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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Bundesbeschlusses über vorübergehende Massnahmen zur Vorbereitung der Reorganisation und Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom 16. November 1984.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen Menait unsere Botschaft zu einem vorübergehenden, dringlichen Bundesbeschluss über verschiedene, die Eeorganisation der Bundesbahnen vorbereitende und einleitende Massnahmen zu unterbreiten.

Allgemeines.

Die Notwendigkeit einer gründlichen Sanierung unseres Staatsbahnnetzes kann vernünftigerweise von niemand bestritten werden, der die Lage dieses Unternehmens kennt. Betriebsrechnung, Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz tun sie mit einer zu greifbaren Deutlichkeit dar. Die Eechnungen schliessen seit einigen Jahren mit Defiziten von ungefähr 50 Millionen ab, wobei man keine Hoffnung auf nahe Besserung hegen kann.

Die schon bedeutende Verschuldung verschärft sich in einem Jahresrhythmus von durchschnittlich 85 Millionen; Ende 1934 wird sie 8 Milliarden 100 Millionen überschreiten. Gleichzeitig gehen die Einnahmen zurück, ohne dass die Ausgaben -- trotz der durch das Einanzprogramm vom Oktober 1983 auferlegten Herabsetzung der Besoldungen ·-- im gleichen Verhältnis sinken.

Die Wirtschaftskrise einerseits mit den Einschränkungen aller Art in ihrem Gefolge, die Erschwernisse, die sie dem Austausch bereitet, der daraus entspringende Verkehrsschwund, der sich den schon sehr schweren Lasten, unter denen die Bundesbahnen leiden, zugesellt, anderseits die durch die stetige Entwicklung des Automobilismus hervorgerufene radikale Umgestaltung im Transportgewerbe sind, neben anderen Ursachen sekundärer und besonderer Natur, die wesentlichen und allgemeinen Gründe dieses beunruhigenden Zustandes.

701 Wie dem abhelfen ? An eine Erhöhung der Tarife ist nicht zu denken. Sie sind -- einige unter ihnen wenigstens -- ohnehin schon sehr hoch und lasten schwer auf der nationalen Wirtschaft. Die Anstrengungen müssen auf ihre Herabsetzung, nicht das Gegenteil gerichtet sein.

Die erste Massnahme musste darin bestehen, sich soviel wie möglich den neuen Verhältnissen anzupassen und die Kosten kräftig einzuschränken.

Die Bahnverwaltung hat sich energisch und zähe dahinter gemacht. Die erzielten Ergebnisse gereichen ihr zur Ehre. Von 1931 bis 1933 sind die Betriebsausgaben von Fr. 283,300,000 auf Fr. 259,900,000 gesenkt worden; 1984 werden sie ohne Zweifel Fr. 249,000,000 nicht überschreiten. Auch die Bauausgaben sind stark zurückgegangen, von Fr. 94,608,000 im Jahre 1931 auf Fr. 41,875,000 im Jahre 1933. 1934 werden sie wahrschanlich Fr. 40,500,000 nicht erreichen und für 1935 sind nur noch Fr. 35,600,000 budgetiert. Beim gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung und unter Anwendung der Befugnisse, die der Generaldirektion und dem Verwaltungsrat wie dem Bundesrat zustehen, ist es kaum mehr möglich, wesentlich weiter zu gehen. Xun genügt dies aber offensichtlich nicht, wie die Verschuldung der SBB zeigt, die Ende 1931 Fr. 2,867,000,000 erreichte und Ende 1934 nicht weniger als Fr. 3,120,000,000 betragen wird.

Weitere tiefgreifende Massnahmen drängen sich auf.

Sodann hiess es die Entwertung aufhalten, die das Bahnnetz erfuhr durch die schrankenlose Konkurrenz des Automobils und die Anarchie im Transportgewerbe, unter der alle Unternehmungen, gleichviel ob solche des Strassenverkehrs oder Eisenbahnen, litten und die beide zum grossen Schaden des Landes mit dem langsamen aber sicheren Untergang bedrohte.

Eine Einordnung war unerlässlich, wie allseitig anerkannt wird. Die Schwierigkeit lag in der Art der Verwirklichung. Es konnte sich nicht darum handeln, das Auto der Bahn zu opfern und die Wirtschaft der durch dasselbe gebotenen Vorteile zu berauben; ebensowenig aber, die Eisenbahn schutzlos der täglich schärfer werdenden irrationellen Verkehrsabwanderung preiszugeben; noch weniger, ein weitausgreifendes und schwerfälliges Transportmonopol, unter dem Industrie, Handel, Landwirtschaft und Eeiseverkehr erstickt wären, zu schaffen -- die entschiedene Hinneigung unseres Volkes zu freiheitlichen Grundsätzen hätte
dies übrigens nicht gestattet. Die Lösung konnte nur in einer billigen und vernünftigen Teilung der Aufgaben gefunden werden. Der vom Parlament eben angenommene Gesetzesentwurf soll ihre Verwirklichung ermöglichen. Es ist sehr zu wünschen, dass ihm nicht durch einen Eeferendumsfeldzug Schach geboten werde.

Erst von da aus konnte eine Eeorganisation der Bundesbahnen mit Nutzen an die Hand genommen werden. Vorerst mussten einerseits die durch die gegenwärtige Ordnung diktierten Mindestausgaben, anderseits die Tätigkeit festgesetzt werden, die der Schiene künftig zufallen solle; sonst wären alle Vorschläge, weil theoretisch und abstrakt, vergeblich gewesen.

Es handelt sich ja nicht nur darum, Hand an die administrative Verwaltung der SBB zu legen. Gewiss sind Vereinfachungen noch möglich und wünschbar.

Bundesblatt. 86. Jahrg. Bd. III.

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Die damit zu erzielenden Ersparnisse, so ·willkommen sie selbstverständlich sind, erreichen jedoch nicht eine Höhe, dass sie eine sehr merkliche Erleichterung bringen werden. Man darf nicht übersehen, dass das Gesetz von 1923 in diesem Gebiet bereits eine wichtige Eeform verwirklicht hat. deren gute Wirkungen sich täglich erweisen. Das Gesetz hat das Staatsnetz von der Überorganisation, unter der es litt, befreit und bedeutend erleichtert. Die paar noch möglichen Änderungen sind lediglich Ergänzungen dieses meisterlichen Werkes.

Die Beorganisation, die sich heute aufdrängt, beschlägt vielmehr die -- rechtliche und finanzielle -- Verfassung des Unternehmens, ganz besonders seine kommerzielle und technische Anpassung an die durch die wirtschaftlichen Verhaltnisse und das Automobil geschaffene neue Lage. Die Eigenart des Betriebes selber steht mit im Spiel. Daraus erhellt die Wichtigkeit der Eeform und ihre Schwierigkeit.

Längst hat übrigens die Sorge um die Existenz und die Zukunft der SBB die verantwortlichen Instanzen unter verschiedenen Gesichtspunkten beschäftigt.

Generaldirektion und Verwaltungsrat haben 1930 einen ersten Alarmruf ausgestossen. Ihre Broschüre »Caveant Consules» lenkte mit grossem Ernst die Aufmerksamkeit der Behörden und des Schweizervolkes auf die Schwierigkeiten, mit denen die Unternehmung mehr und mehr zu kämpfen hatte. Das Post- und Eisenbahndepartement verfolgte seinerseits mit wachsender Unruhe die vor sich gehende Entwicklung und verhehlte sich ihre Schwere keineswegs.

Sein Vorsteher ersuchte daher -- im März 1932 -- die Bundesbahnverwaltung um einen Bericht, «welche Massnahmen zu ergreifen seien, um den Bundesbahnen eine gesunde Finanzlage zu sichern und ihnen zu ermöglichen, normale Tilgungen vorzunehmen und der Volkswirtschaft am besten zu dienen».

Dieser Bericht wurde ihm am 7. Eebruar 1933 übergeben. Er kündigte überdies eine notwendige Ergänzung über die Ordnung des Verhältnisses zwischen Eisenbahn und Auto an. Diese Ergänzung datiert vom 26. Juni gleichen Jahres. Inzwischen hatte das Post- und Eisenbahndepartement eine konsultative Konferenz einberufen, an der von hervorragenden Persönlichkeiten der Politik und Wirtschaft über die Grundlinien der notwendigen Beorganisation Aussprache gepflogen wurde, die die darauffolgenden Arbeiten beeinflusste.

Als erstes
Ziel derselben galt es die mögliche Lösung hinsichtlich der Beziehungen Schiene-Strasse zu erreichen. Soweit sind wir heute; Sache des Volkes ist es, das geschaffene Werk stillschweigend oder ausdrücklich gutzuheissen.

Die zweite Aufgabe muss die Eeorganisation im eigentlichen Sinne ins Auge fassen. Der Verwaltungsrat hatte hiezu verschiedene Vorschläge gemacht, ohne sie jedoch, aus leichtverständlichen Gründen, in die Form eines GesetzVorentwurfes zu kleiden. Wie für die 1923er Eevision, lag es dem Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartementes ob, im Benehmen mit der Generaldirektion der SBB den gesetzgeberischen Ausdruck für die verlangte Änderung zu

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prägen. Er ist in dieser Arbeit von den Direktoren der Eisenbahnabteilung und der Finanz ver waltung unterstützt worden. Das Ergebnis seiner Untersuchungen wurde gemäss Art. 9 des Gesetzes vom 1. Februar 1923 dem Verwaltungsrat der SBB zur Vernehmlassung zugestellt. Dieser hat sich soeben geäussert.

Sein Bericht, vom 16. Oktober 1934, ist Ihnen bereits ausgeteilt worden. Da Sie seinen Inhalt kennen, clarfen wir uns einer "Wiedergabe als enthoben betrachten. Die darin enthaltenen Anregungen werden Gegenstand einer baldigen und sorgfältigen Prüfung bilden.

Man darf aber nicht etwa glauben, es genüge, den Vorentwurf zum endgültigen Entwurf und hierauf zum Gesetz zu erheben, um die Eeorganisation der Bundesbahnen zu verwirklichen. Denn diese ist ein langwieriges Werk von bedeutender Tragweite und höherem Interesse für das Land. Die technischen oder eisenbahnwirtschaftlichen Fragen, die hauptsächlich die Fachleute des Transportwesens angehen, stellen nur eines der Elemente des Problems dar und sind allein nicht entscheidend. Es gibt andere, mindestens ebenso wichtige, die ebenfalls geprüft und gelöst werden müssen, und zwar vor einer endgültigen Entscheidung. Sie sind finanzieller, wirtschaftlicher und politischer Art, im weitern Sinn dieses Wortes. Ohne die Mitarbeit des Fachmannes auszuschliessen, erheischen sie in noch höherem Masse die gedankliche Arbeit und das Urteil des Verwaltungsmannes, die Konzeption und Tat der Eegierung.

Die erste dieser Fragen, vielleicht die heikelste, ist die der finanziellen Deckung des Entwurfes. Wie aus den schon erschienenen Berichten oder Aktenstücken erhellt, wird eine wirkliche Sanierung der SBB kaum weniger als etwa 50 Millionen jährlich kosten. Andernfalls bliebe das Unternehmen mit Verpflichtungen belastet, die ihm nicht gestatteten, alle Verbindlichkeiten inskünftig zu erfüllen. Man würde eine neue Verschuldung und die Rückkehr einer der heutigen ähnlichen Lage riskieren, was um jeden Preis verhindert werden muss. Fünfzig Millionen alljährlich sind aber schwer aufzubringen, und die Aufgabe unseres Finanz- und Zolldepartements wird dadurch keineswegs erleichtert. Sie wird noch schwieriger durch den Umstand, dass die Eeorganisation der Bahn die Frage der Pensionskasse auf wirf t; dazu steckt die Kasse des Personals der Zentralverwaltung in ebenso misslichen
Verhältnissen wie die der SBB. Man darf sich daher nicht verwundern, wenn es einige Zeit erfordert, um eine befriedigende Lösung zu finden, die praktisch verwirklicht werden kann.

Ein anderes Problem, dem die Eeorganisation der SBB ruft, ist das der Sanierung der Privatbahnen. Allerdings stellt sich dieses Problem nicht so, wie man es von gewisser Seite wahrhaben möchte. Eechtlich und in finanzieller Hinsicht ist die Lage der SBB und die der Privatbahnen ihrem Wesen nach verschieden, um nicht zu sagen entgegengesetzt, und zwar -- selbstverständlich -- im Verhältnis zum Bund.

Eechtlich besitzen die Bundesbahnen kein Eigendasein; die Rechtspersönlichkeit fehlt ihnen. Sie unterscheiden sich vom Bund nicht, noch sind sie von ihm abgetrennt. Nicht nur sind sie dessen Eigentum, sondern bilden

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einen Bestandteil, der eng mit den übrigen Teilen zusammenhängt. Sie bilden einen der zahlreichen eidgenössischen Dienstzweige, wenn sie auch eine verhältnismässige Autonomie besitzen und getrennte Eechnung führen. Kurz, sie sind nichts anderes als ein Teil der Bundesverwaltung. Eechtlich gehen sie vollständig im Bund auf.

Nicht so die Privatbahnen. Sie haben eine vom Bund unabhängige Eigenexistenz und hangen von ihm nur durch die Konzession und die Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung ab; in diesem Eahmen sind sie jedoch frei und selbstherrlich. Eechtlich bindet keine gemeinsame Verantwortlichkeit Bund und Privatbahnen aneinander.

Finanziell treten die Unterscheidungsmerkmale nicht weniger scharf zutage. Die Bundesbahnen haben, da sie kein Eechtssubjekt sind, eigentlich keine Schulden; vielmehr hat der Bund für die Bedürfnisse seines Bahnnetzes solche kontrahiert, was etwas ganz anderes ist. Der Bund ist nicht nur Bürge oder Garant der Verpflichtungen der Bundesbahnen, sondern er ist deren direkter und einziger Schuldner. So werden z. B. die sogenannten Bundesbahnanleihen nicht durch sie aufgenommen, sondern durch das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement, gleich wie die Anleihen für die übrigen Bedürfnisse der Bundesverwaltung; nur dass sie Gegenstand einer getrennten Buchführung bilden. Schuld des Bundes ist daher alles, was von oder vielmehr für die Bundesbahnen geschuldet wird. Wenn er die SBB saniert, saniert er seine eigene Lage. Er bringt dabei kein neues Opfer, übernimmt keine neue Verbindlichkeit uud ladet sich keine neue Last auf; er erfüllt nur seine bestehenden Verpflichtungen. Darüber kann bei niemand, der über juristische Grundkenntnisse verfügt und einigermassen mit der Organisation der SBB bekannt ist, ein Zweifel bestehen, und es ist lediglich auf eine bequeme aber ungenaue Gewohnheit zurückzuführen, dass man Bund und Bundesbahnen als finanziell voneinander unabhängig ansieht. Irrig und daher gefährlich wäre es aber, von dieser Vorstellung auszugehen, um die Eeorganisation zu unternehmen oder darüber zu urteilen. Die Eeorganisation geschieht vor allem im Interesse des Bundes, dessen Finanzen durch die Defizite seines Bahnnetzes bedroht sind.

Anders bei den Privatbahnen. Der Bund haftet weder direkt noch indirekt für ihre Schulden. Wenn er für sie einstände, würde er
damit ein wirkliches Opfer bringen; er würde auf diese Weise eine Verpflichtung auf sich nehmen, die er heute nicht hat und würde damit dem Schweizervolk eine neue Last aufbürden. Seine eigene finanzielle Lage würde dadurch nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschlimmert.

Es war angezeigt, an diesen Sachverhalt zu erinnern, um genau festzustellen, wie sich das Problem der Sanierung der Privatbahngesellschaften im Verhältnis zur Eeorganisation der SBB stellt und die leichten aber falschen Gegenüberstellungen sowie die bequemen aber unzutreffenden Angleichungen, aus denen man irrige Schlüsse ziehen könnte, abzuschneiden.

Nichtsdestoweniger springt es in die Augen, dass, wenn auch der Bund gegenüber den Privatbahnen weder die rechtliche Stellung noch die finanzielle

705 Verantwortlichkeit besitzt, die ihm die Bundesbahnen auferlegen, er sich vom wirtschaftlichen Standpunkt aus ihr Schicksal nicht gleichgültig sein lassen kann. Die Grosse ihres Netzes entspricht fünf Sechsteln des verstaatlichten Eisenbahnnetzes. Sie bewältigen ungefähr einen Drittel des Keisendenverkehrs und ein geringes weniger vom Güterverkehr. Die Zahl der von ihnen verzeichneten Eeisendenkilometer beträgt 15 % des schweizerischen Totais und die der Tonnenkilometer 6,6 %. Ihre Betriebseinnahmen stellen 17 % der gesamten Einnahmen und ihre Ausgaben 17,5 % der gesamten Betriebsausgaben dar. Ihre Bolle bleibt daher im Leben des Landes und des Bundes eine wichtige.

Dieser muss sich mit ihnen befassen. Tatsächlich tut er dies schon jetzt. Aber das Privatbahnproblem ist weder derselben Ordnung noch derselben Art wie das der Bundesbahnen. Deshalb muss man sich hüten, sie miteinander zu vermengen: man würde sonst das eine wie das andere unlösbar machen. Die beiden Probleme dürfen auch nicht miteinander verbunden werden; dasjenige der Reorganisation der SBB ist etwas für sich; es wird durch die rechtlichen und finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Staatsbahn bestimmt; das Problem der Privatbahnsanierung ist davon verschieden, es wird bestimmt durch die Bedeutung jeder einzelnen Unternehmung für die allgemeine Wirtschaft und durch die besondere Lage, in der sich die betreffende Unternehmung befindet.

Hinwiederum ist sicher, dass das Nebeneinanderbestehen dieser beiden Probleme einen Einfluss auf ihre Lösung ausübt, so dass man keines für sich behandeln und dabei das andere aus den Augen verlieren kann. Die Untersuchung wird demnach für beide mehr oder weniger gleichzeitig erfolgen. Auf alle Fälle wird die Prüfung des Privatbahnproblems zeitlich so vorgerückt werden müssen, dass das Land beim Entscheid über die SBB-Eeorganisation die Sachlage kennt. Man wird die nötige Zeit daraif verwenden müssen.

Der Entwurf selbst, wie er aus den Beratungen des Verwaltungsrates hervorgegangen ist, wird nicht verfehlen, lebhafte und lange Erörterungen auszulösen. Schon jetzt, bevor er vom Bundesrat seine endgültige Fassung erhalten hat, ruft er eine öffentliche Auseinandersetzung hervor, die leider nicht frei von Leidenschaftlichkeit ist. Anhänger einer streng staatlichen imd finanziellen Lösung auf der einen,
Verfechter einer Eeform, die in der rechtlich und kaufmännisch absoluten Selbständigkeit der Unternehmung das Heilmittel gegen ihre Übel suchen, auf der andern Seite, scheinen aufeinander stossen zu wollen! Zu den technischen, wirtschaftlichen und fiskalen Schwierigkeiten des Problems werden sich überdies politische Gegensätze gesellen. Die Dauer der parlamentarischen Beratungen wird zweifellos davon beeinflusst werden. Hierauf die Eeferendumsfrist und vielleicht der Eeferendumsfeldzug.

Vorausgesetzt, das Volk nehme das Gesetz stillschweigend oder ausdrücklich an, so wäre seine Anwendung doch nicht von heute auf morgen möglich. Dem Übergang vom alten zum neuen Eegime wird eine sorgfältige Vorbereitung vorangehen müssen. Damit ist gesagt, dass auch im günstigsten Fall wenigstens zwei bis drei Jahre verstreichen werden, bis die Reorganisation beendet

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ist und ihre Wirkung zu entfalten beginnt. Die Lage des Staatsbahnnetzes gestattet aber nicht, so lange untätig zu bleiben. Eine gewisse Anzahl Massnahmen, die geeignet sind, die Schwere der Lage zu mildern, können und müssen ergriffen werden. Es wäre unverantwortlich, sie aufzuschieben. Aus diesem Grunde haben die verschiedenen Amtsstellen, die im besondern damit beauftragt sind, die Reorganisation der SBB zu studieren, zu beantragen und zu verwirklichen, es als notwendig erachtet, ihr sobald als möglich eine einleitende und provisorische Anpassung der Verwaltung und des Betriebes an die gründlich veränderten Umstände, unter denen sie arbeitet, vorangehen zu lassen. Der Vorsteher unseres Post- und Eisenbahndepartements, der darin mit der Generaldirektion der SBB vollständig einig geht, hat den Verwaltungsrat über diesen Punkt wie auch über die endgültige Eeorganisation des Netzes befragt. Es geschah dies mit Schreiben vom 12. Juni 1934, dessen Wortlaut am Schluss der gegenwärtigen Botschaft (Beilage Nr. 1), begleitet vom Vorentwurf des Bundesbeschlusses, auf den das Schreiben sich bezieht (Beilage Nr. 2), wiedergegeben ist. Unterm 11. Juli hat der Verwaltungsrat darüber beraten. Seine Antwort ist in zustimmendem Sinne ausgefallen und in Beilage Nr. 3 auszugsweise enthalten. Der Vorcntwurf wurde alsdann in enger Zusammenarbeit mit dem Finanz- und Zoll département bereinigt.

Es handelt sich -- wie man sich schon beim blossen Lesen überzeugen kann -- nicht darum, die Eeorganisation der Bundesbahnen vom regelmässigen und gesetzlichen Wege abweichend zu bewerkstelligen. Ein Problem von solcher Bedeutung muss in ungeschmälerter Zusammenarbeit der eidgenössischen Eäte beraten und gelöst werden. Jedes andere Vorgehen wäre verfehlt und verhängnisvoll zugleich. Auch das Schweizervolk muss sich -- wenn es dies begehrt -- zu einer Umgestaltung äussern können, deren Vor- oder Nachteile für seine Finanzen und seine Wirtschaft schwere Folgen haben können. Eine «gewaltsame» Lösung wäre nicht nur den fundamentalen Grundsätzen unseres demokratischen Staates zuwider, sondern sie würde wegen ihres Ursprunges auf schwachen Eüssen stehen und Gefahr laufen, mehr Böses als Gutes zu wirken.

Es handelt sich auch nicht darum, dem Bundesrat «unbeschränkte Vollmachten» zu erteilen, kraft welcher er auf dem Verordnungswege
in alle Fragen betreffend Organisation und Betrieb der Bundesbahnen eingreifen könnte.

Was wir bezwecken, ist, unverzüglich die dringendsten und indiskutabelsten Anpassungen vornehmen zu können, wobei das politische Problem der grundsätzlichen Diskussion über die Hauptsache überlassen bleiben mag. Die vorgesehenen Massnahmen werden weder an die A'orrechte des Parlaments, noch diejenigen des Bundesrates, noch die gesetzlichen Bechte des im Dienste stehenden Personals rühren. Die Beziehungen zwischen SBB und Bund bleiben bis zur Abstimmung über das Eeorganisationsgesetz die gleichen wie heute. Dagegen können Verwaltung und Betrieb vereinfacht und rationalisiert werden, wo immer die Umstände es gebieten oder erlauben. Die Betriebsweise wird sich nach den Fortschritten der Technik, der unter dem Antrieb des

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Automobilismus vorwärtsschreitenden Entwicklung sowie nach den neuen Bedürfnissen der Wirtschaft richten. Endlich werden die Arbeitskräfte, die die SBB trotz dem Verkehrsrückgang sollten einstellen müssen, nur provisorisch, im Angestelltenverhältnis, aufgenommen; sie werden vor dem Inkrafttreten des Reorganisationsgesetzes nicht Beamte ; dem Gesetz stehen dann nicht neue «wohlerworbene Bechte» entgegen.

Zusammengefasst bezweckt der Bundesbeschluss, den wir Ihnen beantragen, der Verwaltung und dem Betrieb der SBB die mit den fundamentalen Grundsätzen der gegenwärtigen Ordnung verträglichen Verbesserungen zu bringen, gegen die die Unternehmung schwer bedrohenden Defizite wirksamer ankämpfen zu können, ihre Sanierung einzuleiten und endlich ihre Beorganisation vorzubereiten und zu erleichtern, wobei die Zukunft vorbehalten bleibt.

Nach diesen Darlegungen über die Notwendigkeit und der Umschreibung des Zieles der Beorganisation haben wir hienach ihren Charakter genauer zu bestimmen, ihre Tragweite abzugrenzen und ihre Bestimmungen eingehender zu erläutern.

II.

1. Die Eechtsnatur des Bundesbeschlusses.

Hinsichtlich der Form, in welcher dem Bundesrat die nachgesuchte Ermächtigung erteilt werden soll, neigen wir grundsätzlich der Ansicht zu, dass hiefür auch der Erlass eines einfachen, nicht allgemein verbindlichen Bundesbeschlusses hätte genügen können. Gegenstand des Erlasses bilden zur Hauptsache nur Fragen der inneren Organisation der Bundesbahnen und ihres Betriebes. Ferner handelt es sich nicht um Anordnungen, durch welche neue allgemein verbindliche Eechtssätze aufgestellt werden sollen. Die vorgesehenen Massnahmen beschlagen vornehmlich das Gesetz vom 1. Februar 1923 über die Organisation und Verwaltung der Bundesbahnen. Die beabsichtigten Vereinfachungen sollen den Bahraen von auf die neuzeitlichen Bedürfnisse abgestellten Vollzugamassnahmea zum geltenden Organisationsgesetz nicht überschreiten.

Sie brauchten daher eigentlich nur in die Form des einfachen, nicht allgemein verbindlichen Bundesbesehlusses gekleidet zu werden.

Wenn der Bundesrat Ihnen trotzdem vorschlägt, die angesuchte Ermächtigung in Form eines dringlich zu erklärenden Bundesbeschlusses zu erteilen, so lässt er sich hiefür von folgenden Erwägungen leiten : Trotz dem vorübergehenden und provisorischen Charakter der vorzunehmenden
Anpassungen wird angesichts der Bedeutung und des Interesses, welche jede die Bundesbahnen beschlagende Massnahme heute in der Öffentlichkeit beanspruchen darf, das bisher nur mehr oder weniger theoretisch erörterte Problem der Eeorganisation und Sanierung der Bundesbahnen erstmals in den Bereich praktischer, seine endgültige Lösung vorbereitender Massnahmen gerückt. Diesem Umstand kommt unseres Erachtens eine nicht zu unterschätzende politische Bedeutung zu.

708 Die Bundesversammlung hat schon mehrmals Eisenbahngeschäfte, welche vermöge ihrer politischen und zumeist auch finanziellen Bedeutung in der Öffentlichkeit erhöhtem Interesse begegneten, in der Form des allgemein verbindlichen Bundesbeschlusses erledigt. Wir erinnern u. a. an den Bundesbeschluss vom 27. Juni 1890 über den Ankauf von Prioritätsaktien der Jura-Simplon-Bahn, den Bundesbeschluss vom 25. Juni 1891 über den Ankauf der schweizerischen Zentralbahn, die Bundesbeschlüsse vom 80. Juni 1897 und 18. Juni 1907 über die Bundessubventionen für den Bau der Bisenbahnen im Kanton Graubünden und den Bundesbeschluss vom 24. September 1907 über die Gewährung einer Bundessubvention für den Bau der Lötschbergbahn. Angesichts dieser Praxis des Bundesgesetzgebers scheint es uns nicht richtig, dem ersten Erlass zur Vorbereitung der heute im Brennpunkt des öffentlichen Interesses stehenden Beorganisation und Sanierung der Bundesbahnen eine andere Form zu verleihen als es bei andern, vergleichsweise vielleicht weniger bedeutenden Erlassen des Bundes in Eisenbahnsachen geschehen ist.

Für dieses Vorgehen spricht die weitere Erwägung, dass der Bundesrat die Bundesbahnbehörden behufs Anpassung an die heutigen Verhältnisse zu einigen Abweichungen vornehmlich vom Bundesgesetz über die Organisation und Verwaltung der Bundesbahnen soll ermächtigen können. Da anlässlich der Beorganisation der Bundesbahnen im Jahre 1928 u. a. die Umschreibung der Kompetenzen der Kreisdirektionen in das Gesetz selbst aufgenommen worden ist, welche Beordnung sich heute einer raschen Anpassung nicht günstig erweist, erachten wir es für angebracht, dass die auf diesem Gebiet beabsichtigten Vereinfachungen durch einen gesetzlichen Erlass ausgesprochen werden, wofür nach der Lage der Umstände und im gegenwärtigen Zeitpunkt nur noch ein dringlich erklärter allgemein verbindlicher Bundesbeschluss in Frage kommt.

Einzelne der vorgesehenen Anpassungen beschlagen zudem nicht bloss die interne Organisation der Bundesbahnen allein. Die in Ziff. 2 des Art. l des Entwurfes allgemein umrissenen Massnahmen greifen unter Umständen auch in gewissem Umfange in die Beziehungen zwischen Bahn und Bahnbenützer ein, z. B. dort, wo es sich darum handeln wird, zu prüfen, ob^nicht zufolge der veränderten Verkehrsverhältnisse auch Personen statt in Eisenbahnzügen
in besonders konstruierten leichten Schienenfahrzeugen oder mit Automobilen auf der Strasse befördert werden sollen. Bei diesen Transportarten wird aus betrieblichen Gründen der gesetzliche Anspruch auf Beförderung (Transportpflicht) unter Umständen etwas zurücktreten müssen. Dies sind die Gründe, die uns veranlagst haben, Ihnen statt eines einfachen einen allgemein verbindlichen Bundesbeschluss zu unterbreiten. Ferner beantragen wir, diesen Ermächtigungsbeschluss mit der Dringlichkeitsklausel auszustatten.

Die Ihnen nachstehend noch näher umschriebenen Massnahmen werden Ihnen beweisen, dass durch diesen Beschluss kein Notrecht geschaffen werden soll, wie z. B. durch den Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933, durch welchen zur Wahrung höchster Landesinteressen und vorläufig ohne eine ausdrückliche Verfassungsbestimmung ein vorübergehend allgemein verbindliches neues

709 Steuerrecht geschaffen werden musste. Die Dringlichkeit soll nur die ungesäumte Einführung derjenigen Vereinfachungen in der Organisation und der Anpassungen des Betriebes der Bundesbahnen an die heutigen Verhältnisse ermöglichen, soweit sie, ohne dem künftigen Gesetz vorzugreifen, durchführbar sind. Gerade zum Zwecke unaufschiebbarer und ohne Präjudiz weder für Verfassung noch Gesetz durchführbarer Massnahmen ist der dringlich erklärte, allgemein verbindliche Bimdesbeschluss als in Art. 89 der Verfassung verankertes Institut unseres Bundesstaatsrechtes immer wieder herangezogen worden.

Im vorliegenden Fall kann unseres Erachtens um so unbedenklicher die Dringlichkeit verfügt werden, als der Beschluss selber ausdrücklich als befristet erklärt werden soll und der Bundesrat Ihnen mit aller der Sache angemessenen Beschleunigung den Entwurf eines neuen Gesetzes über die Organisation und Verwaltung der dem Bunde gehörenden Eisenbahnen vorzulegen gedenkt.

Wir beantragen, die Geltungsdauer des Beschlusses bis zum Inkrafttreten eines neuen Bundesbahngesetzes, längstens aber bis zum 31. Dezember 1937 festzusetzen. Diese Zeitspanne sollte selbst bei den zu erwartenden mannigfachen Erörterungen, welche der Gesetzesentwurf nach sich ziehen wird, genügen.

Auf diesen Zeitpunkt hin werden Sie auch Ihre weitern Entschliessungen über den gleichermassen befristeten dringlichen Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die ausserorclentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes im Bundeshaushalt zu treffen haben, dessen Art. 31 bestimmt, dass die durch Einsparungen frei werdenden Mittel sowie die dort vorgesehenen neuen Einnahmen neben der Herstellung des Gleichgewichtes im Bundeshaushalt auch zur Ordnung der Finanzlage der Bundesbahnen zu verwenden seien.

2. Die Stellung der Privatbahnen.

Sobald es sich darum handelt, den Bundesbahnen eine gewisse Anpassung ihres Betriebes an die gegenwärtigen Verhältnisse zu gestatten, erhebt sich sogleich die Frage, inwieweit der Bundesrat nicht auch zur Gewährung der nämlichen Erleichterungen an die Privatbahnunternehmungen ermächtigt werden sollte.

Diese Frage ist denn auch von Verwaltungsrat und Generaldirektion der Bundesbahnen dadurch aufgeworfen worden, dass der Verwaltungsrat in seiner Vernehmlassung vom 11. Juli 1934, worin er zu dem vom Post- und Eisenbahndepartement ausgearbeiteten Vorentwurf eines Bundesbeschlusses über die vorübergehenden Massnahmen zur Vorbereitung der Eeorganisation und Sanierung der Bundesbahnen Stellung genommen hat, einer weit allgemeiner gehaltenen Fassung derjenigen Bestimmung des Entwurfes das Wort redete, welche von der Anpassung an die heutigen Verhältnisse handelt. Danach sollten sowohl den Bundesbahnen als den Privatbahnen die für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendigen Ausnahmen von einzelnen gesetzlichen Bestimmungen wenigstens allgemein so weit bewilligt werden, als dies dem Bundes-

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rat zweckmässig und mit den Interessen der Volkswirtschaft sowie mit der Wahrung der Betriebssicherheit vereinbar erschienen wäre.

Es ist durchaus zuzugeben, dass die Mehrzahl der normal- und schmalspurigen, für den allgemeinen Verkehr des Landes wichtigen Privatbahnunternehmungen im gleichen Masse unter der Ungunst der -wirtschaftlichen Verhältnisse leiden wie die Bundesbahnen.

Indessen Sehen wir dennoch davon ab, die eigens für die Bundesbahnen vorgesehenen und auf deren besondere Organisation und Betrieb zugeschnittenen Massnahmen mit Vorkehren zu verquicken, die auch für die Privatbahnen ·von Bedeutung sein könnten.

Zunächst beschlagen die nach dem vorliegenden Beschlussesentwurf möglichen Massnahmen beinahe aiisschliesslich die innere Organisation der Bundesbahnverwaltung, welche bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes grundsätzlich durch das geltende Organisationsgesetz vom 1. Februar 1923 geregelt bleibt, dem die Privatbahnen nicht unterstehen. Dies gilt ganz besonders von der Verwaltungsorganisation im engern Sinne und vom Personalstatut, auf welchen beiden Gebieten die Privatbahnen vorbehaltlich ihrer Bindung an das Bundesgesetz über die Arbeitszeit beim Betriebe der Bisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten zum Unterschied von den Bundesbahnen völlige Freiheit besitzen, sich den gegenwärtigen Verhältnissen beliebig anzupassen.

Der vom Verwaltungsrat der Bundesbahnen eingebrachte Antrag auf Ersetzung der Ziffer 2 des Art. l des Entwurfes des Post- und Eisenbahndepartements durch eine allgemeiner gefasste Bestimmung hat uns veranlasst, zu untersuchen, in welchem Umfang gegenüber anderen gesetzlichen Bestimmungen und Bindungen mit Recht auch seitens der Privatbahnen auf Erleichterungen Anspruch erhoben werden könnte. Diese Prüfung hat ergeben, dass gegenwärtig nur noch sehr wenige Bestimmungen in Frage kämen, für welche im Eahmen eines dringlich erklärten Bundesbeschlusses besondere Ausnahmen vorgesehen werden konnten. Es handelt sich hauptsächlich um Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen dem Bunde und den Eisenbahnen im allgemeinen und in grundsätzlicher Hinsicht berühren, wie z. B. die Höhe der Entschädigung für den Transport von Postgut, über welche Frage wir übrigens auf Grund der seitens der Bundesbahnen rjacl der Privatbahnen an uns gerichteten Gesuche besondere Erhebungen
angeordnet haben. Wir glauben, dass mit Eucksicht auf den vorübergehenden Charakter der von uns zur Vorbereitung der Beorganisation der Bundesbahnen vorgeschlagenen Massnahmen noch nicht Fragen aufgeworfen werden sollten, die, wenn einmal in Angriff genommen, nichts ·weniger als eine Generalrevision der Eisenbahngesetzgebung überhaupt bedeuten würden, für welche wir, trotzdem wir uns ihre Eevisionsbedurftigkeit nicht verhehlen, den Zeitpunkt angesichts der gegenwärtigen Verhältnisse doch noch nicht für gekommen erachten.

Daneben kommen aber zurzeit sehr wenige gesetzliche Bestimmungen in Betracht, deren Lockerung unbedingt und im Eahmen des vorliegenden Beschlussesentwurfes auch für die Privatbahnen angestrebt werden musste.

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Was insbesondere die durch die Bundeskonzession den Privatbahnen auferlegten Verpflichtungen anbelangt, haben sich die einschlägigen Bestimmungen von jeher als bedeutend anpassungsfähiger erwiesen als die besondern gesetzlichen Pflichten der Bundesbahnen. Jedenfalls hatte es der Bundesrat dort, wo es sich bisher als unerlâsslich erwies, in der Hand, sowohl in Anwendung der Konzession selbst als in Vollziehung der einschlägigen Eisenbahngesetzgebung, gestützt auf deren Ausnahmebestimmungen, den Privatbahnen sozusagen auf allen Gebieten mannigfache Erleichterungen und Ausnahmen von den gesetzlichen und règlement arischen Bestimmungen zu gewähren, worüber wir Ihnen jeweils im Eahmen unseres Geschäftsberichtes im einzelnen Auf schiusa erteilt haben. Es handelt sich hier im wesentlichen um Erleichterungen, welche wir in Anwendung des Arbeitszeitgesetzes, des Nebenbahngesetzes und der Nebenbahnverordnung sowie des Transportreglements von jeher zu gewähren befugt waren, von welchen Möglichkeiten wir einen sehr weitgehenden Gebrauch gemacht haben und mit Ihrem Einverständnis auch weiterhin Gebrauch zu machen gedenken.

Wo es nicht zu umgehen war, haben wir Ihnen im Interesse der Befreiung einzelner Privatbahnunternehnumgen von gewissen in der Konzession enthaltenen drückenden Verpflichtungen Anträge auf Abänderung der betreffenden Konzessionen unterbreitet und werden, wo triftige Gründe dafür sprechen, auch weiterhin so verfahren.

Sollten wider Erwarten die vom Bundesrat den Privatbahnen bisher gewährten Erleichterungen auf die Dauer nicht genügen, um eine gewisse Anpassung des Betriebes an die veränderten Verhältnisse zu ermöglichen, so behalten wir uns vor, unbeschadet einer spätem Revision der Eisenbahngesetzgebung Ihnen hiefür einen besondern Beschlussesentwurf vorzulegen.

Wir beabsichtigen nicht, auf Grund der für eine provisorische und vorübergehende Vereinfachung der Organisation der Bundesbahnen nachgesuchten Ermächtigung hinsichtlich der Beziehungen zwischen Bahn und Bahnbenutzer den Bundesbahnen besondere Erleichterungen von gesetzlichen Verpflichtungen einzuräumen, welche wir in Anwendung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen nicht auch den Privatbahnunternehmungen gewähren können. Der Bundesrat behält sich übrigens vor, die der Bundesbahnverwaltung zu erteilenden Ermächtigungen an die
Erfüllung bestimmter Bedingungen zu knüpfen.

Endlich müssen wir darauf hinweisen, dass die vom Verwaltungsrat angeregte Bestimmung über Massnahmen zugunsten der Bundesbahnen und anderer schweizerischer Transportanstalten uns den von uns abgesteckten Eahmen der im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Massnahmen zu überschreiten scheint. Der unseres Erachtens etwas zu allgemein gefasste Text dieser Bestimmung könnte in der Praxis bei den zu erwartenden Lockerungen auf dem Gebiete der Eisenbahngesetzgebung zu einer nicht beabsichtigten Eechtsunsicherheit führen und musate deshalb zu Bedenken Anlass geben.

Unter Hinweis auf unsere vorstehenden Ausführungen über die Frage des Erlasses von auch die Privatbahnen betreffenden besondern Massnahmen,

712 glauben wir eine so weitgehende Emanzipation von gesetzlichen Bestimmungen dank der erwähnten Aufsichtspraxis unseres Post- und Eisenbahndepartements bei der Genehmigung der Tarife und beim Vollzug des Arbeitszeitgesetzes wenigstens zurzeit noch als entbehrlich erachten zu können.

UgD

3. Die finanzielle Entlastung der Bundesbahnen.

Der Verwaltungsrat vertrat gegenüber den im Vorentwurf unseres Postund Eisenbahndepartements, vorn 1. Juni 1984, vorgesehenen Massnahmen die Auffassung, dass diese an sich noch nicht ausreichen würden, um die im Interesse der Bundesbahnen und des ganzen Landes dringend wünsch bare Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes der Bundesbahnen baldigst zu verwirklichen. Er erachtete es angesichts des Eechnungsabschlusses des Jahres 1933 sowie des für das Jahr 1934 veranschlagten Ergebnisses für unerlässlich, dass schon im Eahmen eines die Eeorganisation und Sanierung vorbereitenden Bundesbeschlusses dem Bedürfnis der Bundesbahnen nach finanzieller Entlastung Eechnung getragen werde. Vom Gedanken ausgehend, dass diese Sanierung der Bundesbahnen vermittels Übernahme und Tilgung eines festen Anteils der Bundesbahnschuld durch den Bund angestrebt werden müsse, welche Lösung auf Grund vorläufiger Berechnungen der Generaldirektion eine Zinsentlastung der Bundesbahnrechnung um jährlich 30 bis 40 Millionen Franken gestatten würde, schlug der Verwaltungsrat die Aufnahme eines besondern Artikels in den Bundesbeschluss vor, der folgenden Wortlaut haben sollte : «Art. 2.

Bis zum Inkrafttreten eines neuen Bundesbahngesetzes, in dem das endgültige Ausmass der Schuldenentlastung der Bundesbahnen wird festgelegt werden, übernimmt der Bund die Deckung eines Teils der Kapitalzinsen, dessen Höhe jeweilen bei der Genehmigung der Jahresrechnung der Schweiz. Bundesbahnen durch die Bundesversammlung festgesetzt wird. Im Voranschlag des Bundes ist hiefür ein Betrag von mindestens 30 Millionen Franken vorzusehen.» Der Bundesrat verkennt weder die Bedenken des Verwaltungsrates gegenüber jeder weitern Verzögerung der für eine gründliche Sanierung der Bundesbahnen notwendigen Massnahmen noch die Gefahren, die eine weitere Verschlechterung der Finanzlage für diese selbst und für die Bundesfinanzen in sich bergen.

In dem von der Bundesversammlung genehmigten Voranschlag der Bundesbahnen für das Jahr 1934 schliesst die Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung des inzwischen eingetretenen Besoldungsabbaues mit einem Ausgabenüberschuss von 51,7 Millionen Franken ab. Ob und wieweit sich dieses Ergebnis bis Ende des Jahres noch etwas günstiger gestaltet, hängt von der Entwicklung der Verkehrseinnahmen ab. Obgleich im ersten Halbjahr 1934 noch eine gewisse Verbesserung festzustellen war, lassen die letzten Monats-

713 ausweise wieder Bückschläge erkennen. Auf jeden Fall inuss auch für das Jahr 1934 mit einem recht erheblichen Fehlbetrag gerechnet werden. Dies wird auch nach dem Ihnen inzwischen zugestellten Entwurf für den Voranschlag des Jahres 1935 der Fall sein. Ixur eine namhafte Belebung der allgemeinen wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse könnte eine wesentliche Verbesserung der vorgesehenen Ergebnisse herbeiführen, an deren Verwirklichung wir unter dem Eindruck der unvermindert anhaltenden wirtschaftlichen Krise heilte noch nicht zu glauben wagen.

Dass übrigens seitens der Bundesbahnbehörden alles getan wird, auch die Ausgaben weitmöglichst einzuschränken, beweisen die beständig sinkende Betriebsausgaben aufweisenden Monatsbulletins der Generaldirektion.

Bei dieser Sachlage ist es verständlich, dass der Verwaltungsrat zur Auffassung gelangt ist, es sollten angesichts der Wahrscheinlichkeit weiterer Verschlechterungen der Finanzlage und des Umstandes, dass die Durchführung der Sanierung wohl noch geraume Zeit in Anspruch nehmen dürfte, Mittel und Wege gesucht werden, um eine sofortige Entlastung der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbahnen herbeizuführen. Geschieht dies nicht, so werden die für die Sanierung notwendigen Aufwendungen später um so grösser sein müssen.

Indessen glaubt der Bundesrat der an sich begrüssenswerten Tendenz des Verwaltungsrates, durch frühzeitige Bereitstellung von Bundesmitteln schon vor Inkrafttreten eines neuen Bandesbahngesetzes die Sanierung anzuleiten, für einmal nicht stattgeben zu können Die vorgeschlagene Einstellung von 30 bis 40 Millionen Franken in den Voranschlag des Bundes zum Zwecke der Verzinsung eines Teils der Bundesbahnschuld könnte nicht mehr als provisorische und vorsorgliche Massnahme bewertet werden. Vielmehr würde dadurch in einem Zeitpunkt, wo die eidgenössischen Eäte sich noch nicht über die Grundlagen des Entwurfes zu einem Bundesgesetz über die Eeorganisation und Sanierung der Bundesbahnen hätten aussprechen können, und noch kerne bestimmten Aussichten für eine gleichzeitige Eeorganisation bestünden, die Sanierung schon in einem gewissen Umfang anhand genommen und dadurch der künftigen endgültigen Lösung beider Fragen vorgegriffen.

Ferner wäre mit Sicherheit zu erwarten, dass im Eahmen der Beratungen über diese Massnahme bei ihrer
finanziellen Tragweite das ganze Eeorganisations- und Sanierungsproblem aufgerollt werden würde. Dessen Behandlung sollte aber doch erst auf Grund des vom Bundesrat noch zu bereinigenden Entwurfes eines neuen Bundesbahngesetzes einsetzen, weil erst durch diesen die endgültige Lösung des Bundesbahnsanierungsproblems zur Diskussion gestellt werden kann.

Endlich bildet die Bereitstellung von Mitteln in der vom Verwaltungsrat beantragten Höhe beim gegenwärtigen Stand der Bundesfinanzen ein Problem für sich.

714 Wir haben in unserer Botschaft vom 2. September 1933 betreffend die ausserordentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des Budgetgleichgewichtes darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für den Wiederaufbau der Bundesfinanzen und namentlich die Wahl der Mittel auch der zur Notwendigkeit gewordenen Sanierung der Bundesbahnen Bechnung tragen müssten. Dieser schwierige Eingriff werde die Bundeskasse stark in Mitleidenschaft ziehen. Wir erwähnten gleichzeitig, dass die Sanierung unseres Bahnnetzes vorerst administrative und organisatorische Reformen erfordere.

Der von Ihnen gefasste Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die von uns beantragten Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes im Bundeshaushalt (Finanzprogramm) hat sich noch nicht voll auswirken können. Die Gründe hiefur sind mannigfacher Art. Nicht nur kann für das erste Jahr der Wirksamkeit des Finanzprogramms der auf 25 Millionen Pranken geschätzte Ertrag der Getränkesteuer aus den Ihnen bekannten Gründen nicht in Eechnung gestellt werden, sondern es muss auch mit anderen Mindererträgnissen sowie mit Mindereinsparungen gerechnet werden. Wie der Botschaft zum Voranschlag der Eidgenossenschaft zu entnehmen ist, dürften die Einsparungen und neuen Einnahmen im Jahre 1984 rund 40 Millionen Franken weniger einbringen als nach dem Finanzprogramm zu erwarten gewesen wäre. Statt 122 Millionen wird die Verbesserung etwa 82 Millionen Franken ausmachen. Dieser Betrag reicht nicht einmal hin, um dem eidgenössischen Finanzhaushalt die für die Wiederherstellung des Gleichgewichtes erforderlichen Beträge zur Verfugung zu stellen. Für die Bundesbahnen muss es daher bei der aus dem Lohnabbau fliessenden Ersparnis von ca. 8 Millionen Franken, die ihnen unmittelbar zugute kommt, sein Bewenden haben.

Leider wird sich das Finanzprogramm auch im Jahre 1935 noch nicht derart auswirken, dass für die Bundesbahnen neben der Einsparung aus dem Lohnabbau grössere Mittel zur Verfügung ständen. Die Verbesserung wird 100 Millionen Franken kaum übersteigen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass der Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr 1935 einerseits wegen des zu erwartenden beträchtlichen Rückganges der Zollerträgnisse und Stempelabgaben, anderseits wegen der seit Erlass des Finanzprogramms bewilligten neuen
Ausgabenkredite mit einer Verschlechterung gegenüber den Voraussetzungen des Finanzprogrammes von annähernd 50 Millionen Franken rechnet. Beide Momente bilden die Erklärung für die Tatsache, dass der Voranschlag der Eidgenosäenschaft für das Jahr 1985, ohne den Kredit für die Milchstützungsaktion nach dem 30. April 1935, einen Fehlbetrag von über 40 Millionen Franken verzeichnet.

Unter diesen Umstünden ist es nicht wohl möglich, dem Vorschlag des Verwaltungsrates entsprechend, für die Deckung eines Teils der Zinslasten der Bundesbahnen in das Budget der Eidgenossenschaft wenigstens 30 Millionen Franken einzustellen.

Allerdings enthält Art. 31, Ziffer l, des Bundesbeschlusses über das Finanzprogramm die Verpflichtung, die aus den Einsparungen und neuen Einnahmen

715 frei werdenden Mittel neben der Herstellung des finanziellen Gleichgewichts im eidgenössischen Finanzhaushalt auch zur Ordnung der Finanzlage der Bundesbahnen zu verwenden. Die freien Mittel, die im Jahre 1935, ohne die Einsparung aus dem Lohnabbau beim Personal der Bundesbahnen, 100 Millionen Franken kaum übersteigen werden, decken tatsächlich nur das Mehrerfordernis, das nach den Voraussetzungen des Finanzprograinrns für die Wiederherstellung des Gleichgewichtes im eidgenössischen Ertanzhaushalt nötig ist. Gleichwohl hat Ihnen der Bundesrat in seiner Budgetbotschaft beantragt, eine erste Quote von S Millionen Franken als Bücklage für die künftige Sanierung der Bundesbahnen in den Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr 1935 einzustellen.

III.

Die einzelnen Bestimmungen des Bnndesbeschlnsses.

1. Die innere Organisation.

Die gegenwärtige innere Organisation der Bundesbahnverwaltung beruht auf dem Bundesgesetz betreffend die Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen, vorn I.Februar 1923, das gegenüber dem Rückkaufsgesetz von 15. Oktober 1897 weitgehende Vereinfachungen gebracht hat.

Die im Jahre 1923 aufgestellten gesetzlichen Bestimmungen über die Organe der Verwaltung und ihre Befugnisse haben sich, sofern man von grundlegenden Mängeln im rechtlichen Verhältnis der Bundesbahnen zum. Bund und im finanziellen Aufbau absieht, im grossen und ganzen bewährt. Die wichtige Änderung, die in der rechtlichen Verselbständigung der Bundesbahnen bestehen soll, wird erst durch das neue Organisationsgesetz verwirklicht werden können.

Vorgängig dieser Revision sind j edoch noch Vereinfachungen und Verbesserungen möglich, mit deren Durchführung nicht mehr länger zugewartet werden sollte.

An der gegenwärtigen Einteilung des Netzes in drei Kreise soll nicht gerüttelt werden, weil sie sich als zweckmässig erwiesen hat und den Verkehrsgeographischen Bedingungen unseres Landes entspricht. Wir denken auch nicht an die Rückgängigmachung der Zugeständnisse, die seinerzeit mit der Verlegung der Verkehrskontrolle für den Güterverkehr nach St. Gallen und der M a t e r i a l v e r w a l t u n g nach Basel diesen Städten für den Wegfall der Kreisdirektionen gemacht wurden (Art. S der Vollziehungsverordnung vom 9. Oktober 1923). Die Verlegung dieser Dienntzweige nach Bern, für die der Bunclesrat an sich zuständig wäre, hatte wegen der in Bern zu entrichtenden höhern Ortszulagen wahrscheinlich sogar Mehrauslagen zur Folge. Dagegen würde die Aufhebung oder Einschränkung der in Art. 18. Absatz 3, des Organisationsgesetzes vorgesehenen besonclern Inspektionen in St. Gallen und Basel gewisse Ersparnisse ermöglichen. Eine von dieser gesetzlichen Bestimmung abweichende Regelung wird deshalb in Erwägung gezogen werden müssen.

Für die Organisation nach D i e n s t a b t e i l u n g e n bei der Generaldirektion und den Kreisdirektionen hat das Organisationsgesetz keine bindenden Bestimmungen aufgestellt, so dass die Anpassung an neue Verhaltnisse durch

716

Änderung der Vollziehungsverordnung zum Organisationsgesetz möglich wäre.

Anders verhält es sich bei der Abgrenzung des Geschäftskreises zwischen der Generaldirektion und den Kreisdirektionen, die durch Art. 19 des heutigen Organisationsgesetzes geregelt ist und sich als zu starr erwiesen hat. Wir erwähnen beispielsweise den Kassendienst, mit dessen Zusammenlegung nicht unbeträchtliche Ersparnisse verbunden sind. Auch im Eechnungswesen lassen sich durch Änderung der heutigen Organisation eine wesentlich wirksamere Kontrolle und dazu noch Ersparnisse erzielen. Ferner werden durch diesen Bundesbeschluss im Bechts- und Beldarnationsdienst gewisse Vereinfachungen gefördert werden können. Ganz allgemein ist zu sagen, dass die gegenwärtige gesetzliche Ordnung, die die der Generaldirektion und den Kreisdirektionen zuzuteilenden Dienstzweige bis ins einzelne umschreibt, für ein Unternehmen, das sich in der Verfolgung seiner Aufgabe rasch der fortschreitenden Entwicklung anzupassen hat, zu eng ist und hemmend auf die Initiative der Leitung wirkt. Es ist zweifellos angezeigt, den leitenden Organen des Unternehmens in dieser Hinsicht mehr Freiheit einzuräumen.

Eine weitere Vereinfachung, die durch das neue Bundesbahngesetz verwirklicht werden soll, betrifft die Aufhebung der Kreiseisenbahnräte, die im heutigen Gesetz als Organe der Verwaltung gelten, obwohl sie nur begutachtende Tätigkeit ausüben können. Der vorausgehende dringliche Bundesbeschluss soll vor allem gestatten, auf die gemeinsamen Sitzungen der Kreiseisenbahnräte zu verzichten, die durch das Organisationsgesetz in Art. 25 vorgeschrieben sind. Diese Tagungen müssen nach den heute geltenden Vorschriften zweimal im Jahr unter dem Vorsitz des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartementes abgehalten werden. An ihnen haben auch die Mitglieder des Verwaltungsrates, die Generaldirektoren und die Kreisdirektoren teilzunehmen. Trotz aller Versuche, diese Verkehrstagungen nützlich zu gestalten, haben sie den erwarteten Zweck nicht erfüllt. Sie waren seinerzeit als Ersatz für die Aufhebung des grossen Verwaltungsrates von 55 Mitgliedern eingeführt worden, können aber ohne Bedenken fallen gelassen werden, um so mehr, als aus dem Schosse der Kreiseisenbahnräte selbst der Wunsch auf Aufhebung dieser Einrichtung geäussert wurde. Die Frage, ob auf die
Kreiseisenbahnräte überhaupt verzichtet werden soll, ist noch näher zu prüfen.

Die durch Art. l, Ziffer l, des dringlichen Bundesbeschlusses ermöglichten Vereinfachungen werden voraussichtlich nicht auf einmal durchgeführt, sondern je nach den Umständen und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse nach und nach verwirklicht werden.

2. Anpassung an die neuen Verkehrsverhältnisse durch Änderung der Betriebsweise.

Die in Ziffer 2 des Art. l umschriebene Ermächtigung, zur zweckmässigen Anpassung an die neuen Verkehrsverhältnisse die Betriebsweise zu ändern, soweit dies mit den Interessen der Volkswirtschaft vereinbar erscheint, kann sich selbstverständlich nicht auf Massnahmen erstrecken, die unter gleichen

717 "umständen auf Grund der heutigen Eisenbahngesetzgebung nicht auch den Privatbahnen gestattet werden könnten. Damit ist aber auch gesagt, dass mit dieser Bestimmung nicht etwa eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes geplant ist. Zwischen den Bundesbahnen und den Privatbahnen besteht aber bezüglich der Anpassungsmòglichkeiten an die neuen Verkehrsverhältnisse ein Unterschied in dem Sinne, als es im Hinblick auf den heute noch gültigen Art. l des Eückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 und des Organisationsgesetzes vom 1. Februar 1923 zum mindesten fraglich ist, ob die Bundesbahnen neben dem Eisenbahn- und Dampfschiffbetrieb auch Strassentransporte ausführen könnten, wie dies die Privatbahnen für den Güterverkehr bisher ohne Konzession und für den Personenverkehr auf Grund einer Konzession tun konnten. Soweit Zubringer- und Verteilerdienste im Güterverkehr in Betracht fielen, wäre eine solche Ermächtigung auf Grund der heutigen Gesetzgebung wohl möglich gewesen. Dagegen sind Zweifel darüber berechtigt, ob die Güterbeförderung auf der Strasse durch die Bundesbahnen auch als E r s a t z und ohne Benützung der Schiene ohne besondere Ermächtigung der gesetzgebenden Instanzen möglich wäre. Zur Not Hesse sich ein solches Bechi aus Absatz 2 des Art. l des Bückkaufsgesetzes ableiten, wonach auch Nebengeschäfte, die mit dem Bahnbetrieb in engem Zusammenhang stehen, mit einer Eisenbahn erworben und betrieben werden können.

Tritt das Verkehrsteilungsgesetz in Kraft, so wird für die Güterbeförderung die Erwirkung eines solchen Eechtes für die Bundesbahnen allerdings entbehrlich werden, weil die rechtlichen Grundlagen durch dieses Gesetz einwandfrei geschaffen werden.

Die Bechtslage beim P e r s o n e n v e r k e h r ist insofern von derjenigen im Güterverkehr verschieden, als die regelmässige gewerbsmässige Personenbeförderung auf der Strasse, gestutzt auf das in Art. 36 der Bundesverfassung verankerte Postregal durch die Postverkehrsgesetze von jeher dem Bunde vorbehalten war. In Art. l des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 wird bestimmt, dass die Postverwaltung das ausschliessliche Recht hat, Beisende in regelmässigen Fahrten zu befördern, soweit dieses Becht nicht durch andere Bundesgesetze eingeschränkt ist. Eine solche Einschränkung besteht nun für die Beförderung durch die Eisenbahnen auf
Schienen. Soweit Eisenbahnen, die nicht dem Bunde gehören, ebenfalls regelmässige Personentransporte auf der Strasse ausführen wollen, können ihnen gestützt auf Art. 3 des Postverkehrsgesetzes hiefür besondere Konzessionen erteilt werden. Anders liegen die Verhältnisse bei den Bundesbahnen, die, solange sie keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, als Bestandteil der Bundesverwaltung nicht eine Bundeskonzession erhalten können. Dagegen bestände die Möglichkeit, dass der Bundesrat auf Grund von Art. 2, Absatz 2, des Postverkehrsgesetzes eine Ausnahme vom Postregal für die Bundesbahnen gestatten konnte. Diese Möglichkeit würde jedoch nicht alle Zweifel beseitigen, weil immer noch fraglich wäre, ob die Bundesbahnen auf Grund von Art. l, Absatz 2, des Bückkaufsgesetzes ermächtigt wären, eigentliche Ersatztransporte auf der Strasse als Bundesblatt. 86. Jahrg. Bd. III.

50

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Nebengeschäfte zum Bahnbetrieb einzurichten. Bis zum Inkrafttreten des neuen Organisationsgesetzes können die rechtlichen Grundlagen hiefür nur durch einen Bundesbeschluss geschaffen werden.

Die durch die Entwicklung der Technik bedingte Neuordnung der Transporte wird auch im Personenverkehr zu Umstellungen führen, für die der heutige gesetzliche Eahmen zu eng ist. Gegenüber der zunehmenden Automobilkonkurrenz im Personenverkehr müssen auch die Bundesbahnen ermächtigt werden, die Fahrgelegenheiten unter Umständen durch Einlage von Strassenkursen zu vermehren. Soweit die Verdichtung des Fahrplanes durch Führungleichter Züge wirtschaftlich und betriebstechnisch möglich ist, wird man zweifellos darnach trachten müssen, den Personenverkehr auf der Schiene zu erhalten. Wo diese Voraussetzungen jedoch nicht vorliegen, sollen auch die Bundesbahnen die Möglichkeit haben, Autokurse einzuführen, wobei sie sich die Erfahrungen der Postverwaltung zunutze machen werden.

Mit der Zulassung von Automobilkursen werden den Bundesbahnen übrigens nur die gleichen Erleichterungen gewährt, welche die Bundesversammlung andern Bahnunternehmungen anlässlich von Konzessionsänderungen in den letzten Jahren bereits eingeräumt hat. Im Ausland sind die Eisenbahnen schon verschiedentlich ermächtigt worden, einzelne Eisenbahnstrecken oder Eisenbahnzüge durch Automobilkurse zu ersetzen. In einzelnen Staaten, so namentlich in Frankreich und Belgien, bestehen Gesetze, die die Eisenbahnen zur Änderung ihrer Betriebsweise ermächtigen. In andern Ländern treffen die Regierungen von sich aus derartige Massnahmen. In der Schweiz ist auf Grund des Postverkehrsgesetzes nur die gelegentliche (nicht regelmässige) Personenbeförderung mit Automobilen zulässig. Das Ausland kannte diese Beschränkung im allgemeinen nicht. Trotz diesem Unterschiede wäre es unrichtig, den Schweizerischen Bundesbahnen das Eecht vorzuenthalten, sich des neuen Verkehrsmittels zu bedienen, wo dies zur zweckmassigen und wirtschaftlichen Gestaltung ihres gesamten Transportapparates beitragen kann.

Im Vorentwurf vom 1. Juni 1934 für ein neues Bundesbahngesetz wird diesen neuen Bedürfnissen der Bundesbahnen in Art. 9 wie folgt Eechnung getragen: «Wo es die wirtschaftliche Betriebsführung angezeigt erscheinen lässt und die Interessen der betreffenden Landesgegend es
gestatten, kann der Bundesrat die Schweizerischen Bundesbahnen ermächtigen, die bisherige Beförderung auf der Schiene auf einzelnen Strecken ganz oder teilweise durch die Beförderung mit Motorfahrzeugen auf der Strasse zu ersetzen.» Diese Bestimmung würde später die gesetzliche Grundlage für die durch die neuen Verkehrsverhältnisse bedingte Änderung in der Betriebsweise der Bundesbahnen schaffen.

3. Änderung des Personalstatutes.

Der Vorentwurf zum neuen Bundesbahngesetz sieht vor, dass das Personalrecht der Schweizerischen Bundesbahnen auf eine neue Grundlage gestellt werden soll. Will man die Verantwortung der leitenden Bundesbahnbehörden

719 für die Betriebsführung und den Geschäftsgang in wirksamer Weise stärker betonen, so kommt man nicht darum herum, die Verantwortung für die Personalausgaben, die den Hauptanteil aller Ausgaben ausmachen, den mit der Geschäftsführung betrauten Organen der Bundesbahnen zu übertragen.

Die durch das neue Bundesbahngesetz angestrebten Änderungen des Personalrechtes bestehen in der Hauptsache darin, dass das Austellungs- und Dienstverhältnis des Personals nicht mehr in einem Gesetze, sondern in einem vom Bundesrat zu genehmigenden Eeglement des Verwaltungsrates geregelt werden soll. Die für die allgemeine Bundesverwaltung geltenden Vorschriften sollen dabei berücksichtigt werden, soweit dies mit der wirtschaftlichen Geschäftsführung und der Selbsterhaltung des Unternehmens vereinbar ist.

Demnach würde der heutige gesetzlich verankerte Schutz des Personals in Disziplinarsachen weiter bestehen bleiben, ebenso könnten Vermögensrecht liehe Ansprüche der Bundesbahnbediensteten nach wie vor vor dem Bundesgerieht geltend gemacht werden.

Der Bundesrat soll durch den beantragten Bundesbeschluss ermächtigt werden, der BundesbahnVerwaltung die Besetzung f r e i werdender Stellen statt durch auf Amtsdauer gewählte Beamte durch Bedienstete im Sinne von Art. 62 des Beamtengesetzes zu bewilligen. Für das Dienstverhältnis des Personals, das vor dem Inkrafttreten dieses Bundesbeschlusses bereits im Dienst der Bundesbahnen stand, gleichgültig ob im Beamten-, Angestelltenoder Arbeiterverhältnis, soll bis zum Erlass des neuen Organisationsgesetzes die bisherige gesetzliche Ordnung weiter gelten. Diese Garantie kann sich nur auf gesetzlich festgelegte Sechte und Pflichten erstrecken, weil es nicht angängig wäre, Befugnisse des Bundesrates, die ihm auf Grund des geltenden Beamtengesetzes bereits zustehen, durch Bundesbeschluss wieder aufzuheben.

Nach Art. 62 des Beamtengesetzes hat der Bundesrat die Vorschriften über die Ordnung des Dienstverhältnisses der Arbeitskräfte des Bundes zu erlassen, die nicht als Beamte semer Dienstgewalt unterstellt sind. Daraus geht hervor, dass unter der Herrschaft des dringlichen Bundesbeschlusses das neue Personalrecht für die Bediensteten, die beim Inkrafttreten des Bundesbeschlusses noch nicht Beamtencharakter haben oder erst nachher neu eingestellt werden, auf Antrag der
Bundesbahnverwaltung vom Bundesrat zu ordnen ist, sofern er gestützt auf Absatz 3 von Art. 62 die ihm in Absatz l verliehene Befugnis nicht nachgeordneten Amtsstellen überträgt. Der Bundesrat beabsichtigt nun aber nicht, auf das Becht der Genehmigung der neuen provisorischen Personalordnung für das Personal ohne Beamtencharakter zu verzichten, weil auch nach dem Vorentwurf zum Bundesbahngesetz die Genehmigung der Beglemente über das Anstellungs- und Dienstverhältnis des Personals sowie der Besoldungs- und Lohnordnungen dem Bundesrat vorbehalten werden soll.

Die Bundesgesetzgebung über die Arbeitszeit ist in Art. 62 des Beamtengesetzes für das nicht auf Amtsdauer angestellte Personal ausdrücklich vorbehalten, so dass bezüglich der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen

720 über die Arbeitszeit kein Unterschied gemacht werden -wird zwischen dem auf Amtsdauer und dem nicht auf Amtsdauer angestellten Personal. Eine Änderung dieses Gesetzes ist, wie schon in anderem Zusammenhang ausgeführt wurde, nicht beabsichtigt.

Zur materiellen Begründung der durch den dringlichen Bundesbeschluss zu schaffenden Erleichterungen ist auszuführen, dass die starren Normen des Ämterverzeichnisses und der Besoldungsordnung, wie sie durch das Beamtengesetz vom Jahre 1927 für das gesamte Personal der Bundesverwaltung geschaffen wurden, sich für ein kommerziell zu betreibendes Eisenbahnunternehmen nicht als zweckmässig erwiesen haben. In seinen Vernehmlassungen zum dringlichen Bundesbeschluss und zum neuen Bundesbahngesetz äussern sich Verwaltungsrat und Generaldirektion der Bundesbahnen u. a. wie folgt zu dieser Frage: «Der gegenwärtige Zustand, bei dem 84 % des Personals auf Amtsdauer angestellte Beamte und nur 16 % Angestellte oder Taglohnarbeiter sind, ist für ein Verkehrsunternehmen nicht das Eichtige. Es muss darnach getrachtet werden, dieses Missverhältnis zu ändern, was am besten dadurch geschieht, dass bei Neueinstellungen statt Beamte in vermehrtem Masse Angestellte in den Dienst genommen werden. Die Zahl der jährlichen Neueinstellungen, für welche eine solche Umgestaltung des Dienstverhältnisses zunächst in Betracht fällt, war bei dem fortwährenden Abbau des Personalbestandes in den letzten Jahren zwar verhältnismässig gering; sie betrug immerhin in den Jahren 1929 1541 Arbeitskräfte

1930 1214 » 1931 565 » 1932 303 » 1933 288 » Bei stärkerem Verkehr werden die Neuanstellungen sofort wieder zunehmen.

Mit der Leitung der Bundesbahnverwaltung sind wir der Auffassung, dass ein Eisenbahnunternehmen ein tüchtiges und zuverlässiges Personal braucht.

Nach wie vor wird man auf möglichst wenig zahlreiches, aber dafür gut bezahltes Personal Wert legen müssen. Die Loslösung des neu eintretenden Bundesbahnpersonals von der für die Bundesbeamten geltenden Besoldungsordnung soll nicht dazu benützt werden, die wirtschaftliche Lage dieses Personals zu verschlechtern, sondern lediglich eine Ordnung ermöglichen, die den Bedürfnissen und Aufgaben eines dem Wettbewerb ausgesetzten Eisenbahnbetriebes besser entspricht.

Bei der Ordnung der Besoldungs- und Lohnverhältnisse des neu anzustellenden Personals wird vor allem darauf Bedacht zu nehmen sein, eine den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechende Differenzierung der Besoldungen und Löhne für die verschiedenen Eegionen herbeizuführen. Diese stärkere Differenzierung der Besoldungen und Löhne, die die Leitung der Bundesbahn Verwaltung schon im Jahre 1926 befürwortet hat, drängt sich um

721 so mehr auf, als neueste Erhebungen wiederum bestätigt haben, dass der Unterschied zwischen den Bundeslöhnen und den von der Privatwirtschaft bezahlten Löhnen auf dem Lande ganz beträchtlich grösser ist als in den Städten. Durch eine bessere Anpassung an die ortsüblichen Besoldungen und Löhne können namhafte Ersparnisse erzielt werden, ohne dass soziale Ungerechtigkeiten entstehen.

Für dasjenige Personal, das beim Inkrafttreten des dringlichen Bundesbeschlusses schon Beamtencharakter hatte, ist nicht beabsichtigt, es nach Ablauf der gegenwärtigen Amtsdauer nicht mehr auf Amtsdauer anzustellen.

In Ziffer 3 des Art. l wird deshalb ausdrücklich bestimmt, dass die bisherige gesetzliche Ordnung für dieses Personal bis zum Erlass eines neuen Organisationsgesetzes weiter gelten solle.

Dies sind die Erwägungen, auf die gestützt wir die Ehre haben, Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zu unterbreiten. Wir gestatten uns, Ihnen dessen Annahme zu empfehlen, und benützen den Anlass, Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 16. November 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Pilet-Oolaz.

Der Bundeskanzler:

0. Boret.

722 (Entwurf.)

Bundesfoeschluss über

vorübergehende Massnahmen zur Vorbereitung der Reorganisation und Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 16. November 1984, beschliesst:

Art. 1.

Bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes über die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen, längstens bis zum 81. Dezember 1937, wird der Bundesrat ermächtigt: 1. die ihm zweckmässig erscheinenden Vereinfachungen an der im Abschnitt III des Bundesgesetzes vom 1. Februar 1923 vorgesehenen Organisation der Bundesbahnverwaltung anzuordnen; 2. der Bundesbahnverwaltung diejenigen Änderungen der Betriebsweise zu gestatten, die ihm zur Anpassung an die neuen Verkehrsverhältnisse zweckmässig und mit den Interessen der Volkswirtschaft vereinbar erscheinen ; 3. ihr die Besetzung frei werdender Stellen statt durch auf Amtsdauer gewählte Beamte durch Bedienstete im Sinne von Art. 62 des Beamtengesetzes zu bewilligen.

Für das Dienstverhältnis des Personals, das vor dem Inkrafttreten dieses Bundesbeschlusses im Dienste der Bundesbahnen stand, gilt bis zum Erlass eines neuen Organisationsgesetzes die bisherige gesetzliche Ordnung.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Er trifft alle hiefür erforderlichen Anordnungen.

Art. 3.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

723 Anlage 1.

Schreiben des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartements an den Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen.

Übersetzung.

Bern, den 12. Juni 1934.

An den Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen, Bern.

Herr Präsident!

Sehr geehrte Herren!

Nach Eingang Ihres Berichtes vom 7. Februar 1938, den Sie zusammen mit der Generaldirektion auf meine Einladung vom 22. März des Vorjahres hin über die Finanzlage unserer Staatsbahn und die zu deren Sanierung zu ergreifenden Massnahmen erstattet haben, befasste ich mich unverzüglich mit dem durch die Umstände gebotenen Studium der Frage. Dabei gelangten wir, Herr Generaldirektionspräsident Dr. Schrafl und ich, unter Mitwirkung des Direktors der Eisenbahnabteilung, Herrn Hunziker, und des Direktors der Finanzverwaltung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements, Herrn Oetiker, zu einem meinen Absichten entsprechenden Vorentwurf für ein neues Organisationsgesetz. Diesen Entwurf konnte ich jedoch erst dann als endgültige Grundlage für die weiteren Erörterungen betrachten, als es möglich wurde, das voraussichtliche Schicksal des Verkehrsteilungsgesetzes beurteilen zu können. Heute, da die Behandlung der Vorlage im Ständerat erhoffen lässt, dass die von Ihrer Verwaltung und meinem Departement unternommenen Bemühungen um eine Abschwächung der Automobilkonkurrenz günstig ausgehen werden, scheint mir der Zeitpunkt gekommen, Ihnen die Anträge zu unterbreiten, die ich dem Bundesrat vorzulegen gedenke.

Nähere Erläuterungen zu diesem Gesetzentwürfe glaube ich unterlassen zu können, da er im Einvernehmen mit Herrn Präsident Schrafl aufgestellt wurde und Herr Schrafl in der Lage ist, Sie mündlich zu orientieren und Ihnen alle gewünschten näheren Auskünfte zu erteilen.

Wie Sie aus dem Entwurf ersehen, folgt er den in Ihrem eigenen Bericht enthaltenen Anträgen. Hinsichtlich der künftigen Lasten des Bundes geht er sogar über das von Ihnen ins Auge gefasste Ausmass hinaus, indem er auch eine

724 Sanierung der Versicherungskasse anstrebt. Der weiteren Verschuldung der S. B. B. soll eine Schranke gesetzt werden, die nur durch einen der Volksabstimmung unterliegenden Bundesbeschluss durchbrochen werden könnte.

Dem Unternehmen selber soll eine möglichst weitgehende Selbständigkeit und daher die Eechtspersönlichkeit verliehen werden. Alle diese Punkte entsprechen also Ihren eigenen Anregungen.

Es ist klar, dass Massnahrnen getroffen werden müssen, die eine Wiederkehr der schwierigen und gefährlichen Lage, in der sich die Eidgenossenschaft und die Bundesbahnen gegenwärtig befinden, vermeiden lassen. Nichts darf daher unterbleiben, was eine neue Verschuldung verhindert und eine Betriebsführung ermöglicht, bei der die Jahresrechnung ohne Verluste abschliesst.

Auf dieses Ziel müssen wir unsere Anstrengungen richten.

. Gemäss Art. 9, Absatz 2, des Organisationsgesetzes vom 1. Februar 1923 ersuche ich den'Verwaltungsrat um eine gutachtliche Stellungnahme zu meinem Vorentwurf. Ich werde dann in der Lage sein, diesen Entwurf --· gegebenenfalls umgearbeitet -- dem Bundesrat vorzulegen, der sich damit bis jetzt noch nicht befasst hat und dessen volle Entscheidungsfreiheit vorbehalten bleibt.

Ihre Prüfung wird selbstverständlich eine gewisse Zeit erfordern. Sollte es Ihnen aber möglich sein, sie bis Ende des Sommers abzuschliessen, wäre mir dies sehr erwünscht.

Aller Voraussicht nach wird die Erörterung des Gesetzesentwurfes im Schosse des Bundesrates und der Bundesversammlung, vielleicht auch vor dem Volk lang dauern und zu lebhaften Auseinandersetzungen führen. Sie wird sich unter Umständen über Jahre erstrecken. Eine solche Verzögerung der S. B. B.Sanierung könnte aber für die Bundesbahnen selber wie für die Bundesfinanzen schwere Folgen zeitigen. Es sollte daher schon jetzt die Möglichkeit bestehen, Einsparungen zu erzielen und Vereinfachungen in der Verwaltung durchzuführen, die so rasch als möglich verwirklicht werden sollten. Überdies sollte die endgültige Keorganisation vorbereitet werden können durch vorläufige, den Übergang von einem Eegime zum andern erleichternde Massnahrnen.

Es fragt sich daher, ob es nicht angezeigt sei, dass sich der Bundesrat hiefür besondere und vorübergehende Vollmachten geben lässt. Näheres darüber ersehen Sie aus dem Ihnen zugehenden ersten Entwurf für einen
Bundesbeschluss. Es wäre mir sehr angenehm, so rasch wie möglich Ihre Ansicht darüber zu vernehmen und zu erfahren, ob Ihr Eat dem Bundesrat die Durchführung dieses Vorschlages empfehlen kann. Wäre es Ihnen möglich, mir bis Mitte Juli Ihre Auffassung darüber bekanntzugeben? Wenn Sie meiner Absicht zustimmen, hätte ich die Möglichkeit, schon im Herbst damit vor die Bundesversammlung zu treten. Empfangen Sie zum voraus meinen besten Dank.

Um alle Mitglieder Ihres Eates sofort über mein Vorgehen zu unterrichten, übermittle ich mit gleicher Post der Generaldirektion, zum Zwecke der Ver-

725 teilung gemäss Weisung Ihres Herrn Präsidenten, 30 Ausfertigungen des vorliegenden Schreibens, des Vorentwurfes eines Gesetzes über die Eeorganisation und Sanierung der S. B. B. und des Vorentwurfes für einen Bundesbeschluss über die dem Bundesrat im Hinblick auf die Eeorganisation zu erteilenden besonderen und vorübergehenden Vollmachten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung.

Der Vorsteher des eidg. Post- und Eisenbahnde^artements: (gez.) Püet-Golaz.

726

Anlage 2.

Vorentwurf vom 1. Juni 1934.

Bnudesbeschlnss über

ausserordentliche und vorübergehende Massnahmen zur Einleitung der Reorganisation der Verwaltung und Sanierung der Finanzlage der Schweizerischen Bundesbahnen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom

1934,

und

angesichts der im höchsten Landesinteresse gelegenen Dringlichkeit, bei den Schweizerischen Bundesbahnen das finanzielle Gleichgewicht wieder herzustellen, beschliesst : Art.l.

Bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes über die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen wird der Bundesrat ermächtigt : 1. die ihm zweckmässig erscheinenden Vereinfachungen an der im Abschnitt III des Bundesgesetzes vom 1. Februar 1923 vorgesehenen Organisation der Bundesbahnverwaltung anzuordnen; 2. an Stelle bestehender Eisenbahnbeförderung die Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen auf der Strasse zu gestatten, soweit dies zur Herbeiführung einer wirtschaftlichen Betriebsführung angezeigt erscheint und ohne Verletzung wichtiger Interessen der betreffenden Landesgegenden möglich ist ; 3. der Bundesbahnverwaltung die Besetzung freigewordener Ämter statt durch Beamte durch Bedienstete im Sinne von Art. 62 des Beamtengesetzes zu bewilligen.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt; er trifft alle hiefür erforderlichen Anordnungen.

Art. 3.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

727 Anlage 3,

Antwort des Verwaltungsrates der Schweizerischen Bundesbahnen.

VerwaHungsral der

Schweizerischen Bundesbahnen.

Bern, den 11. Juli 1984.

An das eidg. Post- und Eisenbahndepartement, Bern.

Saoierungsmassnahmen ; dringlicher Bundesbeschluss.

Hochgeehrter Herr Bundespräsident!

Mit Schreiben vom 12. Juni 1934 haben Sie uns neben dem Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die Organisation der Verwaltung des dem Bunde gehörenden Eisenbahnnetzes auch den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über ausserordentliche und vorübergehende Massnahmen zur Einleitung der Beorganisation der Verwaltung und Sanierung der Finanzlage der Schweizerischen Bundesbahnen zur Begutachtung im Sinne von Art. 9, Abs. l, Ziffer 2, des für unsere Verwaltung geltenden Organisationsgesetzes übermittelt. Wir kommen hiermit dieser Einladung nach und beehren uns, zur Sache folgendes auszuführen: Der Verwaltungsrat teilt Ihre Auffassung, dass es sich empfiehlt, unverzüglich, d. h. vorgängig dem Erlass eines neuen Organisationsgesetzes, dessen Beratung wahrscheinlich geraume Zeit beanspruchen wird, bestimmte Massnahmen für die Einleitung der Beorganisation und der Sanierung der Finanz läge der Schweizerischen Bundesbahnen zu treffen, weil ein weiteres Zuwarten angesichts der Bechnungsergebnisse der beiden letzten Jahre und" auch des laufenden Jahres nicht zu verantworten wäre. Er begrüsst daher die in Ihrem Bundesbeschlussentwurf vorgesehene Begelung als einen ersten, notwendigen Schritt auf dem Wege zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes unserer Unternehmung.

Die in Art. l des Entwurfes vorgesehene Delegation von Befugnissen an den Bundesrat gibt uns im einzelnen zu folgenden Bemerkungen Anlass.

L Die innere Organisation der Verwaltung, wie sie im Jahre 1923 geschaffen wurde, hat sich im grossen und ganzen bewährt. Ohne eine weitgehende und unerwünschte Zentrah'sation in Kauf nehmen zu müssen, wurde

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der Geschäftsgang sehr vereinfacht und der Binfluss der Leitung auf die Tätigkeit der einzelnen Dienststellen stark vermehrt, was namentlich im Interesse der Ökonomie der Verwaltung von gropser Bedeutung war. Es sind aber noch Vereinfachungen und Verbesserungen möglich, auf deren Verwirklichung nicht verzichtet werden darf. Dabei sind auch wir der Meinung, dass es sich nicht darum handeln kann, die drei noch bestehenden Kreise aufzuheben oder die Verkehrskontrolle für den Güterverkehr in St. Gallen und die Materialverwaltung in Basel nochmals zu verlegen, sondern um Änderungen der Befugnisse der einzelnen Organe, die klarere Feststellung ihrer Verantwortung sowie eine weitere Vereinfachung der Dienstorganisation bei der Generaldirektion und den Kreisverwaltungen. Die Beibehaltung von Kreisverwaltungen in Lausanne, Luzern und Zürich halten wir für zweckmässig. Die Verlegung der in St. Gallen und Basel untergebrachten Dienstzweige vermöchte nicht Ersparnisse zu bringen, die es rechtfertigen würden, die im Jahre 1923 getroffene Eegelung preiszugeben.

Die gegenwärtige Ordnung, bei der das Organisationsgesetz den Geschäftskreis der Kreisorgane und die ihnen zuzuteilenden Dienstzweige bis ins einzelne umschreibt, ist für ein Unternehmen, das sich in der Verfolgung seiner Aufgabe rasch der fortschreitenden Entwicklung anzupassen hat, zu eng und wirkt hemmend auf die Initiative der Leitung, deren Verantwortung sie gleichzeitig in unzweckmässiger Weise einschränkt. Wir halten es für angezeigt, dass den leitenden Organen in dieser Hinsicht mehr Freiheit eingeräumt wird, und begrüssen daher das von Ihnen in Aussicht genommene Vorgehen.

II.

Wir halten es auch für notwendig, dass, wie dies in Z i f f e r 2 Ihres Entwurfes vorgesehen ist, die Möglichkeit geschaffen wird für den Ersatz der Eisenbahnbeförderung durch die B e f ö r d e r u n g von Personen und Gütern mit K r a f t f a h r z e u g e n auf der Strasse. Diese durch die Entwicklung der Technik bedingte Neuordnung der Transporte wird den Ersatz unwirtschaftlicher Nebenlinien oder einzelner Züge durch Autokurse gestatten. Es ist unerlässlich, auch den Bundesbahnen so rasch als möglich die nötige Bewegungsfreiheit in dieser Bichtung einzuräumen, damit sie sich den Verhältnissen anpassen können, ohne durch gesetzliche Vorschriften daran gehemmt zu
sein. Es werden damit übrigens den Bundesbahnen nur die gleichen Erleichterungen gewährt, welche die Bundesversammlung andern Bahnunternehmungen anlässlich von Konzessionsänderungen in den letzten Jahren bereits eingeräumt hat.

Im Ausland ist man schon längst zu der Überzeugung gelangt, dass an die Möglichkeit und Zweckmässigkeit des Ersatzes einzelner Eisenbahnstrecken oder Eisenbahnzüge durch auf der Strasse verkehrende Züge gedacht werden müsse. An einzelnen Orten ist man auch schon zur praktischen Durchführung der Neuerung übergegangen. In mehreren Staaten, so namentlich in Frankreich und Belgien, bestehen Gesetze, die die Eisenbahnen zur Änderung ihrer

729 Betriebsweise ermächtigen. In andern Ländern treffen die Eegierungen von sich aus derartige Massnahmen. Es wäre unrichtig, wenn man nicht alle technischen Hilfsmittel, die die Zeit bringt, ausnützen wurde, um den Transportapparat so zweckmässig und ökonomisch als möglich zu gestalten. Je nach den Umständen kann durch den Einsatz des Automobils an Stelle der Bahn die Beförderung von Personen und Gütern wesentlich verbessert werden. Zur Eedaktion der bezüglichen Bestimmung im dringlichen Bundesbeschluss äussern wir uns im nachfolgenden Abschnitt.

III.

Wenn man sich mit der Frage befasst, was geschehen kann, um das Gleichgewicht im Finanzhaushalt der Bundesbahnen wieder herzustellen, muss man sich darüber Eechenschaft geben, ob es nicht notwendig und an der Zeit sei, die mannigfachen B i n d u n g e n zu beseitigen oder wenigstens zu lockern, die heute die Beweglichkeit der Eisenbahnen einschränken und ihnen eine wirksame Konkurrenz gegenüber dem Automobil erschweren oder verunmöglichen.

Anlässlich der Beratungen über das Yerkehrsteilungsgesetz im Ständerat haben Sie diese Bindungen im Vergleich zum Automobil mit folgenden Worten hervorgehoben: «Le chemin de fer travaille dans des conditions toutes différentes et beaucoup plus onéreuses que l'automobile. Cette dernière fait ce qu'elle veut, prend la route qui lui plaît, quand cela lui plaît, s'arrête ou pas, accepte des marchandises ou les refuse, roule quand le temps est propice, reste au garage quand le temps ne lui convient pas; elle peut demander des tarifs élevés quand les sollicitations sont nombreuses, ou refuser les transports coûteux; elle choisit le dessus du panier dans la récolte des transports.

Le chemin de fer, lui, est obligé de circuler toujours, qu'il y ait ou pas de trafic, obligé d'accepter tous les transports qu'on lui confie, occasionnels ou non. Il est là pour faire face partout aux demandes de trafic qui se produisent même s'il n'a pas le matériel nécessaire; à lui de se le procurer: à lui la faute si des retards se produisent. Il est forcé aussi d'appliquer des tarifs précis, non pas du tout dans l'intérêt de l'entreprise privée, comme le prix que réclame l'automobiliste ou le camionneur, mais dans l'intérêt économique général.

Il est complètement ligotté. Comment voulez-vous que les chemins de fer luttent avec l'automobile? Impossibilité pure.» Die Bindungen, die der Staat den Eisenbahnen auferlegt hat, sind mannigfacher Art. Sie stammen aus Gesetzen, die teilweise über 60 Jahre alt sind und deren Bestimmungen den heutigen Verhältnissen nicht mehr entsprechen.

Eine Revision dieser Gesetze ist in Aussicht genommen. Sie wird aber Jahre erfordern. Wir erinnern vor allem an den Tarifzwang und diemit ihm zusammenhängenden strengen Vorschriften. Zu den die Handlungsfreiheit der Eisenbahnen beschränkenden Bindungen kommen aber noch die zahlreichen Auflagen, mit denen die Gesetzgebung fast alle Zweige des Eisenbahnverkehrswesens belastet hat. Darunter fallen nicht nur unentgeltliche oder zu niedrigen

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Vorzugspreisen ausbedungene direkte Leistungen zugunsten staatlicher Verwaltungszweige und einzelner Bevölkerungsgruppen, sondern auch die vielen gesetzlichen Vorschriften über Bau und Betrieb, die den Eisenbahnen grosse Aufwendungen auferlegen.

Waren diese Bindungen und Auflagen beim Aufkommen der Eisenbahnen in Anbetracht ihrer monopolistischen Stellung im Verkehrswesen durchaus verständlich, so sind viele von ihnen heute bei den durch die Entwicklung eines neuen Beförderungsmittels von Grund aus veränderten Verhältnissen nicht mehr oder nur noch in beschränktem Mass gerechtferigt. Sie sind es dann nicht mehr, wenn und soweit sie die Eisenbahnen hindern, sich den im Verkehrswesen durch das Automobil geschaffenen neuen Verhältnissen anzupassen.

Es würde nun aber den Eahmen des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses überschreiten, wenn man alle Fälle einzeln anführen wollte, in denen es unter Umständen geboten sein kann, durch Lockerung gesetzlicher Bindungen eine bessere Anpassung an die heutigen Verhältnisse zu suchen. Dagegen sollte dem Bundesrat die Möglichkeit gegeben werden, schon vorgängig der beabsichtigten Neuorganisation der S. B. B.-Verwaltung und der Eevision der Eisenbahngesetzgebung gesetzliche Bindungen, die in die heutige Zeit nicht mehr passen und die der Herstellung des finanziellen Gleichgewichtes hinderlich sein können, zu lockern, soweit dadurch die Volkswirtschaft keinen Schaden erleidet. Auf diese Weise liessen sich auch wertvolle Erfahrungen sammeln für die bevorstehende und immer dringender werdende Erneuerung unserer Eisenbahngesetze. Aus diesem Grunde würden wir es vorziehen, wenn in Art. l des Beschlussentwurfes die Ziffer 2 gestrichen und durch einen besondern Artikel ersetzt würde, der folgende allgemeiner gehaltene Fassung erhielte: «Der Bundesrat wird bis zum Erlass neuer gesetzlicher Bestimmungen ermächtigt, den Bundesbahnen und Privatbahnen die für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendigen Ausnahmen von gesetzlichen Bindungen zu bewilligen, soweit dies mit den Interessen der Volkswirtschaft und der Betriebssicherheit 'vereinbar ist.

Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz dürfen jedoch nur im Eahmen von Art. 16 dieses Gesetzes bewilligt werden.» Im Falle der Annahme dieses neuen Artikels wären allenfalls Titel und Ingress des Bundesbeschlusses im Sinne des beiliegenden
neuen Entwurfes zu erweitern. Was den zweiten Absatz anbetrifft, verweisen wir auf die unter IV und V folgenden Ausführungen.

Diese allgemeinere Fassung würde auch den Ersatz der Eisenbahnbeförderung durch Automobiltransporte ermöglichen. Für die Ergänzung der Eisenbahnbeförderung durch Automobiltransporte bedarf es keiner besondern Ermächtigung des Bundesrates, da die heutige Gesetzgebung hiefür bereits genügt.

731 IV.

Den meisten Anfechtungen wird unzweifelhaft die in Z i f f e r 3 des Beschlussentwurfes vorgesehene Begelung des Dienstverhältnisses des neu anzustellenden Personals begegnen. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Durchführung der im Keorganisations- und Sanierungsgesetz vorgesehenen Ordnung nicht dadurch erschwert werden sollte, dass man trotz des vorliegenden Gesetzesentwurfes das bisherige Verfahren bei der Einstellung neuen Personals unverändert beibehält. Es handelt sich zunächst nur darum, der Bundesbahnverwaltung zu gestatten, in Abweichung von dem durch Bundesbeschluss vom 15. Dezember 1930 genehmigten Ämterverzeichnis frei werdende Ämter statt durch auf Amtsdauer gewählte Beamte durch Angestellte zu besetzen, auf deren Dienstverhältnis nur die in Art. 62, Abs. l, letzter Satz, des Beamtengesetzes erwähnten Bestimmungen dieses Gesetzes über Vereinsrecht, Streikverbot, Verbot der Aufhebung des Dienstverhältnisses bei Kriegsgefahr und Geltendmachung vermögensrechtlichei Ansprüche aus dem Dienstverhältnis beim Bundesgericht Anwendung finden. Für ein kommerziell zu betreibendes Eisenbahnunternehmen haben sich die starren Normen des Ämterverzeichnisses und der Besoldungsordnung, wie sie durch das Beamtengesetz vom Jahre 1927 für das gesamte Personal der Bundesverwaltung geschaffen wurden, nicht als zweckmässig erwiesen. Die stets wechselnden Transportmengen machen eine raschere Anpassung des Personalbestandes an den Verkehrsumfang notwendig. Der gegenwärtige Zustand, bei dem 84 % des Personals auf Amtsdauer angestellte Beamte und nur 16 % Angestellte oder Taglohnarbeiter (in der Hauptsache Bureaugehilfinnen, Barrierenwärterinnen, Werkstättearbeiter und Lehrlinge) sind, ist für ein derartiges Unternehmen nicht das Eichtige. Es muss darnach getrachtet werden, dieses Missverhältnis zu ändern, was am besten dadurch geschieht, dass bei Neueinstellungen statt Beamte in vermehrtem Masse Angestellte in den Dienst genommen werden.

Die Zahl der jährlichen Neueinstellungen, für welche eine solche Umgestaltung des Dienstverhältnisses zunächst in Betracht fällt, war bei dem fortwährenden Abbau des Personalbestandes in den letzten Jahren zwar Verhältnismassig gering : sie betrug immerhin in den Jahren 1929 1541 Arbeitskräfte 1930 1214 » 1931 565 » 1932 303 » 1933 288 » Bei stärkerem Verkehr werden
die Neueinstellungen sofort wieder zunehmen.

Wir waren von jeher der Auffassung und sind es auch heute noch, dass ein Eisenbahnunternehmen ein tüchtiges und zuverlässiges Personal braucht und dass an dieses Personal Anforderungen gestellt werden, die man nicht bei jedem Betriebe kennt. Wir haben daher auch immer Wert gelegt auf ein möglichst wenig zahlreiches, aber dafür gut bezahltes Personal. Die Loslösung

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des neu eintretenden Bundesbahnpersonals von der für die Bundesbeamten geltenden Besoldungsordnung soll daher durchaus nicht etwa dazu dienen, die wirtschaftliche Lage dieses Personals einschneidend zu verschlechtern, sondern lediglich eine Ordnung ermöglichen, die den Bedürfnissen und Aufgaben eines Eisenbahnbetriebes besser entspricht.

Materiell wird bei der Ordnung der Besoldungsverhältnisse des neu anzustellenden Personals vor allem darauf Bedacht zu nehmen sein, eine den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechende Differenzierung der Besoldungen für die verschiedenen Eegionen herbeizuführen. Diese stärkere Differenzierung der Besoldungen, die wir schon auf S. 5 unserer an Sie gerichteten Eingabe vom 2. März 1926 über die Besoldungsansätze des neuen Beamtengesetzes befürwortet haben, drängt sich um so mehr auf, als allerneueste Erhebungen bestätigt haben, dass der Unterschied zwischen den Bundeslöhnen und den von der Privatwirtschaft bezahlten Löhnen auf dem Lande ganz beträchtlich grösser ist als in Städten. Durch eine bessere Anpassung an die ortsüblichen Löhne können namhafte Ersparnisse erzielt werden, ohne dass irgendwelche soziale Ungerechtigkeiten entstehen. Wir haben auf diese Verhältnisse schon in unserem Bericht vom 7. Februar 1933 (S. 54 u. ff.) aufmerksam gemacht und erlauben uns, hier auf jene Ausführungen zu verweisen.

In Ausführung von Art. 62 des Beamtengesetzes vom 80. Juni 1927 hat der Bundesrat bis jetzt eine' Lohnordnung I über die Löhne und die Ferien der Arbeiter der Werkstätten des Bundes und der Bundesbahnen vom 4. Oktober 1930 und eine vorläufige Neuordnung des Dienstverhältnisses der Angestellten des Bundes und der Bundesbahnen vom 7. Januar 1928 erlassen. Es ist aber nicht notwendig, dass diese Erlasse auf alle neu anzustellenden Bediensteten der Bundesbahnen zur Anwendung kommen. Es lässt sich sehr wohl denken, und wir würden es befürworten, dass bei der Neubesetzung von Stellen für diejenigen Personalkategorien, die nach der bisherigen Ordnung dem Beamtengesetz unterstellt waren, auch weiterhin die Art. 2--4, 7--19, 21--36, 47---56, 58--61 und Art. 67 dieses Gesetzes sowie die Art. 33--43 des Bundesgesetzes über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege vom 11. Juni 1928 sinngemàss Geltung haben sollen. Wir sind der Meinung, dass dies vom
Bundesrat bei der Vollziehung des Bundesbeschlusses anzuordnen wäre.

Um die Absichten, die bei der Ausarbeitung des Entwurfes wegleitend waren, noch deutlicher zum Ausdruck zu bringen, halten wir es für angezeigt, der Ziffer 3 von Artikel l Ihres Entwurfes zum Bundesbeschluss folgenden Zusatz beizufügen: «Für das Dienstverhältnis des im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesbeschlusses im Dienste der Bundesbahnen stehenden Personals gilt bis zum Erlass eines neuen Organisationsgesetzes die bisherige Ordnung.» V.

Die im Jahre 1920 getroffene Regelung der Arbeitszeit und der Ferien des Personals bedeutet zweifellos eine starke Belastung der Eisenbahnunter-

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nehmungen. In Zeiten der finanziellen Bedrängnis sollte es möglich sein, diese Lasten, die für die Bundesbahnen in die Millionen gehen, zu erleichtern.

Mit Kucksicht auf die herrschende Arbeitslosigkeit halten wir es für richtig, dass im Bundesbeschlussentwurf davon abgesehen wurde, eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorzuschlagen.

Wir erinnern aber daran, dass die Bundesversammlung schon im Sommer 1927 eine Motion folgenden Inhalts erheblich erklärt hat: «Der Bundesrat wird eingeladen, für so lange als ihm dies zur Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen erforderlich erscheint, aber höchstens für die Dauer von 10 Jahren, die hiezu für die Verwaltung notwendigen Erleichterungen der zeitlichen Arbeitsbedingungen in Anwendung von Art. 16 des Arbeitszeitgesetzes vom 6. März 1920 anzuordnen. Es kann dies unter den nämlichen Verhaltnissen auch zugunsten anderer Hauptbahnen geschehen.» Wir behalten uns vor, unter Berufung auf diese Motion um diejenigen Erleichterungen nachzusuchen, die auf Grund von Art. 16 des Arbeitszeitgesetzes gewährt werden können.

VI.

In diesem Zusammenhang müssen wir auch auf die dringende Notwendigkeit einer baldigen und vollständigen Sanierung der Pensions- und Hilfskasse hinweisen. Da es sich aber hier um eine Angelegenheit handelt, die ebenso sehr die allgemeine Bundesverwaltung wie die Bundesbahnen berührt und ein gemeinsames Vorgehen für beide Kassen bereits in Aussicht genommen ist, sehen wir heute davon ab. in dieser Hinsicht einen Antrag zu stellen.

VII.

Der Vollständigkeit wegen möchten wir hier noch etwas einlässlicher eintreten auf die von Ihnen zwar nicht erwähnte, aber schon wiederholt von Mitgliedern der Bundesversammlung angeregte Aufhebung der sogenannten Promesse Comtesse. Vor Erlass des Bundesgesetzes über die Krankenund Unfallversicherung vom 13. Juni 1911 genoss das Personal der schweizerischen Transportanstalten auf Grund der Haftpflichtgesetzgebung einen besseren Schutz gegen die Unfallfolgen, als es das neue Versicherungsgesetz vorsah. Nach dem Haftpflichtgesetz erhielt das Personal bei einem Unfall Gehalt oder Lohn vom 1. Tag an bezahlt, während nach dem neuen Gesetz der Gehalts- oder Lohnausfall erst vom 3. Tage an vergütet wird. Ferner entschädigte die Haftpflicht 100 % des ganzen Lohnausfalles wahrend der Unfallkrankheit: die Versicherung nach dem neuen Gesetz dagegen nur 80 % von im Maximum Fr. 14 (im Jahre 1921 erhöht auf Fr. 21) Taglohn. Bei Invalidität wurde nach Eisenbahnhaftpflicht die ganze Erwerbseinbusse, nach dem Versicherungsgesetz dagegen nur 70 % des Schadens und höchstens von einem Jahresverdienst von Fr. 4000 (im Jahre 1921 erhöht auf Fr. 6000) vergütet. Im Todesfalle wäre die Hinterlassenenrente nicht selten geringer gewesen als die Leistungen nach dem Haftpflichtgesetz. Bei den NichtbetriebsBundesblatt.

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Unfällen hätte das Personal als neue Last % der Prämie zu tragen gehabt, während vorher die Folgen der Nichtbetriebsunfälle in den meisten Fällen von der Betriebskasse als Krankheit und bei längerer Dauer durch die Pensionsund Hilfskasse entschädigt wurden, mit Ausnahme der Heilkosten, für die das Personal selbst aufzukommen hatte.

Diese Verschlechterung seiner Situation war dem Personal nicht entgangen.

Es wurde beim Bundesrat vorstellig, und da dieser für den Ausgang der Volksabstimmung sehr besorgt war -- das erste Versicherungsgesetz war vom Volk verworfen worden -- schrieb der Vorsteher des eidgenossischen Post- und Eisenbahndepartementes an den Verband des Personals schweizerischer Transportanstalten am 22. Januar 1912 folgenden Brief: «An den Verband des Personals schweizerischer Transportanstalten, Präsident Herr Held, Bern.

In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 17. d. M. betreffend die Gesetzesvorlage über die Kranken- und Unfallversicherung beehren wir uns, Ihnen folgendes mitzuteilen: Wir können die Erklärungen, welche die Herren Hirter und Weissenbach in der Sitzung des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen vom 1. Dezember 1911 mit Bezug auf die Situation, in der sich das Personal der schweizerischen Bundesbahnen nach Annahme der Versicherungsgesetze befinden wird, nur bestätigen. Die durch das neue Gesetz für das schweizerische Bundesbahnpersonal geschaffene Situation wird demselben Vorteile sichern müssen, die zum mindesten denjenigen gleichkommen, die dasselbe bei der jetzigen Sachlage geniesst. und das Eisenbahndepartement wird darüber wachen, dass die Anwendung der Versicherungsgesetze keine Verringerung dieser Vorteile nach sich zieht.

Eidg. Post- und Eisenbahndepartement, Eisenbahnabteilung inbahnabteih : Comtesse.» Das ist die sogenannte «Promesse Comtesse». Wie die Bundeskanzlei feststellte, ist kein Bundesratsbeschluss zu finden, durch den die Ermächtigung zur Abgabe der «Promesse Comtesse» erteilt oder diese nachträglich genehmigt worden wäre. Der Bundesrat habe sich aber durch diese «Promesse» gebunden gefühlt, ähnlich wie dies in andern Fällen geschah, auf die Herr Professor Burckhardt in seinem Bundesrecht Nr. 2922, Ziffer III; 2925; 2951; 3011, Ziffer II; 3020, Ziffer I hinweise.

In Nachachtung dieses Versprechens erliess der Verwaltungsrat der Bundesbahnen das sogenannte Zuschussreglement Nr. 48 vom 20. November 1917,

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wonach die Bundesbahnen ihrem Personal bei Betriebsunfällen gewisse Zuschüsse zu den Leistungen nach dem Versicherungsgesetz zu machen haben.

Ferner übernahmen die Bundesbahnen die % der Prämie für die Nichtbetriebsunfallversicherung. Nach Erlass des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 wurde die «Proniesse Comtesse» auch in die Beamtenordnung II vom 24. Oktober 1930 (Art. 52) aufgenommen. Sie ist also heute in aller Form rechtlich verankert.

Über die «Promesse Comtesse» hinaus haben die Verwaltungen des Bundes durch die im Jahre 1927 getroffene Ordnung, Mie schon erwähnt, die Tragung der Heilungskosten auch bei den Nichtbetriebsunfällen übernommen, für die das Personal vorher selbst aufzukommen hatte. Die Mehrkosten, die dadurch für die Bundesbahnen entstanden, belaufen sich nach den Erhebungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt auf rund Fr. 120,000 im Jahr.

Wir sind der Meinung, dass man das einmal gegebene Versprechen, so wie es tatsächlich abgegeben wurde, halten müsse, solange dies irgend möglich ist, und zwar auch gegenüber dem künftig in den Dienst des Bundes tretenden Personal. Eine Änderung bezüglich der über die «Promesse Comtesse» hinausgehenden Leistungen der Verwaltung fällt in die Kompetenz des Verwaltungsrates, der sich hierüber schlüssig machen wird.

VIII.

Der Verwaltungsrat ist der Auffassung, dass die im Vorentvvurf vom 1. Juni 1934 vorgesehenen dringlichen Massnahmen an sich allein noch nicht ausreichen werden, um die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes der Bundesbahnen in die Nähe zu rücken, die ihm im Interesse des Unternehmens und des Landes wünschbar erscheint. Er hält es daher für unerlässlich, dass der dringliche Bundesbeschluss auch die Möglichkeit zur Übernahme eines Teils der Zinsenlast oder weiterer Fehlbeträge durch den Bund schaffen sollte, wie dies übrigens bereits in der Botschaft zum Finanzprogramm vom 2. September 1933 vorgesehen war.

Die bezügliche Stolle in der Botschaft lautet wie folgt : «Die zu ergreifenden Massnahmen haben den Zweck, das Budgetgleichgewicht dauernd wieder herzustellen. Die Voraussetzungen für den Wiederaufbau der Bundesfinanzen und namentlich die Wahl der Mittel müssen auch der Sanierung der B u n d e s b a h n e n Eechnung tragen. Dieser schwierige Eingriff wird die Bundeskasse stark in Mitleidenschaft ziehen. Es
wäre verfrüht, die Frage schon jetzt zu behandeln (gemeint war die e n d g ü l t i g e Behandlung) weil die Sanierung unseres Bahnnetzes vorerst administrative und organisatorische Beformen erfordert, die vom zuständigen Departement in Verbindung mit der Generaldirektion der Bundesbahnen noch geprüft werden. Doch steht h e u t e schon f e s t , dass die Sanierung der B u n d e s b a h n e n nur möglich ist. wenn der Bund einen erheblichen Beitrag leistet. Wenn das A u s m a s s dieser H i l f e l e i s t u n g (gemeint war das endgültige A u s m a s s ) auch erst nach Abschluss

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der Eevisionsarbeiten über die Grundlage und die V e r w a l t u n g der B u n d e s b a h n e n b e s t i m m b a r sein wird, so wissen wir doch schon, dass die Leistung nicht unter 800 Millionen Pranken bleiben kann. Das Post- und Eisenbahndepartement ist sogar der Ansicht, dass dieser Betrag nicht völlig genügt. "Wir können uns der Verantwortlichkeit, die der Bund mit dem Eückkauf auf sich genommen hat, nicht entziehen.

Die Bundesbahnen ihrerseits müssen in jeder Beziehung die grössten Anstrengungen machen, um die dem Bunde, d. h. dem Steuerpflichtigen, aufzuerlegenden Opfer möglichst erträglich zu gestalten.

Die Verzinsung und Tilgung eines Betrages von 800 Millionen Franken belastet den eidgenössischen Voranschlag mit einer neuen jährlichen Ausgabe von wenigstens 40 Millionen Franken. Fügen wir diese Summe dem Fehlbetrag des Krisenjahres 1933 hinzu, so ergibt sich ein jahrlicher Gesamtfehlbetrag von 150 Millionen Franken.

Obwohl wir das doppelte Problem der Wiederherstellung des Gleichgewichtes der eidgenössischen Finanzen und die Sanierung der Bundesbahnen heute weder endgültig lösen wollen noch lösen können, muss doch schon an die Art und Weise gedacht werden,, wie sich die Sanierung der Bundesbahnen in der Zukunft gestalten soll. Im Z e i t p u n k t ihrer V o r n a h m e kann unmöglich ein weiteres Finanzprogramm, d.h. ein neues Steuerprogramm, aufgestellt werden. Die Erhöhung gewisser, bereits bestehender Abgaben, die zu den in der vorliegenden Botschaft gehörigen Massnahmen hinzukommen sollen, muss ausreichen, ohne dass das Budgetgleichgewicht des Bundes neuerdings ins Wanken kommt.» Über den uns zur Begutachtung übermittelten Gesetzesentwurf werden wir uns spätestens im Laufe des Monats September aussprechen.

Genehmigen Sie, Herr Bundespräsident, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Für den Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen, Der P r ä s i d e n t : (gez.) Dr. H. Walther.

Der Sekretär: (gez.) Dr. Cottier.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Bundesbeschlusses über vorübergehende Massnahmen zur Vorbereitung der Reorganisation und Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 16. November 1934.)

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