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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer Konzession für eine Standseilbahn von Grindelwald nach First.

(Vom 4. Juni 1934.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Herr Adolf Michel, Notar in Interlaken, und die Firma Lo singer & Co., Ingenieurbureau und Bauunternehmung in Bern, haben in den Jahren 1931 und 1932 Gesuche um die Erteilung einer Konzession für eine Luftseilbahn oder eine Standseilbahn von Grindelwald nach der Langenbalmegg, genauer nach First (Punkt am Höhenweg Grosse Scheidegg-Faulhorn) eingereicht.

Kurz vorher hatte sich eine andere Gruppe um eine Konzession für eine Standseilbahn von Grindelwald nach der ebenfalls gegen die Faulhornseite gelegenen Nothalden beworben. Dieses Gesuch wurde später, nachdem der Bau- und Eisenbahndirektion des Kantons Bern eine Verständigung der beiden Komitees gelungen war, wieder fallen gelassen.

Zwischen den Projekten der Gruppe Michel und Losinger & Co. lassen die Bewerber den Konzessionsbehörden freie Wahl. Da nach unserer, von Ihnen wiederholt gebilligten Konzessionspraxis der Standseilbahn grundsätzlich der Vorzug vor der Luftseilbahn gegeben wird, wenn beide Systeme miteinander in Wettbewerb treten und die Standseilbahn nicht unverhältnismässig mehr kostet, scheidet das vorliegende Luftseilbahnprojekt aus -- die Entscheidungskompetenz hegt bei Luftseilbahnen übrigens beim Post- und Eisenbahndepartement -- und bleibt als einzige Vorlage das Konzessionsgesuch für eine Standseilbahn Grindelwald-First vom 12. Juli 1982.

Das Gesuch wird im wesentlichen wie folgt begründet: Grindelwald sei der älteste Winterkurort der Schweiz. Als solcher habe es erstmals 1888/89 die Pforten seiner Hotels den Gästen geöffnet. Seither habe sich der Winterfremdenverkehr und -sport in der ganzen Schweiz mächtig entwickelt. Immer mehr werde aber von den Gästen nicht nur der Schnee, sondern auch die Sonne gesucht. Da nun in Grindelwald während einigen Wochen zur Zeit des kürzesten Tages die Sonne ihre Strahlen nicht bis ins Dorf

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zu werfen vermöge, hätten sich, zahlreiche Gäste von diesem Frenidenort abgewandt, wodurch er von seiner ehemaligen Bedeutung verloren habe. Dazu liege der Ort mit seinen nur 1000 in Meereshöhe, im Vergleich zu andern "Wintersportplätzen (Murren 1600 m, St. Moritz 1800 m), sehr tief. Dies habe eine vorzeitige Abreise der Gäste zur Folge.

Diese Mängel könnten mit dem Bau einer Bahn in das auf ca. 2000 m Hohe gelegene, grossartige Skigebiet an den lawinensichern Hängen zwischen Grosser Scheideg und Bachalp behoben werden. Sie würde für Grindelwald mit seinen 30 Hotelbetrieben mit rund 1500 Fremdenbetten eine neue Anziehungskraft ausüben.

Die Standseilbahn, für die die Konzession nachgesucht wird, erschlösse die sogenannte Grindelwaldner Sonnen- und Bellevueseite, d, h. die Skifelder, Spazier- und Tourenwege von der Bergstation westlich bis zur Schynigeu Platte, nach Bötihorn, Simelihorn, Faulhorn, nach der Bussalp, östlich bis Grosse Scheidegg und darüber hinaus nach Bosenlaui-Reichenbach-Meiringen und nördlich zum Schwarzhorn, Wildgerst- und Gerstenhorn sowie zu den zwischen diesen und der Axalp gelegenen Alpen. Auch von der geplanten Zwischenstation Chrisegg aus würden sich anziehende Spazierwege, nach Westen durch Tannenwälder, nach Osten über Alpweiden und nach Norden dem Mühlebach entlang aufwärts eröffnen.

Daneben soll die Bahn der ausgedehnten Alpwirtschaft an den Südabhängen der Faulhorngruppe dienstbar gemacht werden, namentlich für Milchtransporte. Die Alp Grindel allein gelte mit ihren 476 Kuhrechton als eine der grossieri Bergschaften der Schweiz, Alp Scheidegg zähle 365 und Alp Bach 263 Kuhrcchte. Zu diesem. Zwecke sind zwei ergänzende Schwebebahnen vorgesehen, die eine von der Zwischenstation Chrisegg nach Grindel-Unterläger und von der Bergstation First nach Bach-Oberläger. Da auf diesen Schwebebahnen keine Personenbeförderung stattfinden soll, fallen sie für die Konzessionierung nicht in Betracht.

Dem technischen Bericht zur Eingabe und dem Kostenvoranschlag entnehmen wir folgende Hauptangaben: !. Sektion

II. Sektion

Total

T ..

Lange 0

, Bahn o ,
2218 2010 m 4228 der ,,1rf m .,,,,,.

.___ m \ waagrecht. . .

2155 m 1884 m 4089 m Höhenunterschiede 466,63 m 686,20 m H02,83 m untere Station . . 1059 m. ü. M.

Zwischenstation. . 1525 m. ü. M.

B e r g s t a t i o n . . . . 2161 m. ü. M.

Sektionen l l 2 .Zwischenstationen: l bei Chrisegg; eventuell noch bei Klusi und Gadenstatt Spurweite: 1,0 m ( Minimum 11 % 11 % 11 % Neigungen Maximum 36% 49,6 % 49,5 % l(, AUTOMI Mittel

Bundesblatt.

86. Jahrg. Ed. II.

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Totat I. Sektion II. Sektion 250 m 250 m ,,. . , ,. ( auf offener Strecke 250 m Mmimalradien ; , .

., 250 m 250 m ^ in den Ausweichen 250 m Tunnel: keine unterbau: ausschliesslich Eisenbeton-Balkenbrücken Oberbau: 29,6 kg/m' Keilkopfschienen auf Hartholzschwellen 2 à 60 Pers. 2 à 60 Pers. 4 à 60 Pers.

Personenwagen, geschlossen 3 Geschwindigkeit m/sec >20 3)00 Stundenleistung in jeder Eichtung, bei ca. 2' U n i s c h l a g s z e i t . . . . 270 Personen 270 Personen 270 Personen oben: oben: Antrieb/Motorstärke 200 PS 145 PS Güterverkehr : vorgesehen Betriebssystem : elektrisch Betriebsdauer: 15. Juni--80. September 15. Dezember--81. März 2,247,000. total Fr.

1,212,000 1,035,000 Kostenvoranschlag 532,000 pro kin Fr.

545,000 518,000 70,000Angenommene Beisendenzahl. . .

Konzessionsgemässe Taxen 6.50 Bergfahrt Fr.

3.-- 4.-- 4.-- Talfahrt Fr.

1.80 2.40 9.-- Hin und her Fr.

4. -- 5. 50 851,000» Einnahmen Fr.

206,000 Ausgaben Fr.

145,000 Einnahmenüberschuss . . . . F r .

Verzinsung des Anlagekapitals (nach Einlage von Fr. 85,000 in verschiedene Fonds) .

6,5 % Der Ausgangspunkt der Bahn liegt unweit der Kirche von Grindelwald s,, die Bergstation auf 2161,83 m Höhe ü. M. auf der Langenbalmegg-First.

In baulicher Beziehung.weist das Projekt eine bemerkenswerte Neuerung; auf. Die mit Eücksicht auf den Winterbetrieb erwünschte Hoehlegung der Bahn zwecks leichterer Schneeräumung soll nicht mehr wie bisher üblich durch.

Anordnung langer Mauerwerksdämme und Viadukte erzielt werden, sondern; durch ein neues Bausystem. Der Bahnkörper besteht einheitlich aus Eisenbetonbalken von 10,0 m Länge, die zum grossen Teil auf dreibeinigen Stativböcken aus Eisenbeton, in den Einschnitten dagegen auf betonierten niedrigen Pfeilern ruhen. Balken und Stützen sollen auf einem Werkplatz in der Nähe der Talstation fabrikmässig hergestellt und nach ausreichender Erhärtung mit Hilfe maschineller Vorrichtungen rasch montiert werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Oberbau und die Seiltragrollen ebenfalls schon auf dem Werkplatz im Tal montiert und mit den Tragbalken gleichzeitig maschinell versetzt, d. h. vorgebaut werden können. Diese Bauweise soll bedeutende Ersparnisse ermöglichen, weil fast alle Bauteile auf einem bequem gelegenen und

375 eingerichteten Werkplatz in Serien hergestellt werden können, die Mauerwerkskubatur auf einen verhältnismässig kleinen Bruchteil der nach dem bisherigen Bausystem notwendigen beschränkt wird und schliesslich weil infolge maschinellen Vorbaues der fertigen Teile ein Minimum an Transportkosten aller Art erreicht wird. Besonders vorteilhaft wirkt sich dieses Verfahren in einem Gelände aus, wo wie hier kein natürliches Baumaterial im Baubereich selbst gewonnen werden kann. Das vorgeschlagene neue BauSystem eignet sich, sorgfältige Arbeit natürlich vorausgesetzt, ohne weiteres in ruhigem Gelände und da, wo keine Lawinen, Steinschläge, Schneerutsche und Holzfälle zu gewärtigen sind. Rutschiges Gelände muss vorgängig konsolidiert oder durch Erstellung weniger starrer und weniger empfindlicher Baukörper (Erddämme, Steindämme) unschädlich gemacht werden. Wo Lawinen, Steinschläge und Schneerutsche zu befürchten sind, müssen die Stativbeine der Stützen durch Mauerwerk wirksam gegen Beschädigungen geschützt werden.

Bei den hier vorliegenden Verhältnissen ist der Bau einer solchen Bahn möglich, Die vorgesehenen Fahrgeschwindigkeiten von 3,20 m/s für die I; Sektion und 3,0 m/s für die II. Sektion sind zulässig. Die Gesamtsumme des Kosten·Voranschlages, der auf ausführlichen Berechnungen beruht und einen Kilometerpreis von Fr. 582,000 ergibt, dürfte genügen.

Der Rentabilitätsberechnung ist eine jährliche Zahl von ca. 70,000 Eeisenden zugrunde gelegt. Diese Zahl erscheint, soweit wir sie zu beurteilen vermögen, ziemlich optimistisch. Anderseits sind jedoch in der Ausgabeurubrik ausser reichlichen Einlagen in den Erneuerungsfonds noch bedeutende Einlagen in andere Fonds vorgesehen (Reserve- und Tilgungsfonds usw.).

so dass eine gewisse Rendite auch dann noch möglich erscheint, wenn sich die optimistischen Frequenzerwartungen nicht ganz erfüllen sollten.

Gegen das vorliegende Konzessionsgesuch besteht nun eine Einsprache der Wengernalpbahngesellschaft, die befürchtet, durch die neue Bahn erheblich konkurrenziert zu werden, und dies gerade in einem Zeitpunkt, wo sie unter dem Druck der Landesgegend nach vorgenommenen Verbauuungen den Winterbetrieb auf die ganze Strecke Grindelwald-Scheidegg ausdehnen müsse.

Dass die neue Bahn der Wengernalpbahn eine gewisse Konkurrenz bereiten würde, kann nicht ohne weiteres
von der Hand gewiesen werden. Wohl ist anzunehmen, dass die Sommergäste die eine wie die andere Bahn ohne besondere Bevorzugung benützen werden. Die meisten dürften nach wie vor bestrebt sein, wenigstens einmal nach dem Jungfraujoch zu fahren. Die Wintergäste dagegen werden sich bei der Auswahl nach den Sport- und Schneeverhältnissen richten. Grindelwald hat tatsächlich vermöge seiner Lage in der kalten Jahreszeit wenig Sonne. Es muss daher, will es weiterhin als Winterkurort gelten, seine Gäste auf die Höhen bringen können und vor allem den Skifahrem mit einer Bahn die Sonnseite von Grindelwald mit ihren anerkannt schönen hochgelegenen Skifeldern erschliessen. Der Winterbetrieb der Wengernalpbahn bis zur Kleinen Scheidegg muss, falls er inskünftig überhaupt durchgeführt wird, von Zeit zu Zeit bei eintretender Lawinengefahr eingestellt.

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·werden. Eine Einbusse Grindelwalds als Wintersportort würde in erster Linie auch die Wengernalpbahn treffen. Vermag aber die neue Bahn dem Kurort einen neuen Aufschwung zu bringen, so wird daraus die Wengernalpbahn ebenfalls Gewinn ziehen. Diesen Standpunkt vertreten auch die Eisenbahn direkt-ion des Kantons Bern sowie die Gemeindebehörde, der Kur- und der Hotelierverein von Grindelwald. In diesem Zusammenhange mag noch erwähnt werden, dass im Jahre 1907, also nach Eröffnung der Wengernalpbahn bereits eine Bundeskonzession für eine elektrische Schmalspurbahn von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen und für eine solche von der Grossen Scheidegg nach dem Faulhorn erteilt worden war.

Die Kantonsregierung hat mit Schreiben vom 14. September 1938 das vorliegende Bahnprojekt befürwortet und ist. wie auch die Gesuchsteller mit dem Konzessionsentwurf einverstanden. Dieser halt sich an den gewohnten Konzessionstypus.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Bundesbeschlussentwurf zur Annahme und benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 4. Juni 1934.

Im tarnen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler :

G. Bovet

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über die

Erteilung einer Konzession für eine Standseilbahn von Grindelwald nach First.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht eines Gesuches des Herrn Adolf Michel, Notar in Interlaken, und der Firma Losinger & Co., AG., Bauunternehmung in Bern, vom 12. Juli 1932, einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1934, beschliesst : L

Herrn Adolf Michel, Notar in Interlaken, und der Firma L o singe r & Co., AG., Bauunternehmung in Bern, wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Standseilbahn von Grindelwald nach First unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt:

Art. 1.

Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

' ;.

' Art. 2.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

'

Art. 8.

Die Konzession gilt für die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet.

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Art. 4.

Der Sitz der zu bildenden Aktiengesellschaft wird in Grindelwald sein.

Art, 5.

Die Mehrheit der Direktion, des Verwaltungsrates und eines allfälligen Verwaltungsratsausschusses soll aus Schweizerbürgern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, gebildet werden.

Das ständige Personal soll aus Schweizerbürgern bestehen.

Art. 6.

Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen. Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7.

Die Ausführung des Bahnbaues sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die vom Bundesrat aus militärischen Bücksiehten verlangten Erweiterungsund Ergänzungsbauten sowie Zerstörungsvorkehren hat die Gesellschaft auf ihre Kosten auszuführen.

Art. 9.

Die Bahn wird mit Spurweite von 1,,, m erstellt und elektrisch betrieben.

Art. 10.

Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, die durch die Bauarbeiteu zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Begierung unentgeltlich abzuliefern.

379

Art. 11.

Den eidgenössischen Aufsichtsbeamten ist zu jeder Zeit freier Zutritt zu allen Teilen der Bahn zu gewähren sowie das zur Vornahme der Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 12.

Der Bundesrat kann verlangen, daas Beamte oder Angestellte der Bahn, die in der Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Gesellschaft selbst eingeschritten wird, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden. Das gleiche gilt gegebenenfalls gegenüber Mitgliedern der Verwaltung, denen vorübergehend oder dauernd Dienstverrichtungen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind.

Art. 18.

Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Stückgütern.

Art. 14.

Die Gesellschaft ist ermächtigt, den Betrieb der Bahn auf die Zeit vom 15. Juni bis 30. September und vom 15. Dezember bis 31. März zu beschränken.

Das eidgenössische Eisenbahndepartement kann ihr gestatten, den Betrieb später aufzunehmen oder ihn früher einzustellen, wenn der Zustand der Bahnlinie oder die Witterungsverhältnisse es erheischen. Im allgemeinen ist ihr anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sich auf fahrplanmässige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 15.

Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse verwenden, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Art. 16.

Für die Beförderung von Personen können Taxen bis zum Betrag folgender Ansätze für die Person und die ganze Linie bezogen werden : Für die Bergfahrt . Fr. 6.50 Für die Talfahrt » 4.-- Für die Hin- und Bückfahrt » 9,-- Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofern für sie kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird. Für Kinder zwischen dem vierten und ·dem zurückgelegten zwölften Altersjahr darf die Half te der Taxe erhoben werden.

380 Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, die im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu. ermässigter Taxe auszugeben.

Für die Einwohner der Gemeinde Grindelwald bleiben ermässigte Taxen vorbehalten, die vom Bundesrat- nach Anhörung der Gesellschaft festgesetzt werden.

.Art. 17.

Jeder Beisende ist berechtigt, 10 kg Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Wagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck und für Stückgüter können Taxen auf der ganzen Strecke (Berg- oder Talfahrt) per 100 kg bis .auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Gepäck Fr. 2.60 Güter » 1.80 Die Mindesttaxe für eine Sendung wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 18.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg gerechnet. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil yon 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Art. 19.

Die in Art. 16 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen nur den Transport von Station zu Station. Das Gepäck und die Stückgüter sind von den Aufgebern an die Stationsplätze aufzuliefern und von den Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen ist- Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe hierfür in der Begel nicht erhoben werden.

· ' .

Art. 20.

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 21.

Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Bahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Alt. 22, Das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen ist verhältnismässig herabzusetzen, .wenn der Jahresgewinn in sechs

38t aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes ein/seine der drei letzten Jahre 6 % des Aktienkapitals übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichtcrungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend .Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dein Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 23.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 % des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung dos nach gegenwärtiger Konzession zulässigen Höchstbetrages der Beförderungspreise. Über das Hass der Erhöhung entscheidet der Bundesrat.

Art. 24.

Die Gesellschaft ist verpflichtet: a. einen Eeservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen sowie zur Deckung anfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu äufnen durch jährliche Kücklage von mindestens 5 % des Jahresgewinnes, bis 10 % des Aktienkapitals erreicht sind; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versichern; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen oder das Personal bei einer Anstalt zu versichern, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 % des Aktienkapitals übersteigt ; d. die .Beisenden gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Art. 25.

Pur die Ausübung des Eückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern gelten folgende Bestimmungen : a. Der Eiickkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf l. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Eückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

6. Durch den Bückkauf wird der Bückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und aller übrigen Zugehör. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich der Pensiona- und Unterstützungsfonds vor-

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behalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung nicht Genüge getan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds nicht dazu ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Bückkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Eückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1969 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Beinertrages derjenigen zehn Kalenderjähre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Bückkauf der Gesellschaft angekündigt -wird, unmittelbar vorangehen; sofern der Bückkauf zwischen dem 1. Januar 1969 und 1. Januar 1984 erfolgt, den 22%fachen Wert ; wenn der Bückkauf zwischen dem 1. Januar 1984 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Beinertrages -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Beinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Beinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Bückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufes der Konzession ist nach der Wahl des Bückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen, /. Streitigkeiten, die über den Bückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 26.

Hat der Kanton Bern den Bückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Bückkaufsrecht, wie es im Art. 25 vorgesehen ist, jederzeit auszuüben, und der Kanton Bern hat unter den gleichen Bechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieses Beschlusses, der am 1934 in Kraft tritt, beauftragt.

B

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer Konzession für eine Standseilbahn von Grindelwald nach First. (Vom 4. Juni 1934.)

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Jahr

1934

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

3139

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.06.1934

Date Data Seite

372-382

Page Pagina Ref. No

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