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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abschluß einer Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem Fürstenthum Liechtenstein über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausübung.

(Vom 25. Mai 1886.)

Tit.

Bei Anlaß der einschlägigen Vertragsunterhandlungen mit Oesterreich- Ungarn wurde von Herrn Minister Aepli in Wien die Frage aufgeworfen, ob nicht auch mit dem Fürstenthum Liechtenstein eine vertragliche Regelung der Ausübung der medizinischen Grenzpraxis angestrebt werden sollte.

Wir glaubten dieser Anregung Folge geben zu sollen und ermächtigten Herrn Aepli, bei der Hofkanzlei des in Wien residirenden Fürsten den Abschluß einer derartigen Uebereinkunft auf Grund der schweizerisch-deutschen Konvention vom 29. Februar 1884 (Amtl. Samml. n. F. VII, 446) in Antrag zu bringen. Dieser Weg war seiner Zeit bei der Negozirung des Niederlassungsvertrages mit dem Fürstenthum Liechtenstein (Bundesblatt 1874, III, S. 169) ebenfalls eingeschlagen worden.

Unser Vorschlag wurde mit der einzigen Modifikation angenommen, daß der fürstliche Bevollmächtigte die Streichung des in jenem Vertrage mit Deutschland enthaltenen Art. 2 proponirte.

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Wir konnten diesem Antrage um so eher beipflichten, als zu dessen Unterstützung geltend gemacht wurde, daß die dies- und jenseits der st. gallisch-liechtensteinischen Grenze wohnenden Aerzte in Ermanglung öffentlicher Apotheken auf die Ordination der Arzneimittel aus ihrer Privatapotheke geradezu a n g e w i e s e n seien.

Die hierauf am 1. Juli 1885 unter Vorbehalt der beiderseitigen Ratifikation in Wien unterzeichnete Uebereinkunft, welche wir Ihnen nachstehend zu unterbreiten uns beehren, ist somit, mutatis mutandis, dem schweizerisch - österreichischen Abkommen vom 29. Oktober vorigen Jahres vollständig gleichlautend, während diese beiden Verträge mit der entsprechenden schweizerisch-deutschen Konvention bis auf den Art. 2 der letztern übereinstimmen.

Indem wir Ihnen den mitfolgenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, versichern wir Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 25. Mai 1886.

Im Namen des Schweiz;. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Per Stellvertreter des eidg. Kanzlers: Schatzmann.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

die am 1. Juli 1885 mit dem FUrstenthum Liechtenstein abgeschlossene Uebereinkunft Über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur BerufsausUbung,

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) der am 1. Juli 1885 in Wien zwischen der Schweiz und dem Fürstenthuin Liechtenstein abgeschlossenen Uebereinkunft; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 25. Mai 1886, beschließt: 1. Die genannte Uebereinkunft wird in Form und Inhalt genehmigt.

2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Uebereinkunft zwischen

der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein Über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausübung.

(Abgeschlossen am 1. Juli 1885.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Durchlaucht der regierende FUrst Johann II. von und zu Liechtenstein, haben es für nützlich befunden, gegenseitig die in der Nähe der Grenze wohnhaften Aerzte, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit zu ermächtigen, und haben zum Zweck des Abschlusses einer diesfälligen Uebereinkunft zu Bevollmächtigten ernannt : Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft: seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Herrn A. 0. A e p l i , Seine Durchlaucht der regierende FUrst Johann II. von und zu Liechtenstein: seinen Justizrath den Hof- und Gerichtsadvokaten Herrn Dr. Hermann H a m p e , welche, auf Grund der ihnen ertheilten Vollmachten, über folgende Artikel übereingekommen sind :

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Artikel 1.

Die schweizerischen Aerate, Wundärzte, Thierärzle und Hebammen, welche in der Nähe der schweizerisch-liechtensteinischen Grenze wohnhaft sind, sollen das Recht haben, ihre Berufstätigkeit auch in dem Fürstenthum Liechtenstein in gleichem Maße, wie ihnen das in der Heimat gestattet ist, auszuüben, und umgekehrt sollen unter gleichen Be' dingungen die liechtensteinischen Aerate, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen zur Ausübung ihrer Berufsthätigkeit in den schweizerischen, in der Nähe der Grenze telegenen Orten befugt sein.

Artikel 2.

Die Personen, welche in Gemäßheit des Artikels l in den in der Nähe der schweizerischen Grenze, beziehungsweise im Fürstenthum Liechtenstein, belegenen Orten ihren Beruf ausüben, sollen nicht befugt sein, sich dort dauernd niederzulassen oder ein Domizil zu begründen, es sei denn» daß sie sich der in diesem Lande geltenden Gesetzgebung und namentlich nochmaliger Prüfung unterwerfen.

Artikel 3.

Es gilt als selbstverständlich, daß die Aerzte, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen eines der beiden Länder, wenn sie von der ihnen im Artikel l dieser Uebereinkunft zugestandenen Befugniß Gebrauch machen wollen, sich bei der Ausübung ihres Berufes in dem anderen Lande den dort in dieser Beziehung geltenden Gesetzen und Administrativvorschriften zu unterwerfen haben.

Artikel 4.

Die gegenwärtige Uebereinkunft soll zwanzig Tage nach beiderseits erfolgter Publikation derselben in Kraft treten, und sechs Monate nach etwa erfolgter Kündigung seitens

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einer der beiden Regierungen ihre Wirksamkeit verlieren.

Sie soll ratiflzirt und die Ratifikationen sollen sobald als möglich in Wien ausgewechselt werden.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieselbe unterzeichnet und ihr Siegel beigedrückt.

In zweifacher Ausfertigung vollzogen zu Wien, den 1. Juli 1885.

(L. S.) A. 0. Aepli.

(L. S.) Dr. Hampe.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abschluß einer Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem Fürstenthum Liechtenstein über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausübung. (...

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29.05.1886

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