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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend das Protokoll über die Abänderung des zwischen der Schweiz und Italien am 20. September 1924 abgeschlossenen Yertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

(Vom 80. Oktober 1984.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wie Ihnen bekannt ist, steht zwischen der Schweiz und Italien der Vertrag zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren, vom 20. September 1924, in Kraft. Dieser obligatorische und unbedingte Schiedsvertrag, der als ein Höhepunkt in der Geschichte der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und als ein bedeutsames Ereignis in der Geschichte der italienisch-schweizerischen Beziehungen gelten darf, war für zehn Jahre abgeschlossen worden mit der Möglichkeit stillschweigender Erneuerung von fünf zu fünf Jahren. Gemäss seinem Artikel 21 kann er sechs Monate vor Ablauf jeder Vertragsdauer gekündigt werden.

Der Vertrag, der am 29. Januar 1925 in Kraft getreten ist, band die beiden Länder mithin bis zum 29. Januar 1935. Er konnte bis zum 29. Juli 1934, d. h. sechs Monate vor Ablauf, gekündigt werden. Mangels Kündigung innert der vorgeschriebenen Frist hätte der Vertrag am 29. Januar 1935 für fünf weitere Jahre, d. h. bis zum 29. Januar 1940, zu laufen begonnen, und so fort.

Im vergangenen März hatte Herr Mussolini in einer durch den Bundfunk verbreiteten Eede über die italienische Aussenpolitik den Vertrag mit der Schweiz über die friedliche Eegelung von Streitigkeiten erwähnt und dabei erklärt, die italienische Eegierung sei ihrerseits bereit, die Erneuerung nicht nur für die fünf im Vertrag vorgesehenen Jahre, sondern für eine neue Dauer von zehn Jahren vorzunehmen. Durch den Mund seines Begierungschefs bot uns Italien auf diese Weise in Abweichung von Artikel 21 an, die Geltung des Vertrages bis zum 29. Januar 1945 zu verlängern, wobei es sich seines Bechtes der Kündigung auf den 29. Januar 1940 begab.

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Der Bundesrat, der die freundschaftliche Initiative der italienischen Regierung sehr begrüsste, liess in Boni "wissen, dass er seinerseits selbstverständlich durchaus bereit sei, über eine Vereinbarung zu verhandeln, die uns die Vorteile des Abkommens vom 20. September 1924 für eine neue Dauer von zehn Jahren staatsvertraglich sichern würde.

Die Verhandlungen kamen rasch zum Abschluss. Das Protokoll, das in diesem Punkte den. Vertrag von 1924 ändert, begegnete keinen Schwierigkeiten.

Es wurde in Eom am 20. September 1934, d. h. genau zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Vertrages ausgefertigt.

Der Wortlaut wird in der Beilage wiedergegeben.

Da das Protokoll eine Abänderung des Vertrages in sich schliesst, rnusste es notwendigerweise den eidgenössischen Eäten zur Genehmigung unterbreitet werden.

Der Artikel l des Protokolls verlängert die Gültigkeit des Vertrages für eine zweite Dauer von zehn Jahren, die mit dem Ablauf der ersten Dauer von zehn Jahren, d. h. arn 29. Januar 1935, zu laufen beginnt. Im Artikel 2 wird dementsprechend vorgesehen, dass das Protokoll am 29. Januar 1935 in Kraft tritt.

Damit es auf diesen Zeitpunkt in Kraft treten kann, mnss es von beiden Parteien rechtzeitig ratifiziert werden. Es wäre insbesondere angezeigt, dass ihm die eidgenössischen Rate spätestens in der Dezembersession ihre Genehmigung erteilen.

Festzuhalten ist, dass das Protokoll nur eine einzige Abänderung des Vertrages bewirkt: seine Erneuerung für eine zweite Dauer von zehn Jahren.

Die dritte Erneuerungsperiocle wurde somit, wie im. Artikel 21 des Vertrages vorgesehen, fünf Jahre betragen. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Artikel l, Absatz 2, des Protokolls.

Es scheint uns überflussig, in besonderer Weise den Wert des Protokolls zu betonen. Italien gibt uns damit ein greifbares Unterpfand seiner Achtung und Freundschaft. Es bekrältigt aufs neue seinen Wunsch, auf keine andere als auf völlig friedliche Weise die Streitigkeiten beizulegen, die zwischen ihm und der Eidgenossenschaft auftauchen könnten. Diese Haltung einer grossen Nachbarmacht unserem Lande gegemibsr ist bedeutsam und soll uns freuen.

Indem wir Sie daher bitten, dem beiliegenden Entwurf zu einem Buncl.esbeschluss zuzustimmen, entbieten wir Ihnen, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 30. Oktober 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

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(Entwurf.)

BundesbescMuss betreifend

das Protokoil vom 20, September 1934 über die Abänderung des zwischen der Schweiz und Italien am 20. September 1924 abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 30. Oktober 1934.

beschließt :

Art. 1.

Das Protokoll vom 20. September 1934 über die Abänderung des zwischen der Schweiz und Italien am 20. September 1924 abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

498 Übersetzung,

Protokoll über

die Abänderung des zwischen der Schweiz und Italien am 20. September 1924 abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

Die schweizerische Regierung und die italienische Regierung, von dem Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Italien bestehenden Bande aufrichtiger Freundschaft zu erhalten und immer enger zu knüpfen, in der Überzeugung, dass die Verlängerung der Gültigkeit des am 20. September 1924 in Eom abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren dem Interesse der beiden Länder entspricht, haben durch das vorliegende, von ihren Bevollmächtigten unterzeichnete Protokoll nachstehende Bestimmungen vereinbart.

Artikel 1.

^_ Die Gültigkeit des Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren, vom 20. September 1924, wird für eine weitere Dauer von zehn Jahren, beginnend mit dem Ablauf der im Artikel 21 vorgesehenen ersten Dauer von zehn Jahren verlängert.

Hinsichtlich der späteren Verlängerungen, wie sie im nämlichen Artikel vorgesehen sind, tritt keine Änderung ein.

Artikel 2.

Das vorliegende Protokoll wird sobald als möglich ratifiziert.

Es tritt am 29. Januar 1935 in Kraft.

So geschehen in doppelter Ausfertigung am 20. September 1934.

Für die Schweiz:

(gez.) Wagniere.

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Für Italien:

(gez.) Mussolini.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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1934

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44

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3188

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31.10.1934

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495-498

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