2 9

2

N o

8

# S T #

5

Bundesblatt

86. Jahrgang.

Bern, den 18. Juli 1934.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken in Jahr, W Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli et de. in Bern.

# S T #

Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend produktive Arbeitslosenfürsorge.

(Vom 17. Juli 1934.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Am 20. Juni 1934 haben die eidgenössischen Rate einen Bundesbeschluss gefasst über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 18. März 1982 betreffend produktive Arbeitslosenfürsorge.

Über Sinn und Zweck der produktiven Arbeitslosenfürsorge haben wir uns schon verschiedentlicb ausgesprochen. Wir verweisen insbesondere auf die Botschaft vom 14. März 19321) sowie auf unser Kreisschreiben an die Kantonsregierungen vom 19. April 19322). Die Notwendigkeit einer Revision des Bundesbeschlusses ist sodann ausdrücklich begründet in einer Botschaft vom 31. Mai 1984 3). Die Abänderungen gegenüber der bisherigen Regelung, die bei Behandlung dieser Botschaft von den eidgenössischen Bäten in der vergangenen Session beschlossen worden sind, bestehen -- abgesehen von einer Erhöhung der Kreditsumme -- in folgendem: 1. Die Zuschüsse des Bundes können für die Produktionsgüterindustrie (Metall- und Maschinenindußtrie, einschliesslich Herstellung von Fahrzeugen, Instrumenten und Apparaten) unter gewissen Voraussetzungen über die normale Grenze hinaus, wie sie in Art, 2, Abs. l, des Bundesbeschlusses festgesetzt ist, erhöht werden, so dass hier die Zuwendungen des Bundes und des Kantons bis zu 20%, ausnahmsweise sogar bis zu 30% des Lieferungspreises erreichen dürfen. 2. Während bis dahin die Gewährung eines Fabrikationszuschusses durch den Bund davon abhängig war, dass der Kanton, in dessen Gebiet sich das Unternehmen des Gesuchstellers befand, ebenfalls einen Zuschuss von mindestens der Hälfte der Bundesleistung ») Bundesbl. 1932, Bd. I, S. 601.

2 ) Bundesbl. 1932, Bd. I, S. 704.

') Bundeabl. 1934, Bd. II, S. 341, Bundesblatt. 86. Jahrg. Bd. II.

56

826

bewilligte, genügt es nunmehr, wenn der Kanton einen Drittel der Bundessubvention als Fabrikationsbeitrag gewährt.

Die an zweiter Stelle genannte Abänderung gibt uns zu folgenden Bemerkungen Anlass. Zweck der Herabsetzung des Kantonsbeitrages ist es, zu bewirken, dass auch Kantone in finanziell weniger günstiger Lage sich an der produktiven Arbeitslosenfürsorge beteiligen können, und sodann, es den. Kantonen zu ermöglichen, auf eine finanzielle Mitwirkung der Gemeinden zu verzichten. Es hat sich nämlich bei der Durchführung der produktiven Arbeitslosenfürsorge gezeigt, dass eine Heranziehung der Gemeinden die praktische Anwendung dieser Jlassnahme vielfach vereitelt, sei es, dass die Gemeinden die Beitragsleistung überhaupt verweigern, sei es, dass die Erledigung der Gesuche durch das auf diese Weise komplizierte Verfahren für den Industriellen zu spät erfolgt, sei es endlich, dass es unter diesen Umständen nicht möglich ist, die aus handelspolitischen Gründen häufig erforderliche Geheimhaltung der Subventionen zu gewährleisten. Die Herabsetzung des vorschriftsmäßigen Kantonsbeitrages soll dazu dienen, diese Schwierigkeiten zu beseitigen. Sie sollte aber nicht zur Folge haben, dass Kantone, welche höhere Beiträge zu bewilligen.in der Lage sind und auch bisher bewilligt haben, ihre Zuschüsse künftig herabsetzen. Es muss immer wieder betont werden, dass die produktive Arbeitslcsenfürsorge eine rationelle und billige Art der Arbeitsbeschaffung darstellt, und dass die Kantone, insbesondere nachdem die von ihnen verlangte- Mindestleistung ermässigt worden ist, schon rein finanziell betrachtet, sich zweifellos auf diese Weise wesentlich günstiger stellen als bei der Ausrichtung unproduktiver Unterstützungen an Arbeitslose.

Nach der bisherigen und weiterhin geltenden Eegelung liegt die kantonale Beitragsleistung demjenigen Kanton ob, in dessen Gebiet sich die Unternehmung des Gesuchstellers befindet. Gelegentlich kommt es vor, dass ein Teil der Arbeiterschaft einer gesuchstellenden Firma in einem Nachbarkanton seinen Wohnsitz hat und im Fall der Arbeitslosigkeit diesem Kanton zur Last fallen würde. Wenn unter derartigen Verhältnissen der Sitzkanton den betreffenden Nachbarkanton zu veranlassen sucht, entsprechend der Zahl der in Frage kommenden Arbeiter einen Teil der vorgeschriebenen kantonalen Subvention
zu übernehmen, so sind wir damit ohne weiteres einverstanden. Wir halten jedoch dafür, dass es sich hiebei in erster Linie um eine zwischen den beteiligten Kantonen intern zu regelnde Angelegenheit handelt. Eine rasche und einfache Verständigung zwischen den Kantonen, bei denen diese Frage eine Eolle.spielt, sollte unseres Erachtens, besonders nachdem der Kantonsbeitrag herabgesetzt worden ist, ohne weiteres möglich sein. Jedenfalls ist auch hier alles zu vermeiden, was eine Erschwerung des Verfahrens, unter der die Industrie zu leiden hätte, zur Folge haben könnte.

Die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 18. März 1932 und die bei der Durchführung der produktiven Arbeitslosenfürsorge gemachten praktischen Erfahrungen haben uns veranlagst, die Vollziehungsverordnung vom 19. April

827 1982 in einigen Punkten zu ändern und zu ergänzen. Sie erhalten in der Beilage die neue Verordnung über produktive Arbeitslosenfürsorge vom 17. Juli 1984.

Wir benützen den Anlass, Sie, getreue, liebs Eidgenossen, samt uns in Gottes Macbtschutz zu empfehlen.

Bern, den 17. Juli 1934.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Für den B u n d e s p r ä s i d e n t e n :

Motta.

Der Bundeskanzler: G. Boyet.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend produktive Arbeitslosenfürsorge. (Vom 17. Juli 1934.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1934

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.07.1934

Date Data Seite

825-827

Page Pagina Ref. No

10 032 379

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.