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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Festsetzung der den Kantonen auszuzahlenden verfügbaren Eeserven der Alkoholverwaltung.

(Vom 27. April 1934.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen in der Beilage den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Festsetzung der den Kantonen auszuzahlenden verfügbaren Eeserven der Alkoholverwaltung zu unterbreiten.

Art. 76, Abs. 4, des Alkoholgesetzes vom 21. Juni 1982 schreibt folgende»

vor: «Beim Inkrafttreten dieses Gesetzes werden die verfügbaren Eeserven der Alkoholverwaltung gemäss Art. 22 des Gesetzes vom 29. Juni 1900 über gebrannte Wasser unter die Kantone verteilt. Der Betrag wird durch Bundesbeschluss festgesetzt. Das übrige Vermögen gilt als Betriebsfonds der Alkoholverwaltung.» Diese Bestimmung verdankt ihre Aufnahme in das Alkoholgesetz folgenden Überlegungen: Unter der alten Alkoholordnung war das ganze Beinerträgnis der Alkoholverwaltung unter die Kantone zu verteilen, während die neue Alkoholordnung die hälftige Teilung des Beinerträgnisses der Alkoholverwaltung zwischen Bund und Kantonen vorsieht. Die Änderung der Beinertragsverteilung führte anlässlich der Beratung des neuen Alkoholgesetzes in der nationalrätlichen Kommission zu dem Begehren, dass das bei Inkrafttreten des neuen Alkoholgesetzes vorhandene Beinvermögen der Alkoholverwaltung nicht auf die Alkoholverwaltung des neuen Gesetzes übergehe, sondern gewissermassen als

925 nichtausbezahltes, zurückbehaltenes Reinerträgnis den Kantonen, als den alleinigen Nutzniessern der Alkoholverwaltung unter der alten Ordnung, ausbezahlt werden sollte. Anderseits wurde geltend gemacht, das» die Alkoholverwaltung auch nicht plötzlich von jedem Betriebskapital entblösst werdenkönne, und dass es keinen Sinn habe, erst das Vermögen der Alkoholverwaltung an die Kantone zu verteilen, um nachher von den Kantonen und dem Bund das notwendige Betriebskapital wieder au verlangen. So entstand die Mittellösung, wonach die Kantone die verfügbaren Reserven ausbezahlt erhalten sollten. Als verfügbar wurde bei den Beratungen in der nationalrätlichen Kommission eine Summe von rund 4 Millionen Franken genannt. Von einer Festsetzung des Betrages im Gesetz wurde dagegen Umgang genommen und hierfür die Passung eines besonderen Bundesbeschlusses vorgesehen. Dieser Vorschlag wurde sowohl vom Nationalrat, wie vom Ständerat ohne Änderung gutgeheissen.

II.

Heute, nachdem bereits 1% Jahre seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes verstrichen sind, und die Kantone auf die Ausrichtung dieser Reserven angewiesen sind, erachten wir es für richtig, dass der Bundesbeschluss betreffend die Festsetzung des Betrages der Reserven gefasst und damit die Auszahlung dieser Reserven möglich gemacht wird. Die Kantone sind auf die Auszahlung dieser Reserven um so mehr angewiesen, als die Alkoholverwaltung in der ersten Geschäftsperiode der Wirksamkeit des neuen Alkoholgesetzes nicht das Reinerträgnis abwerfen wird, wie im Voranschlag der Alkohol Verwaltung vorausgesehen worden, war. Die beträchtlichen Schwierigkeiten, mit denen, die Inkraftsetzung des neuen Alkoholgesetzes notwendigerweise zu kämpfen hatte, setzten in der ersten Geschäftsperiode das Reinerträgnis der AlkoholVerwaltung herunter. Die Ursache dafür ist einerseits in der hemmenden Wirkung der alten Branntweinvorräte auf den Trinkspritverkauf der Alkoholverwaltung und auf den Eingang der Monopolgebühren und Steuern, und anderseits in dem riesigen Ausmass der Aufwendungen der Alkoholverwaltung für die Übernahme von Kernobstbranntwein in der Übergangszeit zu suchen.

Die Alkoholverwaltung musste im Zeitraum vom 21. September 1982 bis.

Ende 1933 nicht weniger als 18 Millionen Liter Kernobstbranntwein (72,000 hl 100%) mit einem Kostenaufwand von rund 16 Millionen
Pranken aus den Ernten 1931 und 1932 übernehmen, ohne dass ihr hierfür entsprechende Einnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Sie hat damit in hohem Masse zur Verminderung des Branntweinverbrauche beigetragen; denn ohne diese Übernahme wären die 18 Millionen Liter Kernobstbranntwein, die nun zum grössten Teil als Brennspiritus Verwendung finden, samt und sonders getrunken worden.

Die Erhöhung der Trinkspritpreise von Fr. 200 auf Fr. 500 je Hektoliter musste zur Bildung von Vorräten bei Privaten, Brennern, Wirten und Händlern und in der ersten Zeit der Wirksamkeit des neuen Gesetzes zu einer Absatz-

-926 Stockung führen. Dieso Vorräte konnten auch durch die Vorrätesteuer nicht genügend erfasst werden. Immerhin ist zu erwarten, dass die Alkoholverwaltung bereits im Laufe des gegenwärtigen Jahres wieder zum Verkauf, und so zu neuen Einnahmen gelangen wird.

Aas den vorerwähnten Gründen ist die AIkoholvcr\valtung nicht in der Lage, den Kantonen nach Abschluss ihrer ersten Geschäftsperiode das von ihnen erwartete Betreffnis auszurichten. Deshalb ist in der Sitzung der kantonalen Finanzdirektoren vom 24. November 1938 das Begehren gestellt worden, dass zunächst einmal eine Abschlagszahlung auf Rechnung des künftigen Erträgnisses zur Ausrichtung und ausserdem die gemäss Art. 76 des Alkoholgesetzes den Kantonen zustehenden verfügbaren Eeserven der Alkohol"Verwaltung zur Verteilung gelangen sollten. Dieses Begehren ist im März 1934 in der Weise erneuert worden, dass in nächster Zeit den Kantonen auf Rechnung der künftigen Erträgnisse der Alkoholverwaltung ein Vorschuss von Fr. 1. 50 je Kopf der Bevölkerung und in der zweiten Hälfte des Jahres 1934 auch die Beserven zur Auszahlung gelangen sollten.

Wir haben diesem Begehren in der Weise entsprochen, dass wir die Alkoholverwaltung ermächtigt haben, den Kantonen auf Beatmung ihres Erträgnisses für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 30. Juni 1984 eine Abschlagszahlung von Fr. --: 50 je Kopf der Wohnbevölkerung auszuzahlen. Ferner wurde das Finanzund Zolldepartemcnt beauftragt, die gegenwärtige Vorlage zu einem Bundesbeschluss betreffend die Verteilung der verfügbaren Eeserven vorzubereiten.

Die Auszahlung des Vorschusses von 50 Bappen je Kopf der Wohnbevölkerung ist im Monat April vorgenommen worden. Sie dürfte ungefähr dem Kantonsanteil am Erträgnis entsprechen, das die Alkoholverwaltung aus ihrer ersten Geschäftsperiode voraussichtlich erzielen wird, wenn von einer Abschreibung der Vorräte an Kernobstbranntwein, oinschliesslich der Mengen, die bereits als Brennspiritus gebucht werden mussten, Umgang genommen wird.

Die Auszahlung der Eeserven der Alkoholverwaltung au die Kantoue sollte allerdings erst erfolgen müssen, wenn die Alkoholverwaltung in der Lage ist, diese Beserven aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die Alkoholverwaltung verfügt heute wohl über ca. 25 Millionen Liter Vorräte an gebrannten Wassern. Diese Vorräte können aber erst zu Geld gemacht
werden, wenn der Verkauf wieder anzieht. Für heute schuldet die Alkoholverwaltung infolge der a-ussergewöhnlich grossen, durch keine entsprechenden Einnahmen gedeckten Aufwendungen für die Übernahme von Kernobstbranntwein dein Bund 12 Millionen Franken. Wir hätten es deshalb begriisst, wenn mit der Ausrichtung der Beserven noch solange hätte zugewartet werden können, bis das Wiedereinsetzen normaler Verkaut'sverhältnisse die schrittweise Abtragung der Schuld der Alkoholverwaltung beim Band ermöglicht.

Wir verstehen aber, dass die Kantone bei ihrer schwierigen derzeitigen Finanzlage darauf drängen, dass die Auszahlung der Eeserven beschleunigt wird. Wir sind deshalb bereit, unsere Bedenken zurückzustellen und dem

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Begebren nach Ausrichtung der Ecserven in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres zu entsprechen. In diesem Sinne unterbreiten wir Ihnen auch die gegenwärtige Vorlage, Freilich darf dabei nicht übersehen werden, dass die Reserven nicht aus den Mitteln der Alkoholverwaltung verteilt, sondern vom Bund vorgeschossen werden müssen. Es ist nun aber darauf hinzuweisen, dass gemäss Art. 71 des Alkoholgesetzes nicht nur der Bund, sondern auch die Kantone verpflichtet sind, der Alkoholverwallung die zur Durchführung des Alkoholgesetzes erforderliehen Mittel zinsfrei zur Verfugung zu stellen. Der Bund hat bis jetzt von den Kantonen die Bereitstellung solcher Mittel nicht verlangt, trotzdem er der Alkohol ver waltun g bereits namhafte Beträge vorschiessen musste. Für die Hälfte dieser Vorschüsse werden die Kantone mit 2% Zins belastet. Der Bund muss sich vorbehalten, auf diese Frage zurückzukommen, wenn die Alkoholverwaltung, z. B. bei einer neuen grossen Obsternte, wiederum vor grosse Anforderungen gestellt würde. Freilich darf erwartet werden, dass die alten Branntweinvorräte zu Ende gehen und die Einnahmen der Alkoholverwaltung aus dem Verkauf von Trinksprit und aus den Monopolgebuhren und Steuern so zunehmen, dass die Alkoholverwaltung selber wieder die nötigen flüssigen Betriebskapitalien erhält.

III.

Für die Festsetzung der verfugbaren Reserven der Alkoholverwaltung ist laut Art. 76 des Alkoholgesetzes der Stand der verfügbaren Eeserven im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Alkoholgesetzes massgebend. Man kann sich fragen, ob damit der 21. September 1932, d. h. der Zeitpunkt gemeint ist, da das neue Gesetz teilweise in Kraft gesetzt wurde, oder der 1. Januar 1933, der Zeitpunkt des endgültigen Inkrafttretens des Gesetzes in allen seinen Teilen. Praktisch ist die Frage nicht von grosser Bedeutung, weil eine wesentliche Vermögensveränderung innerhalb dieser beiden Zeitpunkte nicht stattgefunden hat. Abzustellen ist unseres Erachten» auf das Ende des Jahres 1932, das gleichzeitig den Abschluss der Wirksamkeit des alten Gesetzes und den Abschluss des letzten Geschäftsjahres alter Ordnung bedeutete. Für diese Auslegung spricht auch der "umstand, dass das Beinertragnis der Alkoholverwaltung im Jahr 1932 noch in seinem ganzen Umfange nach den Bestimmungen des alten Gesetzes und demgemäss ausschliesslich unter die Kantone verteilt worden ist, ohne dass gegen dieses Vorgehen von irgendeiner Seite Einwände erhoben worden sind. Erst mit dem ], Januar 1933 hat die Eechnungsführung der Alkoholverwaltung nach don Bestimmungen des neuen Alkoholgesetzes begonnen.

Wir gelangen deshalb zu dem Schluss, dass für die Verteilung der Beserven der Vermögensstand der Alkoholverwaltimg am 31. Dezember 1982 als massgebend betrachtet werden muss.

Der Bechnungsabschluss der Alkoholvcrwaltung für das Jahr 1932 zeigt auf Ende 1932 folgende Bilanz-.

928 Hauptbuch Seite

156 26 183 185 81 136 180 187 117 140 141 153 116 Hauptbuch

Aktiven.

Lagerhausbauten und Einrichtungen Verwaltungs- und Chemiegebäude in Bern. . . .

Lagervorräte Schweizerische Nationalbank «Konto A» . . . .

» » «Depot-Konto» . .

Postcheckdienst Eidgenössisches Finanz- und Zolldepartement . .

Guthaben bei den Lagerhäusern Grundpfand-Darlehen Vorschüsse auf Obstbranntwein Torschüsse auf Obstverwertung Vorschüsse betreffend Kartoffelverwertung. . . .

Aktivrestanze Passiven.

Fr.

8,403,294.68 618,567/55 5,938,886,*-- 19,005.75 20,000.-- 56,463'26 6,026,401 .55 19,071.72 1,467,217.90 1,072,285. 75 10,000.*-- 240,500.-- 109,131.72 18,995,825. 88 Fr.

Seite

155 28 132 84 101 85 75 76 188 142 157 102 152 189 146

Amortisationen Fonds zur Verlegung des Lagerhauses Aarau . .

Fonds für Lagerergänzungen Eeservefonds Spezial-Reservefonds Betriebsfonds Versicherungsfonds Verlustausgleichsfonds Kontokorrentguthaben der Spritbezüger Bussen (unverteilte) Verleiderfonds Hinterlagen (Kautionen) Verschiedene Debitoren und Kreditoren Passivrestanzen Saldovortrag auf 1983

4,021,862.28 18,842.15 400,000. -- 500,000.-- 150,000.-- 3,000,000.-- 1,107,465.10 900,000. -- 27,372. 22 10,329. 65 36,105.26 20,000.-- 599,224. 51 8,189,242.60 20,382.16 18,995,825. 88

Als verfügbare Eeserven sind in dieser Bilanz! folgende Posten zu bezeichnen : Eeservefonds Fr. 500,000 Spezial-Eeservefonds » 150,000 Betriebsfonds » 3,000,000 Fonds für Lagerergänzungen » 400,000 Fonds zur Verlegung des Lagerhauses Aarau » 18,842 Total Fr. 4,063,842

929 Die beiden letztgenannten Fonds können zwar angesichts ihres besonderen Zweckes nicht ohne weiteres als verfügbar betrachtet werden. Sie können aber im gegenwärtigen Zeitpunkt entbehrt werden. Nicht als verfügbar muss jedoch der Verlustausgleichsfonds gelten, dit mit der Bestimmung geschaffen worden ist, die Innehaltung stabiler Brenn- und Industriespritpreise zu gewährleisten und der Versicherungsfonds, der die Selbstversicherung eines grossen Teiles der Vorräte deckt. Immerhin halten wir es für möglich, aus dem letzteren Fonds noch einen Betrag von Fr. 18,257 zu entnehmen, damit der Betrag der gesamten verfügbaren Reserven auf Fr. 4,077,099 festgesetzt werden kann.

Diese Summe entspricht dem Betreffnis, das nötig ist, um nach den gemass Art. 76 des Alkoholgesetzes im vorliegenden Falle anwendbaren Bestimmungen des Art. 22 des alten Alkoholgesetzes vom 29. Juni 1900 den Kantonen l Franken je Kopf der ortsanwesenden Bevölkerung auszurichten.

Da der Bundesbeschluss keinen allgemein verbindlichen Charakter trägt, untersteht er dem Referendum nicht.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme und benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 27. April 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident :

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Festsetzung des Betrages der den Kantonen zu verteilenden verfügbaren Reserven der Alkoholverwaltung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 27. April 1934, beschliesst :

Art. 1.

Der Betrag der den Kantonen gemäss Art. 76 des Bundesgesetzes über die gebrannten "Wasser vom 21. Juni 1932 zu verteilenden verfügbaren Reserven der Alkoholverwaltung wird auf Fr. 4,077,099 festgesetzt.

Dieser Betrag ist auf der Grundlage von einem Franken je Kopf der durch Volkszählung vom l, Dezember 1930 ermittelten ortsanwesenden Bevölkerung unter die Kantone zu verteilen.

Art. 2.

Die Verteilung der den einzelnen Kantonen zukommenden Betreffnisse ist sofort vorzunehmen.

Art. 3.

Dieser Bundesbeschluss tritt, da nicht allgemein verbindlich, sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Festsetzung der den Kantonen auszuzahlenden verfügbaren Reserven der Alkoholverwaltung. (Vom 27. April 1934.)

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1934

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18

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02.05.1934

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