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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche der wegen unerlaubten Verkaufes von Phosphorzündhölzchen bestraften Magdalena Hofstetter, Krämerin in Oberönz, Kanton Bern.

(Vom 19. August 1902.)

Tit.

Magdalena Hofstetter wurde verzeigt und ist geständig, bis Ende April 1902 in ihrem Verkaufsladen in Oberönz gewerbsmäßig Zündhölzchen mit gelbem Phosphor an ihre Kunden abgegeben zu haben. Sie behauptet, noch einen Vorrat aus der Zeit vor Erlaß des Verkaufsverbotes zu besitzen, den sie noch habe liquidieren wollen.

Wegen dieser Gesetzesübertretung bestrafte der Polizeirichter des Amtes Wangen die Fehlbare mit Fr. 100 Geldbuße, unter Überbindung der Fr. 5 betragenden Kosten. Sie ersucht um gnadenweisen Erlaß der Buße, eventuell Reduktion derselben, indem sie geltend macht, der genaue Wortlaut des den Vertrieb von Zündhölzchen mit Phosphor verbietenden Bundesgesetzes sei ihr nicht bekannt und sie sei daher der Meinung gewesen, sie dürfe mit ihrem Vorrat noch durch. Verkauf aufräumen. Es habe sich übrigens dem Umfange ihres Geschäftsbetriebes entsprechend, nicht um große Quantitäten gehandelt.

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Laut amtlichem Zeugnis besitzt Magdalena Hofstetter ein reines Grundsteuerkapital von Fr. 4770 und versteuert sie ein Einkommen von Fr. 100. Der Gemeinderat Oberönz und das Regierungsstatthalteramt Wangen empfehlen das Begnadigungsgesuch zur Berücksichtigung.

Im vorliegenden Falle ist Petentin überführt, in ihrem Handelsgeschäfte gewerbsmäßig während längerer Zeit den Verkauf verbotener Zündhölzchen betrieben zu haben, und es ist nicht daran zu zweifeln, daß sie sich der Gesetzwidrigkeit ihres Vorgehens bewußt gewesen sei, angesichts der vielen Bestrafungen wegen der gleichen Übertretung, die bereits ergangen und überall besprochen und publiziert worden sind. Es wäre daher wohl angezeigt, nicht nur die gänzliche Aufhebung, sondern auch die Ermäßigung der Buße zu verweigern, wenn solche nicht in ähnlichen Fällen gewährt worden wäre, z. B. gegenüber dem Kaufmann Löw in Basel (Beschluß der Bundesversammlung vom 12. Dezember 1901). Mit Rücksicht auf dieses Präzedenz und die immerhin nicht sehr günstigen ökonomischen Verhältnisse der Petentin ist eine Reduktion der Buße auf die Hälfte des gesetzlichen Mindestmaßes gerechtfertigt.

Wir stellen bei Ihrer hohen Versammlung daher den A nt r ag:

Es sei die der Magdalena Hofstetter auferlegte Buße auf Fr. 50 zu ermäßigen, bei Unerhältlichkeit umgewandelt in 10 Tage Gefängnis.

B e r n , den 19. August 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, .Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche der wegen unerlaubten Verkaufes von Phosphorzündhölzchen bestraften Magdalena Hofstetter, Krämerin in Oberönz, Kanton Bern. (Vom 19. August 1902.)

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Jahr

1902

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34

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20.08.1902

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209-210

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