nicht übersteigen.

2

Die Höchstdauer einer einzelnen Dienstschicht*) beträgt vierzehn Stunden.

3 Wo besondere, in den Vollziehungsverordnungen festzustellende Verhältnisse vorliegen, darf die Dienstschicht bis auf fünfzehn Stunden ausgedehnt werden, vorausgesetzt, dass ihre durchschnittliche Dauer innerhalb dreier aufeinanderfolgender Tage die massgebende durchschnittliche Dauer im Sinne von Absatz l hiervor nicht übersteigt.

4

"Wird unter den in Art. 3, Absatz 4, hiervor genannten Voraussetzungen die gesetzliche Höchstdauer der Dienstschicht überschritten, so hat der Ausgleich im Sinne jener Vorschrift stattzufinden.

Art. 6.

1

Die tägliche Dauer der Ruheschicht darf innerhalb einer Gruppe von höchstens vierzehn aufeinanderfolgenden oder durch einzelne Ruhetage getrennten Tagen durchschnittlich nicht weniger als elf Stunden, und wenn der Beamte, Angestellte oder Arbeiter Dienstwohnung in der Nähe der Arbeitsstelle hat, nicht weniger als zehneinhalb Stunden betragen.

a

Die Mindestdauer einer einzelnen Ruheschicht*) beträgt zehn Stunden.

3 Wo besondere, in den Vollziehungsverordnungen festzustellende Verhältnisse vorliegen, darf die Ruheschicht bis auf neun Stunden gekürzt werden, vorausgesetzt, dass ihre durchschnittliche Dauer innerhalb dreier aufeinanderfolgender Tage wenigstens die massgebende durchschnittliche Dauer im Sinne von Absatz l hiervor erreicht.

4 Die Ruheschieht soll, soweit der Dienst es gestattet, am Wohnorte zugebracht werden können.

*) Im Ausgleiche.

Ruheschicht.

798 Nachtdienst.

Art. 7.

1

Die in die Zeit ron elf Uhr abends bis fünf Uhr morgens fallenden Dienstleistungen gelten als Nachtdienst.

2 Nachtdienst darf nicht mehr als siebenmal hintereinander und innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen an höchstens vierzehn Tagen zugeteilt werden. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Dienstschichten, deren Beginn oder Ende sich nicht um mehr als eine Stunde in den Nachtdienst ersireckt; sie bezieht sich auch nicht auf Personen, die au.sschliesslich für den Nachtdienst angestellt sind.

Beschäftigung Ton weiblichen Personen

Art. 8.

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über die Beschäftigung weiblicher Personen konneu m den Vollziehungsverordnungeü zu diesem Gesetze einschränkende Bestimmungen aufgestellt werden.

2 Wöchnerinnen dürfen von ihrer Niederkunft hinweg während sechs Wochen nicht im Dienste einer diesem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalt beschäftigt werden.

Ruhetage.

Art. 9.

Jedem nach Massgabe von Art. l, Absatz 3, hiervor beschäftigten Beamten, Angestellten oder Arbeiter sind im Kalenderjahre, angemessen verteilt, 56 Ruhetage einzuräumen, wovon wenigstens siebzehn auf Sonn- und allgemeine Feiertage zu fallen haben.

2 Für einzelne Kategorien des Personals von Nebenbahnen, Schiffahrts- und Kraftwagenunternehmungen kann der Bundesrat die Zahl der auf Sonn- und allgemeine Feiertage fallenden Ruhetage bis auf y.wölf herabsetzen.

3 Der Ruhetag beträgt wenigstens 24 Stunden ; er muss am Wohnorte zugebracht werden können.

4 Dem Ruhetage hat unmittelbar oder kurz vorher eine Ruhesehieht von wenigstens neun Stunden vorauszugehen. Bei Aufeinanderfolge von zwei oder mehr Ruhetagen ist die Ruheschicht nur einmal zu berechnen.

5 Beim Übergange vom Spät- oder Nachtdienste zum Mitteloder Frühdienste dürfen Ruheschichten von wenigstens 28 Stunden als halbe Ruhetage angerechnet werden.

6 Erstreckt sich die an Sonn- und allgemeinen Feiertagen zugeteilte Dienstschicht nicht über zwölf Uhr mittags, so kann der Rest des Tages als halber Ruhetag angerechnet werden, voraus1

799 gesetzt, dass die Arbeitszeit vier Stunden nicht übersteigt und die anschliessende Ruheschicht bis zum Beginne der nächsten Dienstschicht wenigstens achtzehn Stunden beträgt.

Art. 10.

Ferien.

1

Jedem nach Massgabe von Art. l, Absatz 3, hiervor beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter sind im Kalenderjahre folgende Ferien zu gewähren : vom 1. bis und mit .9. Dienstjahre 7 Tage von dem Jahre an, in dem das 10. Dienstjahr oder das 30. Altersjahr zurückgelegt wird . . . 14 ,, von dem Jahre an, in dem das'20. Dienstjahr oder das 40. Altersjahr zurückgelegt wird . . . 21 ., 2 Auf je sieben Ferientage entfällt einer der in Art. 9 hiervor vorgeschriebenen Ruhetage.

3 Bei Feststellung der Zahl der Dienstjahre ist die gesamte Dienstzeit zu berücksichtigen, die der Beamte, Angestellte oder Arbeiter bei den dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten geleistet hat.

Art. 11.

Besondere Die Vollziehungsverordiiungen werden die näheren Vor- betreffend.6 schritten aufstellen: Ruhetage und a. über die Anrechnung von Dienstabwesenheiten wegen KrankFerien, heit, Unfalles, Militärdienstes oder aus anderen Gründen auf die gesetzlichen Ruhetage und die Ferien ; &. über den Bezug der Ferien.

Art. 12.

Einteilung der Über Form und Inhalt der von den Betriebsinhabern auf rjienste RuhéGrund dieses Gesetzes anzufertigenden Einteilungen der Arbeits- tage 'und tage, Dienste, Ruhetage und Ferien werden die VollziehungsFerien.

Verordnungen zu diesem Gesetze die näheren Wegleitungen und Muster aufstellen.

2 Dem Personale ist von diesen Einteilungen in geeigneter Weise Kenntnis zu geben.

1

Art. 13.

Ein-

schränkung An den Sonntagen, sowie an den allgemeinen Feiertagen, des GüterNeujahr, Karfreitag, Auffahrt und Weihnachten ist der Güterdienst dienstes 1

an Sonn- und Feiertagen.

800

untersagt. Vorbehalten bleiben die vom Bundesrate festzusetzenden Ausnahmen für die Ausführung von gewissen Güterzügen, sowie für die Annahme, Beförderung und Auslieferung von leicht verderblichen Waren und von Tiersendungen.

2 Die Kantone können vier weitere Feiertage im Jahr bestimmen, an denen die Annahme und Auslieferung von Gütern auf die in Absatz l hiervor genannten Ausnahmen zu beschränken ist.

Arbeits- und

Art. 14.

Unterkunfts-

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räumn DienstSoweit nicht besondere Schwierigkeiten entgegenstehen, wolmungen. haben die Betriebsinhaber dem Personale, das Pausen und Ruheschichten nicht am Wohnorte zubringen kann oder die Mahlzeiten bei der Arbeitsstelle einnehmen muss, heizbare und mit Einrichtungen zum Wärmen der Speisen versehene Unterkunftsräume zur Verfügung zu stellen.

2 Die Räume, die dem Personale zur Arbeit, als Unterkunft während der Pausen und Ruheschichten oder als Dienstwohnungen angewiesen werden, haben den Anforderungen der Gesundheitspflege zu entsprechen. Dienstwohnungen und Ruhelokale sollen auch billigen Anforderungen an Behaglichkeit Rechnung tragen.

GewährLeistung

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Art. 15.

1

des bisherigen · Soweit dieses Gesetz die Gewährung von Ruhetagen und Gehaltes oder Ferien vorschreibt, sind die Betriebsinhaber verpflichtet, Gehalt Lohnes. 0(jer jj0hn auch für diese Tage auszurichten.

z Wegen der durch dieses Gesetz für das Personal eintretenden Erleichterungen darf weder der bisherige Gehalt oder Lohn, auf ein ganzes Kalenderjahr berechnet, geschmälert, noch kann daraus ein Anspruch auf Erhöhung abgeleitet werden. .

Ausnahmen

Art. !"·

von don gesetzlichen BeWenn besondere Verhältnisse es notwendig machen, kann Stimmungen, der Bundesrat Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Gesetzes anordnen.

Aufsicht.

Art. 17.

1

Die Aufsicht über die richtige Erfüllung der nach Massgabe dieses Gesetzes den Betriebsinhabern obliegenden Verpflichtungen ist Sachfc des Bundesrates.

801 2 Der Bundesrat erlässt die näheren Vorschriften über die Art der Ausübung dieser Aufsicht, sowie über die Entgegennahme und. Behandlung von Beschwerden des Personals wegen Abweichungen von den gesetzlichen und verördnungsmässigen Vorschriften.

Art. 18.

Begut achtende Der Bundesrat wählt auf die jeweilige, für die Bundes- Kommission.

Verwaltung geltende Amtsdauer eine Kommission, bestehend aus dem Vorsitzenden und zehn bis vierzehn Mitgliedern. In dieser Kommission sollen die Verwaltungen der dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten und deren Personal zu gleichen Teilen vertreten sein.

2 Der Kommission liegt insbesondere die Begutachtung von Fragen ob, die dem Bundesrate zu Beschlüssen grundsätzlicher Natur, Entscheiden über Rekurse und Beschwerden sowie Strafverfügungen, Anlass geben.

1

Art, 19.

1

Übertretungen dieses Gesetzes durch die Betriebsinhaber konzessionierter Verkehrsanstalten können vom Buadesrate mit Geldbussen bis auf 500 Franken, im Wiederholungsfalle bis auf 1000 Franken geahndet werden.

3 Der Verzicht des Personals auf die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes schliesst die Strafbarkeit des Betriebsinhabers nicht aus ; vorbehalten bleibt Art. 3, Absatz 2, hiervor.

Art. 20.

1

Strafbestimmungen.

Vollziehung d.6S GrGSGEZGS

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes Aufhebung beauftragt und bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

früherer 2 Soweit die Betriebsinhaber infolge der Anwendung dieses Blasse.

Gesetzes gezwungen sind, das ständig und vorwiegend in ihrem Dienste beschäftigte Personal zu vermehren, kann ihnen der Bundesrat auf begründetes Gesuch für die vollständige Durchführung des Gesetzes eine angemessene Frist einräumen.

3 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird dasjenige vom 19. Dezember 1902 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten aufgehoben.

802 Beilage 2.

Vorentwurf dos Post- und Eisenbahndepartementes.

Die endgültige Fassung dieser Vollziehungsverordnung kann erst festgestellt werden, nachdem das Gesetz erlassen, die in Art. 18 des Entwurfes vorgesehene Kommission bestellt sein und dieselbe ihr Gutachten erstattet haben wird.

Vollziehungsverordnung I zum

Bundesgesetze betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstaiten.

(Vom

1919.)

Der schweizerische Bund es rat, in Vollziehung des Bundesgesetzes vom betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten ; auf den Antrag seines Post- und Eisenbahndepartementes, beschliesst: I. Geltungsbereich.

1

§ 1.

Dieser Verordnung sind unterstellt: a. die schweizerischen Bundesbahnen, 6. die vom Bunde konzessionierten Eisenbahnen und Schifffahrtsunternehmungen, c. von den Nebenbetrieben : die Schlaf- und Speisewagenbetriebe, der Wirtschaftsbetrieb auf den Schiffen der unter a und b hiervor genannten Verkehrsanstalten.

2 Als Eisenbahnen im Sinne des Gesetzes und dieser Verordnung gelten auch die vom Bunde konzessionierten geleiselosen Bahnen, Aufzüge und Luftseilbahnen.

§ 2.

Der Betriebsdienst im Sinne des Gesetzes umfasst folgende Dienstzweige : a. Bei den E i s e n b a h n e n : 1. Bahnunterhaltungs- und Bahnbewachungsdienst, 2. Stationsdienst, inbegriffen Dienst in den Lagerhäusern, 3. Zugbegleitungsdienst,

803 4. Fahrdienst, inbegriffen Dienst in den Werkstätten, Depots, Ladestationen, Kraftwerken und Kraftunterwerken, soweit solche Anlagen nicht dem Fabrikgesetz unterstellt sind, ö. Bei den S c h i f f a h r t s u n t e r n e h m u n g e n : 1. Stationsdienst, 2. Kursdienst, 3. Fahrdienst, Inbegriffen Dienst auf den Werften, soweit diese nicht dem Fabrikgesetze unterstellt sind.

c. Bei den S c h l a f : und S p e i s e w a g e n b e t r i e b e n : 1. Stationsdienst, Inbegriffen Dienst in den Depots, soweit diese nicht dem Fabrikgesetze unterstellt sind, 2. Fahrdienst, soweit es sich dabei um die Beschäftigung von Personal handelt, das seinen Dienst vorwiegend auf Schweizergebiet verrichtet.

d. Bei den W i r t s c h a f t s b e t r i e b e n auf den S c h i f f e n : Kursdienst.

§ 3.

1

Als ständig im Betriebsdienste der in § l hier vor genannten Verkehrsanstalten und Nebenbetriebe beschäftigt gelten Personen, die vom Betriebsinhaber in der Absicht ununterbrochener, dauernder Verwendung in Dienst genommen werden.

Sie sind als vorwiegend beschäftigt anzusehen, wenn die tägliche Dauer ihrer Arbeitszeit im Betriebsdienste durchschnittlich sieben Stunden erreicht.

2 Als zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet gelten Personen, die nach Massgabe des Dienstverhältnisses ihre Obliegenheiten weder ganz noch teilweise unter eigener Verantwortung durch Dritte verrichten lassen dürfen.

3 Auf Personen, auf welche die in Absatz l hiervor genannten Voraussetzungen nicht zutreffen, finden die Vorschriften des Gesetzes während der Dauer ihrer Beschäftigung im Betriebsdienste insoweit Anwendung, als diese Verordnung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

4 Hülfskräfte, die von Personen ohne Verpflichtung zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung zu deren Unterstützung oder Vertretung auf eigene Rechnung angestellt werden, sind dem Gesetze nicht unterstellt.

5 Zur Aushülfe oder Stellvertretung im Betriebsdienste sind, soweit möglich, Personen zu verwenden, die schon mit Rücksicht auf ihre sonstige Tätigkeit den Bestimmungen des Gesetzes und dieser Verordnung unterstehen.

804

M. Arbeitszeit.

§ 4.

1

Als Arbeitszeit gilt die Zeit,, während der das Personal im Dienste des Betriebsinhabers beschäftigt ist, einschliesslich jeder Inanspruchnahme bei Hülfsarbeiten. Der Gang oder die Fahrt von einer Arbeitsstelle zu einer anderen während der Arbeitszeit ist in diese einzurechnen.

, 2

Über die übrige Zeit soll das Personal frei verfügen können. Vorbehalten bleiben die zur Sicherung des Dienstes in ausserordentlichen Fällen notwendigen Anordnungen der Betriebsinhaber.

§ 5Eine durchschnittliche Arbeitszeit bis auf neun Stunden ist bei den nachstehend genannten Diensten zulässig, wenn im einzelnen Falle die in Art. 3, Absatz l, des Gesetzes genannte Voraussetzung erfüllt ist: 1

a. E i s e n b a h n e n : 1. Bahnbewachungsdienst: Schrankenwärterdienst.

2. Stationsdienst: Stationsdienst auf Stationen und auf Haltestellen.

3. Zugbegleitungsdienst: Reservedienst.

4. Fahr- und Depotdienst: Reserve-, Ablöser- und Rangierdienst, Visiteurdienst, Dienst für Ausrüstung und Reinigung des Fahrmaterials, Dienst in den Ladestationen, Dienst in den Kraftwerken und Kraftunterwerken.

b. S c h i f f a h r t s u n t e r n e h m u n g e n : Stationsdienst und Kursdienst.

c. N e b e n b e t r i e b e : Sämtliche Dienste.

2

Die feste Zuteilung der Dienste im Rahmen von Absatz l hiervor, für die eine durchschnittliche Dauer der Arbeitszeit bis auf neun Stunden zulässig ist, ist Sache der Betriebsinhaber.

805 § 6.

1

Die dem Beamten, Angestellten oder Arbeiter für die Überschreitung der massgebenden durchschnittlichen Arbeitszeit auszurichtende Barvergütung hat für eine Stunde wenigstens zu betragen : a. bei dem mit Jahresbesoldung angestellten Personal Va^oo der Besoldung mit einem Zuschlage von 25 %, b. bei dem im Taglohne beschäftigten Personal 1/s des Taglohnes mit einem Zuschlage von 25 °/o.

2 In die anrechenbare Jahresbesoldung sind die festen Nebenbezüge einzurechnen.

3

Das Stundenbetreffnis ist auf die nächsten zehn Rappen aufzurunden, * Bruchteile einer Stunde bis zu dreissig Minuten sind als halbe, Bruchteile über dreissig Minuten als ganze Stunden zu vergüten.

III. Pausen.

§ 7.

1

Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das Personal seine Mahlzeiten zu geeigneter Zeit einnehmen kann.

2 Gestattet der Dienst die Zuteilung einer Pause am Wohnorte um die Mittagszeit, so ist deren Dauer, auf Wunsch des Personals, je nach den örtlichen Verhältnissen, soweit möglich auf anderthalb bis zwei Stunden zu bemessen.

§ 8.

Ununterbrochene Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Zuteilung von mehr als drei Pausen innerhalb der nämlichen Dienstschicht sind zu vermeiden, vorbehalten bleibt Art. 4, Absatz 2, des G-esetzes.

§ 9.

Im Schiffsbetriebe darf einmal innerhalb der nämlichen Dienstschicht ein Aufenthalt an Bord von wenigstens einer halbea Stunde als Ruhepause zugeteilt werden, falls während derselben keinerlei dienstliche Obliegenheiten zu verrichten sind.

806

IV. Dienstschicht.

§ 10.

Dio Dienstschieht darf unter der in Art. 5, Absatz 3, des Gesetzes genannten Ausgleichsbedingung bis auf fünfzehn Stunden ausgedehnt werden : a. wenn die Fahrplangestaltung dazu zwingt, b. wenn dadurch auswärtige Übernachtungen vermieden werden können, c. mit Zustimmung des Personals in ändern Fällen.

§ 11.

Wo Früh-, Büttel-, Spät- und Nachtdienstschichten vorkommen, hat unter dem Personal ein angemessener Wechsel dieser Schichten stattzufinden. Diese Bestimmung findet nicht Anwendung auf Personen, die ausschliesslich für den Nachtdienst angestellt sind.

V. Ruheschicht.

§ 12.

Die Ruheschicht darf unter der in Art. 6, Absatz 3, des Gesetzes genannten Ausgleichsbcdingung bis auf neun Stunden verkürzt werden : a. beim Übergange vom Spät- oder Nachtdienste zum Frühoder Mitteldienste, u c o. bei auswärtigen Übernachtungen.

ö

VI. Beschäftigung von weiblichen Personen.

1

Die Beschäftigung weiblicher Personen in der Zeit zwischen elf Uhr abends und fünf Uhr morgens ist auf das unumgänglich notwendige Mass einzuschränken.

2 Weiblichen Bediensteten, die einen eigenen Haushalt zu besorgen haben, aber nicht in der Nähe der Arbeitsstelle Dienstwohnung besitzen, ist, unter Vorbehalt der Bestimmung in Art. 4, Absatz 2, des Gesetzes, nach ungefähr der Hälfte der Arbeitszeit eine Pause von wenigstens anderthalb Stunden zu gewähren.

3 Auf Strecken, wo täglich mehr als vierzehn Züge verkehren, darf für Schrankenwärterinnen die tägliche Dienstschicht

807

im Sinne von Art. 5, Absatz l, des Gesetzes zwölf Stunden nicht übersteigen.

* Schrankenwärterinnen, deren tägliche Dienstschicht durchschnittlich acht Stunden erreicht, sind hinsichtlich der Ruhetage und Ferien wie ständig und vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigte Personen zu behandeln.

VII. Ruhetage.

§ 14.

Die Ruhetage sind nach Massgabe des dienstlichen Bedürfnisses im voraus zuzuteilen. Nachträglichen Begehren um Verlegung eingeteilter Ruhetage ist zu entsprechen, wenn der Dienst es gestattet und sich daraus keine zu grossen Abstände zwischen den einzelnen Ruhetagen ergeben.

2 Abstände von mehr als vierzehn Tagen zwischen Ruhetagen und solche von mehr als fünf Wochen zwischen Ruhesonntagen sind nicht zulässig. Ausnahmsweise dürfen dem Per"sonal von Nebenbahnen, Schiffahrtsunternehmungen und Nebenbetrieben Ruhesonntage in Abständen von höchstens sechs Wochen zugeteilt werden.

8 Eheleuten, die im Dienste der nämlichen Verwaltung stehen, sind die Ruhesonntage und, soweit der Dienst es gestattet, auch die übrigen Ruhetage zu gleicher Zeit zu gewähren.

1

§ 15.

Müssen Ruhetage aus zwingenden dienstlichen Gründen unterdrückt werden, so sind sie unter möglichster Wahrung der Bestimmung in § 14, Absatz 2, hiervor und unter tunlicher Berücksichtigung der Wünsche des Personals zu ersetzen.

2 Die in Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles ·oder Militärdienstes fallenden Ruhetage gelten als bezogen.

1

§ 16.

Für das im Laufe eines Kalenderjahres ein- oder austretende Personal ist die Zahl der Ruhetage für dieses Jahr im Verhältnis zur Dienstzeit herabzusetzen.

2 Sind bei Dienstaustritt im Verhältnis zur Dienstzeit zuviele Ruhetage bereits bezogen worden, so darf ein Abzug am Gehalte ·oder Lohne nicht stattfinden.

1

Bundesblatt.

71. Jahrg. Bd. III.

53

808

§ 17.

Zwischen Ruheschicht und Ruhetag kann eine Dienstschicht von höchstens zwei Stunden eingeschaltet werden.

§ 18.

Die nach Massgabe von Art. 13, Absatz 2, des Gesetzes von den Kantonen bezeichneten weiteren Feiertage können als Ruhesonntage eingeteilt werden.

2 Nebenbahnen, Schiffahrtsunternehmungen undNebenbetrieben ist gestattet, allfällig weitere staatlich anerkannte Feiertage als Ruhesonntage einzuteilen.

§ 19.

1 Für das fahrende Personal der städtischen Strassenbahnen darf die Zahl der auf Sonn- und allgemeine Feiertage fallenden Ruhetage im Kalenderjahre bis auf zwölf herabgesetzt werden.

2 Die in Absatz l hiervor gegebene Ermächtigung kann anderen Nebenbahnen, sowie Schiffahrtsunternehmungen und Nebenbetrieben eingeräumt werden, wenn namentlich an Sonn- und' Feiertagen ein grosser Verkehr zu bewältigen ist, der durch ständiges, geschultes Personal besorgt werden muss.

1

§ 20.

Die halben Ruhesonntage im Sinne von Art. 9, Absatz 6, des Gesetzes dürfen auf die geforderte Mindestzahl von Ruhesonntagen nicht angerechnet werden; dagegen ist die Anrechnung der in Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles, Militärdienstes oder Ferien fallenden Sonn- und Feiertage als Ruhesonntage zulässig.

§ 21.

Den nicht ständig, aber vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Personen ist für je sechs Arbeitstage ein Ruhetag zu gewähren; davon hat eine den in Art. 9, Absätzen l und 2, des Gesetzes aufgestellten Grundsätzen entsprechende Zahl auf Sonnund Feiertage zu entfallen. Für je fünfundsiebenzig Arbeitstage im Kalenderjahre ist ein weiterer Ruhetag zuzuteilen.

§ 22.

Für die ständig, aber nicht vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Personen beträgt die jährliche Zahl der Ruhetage :.

1

809 a. 14, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von weniger als drei .Stunden; b. 28, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von weniger als fünf Stunden ; c. 42, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von wenigstens fünf Stunden.

2 Von der gemäss Absatz l hiervor festgesetzten Zahl von Ruhetagen hat wenigstens ein Drittel auf Sonn- und Feiertage zu fallen.

VIII. Ferien.

§ 23.

Die Vorschriften des Gesetzes und dieser Verordnung über die Gewährung von Ferien finden nur Anwendung auf Personen, die ' ständig und vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigt und zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet sind.

§ 24.

Die Ferien sind dem Personale spätestens im Monate Dezember für das folgende Kalenderjahr zuzuteilen.

2 Es ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass jeder Ferienberechtigte abwechslungsweise in den verschiedenen Jahreszeiten der Ferien teilhaftig wird. In Zeiten besonder? starken Verkehrs können jedoch keine Ferien beansprucht werden.

3 Eheleuten, die im Dienste der nämlichen Verwaltung stehen, sind, soweit der Dienst es gestattet, die Ferien zu gleicher Zeit zu gewähren.

1

Die Ferien sind in der Regel zusammenhängend zu nehmen.

Soweit der Dienst es gestattet, können sie ausnahmsweise in Abschnitten bezogen werden.

§ 26.

Für das im Laufe eines Kalenderjahres ein- oder austretende Personal sind die Ferien für dieses Jahr im Verhältnis zur Dienstzeit herabzusetzen.

2 Sind im Falle des Dienstaustrittes die Ferien bereits bezogen, so darf weder eine Verminderung der Zahl der noch eingeteilten Ruhetage, noch ein Abzug am Gehalte oder Lohne stattfinden.

1

810 3

Bei Feststellung der für die Dauer der Ferien massgebeuden Anzahl Dienstjahre im Sinne von Art. 10,. Absatz 3, des Gesetzes fällt auch die Zeit in Betracht, während der ein Beamter, Angestellter oder Arbeiter ständig aber nicht vorwiegend, oder vorwiegend aber nicht ständig im Betriebsdienste einer der dein Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten oder eines Nebenbetriebes gestanden hat.

S 27.

1 Eine Verkürzung der Ferien bei Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles oder Militärdienstes ist nur zulässig, wenn diese Abwesenheiten drei Monate übersteigen. Bei kürzerer Dauer sind die etwa in solche Dienstabwesenheiten fallenden, zum voraus zugeteilten Ferientage nachzugewähren.

2 Die Bestimmung in Absatz l hiervor findet nicht Anwendung in Fällen, in denen der Militärdienst freiwillig oder als Strafdienst geleistet wird.

3 Erholungsurlaube die auf Anordnung des behandelnden Arztes bewilligt werden, und während deren Dauer eine ärztliche Behandlung nicht nötig ist, gelten nicht als Dienstabwesenheiten im Sinne von Absatz l hiervor. Derartige Urlaube dürfen daher auf die Ferien angerechnet werden.

"ov IX. Einteilung der Arbeits- und Ruhetage, Dienste und Ferien.

§ 28.

1 Bei jeder Neuordnung des Dienstes sind nach Massgabe der dieser Verordnung beigegebenen Muster Diensteinteilungen zuhanden des Personals auszufertigen.

2 Für das Lokomotiv- und Zugpersonal, für das Personal des Kurs- und Fahrdienstes der Schiffahrtsunternehmungen und für dasjenige der Nebenbetriebe ist das Muster A, für das übrige Personal das Muster B zu verwenden.

8 Kleinere Unternehmungen haben für die verschiedeneu Personalkategorien eine gemeinsame Einteilung nach Muster C zu erstellen.

4 In den Einteilungen sind die Minutenziffern der Dauer sowohl der täglichen als auch der durchschnittlichen Arbeitszeiten, sowie der Dienst- und Ruheschichten anzugeben. Ferner ist vorzumerken, wenn im Sinne von Art. 3, Absatz 2, des Gesetzes für die Überschreitung der massgebenden Dauer der durchschnittlichen Arbeitszeit Barvergütung geleistet wird. Die Dienste sind in derjenigen Reihenfolge aufzuführen, in der sie dem Personale zugeteilt werden.

811 29.

Die Ruhetagseinteilungen sind nach dem dieser Verordnung beigegebenen Muster D für ein Kalenderjahr zu erstellen und dem Personale mindestens drei Tage vor ihrem Inkrafttreten in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.

2 Wenn besondere Verhältnisse es nötig machen, können die Ruhetagseinteilungen für eine Fahrplanperiode oder von Monat zu Monat festgesetzt werden. Auch in diesem Falle sind aber dem Personale auf Beginn des Kalenderjahres die Ferien und die für jeden Einzelnen massgebende Zahl Ruhetage und Ruhesonntage für das ganze Jahr bekannt zu geben.

1

§ 30.

Dem Personale ist bei jeder Neuordnung des Dienstes, der Ruhetage und der Ferien Gelegenheit zu geben, bei der vorgesetzten Dienststelle Wünsche über die Einteilungen anzubringen.

X. Arbeits- und Unterkunftsräume, Dienstwohnungen.

§ 31.

1

Stehen der Anweisung eines geeigneten Unterkunftsraumes auf einer Station besondere Schwierigkeiten entgegen, so ist für einen solchen in der Nähe der Station zu sorgen.

2 Ist die Erstellung von Unterkunftsräumen für das Personal des Bahnunterhaltungsdienstes nicht tunlich, so sind ihm Zelte und Kocheinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

3 Auf Bahnbewachungsposten mit Dienstwohnung sind für die Stellvertreter und Ablöser, die nicht zur Wärterfamilie gehören, besondere, heizbare Unterkunftsräume zu errichten.

4 In einem Schlafraume sind in der Regel nicht mehr als drei Mann unterzubringen.

5 Schlafräume dürfen nicht als Unterkunft während der Pausen benützt werden.

6 Wo nicht besondere Schwierigkeiten entgegenstehen, sind die Wärterwohnhäuser mit Trinkwasser zu versorgen.

XI. Gewährleistung des bisherigen Gehaltes oder Lohnes.

§ 32.

Die Gewährleistung des bisherigen Gehaltes oder Lohnes im Sinne von Art. 15, Absatz 2, des Gesetzes erstreckt sich nicht auf Ver-

812

gütungen wie Ersparnisprämien und Kilometerentschädigungen, für die der Anspruch durch die tatsächliche Besorgung bestimmter Dienstleistungen begründet wird.

XII. Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen.

§ 33.

1

Gesuche um Bewilligung von Ausnahmen von den Bestimmungen des Gesetzes oder dieser Verordnung sind von den Betriebsinhabern bei der Technischen Abteilung des Eisenbahndepartementes anhängig zu machen. Sie sind zu begründen und, unvorhergesehene Fälle vorbehalten, vor der Durchführung der Massnahme einzureichen.

2 Gesuche betreffend Besorgung des Güterdienstes an einzelnen Sonn- oder Feiertagen müssen spätestens am vorausgehenden Tage vor neun Uhr vormittags im Besitze der Technischen Abteilung des Eisenbahndepartementes sein.

3 Handelt es sich um Dienst- oder Ruhetagseinteilungen, so ist je eine Abschrift derselben nach Mustern A, B, C oder D dem Gesuche beizugeben.

4 Die von der Aufsichtsbehörde bewilligten Ausnahmen sind dem Personale durch die Verwaltungen zur Kenntnis zu bringen.

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XIII. Aufsicht.

§ 34.

Das Personal ist verpflichtet, Abweichungen von den gesetzlichen und verordnungsmässigen Vorschriften, soweit es sich nicht um von der Aufsichtsbehörde bewilligte Ausnahmen handelt, zum Zwecke der Abhülfe der vorgesetzten Dienststelle mündlich oder schriftlich sobald als möglich, zu melden. Diese hat die Meldung unter Beifügung der zu ihrer Erledigung getroffenen Anordnung in ein Meldebuch einzutragen. Ist der Meldende mit der Art der Erledigung einverstanden, so hat er dies im Meldebuch unterschriftlich zu bezeugen. Im gegenteiligen Falle ist der Anstand der nächsthöheren Dienststelle zum Entscheide zu unterbreiten. Die endgültige Erledigung ist im Meldebuche vorzumerken und dem Meldenden unverzüglich bekannt zu geben.

§ 35.

Das Meldebuch ist nach dem dieser Verordnung beigegebencn Muster E anzulegen.

813 § 36.

Gegen die von den Betriebsinhabern zur Vollziehung des Gesetzes und dieser Verordnung getroffenen Massnahmen und Entscheide steht dem Beamten, Angestellten oder Arbeiter nach Erschöpfung des Dienstweges innerhalb der Verwaltung, der er angehört, der Beschwerdeweg an das Eisenbahndepartement offen.

§ 37.

Dem Eisenbahndepartemente sind von den Betriebsinhabern auf Verlangen einzusenden: a. Abschriften der Dienst- und ßuhetagseinteilungen, b. die Meldebücher zur Einsichtnahme.

§ 38.

Die Organe des Eisenbahndepartementes, die sich als solche ausweisen, sind jederzeit berechtigt, bei jeder einzelnen Verwaltung und bei jedem Nebenbetriebe die richtige Erfüllung der nach Massgabe des Gesetzes und dieser Verordnung den Betriebsinhabern obliegenden Verpflichtungen an Ort und Stelle nachzuprüfen.

XIV. Strafbestimmungen.

§ 39.

1 Erhält das Eisenbahndepartement Kenntnis von Übertretungen dés Gesetzes oder dieser Verordnung, so wird es, soweit nötig, den Tatbestand feststellen und nach Anhörung der fehlbaren Verwaltung über einen allfälligen Strafantrag an den Bundesrat entscheiden.

2 Gegenüber fehlbaren Beamten der schweizerischen Bundesbahnen werden die zuständigen Organe dieser Verwaltung von sich aus oder auf Verlangen des Eisenbahndepartementes auf dem Disziplinarwege einschreiten.

XV. Inkrafttreten, Aufhebung früherer Erlasse.

§ 40.

Diese Verordnung tritt am in Kraft. Auf den nämlichen Zeitpunkt werden aufgehoben : a. die Vollziehungsverordnuhg vom 22. September 1903 zum bisherigen Arbeitsgesetze, b. die Vollziehungsverordnung vom 9. Oktober 1903 zum Bundesgesetze über Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen.

(Die amtlichen Muster werden später beigelegt.)

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814 Beilage 3.

Vorentwurf des Post- und Eisenbahndepartementes.

Die endgültige Fassung dieser Vollziehtmgsverordnung kann erst festgestellt werden, nachdem das Gesets erlassen, die in Art. 18 des Entwurfes vorgesehene Kommission bestellt sein und dieselbe ihr Guiachten erstattet haben wird.

Vollziehungsverordnung II zum

Bundesgesetz betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten.

(Vom

1919.)

Der schweizerische Bundesrat, in Vollziehung des Bundesgesetzes vom 1919 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten, auf den Antrag seines Post- und Eisenbahndepartements, beschliesst: I. Geltungsbereich.

§ 1.

Dieser Verordnung sind unterstellt: a. die schweizerische Postverwaltung ; b. die schweizerische Telegraphen- und Telephonverwaltung ; c. die Unternehmungen, deren sich die Postverwaltung zur Ausführung regelmässiger Transporte mittels Kraftwagen oder bespannter Fuhrwerke bedient; ä. die vom Bunde bewilligten Kraftwagenunternehmungen.

§ 2.

Als Betriebsdienste im Sinne von Art. l, Absatz 3, des Gesetzes gelten : a. die Dienste, die sich mit der Personenbeförderung, der Beförderung von Postsendungen aller Art, der Besorgung des von der Post vermittelten Geldverkehrs und den zugehörigen Nebenarbeiten zu befassen haben ; 1

815 b. die Dienste, denen die Annahme und Beförderung der Telegramme, die Vermittlung des telegraphischen und telephonischen Gesprächsverkehrs und die zugehörigen Nebenarbeiten obliegen.

§ 3.

1

Im Sinne des Gesetzes ständig beschäftigt sind die Personen, die vom Betriebsinhaber in der Absicht ununterbrochener, dauernder Verwendung in Dienst genommen werden. Sie sind als vorwiegend beschäftigt anzusehen, wenn die täglicheDauer ihrer Arbeitszeit im Betriebsdienste durchschnittlich sieben Stunden erreicht.

2 Als zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet gelten die Personen, die nach Massgabe ihres Dienstverhältnisses ihre. Obliegenheiten weder ganz noch teilweise unter eigener Verantwortung durch Dritte verrichten lassen dürfen.

3 Hülfskräfte, die von den Personen ohne Verpflichtung zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung zu deren Unterstützungöder Vertretung auf eigene Rechnung angestellt werden, sind dem Gesetze nicht unterstellt.

4 Auf Personen, die unter das Gesetz fallen, aber auf Anordnung des Betriebsinhabers vorübergehend solche zu ersetzen haben, die nicht zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet sind, findet das Gesetz während dieser Zeit keine Anwendung.

II. Arbeitstag.

§ 4.

Wo das Gesetz zum Unterschied von dem Arbeitstag im Sinne von Art. 2, Absatz l, den Ausdruck Tag oder täglich verwendet, ist darunter ein Zeitabschnitt von 24 Stunden zu verstehen.

III. Arbeitszeit.

§ 5.

Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der das Personal im Betriebsdienste beschäftigt ist, einschliesslich jeder Inanspruchnahme für Hülfsarbeiten. Der Gang oder die Fahrt von einer Arbeitsstelle zu einer ändern während der Arbeitszeit ist in diese einzurechnen.

1

«16 2

Über die übrige Zeit soll das Personal frei verfügen können.

Vorbehalten bleiben die zur Sicherung des Dienstes in ausserordentlichen Fällen notwendigen Anordnungen, sowie die Bestimmungen in §§13 und 14 hiernach.

8 Das Postdepartement wird über die Berechnung der Arbeitszeit des Bestellpersonals sowie der Postillone die erforderlichen Ausführungsbestimmungen erlassen.

§ 6.

Eine durchschnittliche neunstündige Arbeitszeit im Sinne von Art. 3, Absatz l, des Gesetzes ist zulässig: u. für das Personal einer Verwaltung, das von ihr den nicht zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichteten Personen unterstellt wird: b. für Postillone. Die Dauer ihrer täglichen Gesamtarbeitszeit darf neun Stunden nicht übersteigen, auch wenn sie nicht vorwiegend, wohl aber ständig im Postdienst beschäftigt sind.

2 Eine durchschnittliche neunstündige Arbeitszeit ist ferner bei den folgenden Diensten zulässig, wenn im einzelnen Falle die in Art. 3, Absatz l, des Gesetzes genannten Voraussetzungen erfüllt sind: a. Bureaudienst bei den Postbureaux IL Klasse; b. Umlade-, Bureaudiener-, Kastenleerer- und Expressbotendienst ; c. Wagenreinigungsdienst ; d. Bestelldienst der Telegraphenverwaltung.

1

1

Wer bereit ist, im zulässigen Umfange gemäss Art. 3, Absatz 2, des Gesetzes über die massgebende durchschnittliche Arbeitszeit hinaus gegen Barvergütung zu arbeiten, hat dies in der Regel für die Gültigkeitsdauer einer Diensteinteilung zum voraus zu erklären.

2 Die Barvergütung hat für eine Stunde das Stundenbetreffnis des Gehaltes oder Lohnes mit einem Zuschlage von 25 °/o zu betragen.

3 Für das mit Jahresbesoldung angestellte Personal ist das Stundenbetreffnis auf Grund von 300 Arbeitstagen zu berechnen.

4 Das Stundenbetreffnis ist auf die nächsten zehn Rappen aufzurunden. Bruchteile einer Stunde bis zu dreissig Minuten sind als halbe, Bruchteile über dreissig Minuten als ganze Stunde zu vergüten.

817

IV. Pausen.

§ 8.

Eb ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das Personal seine Mahlzeiten zu geeigneter Zeit einnehmen kann.

2 Gestattet der Dienst die Zuteilung einer Pause am Wohnorte um die Mittagszeit, so ist deren Dauer auf Wunsch des Personals je nach den örtlichen Verhältnissen soweit möglich auf anderthalb bis zwei Stunden zu bemessen.

1

§ 9.

Ununterbrochene Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Zuteilung von mehr als drei Pausen innerhalb der nämlichen Dienstschicht sind auf das unumgänglich notwendige Mass zu beschränken.

V. Dienstschicht.

§ 10.

Die Dienstschicht darf unter der in Art. 5, Absatz 3, des Gesetzes angegebenen Ausgleichsbedingung bis auf fünfzehn Stunden ausgedehnt werden: a. wenn dadurch auswärtige Übernachtungen vermieden werden können ; b. wenn die Fahrplangestaltung dazu zwingt; c. mit Zustimmung des Personals in ändern Fällen.

§ U.

Wo Früh-, Mittel- und Spätdienste vorkommen, sind sie so viel als möglich in regelmässigem, gewöhnlich wöchentlichem Wechsel zuzuteilen. Diese Vorschrift findet nicht Anwendung auf Personen, die ausschliesslich für den Dienst zu einer bestimmten Tages- oder Nachtzeit angestellt sind.

VI. Ruheschicht.

§ 12.

Die Ruheschicht darf unter der in Art. 6, Absatz 3, des Gesetzes angegebenen Ausgleichsbedingung auf neun Stunden verkürzt werden

818 a. wenn dem Personal dadurch nach auswärtiger Übernachtungermöglicht werden kann, eine längere Frühstückspause am Wohnorte zu gemessen; b. vor dem Nachtdienste in den Fällen, wo beim Übergange vom Früh- oder Mitteldienste zum Nachtdienste am Vormittage vor Antritt des Nachtdienstes eine kurze Dienstschicht angesetzt wird.

§ 13.

Wird zum Zwecke der Bewachung eine Schlafstätto im Betriebsraume angewiesen, so zählt die hier in Nachtruhe zu verbringende Zeit zur Ruheschicht, sofern für diese Anwesenheit eiue besondere Zulage gewährt wird.

VIT. Nachtdienst.

§ 14.

Hat ein Beamter oder Angestellter im Betriebsraum zu übernachten, um im Bedürfnisfalle durch ein Läutwerk in den Dienst gerufen zu werden, so darf dieser Bereitschaftsnachtdienst zur Ruheschicht gerechnet werden, sofern ausser der in § 13 hiervor erwähnten Zulage eine Verkürzung der Arbeitszeit am folgenden Arbeitstage um mindestens eine Stunde gewährt wird.

YIII. Beschäftigung von weiblichen Personen.

§ 15.

Die Beschäftigung weiblicher Personen in der Zeit zwischen elf Uhr abends und fünf Uhr morgens ist auf das unumgänglich notwendige Mass einzuschränken.

IX. Rahetage.

§ 16.

Die Ruhetage sind wenigstens von Monat zu Monat zum voraus zuzuteilen. Nachträglichen Begehren um Verlegung eingeteilter Ruhetage ist zu entsprechen, wenn der Dienst es gestattet und sich daraus keine unzulässigen Abstände zwischen den einzelnen Ruhetagen ergeben.

3 Abstände von mehr als vierzehn Tagen zwischen Ruhetagen und solche von mehr als fünf Wochen zwischen Ruhesonnta»'en 1

819

sind nicht zulässig. Diese Vorschrift gilt nicht für Postillone und Kraftwagenführer in der Zeit von Mitte Juni bis Mitte September.

3 Müssen Ruhetage aus zwingenden dienstlichen Gründen unterdrückt werden, so sind sie unter möglichster Wahrung der Bestimmung in Absatz 2 hiervor und Berücksichtigung der Wünsche des Personals zu ersetzen.

§ 17.

Die Ruhetage, die in Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles oder Militärdienstes fallen, gelten als bezogen, soweit sie schon vorher zugeteilt worden sind, oder ohnehin in dieser Zeit zugeteilt worden wären.

§ 18.

Die von den Kantonen als staatlich anerkannten Feiertage können als Ruhesonntage eingeteilt werden.

2 Für die Postillone und die Kraftwagenführer darf die Zahl der auf Sonn- und Feiertage fallenden Ruhetage im Kalenderjahre bis auf 12 herabgesetzt werden.

3 Die halben Ruhesonntage im Sinne von Art. 9, Absatz 6, des Gesetzes dürfen auf die geforderte Mindestzahl von Ruhesonntagen nicht angerechnet werden. Dagegen ist die Anrechnung der in Dienstabwesenheiten wegen Krankheit, Unfalles, Militärdienstes oder Ferien fallenden Sonn- und Feiertage als Ruhesonntage zulässig.

§ 19.

1 Für das im -Laufe des Jahres ein- oder austretende Personal ist die Zahl der Ruhetage im Verhältnis zur Dienstzeit herabzusetzen.

2 Sind bei Dienstaustritt im Verhältnis zur Dienstzeit zu viele Ruhetage bereits bezogen worden, so darf ein Abzug am Gehalte oder Lohne nicht stattfinden.

1

§ 20.

Den nicht ständig aber vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Personen ist durchschnittlich auf je sechs aufeinander folgende Arbeitstage ein Ruhetag zu gewähren. Die Bestimmung in § 16, Absatz 2, hiervor findet auf diese Personen nicht Anwendung.

§ 21.

1 Für die ständig, aber nicht vorwiegend im Betriebsdienste beschäftigten Personen beträgt die jährliche Zahl der Ruhetage

820

a. 14, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von weniger als drei Stunden ; b. 28, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von weniger als fünf Stunden; c. 42, bei einer mittleren Dauer der täglichen Arbeitszeit von wenigstens fünf Stunden.

2 Von der gemäss Absatz l hiervor festgesetzten Zahl von Ruhetagen hat, vorbehaltlich § 18, Absatz 2, wenigstens ein .Drittel auf Sonn- nnd Feiertage zu fallen.

§ 22.

Die Personen, die ständig im Betriebsdienste stehen und, obschon nicht zu ausschliesslich persönlicher Dienstleistung verpflichtet, ihre Obliegenheiten regelmässig selber besorgen, sind berechtigt, für Ruhetage, soweit sie diese wirklich beziehen, die Ablösungskosten zu verrechnen. Ihre Ruhetagsberechtigung richtet sich bei vorwiegender Beschäftigung nach Art. 9 des Gesetzes und bei nicht vorwiegender Beschäftigung nach § 21 dieser Verordnung.

2 Für die ständig und vorwiegend beschäftigten Landbriefträger und Landboten stellt in der Regel die Verwaltung den Ablöser an Ruhetagen.

1

X. Ferien.

§ 23.

Die Ferien sind spätestens im Monat Dezember für das folgende Kalenderjahr zuzuteilen.

2 Es ist darauf zu achten, dass jeder Ferienberechtigte abwechslungsweise in den verschiedenen Jahreszeiten der Ferien teilhaftig wird. In den Zeiten besonders starken Verkehrs können keine Ferien verlangt werden.

1

v

§ 24.

Die Ferien sind in der Regel zusammenhängend zu nehmen.

Soweit der Dienst es gestattet, können sie ausnahmsweise in Abschnitten bezogen werden.

1

Erfolgt der Diensteintritt oder Dienstaustritt nicht auf den Beginn oder auf den Schluss eines Kalenderjahres, so sind die Ferien für dieses Jahr im Verhältnis zur Dienstzeit herabzusetzen.

821 2

Sind im Falle des Dienstaustrittes die Ferien bereits bezogen, so darf weder eine Verminderung der Zahl der noch eingeteilten Ruhetage noch ein Abzug am Gehalte stattfinden.

3 Bei Feststellung der für die Dauer der Ferien massgebenden Anzahl Dienstjahre im Sinne von Art. 10, Absatz 3, des Gesetzes fällt auch die Zeit in Betracht, während der ein Beamter, Angestellter oder Arbeiter ständig aber nicht vorwiegend, oder vorwiegend aber nicht ständig im Betriebsdienste einer der dem Gesetze unterstellten Verkehrsanstalten oder eines Neben betriebes gestanden hat.

§ 26.

1 Eine Verkürzung der Ferien wegen Dienstabwesenheiteo infolge Krankheit, Unfalles oder Militärdienstes ist nur zulässig, wenn diese Abwesenheiten drei Monate übersteigen. Bei kürzerer Dauer sind die etwa in solche Dienstabwesenheiten fallenden, zum voraus zugeteilten Ferientage nachzugewäh'ren.

2 Die Bestimmung in Absatz l hiervor findet nicht Anwendung in Fällen, in denen der Militärdienst freiwillig oder als Strafdienst geleistet wird.

3 Brholungstage, die vom Arzte angeordnet werden, gelten nicht als Dienstabwesenheiten im Sinne von Absatz l hiervor, wenn der Erholungsbedürftige Spaziergänge unternehmen und sich mit unbedeutenden Einschränkungen frei bewegen darf.

Derartige Dienstaussetzungen dürfen auf die Ferien angerechnet werden, sofern es sich nicht nur um wenige Kräftigungstage nach bestandener Krankheit handelt.

§ 27.

.

Personen, die ständig und vorwiegend im Betriebsdienste.

beschäftigt sind und, obwohl nicht zu ausschliesslich persönlichen Dienstleistung verpflichtet, ihre Obliegenheiten regelmässig selber besorgen, sind ferienberechtigt wie die dem Gesetze unterstellten Personen. In der Regel wird die Verwaltung den Stellvertreter bezeichnen.

XI. Dienst-, Ruhetags- und Ferieneinteilungen.

§ 28.

Die für jeden Dienst vorgesehenen täglichen Arbeitszeiten., Pausen, Dienst- und Ruheschichten sind zuhanden des Personala 1

822 in graphischen Stundenplänen auf amtlichem Formulare nach Beilagen A, bzw. B, mit allen nötigen Angaben darzustellen.

2 Die Zuweisung der Dienste an die einzelnen Dienstpersonen soll einer besondern Übersicht, der Diensteinteilung, entnommen werden können.

3 In den Stundenplänen sind die Minutenziffern der Dauer sowohl der täglichen als auch der durchschnittlichen Arbeitszeiten, sowie der Dienst- und Ruheschichten anzugeben. Ferner ist vorzumerken, wenn im Sinn von Art. 3, Absatz 2, des Gesetzes und § 7 hiervor für Arbeitszeitüberschreitung Barvergütung ge- ' leistet wird.

§ 29.

Die Ruhetagseinteilungen sind auf amtlichem Formulare zu erstellen und dem Personale mindestens sechs Tage vor ihrem Inkrafttreten in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.

§ 30.

Dein Personal ist bei jeder Neuordnung des Dienstes, der Ruhetage und der Ferien Gelegenheit zu geben, bei der vorgesetzten Dienststelle Wünsche über die Einteilungen anzubringen.

Das Postdepartement wird das zu diesem Zwecke zu beobachtende Verfahren bestimmen.

XII. Arbeits- und Unterkunftsräume.

§ 31.

Wenn dem Fahrpersonal kein Untevkunftsraum in den Postoder Bahngebäuden angewiesen werden kann, so ist für einen solchen in der Nähe des Bahnhofes zu sorgen.

§ 32.

Zum Wärmen von Speisen für das Personal, das seine Mahlzeiten auf der Arbeitsstelle einnehmen muss, sowie zur Zubereitung von Zwischenmahlzeiten wie Tee, Milch u. dgl. sind, soweit möglich, Kocheinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

XIII. Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen.

§ 33.

1

Gesuche von Kraftwagenunternehmungen oder Postpferdeiialtereien um Ausnahmen von den Bestimmungen des Gesetzes

823 oder von dieser Verordnung sind bei der Oberpostdirektion zuhanden des Postdepartements einzureichen. Sie sind zu begründen und, unvorhergesehene Fälle vorbehalten, vor der Durchführung der Massnahme einzureichen.

2 Die bewilligten Ausnahmen sind dem Personale von der Unternehmung rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen.

XIV. Aufsicht.

§ 34.

. Die Kraftwagenunternehmungen und Postpferdehaltereien liaben der Oberpostdirektion auf Verlangen Abschriften der Stundenpläae, Dienst-, Ruhetags- und Ferieneinteilungen einzusenden.

§ 35.

Das Personal ist verpflichtet, Abweichungen von den gesetzlichen und verordnungsmässigen Vorschriften, soweit es sich nicht um bewilligte Ausnahmen im Sinne von Art. 16 des Gesetzes liandelt, der vorgesetzten Dienststelle zu melden.

§ 36.

Gegen die von den Betriebsinhabern zur Vollziehung des ^Gesetzes und dieser Verordnung getroffenen Massnahmen und Entscheide steht dem Beamten, Angestellten oder Arbeiter nach Erschöpfung des Dienstweges innerhalb der Verwaltung, der er -angehört, der Beschwerdeweg an das Postdepartement offen.

XV. Strafbestimmungen.

§ 37.

1

Erhält die Oberpostdirektion Kenntnis von Übertretungen ·des Gesetzes oder dieser Verordnung, die zu Lasten von Kraftwagenunternehmungen oder Postpferdehaltereien fallen, so wird sie, so weit nötig, den Tatbestand feststellen und nach Anhörung des fehlbaren Betriebsinhabers über einen etwaigen Strafantrag an das Postdepartement zuhanden des Bundesrates entscheiden.

2 Gegenüber fehlbaren Beamten der Postverwaltung oder der Telegraphen- und Telephonverwaltung werden die zuständigen Organe dieser Verwaltungen von sich aus auf dem Disziplinarwege einschreiten.

Bundesblatt. 71. Jahrg. Bd. III.

54

824

XVI. Inkrafttreten. Aufhebung früherer Erlasse.

§ 38.

1

Gesuche von Kraftwagenunternehmungen im Sinne von Art. 20, Abs. 2, des Gesetzes sind mit allen nötigen Belegen an die schweizerische Oberpostdirektion zu richten.

* Diese Verordnung tritt am in Kraft. Auf den nämlichen Zeitpunkt werden die Artikel 199, 214--221 der Postordnung vom 15. November 1910 und die Vollziehungsverordnung für den Telegraphen- und Telephondienst vom 14. April 1914 aufgehoben.

3 Das Postdepartement wird mit der Ausführung der gegenwärtigen Vollziehungsverordnung beauftragt. Es trifft alle zu diesem Zwecke erforderlichen weitern Anordnungen.

(Die amtlichen Muster werden später beigelegt.)

825

zu 575 Beilage zum XII. Neutralitätsberichl.

(Neue Erlasse auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919.)

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Soldzulagen im Instruktionsdienst.

(Vom 23. Juni 1919.)

1. Aus zahlreichen Schulen des Instruktionsdienstes sind Gesuche um Erhöhung des Soldes der Kader sowohl wie der Rekruten eingegangen. Für die Kader werden dabei die gleichen Soldzulagen verlangt, wie sie durch Bundesratsbeschluss vom 29. April 1919 für die im aktiven Dienst stehenden Truppen bewilligt wurden, fürTM die Rekruten eine Soldaufbesserung auf Fr. 1. 50--2. --.

2. Den Begehren kann für die g e g e n w ä r t i g e Zeit eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Allerdings ist der Sold auch für den Instruktionsdienst durch Bundesratsbeschluss vom 6. April 1918 wesentlich erhöht worden, so dass der Rekrut heute Fr. 1. -- erhält gegenüber 50 Rp., die er früher erhielt. Durch die allgemeine Teuerung sind aber die täglichen kleinen Bedürfnisse, die der Rekrut aus seiner Tasche zu bezahlen hat (Putzmaterial, Wäsche, Flickereien, Coiffeur, hier und da eine Erfrischung, Tabak, dann auch die Heimreisen im Sonntagsurlaub) im Preise dermassen gestiegen, dass die vor Jahresfrist eingetretene Sold auf besserung wieder überholt erscheint.

Die nämliche Erwägung trifft auch für die Kader zu. Bei diesen kommt als weiteres Moment noch hinzu, dass der grösste Teil der in d i e s e m J a h r zu den Schulen des Instruktionsdienstes einberufenen Kader schon ziemlich lange Aktivdienstperioden hat ableisten müssen, so dass der kurz nach dem Aktivdienst zu absolvierende Instruktionsdienst für sie eine schwerere Last bedeutet, als er vor dem Kriege war und als er in Zukunft

826

wieder sein wird, wenn nur solche Kader zu den Rekrutenschulen einzurücken haben, die entweder keinen oder nur wenig Aktivdienst geleistet haben.

3. Der Bundesrat ist daher zum Schlüsse gelangt, dass grundsätzlich für dieses Jahr den Kadern und Rekruten im Instruktionsdienst eine Zulage zum ordentlichen Sold zu gewähren ist. Über die Höhe dieser Zulagen gibt der am 23. Juni gestützt auf den Bundesbeschluss vom 3. April 1919 gefasste Beschluss Auskunft. Danach werden beispielsweise beziehen: Die Rekruten Fr. .1.50 Die Korporale: Sold Fr. 2. 30 Zulage nach Verwaltungsreglement . .

,, 1. -- Ausserordentl. Zulage ,, 2. -- total ,, 5.30 Die Lieutenants: Sold Fr. 8. 20 Mundportion . . .

n 2.-- Ausserordentl.Zulage ,, 2. -- total ,, 12.20 4. Wir haben es abgelehnt, weiter zu gehen, und insbesondere schien es uns ausgeschlossen, den Kadern im Instruktionsdienat die gleichen Zulagen zu gewähren, wie im Aktivdienst. Diese Zulagen betragen Fr. 6. 50 für alle Unteroffiziere (ausgenommen die Stabssekretäre), für die Lieutenants Fr. 6.80 usw. und bringen den Sold der Truppen im Aktivdienst auf die Höhe des Taggeldes, das den Freiwilligen des Bewachungskorps bezahlt wird.

Die Verhältnisse der Freiwilligen und der Truppen im Aktivdienst sind aber vollständig verschieden von denjenigen der Truppen im Instruktionsdienst.

Bei den F r e i w i l l i g e n handelt es sich nicht um einen Sold, sondern um einen Lohn, der auf die D a u e r den Unterhalt des Wehrmannes und seiner Familie sicherstellen soll.

Bei den A k t i v t r u p p e n bedeutet der Dienst, den sie heute nach bald fünfjähriger Kriegedauer und entsprechend langen Grenzdienstperioden zu leisten haben, eine ganz ausserordentliche Mehrbelastung, die eine starke Solderhöhung rechtfertigt.

Beim Instruktionsdienst aber handelt es sich um nichts anderes als um die Erfüllung der normalen, auch in ihrer Dauer gesetzlich festgelegten Dienstpflicht.

827

5. Gestützt auf diese Darlegungen beehren wir uns, Ihnen au beantragen: Es sei der Bundesratsbeschluss vom 23. Juni 1919 betreffend Soldverhältnisse im Instruktionsdienst 1919 zu genehmigen.

B e r n , den 23. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Steiger.

Beilage.

828 Beilage.

Bundesratsbeschluss betreffend

Soldverhältnisse im Instruktionsdienst 1919.

(Vom 23. Juni 1919.)

Der schweizerische Bundesrat, gestutzt auf den zweiten Absatz von Ziffer I des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der außerordentlichen Vollmachten des Bundesrates, auf Bericht und Antrag1 seines Militärdepartements, beschliesst: Art. 1. Für die im Jahre 1919 stattfindenden Schulen und Kurse des Instruktionsdienstes werden ausnahmsweise zu den Kompetenzen nach Art. 25 der Instruktion über die Verwaltung der Schulen und Kurse, Anhang 1919, folgende ausserordentliche Zulagen ausgerichtet: an Offiziere, Unteroffiziere, Gefreite und Soldaten. . Fr. 2. -- an Rekruten ,, --. 50 Art. 2. Den Rekrutenschulen wird im femern ein Kredit eingeräumt von 20 Rp. pro Mann und pro Tag zur Verbesserung der Verpflegung, Verabfolgung von alkoholfreien Getränken etc.

Das schweizerische Militärdepartement wird über die Verwendung dieses Kredites nähere Weisungen erlassen.

Art. 3. Dieser Besohluss findet rückwirkend Anwendung auf den Beginn der diesjährigen Instrnktionskurse.

B e r n , den 23. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

829 Zu 575 Beilage zum XII. NeutralitätsbericU.

(Neue Erlasse auf Grand des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919.)

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die vorübergehende Verstärkung des eidgenössischen Versicherungsgerichtes.

(Vom 23. Juni 1919.)

In Nachachtung von Absatz 3 der Ziffer I des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates beehren wir uns, Ihnen vom beiliegenden Bundesratsbeschluss vom 23. Juni 1919 Kenntnis zu geben, mit dem Ersuchen, darüber zu entscheiden, ob er weiter in Kraft zu bleiben habe.

Zur Begründung des Beschlusses beehren wir uns, auf folgende Tatsachen und Erwägungen zu verweisen: Gemäss Art. 12 des Bundesbeschlusses vom 28. März 1917 betreffend die Organisation und das Verfahren des eidgenössischen Versieherungsgerichts*) beurteilt dieses Gericht als Berufungsinstanz die in Art. 120 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung und in Art; 12 des Ergänzungsgesetzes vom 18. Juni 1915, sowie die in Art. 55 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1914 über die Militärversicherung erwähnten Streitigkeiten. Als einzige Instanz entscheidet es in den Fällen der Art. 57 und 58 des Militärversiche. rungsgesetzes, und sein Präsident verfügt hinsichtlich der Vollstreckbarbeit der Prämienforderungen der schweizerischen Unfallversicherungsanstalt in Luzern.

Da die mutmasslichè Belastung des Gerichtes im Zeitpunkt seiner Einsetzung noch nicht geschätzt werden konnte, so schuf.

*) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXIII, S. 517 und S. 1095.

830

die Bundesversammlung, der gemäss Art. 122 KUVG die Organisation oblag, eine Gliederung, die man wenigstens für den Anfang als genügend erachtete. Als ständige Richter wurden nur der Präsident und der Vizepräsident eingesetzt; ihnen sind fünf Richter im Nebenamt beigegeben.

Die Wahl der Richter erfolgte im Herbst 1917. Da es wünschenswert erschien, dem Gericht baldmöglichst die infolge der Truppenaufgebote an Zahl zunehmenden Fälle aus der Militärversicherung übertragen zu können, schaffte ihm der Bundesrat durch Beschluss vom 26. Dezember 1917*) die bezügliche Kompetenz mit Wirkung auf den 1. Januar 1918, bzw. 1. April 1918.

Dies geschah hinsichtlich der Fälle aus dem Militärversicherungsgesetz vom 23. Dezember 1914, soweit es in Wirksamkeit steht, durch Inkraftsetzung der Art. 55 ff. dieses Gesetzes, im übrigen gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates.

Die Erwartung, dass die Fälle aus der bürgerlichen Unfallversicherung das Gericht, jedenfalls für den Anfang, nicht stark belasten werden, erwies sich als richtig, indem im Jahre 191& erst 18 Streitigkeiten seiner Entscheidung unterbreitet wurden, deren Zahl im laufenden Jahre durch verhältnismässig wenig» neue Fälle vermehrt wurde. Während aber früher vorausgesehen war, dass die Weiterziehungen von Streitigkeiten aus der Militärversicherung das Gericht nur nebenbei in Anspruch nehmen werden, fanden diese schon bald eine ausserordentliche Ausdehnung. Das Gericht machte mit Eingabe vom 17. August 1918 den Bundesrat auf diese Tatsache aufmerksam. An einer Konferenz, die am 30. September unter Beiziehung des Präsidenten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt in Luzern zwischen Vertretern des Volkswirtschaftsdepartementes und des Gerichtes abgehalten wurde, gelangte man zum Schlüsse, dass vorläufig von einem Antrag auf Änderung der bestehenden Organisation abzusehen, dafür aber die vermehrte Inanspruchnahme von hierzu gewillten Richtern im Nebenamt zu ermöglichen sei, zu welchem Zwecke denn auch der Bundesrat seinen die Besoldung der Richter im Nebenamt neu ordnenden Beschluss vom 8. November 1918**; fasste.

Allein diese Massnahme vermochte nach den Mitteilungen des Versicherungsgerichtes eine für die Bewältigung seiner Geschäftslast genügende Verstärkung nicht herbeizuführen. In seinem Berichte an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung *) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXIH, S. 1095.

**) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXIV, S. 1146.

83Î

im Monat Dezember 1917 und im Jahre 1918 (vom 31. März 1919)*) bezeichnet das Gericht seine gegenwärtige Organisation als ungenügend. Sofort nach Erscheinen dieses Berichtes, auf dessen Inhalt der Kürze halber hier verwiesen wird, setzte sich ..das Volkswirtschaftsdepartement mit dem Gerichte in Verbindung, wobei dieses die Binreichung einer Eingabe an den Bundesrat ankündete, die denn auch, datiert vom 24. Mai 1919, dem Rateunterbreitet wurde und deren Inhalt als hier wiedergegeben gelten soll. Zur Beratung der in der Eingabe vorgeschlagenen Massnahmenberief das Volkswirtschaftsdepartement auf den 6. dies eine Konferenz, zu der Vertretungen des eidgenössischen Versicherungsgerichtes, der schweizerischen Unfallversicherungsanstalt in Djizern, des schweizerischen Militärdepartementes, des schweizerischen Justizdepartementes, sowie das Mitglied der ständerätlichen Kommission, das die Verhältnisse beim Gericht an Ort und Stelle untersucht hatte, eingeladen wurden. An dieser Konferenz wurde festgestellt, dass die Zustände einer Abhülfe dringend bedürfen..

Die Zahl der unerledigten hängigen Rekurse ist so gross und wächst von Monat zu Monat derart an, dass an ihre Aufarbeitung in absehbarer Zeit durch das Gericht in seiner gegenwärtigen nummerischen Zusammensetzung nicht zu denken ist. Aus dem Jahre 1918 sind 449 Fälle übergetragen worden, zu denen sich bis heute aus dem Jahre 1919 weitere über 700 gesellten, von denen allen nur der geringere Teil erledigt werden konnte.

Es bedarf keiner besonderen Begründung, dass diese Verhältnisse die Interessen der erkrankten und verunfallten Wehrmänner und ihrer Hinterlassenen, sowie das Ansehen der Militärversicherung: und schliesslich auch des Versicherungsgerichtes in einer Weise gefährden, die ein Eingreifen erfordert. Das Versicherungsgericbt schlug in einer Eingabe vor, unter Beibehaltung von vier Richtern im Nebenamt die Zahl seiner ständigen Mitglieder auf mindesten» fünf zu erhöhen und ausserdem zur raschen Aufarbeitung der Militärversicherungsrückstände die nötige Zahl der Richter ad hoe zu ernennen. Als weitere Massnahme wurde an der erwähnten.

Konferenz die Frage nach gewissen Reorganisationen des erstinstanzlichen Verfahrens angetönt. Diese letztere Frage ist an einer Konferenz vom 18. Juni bereits geprüft worden ; aber selbst, wenn sie mit Aussicht
auf Erfolg gelöst werden kann, so wird dies für sich allein die Belastung der Berufungsinstanz nicht genügend vermindern und namentlich die Notwendigkeit der Aufarbeitung der Rückstände nicht beseitigen. Was im übrigea *) Siehe Bundesbl. Nr. 17, Bd. II, 1919, S. 81.

·832 ·die Vorschläge des Versicherungsgerichtes betrifft, so konnten wir uns nicht dazu entschliessen, Ihnen jetzt schon eine Vorlage ·auf dauernde Änderung der Gerichtsorganisation durch Vermehrung der ständigen Richter zu unterbreiten. Denn die Frage nach dem Bestehen und dem Masse des dauernden Bedürfnisses erscheint uns heute noch nicht genügend abgeklärt. Es darf nämlich wohl angenommen werden, dass die gegenwärtige ausserordentliche Belastung des Gerichtes in der Hauptsache eine Folge der vergangenen starken Truppenaufgebote sowie der Grippeepidemie ist und deshalb zum grossen Teil wieder abflauen wird.

Die bisherige Inanspruchnahme des Gerichtes durch die bürgerliche Versicherung sodann lässt noch keine Schlüsse zu, die eine 'Verstärkung des Gerichtes für alle Zukunft als unabweisbar erscheinen lassen.

Jedenfalls würden wir heute in Verlegenheit sein, das Mass einer Vermehrung der ständigen Richter einigermassen zuverlässig zu begründen. Wir möchten es aber ebenso vermeiden, eine Vermehrung vorzuschlagen, die sich bald als ungenügend erweisen "würde, wie auch eine solche, die über das Notwendige hinausgehen könnte. Denn der in der Eingabe vorgeschlagene Weg, dem verstärkten und in der Folge wider Erwarten nicht voll beschäftigten Gerichte später neue Aufgaben als Füllarbeit zuzuweisen, erscheint uns nicht zweckmässig zu sein. Wir werden aber in Verbindung mit dem Versicherungsgericht die Frage der dauernden Verstärkung des Gerichtes weiter untersuchen und behalten uns vor, Ihnen später eine Vorlage auf Vermehrung der ständigen Richter zu unterbreiten. Was uns aber hauptsächlich bestimmt, die Lösung zurzeit nicht auf dem Wege einer dauernden Revision der Organisation des Versicherungsgerichtes zu suchen, ist die Erwägung, dass diese Revision und die gestützt auf sie vorzunehmende Wahl neuer Richter in der gegenwärtigen Session nicht mehr hätten durchgeführt werden können, dass aber die Abhülfe dringlich ist. Glaubten wir nach dem Gesagten, von der Einbringung einer endgültigen Vorlage noch während der gegenwärtigen Session absehen zu sollen, so schlössen wir uns ·anderseits der an der Konferenz zum Ausdruck gelangten Auffassung an, dass jedenfalls ungesäumt die zweite vom Gerichte vorgeschlagene Massnahme, die Ernennung von Richtern ad hoc, vorzunehmen sei. Wir erblickten hierin den raschesten
und einfachsten Weg, um die unabweisbar notwendige Aufarbeitung der Rückstände herbeizuführen. Wir waren denn auch schon im Begriff, einen bezüglichen Beschluss zu fassen und Ihnen zu unter-

833

breiten, als das Vereicherungsgericht in einer erneuten Eingabe vom 16. dies erklärte, dass ihm mit der Ernennung außerordentlicher Richter nicht gedient sei, wenn nicht gleichzeitig die dauernde Vermehrung der ständigen Richter vorgenommen werde.

Ganz eventuell und unter Vorbehalten regte das Gericht die Einsetzung einer besonderen Rekurskommission an, die unabhängig von ihm und ohne seine Verantwortung die oberinstanzliche Behandlung der Militärversicherungsfalle zu übernehmen haben würde.

Diese Stellungnahme des Gerichtes veraalasste uns zur erneuten Prüfung der Frage, und da es ausgeschlossen war, die vom Gericht verlangte definitive Vermehrung seiner ständigen Mitglieder sogleich herbeizuführen, fassten wir die Aufarbeitung der Ruckstände durch eine ausserordentliche eidgenössische Rekurskommission ins Auge, auf die bis auf weiteres die oberinstanzliche Rechtsprechung auf dem Gebiete der Militärversicherung au übertragen gewesen wäre. Immerhin gaben wir dem Gerichte Gelegenheit, sich zu dem bezüglichen Entwurfe unseres Beschlusses zu äussern. In einer Konferenz vom 21. dies mit einer Delegation des Gerichtes wurde neben der bereits erwähnten Einsetzung einer besonderen Rekurskommission noch eine andere sofort vollziehbare Lösung vorgeschlagen, die darin besteht, dass die etwas zeit- und kräfteraubende Behandlung durch die Fünferabteilung vorübergehend fallen gelassen und dass durch die Bei.ziehung der Richter im Nebenamt und einer Anzahl ausserordentlicher Richter die Schaffung einer grösseren Zahl von Einzelrichtern und von Dreierabteilungen ermöglicht wird, was es erlaubt, die Rechtsprechung in Militärversicherungssachen beim Versicherungsgerichte 'zu belassen und damit die Einheitlichkeit und die Kontinuität der Rechtsprechung. zu wahren. Das Gericht hat sich am 22. dies mit dieser Lösung einverstanden erklärt, worauf wir heute sofort einen bezüglichen Beschluss gefasst haben, um ihn noch während der gegenwärtigen Session Ihnen unterbreiten zu können.

Dieser Beschluss greift nur in wenigen Punkten in die bestehende Organisation des Versicherungsgerichtes ein ; sein Hauptgewicht liegt in der Schaffung ausserordentlicher Richterstellen.

Wir halten aber dafür, dass diese Massnahme zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Landes im Sinne von Abs. 2 der Ziffer l des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 unumgänglich notwendig war. Denn eine rasche und 'gerechte Behandlung der zahlreichen unerledigten Militärversicherungsfälle ist zweifellos

834

ein Gebot der Pflicht gegenüber dem Wehrrnann und seinen Hinterlassenen ; sie erhält das Vertrauen in die Fürsorge und die Rechtsprechung des Bundes und wahrt nicht zuletzt die Interessen des Fiskus.

Die unabweisbare Dringlichkeit der Massnahme erfüllt die für ihre Zulässigkeit erforderliche Voraussetzung der Wahrung der wirtschaftlichen Landesinteressen. Wir machen denn auch darauf aufmerksam, dass die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates in ihrem Bericht vom 21. Mai 1919 *) den Bundesrat dringend ersucht, die nötigen Massnahmen zu veranlassen, damit die Rückstände beim Versicherungsgericht mit Beförderung erledigt werden. Dabei nimmt die Kommission selbst die Ergreifung vorübergehender, also ausserordentlicher Massnahmen in Aussicht, indem sie schreibt: .,Man wird sich allerdings nicht leicht schon jetzt zu einer so starken, dauernden Vermehrung der Zahl der ständigen Mitglieder entschliessen, weil sich die Geschäftslast des Gerichts in normalen Zeiten noch gar nicht abschätzen lässt. .. Aus allen diesen Gründen erweist sich die gegenwärtige Geschäftslast in Militärversicherungssachen als eine vorübergehende und abnormale und die dauernde Organisation des Gerichtes wird nicht darauf zugeschnitten werden können. Welche organisatorischen Änderungen aber zur unbedingt erforderlichen Verstärkung des Gerichts zu treffen sein werden, ob man insbesondere eine dauernde Vermehrung der ständigen Mitglieder in Aussicht nehmen muss oder mit vorübergehenden Massnahmen zur Aufarbeitung der hängigen und noch zu erwartenden Streitfälle aus der Mobilisations- und Grippezeit auskommen kann, bedarf noch weiterer Prüfung. Auf alle Fälle muss aber rasch für Abhülfe gesorgt werden."

In diesen Ausführungen glauben wir bereits die Zustimmungder Kommission dazu erblicken zu dürfen, dass wir vorläufig die Verstärkung des Gerichtes auf dem Wege einer vorüber· gehenden, ausserordentlichen Massnahme herbeiführen. Denn da nach dem Gesagten eine sofortige dauernde Vermehrung des Gerichtes nicht möglich und nach der Auffassung der Kommission vielleicht auch gar nicht erforderlich ist, so blieb uns eben, soll dem Übelstande gesteuert werden, ein anderer Weg als derjenige der Notverordnung nicht offen. Wir beantragen Ihnen daher, zu entscheiden, es habe unser Beschluss weiter in Kraft zu treten und wir ersuchen Sie, das Geschäft wenn immer *) Bundeabi. 1919, Bd. III, S. 582 ff.

835

möglich noch in dieser Session zu behandeln, damit unser Beschluss nicht ohne Ihre vorgängige Genehmigung am 1. Juli in Kraft treten muss.

An der Konferenz vom 21. dies wurde für die jetzt gewählte Lösung in Aussicht genommen, dass die Wahl der ausserordentlichen Richter durch den Bundesrat zu erfolgen habe. Das Ver«icherungsgericht hat sich in seiner Zustimmungserklärung vom 22. dies damit einverstanden erklärt und sich lediglich das Recht der Anhörung ausgebeten. Wir sahen dann aber schliesslich davon ab, die Wahl für den Bundesrat in Anspruch zu nehmen und haben sie, als einen Akt ausserordentlicher interner Organisation, dem Gerichte selbst überlassen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 23. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

Beilage.

836 Beilage.

Bundesratsbeschluss betreffend

die vorübergehende Verstärkung des eidgenössischen Versicherungsgerichtes fUr die oberinstanzliche Behandlung von Streitigkeiten aus der Militärversicherung.

(Vom 23. Juni 1919.}

Der schweizerische

Bundesrat,

gestützt auf den zweiten Absatz von Ziffer I des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, beschliesst: Art. 1. Zum Zwecke seiner vorübergehend erforderlichen Verstärkung für die oberinstanzliche Rechtsprechung auf dem Gebiete der Militärversicherung wird das eidgenössische Versicherungsgericht ermächtigt, für die Dauer des Bedürfnissen, längstens aber bis 31. Dezember 1919, sechs bis acht außerordentliche Richter beizuziehen.

Art. 2. Die ausserordentlichen Richter werden durch das eidgenössische Versicherungsgericht auf eine von ihm für jeden Richter im Rahmen des Art. l zu bestimmende Amtsdauer ernannt; sie leisten das Gelübde vor dem Präsidenten des eidge-nössischen Versicherungsgerichtes.

Art. 3. Solange die Geschäftslast es erfordert, haben die ausserordentlichen Richter während wenigstens 20 Tagen auf den Monat ihre Tätigkeit ausschliesslich dem Gerichte zu widmen.

Art. 4. Der Präsident des Gerichtes kann die Teilnahme von ausserordentlichen Richtern an dem in Art. 22 des Bundesbeschlusses vom 28. März 1917 betreffend die Organisation und das Verfahren des eidgenössischen Versicherungsgeriohtes *) vorgesehenen Zusammentritt des Gesamtgerichtes verfügen.

*) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXIII, S. 517 und S. 1096.

83T

Art. 5. Die außerordentlichen Richter beziehen folgende Entschädigungen : a. ein Taggeld für den Arbeitstag von 40 Franken, wenn die Arbeit am Wohnort, b. ein solches von 60 Franken, wenn sie ausserhalb des Wohnortes verrichtet wird; c. bei Dienstreisen die Vergütung der Fahrtauslagen, mit Berechtigung auf die II. Eisenbahnklasse ; d. bei Aufenthalts Verlegung nach Luzern, oder in ändern ausserordentlichen Fällen, eine vom Bundesrate zu bestimmende Zulage.

Art. 6. Im übrigen finden auf die ausserordentlichen Richter die für die Richter im Nebenamt geltenden Bestimmungen desOrganisationsbeschlusses Anwendung.

Art. 7. Für die oberinstanzliche Beurteilung der Streitigkeiten, aus der Militärversicherung gelten während der Wirksamkeit diesesBeschlusses in teilweiser Abänderung und Ergänzung des Örganisationsbeschlusses folgende Bestimmungen : a, das Gericht kann die Spruchkompetenz des Einzelrichters-' sowie den Vorsitz einer Gerichtsabteilung und die durch die Art. 23, 129 u. 143 des Organisationsbeschlusses dem Präsidenten eingeräumten Befugnisse auch Richtern im Nebenamt oder ausserordentlichen Richtern übertragen; ö. alle Streitigkeiten, die nicht in die Spruchkompetenz des.

Einzelrichters fallen, werden durch Gerichtsabteilungen von drei Mitgliedern beurteilt; c. das Gerieht ist in der Zuteilung der Streitfälle an die Vorschrift des Art. 25, lit. b des Organisationsbeschlusses nicht gebunden ; d. als Ausnahme im Sinne von Art. 36, Abs. 2 des Organisationsbeschlusses gilt auch die Beiziehung von ausserordentlichen Richtern.

Art. 8. Dieser Beschluss tritt auf den 1. Juli 1919 in Kraft..

B e r n , den 23. Juni 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

-~3S»-<-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Revision des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1902 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten. (Vom 16. Juni 1919.)

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