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Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des ßnndes.

# S T #

Kreisschreifoen des

eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Regierungen der Kantone betreffend Milchpreisstützung und Milchversorgung.

(Vom

30. November 1984.)

Hochgeachtete Herren Eegierungsräte !

Auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 13. April 1933 und vom 28. März 1934 über eine weitere Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischenMilchproduzenten und für die Linderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft haben wir die Kantonsregierungen schon verschiedentlich um ihre Mitwirkung ersucht, um den bezüglichen bundesrätlichen Verordnungen vom 28. April 1933 und vom 27. April 1934 sowie über die Erhebimg einer Gebühr auf Konsummilch, vom 20. Januar 1933 bzw. vom 20. April 1934, Nachachtung zu verschaffen. Diese Verordnungen übertragen dem Volkswirtschaftsdepartement den Vollzug, ermächtigen es aber gleichzeitig, diesen in einem gewissen Umfange an die kantonalen oder kommunalen Behörden zu delegieren.

Die Anwendung und der Vollzug der genannten Verordnungen, die in der Hauptsache der Abteilung für Landwirtschaft übertragen sind, haben auf Grund der bisherigen Erfahrungen eine gewisse Praxis geschaffen, die sich als den Verhältnissen angemessen erwiesen hat und die im Interesse der künftigen Entwicklung der Milchverwertung weitergeführt werden soll. Da wir in den bezüglichen Anstrengungen nach wie vor auf die Mitwirkung und Unterstützung der zuständigen kantonalen Departemente angewiesen sind, so erachten wir es als geboten, Sie hierüber nach den folgenden Darlegungen näher zu unterrichten.

I.

Trotz allen Massnahmen, die von selten der Behörden und der Verbände ergriffen wurden, sind die Verhältnisse auf dem schweizerischen Milchmarkt anhaltend kritisch. Daran sind die grosse Produktion an Milch und Milcherzeugnissen und die stets zunehmenden Exportschwierigkeiten in erster Linie schuld. Wenn die Behörden dem Milchproblem fortgesetzt ihre besondere Aufmerksamkeit schenken, so ist das auf die Tatsache zurückzuführen, dass unsere Milch- und Viehwirtschaft die wichtigste Einnahmequelle der schweizerischen

832 Landwirtschaft darstellt. Die zunehmenden Schwierigkeiten, die sich dem Absatz von Milch und Milchprodukten entgegenstellten, und die finanziellen Verpflichtungen, die dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten, als rechtlichem Träger der Milchpreisstützung erwuchsen, konnten von den Verbänden nicht mehr allein bemeistert werden und machten schon vor Jahren die Mithilfe des Bundes notwendig. Diese konnte sich mit der Zeit nicht mehr auf die handelspolitische und die finanzielle Seite beschränken, sondern sie musste in zunehmendem Umfange auch auf das organisatorische Gebiet ausgedehnt werden. Diesen Eingriffen gingen weitläufige Verhandlungen mit den milchwirtschaftlichen Berufsorganisationen, insbesondere dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten und in den Kommissionen der eidgenössischen Eäte voraus. Das Eesultat dieser Verhandlungen waren vorerst die Bundesbeschlüsse vom 18. März 1982 und vom 23. Dezember 1932 über die Fortsetzung bzw. Erweiterung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten. Durch den zuletzt genannten Bundesbeschluss wurden erstmals die Grundlagen geschaffen für die Erhebung des sogenannten «Krisenrappens», d. h. einer Gebühr von einem Eappen je Kilogramm der in Verkehr gebrachten Konsummilch, einer Abgabe, die von den im Zentralverband organisierten Milchproduzenten schon seit dem Jahre 1924 zum Zwecke der Milchpreisstützung geleistet wird. Nach der sich auf den Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1932 stützenden Verordnung des Bundesrates vom 20. Januar 1933 wird nun vom 1. Februar 1933 an der Krisenrappen von sämtlichen Lieferanten von Konsummilch erhoben.

Der Bundesbeschluss vom 13. April 1933 über die Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten und für die Linderung der landwirtschaftlichen Notlage brachte sodann die Unterlagen für die weitere finanzielle, aber auch für die organisatorische Mitwirkung der Behörden. Darauf basiert insbesondere die bundesrätliche Ver Ordnung vom 28. April 19 33 über die Verbesserung und Einschränkung der Milchproduktion und über die Beaufsichtigung des Milchhandels und der MilchVerwertung. Diese bezweckt unter anderem die Stützung der Geschlossenheit unserer milchwirtschaftlichenLandesorganisationen, in der schätzungsweise 95 % jener Milchproduzenten organisiert sind, die regelmässig
Milch in Verkehr bringen. Den organisierten Produzenten sind von den Verbänden, ganz abgesehen von der bereits erwähnten Abgabe des Krisenrappens und der ordentlichen Verbandsbeiträge, eine Eeihe von Verpflichtungen in bezug auf die Milchkontingentierung, die Einhaltung des Milchlieferungsregulativs und die Art der Milchverwertung auferlegt.

Der Bundesbeschluss vom 13. April bzw. die bezügliche Verordnung vom 28. April 1933 zeigte aber insbesondere in der Eichtung des Organisationszwanges gegenüber den Aussenseitern noch gewisse Lücken. Das erwies sich als Nachteil, indem die Aussenseiter gegenüber den Verbandsmitgliedern eine gewisse Vorzugsstellung sich anzueignen verstanden, indem sie der Stützungsaktion des Bundes und weitgehend auch der Preisgarantie der Verbände teil-

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haftig wurden, sich aber den Verpflichtungen und Einschränkungen, die die organisierten Produzenten auf sich nehmen müssen, zu entziehen wussten.

Durch den Bundesbeschluss vom 28. März 1984 über eine weitere Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten und für die Linderung der landwirtschaftlichen NotlageunddiebezüglicheVerordnung des Bunde^rates vom 27. April 1984 sollten jene Lücken behoben werden.

Ohne die tatkräftige Mitarbeit leistungsfähiger Berufsorganisationen der Produzenten, der Milchkäufer und des Handels könnte, wie der Bundesrat in seiner Botschaft vom 12. Februar 1934 ausführt, die Milchpreisstützung wohl kaum mit nachhaltigem Erfolg durchgeführt werden. Den Eechten dieser Organisationen stehen mannigfache Pflichten gegenüber, denen sie bei ihren Mitgliedern Geltung zu verschaffen haben. Für die Milchproduzenten kommt dies besonders bei der Einhaltung der Milchlieferungsregulative, der Entrichtung des Krisenrappens, der Kontingentierung der Milchlieferungen und der öftern Umstellung in der Milchverwertung zum Ausdruck. Wenn die abseits stehenden Berufsgenossen sich solchen oder ähnlichen Verpflichtungen nicht zu unterziehen haben oder Mitglieder sich durch Verzicht auf die Mitgliedschaft ihnen entziehen könnten, würde dies bald zu einer Lockerung der Organisationen führen, was diesen die weitere Lösung ihrer Aufgaben erschweren oder gar verunmöglichen würde.

II.

Wir möchten zunächst auf die bundesrätliehe Verordnung vom 20. April 1934 über die Erhebung einer G e b ü h r auf Konsummilch eintreten und neben einer kurzen Inhaltsübersicht die bisherigen Erfahrungen und deren Anwendung darlegen.

1. Jeder Liter Milch, der in den Konsum gebracht wird, unterliegt grundsätzlich der Abgabepflicht. Diese beträgt in der Eegel l Eappen (Krisenrappen) und kann, wenn es die Zweckmässigkeit der Milchversorgung erfordert, um einen weitern Krisenrappen erhöht und überdies eine Ausgleichsgebühr von l--8 Eappen erhoben werden. Die Milch, die an Familienmitglieder mit getrenntem Haushalt, an Verwandte und an Verpächter abgeliefert wird, untersteht der gleichen Abgabe, jedoch können in begründeten Fällen Ausnahmen zugestanden werden. Wenn beispielsweise in einem Pachtvertrag die Naturallieferungen eingeschlossen sind und der Verpächter den Krisenrappen auf den Pächter überwälzt,
so sind die konkreten Fälle zu überprüfen, und der Entscheid ist den jeweiligen Verhältnissen anzupassen.

2. Für Lieferungen au das im Landwirtschaftsbetrieb tätige und zum Hof gehörige Personal soll von der Erhebung des Krisenrappens Umgang genommen werden. Dagegen sind Bezüge eigener Pensionen, Hotels oder anderer Verpflegungsstätten vom eigenen Landwirtschaftsbetrieb abgabepflichtig. Grundsätzlich sind auch Staatsanstalten, die Milch verkaufen, abgabepflichtig, wie alle übrigen natürlichen und juristischen Personen, die Milch in Verkehr bringen. Für Lehr- und Armenanstalten soll die Frage der Erhebung des

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Krisenrappens und der Ausgleichsgebühr auf der im eigenen Betrieb produzierten Milch von Fall zu Fall und unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse geprüft und nötigenfalls von der Abteilung für Landwirtschaft entschieden werden.

Der Art. l, welcher die Abgabepflicht umschreibt, dehnt diese also grundsätzlich auf sämtliche in den Verkehr gelangende Milch aus, werde sie nun von einem Milchhändler verführt oder von einem Produzenten an seine Kunden abgegeben. Abgabepflichtig ist die Person oder Firma, welche die Milch den Kunden verkauft.

3. Um den Verhältnissen in den Berggemeinden und abgelegenen Regionen Eechnung zu tragen, sieht Art. 3 die Möglichkeit von der Befreiung der-Abgabe vor, allerdings mit der Einschränkung, dass dadurch keine Störung in der Ordnung der Milchverwertung verursacht werden darf und dass die Befreiung nur auf ein begründetes, von der zuständigen Behörde begutachtetes Gesuch hin ausgesprochen werden kann.

4. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse sind kein Dispensgrund, weil dieses Argument mit dem gleichen Becht, zahlenmässig nur noch in weit höherem Masse, auch von den organisierten Bauern vorgebracht werden könnte.

5. Alle Selbstausmesser unterstehen der Meldepflicht an das Bureau für Milchversorgung bei der Abteilung für Landwirtschaft, Schauplatzgasse 23, Bern. Unterlassungen ziehen nach Art. 4 die Anwendung der Strafbestimmungen nach sich.

6. In Gebieten, wo keine geschlossene Organisation besteht und auch in räumlicher Beziehung die zentrale Einlieferung der Milch erschwert ist, kann die Abteilung für Landwirtschaft für einzelne Betriebsinhaber, denen aus triftigen Gründen der Anschluss an die betreffende Milchgenossenschaft nicht wohl zugemutet werden kann (z. B. infolge grösserer Entfernung vom Milchsammellokal und Milchkundschaft in nächster Umgebung), eine Ausgleichsgebühr von l--3 Eappen je Liter oder Kilogramm anordnen. Die Beträge werden der örtlichen Organisation nach Abzug der Erhebungskosten als Anteil an die Eegulierung der Konsummilchversorgung überwiesen. Die Abgabe von Seiten der Produzenten ist mit dem Krisenrappen jeweilen vorschriftsgemäss auf das Postcheckkonto HI/9275 des Bureaus für Milchversorgung nach Bern einzuzahlen (Art. 9).

1. Für den Fall, dass organisierte Milchproduzenten mit dem Krisenrappen dem Zentralverband gegenüber
im Eückstand sind, oder dessen Entrichtung verweigern, wird die Abteilung für Landwirtschaft die gleichen Massnahmen in Erwägung ziehen, wie für die unorganisierten Produzenten, die ihr direkt unterstehen. Sie wird erstmals eine Verwarnung ergehen lassen, und wenn die Bemühungen nichts fruchten, den Verfügungsweg beschreiten, die Strafbestimmungen in Anwendung bringen und eine Busse ausfällen, nachdem man vorgängig eine Frist zur Verteidigung eingeräumt hat (Art. 13 und 14).

835 Wenn Schwierigkeiten mit der Einbringung der Gebühren und Bussenbeträge entstehen und Sanktionen ergriffen werden müssen, so wird die Abteilung für Landwirtschaft die zuständigen kantonalen Behörden für den Vollzug in Anspruch nehmen.

III.

1. Die Verordnung vom 28. April 1983 erfuhr, wie bereits erwähnt, durch die Verordnung vom 27. April 1934 die durch die Umstände gebotene Ergänzung. Sie legt einmal fest, dass der A u s t r i t t von Milchproduzenten aus Genossenschaften oder von Genossenschaften aus Milchverbänden dann unzulässig ist, wenn damit die Umgehung der Kontingentierungsbestimmungen oder des Milchlieferungsregulativs beabsichtigt wird.

Aber auch wenn der Austritt aus andern Gründen erfolgt, so darf der Produzent seine Milch nicht beliebig verwerten, sondern er hat sie weiterhin in die S a mmelstelle der Genossenschaft einzuliefern. Der Übergang zur Konsummilchheferung bedarf der ausdrücklichen Bewilligung der Abteilung für Landwirtschaft, die ihn jedoch als Ausnahme und beim Nachweis stichhaltiger Gründe zugestehen könnte.

2. Die Abteilung für Landwirtschaft erhält durch die nämliche Verordnung das formelle Eecht, aussenstehende Einzelproduzenten oder Milchgenossenschaften einzuladen, oder wenn nötig zu verhalten, sich den b e t r e f f e n d e n Genossenschaften oder Milchverbänden in gleichen Eechten und Pflichten anzuschliessen.

3. Die praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass V e r t r ä g e über Milchlieferungen einer Kontrolle zu unterstellen sind. Deshalb bestimmt der Artikel 3, dass grundsätzlich alle bezüglichen Verträge der Genehmigung der Abteilung für Landwirtschaft bedürfen, wenn ihnen Gültigkeit zukommen soll. Diese Bestimmung gilt auch für bestehende Verträge, die in ihrer Wirkung über den 30. April 1934 hinausgehen.

4. Die Verordnung vom 27. April 1934 enthält auch die sinngemässe Präzisierung der Bestimmungen über die Beaufsichtigung des Milchhandels und der Milchverwertung. Dabei wird die Abteilung für Landwirtschaft ermächtigt, im Falle gestörter Quartiereinteilungen einzugreifen, oder wenn das Interesse der Rationalisierung der Milchverwertung es erheischt, die Einführung von Ausmesskreisen zu verlangen, nachdem sie mit den beteiligten Organisationen der Milchproduzenten und der Milchhändler sowie mit den Gemeindebehörden Fühlung genommen hat.

5. Artikel 5 enthält die wichtigen Bestimmungen über die Ausübung des Milchhandels (Konsummilchvertrieb) und bietet gleichzeitig auch die rechtlichen Handhaben für dessen Sanierung. So bestimmt er, dass auch der direkte Verkauf von Milch eigener Produktion
unter den Begriff der Milchverkaufsg e s c h ä f t e nach Art. 11 der Verordnung vom 28. April 1933 fällt und somit der Bewilligung der Abteilung für Landwirtschaft bedarf. Eine Bewilligung

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ist nicht nur für die Neueröffnung von Milchverkaufsgeschäften, sondern auch im Falle der Handänderung schon bestehender Milchhandlungen oder einer örtlichen Verlegung auf dem gleichen Konsumplatz notwendig. Hauptkriterium ist dabei immer die Bedürfnisfrage.

Mit dem Vollzug der Verfügungen, welche das Volkswirtschaftsdepartement oder die Abteilung für Landwirtschaft auf Grund der genannten Verordnungen erlassen müssen, können die kommunalen, insbesondere aber die kantonalen Behörden beauftragt werden. "Überdies kann das Volkswirtschaftsdepartement gewisse Befugnisse, die sich aus den Verordnungen vom 28. April 1933 und vom 27. April 1934 ergeben, an die Kantonsregierungen delegieren. Es handelt sich dabei besonders um die eventuell notwendig werdenden exekutorischen Massnahmen, für die den Bundesbehörden keine eigenen Polizeiorgane zur Verfügung stehen.

IV.

In Fortsetzung der Anstrengungen zur Verbesserung und Einschränkung der Milchproduktion ist vom Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten und seinen Sektionen auf 1. Juni 1934 ein neues und verschärftes Milchlieferungsregulativ als verbindlich erklärt worden. Den Selbstausmessern und andern Aussenseitern, die aus irgendeinem Grunde noch nicht angeschlossen sind, werden unsere Abteilung für Landwirtschaft, bzw. die örtlichen Milchgenossenschaften das Eegulativ zustellen. Wie die Vorschriften des Milchlieferungsregulativs, so sollen auch die Kontingentierungsmassnahmen der Milchverbände künftig für die Aussenseiter verbindlich sein (Art. 6 der Verordnung vom 28. April 1933). Die Aufsicht über die Handhabung der Milchlieferungsregulative und der Kontingentierungsvorschriften beiden Aussenseitern soll durch die nämlichen Organe erfolgen, denen sie bei den Teilhabern der Landesverbände übertragen ist.

V.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass mit der ergänzenden Verordnung vom 27. April 1934 die äussern Störungsfaktoren der Organisation der schweizerischen Milchwirtschaft in der Hauptsache behoben werden können, indem die nötigen Eechtsgrundlagen sowohl für die Schliessung der Landesorganisation als auch zur Überwachung der Milchproduktion, des Milchhandels und der Milchverwertung gegeben sind.

Die Abteilung für Landwirtschaft, die mit der Durchführung der Verordnungen betraut ist, hat stets den grössten Wert auf deren sinngernässe Anwendung gelegt in weitgehendster Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse und in vernünftiger Anpassung an die einzelnen Fälle.

Wenn die Sektionen des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten oder die örtlichen Genossenschaften die Intervention der Abteilung für Landwirtschaft auf Grund der Verordnungen angerufen haben, so wurde nicht einfach verfügt, sondern jeder Einzelfall eingehend untersucht und insbesondere alle Möglichkeiten zur Verständigung auf friedlichem Wege geprüft und offen

837 gelassen. Dabei liess sich die Abteilung für Landwirtschaft vom Grundsatz leiten, dass ein Friede durch Diktat in der Eegel kein dauernder Friede sein kann. Aus diesem Grunde wurden die meisten Fälle konferenziell an Ort und Stelle behandelt, wobei die Abteilung für Landwirtschaft mit Nachsicht und Geduld in erster Linie die Eolle der Vermittlung übernahm und die Standpunkte so weit als möglich anzunähern versuchte.

Für die Ordnung der Verhältnisse ist stets eine genügend lange Frist eingeräumt worden. Dabei hat man den beteiligten Kreisen in der Eegel bestimmte Eichtlinien unterbreitet, die zunächst den weitem ParteiVerhandlungen dienen sollten, nötigenfalls aber auch für die amtlichen Verfügungen wegleitend wurden.

Verfügungen werden aber grundsätzlich erlassen, wenn die Mittel zu einer Lösung aus freien Stücken ausgeschöpft sind.

Diese Praxis hat sich im allgemeinen bewährt, und es konnten bisher die in Angriff genommenen Fälle, teilweise allerdings mit grossen Schwierigkeiten und ausnahmsweise unter Inanspruchnahme kantonaler Polizeiorgane erledigt und im Interesse der Ordnung der Milchversorgung liquidiert werden. Die Art der Behandlung hat es erlaubt, alle jene Elemente, die zur Begründung der Verfügung nötig waren, zu berücksichtigen, und es haben denn auch das Volkswirtschaftsdepartement oder der Gesamtbundesrat als einzige Bekursinstanzen den Verfügungen der Abteilung für Landwirtschaft in der Hauptsache ausnahmslos beigepflichtet.

Angesichts dieser rücksichtsvollen, nach Möglichkeit alle Verhältnisse tunlichst würdigenden Praxis muss naturgemäss Gewissheit bestehen, dass den behördlichen Verfügungen, die schliesslich unvermeidlich sind, auch Nachachtung verschafft wird. Die Behörden dürfen sich dabei nicht auf die Ahndung von Widerhandlungen durch Anwendung der Strafbestimmungen beschränken, sondern es muss auch für deren Vollzug gesorgt werden.

Eine wichtige Voraussetzung in dieser Eichtung ist nötigenfalls die tatkräftige Mitwirkung der kantonalen Behörden, insbesondere der zuständigen Justiz- und Polizeibehörden. Für Übertretungen gegen die Verfügungen der Abteilung für Landwirtschaft sehen die Strafbestimmungen nicht nur Geldbussen oder Freiheitsstrafen vor, sondern sie schaffen alle Voraussetzungen für deren Vollzug. Die authentische Interpretation für die Art. 20 bzw. Art. 7
der bundesrätlichen Verordnungen vom 28. April 1983 und 27. April 1934 ist im Bundesratsbeschluss vom 17. Juli 1934 wie folgt niedergelegt: «Der Vollzug der auf Grund der bundesrätlichen Verordnung vom 28. April 1933 und 27. April 1934 über die Verbesserung und Einschränkung der Milchproduktion und über die Beaufsichtigung des Milchhandels und der Milchverwertnng erlassenen Verfügungen umfasst alle exekutorischen Massnahmen, wie z. B. Schliessung eines Milchverkaufsgeschäftes, Beschlagnahme der Milch, die in der Natur der Sache liegen und sich im Bahmen der genannten Verordnungen bewegen. Die Anwendung der in diesen Verordnungen enthaltenen Straf bestimmungen soll die Durchführung der exekutorischen Massnahmen weder aufschieben noch aufheben.»

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Die Abteilung für Landwirtschaft hat es wenn immer möglich vermieden, die Kantonsregierungen mit Vollzugsmassnahmen zu behelligen. Sie hat deren Mitwirkung nur in Fällen eines ausgesprochenen Bedürfnisses angerufen und erst dann, wenn sämtliche Versuche, auf dem Wege der Verständigung eine Lösung zu finden, als gescheitert betrachtet werden mussten. Wenn war bei der Übertragung von Massnahmen zum Vollzug einer Verfügung auf die tatkräftige Mitwirkung der kantonalen Behörden ganz besondern Wert legen, so geschieht das besonders auch im Hinblick darauf, dass eine nicht vollzogene Verfügung Präzedenzfälle folgenschwerer Art schaffen könnte. Bei der komplizierten Veranlagung jenes kleinen Bestes von MilchproduzentenundMilchhändlern könnte ein einziger solcher Fall genügen, um auch andere Aussenseiter zum Widerstand zu reizen. Andererseits würden auch die Eückwirkungen auf Verbandsmitglieder, die ihren Verpflichtungen bisher willig nachgekommen sind, nicht ausbleiben. Damit würde der Bestand der Organisationen, welche heute die Voraussetzung für die Stützungsmassnahmen bilden, geradezu gefährdet.

Da aber heute, wie schon erwähnt, eine überwältigende Mehrheit sämtlicher Milchproduzenten und Milchhändler, die Milch in den Verkehr bringen, den unter sich in freundschaftlichem Geschäftsverkehr stehenden Landesorganisationen angeschlossen sind, wäre es unbillig, einer kleinen Minderheit wegen die heutige Ordnung, die sich im grossen und ganzen bewährt hat und eine unerlässliche Unterlage der Preisstützungsaktionen bildet, in Frage zu stellen.

Dieser Auffassung waren auch die eidgenössischen Eäte, als sie durch die Bundesbeschlusse vom 13. April 1933 und vom 28. März 1934 die rechtlichen Grundlagen schufen, um der vollziehenden Behörde die notwendigen Eingriffe in die organisatorischen Fragen der Milchwirtschaft zu ermöglichen. Die weitgehende Heranziehung von Bundesmitteln für die Milchpreisstützung und andere landwirtschaftliche Notstandsmassnahmen forderte auch diese organisatorischen Eingriffe, die vorläufig bis zum Jahre 1936 befristet sind.

Die Stützungsaktion für die schweizerische Milchwirtschaft hat für 1933/34 insgesamt rund 35 Millionen Franken beansprucht, und eine ähnliche Summe mus&te für das laufende Jahr zur Verfügung gestellt werden. Wenn auch die Landwirtschaft und weitere Kreise durch
die Zoll- und Preisbelastung eingeführter Futtermittel und durch die Erhebung des Krisenrappens auf Konsummilch etwa die Hälfte hievon aufbringen und durch die Organisation der Butterversorgung (Butyra) unserer Milchwirtschaft ein ausserordentlicher Schutz gewährt wird, so müssen im laufenden Geschäftsjahr immerhin noch 15--18 Millionen aus allgemeinen Bundesmitteln für die Milchpreisstützung bereitgestellt werden. Diese Beträge werden nicht etwa als Subventionen ausbezahlt, sondern sie dienen lediglich dazu, die Verluste des Zentralverbandes, als rechtlichem Träger der Milchpreisgarantie, die ihm auf der Fabrikations milch erwachsen, zu decken. Es sei daran erinnert, dass die Produzentenpreise für Butter und Käse zurzeit auf der Basis von 18 Eappen Milchpreis berechnet sind. Die Milchprodukte erreichen aber beim Verkauf im grossen diese Preise

839 nicht mehr, sondern der Zentralverband verliert nach der Marktlage der letzten Monate an jedem Doppelzentner Käse, der in den Verkehr gebracht wird, etwa 60 Pranken, und für jedes Kilo Butter muss er schätzungsweise im Durchschnitt etwa einen Franken aufzahlen.

Wir haben Wert darauf gelegt, Ihnen die Verhältnisse in der schweizerischen Milchwirtschaft in ihrem organisatorischen Zusammenhange etwas eingehender darzulegen und Ihnen auch die Notwendigkeit der Mitwirkung der kantonalen Eegierungen zur Durchführung der bundesrätlichen Verordnungen über die Verbesserung und Einschränkung der Milchproduktion und über die Beaufsichtigung des Milchhandels auseinanderzusetzen. Wir hoffen damit die bisherige Zusammenarbeit zu unterstützen, während welcher die kantonalen Behörden uns ihre Mitwirkung nie versagt haben.

Zum Schlüsse möchten wir Ihnen empfehlen, in den amtlichen Publikationsorganen die wesentlichsten Bestimmungen der bestehenden Milchordnung bekanntzugeben. Als Wegleitung hiezu kann Ihnen nach Wunsch die Beilage dienen.

Genehmigen Sie, sehr geehrte Herren Eegierungsräte, erneut unsere Versicherung vorzüglicher Hochachtung.

Bern, den 30. November 1934.

Eidgenössisches

Volksinrtschaftsdepartement: Schulthess.

Auslosung von Obligationen der 3V« % eidgenössischen Anleihe von 1932/33, Serien l III.

Die Auslosung der auf 1. April 1935 zur Rückzahlung gelangenden Obligationen der S1^ % eidgenössischen Anleihe von 1932/33 wird Freitag, den 28. Dezember 1934, 9 Uhr vormittags, im Zimmer Nr. 70, Verwaltungsgebäude des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes in Bern stattfinden.

B e r n , den 1. Dezember 1934.

Eidgenössische Finanzverwaltung.

Kassen- und Jiechnungsivesen.

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1934

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49

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05.12.1934

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831-839

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