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Bericht des

Bundesrathe über die Rekurseingabe der Regierung des Kantons Zug, vom 4. Juni 1886 *), betreffend die Führung der Expreßzüge 42 und 47 zwischen Zürich und Zug.

(Vom 14. Juni 1886.)

Tit.

Wir beeilen uns, Ihnen über die Rekurseingabe des Regierungsrathes des Kantons Zug, vom 4. Juni 1886, gegen den von uns am 7. Mai abhin, betreffend die Führung der Expreßzüge 42 und 47 zwischen Zürich und Zug, gefaßten Beschluß den nachstehenden Bericht zu erstatten.

Der am 14. Dezember 1861 zwischen dea Regierungen deih. Stände Zürich, Luzern und Zug und der Direktion der Nordostbahn abgeschlossene Vertrag, betreffend Begründung einer Eisenbahnunternehmung Zürich-Zug-Luzern, enthält im Art. 2 die Bestimmung, daß die Konzessionen, welche die Kantone für den Bau und Betrieb der genannten Linie ertheilen werden, als integrirender Bestandteil des Vertrags gelten solleu, und ferner im Art. 14, Alinea 2, daß die, Nordostbahn als Betriebsführerin an die Vorschriften dieser Konzessionen gebunden sei. Die Konzession des» Kantons Zug nun bestimmt im Art. 2 : ,,Die im Art. l ertheilte Konzession schließt auch eine die beiden von Zürich und von Luzern her fuhrenden Eisenbahnen vor ihrer Vereinigung bei der Kollermühl (zwischen Cham und Zug) in direkte Verbindung bringende Bahnlinie in sich. Es ist jedoch.

*) Der Bundesversammlung am 11. Juni 1886 gedruckt ausgetheilt.

819 die Nordostbahngesellschaft verpflichtet, alle von Zürich nach Luzern oder in der umgekehrten Richtung sich bewegenden, in dem Fahrtenplan enthaltenen Züge, mit welchen Personenbeförderung stattfindet, nach Zug hereinzuführen. Die in diesem Paragraphen konzedirte Verbindungslinie soll also lediglieh zur Vermittlung von außerordentlichen, nicht in dem Fahrtenplan aufgeführten Zügen zwischen den beiden Endpunkten Zürich und Luzern bestimmt sein."

Diese Konzession ist am 5. Februar 1862 unter dem Vorbehalt aller Vorschriften der Bundesgesetzgebung genehmigt worden.

Der Konzession gemäß ist denn auch sowohl die direkte Linie als die Abzweigung von Kollermühle nach Zug (3392 Meter) und zurück bis zur Wiedervereinigung mit der Hauptlinie bei der Sumpfweiche (3436 Meter) gebaut worden. Das Stück der direkten Linie, welches damit umfahren ist, mißt 845 Meter. Die Mehrlänge über Zug gegenüber der direkten Linie beträgt also 3392 -)- 3436 -- 845 = 5983 Meter, wozu ferner gerechnet werden muß der Umweg, den jeder ein- und ausfahrende Zug über das sogenannte Kehrdreieck machen muß (357 -|- 335 + 335 f 362 -- 456 =), 933 Meter/ Der ganze Umweg ist demnach 5983 -f 933 = 6916 Meter, und der Mehrzeitaufwand, welchen die Bedienung der Station Zug erfordert, wenn man den Aufenthalt in der Station und die verlangsamte Fahrt in den Kurven und über die Weichen rechnet, 15 bis 20 Minuten.

Die Nordostbahn hat schon im Jahr 1883 den Versuch gemacht, zum Anschluß an die Schnellzüge der Gotthardbahn einen Expreßzug einzulegen, der die Station Zug nicht berührt hätte. Sie ist aber damals vom Bundesrath abgewiesen worden, weil keine Korrespondenzen sie hinderten, die Ankunfts- und Abfahrtszeiten in Zürich zu verlegen, um die Zeit erhältlich zu machen für die Einfahrt nach Zug. Die Nordostbahn strich daraufhin den projektirten Extrazug einfach aus ihrem Fahrplan und die Sache blieb seither liegen.

Im Sommerfahrplanentwurf pro 1886 aber wurde die Angelegenheit von der Nordostbahn wieder aufgenommen und sind die beiden Expreßzüge : Nr. 42 ab Zürich 83S, in Rothkreuz 940/*3, in Luzern IO05, M.

,, 47 ,, Luzern 4 47 , ,, ,, 510/13, ,, Zürich 6", A.

mit dem einzigen Halt in Rothkreuz, also ohne Berührung von Zug, eingestellt worden. Die Regierung des Kantons Zug erhob neuerdings Einsprache, und ein Versuch, die Widersprüche auf dem Wege konferenzieller Besprechung zu ordnen, blieb ohne Erfolg.

Die Abordnung von Zug machte der Nordostbahn den Vorwurf,

820 daß eine spezielle Aufrage, ob die Regierung die projektirte Fahrordnung zugeben wolle, unterlassen worden sei; man wolle die Vertragsrechte des Kantons stillschweigend beseitigen. Würde die Nordostbahn jene Anfrage gestellt und diese Rechte ausdrücklich anerkannt haben, so wäre es möglieh gewesen, daß die Regierung ihre Zustimmung auf Zusehen hin ertheilt hätte. Uebrigens könne die Nordostbahn anderweit helfen ; sie solle dafür sorgen, daß durch schnelleres Fahren oder durch Ueberfahren von Stationen die Anschlußzüge in Zürich früher angebracht, resp. später abgefertigt werden können.

Anderseits verwies die Nordostbahn darauf, daß sie bei der Konstruktion des Sommerfahrplans in einer Zwangslage sich befunden habe. Man habesuchenn müssen, der von Zürich gestellten Forderung zu entsprechen, daß ein täglich kursirender Frühzug alle Stationen der Linie Zürich-Zug-Rothkreuzzumm Anschluß an den ersten Personenzug der Gotthardbahn bringen solle, und eine weitere neue Verbindung habe in Aussieht genommen werden müssen, um Zürich und womöglich die ganze Ostschweiz in direkte Korrespondenz mit dem von der Gotthardbahn neu eingelegten Schnellzug zu bringen, der beträchtlich raschere Verbindungen mit Mailand etc. biete, als der bisherige Schnellzug. Die Erfüllung der beiden Aufgaben stehe in betriebstechnischem Zusammenhang. Für die Verbindung mit dem neuenGotthard-Schnellzugg bleiben für die Strecke Zürich-Rothkreuz (44 km.) nur 64, beziehungsweise 65 Minuten, was die Bedienung von Zugverunmögliche.. Wenn auf dieser beharrt werde, so könne die Korrespondenz mit dem Expreßzug nicht hergestellt werden und müsse man auch imUebrigenu zum bisherigen Fahrplan zurückkehren, d. h, auf die tägliche Verbindung ab Zürich zum ersten Personenzug derGotthardbahnu verzichten. Ferner wurde darauf hingewiesen , daß dieExpreßzügee 42 und 47 der Nordostbahn in Luzern günstige Anschlüsse an uud vom Schnellzug der Jura - Bern - Luzern - Kühn durch's Entlebuch (Luzern-Bern) und mit den Schiffskursen auf dem Vierwaldstättersee haben; sowie darauf, d a ß d i e Verbindung m i t d e m Expreßzug trotz des Ueberfahrens der Station Zug auch für diese bestehe, indem durch zwei gemischte Züge der Anschluß der Station Zug an dieGotthardzüe sowohl als an die Fortsetzung der Schnellzüge zwischen Rothkreuz und Luzern hergestellt werde.
Endlich hat die Direktion nachtraglich das auf den Gründungsvertrag bezogene Gesuch an die Regierung von Zug gerichtet, die Fahrtordnung der Züge 42 und 47 auf Zusehen hin zu gestatten.

821 Die Regierung des Kantons Zug blieb aber auf ihrer ablehnenden Haltung, so daß der Bundesrath entscheiden mußte, was er dann auch, und zwar im Sinne der Genehmigung des Fahrplanprojekts der Nordostbahn, gethan hat, dem schließlich auch noch eine Eingabe des Stadtraths von Zürich zu Hülfe kam, worin das große Interesse betont wurde, das die Stadt Zürich und die Ostschweiz an der direkten Verbindung mit dein neuen Schnellzug der Gotthardbahn und an den für Luzevn geplanten Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Nordostbahnzüge 42 und 47 habe.

Der Bundesrath zog in Betracht: 1) Daß er in erster Linie für die Vollziehung der Eisenbahngesetzgebung , hier speziell des Art. 33 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 (Amtl. Samml. XI, 1), zu sorgen habe, wo vorgeschrieben ist, daß die für den durchgehenden Verkehr und 'zur Herstellung ineinandergreifender Fahrtenpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit eingeführt werden müssen.

Es war also vor Allem aus zu prüfen, ob ein Bedürfniß, die von der Nordostbahn geplanten neuen Verbindungen herzustellen, vorhanden sei, und sodann, ob demselben in der That nur durch Opferung der Bedienung der Station Zug durch die Züge 42 und 47 genügt werden könne. Die erstere Frage war sofort zu bejahen: nachdem die Möglichkeit vorhanden war, den Morgenzügen von Chur, Glarus, Schaffhausen, St. Gallen und resp. Winterthur einen direkten Anschluß an den neuen Schnellzng der Gotthardbahn und bessere Anschlüsse in Luzern nach dem See und in der Richtung nach Bern zu geben und in umgekehrter Richtung auch auf dem Rückweg an die letzten Züge anzuschließen, die am Abend nach Glarus, Chur, St. Gallen und Romanshorn (Lindau, München, Leipzig, Dresden, Berlin) abgehen, so durfte die Gelegenheit nicht unbenutzt bleiben. Anderseits mußte man zugestehen, daß die Züge, welche die Nordostbahn zur Herstellung der Verbindung zwischen Zürich und Luzern einzulegen hatte, in der That nicht mehr als die von der Direktion angegebenen 64 resp. 65. Minuten zur Verfügung hatten, um die 44 km. lange Strecke Zürich-Rothkreuz zu befahren, und konnte nicht bestritten werden, daß auch durch eine aufs Aeußerste angespannte Fahrgeschwindigkeit weder 20 noch 15 Minuten einzuholen waren, welche für die Bedienung von Zug nöthig gewesen wären.

2) Daß durch die direkte Fahrt der Züge 42 und 47 dem Kanton Zug oder der Station Zug keine erheblichen thatsächlichen Nachtheile erwachsen können. Es ist schon hervorgehoben

8'22 und nicht bestritten, daß die, Station Zug mit den Schnellzügen der Gotthardbahn, sowie mit der Fortsetzung der Expreßzüge der Nordostbahn in dur Richtung nach Luzern und weiter und unigekehrt durch Lokalzüge eine ähnliche direkte Verbindung hat, wie diese Zürich und dor Ostschweiz durch dio Expreßzüge der Nordostbalm geboten ist. Der N. 0. B.-Zug 42 ab Zürich langt inRothkreuzz 9 40 Mio. an, der Lokalzug von Zug 9 27 , und umgekehrt folgt dem Abgang des Expreß 47 nach Zürich am Abend 513 schon um 520 eine Fahrt nach Zug.

Aus der Richtung v o n Zürich her aber hat Zug folgende Verbindungen: Zug an 633, 848, IO 33 , 81(i, 618, 930, 1Ò09; und in der Richtung n a c h Zürich: Zug ab 5is, B19, 1225, 430, 618, 810.

Wiefern daneben die Thatsache, daß die zwischen 9 und 10 Uhr Morgens und 5 und G Uhr Abends nur auf der direkten Linie verkehrenden Expreßzüge die Station Zug nicht berühren, ciao Schädigung von berechtigten Interessen sein könnte, konnten wir nicht einsehen und war übrigens auch nicht ernstlich behauptet. Die Regierung von Zug stellte sich allein auf den Rechtsboden des Vertrags mit der Nordostbahn.

3) Daß diesen thatsächlichen Verhältnissen gegenüber die von den Bundesbehörden nie anerkannten Rechtsansprüche aus dem Grundungsvertrag von 1861 nicht aufkommen können.

Diese Rechtsansprüche bestehen gegenüber der N o r d o s t b a h n und seien allerdings von dieser anerkannt; sie können auch eine Forderung au die Nordostbahn begründen ; für die Geltendmachung der öffentlichen Interessen seien aber die Bestimmungen der Bundesgesetze, welche ja in der Bundeskouzession für die Zürich Zug-Luzernbahn ausdrücklich vorbehalten sind, maßgebend.

Ueberdem bestimme Art. 41 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1872, daß die in den bisherigen Konzessionen von den Kantonen vorbehaltenen Rechte nur soweit unverändert in Kraft bleiben, als sie nicht durch das Gesetz ausdrücklich dem Hund übertragen oder mit dun Bestimmungen des ersteren im Widerspruch stehen. Dieser Widerspruch aber sei vorhanden, wenn die Aufrechterhaltung der von Zug aus der Konzession hergeleiteten.

Rechte die Herstellung direkter Verbindungen auch nur zwischen einzelnen schweizerischen Landestheilen hindern würde; wobei dann ausgeführt worden ist, daß es, entgegen den Anschauungen von Zug, nicht nöthig sei, daß diese Verbindungen in's Ausland reichen, um Berücksichtigung zu verdienen, obschon auch dieses Requisit

823 auf der einen Seite vollkommen vorhanden sei, sofern die Gotthnrdschnellzage, an die ein Anschluß gesucht werde, jedenfalls internationale Verbindungen schaffen, während anderseits wenigstens Zug 47 eine direkte Fortsetzung über Romanshorn hinaus nach Lindau, München und weiter habe und die Erstellung der beanstandeten Expreßzüge einer direkten Fortsetzung der Früh- und Spätzüge via Sargans von und nach dem Arlberg unzweifelhaft rufen werde.

Bndlich wurde erwidert, daß die Befürchtung, welche die Regierung von Zug in der Richtung habe durchblicken lassen, daß die Genehmigung des Fahrtenplanes der Nordostbahn zum Ausgang weiterer Vernachlässigung der Rechts- und Interessenstellung von Zug werden könnte, nicht berechtigt sei. Der Buiidesrath werde so wenig unbefugten Ansprüchen der Nordostbahn nachgeben, als er durch die Bemühungen von Zug veranlaßt werden könnte, der Stellung zu vergessen, die ihm durch die Bundesgesetzgebung vorgeschrieben sei. Mit dem Bau der Linie Zug-Goldau endlich, welcher von Zug als der Ausweg bezeichnet worden war, wo die einfachste Lösung der Schwierigkeiten zu finden sein möchte, habe die vorliegende Frage nichts zu thun.

Gegen diesen Entscheid richtet sich die Beschwerde der Regierung von Zug. Die Begründung bringt keine neuen Standpunkte, sie antwortet auf die Erwägungen des bundesräthlichen Beschlusses vom 7. Mai im Wesentlichen mit denselben Argumenten, die schon im frühern Verfahren angebracht worden und bereits rekapitulirt sind : daß die Umstände nicht vorhanden seien, welche dem Bundesrath das Recht geben, an der Hand des Art. 33 über die Vertragsrecute des Kantons hinwegzugehen; daß die Verbindungen, denen die Expreßzüge der Nordostbahn als Mittelglied dienen sollen, nicht die Bedeutung haben, welche der Art. 33 voraussetze, um einen Zwang zu rechtfertigen; daß eventuell die Schweiz. Eisenbahuverwaltungen durch Verlegung der Ankunf'ts- und Abgangszeiten der aus dem Osten her nach Zürich kommenden Züge und umgekehrt helfen, und nöthigeufalls mit den ausländischen Bahnen über die Veränderung des Kurses des Gotthardschnellzugs verhandeln sollten.

Nur wenn alle diese Mittel erschöpft seien, dürfe der Bundesrath vorgehen, wie er es gethan habe ; ihm liege namentlich auch ob, selbständig zu prüfen und sich nicht damit imponiren zu lassen, daß die Expreßztige
,,entweder nach Projekt oder gar nicht werden gefahren werden.'1 Die Frage der thatsäehlichen Interessen des Verkehrs sei den Vertragsrechten von Zug untergeordnet. Eventuell könnte nicht blos die Nordostbahn, sondern auch der Bund wegen Vertragsbruch belangt werden. Und was endlich die Linie

824 Zug-Goldau betreffe, so sei man hier mit der Erfüllung eines Versprechens im Verzug, dessen Vollziehung allerdings dem Streit ein Ende machen könnte, ob alle Züge der Linie Zürich-Luzern nach der Station Zug gebracht werden müssen. Wenn unter den gegenwärtigen Verhältnissen Inkonvenienzen entstehen, so sollte es nicht der Kanton Zug sein, welcher darunter zu leiden habe, sondern diejenigen , welche seiner Zeit an die Stelle der Sihlthalbahn die Reppischbahn gesetzt haben.

Insofern Sie auf die Beschwerde eintreten sollten, so stellen wir derselben die gleichen Erwägungen entgegen, die dem Bundesrathsbeschluß vom 7. Mai zu Grunde liegen. Vor Allem aus ist der Versuch zu beseitigen, die Beschwerde mit der Angelegenheit des Baues der Linie Zug-Goldau zu verketten. Es handelt sich nicht um die Erstellung einer neuen Eisenbahn, sondern darum, wie die gegenwärtig bestehenden Verbindungen ausgenützt werden sollen ; ob, wie die Regierung des Kautons Zug meint die Interessen des allgemeinen Verkehrs der Vereinbarung untergeordnet sein sollen, welche die Behörden des Kantons anläßlich der Gründung der Reppischthalbahn mit der Direktion der Nordostbahn abgeschlossen haben.

Hier wiederholen wir: 1) daß, soweit in der vorliegenden Frage diese Vereinbarung angerufen ist, sie sich direkte auf die Bestimmungen der Konzession des Kantons Zug für die Linie Zürich-Zug-Luzern beruft; die Regierung des Kantons Zug verlangt, gestützt auf den Vertrag, die strikte Vollziehung des Art. 2 der Konzession ; 2) daß die Konzession, mitsamm dem Art. 2 unter der Bedingung des Art. 4 der Bundeskonzession vom 5. Körnung 18(52 steht, wo gesagt ist, daß alle Vorschriften der Bundesgesetzgebung, namentlich auch das Gesetz über den Bau und Betrieb von Bisenbahnen, genaue Beachtung rinden und denselben d u r c h d i e B e s t i m m u n g e n der k a n t o n a l e n K o n z e s s i o n kein E i n t r a g g e s c h e h e n d ü r f e ; 3) daß der Art. 41 des Eisenbahngesetees vom 23. Dezember 1872 die in den bisherigen Konzessionen von den Kantonen vorbehaltenen Rechte ausdrücklich nur soweit anerkennt, als sie nicht durch das Gesetz denn Bund übertragen ,,oder mit dessen Bestimmungen im Widerspruch sind"; 4) daß der Art. 33 desselben Gesetzes den Bundesrath verpflichtet, darüber zu wachen und nöthigenfalls zu e n t s c h e i d e n ,

825 daß die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinandergreifender Fahrtenpläne nöthigen Personenzilge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit eingeführt werden.

Daraus geht nun doch klärlich hervor, daß weder die vom Kanton Zug für die Ziürich-Zug-Liwern-Bahn verliehene Konzession noch die darauf gerichteten Bestimmungen des zwischen Zug und der Nordostbahn abgeschlossenen Vertrags den Vorschriften der Bundesgesetzgebung vorgehen, sondern daß es Pflicht des Bundesrathes ist, diese und nur diese zur Anwendung zu bringen, gleichviel, ob es die Nordostbahn sei, welche auf die entgegenstehenden Bestimmungen der Konzession oder des Vertrags sich berufen möchte, oder die hohe Regierung des Kantons Zug. Es ist also gänzlich unrichtig, wenn die letztere glaubt, daß ihr Anspruch vom Standpunkt ihres Vertrags aus beurtheilt werden müsse und daß die Frage, ob durch Unterlassu g der Berührung von Zug thatsächliche Interessen verletzt werden (S. 6 der Eingabe), so wenig erheblich sei, daß die Regie.ung von der Besprechung derselben Umgang nehmen könne.

Denn allerdings hängt der Entscheid davon und nur davon ab, wo das thatsächliche Interesse liegt, d. h. ob den Bedürfnissen des Verkehrs besser gedient sei, wenn man der Nordosthahn gestattet, ihre Expreßzüge nicht in die Station Zug zu führen, oder wenn man diese Expreßzüge unterdrückt; denn wie wir zeigen werden, gibt es ein Drittes nicht.

Die Regierung des Kantons Zug behauptet in zweiter Linie, daß die Prüfung der letztern Frage vom Bundesrath resp. vom Eisenbahndepartement nicht selbstständig vorgenommen worden sei, sondern daß man leichthin auf die Vorlagen dei1 Nordostbahn abgestellt habe. Wir müssen diesen Vorhalt des Entschiedenst n ahlehnen und glauben, das nicht besser thun zu können, H 1s durch eine Zusammenstellung der auf die Expreßzüge 42 und 47 bezüglichen Daten : In Z ü r i c h kommen während der Dauer des Sommerfahrplans am M o r g e n an : Um 817 der Personen-Zug 5a von Baden und weiter, 8 27 ,, Schnell-Zug 50 von Glarus (ab Linlhthal 510) und Chur (.ab 420), 830 ,, Personen-Zug 62 von Sehaffhausen (ab 62fi), ,, St. Gallen (ab 525), ,, Konstanz (ab 510), .,, Banma (ab 68), ,., ßülach (a,> 63B), - Frauenfbld (ab 530).

826 8 3B 940 9 45 9*2 IO13 IO 20

geht dur Expreß/,ug 42 ab, der am in K o t h k r e u z ankommt, von wo abgeben: der Gotthard-Schnellzug, un l die Fortsetzung nach L u z e r n , welche dasell;st noch folgende Anschlüsse findet: an deu Schuellzug durch's Entlümch nach Bern, an die Schiffe nach Flüelcu,'Alpuach und Küßnacht.

Am A b e n d gehen ab: Um 4 47 der Exproßzug Nr. 47 von L u x e r a mit Anschlüssen von: Bern (Schuelkug durch's EntlibuclO 440, vom See, ab Flüelen, 415, ,, Alpnach, 4 3B , ,, Küßnacht, 410.

In R o t h k r e u z langt der Zug aji 510 wo er die Korrespondenz des GDtthard-Schnell/uges ab Mailand (in llothkreuz 509) aufzunehmen hat, mit Abgang nach Zürich um 513.

17 6 ist die Ankunftszeit des Expreßzuges in Z ü r i c h , von wo alsdann abgehen : 6 30 die Züge nach Glarus (an 857 und in Linththal 94T) und Chur (an l O 40 ), 6 2B ,, ,, nach 3t Galleu (an S3'"'), ,, Schaffhausen (an 855), ,, Romanshom (an !>]5) und weiter, 635 ,, ,, ,, Baden und weiter.

Die Expreßzüge als Verhindungszügo zwischen Zürich und Rothkreuz haben dio denkbar geringsten Umschlagszeiten sowohl in Zürich als in Rothkreuz, (und aueh in Luzern) ; ilu-e Fahrzeit ist 64, resp. 65 Minuten hei einer Strecke von 44 Kilometer, wovon mehr als 20 Kilometer in Steigungen von 12 °/oo liegen. Die Kxpreßzüge fahren also mit einer Geschwindigkeit von 40 Kilometer pro Stunde, gleich den Sehnellzügen auf der ähnlichen Linie ZürichWinlerthur (27 Kilometer), wozu 40 Minuten in Anspruch genommen sind, während die Geschwindigkeit der Schnellzüge auf der viel günstiger gelegenen Strecke Winterthur-Romanshorn nur auf 44 Kilometer pro Stunde ansteigt und zwisehen Zürich und Kern wieder nur 40 Kilometer ausmacht. Um auf der Strecke /ürichRothkreuz die 15--20 Minuten einzusparen, welche zur Berührung der Station Zug nöthig sind, müßte mit einer mittleren Geschwindigkeit von 53--60 Kilometer gefahren werden, was bei der Beschaffenheit der Linie nach Steigungen und Krümmungen nicht verlangt werden kann.

827 Es bleibt also zu untersuchen, ob dem Begehren von Zug durch Verlegung der Anschlußzüge genügt werden kann. Daß diese Verlegung nicht dem internationalen beschleunigten Gotthardschnellzug zugemuthet werden kann, dürfte ohne Weiteres klar sein; wir würden es nicht wagen, den betheiligten und namentlich den auswärtigen Bahnen die Theilnahme an derselben zuzumuthen; sie müßte ausschließlich bei den Kursen gesucht werden, welche in Zürich die Korrespondenz an die Expreßzüge haben. Man müßte diese beschleunigen, d. h. die Berührung der Station Zug, welche von der Regierung selbst nicht als ein Bedürfniß, sondern nur als ein Recht bezeichnet wird, durch das Ueberfahren von mindestens 6---8 Stationen auf j e d e r Z u f a h r t s l i n i e erkaufen oder, weil das bei den Früh- und Spätzügen nicht angeht, den Kurs derselben so ändern, daß sie am Morgen um 15--20 Minuten früher, am Abend um ebenso viel später gehen. Wir denken nicht, daß man dem Bundesrath dafür Dank wüßte, wenn er diese Verlegung angeordnet hätte, und zwar würden sich dagegen sowohl das reisende Publikum als die Angestellten des Bahnbetriebs ausgesprochen haben, deren tägliche Dienstzeit damit um zwei Mal 15--20 Minuten verlängert worden wäre.

Eine t.olche Aenderung ist übrigens einfach unmöglich, wenn man nicht gleichzeitig auch die Gegenzüge entsprechend verlegt, mit denen die Korrespondenz auf den verschiedenen Uebergangspunkten doch festgehalten werden muß. Um diese Korrespondenz herzustellen, müßten z. B. am Morgen die von Zürich, am Abend die von Eomanshorn, St. Gallen, Schaffhausen etc. ausgehenden Züge, welche in Winterthur mit den an die Expreßzügo unmittelbar anschließenden Zügen kreuzen müssen, ebenfalls verlegt, die Anschlüsse an die Seitenlinien verändert, kurzum der Fahrplan aller in Zürich einund ausgehenden Züge gänzlich umgestaltet werden. Man wird zugeben müssen, daß zu dieser weitgehenden Forderung der Anspruch der Regierung des Kantons Zug nicht berechtigt.

Die Verlängerung der Fahrzeiten der Expreßzüge ist also nicht angängig und damit die Bedienung der Station Zug durch dieselben ausgeschlossen, wenn sie ihre Aufgabe, einen durchgehenden Verkehr zu vermitteln, erfüllen sollen; und \vir müssen uns wiederholt mit der Nordostbahn einverstanden erklären, daß, wenn diese Aufgabe dahinfällt, die Führung der Züge keinen
Sinn hätte.

Es ist unter diesen Umständen nicht zu prüfen, welche weiteren Aenderungen der Entfall der Expreßzüge im Fahrplau der Nordostbahn zur Folge gehabt haben würde; jedenfalls wäre die jetzt durchgeführte Früherlegung des Zug 40 und der tägliche Anschluß desselben an den Morgenzug der Gotthardbahn fraglich geworden und wenigstens nach der Theorie der Regierung von Zug nicht zu

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erzwingen gewesen, da diesem Zug alle Anschlüsse in Zürich mangeln.

Ueber das Interesse, das in der Richtung besteht, daß dio Expreßzüge geführt werden, gibt das obenstehende Verzeichniß der Anschlüsse allen wünschbaren Aufschluß, und enthalten wir uns, dasselbe weiter auszuführen. Ebenso werden Sie uns, nach dem Angebrachten, gestatten, über die Gefahr, daß der Bund wegen Veranlassung der Nichterfüllung der im Gründungsvertrag von 1861 der Nordostbahn auferlegten Verpflichtungen civilrechtlich verantwortlich gemacht werden könnte, nicht weitere Worte zu verlieren.

Wir b e a n t r a g e n , die Beschwerde des Kantons Zug al» u n b e g r ü n d e t abzuweisen.

Wir stellen diesen Antrag namentlich auch mit Rücksicht auf das 3. Alinea des Art. 33 des Eisenbahngesetzes, welcher bestimmt, daß ,,über alle Anstände (betreffend die Fahrpläne) der Bundesrath entscheidet" Diese klare Vorschrift ist auch die einzig mögliche. Würde das Gesetz ein förmliches Rekursrecht au die Bundesversammlung vorbehalten, so wäre die rechtzeitige Feststellung eines Fahrplane» überhaupt nicht möglich. Damit ist selbstverständlich das Aufsichtsrecht der Bundesversammlung nicht ausgeschlossen. Findet dieselbe, es habe der Bundesrath in einem gegebenen Falle gegen das Gesetz gehandelt, so wird sie demselben diejenigen Aufträge geben, welche geeignet sind, der Wiederholung solcher Vorgänge vorzubeugen. Im gegebenen Fall glauben wir nachgewiesen zu haben, daß von einer gesetzwidrigen Amtshandlung des Bundesrathes nicht die Rede sein kann.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 14. Juni 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenosseiisehaft : Ringier.

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Bericht des Bundesrathes über die Rekurseingabe der Regierung des Kantons Zug, vom 4.

Juni 1886 *), betreffend die Führung der Expreßzüge 42 und 47 zwischen Zürich und Zug.

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