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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 8. Juli 1932 betreffend die eidgenössische Darlehenskasse.

(Vom 18. Juni 1934.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom S. Juli 1932 betreffend die eidgenössische Darlehenskasse zu unterbreiten.

Mit diesem Beschlussentwurfe wird einem Postulat Folge gegeben, das Herr Nationalrat Dollfus am 12. Juni 1934 gestellt hat und das wie folgt lautet : «Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht raschesten» den Kammern die Abänderung der Bundesbeschlüsse über die eidgenössische Darlehenskasse beantragt werden sollte, um der Kasse zu gestatten, wirkungsvoller in die Liquidation der Schweizerischen Diskontbank und allenfalls noch anderer Banken, wie der Bank in Zofingen, die ihre Zahlungen einstellen mussten, einzugreifen.» Der Schalterschluss der schweizerischen Diskontbank in Genf bringt tausende von Gläubigern dieser Bank in eine schwierige und verwickelte Lage, da sie wohl Schuldtitel von realem Wert besitzen, jedoch aussèr Stande sind, dieselben auch nur teilweise zu mobilisieren. Die Bilanz, welche die richterlich eingesetzte Verwaltungskommission aufgestellt hat, zeigt, dass die Gläubiger nach menschlichem Ermessen voll gedeckt sind, obschon die Aktiven nach einem sehr strengen Massstab eingeschätzt wurden. Dieser an sich günstige Umstand ändert indessen nichts an der gegenwärtigen Lage der Gläubiger, die gezwungen sind, die allmähliche Liquidation der Aktiven abzuwarten, bevor sie über einen Teil ihrer Vermögenswerte verfügen können ; die Liquidation wird aber wahrscheinlich lange Zeit in Anspruch nehmen.

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Bei früheren Bankkatastrophen haben die Gläubiger die Nachteile einer vollständigen und langdauernden Immobilisation nicht in dem Masse erfahren, ·wie sie die Gläubiger der schweizerischen Diskontbank zu gewärtigen hätten.

Nach kurzer Zeitspanne haben sie jeweilen mehr oder weniger bedeutende Zahlungen erhalten, denn in der Eegel übernahm eine Bank oder eine Bankengruppe wenigstens einen Teil der Aktiven des in Schwierigkeit geratenen Institutes und erleichterte so die Liquidation. Die in Liquidation befindlichen Banken waren überdies Unternehmen von geringerer Bedeutung, die leicht absorbiert oder liquidiert werden konnten. Bei der schweizerischen Diskontbank handelt es sich jedoch um ein grosses Institut, dessen Aktiven eine bestehende Bank nicht einmal teilweise zu übernehmen in der Lage wäre. Bei der heutigen Wirtschaftslage könnten die Banken den Gläubigern der Diskontbank auch kaum erhebliche Vorschüsse gewähren. Solche Vorschüsse würden für die Banken, die bereits grosse eigene Forderungen gegen die Diskontbank gestündet haben, eine Immobilisierung bedeuten, überdies könnten sie Vorschüsse nur zu ungünstigen Bedingungen gewähren, welche die Vorschussnehmer in den meisten Fällen mit einem bedeutend höheren Zins, als ihre Guthaben selbst abtragen, belasten würden.

Die Lage der tausenden von Gläubigern der Diskontbank, die ihre Vermögenswerte benötigen, kann am einfachsten dadurch erleichtert werden, dass man die Darlehenskasse ermächtigt, diese Werte teilweise zu mobilisieren.

Eine solche Hilfe bedingt in mehreren Punkten eine einschneidende Änderung der Gesetzgebung über die eidgenössische Darlehenskasse. Dieses Institut berücksichtigt jetzt nur im Handelsregister eingetragene Firmen; nicht eingetragene, natürliche oder juristische Personen sind also ausgeschlossen. Sollen nun die Gläubiger einer Bank, welche die Zahlungen eingestellt hat, an einer Hilfe teilhaben, so muss die Darlehenskasse ermächtigt werden, auch im Handelsregister nicht eingetragene Personen zu berücksichtigen. Die Kasse bewilligt Darlehen nur gegen auf drei Monate fällige Wechsel, die durch Pfänder gedeckt sind. Die Wechseldiskontierung wird aber viel zu umständlich, sobald die Darlehenskasse mit einem ausgedehnten Kundenkreis auch von - Privaten verkehren kann. Man sollte daher vorsehen, dass sie Bankgläubigern
Vorschüsse auch im Konto-Korrent gegen Verpfändung der Bankguthaben geben kann. Erweitert man so das Tätigkeitsgebiet der Darlehenskasse, so müssen gleichzeitig auch ihre Betriebsmittel erhöht werden. Die Gesamtsumme der Kredite, die sie jeweilen bewilligen kann, ist grundsätzlich auf 200 Millionen Franken begrenzt; der Bundesrat sollte jedoch die Möglichkeit haben, nach Anhörung der Nationalbank der Darlehenskasse eine Überschreitung dieser Summe auf höchstens 300 Millionen zu gestatten. Die Ermächtigung dazu könnte durch Teilbeträge von einigen Millionen Franken allgemein oder für bestimmte Fälle erteilt werden.

Damit der in Frage stehende Bundesbeschluss sich sofort praktisch auswirken kanii, sollte er von den eidgenössischen Räten noch in der Junisession

615 verabschiedet werden und unverzüglich in Kraft treten. Die wirtsame Hilfe, die der Beschluss den Gläubigern der Diskontbank bringen will, erfordert und rechtfertigt dieses dringliche Verfahren.

Wir empfehlen Ihnen den nachfolgenden Bundesbeschlussentwurf zur Annahme und benützen die Gelegenheit, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 18. Juni 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates :

Der Bundespräsident: Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler:

O.'BoTet.

616 (Entwurf.)

ßimde&beschluss über die

Abänderung des Bundesbeschlusses vom 8, Juli 1932 betreffend die Errichtung einer eidgenössischen Darlehenskasse.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 18. Juni 1934, beschliesst:

Art. 1.

Der Art. l, Abs. l, des Bundesbeschlusses vom 8. Juli 1982 betreffend die Errichtung einer eidgenössischen Darlehenskasse *) wird wie folgt ergänzt : Die Kasse ist ermächtigt, den Gläubigern (Firmen und im Handelsregister nicht eingetragenen, natürlichen oder juristischen Personen) einer Bank, welche die Zahlungen eingestellt hat, die Mobilisierung ihrer Guthaben auf diese Bank zu erleichtern.

Es wird ein Art. 5bi8 aufgenommen, der lautet: Die Kasse kann Firmen und im Handelsregister nicht eingetragenen, natürlichen oder juristischen Personen Darlehen auf Wechsel oder KontoKorrent gewähren gegen Verpfändung von Guthaben auf Banken, welche die Zahlungen eingestellt haben ; diese Guthaben können bis zu 50 % ihres Wertes belehnt werden.

Art. 9bl8 wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Der Gesamtbetrag der Kredite, welche die Kasse jeweilen bewilligen kann, ist auf 200 Millionen Franken begrenzt. Der Bundesrat kann indessen nach Anhörung der Nationalbank die Kasse ermächtigen, Kredite bis zu höchstens 100 Millionen Franken über diesen Betrag hinaus zu bewilligen.

Art. 2.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

*) A. S. 48, 337 und 4t), 251.

-x-gra

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 8. Juli 1932 betreffend die eidgenössische Darlehenskasse. (Vom 18. Juni 1934.)

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1934

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3151

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20.06.1934

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613-616

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