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Bundesblatt

86. Jahrgang.

Bern, den 4. April 1934.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr. 10 Franken im Halbjahr, anzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzelle oder deren Raum. -- Inserate franko an Stumpft £ de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung auf das Postulat Scherer vom 13. Dezember 1933 betreffend die Rückzahlung des 5 1/2%igen Dollaranleihens, 1924.

(Vom 19. März 1984.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements hat am 20. Dezember 1933 ein Postulat des Herrn Nationalrat Scherer, Basel, mit folgendem Wortlaut entgegengenommen: «Der Bundesrat wird ersucht, über die Rückzahlung des 5% %-Dollaranleihens von 1924 einen besonderen Bericht zu erstatten.» Er hat damals die Erklärung abgegeben, das Postulat in Form eines schriftlichen Berichtes zu beantworten, in welchem auch die im Gutachten des Justizund Polizeidepartements enthaltenen juristischen Erwägungen niedergelegt werden, welche den Bundesrat damals zum Entschlüsse bewegen haben, das Anleihen zum Kurse von 5.12 (Golddollarparität, abzüglich der Transportkosten des Goldes New York-Bern) zurückzuzahlen. Überdies hat der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements bei der Entgegennahme dieses Postulates ausdrücklich erwähnt, dass der Bundesrat diesen Entscheid im Eahmen seiner Kompetenzen gefällt hat.

Nach Weisung des Bundesrates hat das Justiz- und Polizeidepartement in Form eines Gutachtens die juristische Seite dieser Frage behandelt, in welchem folgendes festgestellt wird: 1. dass das Anleihen in Golddollar stipuliert ist, und zwar im Werte gemessen nach der im Zeitpunkt der Anleihensemission geltenden Münzeinheit; 2. dass die Goldklausel, entsprechend einem Urteil des ständigen, internationalen Gerichtshofes im Haag über die brasilianischen Anleihen, besonders zu dem Zwecke vereinbart wurde, dem Schuldnerstaat die Möglichkeit zu versagen, seine Schuld in entwertetem Gelde tilgen zu können ; Bundesblatt. 86 Jahrg. Bd. I.

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534 3. dass das Anleihen wohl in den Vereinigten Staaten ausgegeben, der Vertrag als solcher aber nicht in Amerika, sondern auf dem Korrespondenzwege abgeschlossen wurde ; 4. dass gestützt auf den Titelvermerk, wonach die Anleihe entsprechend der schweizerischen Gesetzgebung (Eundesbeschluss über die Anleihensemission) emittiert worden sei, ein sicheres Indiz dafür abgeleitet werden kann, dass der Partei-willc auf Anwendung schweizerischen Rechtes gerichtet war; 5. dass die Fassung der Goldklausel klar und deutlich den Parteiwillen zum Ausdruck bringt, die Schuldsubstanz dem amerikanischen Recht zu entziehen, da als vereinbart gilt, dass etwelche Veränderungen der Schuldsubstanz, hervorgerufen durch einen Wechsel der amerikanischen Münzgesetzgebung, sich nicht auf diese Titel auswirken; 6. dass bei der Annahme, die Schuldsubstanz sei nicht dem amerikanischen Eecht unterworfen, man nur die Schlussfolgerung ziehen kann, dass die von den Vereinigten Staaten verfügte Aufhebung der Goldklausel sich nicht auf die im Anleihen stipulierte Goldklausel erstrecke.

Das Gutachten des Justiz- und PolizcidopartementeB sehliesst mit dem Satz : «Wir gelangen zum Ergebnis, dass die Goldklausel im fraglichen Schweizeranleihen nach wie vor verbindlich ist und dass daher die Zinszahlungen, sowie die Kapitalrückzahlung zum Goldwert zu erfolgen haben.» Nebst diesen juristischen Gesichtspunkten stellt das Postulat noch Fragen wirtschaftlicher Natur. Seine Mitunterzeichner scheinen sich der Auffassung hinzugeben, dass bei Goldwertzahlung der amerikanische Staat als Begünstigter hervorgehe, welcher seinerseits durch die Nichtigerklärung jeder Goldklausel lebenswichtige Schweizerinteressen aufs schwerste betroffen hat. Hier liegt aber unzweifelhaft ein Tatsachenirrtum vor, da der Anleihensvertrag nicht zwischen der Schweizerregierung und dem amerikanischen Staat, sondern mit den Titelinhabern abgeschlossen wurde. Es ist deshalb nicht uninteressant festzustellen, in wessen Besitz diese Titel im Laufe der Zeit übergegangen sind. Auf Verlangen des Finanz- und Zolldepartements mussten die Inhaber bei Einlösung des Oktobercoupons 1988 bei der Schweizerischen Nationalbank dieser gleichzeitig eine Eigentumserklärung übergeben, wodurch festgestellt werden konnte, dass weniger als 0:05% der Titel, in Zahlen ausgedrückt etwa 150,000
Dollars auf Total 80,000,000 Dollars, sich in amerikanischen Händen befinden. Die Behauptung, dass die Eidgenossenschaft bei Respektierung der Goldklausel den Vereinigten Staaten ein Geschenk verabfolge, entbehrt somit jeder Grundlage.

Der Bundesrat wurde vor die Frage gestellt, ob er es verantworten könne, gegenüber Tausenden von Inhabern schweizerischer Nationalität eine formen gültige Verpflichtung, aufgedruckt auf allen Titeln und mitunterzeichnet von der schweizerischen Gesandtschaft, zu verneinen. Eine Bejahung dieser Frage, nur zum Zwecke, einen ungesetzlichen Gewinn einheimsen zu können, hätte

535 den Bundesrat wortbrüchig gemacht. Vertragstreue, Landeskredit und der gute Euf, den die Schweiz in der ganzen Welt geniesst, verpflichten die Eidgenossenschaft, ihren Verbindlichkeiten voll und ganz nachzukommen.

Das 5 1/2%ige Dollaranleihen wirft für die Eidgenossenschaft trotz seiner Rückzahlung in Gold immerhin noch einen schätzenswerten und gesetzlich verankerten Gewinn ab; denn im Zeitpunkte der Anleihensbegebung war der Dollar zu Fr. 5. 60 kotiert, so dass wir 168,000,000 Schweizerfranken erhielten, während heute die Eidgenossenschaft bei einem Kurs von Fr. 5. 12 nur Fr. 153,600,000 zurückzahlen muss.

Es verbleibt somit ein rechtmässiger Gewinn von 14,4 Millionen Franken.

Abschliessend bleibt noch zu erwähnen, dass der Bundesrat durch Kündigung des Anleihens auf den 1. April 1984 den Rahmen seiner Kompetenzen nicht überschritten hat.

Der Bundesrat beantragt daher, das Postulat durch diesen Bericht als erledigt zu betrachten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. März 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Pilet-Golaz.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung auf das Postulat Scherer vom 13.

Dezember 1933 betreffend die Rückzahlung des 5 1/2%igen Dollaranleihens, 1924. (Vom 19. März 1934.)

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1934

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04.04.1934

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