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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs der Fräulein Maria Biallas, deutsche Staatsangehörige, in Walchwil, gegen den Entscheid des Bundesrates vom 7. März 1919 betreffend Verweigerung der Niederlassung im Kanton Zug.

(Vom 9. Mai 1919.)

Mit Entscheid vom 24. Oktober 1918 bestätigte der Regierungsrat des Kantons Zug eine Verfügung seiner Justizdirektion, durch welche der Fräulein Maria Biallas, von Dulln (Preussen), die sich seit einigen Jahren in Walchwil aufhält, die Niederlassung im Kanton Zug verweigert wurde. Den Rekurs der Maria Biallas gegen diesen Entscheid haben wir durch den hiernach abgedruckten Beschluss vom 7. März 1919 abgewiesen.

Rechtzeitig innert der Frist des Art. 192 OG, am 24. März 1919, hat Maria Biallas diesen Entscheid an die Bundesversammlung weitergezogen, mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Regierungsrat des Kantons Zug anzuweisen, der Rekurrentin die Niederlassung im Kanton zu gewähren.

Zur Begründung dieses Antrages verweist die Rekurrentin in erster Linie auf ihre Eingabe vom 19. Dezember 1918, mit der sie den Rekurs an den Bundesrat motiviert hatte, · und fügt im wesentlichen nur folgendes bei : Der Bundesrat übergehe in seinem Entscheid die Kernfrage, dahingehend, wie der Art. 2 des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages vom 13. November 1909 auszulegen sei. Diese in die Kompetenz des Bundesrates und der Bundesversammlung fallende Interpretationsfrage müsse in dem Sinne gelöst werden, wie es in der .Rekursschrift an den Bundesrat dargetan worden sei; Auslegungen, die ,,den Zeit-

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Strömungen entsprechen mögen,, aber dem Vertrage direkt zuwiderlaufen", seien unhaltbar. Die Verweigerung der Niederlassung im vorliegenden Falle verstosse gegen den Staatsvertrag.

Da die Rekurrentin keine materiellen Gründe vorbringt, um die Unrichtigkeit unseres Entscheides vom 7. März darzutun, sondern auf ihren Rekurs vom 19. Dezember 1918 gegen den regierungsrätlichen Entscheid verweist, die in jenem Rekurs vorgebrachten Argumente aber in unserem ßeschluss vom T.März bereits widerlegt worden sind, so können auch wir uns in der "Hauptsache mit dem Hinweis auf die Begründung dieses Beschlusses begnügen. Wir müssen jedoch der Behauptung der Rekurrentin entgegentreten, als hätten wir die Auslegung des Art. 2 des NiederlassungsVertrages umgangen und den Vertrag in einer bloss den Zeitströmungen entsprechenden, unrichtigen Weise angewendet.

Wir halten daran fest, dass es in erster Linie Sache der Kantone ist, die polizeilichen Gründe, aus denen nach Art. 2 des Staatsvertrages die Niederlassung verweigert oder entzogen werden kann, zu umgrenzen, der Bundesrat und die Bundesversammlung als Rekursbehörden aber sich darauf beschränken können, zu prüfen, ob in der Annahme solcher Gründe durch den Kanton keine Willkür liege. Diese Kompetenzausscheidung ist im Wesen des Rechtsmittels der staatsrechtlichen Beschwerde begründet.

Es kann nicht Aufgabe der Bundesbehörden sein, die polizeilichen Voraussetzungen der Niederlassung in den Kantonen zu umschreiben ; sie haben nur darüber zu wachen, dass der Staatsvertrag in dieser Hinsicht von den Kantonen nicht willkürlich angewendet wird.

Indem der Bundesrat im angefochtenen Entscheid dieses Verhältnis feststellte und zum Ausgangspunkt der Überprüfung des kantonalen Entscheides machte, hat er nicht, wie die Rekurrentin glaubt, die ,,Kernfrage" des Rekurses umgangen, sondern im Gegenteil den umstrittenen Art.. 2 des Niederlassungsvertrages durch Klarlegung seiner Bedeutung interpretiert, und zwar nicht ,,den Zeitströmungen entsprechend", sondern gemäss seiner ständigen Praxis in der Beurteilung von Niederlassungsrekursen.

Wir gestatten uns unter diesen Umständen, Ihnen ohne weitere materielle Erörterungen die Abweisung des Rekurses zu beantragen.

Zu Ihrer Orientierung fügen wir bei, dass wir, einem Gesuch der Rekurrentin teilweise entsprechend, durch
provisorische Verfügung vom 1. April die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses bis Ende Juni 1919 aufgeschoben haben, in der Meinung, die Bundesversammlung werde bis dahin über den Rekurs entschieden haben.

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Das im Entscheid vom 7. März erwähnte Aktenmaterial von Gerichts- und Betreibungsbehörden der Kantone Zürich und Zug, dem für die Entscheidung des Rekurses nur untergeordnete Bedeutung zukam, haben wir sofort nach Einsichtnahme auf Wunsch der Zuger Regierung an sie zurückgesandt, da es in hängenden Prozessen benötigt wurde.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 9. Mai 1919.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

216 Beilage,

Bundesratstoeschluss über

die Beschwerde der Fräulein Maria Biallas, deutsche Staatsangehörige, in Walchwil, gegen den Regierungsrat des Kantons Zug, wegen Verweigerung der Niederlassung. .

(Vom 7. März 1919.)

Der schweizerische B u n d e s r a t hat über die Beschwerde der Maria Biallas, von Dulln (Preussen), in Walchwil, gegen den Regierungsrat des Kantons Zug, wegen Verweigerung der Niederlassung, beschlossen:

I.

Im Juli 1917 hatte die Justizdirektion des Kantons Zug dem Friedrich Ferdinand Parplies, von Königsberg, der von Zürich nach Walchwil zog und daselbst in einer Villa Wohnung nahm, eine Niederlassungsbewilligung erteilt. Zu Parplies zog in der Folge die Beschwerdeführerin, Fräulein Maria Biallas, mit ihrer etwa zehnjährigen Tochter; sie gab sich als Haushälterin des Parplies aus und erhielt gestützt darauf eine Aufenthaltsbewilligung. Die Rekurrentin scheint alsdann ihrerseits einen Mietvertrag um die von Parplies bewohnte Villa abgeschlossen zu haben.

Die kantonale Justizdirektion machte den Einwohnerrat von Walchwil darauf aufmerksam, dass die Biallas, falls sie an jenem Ort eine Wohnung gemietet habe, einer Niederlassungsbewilligung anstatt einer blossen Aufenthaltsbewilligung bedürfe. In der Tat suchte die Rekurrentin um eine Niederlassungsbewilligung nach, allein sie wurde mit ihrem Gesuche von der Justizdirektion abgewiesen. Auf erhobene Beschwerde hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Zug diese Verfügung durch Beschluss vom 24. Oktober 1918.

Die Gründe, auf die der Entscheid des Regierungsrates sich stützt, lassen sich wie folgt zusammenfassen : Der schweizerisch-

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deutsche Niederlassungsvertrag vom 13. November 1909 gestattet in Art. 2 den Vertragsstaaten, aus polizeilichen Gründen Angehörigen des ändern Teils die Niederlassung zu untersagen. Diese Bestimmung sei gegen Maria Biallas anwendbar, da letztere einerseits mit Parplies im Konkubinat lebe, andererseits sich eines schwindelhaften Vorgehens gegenüber den Gläubigern des Parplies schuldig gemacht habe und fortgesetzt schuldig mache.

In Hinsicht auf den ersten Vorhalt führt der Regierungsrat aus, es sei festgestellt, dass Parplies und die Biallas am 17. März' 1916 wegen Konkubinates dem Statthalteramt Zürich verzeigt worden seien, da sie schon viele Jahre zusammenlebten und Parplies nach der eigenen Angabe der Biallas der Vater ihrer ausserehelichen Tochter sei. Parplies seinerseits habe dies allerdings in Zweifel gezogen und geltend gemacht, er leide stark an Zuckerkrankheit und könne deshalb keinen Verkehr mit der Biallas haben. Das Statthalteramt Zürich habe hierauf den Verzeigten gemäss § 123 des zürcherischen Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch befohlen, sich innert 14 Tagen zu trennen, unter Strafandrohung im Wiederholungsfälle. Der Zürcher Regierungsrat habe auf Beschwerde hin diese Verfügung ungeachtet eines von Parplies vorgelegten ärztlichen Zeugnisses, das einen Geschlechtsverkehr des Parplies als unwahrscheinlich bezeichnete, bestätigt.

In Walchwil nun lebten die beiden wiederum zusammen, und aus den Verhältnissen sei zu schliessen, dass das Konkubinat fortdauere.

Zur Begründung des zweiten Vorhaltes weist der Regierungsrat darauf hin, dass gegen Parplies zahlreiche Betreibungen eingeleitet worden und zum Teil noch hängig seien, die sowohl in Zürich wie im Kanton Zug zu betreibungsrechtlichen Beschwerden und Prozessen führten. Parplies habe in Zürich mehrere Liegenschaften erworben, jedoch auf den Namen der Biallas, diedann jeweilen den Gläubigern des Parplies gegenüber Eigentumsansprüche an den Objekten geltend gemacht und selbst Forderungen gegen Parplies erhoben habe, um an der erfolgten Pfändung teilzunehmen. Diese Machenschaften zielen lediglich auf eine Benachteiligung der Gläubiger hin ; sie haben denn auch, zur Folge gehabt, dass in Zürich gegen die Biallas eine Strafklage wegen falschen Zeugnisses und in Zug gegen Parplies und die Biallas eine Strafuntersuchung wegen Pfändungsbetruges eingeleitet worden sei.

II.

Gegen den Entscheid des Zuger Regierungsrates hat Rechtsanwalt Rüttimann in Zug rechtzeitig am 19. Dezember 1918

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namens der Maria Biallas beim Bundesrat staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben und der Regierungsrat zu verhalten, der Rekurrentin die Niederlassung irn Kanton Zug zu gewähren.

Die Rekurrentin bestreitet ein Konkubinatsverhältnis mit Parplies und macht geltend, in der Tatsache allein, dass Parplies, ein alter, kranker Mann, bei der Rekurrentin wohne, könne kein solches Verhältnis erblickt werden. Die Behörden seien, wie schon in Zürich, so auch in Zug falschen Denunziationen gefolgt.

Wenn Parplies und die Rekurrentin der Aufforderung des Zürcher Statthalteramtes zur Trennung nachgekommen seien, so liege darin nicht das Zugeständnis unerlaubter Beziehungen, sondern lediglich das Bestreben, den behördlichen Befehlen sich zu fügen.

Übrigens würden die Vorgänge in Zürich ohnehin für das spätere Verhalten im Kanton Zug keinen Beweis bilden. Schliesslich sei , nach dem Zuger Strafgesetz ein Konkubinat nur dann rechtswidrig, wenn dabei eine Schwängerung erfolge oder wissentlich ·öffentliches Ärgernis erregt werde, was beides nicht zutreffe.

Der Umstand sodann, dass die Rekurrentin in Prozesse verwickelt sei, berechtige nicht zur Verweigerung der Niederlassung.

Zwischen Parplies, seiner geschiedenen Frau und der Biallas bestehen komplizierte, selbst für die Beteiligten kaum zu' entwirrende Rechtsverhältnisse. Es habe sich als notwendig erwiesen, diese Rechtsverhältnisse durch Eigentums- und Pfandrechtsansprüche in den hängigen Betreibungen geltend zu machen und durch den Richter abklären und entscheiden zu lassen.

in.

Der Regierungsrat des Kantons Zug beantragt Abweisung des Rekurses. In bezug auf den ersten, im Entscheid vom 24. Oktober 1918 angeführten Grund macht er geltend, die Zürcher Behörde habe das Bestehen eines Konkubinates als erwiesen betrachtet, und Parplies sei in den Kanton Zug verzogen, um der Strafe im Kanton Zürich zu entgehen ; nur in Unkenntnis dieser Sachlage sei ihm in Zug die Niederlassung bewilligt worden. In Walchwil habe sich die Biallas zuerst als Haushälterin des Parplies, später dieser als Zimmerherr der erstem ausgegeben; aus zahlreichen Indizien ergebe sich aber unzweifelhaft das Fortbestehen eines Konkubinates, möge auch eine darauf gerichtete Untersuchung der Polizeidirektion in Ermangelung eines direkten Beweises und aus Unkenntnis der aus den Zürcher Akten nun ersichtlichen Tatsachen wieder fallen gelassen worden sein. Vollständig

219 ·unrichtig sei die Behauptung der Rekurrentin, das Konkubinat sei im Kanton Zug nur unter den von ihr angeführten Voraussetzungen rechtswidrig ; denn der § l des Zuger Strafgesetzes behalte neben den von ihm selbst mit Strafe bedrohten Handlungen ganz allgemein die blossen Polizeiübertretungen vor, und ·als solche werde das Konkubinat auch beim Fehlen jener besondern Tatbestandsmomente bestraft.

Der fernere Grund der Niederlassungsverweigerung liege nicht in der Verwicklung der Rekurrentin in Prozesse an sich, vielmehr in der Tatsache, dass sie, wahrscheinlich auf Veranlassung von Parplies, in diesen Prozessen wiederholt als Zeugin absichtlich unwahr -ausgesagt und sich eines verwerflichen Gebahrens schuldig gemacht habe. In Zürich sei sie 1915 wegen falschen Zeugnisses angeklagt und vom Schwurgericht zwar freigesprochen worden, jedoch ohne Entschädigung für ausgestandene Untersuchungshaft. In einem ändern Falle habe sie 'ihr falsches Zeugnis noch rechtzeitig widerrufen.
Zur Stütze dieser Darlegungen hat der Zuger Regierungsrat seiner Rekursantwort ein umfangreiches Aktenmaterial von Gerichts- und Betreibungsbehörden der Kantone Zürich und Zug beigelegt.

' IV.

Nach Art. 2 des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages vom 13. November 1909 kann deutschen Staatsangehörigen in der Schweiz die Niederlassung aus polizeilichen Gründen untersagt werden. Die materielle Umgrenzung dieser polizeilichen, insbesondere der sittenpolizeilichen Gründe fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Der Bundesrat hat in der Regel die gestützt auf diese Befugnis von den Kantonen getroffenen Massnahmen nur insoweit zu überprüfen, als das Vorhandensein solcher Gründe überhaupt in Abrede gestellt wird. Wie die Tatsachen im einzelnen zu würdigen sind, entscheidet der Bundesrat nicht, sofern wenigstens die Begründung der Massnahmen durch die Kantone sich in dieser Hinsicht nicht als geradezu willkürlich, dem Sinn des NiederlassungsVertrages offenbar zuwiderlaufend erweist (vgl.

Entscheid des Bundesrates vom 16. Juli 1918 in der Rekurssache Flötzer-Schäfer).

Unter diesem Gesichtspunkt sind auch im vorliegenden Falle die Gründe für die Verweigerung der Niederlassung zu betrachten, vorab der Vorhalt, dass die Rekurrentin in einem Konkubinats-

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Verhältnis mit Parplies lebe. Wenn die Rekurrentin geltend macht, das Konkubinat sei nach dem Strafgesetz des Kantons Zug nur unter bestimmten, vorliegend nicht erfüllten Voraussetzungen mit Strafe bedroht, so ist diese Argumentation von vornherein abzulehnen. Denn nicht darauf kommt es an, obihr Verhalten den Tatbestand eines nach dem kantonalen Strafgesetz verfolgbaren Deliktes ausmache, sondern lediglich darauf, ob es einen polizeilichen Grund im Sinne des Staatsvertrages bilden könne. Hierüber ist nun ein Zweifel nicht möglich; ein eheähnliches Zusammenleben unverheirateter Personen erscheint vom Standpunkt der Sittenpolizei verwerflich, auch wenn es im einzelnen Fall nicht strafbar ist. Zudem weist der Regierungsrat darauf hin, dass das Konkubinat im Kanton Zug auch beim Fehlen der besondern Merkmale, die es zu einem im Strafgesetz bedrohten Delikt machen, polizeilich geahndet werde. Ebensowenig ist die Behauptung der Rekurrentin von Belang, Parplies könne krankheitshalber mit ihr keinen Verkehr haben, da eben ein eheähnliches Zusammenleben sittenpolizeilich verpönt ist ohne Rücksicht darauf, ob nach dem materiellen Strafrecht das Feststehen eines Geschlechtsverkehrs zum Begriff des Konkubinates gehöre oder nicht.

Der Regierungsrat stützt nun die Annahme eines Konkubinatsverhältnisses der Biallas mit Parplies hauptsächlich auf die unbestrittene Tatsache, dass bereits in Zürich gegen die beiden eine Vorzeigung wegen Konkubinates erfolgt und eine behördliche Aufforderung zur Trennung ergangen war, der sie Folge geleistet hatten, um jedoch in Walchwil alsdann wieder eine gemeinsame Wohnung zu beziehen unter Umständen, die auf eine Fortsetzung des nämlichen Verhältnisses schliessen lassen.

Die Rekurrentin wendet demgegenüber ein, die frühern Vorgänge in Zürich können nicht in Betracht fallen und es fehle jedenfalls an einem Beweis für das Bestehen eines Konkubinates in Walchwil. Sie übersieht dabei, dass nicht die Aufhebung einer bereits bestehenden, sondern die Verweigerung einer erst zu begründenden Niederlassung in Frage steht und deshalb notwendig dem Verhalten der Rekurrentin am Orte ihrer frühern Niederlassung Bedeutung zukommen rnuss. Indem der Staatsvertrag gestattet, die Niederlassung nicht nur zu entziehen, sondern auch von vornherein zu untersagen, gibt er die Möglichkeit der Fernhaltung
von Personen, von denen nach ihrem Vorleben polizeilich Anstände zu befürchten sind ; wollte er diese Möglichkeit ausschliessen, so müsste er sich darauf beschränken, die Entziehung der einmal erfolgten Niederlassung gestützt auf dio

221 am Ort festgestellten Tatsachen zuzulassen. Diese Auslegung wäre aber angesichts des Wortlautes des Art. 2 ohne Zweifel zu eng. Der angefochtene Entscheid verstösst demnach nicht . .gegen Wortlaut und Sinn des Staatsvertrages, wenn er, um die Untersagung der Niederlassung zu motivieren, das Hauptgewicht auf die Führung der Rekurrentin an ihrem frühern Wohnort legt.

Und ebensowenig kann eine Willkür darin gefunden werden, -dass der Regierungsrat in jenem frühern Verhalten der Rekurrentin in Zürich, das zu polizeilichem Einschreiten Anlass gab, ein Indiz für die Erneuerung des gleichen Verhältnisses in Walchwil erblickt, mag es auch für die Zeit des Zusammenwohnens der Rekurrentin mit Parplies an diesem Orte am direkten Nachweis eines Konkubinates fehlen.

Hält somit der angefochtene Entscheid schon aus den dargelegten Gründen der Prüfung stand, so braucht auf den fernem Vorhalt schwindelhaften Vorgehens der Rekurrentin gegenüber den Gerichts- und Betreibungsbehörden nicht mehr eingehend eingetreten zu werden. Es verhält sich damit ähnlich wie mit dem bereits erörterten Beschwerdegrund. Dem vorgelegten Aktenmaterial ist zu entnehmen, dass die Rekurrentin wiederholt vor dem Gericht über die zwischen ihr und Parplies bestehenden vermögensrechtlichen Verhältnisse unwahre Aussagen machte, die sogar strafrechtliche Verfolgung nach sich zogen, ohne dass es indessen zu einer Verurteilung gekommen wäre. Die Vermutung drängt sich auf, dass die Rekurrentin im Einverständnis mit, Parplies durch unlautere Machenschaften dessen Gläubiger zu benachteiligen sucht. In der Tat scheint nun auch im Kanton Zug gegen sie ein Strafverfahren wegen Pfändungsbetruges eingeleitet worden zu sein. Auch in einem solchen Verhalten darf wohl ohne Willkür ein polizeilicher Grund zur Verweigerung ·der Niederlassung erblickt werden.

Aus diesen Gründen wird v er k annt: Die Beschwerde wird abgewiesen.

B e r n , den 7. März 1919. * Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ador.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

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