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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung.

(Vom 4. Juni 1934.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung zu unterbreiten.

1. Internationale Verhältnisse.

Der Weltkrieg zeigte den Völkern deutlich, in welch erschreckender Weise die Entwicklung der Technik die Kampfmittel und deren Wirkungen zu beeinflussen vermag. Dies gilt namentlich für die Verwendung von erstickenden und giftigen Gasen oder Flüssigkeiten, von denen die Kriegführenden in zunehmendem Masse Gebrauch machten.

Die Friedensverträge, die den Weltkrieg beendigten, versuchten eine Lösung zu geben, nach der in Zukunft der Gaskrieg vermieden werden sollte.

Sie stellten allerdings kein allgemeines vertragliches Verbot auf, gingen aber davon aus, dass der Gaskrieg völkerrechtlich bereits untersagt sei. In diesem Sinne bestimmte Art. 171, Abs. l und 2, des VersaillerVertrages : «Mit Rücksicht darauf, dass der Gebrauch von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von allen entsprechenden Flüssigkeiten, Stoffen oder Verfahrensarten verboten ist, wird ihre Herstellung in Deutschland und ihre Einfuhr streng untersagt.

Dasselbe gilt für alles Material, das eigens für die Herstellung, die Aufbewahrung oder den Gebrauch der genannten Erzeugnisse oder Verfahrensarten bestimmt ist.» Die Bestrebungen zur Bekämpfung des Gaskrieges führten am 17. Juni 1925 zur Unterzeichnung des sogenannten Genfer-Protokolles über das Verbot

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der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologiscben Mitteln im Kriege. Die Bedeutung und die rechtliche Tragweite dieses Protokolles haben wir Ihnen mit unserer Botschaft vom 4. Dezember 1981 (Bundesbl. 1931, Bd. II, S. 777) dargelegt. Wir mussten damals schön feststellen, class das Verbot kein absolutes ist. und dass übrigens eine Eeihe von Staaten ihre Zustimmung an Vorbehalte geknüpft hat. Allgemein gilt, dass das.

Protokoll jeden Staat nur gegenüber, solchen andern Staaten verpflichtet, die dasselbe gleichfalls ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind, und dass bei Verletzungen des Verbotes der hiervon betroffene Staat gegenüber dem Verletzer freie Hand erhält. Ferner muss hervorgehoben werden, dass sich das Protokoll -- im Gegensatz zu der zitierten Bestimmung des Versailler-Vertrages -- nicht auf die Herstellung, Einfuhr und Aufbewahrung sowie auch nicht auf die Verwendung «u andern als kriegerischen Zwecken erstreckt.

Die Mängel der im Genfer-Protokoll enthaltenen Eegelung kamen bereits an der XII. Internationalen Konferenz des Eoten Kreuzes zur Sprache, die im Oktober 1925 in Genf stattfand. In einer Resolution dieser Konferenz wurde zwar das Protokoll vom 17. Juni 1925 begrüsst, aber im. Hinblick auf die unvollständige Fassung des Verbotes wörtlich beigefügt : «Für den Fall, dass dieses Verbot verletzt würde, erachtet es die Konferenz als Pflicht des Eoten Kreuzes, schon im Frieden in Verbindung mit den zivilen und militärischen Behörden die Mittel zu suchen, um sein Personal, die kriegführenden Armeen, und ganz besonders die Zivilbevölkerungen gegen die Wirkungen des chemischen Krieges zu schützen.» Gleichzeitig -wurde das Internationale Komitee des Boten Kreuzes beauftragt, sich im Einvernehmen mit den nationalen Vereinen mit der Verwirklichung der Schutzbcstrebungen zu befassen. Zu diesem Zwecke fand im Januar 1928 die Sitzung einer Internationalen Sachverständigen-Kommission für den Schutz der Zivilbevölkerungen gegen den chemischen Krieg in Brüssel statt.

Die Kommission arbeitete eingehende Grundsätze aus, die sowohl den Kollektiv- als den Einzelschutz wie auch organisatorische Massnahmen zum Gegenstände hatten.

Die XIII. Internationale Konferenz des Eoten Kreuzes, die im Oktober 1928 im Haag stattfand, genehmigte die Vorschläge der
Expertenkommission und richtete an die Eegierungen und nationalen Eotkreuz-Vereine namentlich den Wunsch, besondere nationale Kommissionen für den Schutz der Zivilbevölkerung gegen den chemischen Krieg einzusetzen. .

Die XIV. Internationale Konferenz des Eoten Kreuzes, die im Oktober 1930 in Brüssel abgehalten wurde, bestätigte die frühem Erklärungen über den Gaskrieg. Sie bezeichnete es als gebieterische Pflicht der nationalen Organisationen des Eoten Kreuzes, «alle zweckdienlichen Massnahmen für den passiven Schutz der Zivilbevölkerung gegen die Gefahren des Krieges zu treffen, handle es £Ìch um den chemischen Krieg allein oder urn den mit andern Angriff smitteln verbundenen chemischen Krieg». In der gleichen Eesolution wurde

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verlangt, däss nötigenfalls behördliche Massnahraen herbeigeführt werden sollten.

Kurz nach dem Zusammentritte der allgemeinen Abrüstungskonferenz, nämlich am 18. Februar 1932. unterbreitete das Internationale Komitee des Koten Kreuzes seine Vorarbeiten den Mitgliedern der Konferenz. In dieser Eingabe wurde erklärt : «Das Internationale Komitee des Boten Kreuzes bleibt sicherlich von der unbedingten Notwendigkeit überzeugt, den Krieg durch die friedliche Erledigung zwischenstaatlicher Streitigkeiten zu ersetzen, aber, solange die Möglichkeit einer Anrufung der Waffen nicht völlig beseitigt ist, hat das Komitee die Pflicht, an alle Opfer des Krieges zu denken. Wenn es sich heute auf die ihm erteilten Aufträge beschränkt und sich auf den humanitären Standpunkt stellt, der es in allen seinen Bestrebungen leitet, hält das Internationale Komitee dafür, dass die einzige Art, um die Zivilbevölkerungen vor gewissen besonders schweren Gefahren zu verschonen, die durch den Kriegszustand geschaffen werden, das vorbehaltslose Verbot des Bombardements aus der Luft und des chemischen und bakteriologischen Krieges ist.» Dieser dringliche Appell erging zweifellos in erster Linie deshalb, weil der amtliche Entwurf für ein Abrüstungsabkommen, der die Grundlage für die Arbeiten der Konl'erenz bilden sollte, in Art. 39 nur bakteriologische Kriegsmittel absolut verbieten wollte. Dagegen enthielt er für giftige Gase und Flüssigkeiten wiederum den Vorbehalt der Gegenseitigkeit und erwähnte deren Herstellung, Aufbewahrung und Verwendung im Frieden überhaupt nicht.

Eine solche Ordnung musste immer wieder die schweren Bedenken erwecken, denen die Internationale Kommission des Boten Kreuzes Ausdruck verliehen hatte. Solange kein absolutes Verbot besteht, sondern die Bereitstellung von giftigen Gasen und ähnlichen Mitteln zulässig ist -- geschähe sie zunächst auch nur in der Absicht, nötigenfalls für Gegemnassnahmen gerüstet zu sein ·--, solange wird jeder künftige Krieg aller Wahrscheinlichkeit nach zu der Verwendung chemischer Kampfstoffe führen.

2. Vorbereitende Massnahmen in der Schweiz.

Mit Bundesratsbeschluss vom 16. Oktober 1928 wurde eine Kommission von neun Mitgliedern ernannt, die in ihrer Zusammensetzung den vom Internationalen Boten Kreuze aufgestellten Vorschlägen entspricht. Diese Kommission ist insofern
eine «gemischte», als vier Mitglieder auf Vorschlag des Schweizerischen Boten Kreuzes, die übrigen unmittelbar vom Bundesrate gewählt werden.

Auf Grund der ersten Vorarbeiten der gemischten Kommission beschloss der Bundesrat im Juli 1931 die Einberufung einer Landeskonferenz. Diese Konferenz, an der Vertreter eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Behörden sowie solche von privaten Organisationen verschiedener Art, in der

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Zahl von insgesamt 174, teilnahmen, fand am 9. November 1981. statt. Sie beschloss mit grossem Mehr eine ^Resolution, in welcher der Bundesrat ersucht wurde, die Arbeit zum Schlitze der Zivilbevölkerung gegen den chemischen Krieg fortzusetzen. Insbesondere wurden organisatorische Massnahmen gewünscht, und unter diesen wurde ausdrücklich die Schaffung einer zentralen Stelle genannt, die sich mit dem eingehenden Studium des ganzen Fragenkomplexes befassen sollte.

Die Verwirklichung der von der Landeskonferenz ausgesprochenen Wünsche verzögerte sich aus verschiedenen Gründen. In erster Linie sollten die vorläufigen Ergebnisse der allgemeinen Abrüstungskonferenz abgewartet werden, die am 2. Februar 1982 begann. Wäre ein absolutes Verbot des Gaskrieges angenommen worden, so hätten sich umfangreiche und kostspielige Massnahmen vermeiden lassen. Entsprechend dem schleppenden Verlaufe der Abrüstungskonferenz ging es längere Zeit, bis sich erkennen liess, dass auf dem Gebiete des chemischen Krieges keine Beschlüsse zu gewärtigen seien, die über das Genfer-Protokoll vom 17. Juni 1925 hinausgehen würden.

Zu dieser wesentlichen Verzögerung, deren Ursprung in den internationalen Verhaltnissen lag, kamen Gründe interner Art. Einerseits traten Veränderungen im personellen Bestand der Kommission ein, andrerseits waren administrative Fragen abzuklären.

Durch Bundesratsbeschluss vom 13. März 1988 wurde die Kommission neu bestellt. Sie traf nun ungesäumt die erforderlichen Massnahmen, um die von der Landeskonferenz gewünschte ständige Studienstelle ins Leben zu rufen.

Der Leiter derselben konnte seine Tätigkeit am 1. Juni 1933 aufnehmen. Er musste sich zunächst in sein Amt einarbeiten und dasselbe organisieren. Die erforderlichen praktischen Kenntnisse erwarb er sich in verschiedenen Kursen, und Studienreisen ins Ausland boten ihm Gelegenheit, sich über die dort getroffenen und geplanten Massnahmen zu orientieren.

Nachdem die dringlichsten Vorarbeiten geleistet waren, hielt es die Kommission, die von nun an kurz «Eidgenössische Gasschutzkommission» genannt wird, für unerlässlich, mit den Kantonen in Beziehung zu treten. Eine auf den 5. Dezember 1933 nach Bern einberufene Konferenz diente der vorläufigen Fühlungnahme.

Im Anschluss an die Konferenz begab sich der Leiter der GasschutzStudienstelle in die sämtlichen
Kantone, um dort mit den Behörden die Grundlagen und Möglichkeiten der Massnahmen zu besprechen. Von den Kantonen wurden schriftliche Berichte eingefordert, die in ihrer grossen Mehrzahl .bis Ende Februar 1934 eintrafen.

3. Massnahmen des Auslandes.

Die Gefahren, die in einem künftigen Kriege den Zivilbevölkerungen drohen, wurden im Auslande längst beachtet. Die meisten Staaten haben Schutzmassnahmen vorgesehen und sind in der letzten Zeit immer entschiedener zur Ausführung derselben übergegangen.

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In grossem Umfange wurde der Gedanke des zivilen Luftschutzes zuerst in Eussland verwirklicht. Eine besondere Organisation, genannt «OsoAviachim», die rund 13 Millionen Mitglieder zählen soll und die amtlichen Charakter hat, hefasst sich mit der Vorbereitung und Durchführung aller zweckdienlichen Massnahmen. So wurden beispielsweise Übungen abgehalten, die das Volk an die Gefahren des Luftkrieges gewöhnen sollen, und in den Mittelund Volksschulen wird der Gebrauch von Gasmasken systematisch gelehrt.

Auch in Polen wurde schon längst eine grosse Organisation geschaffen.

Zu ihrem Aufgabenkreis gehört die Erteilung von Kursen, in denen Instruktoren für Gasschutz herangebildet werden. Es sollen heute rund 6000 Instruktoren ausgebildet sein. Im ganzen Lande werden Massnahmen getroffen, um die Bevölkerung aufzuklären und mit dem Verhalten bei Gasgefahr vertraut zu machen.

In Frankreich ist gegenwärtig eine Instruktion vom 25. November 1931 massgebend, durch die alle Einzelheiten des Luftschutzes geregelt werden.

Die «Défense contre Avions» (DCA) befasst sich unter anderem mit der Ausbildung der Fachleute für den zivilen Luftschutz, dem Bau gassicherer Unterstände, der Aufklärung der Bevölkerung sowie auch der Verlegung eines Teils der Industrie und der Evakuation eines Teiles der Zivilbevölkerung in das weniger gefährdete Hinterland.

In Italien wurde 1930 die Bildung einer besonderen territorialen Luftschutzmiliz angeordnet. Seither sind zahlreiche Ausführungserlasse ergangen, beispielsweise über die Anlage von gassichern Bäumen und über die Herstellung, den Verkauf und die Abgabe von Gasmasken.

Dem Deutschen Eeiche wurden durch den Versailler-Vertrag Luftstreitkräfte verboten. Es leuchtet ein, dass gerade deshalb die Massnahmen des passiven Luftschutzes um so mehr Förderung fanden. Die Organisation desselben ist dem Luftfahrtsministerium unterstellt. Die Aufklärung der Bevölkerung und die Unterstützung der Massnahmen liegt dem im April 1933 gegründeten Eeichsluftschutzbund ob, der rund 200 Ortsgruppen errichtet hat und nun bereits über 2 Millionen Mitglieder zählt. In zahlreichen deutschen Städten gibt es Schulen für Luftschutzführer und ständige Ausstellungen über Luftschutz. An den Hochschulen werden Vorlesungen über Luftkrieg und Luftschutz gehalten. Medizinstudenten und Tierärzte werden
theoretisch und praktisch im Gasschutz ausgebildet. Das Eeich unterstützt, abgesehen von eigenen Massnahmen, Um- und Ausbauten zum Zwecke des zivilen Luftschutzes durch namhafte Beiträge. Für eigentliche Luftschutzmassnahmen sind im Voranschlag des Eeiches für 1984 50 Millionen Mark eingesetzt. Schon jetzt ist die Organisation weit fortgeschritten, namentlich auch in den industriellen Betrieben.

Es würde zu weit führen, auf die Massnahmen anderer Länder einzugehen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass überall dem Luftschutze der Zivilbevölkerung vermehrte Beachtung geschenkt wird und dass die Durchführung desselben im Gange ist. In mancher Hinsicht wird dies durchaus nicht ver-

388 hehlt, sondern die Tagespresse wirbt um das Interesse der Bevölkerung und unterrichtet fortlaufend über die getroffenen und geplanten Massnahmen.

4. Die Vorschläge der Eidgenössischen Gasschutzkommission.

Die erwähnte Konferenz der Eidgenössischen Gasschutzkommission mit den kantonalen Behörden, die am 5.. Dezember 1983 stattfand, und die seither eingegangenen Berichte der Kantone ergaben ein einheitliches Bild darüber, was als notwendig erachtet wird. In erster Linie ist festzustellen, dass beinahe allen Kantonen rechtliche G-rundlagen fehlen, die ihnen ein selbständiges Vorgehen, ermöglichen würden. Schon deshalb ist eine Begelung von Bundes wegen unerlässlicb. Ausscrdem wurde von den Kantonen darauf hingewiesen, dass ein einheitliches Vorgehen auch aus rein sachlichen Gründen zu empfehlen sei, da die meisten Vorkehrungen überall zweckmässig in gleicher Weise zu treffen sind. Besonders hervorzuheben ist. dass Bedenken föderalistischer Art gegen eine Eegelung durch den Bund überhaupt nicht geltend gemacht wurden. In finanzieller Hinsicht ergab sich aus den Ausserungen der Kantone, dass vom Bunde gewisse Leistungen erwartet werden. Namentlich wurde betont, dass der passive Luftschutz der Bevölkerung mit den militärischen Massnahmen des Bundes verknüpft seien. Gleichzeitig wurde aber auch anerkannt, dass es grundsätzlich Sache der kantonalen und lokalen Behörden ist, sich mit dem Schütze der Bevölkerung zu befassen.

Die Eidgenössische Gasschutzkommission hat dem Eidgenössischen Militärdepartement zuhanden des Bundesrates mit Eingabe vom 26. April 1934 das Ergebnis ihrer Arbeiten unterbreitet. Sowohl diese Eingabe als die darin erwähnten unterlagen liegen bei den Akten. Die Eidgenössische Gasschutzkommission hat insbesondere zwei ausgearbeitete Entwürfe vorgelegt, von denen der eine den Erlass eines Bundesbeschlusses betrifft, während der andere im Sinne eines amtlichen Programms die Grundlagen für den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung enthält. Wir nehmen im folgenden auf die Darlegungen der Eidgenössischen Gasschutzkonimission Bezug.

5. Bundesrechtliche Grundlagen.

Schon die Beschlüsse der Landeskonferenz von 1931 haben deutlich ergeben, dass Massnahmen zum Schütze der Zivilbevölkerung getroffen werden müssen. Leider hat die Entwicklung der internationalen Verhältnisse, namentlich
auch der Verlauf der Abrüstungskonferenz gezeigt, dass ein allgemeines und absolutes Verbot des chemischen Krieges heute bedeutend unwahrscheinlicher ist, als es nach den Erfahrungen des Weltkrieges hätte erhofft werden dürfen.

Die Mahnungen des Internationalen Boten Kreuzes, den Schutz der Zivilbevölkerung gegen einen künftigen Luftkrieg nicht zu vernachlässigen, tönen heute eindringlicher als je zuvor.

Die grundsätzliche Frage, ob für den Schutz der Zivilbevölkerung in künftigen Kriegen jetzt schon Massnahmen getroffen werden sollen, muss

389 nach unserer Überzeugung entschieden bejaht werden. Es wäre unverantwortlich, wenn wir uns dem Ernst der Lage und den Möglichkeiten, die mit kriegerischen Auseinandersetzungen eintreten können, verschh'essen .wollten.

Sollte die Schweiz trotz ihres unerschütterlichen Willens zur Neutralität in einen Krieg verwickelt werden, so kann es keinem Zweifel unterhegen, dass die Zivilbevölkerung infolge der Art der modernen Kampfmittel schwer in Mitleidenschaft gezogen würde.

Wenn wir zum Schlüsse kommen, dass Massnahmen unerlässlioh sind, so setzen wir uns damit nicht etwa in Widerspruch zu unserer Neutralitätspolitik. Im Gegenteil, in künftigen Kriegen wird nur derjenige Staat seine Neutralität unter allen Umständen wahren können, der nicht hloss für die Kampftüchtigkeit der Armee sorgt, sondern auch den Schutz der Bevölkerung organisiert und durchführt. Mehr als je zuvor wird im modernen Kriege die Kampffähigkeit der Armee davon abhängen, dass die Arbeit hinter der Front möglichst ungestört geleistet werden kann. Dazu bedarf es aber vor allem ·wirksamer Schutzmittel für die Bevölkerung. Diese Überlegungen gelten auch für ein Land, das neutral bleiben will. Seme Armee wird nur dann die Inspektierung der Neutralität bewirken, wenn, neben ihrer eigenen Tüchtigkeit, die Bevölkerung auf alle Möglichkeiten vorbereitet und entschlossen ist, ihnen Stand zu halten.

Besonders notwendig sind Massnahmen in Ländern von geringer geographischer Tiefe. Solche Länder besitzen keine Teile, die wegen der Entfernung von der Grenze der Einwirkung feindlicher Flieger unzugänglich wären. In dieser Situation befindet sich unser Land, beträgt doch sein grösster Durchmesser rund 300 km, eine Entfernung, die von modernen Luftfahrzeugen in kurzer Zeit durchflogen werden kann.

Bejaht man mit uns die Notwendigkeit von Massnahmen, so wird man gleichzeitig zum Schlüsse gelangen, dass sie nur vom Bunde wirksam getroffen werden können. Wohl ist die intensive Mitarbeit der kantonalen und Gemeindebehörden für die Ausführung der Massnahmen unentbehrlich, doch sind diese unbedingt einheitlich und gleichmässig für das ganze Land vorzusehen.

Darüber, welche Massnahmen in Frage kommen, geben die von der Eidgenössischen Gasschutzkommission ausgearbeiteten, bei den Akten liegenden «Grundlagen für den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung»
Auskunft.

Sie setzen eine bundesrechtliche Grundlage Voraus.

In Übereinstimmung mit den Vorschlägen der Eidgenössischen Gasschutz.kommission gelangen wir zum Schlüsse, dass die bundesrechtliche Grundlage durch einen Bundesbeschluss geschaffen werden muss. Die Bundesverfassung bietet schon in Art. 2 eine allgemeine Basis dafür, dass sich der Bund mit der Aufgabe des Luftschutzes der Zivilbevölkerung befassen kann. Besonders ist aber auf Art. 85 hinzuweisen, wonach die Bundesversammlung unter anderem Massregeln für die äussere Sicherheit und für die innere Sicherheit der Schweiz zu treffen befugt ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Luftschutz der Zivilbevölkerung vor allem mit der äussern, in gewissem Umfange aber Bundesblatt. 86. Jahrg. Bd. II.

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auch mit der Innern Sicherheit des Landes in engstem Zusammenhange steht.

BloBS der Vollständigkeit halber möchten wir feststellen, dass -wir den Erlass einer neuen Verfassungsbestimmung, durch die dem Bunde noch ganz ausdrücklich das Eecht der Gesetzgebung im Gebiete des Luftschutzes erteilt würde, als überflüssig erachten. Die zu treffenden Massnahmen hängen so eng mit der Landesverteidigung zusammen, dass schon aus diesem Grunde die Kompetenz des Bundes unbedingt zu bejahen ist. Dass die Zuständigkeit der Kantone nicht in Präge kommt und von diesen auch gar nicht beansprucht ·wird, ergibt sich bereits aus ihrer oben erwähnten Stellungnahme.

6. Der Inhalt des Bundesbeschlusses.

Der Entwurf für einen «Bundesbeschluss betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung» geht davon aus, dass das zu behandelnde Sachgebiet neu und eigenartig ist. Zu einer umfangreichen gesetzlichen Eegelung eignet es sich infolgedessen nicht. Wollte man auch nur die wichtigsten Bestimmungen über die verschiedenen in Frage kommenden Sachbereiche durch die Bundesversammlung selbst beschliessen lassen, so brächte dies nicht nur bedenkliche Verzögerungen mit sich, sondern es bestände auch die Gefahr, dass in kürzester Zeit Änderungen nötig würden. Wir schlagen deshalb einen so knapp als möglich gefassten Text vor. Die weitem Bestimmungen müssen durch bundesrätliche Verordnungen gegeben werden. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Falle die Materie selbst eine solche Art des Vorgehens verlangt, ist festzustellen, dass damit auch sonst kein völlig neuer Weg beschritten wird. Es ist auf andern Gebieten, in denen technische Fragen eine grosse Eolle spielen, schon ähnlich vorgegangen worden, so beispielsweise in der eidgenössischen Lebensmittelpolizei- Gesetzgebung.

In Art. l des Entwurfes wird bestimmt, dass der Bund für die Vorbereitung und Durchführung geeigneter Massnahmen zum Schütze der Zivilbevölkerung gegen chemische und ähnliche Kampfmittel sorgt. Darin liegt der Begriff des «passiven Luftschutzes», der neben die militärische Abwehr, den «aktiven Luftschutz» tritt. Kantone, Gemeinden sowie Betriebe von besonderer Bedeutung sind verpflichtet, die Vorschriften und Weisungen der Bundesbehörden zu befolgen.

Die wichtigsten Obliegenheiten des Bundes werden in Art. 2 des Entwurfes aufgezählt. Sie bestehen in folgendem: a.

b.

c.

d.

die Oberleitung des passiven Luftschutzes; der Erlass einheitlicher Vorschriften; die Instruktion des höhern Personals; die Überwachung der Herstellung und der Einfuhr von Luftschutzmaterial aller Art; e. die Überprüfung der in den Kantonen zu treffenden Massnahmen.

Art. S des Entwurfes enthält die Ermächtigung des Bundesrates. Er hat die für den passiven Luftschutz erforderlichen Vorschriften auf dem Verord-

391 nungswege aufzustellen. Gemäße Ziff. 11 der «Grundlagen» sind bundesrätliche Verordnungen insbesondere über nachstehende Gegenstände zu erlassen: a. Grundzüge der Organisation des passiven Luftschutzes in den Kantonen, Gemeinden sowie in Betrieben von besonderer Bedeutung; b. Alarmdienst, Verdunkelung, Tarnung; c. Einrichtung und Benützung von Schutzräumen; d. andere Schutzmassnahmen ; e. Sanitätsdienst; /. Instruktionswesen.

Gemäss Art, 4 hat jeder Kanton den passiven Luftschutz in seinem Gebiete entsprechend den eidgenössischen Vorschriften zu organisieren und für die Durchführung der Massnahmen lokaler Art zu sorgen. Die Kosten des passiven Luftschutzes sind grundsätzlich von den Kantonen und Gemeinden zu tragen.

In welchem Verhältnis sie sich daran zu beteiligen haben, bleibt der Festsetzung durch jeden Kanton vorbehalten.

In Art. 5 des Entwurfes werden die finanziellen Leistungen des Bundes umschrieben. Sie beziehen sich auf folgende Punkte: a. die Kosten des Schutzes seines eigenen Personals sowie seiner Objekte; b. die Kosten der Eidgenössischen Gasschutzkonunission und der Eidgenössischen Gasschutz-Studienstelle; c. die Kosten für die Instruktion des höhern Personals ; d. die Abgabe von Gagschutzgeräten für das Personal des lokalen Luftschutzes zu verbilligten Preisen; e. Beiträge an die Kosten kantonaler Instruktionskurse.

Nach Art. 6 des Entwurfes ist dem Bundesrate ein Kredit von Fr. 840,000 zu bewilligen. Dieser Betrag beruht auf eingehenden Erhebungen des Leiters der Gasschutz-Studienstelle, die von den einschlägigen Verwaltungsabteilungen überprüft worden sind. Die Berechnung der einzelnen Posten ergibt sich aus den bei den Akten liegenden Unterlagen.

Wie in Art. 6 selbst deutlich gesagt wird, handelt es sich um die Deckung der Kosten «für die Vorbereitung -und Einführung des passiven Luftschutzes».

Es sind diejenigen Beträge, die für die Instruktion und Ausstattung des unbedingt erforderlichen Personals vom Bunde zur Verfügung gestellt werden müssen. Sie entsprechen den finanziellen Leistungen, die in Art. 5 des Entwurfes unter lit. c, d und e umschrieben werden. Hierfür kommt eine einmalige Auslage in Betracht, und es hat demgemäss der zu bewilligende Kredit diesen Charakter, nicht etwa denjenigen wiederkehrender Leistungen. Solche mögen zu andern Zwecken des passiven
Luftschutzes später nötig werden, bilden aber nicht den Gegenstand unserer jetzigen Vorschläge.

Der Kredit, um dessen Bewilligung wir nachsuchen, beschränkt sich auf das unbedingt Notwendige. Ohne ihn sind wirksame Massnahmen ausgè-

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schlössen. Blosse Bichtlinìen auszuarbeiten oder eine Organisation lediglich auf dem Papier vorzusehen, wäre nach unserer vollendeten Überzeugung nicht nur praktisch wertlos, sondern gleichzeitig eine höchst gefährliche Selbsttäuschung, die im Ernstfälle zu Panik und Katastrophe führen würde. Ohne die in Aussicht genommene tatsächlich vorhandene und verwendungsbereite Organisation wären alle andern Vorbereitungen sinnlos.

Sind mit dem vorgeschlagenen Bundesbeschlusse einerseits die unerlässh'chen rechtlichen Grundlagen geschaffen, andererseits die Mittel für die Vorbereitung und Einführung bereitgestellt, so wird durch eine Eeihe von Verordnungen in verhältnismässig kurzer Zeit der Luftschutz nach den wichtigsten Eichtungen hin ausgebaut werden können. Die Massnahmen, die vorgesehen werden müssen, sollen sich grundsätzlich auf alle folgen des Luftkrieges erstrecken. Neben der Einwirkung eigentlicher Gasbomben soll auch diejenige von Brand- und Brisanzbomben erfasst werden. Auch der Schutz gegen die Einwirkung weittragender Geschütze wird nach Möglichkeit einbezogen werden müssen. Aus diesen Gründen ist im Bundesbeschluss der Ausdruck «Luftschutz» an Stelle des bisher meist gebrauchten engern Begriffes «Gasschutz» verwendet worden.

Die Frage, bis zu welchem Masse sich in einem künftigen Kriege wirksame Vorkehrungen zum Schütze der Zivilbevölkerung treffen lassen, haben wir hier nicht im einzelnen zu erörtern. Bine schlechthin zutreffende Beantwortung der Frage wäre übrigens gar nicht möglich, da sie stets von den lokalen Verhältnissen, dem Umfange und der Stärke der Angriffs- und Verteidigungsmittel, sowie vom jeweiligen Stande der Technik abhängt. Mit aller Bestimmtheit darf aber gesagt werden, dass der Schutz der Zivilbevölkerung durch geeignete Massnahmen auf einen hohen Grad gebracht werden kann. Einen absoluten Schutz gegen den chemischen Krieg gibt es allerdings so wenig, als die Zivilbevölkerung im Kriegsfalle gegen die Einwirkung anderer Kampfmittel, namentlich gegen Bombardierung, schlechthin geschützt werden könnte. Aber die Verluste der Zivilbevölkerung infolge von Gas- und ähnlichen Angriffen werden sich durch zweckdienliche Massnahmen ganz entschieden herabsetzen lassen.

Diese Erkenntnis liegt den erwähnten Arbeiten und Besolutionen des Internationalen Boten Kreuzes zugrunde und hat
auch diese humanitären Zwecken gewidmete Institution dazu geführt, die Anordnung von Schutzmassnahmen gegen die Eolgen des chemischen Krieges mit allem Nachdrucke zu empfehlen.

Man hätte vielleicht daran denken können, dass die finanziellen Lasten einzig den Kantonen und Gemeinden auferlegt würden. Eine solche Ordnung der Verhältnisse wäre unseres Erachtens unbillig, weil der Bund, wie bereits bemerkt wurde, aus militärischen Gründen ein Interesse daran hat, dass der passive Luftschutz der Zivilbevölkerung in zuverlässiger Weise organisiert wird und wirklich durchgeführt werden kann. Dieses Ziel kann sicherlich nur durch die tatkräftige Mitwirkung des Bundes erreicht werden. Nur wenn der Bund die Instruktion des höhern Personals selbst an die Hand nimmt, wird die Gewähr für eine rasche und gleichmässige Einführung des Luftschutzes

393 geschaffen. Ausserdem ist es erforderlich, dass die Ausstattung des Personals in zuverlässiger Weise vorgenommen wird. Die Erleichterungen in der Beschaffung des notwendigen Materials, die der Bund zugunsten der. Kantone und Gemeinden auf sich nimmt, sollen nicht in der Form von Subventionen gewährt werden, sondern durch verbilligte Abgäbe. Damit wird die einheitliche Ausrüstung sichergestellt, und es werden Ersatz, Austausch und Eeparatur wesentlich vereinfacht. Überdies wird die Ausbildung des Personals nur dann in einfacher Weise ermöglicht, wenn einheitliche Typen von Geräten Verwendung finden. Die einheitliche Ausstattung erlaubt es ferner, grosse Serien herzustellen, wodurch die Stückpreise erheblich herabgesetzt werden können. Sodann wird die Garantie dafür geschaffen, dass nur absolut zuverlässiges Material zur Abgabe kommt, was bei Gasschutzgeräten besonders wichtig ist. Endlich sind auch darin Vorteile zu erblicken, dass die Verteilung auf die Kantone und Gemeinden in einfacher Weise vorgenommen werden kann, und dass sich deren Aufwendungen leichter und zuverlässiger kontrollieren lassen, als es bei blosser Subventionierung der Fall wäre.

7. Dringlichkeit.

Gemass Art. 7 des Entwurfes soll der Bundesbeschluss dringlich erklärt werden und sofort in Kraft treten. Die Eidgenössische Gasschutzkommission hat ganz besonders betont, dass nach ihrer einstimmigen Auffassung mit der Einfühlung eines wirksamen passiven Luftschutzes unter keinen Umständen zugewartet werden kann. Wir schliessen uns dieser Auffassung an. Die Dringlichkeit liegt namentlich in folgenden Umständen begründet : 1. Im ganzen Lande ist das Interesse für den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung erwacht. Sowohl in Tageszeitungen als in Fachschriften wird in zunehmendem Masse auf das Fehlen und die Notwendigkeit behördlicher Schritte hingewiesen. Nicht selten wird geradezu mit Beunruhigung festgestellt, dass noch keine Massnahmen getroffen sind.

2. Private Organisationen beschäftigen sich immer mehr mit der Frage des Schutzes der Zivilbevölkerung im Luftkrieg. Neben bestehenden Verbänden haben sich verschiedene Vereine neu gegründet, die sich ausschliesslich mit dem Luftschutz befassen wollen, 8. Geschäftlich interessierte Firmen, worunter auch ausländische, suchen durch die Organisation von Kursen für ihre Bestrebungen Interesse zu gewinnen. Bei längerem Zuwarten der Behörden könnte diese Tätigkeit überaus bedenklich werden, einerseits weil tendenziöse Ansichten verbreitet werden, andererseits weil Material angepriesen und abgegeben wird, das durchaus nicht in jeder Beziehung einwandfrei und erwünscht ist.

4. Die Belehrung der Öffentlichkeit darf nicht beliebigen Privaten und Vereinen überlassen werden. Schon jetzt haben Vorträge und Veröffentlichungen stattgefunden, die zum Teil nicht von Sachkundigen ausgingen

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oder sonst nicht objektiv waren. In der Irreführung der Bevölkerung liegt eine grosse Gefahr, die so rasch als möglich ausgeschaltet werden sollte.

5. Wie in anderem Zusammenhange bereits erwähnt, werden im Auslande umfangreiche Massnahmen zum Schütze der Zivilbevölkerung getroffen.

In einer Eeihe von Staaten ist die Organisation stark fortgeschritten, es werden grosse finanzielle Aufwendungen gemacht und das Publikum wird zu intensiver Mitarbeit herangezogen. Es wäre gefährlich, in der Schweiz immer mehr den Eindruck aufkommen zu lassen, als seien unsere Vorbereitungen gegenüber denjenigen des Auslandes gering und unwirksam.

6. Die allgemeine politische Lage hat sich leider so entwickelt, dass die notwendigen Massnahmen nicht mehr verschoben werden dürfen.

Aus diesen Gründen halten wir es für unerläeslich, dass in kürzester Zeit zu eigentlichen Massnahmen übergegangen werden kann. Solange eine bundesrechtliche Grundlage fehlt, ist es unmöglich, den Schutz der Zivilbevölkerung in wirksamer Weise zu fördern. Selbst die von der Eidgenössischen Gasschutzkommission ausgearbeiteten « Grundlagen für den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung» bleiben nutzlos, bis sie das in ihnen als unentbehrlich vorausgesetzte Fundament eines Bundesbeschlusses erhalten. Sobald der Bundesbeschluss in Kraft tritt, werden die « Grundlagen» gemäss Antrag der Eidgenössischen Gasschutzkommission vom Bundesrate als amtliches Programm zu genehmigen sein.

Aus den Mitteilungen der Eidgenössischen Gasschutzkommission ergibt sich, dass bis zum Frühjahr 1985 die notwendigsten Grundlagen in personeller und materieller Hinsicht wirklich nur dann geschaffen werden können, wenn der Bundesbeschluss noch im Laufe der Juni-Session gefasst wird und sofort in Kraft tritt. Alsdann wird es möglich sein, die Kurse zur Instruktion des höhern Personals im Spätsommer und die kantonalen Instruktionskurse im Herbst abzuhalten, worauf während des Winters die personellen Bestände der lokalen Organisationen gebildet werden können.

Angesichts der Beschleunigung, mit, der sich die internationalen Ereignisse in letzter Zeit abspielen, wäre es unseres Erachtens nicht zu verantworten, wenn die Verwirklichung der in erster Linie notwendigen Massnahmen länger hinausgeschoben Würde. Wir halten es für unbedingt notwendig, dass im Frühjahr 1985 die
erwähnten Grundlagen tatsächlich vorhanden sind. Je nach der weitern Entwicklung werden auf dem Verordnungswege einheitliche Vorschriften erlassen und weitere Massnahmen angeordnet werden können. Dies aber setzt, wie bereits bemerkt, ebenfalls unbedingt voraus, dass durch Bundesbeschluss die notwendige Grundlage geschaffen wird.

Der nachgesuchte Kredit von 840,000 Franken fällt forinellrechtlich unzweifelhaft unter die Bestimmungen des Bundesbeschlusses über die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Bundeshaushalt, Art. 81, Abs. 2.

395 Wegen der Dringlichkeit der beantragten Massnahmen und da es sich um eine einmalige Ausgabe von weniger als einer Million Pranken handelt, sehen wir in diesem Falle davon ab, für die Beschaffung der erforderlichen Mittel besondere Vorkehren vorzuschlagen. Wir dürfen hoffen, dass es der Verwaltung möglich sein werde, den Betrag der neuen, unabwendbaren Ausgabe bei anderen, weniger dringlichen Kapiteln des Voranschlages einzusparen. Der Bundesrat darf in diesem Zusammenhange daran erinnern, dass beispielsweise im Jahre 1938 in der Eechnung der Militärverwaltung gegenüber den bewilligten Krediten rund 3 Millionen Franken eingespart worden sind.

Gestützt auf die vorliegenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen den dieser Botschaft beigegebenen Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung zur Annahme. Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 4. Juni 1984.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler: G. Boret.

396 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 85, Ziff. 6 und 7, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1934, heschliesst :

Art. 1.

Der Bund sorgt für die Vorbereitung und Durchführung geeigneter Massnahmen zum Schütze der Zivilbevölkerung gegen chemische und ähnliche Kampfmittel (passiver Luftschutz), die neben der militärischen Abwehr (aktiver Luftschutz) getroffen werden.

Art. 2.

Dem Bunde hegt namentlich ob : a. die Oberleitung des passiven Luftschutzes; b. der Erlass einheithchtr Vorschriften; o. die Instruktion des höhern Personals; d. die Überwachung der Herstellung und der Einfuhr von Luftschutzmaterial aller Art; e. die Überprüfung der in den Kantonen zu treffenden Massnahmen.

Art. 8.

Der Bundesrat wird ermächtigt, die für den passiven Luftschutz erforderlichen Vorschriften auf dem Verordnungswege zu erlassen.

Art. 4.

Jeder Kanton hat den passiven Luftschutz in seinem Gebiete gemäss den eidgenössischen Vorschriften zu organisieren und für die Durchführung der Massnahmen lokaler Art zu sorgen.

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Die Kosten des passiven Luftschutzes sind grundsätzlich von den Kantonen und Gemeinden zu tragen.

Art. 5.

Der Bund übernimmt folgende finanziellen Leistungen: a. die Kosten des Schutzes seines eigenen Personals sowie seiner Objekte; 6. die Kosten der Eidgenössischen Gasschutzkommission und der Eidgenössischen Gasschutz- Studienstelle ; c. die Kosten für die Instruktion des hohem Personals; d. die Abgabe von Gasschutzgeräten für das Personal des lokalen Luftschutzes zu verbilligten Preisen; e. Beiträge an die Kosten kantonaler Instruktionskurse.

Art. 6.

Zur Deckung der Kosten für die Vorbereitung und Einführung des passiven Luftschutzes wird dem Bundesrat ein Kredit von Fr. 840,000 bewilligt, der in die Nachtragskredite 1984, II. Serie, einzusetzen ist.

Die Grundsätze für die Leistungen des Bundes an die Kantone sind vom Bundesrat festzusetzen.

Art. 7.

Dieser Bundesbesehluss wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung. (Vom 4. Juni 1934.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1934

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

3127

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.06.1934

Date Data Seite

383-397

Page Pagina Ref. No

10 032 333

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