211

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigunggesuche des wegen verbotenen Verkaufes von Phosphorzündhölzchen bestraften Gustav Kling, Kaufmanns in Fehraltorf, Kanton Zürich.

(Vom 19. August 1902.)

Tit.

Das Statthalteramt Pfäffikon, Kanton Zürich, hat dem Kaufmann Gustav Kling in Fehraltorf, gestützt auf das Bundesgesetz vom 2. November 1898 betreffend Fabrikation und Vertrieb von Zündhölzchen eine Buße von Fr. 100 und die Fr. 1. 10 betragenden Kosten des Verfahrens auferlegt, weil Kling nachweislich am 20. September 1901 einem Gastwirt in der benachbarten Gemeinde Oberillnau eine Kiste mit 220 Paket Phosphorzündhölzchen im Gewichte von 30 kg. und im Werte von Fr. 28. 60 verkauft hatte. .

Kling ersucht um Nachlaß der Buße, indem er vorbringt: Er befasse sich seit Jahren mit dem Verkauf von Zündhölzchen und habe die beanstandete Lieferung einem alten Kunden nur auf dessen besonderes dringendes Verlangen zukommen lassen, weil demselben die neuen, angeblich überall entzündbaren Zündhölzchen nicht zugesagt hätten. Er habe geglaubt, dem an ihn gerichteten Wunsche um so eher entsprechen zu dürfen, als es sich nicht um einen Wiederverkäufer gehandelt, sondern um einen, der die Zündhölzchen ausschließlich in seiner Wirtschaft verbrauche. Im übrgen werde der Verschleiß vorrätiger Zündhölzchen bis jetzt noch durch eine Menge von Spezereihändlern betrieben, und habe für ihn zum Teil bestimmend der Gedanke gewirkt, dasselbe zu tun, was hundert andere, zum Teil in größerem Maßstabe, straflos tun dürfen".

Der Gemeinderat Fehraltorf erteilt dem Potenten ein gutes Leumundszeugnis. Nach Staatssteuerregister versteuert Kling für

212

das Jahr 1902 an Vermögen Fr. 12,000 und an Einkommen Fr. 2000, allerdings sollen nach beigefügter Notiz die Steuern stets nur mit Mühe erhältlich gemacht werden können.

Die Tatsache, daß Petent im Falle war, einem Kunden seiner Spezereihandlung das verhältnismäßig bedeutende Quantum von 30 kg. Phosphorzündhölzchen zu liefern, in Verbindung mit dem Inhalt des Begnadigungsgesuches sprechen in überzeugender Weise dafür, daß er im Bewußtsein der Gesetzwidrigkeit seiner Handlungsweise den Verkauf von Phosphorzündhölzchen gewerbsmäßig auch nach Ablauf der für die Räumung vorhandener Vorräte ausreichend gewährten Frist noch fortsetzte. Dabei ist nicht zu vergessen, daß gerade in nächster Nähe des Domizils des Petenten von den Zündholzfabrikanten in Madetswil u. s. w. dem Bestreben der eidgenössischen Behörden, durch Verbot der Fabrikation von Phosphorzündhölzchen sanitarischen Übelständen abzuhelfen, öffentlich langjähriger Widerstand entgegengesetzt wurde, und daß unter anderem im Frühjahr 1901 einer dieser Fabrikanten wegen Übertretung des Fabrikationsverbotes bestraft und mit seinem Begnadigungsgesuche von der Bundesbehörde abgewiesen wurde (Beschluß der Bundesversammlung in Sachen Weber vom 20. Juni 1901). Dem Petenten war also die Gefahr einer Bestrafung wegen des verbotenen Gewerbes sehr wohl bekannt, und er wußte auch, daß die Übertreter des Gesetzes zur Strafe gezogen werden, wenn ihre Handlungsweise rechtsgenügend eruiert werden kann. Unter solchen Verhältnissen ist eine Reduktion der auf das gesetzliche Mindestmaß angesetzten Buße auch mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Petenten nicht angezeigt.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag, es sei das Begnadigungsgesuch des Gustav Kling abzuweisen.

B e r n , den 19. August 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zemp.

Der 1. Vizekanzler: Schatzmann.

£s<-«$-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen verbotenen Verkaufes von Phosphorzündhölzchen bestraften Gustav Kling, Kaufmanns in Fehraltorf, Kanton Zürich. (Vom 19. August 1902.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1902

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.08.1902

Date Data Seite

211-212

Page Pagina Ref. No

10 020 206

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.