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Schweizerisches Bundesblatt.

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Bericht der

Kommission des Nationalrates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1901.

(Vom 26. Mai 1902.)

Herr Präsident, Herren Nationalräte!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend die Bemerkungen zu unterbreiten, zu welchen uns die Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1901 Anlaß gab.

Geschäftsführung

des Bundesrates.

Bundeskanzlei.

Einem von den Räten bei der Prüfung des Geschäftsberichtes pro 1900 angenommenen Postulate Folge gebend, hat der Bundesrat dieses Jahr seinem Bericht zum ersten Mal ein Verzeichnis der frühern Postulate beigelegt.

Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. III.

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Dieses Verzeichnis, dessen Nutzen unbestreitbar ist, teilt die Postulate in drei Abteilungen : 1. Im Berichtsjahre (1901) angenommene Postulate, in ihrem vollständigen Wortlaut ; 2. im gleichen Jahre erledigte Postulate, mit Angabe der Art ihrer Erledigung ; 3. die bis Ende 1901 noch nicht erledigten Postulate.

Für diese letzteren hat sich der Bundesrat auf' die seit 1890 angenommenen Postulate beschränkt. Er hielt es nicht für nötig, allerlei ältere, obwohl noch unerledigte Postulate hiev herbeizuziehen, um, wie er sagte, das Verzeichnis nicht allzu sehr zu belasten. Es ist auch wahrscheinlich, daß sie ihr früheres Interesse ganz oder doch großenteils verloren haben.

Politisches Departement.

1. In Zustimmung zu den Schritten, welche der Bundesrat behufs Anbahnung einer Revision der Genfer Konvention gethan, gab auch die internationale Friedenskonferenz im Haag 1899 den Wunsch kund, es möchte in naher Frist eine Specialkonferenz zum Zwecke der Revision dieser 'Konvention stattfinden.

Bis zur Stunde schienen dem Bundesrate die Umstände noch nicht günstig, um von seiner Seite weiteres zu veranlassen.

Obgleich die Vorarbeiten weiter betrieben wurden, glaubte er doch einen geeigneteren Zeitpunkt abwarten zu sollen. Ihre Kommission schlägt Ihnen vor, von der Absicht des Bundosrates, diese Frage zu der ihm passend scheinenden Zeit weiter zu verfolgen, Akt zu nehmen.

2. Im Falle Armin Wiirth, von Medels, welcher sich in Marokko unter den Schutz der Vereinigten Staaten von Amerika gestellt hatte und dessen Entschädigungsbegehren von der Regierung des Sultans abgewiesen worden war, bemerkt der Bundesrat in seinem Berichte, daß die Vereinigten Staaten, im Gegensatz zur Praxis anderer Staaten, den fremden Schutzbefohlenen nicht den

515 gleichen Schutz angedeihen lassen wie ihren eigenen Angehörigen.

Wenn ein unter dem Schütze der Vereinigten Staaten lebender Schweizer ein Begehren oder eine Reklamation bei der Regierung des Landes, in dem er wohnt,, anzubringen hat, so kann der Vertreter der Vereinigten Staaten diese Reklamation der betreflenden Regierung zustellen--Aber er kann nichts thun, um dieselbe zu unterstützen. Ein solcher Schritt würde vom Washingtoner Kabinett als der amerikanischen Verfassung zuwiderlaufend angesehen, da diese den Bürgern der Vereinigten Staaten verbietet, ein Amt von einer fremden Regierung anzunehmen.

Daraus geht, wie der Bundesrat bemerkt, hervor, daß der Schutz der Vereinigten Staaten ein rein illusorischer ist in den Ländern, wo gerade mehr als anderswo eine energische Haltung des diplomatischen oder konsularischen Vertreters für die Erlangung einer Entschädigung notwendig wäre.

Wir geben zu, daß im speciellen Falle der Bundesrat kaum mehr thun konnte, als diese Verhältnisse konstatieren. Immerhin fragt sich die Kommission, ohne gerade bezügliche Weisungen erteilen zu wollen, ob nicht der Bundesrat durch Publikationen, Anzeigen oder auf andere Weise unsern in Ländern ohne schweizerische Vertretung niedergelassenen Angehörigen die Widerwärtigkeiten ersparen könnte, welche der Fall Würth aufgedeckt hat.

Vertretung der Schweiz im Auslaude.

I. Gesandtschaften.

Unterm 8. August 1901 genehmigte der Bundesrat ein Reglement betreffend das Personal der Gesandtschaften, welches die Aufnahms-, Beförderungs-, Gehalts- und Urlaubsbedingungen etc.

dieses Personals festsetzt. Dieses Reglement trat sofort in Kraft.

Gemäß Art. l desselben^besteht das Personal der Gesandtschaften aus den besoldeten ordentlichen und den unbesoldeten außerordentlichen Beamten. Zu den erstem gehören die Gesandtschaftssekretäre, die Kanzleisekretäre, die Kanzlisten oder die Kopisten ; zu den letztem gehören die Attaches oder die freiwilligen Attachés.

Die Genehmigung der Kredite durch die eidgenössischen Räte vorbehalten, bestimmt das Reglement die Gehalte der ordentlichen Beamten wie folgt :

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1. Gesandtschaftssekretäre I. Klasse: Fr. 7000 bis 10,000 jährlich.

2. Gesandtschaftssekretäre n. Klasse: Fr. 5000 bis 7000 jährlich.

3. Kanzleisekretäre Fr. 4000--6000.

Hier kann das Maximum für die überseeischen Länder auf 7000 Franken erhöht werden.

Die Gesandtschaften in Berlin, London, Rom, "Wien und Washington haben je einen Gesandtschaftssekretär und einen Kanzleisekretär als ordentliches Personal.

Die Gesandtschaft in Paris hat zwei Gesandtschai'tssekretäre und einen Kanzleisekretär, und diejenige in Buenos-Aires einen Gesandtschafts- oder einen Kanzleisekretär und eventuell einen Kanzlisten oder einen Kopisten.

Unter anderai sieht das Reglement auch die Möglichkeit vor, daß der Bundesrat den Gesandtschaftssekretären I. Klasse, welche seit wenigstens sechs Jahren den Posten eines Gesandtschaftssekretärs bekleidet haben, den Titel ,,Legationsrata verleihen kann. Wir wollen noch erwähnen, daß unser Gesandte in Berlin, Herr Oberst A. Roth, letztes Jahr sein 25jähriges Amtsjubiläum feierte. Er war am 4. Dezember 1876 bei der deutschen Regierung beglaubigt worden.

II. Konsulate.

Von unsern 98 Konsularvertretern haben im Jahre 1901 39 Entschädigungen im Gesamtbetrage von Fr. 104,500 erhalten.

Die einzelnen Beträge wechseln von Fr. 1000 bis zu Fr. 6000 oder Fr. 7000 (Brüssel, St. Petersburg, Havre). Überdies vergütet der Bund den Konsuln, welche keine Entschädigung beziehen, ihre Auslagen für Bureaumaterialien, Porti etc.

Der Bundesrat bemerkt selber, daß sein Verzeichnis der Ausgaben und Einnahmen der schweizerischen Konsulate für 1901 unvollständig sei. Eine Anzahl Konsulate hatte zur Zeit der Ausarbeitung des Geschäftsberichts die Zusammenstellung ihrer Ausgaben und Einnahmen noch nicht eingesandt. Diese Verspätungen mögen für gewisse wenig wichtige und in sehr entfernten Ländern errichtete Konsulate einigermaßen begreiflich sein, nicht aber für Konsulate wie z. B. dasjenige in Venedig.

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Einbürgerungen.

Die Zahl der bewilligten Einbürgerungsgesuche ist ziemlich die gleiche wie in den Vorjahren. Sie umfassen im ganzen 3073 Personen (3331 im Jahre 1900).

Das Verzeichnis der Einbürgerungen in den Kantonen zeigt uns folgende Verhältnisse : Die Einbürgerungen sind besonders zahlreich in Genf (219), Zürich (159) und Baselstadt (143). Obwalden, Nidwaiden und Appenzell I.-Rh. weisen keine solchen auf. Wallis zeigt pro 1901 zwei Einbürgerungen, Graubünden sechs. Die bezogenen Gebühren schwanken von Fr. 50 bis 2500 für den Kanton und von Fr. 50 bis 5000 für die Gemeinden.

Anläßlich eines speciellen Falles hat der Bundesrat den Art. 3 des Gesetzes vom 3. Juli 1876 dahin interpretiert, daß die einem verheirateten Ausländer erteilte Einbürgerungsbewilligung sich nur auf seine Frau und seine minderjährigen Kinder erstreckt, nicht aber auf die unehelichen Kinder seiner Frau oder auf die Kinder aus einer frühern Ehe derselben. Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut des erwähnten Artikels und scheint uns unanfechtbar.

Optionen.

Die Zahl der Optionserklärungen und diejenige der Optionsanzeigen weichen von den Zahlen des Vorjahres nur ganz unwesentlich ab (164 und 170 für die erstere, 114 und 116 für die letztere).

Auswanderung.

I. Allgemeines.

Die in den Jahren 1899 und 1900 konstatierte Zunahme der Auswanderung erstreckte sich auch auf das Berichtsjahr (105 Auswanderer mehr als 1900, 1633 mehr als 1898). Wie früher, so bestand auch jetzt die Mehrzahl der Ausgewanderten aus Landwirten oder mit der Landwirtschaft in engem Zusammenhang stehenden Berufsarbeitern. Es ist richtig, daß diese mehr als andere in einem Teile der das Auswanderungsziel bildenden Länder Beschäftigung finden können.

518 Zu beachten ist, daß die den Agenturen als Überfahrtspreise (Fr. 1,025,710. 51) oder behufs Auszahlung an die Auswanderer an ihrem Bestimmungsort (Fr. 325,960. 60) übergebenen Summen, wie auch die von der eidgenössischen Verwaltung schon in den letzten Jahren eingeholten Erkundigungen, zu beweisen scheinen, daß sich die schweizerische Auswanderung nicht aus dem mittellosen Teile unserer Bevölkerung rekrutiert.

II. Klagen.

Die Klagen über Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz haben etwas abgenommen. Sie sind aber immer noch zu zahlreich, wenn man die lange Zeitdauer, während welcher das Gesetz bereits in Kraft steht, in Betracht zieht.

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Departement des Innern, I. Centralverwaltung.

3. Bibliothek.

Während im Jahre 1900 über 9000 Bände aus- und eingegangen sind, ist die Zahl im Berichtsjahre auf rund 12,000 Bände oder Stück gestiegen, so daß auf den Arbeitstag 40 Bände entfallen. Diese erfreuliche Zunahme ist zu begrüßen. Angesichts derselben und der Ausdehnung des offiziellen Schriftenaustausches erklärt sich die Kommission damit einverstanden, wenn an die Entlastung des Bibliothekars von den ihm noch obliegenden Kanzleiarbeiten der verschiedensten Art gedacht wird.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischen Gesetze.

4. Gesundheitswesen (Schweizerisches Gesundheitsamt).

Die Zahl der P o c k e n e r k r a n k u n g e n ist von 214 Fällen im Jahre 1900 auf 353 im Berichtsjahre mit 38 Todesfällen gestigen, wovon 26 Fälle auf T)Ungeimpftea, 10 auf ,,Geimpfte" ' entfallen, während in zwei Fällen der Impi'zustand unbekannt geblieben ist. Die hervorragendste Pockenepidemie ist diejenige von N i e d e r b i p p (Kanton Bern) mit 122 Erkrankungen und 15 Todesfällen. Von der Gesamtzahl der Erkrankten waren 44 geimpft und 78 ungeimpffc ; von der ersten Kategorie starben 2, von der zweiten 13. Die 78 Ungeimpften standen im Alter von unter l--14 Jahren. Es ergiebt sich hieraus deutlich, daß seit der Abschaffung der obligatorischen Impfung im Kanton Bern eine große Zahl von Schulkindern nicht mehr geimpft sind und infolgedessen bei Einschleppung von Pocken ein sehr empfängliches Material darstellen.

Die Auslagen der Kantone für die Bekämpfung der Pocken beliefen sich auf Fr.67,636.17, der Bundesbeitrag auf Fr.33,818.55.

520 D i p h t h e r i e f ä l l e kamen 8653 wur Anzeige und wurden 3741 bakteriologische Diphtherieuntersuchungen durchgeführt.

Für die Erstellung von A b s o n d e r u n g s h ä u s e r n und D e s i n f e k t i o n s a n s t a l t e n nebst zugehörigen Utensilien wurden ßundesbeiträge im Gesamtbetrage von Fr. 23,010. 70 ausgerichtet und an die Kosten der Ausführung solcher Projekte Bundesbeiträge im Gesamtbeträge von Fr. 39,448. 50 zugesichert. Von diesen Projekten (7) ist nur ein einziges noch nicht vollständig ausgeführt worden. Dem Berichte ist im weitern zu entnehmen, daß Verhandlungen gepflogen wurden, jedoch noch nicht zum Abschlüsse gelangt sind, über die Erstellung von 21 weitern Absonderungshäusern und Desinfektionsanstalten. Der Realisierung dieser Projekte scheinen da und dort Schwierigkeiten entgegenzustehen; möchten diese im Interesse einer wirksamen Epidemiebekämpfung beseitigt werden.

Die Thätigkeit des Gesundheitsamts auf dem Gebiete des Gesundheitswesens im allgemeinen und der Bekämpfung der Epidemien insbesondere verdient volle Anerkennung.

V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit.

4. Hebung der Kunst.

Aus dem Berichte ergicbt sich, daß S t i p e n d i e n für ang e h e n d e K ü n s t l e r auf den Antrag der Kunstkommission an 6 Bewerber im Betrage von je Fr. 1500 gewährt wurden. Die Zahl der Unterstützungen dieser Art betrug im Vorjahre 9, im Gesamtbetrage von Fr. 7300, im Einzelbetrage von Fr. 500 bis Fr. 1200. Die ständerätliche Geschäftsberiolitskommission von J900 hat diese noch junge Institution als sehr nützlich bezeichnet. Es' ist dieser Ansicht und der eingeführten Erhöhung der Stipendien in der Voraussetzung beizupflichten, daß nur solche angehende Künstler überhaupt unterstützt werden, deren bisherige Leistungen für die Zukunft eine wirkliche Hobun»O der vaterländischen Kunst durch sie erwarten lassen.

Im Berichtsjahre wurden wiederum eine Anzahl für den Bund erworbene Gemälde, Studienzeichnungen etc. einigen kantonalen Museen zur Aufbewahrung überlassen. Dafür, daß diese der Eidgenossenschaft zu Eigentum verbleibenden Gegenstände ihr erhalten bleiben, sorgt ein Revers, wonach die Depositarin zur richtigen Ausstellung des Kunstwerkes und Versicherung des-

521 selben gegen Brandschaden verpflichtet wird und sich im allgemeinen für dessen gute Aufbewahrung verantwortlich erklärt. Dor Bundesrat behält sich das Recht vor, den Kunstgegenstand jederzeit zurückzuziehen. Über die erworbenen Kunstgegenstände wird ein Inventar nach den Aufbewahrungsorten geführt.

VI. Polytechnische Schule.

Die Zahl der Studierenden, welchen S c h u l g e l d e r laß auf Grund der beigebrachten Dürftigkeitszeugnisse und befriedigender Leistungen gewährt wurde, ist von 39 auf 41 gestiegen, worunter 27 Schweizer und 14 Ausländer. In Hinsicht auf die zunehmende Inanspruchnahme des Schulgelderlasses und den bedeutenden Ausfall an Einnahmen, den die Schulkasse dadurch erleidet, spricht sich der Bericht dahin aus, es werde sich kaum mehr länger umgehen lassen, die Gewährung von Schulgelderlaß auf die s c h w e i z e r i s c h e n Studierenden zu beschränken. Die Kommission wünscht, daß hiervon einstweilen noch Umgang genommen werde, namentlich den Angehörigen solcher Staaten gegenüber, die Gegenrecht halten und bedürftigen Schweizern, die ihre höhern Schulanstalten besuchen, das Schulgold ebenfalls erlassen.

Der nationalrätliche Kommissionalbericht von 1899 erwähnt anerkennend die Schenkung, die der verstorbene Herr Professor Dr. Zeuner als Fonds einer Z e u n e r S t i f t u n g zur Verabfolgung von Stipendien an würdige und bedürftige Studierende der mechanisch-technischen Abteilung gemacht hat. Eingezogene Erkundigungen haben ergeben, daß aus dieser Stiftung, deren Kapital anfangs Fr. 7412 betrug, bis jetzt noch gar keine Stipendienbeträge verabfolgt worden sind, da sich bisanhin noch kein Bewerber gemeldet hat, welcher einer Verabfolgung eines Stipendiums aus dieser Stiftung als würdig betrachtet werden konnte.

Die Bemerkungen zu den Fragen der ständerätlichen Goschäftsprüfungskommission pro 1900, ob nicht eine bessere Vorteilung der auf die Studien fallenden Zeit während des Schuljahres angezeigt wäre und ob die Ferien am Polytechnikum nicht vielleicht etwas zu lange seien, erscheinen der Kommission als zutreffend. (Seite 82 des Geschäftsberichtes.)

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Annexanstalten.

Eidgenössische M a t e r i a l p r ü f u n g s a n s t a l t . Der große Gi-eschäftsumfang dieser Anstalt läßt es begreiflich erscheinen, wenn die Auftraggeber mitunter etwas lange auf die Erledigung ihrer Aufträge warten müssen ; immerhin wäre eine etwas raschere Mitteilung der Prüfungsergcbnisse wünschenswert.

Eidgenössische Centralanstalt für forstliches V e r s u c h s w e s e n . Die Bearbeitung der bisherigen Beobachtungen auf den W a s s e r m e ß s t a t i o n e n im E m m e n t h a l hat gezeigt, daß die zur Zeit angewandte Methode zur Messung der Abflußmengen aus dem bewaldeten und unbewaldeten Gebiet keine ganz einwandfreie, völlig zuverlässige Resultate giebt. Die Fehler und Unsicherheiten sind hauptsächlich auf d-ie ungleichzeitige Beobachtung auf den Stationen und auf die zu geringe Zahl der Messungen zurückzuführen und lassen sich nur durch die Einführung selbsthätiger Pegel beseitigen. In Anbetracht der großen praktischen Wichtigkeit dieser Versuche und der damit verbundenen erheblichen Auslagen für Besoldung des Beobachtungsporsonals erachtet auch die Kommission die baldige Vornahme dieser Verbesserungen als angezeigt.

VII. Statistisches Bureau.

Im Hinblick auf die Thatsache, daß das eidgenössische statistische Bureau die kantonalen Behörden für statistische Zwecke verschiedenster Art immer mehr in Anspruch nimmt und ihnen dadurch eine erhebliche Mehrarbeit namentlich da bereitet, wo noch keine kantonalen statistischen Bureaux bestehen, gestattet sich die Kommission die Wunschesäußerung, es möchte das Departement des Innern die Frage prüfen, ob nicht den Kantonen, welche statistische Bureaux bereits besitzen oder erst noch einrichten werden an die Betriebskosten derselben angemessene jährliche Bundesbeiträge zu verabfolgen seien.

IX. Schweizerische Landesbibliothek.

Die zur Prüfung des Berichtes des Departements des Innern bestellte Subkominission hat die Landesbibliothek besichtigt und sich von der äußerst praktischen Einrichtung derselben, sowie von der darin herrschenden vorzüglichen Ordnung überzeugt.

523 XI. Oberbauinspektorat.

B. Strasseu und Brücken.

P r a g e l s t r a ß e und S u s t e n st r äße. Die Kommission teilt, wenn sie auch beiden Projekten sympathisch gegenübersteht, doch den Standpunkt des Bundesrates für vorläufige Verschiebung einer Subventionierung des Baues dieser zwei Straßen. Übrigens sind die bezüglichen Studien noch nicht zu ihrem Abschlüsse gelangt, Versprechen oder Angaben betreffend den Betrag einer Subvention wären jetzt noch verfrüht, und die Erstellung dieser beiden Straßen ist denn doch nicht so dringend, daß sie nicht auf Zeiten einer günstigeren Finanzlage des Bundes verschoben werden könnte.

C. Wasserbauwesen.

R h e i n k o r r e k t i o n . Es war Ihrer Kommission daran gelegen, diese wichtigen Arbeiten zu besichtigen. Auf ihrer Inspektionsreise war sie vom Chef des eidgenössischen Departements des Innern, von einer Delegation der St. Galler Regierung, sowie vom eidgenössischen Oberbauinspektor und vom Oberingenieur der Rheinkorrektionsarbeiten begleitet. Man hat ihr in zuvorkommendster Weise alle nötigen Erläuterungen zu diesem großen, im Bau begriffenen Werke gegeben.

Es ist ohne Augenschein kaum möglich, sich ein richtiges Bild zu machen von den gewaltigen Arbeiten, welche ausgeführt worden sind, um gegen die Erhöhung des Flußbettes und gegen die Gefahren der schon mehrmals diesen schönen Teil des Rheinthales verwüstenden Überschwemmungen anzukämpfen.

Die Binnen- und Entsumpfungskanäle, großenteils schon vollendet, funktionieren sehr gut und erfüllen ihren Zweck vollständig.

Die doppelten Wuhre mit Dämmen längs des Flusses haben im Vereine mit dem Fußacher-Durchstich die guten Wirkungen erzielt, welche man von ihnen für die periodischen Hochwasserstände des Rheins erwartete.

Noch bleibt, gemäß dem mit Österreich abgeschlossenen Übereinkommen, der Diepoldsauer-Durchstich auszuführen. Dieses Werk ist bereits begonnen.

Das Terrain, auf welches die Wuhre zu stehen kommen, ist sehr schlecht und wird infolge seiner äußerst großen Weich-

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heit enorme Materialmengen erfordern, welche die Unternehmung leider von weit her beschaffen muß.

Aus diesem Umstände werden für die Beteiligten noch ganz beträchtliche Kosten erwachsen. Die Ausgaben, welche gemacht wurden und noch gemacht werden müssen, werden indessen den doppelten Vorteil haben, einerseits der zahlreichen Uferbevölkerung, die bisher bei jedem Steigen des Wasserstandes des Rheins in größten Sorgen stand, das lang entbehrte Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit zu geben, und anderseits der Kultur ein Gebiet von gewaltiger Ausdehnung zu öffnen, welches man bisher nicht bebauen konnte und dessen Nutzbarmachung die Quelle größeren Wohlstandes dieser Landesgegenden bilden wird.

Allgemeine Betrachtungen.

Bei ihrem Gesamtüberblick über die vom Bunde subventionierten Korrektionen und Schutzbauten drückt die Kommission angesichts der großen finanziellen Opfer unseres Landes noch den dringenden Wunsch aus, daß, sobald einmal das Werk der Ingenieure beendigt sein wird, man für richtige, zweckentsprechend ausgeführte Bewaldung sorgen möge. Nur unter dieser Voraussetzung worden alle diese Arbeiten auch wirklich ihren Zweck erfüllen und Bestand haben.

XII. Direktion der eidgenössischen Bauten.

Die häufigen Kreditüberschreitungen bei den vom Bunde erstellten Gebäuden veranlassen uns, das am 21. Dezember 1901 vom Nationalrate angenommene Postulat (Nr. 586) sehr lebhaft zu unterstützen; dasselbe verlangt die Ausarbeitung detaillierter Kostenvoranschläge für alle neuen Bauten, welche in Zukunft auf Kosten des Bundes erstellt oder eventuell von ihm subventioniert werden. Diese genauen Kostenvoranschläge sind dann jewoilen den Dossiers, welche man den vorberatenden Kommissionen zustellt, einzuverleiben.

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Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

Bundesgesetzgebung.

Die Arbeiten für das s c h w e i z e r i s c h e C i v i l g e s e t z b u c h nehmen einen guten Fortgang. Die Beiziehung von Specialexperten und von Vertretern der verschiedenen wirtschaftlichen, socialen und politischen Richtungen zur Vorberatung der Entwürfe wird dem großen Werke, welches naturgemäß auf vielerlei Widerstände stoßen wird, sehr zu statten kommen. Der gegenwärtige Stand der Arbeiten berechtigt zur Annahme, daß der fertige Gesamtentwurf gegen Ende 1904 an die eidgenössischen Räte gelangen werde. Weniger abgeklärt ist die Perspektive für die Durchführung der Strafrechtseinheit. Da es aber kaum möglich wäre, beide Werke gleichzeitig vom Gesetzgeber behandeln zu lassen, so begrüßen wir es, wenn das Civilrecht einen Vorsprung vor dem Strafrechte gewonnen, da an dasselbe größere Hoffnungen und Interessen geknüpft sind.

Bei der Revision des T a r i f s zum B u n d e s g e s e t z ü b e r S c h u l d b e t r e i b u n g und K o n k u r s wurde nach unserm Dafürhalten im allgemeinen das Richtige getroffen, wenn auch noch einige weitere Punkte hätten in die Revision einbezogen werden dürfen. Es wäre nun wohl nicht mehr zu frühe, an die · R e v i s i o n des B u n d e s g e s e t z e s selbst zu gehen. In weiten Kreisen herrscht bekanntlich Unzufriedenheit über verschiedene wichtige Bestimmungen desselben, und es ist zu befürchten, daß sich der Widerwille der betreffenden Kreise auf künftige Akte der Bundesgesetzgebung übertragen könnte.

Der Überzeugung von der Dringlichkeit einer Revision des Bundesgesetzes über die Abtretung von Privatr e c h t e n hat die Bundesversammlung schon vor zwei Jahren durch Annahme eines bezüglichen Postulates Ausdruck verliehen.

Wir bedauern, daß letzteres noch nicht zum Vollzuge gelangt ist.

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Der Bundesrat scheint in seiner Absicht, die Revision durchzuführen, nach Einholung eines Gutachtens des Bundesgerichtes schwankend geworden zu sein. Wir können die Bedenken des Bundesgerichtes in wesentlichen Punkten nicht teilen und erinnern daran, daß die in Behandlung stehenden Bundesgesetze über das Forstwesen und die elektrischen Leitungen ein abgeändertes einheitliches Verfahren sehr wünschbar machen.

Auf die Anfrage ostschweizerischer Kantone, ob die Errichtung eines i n t e r k a n t o n a l e n F a c h g e r i c h t e s f ü r d i e S t i c k e r e i i n d u s t r i e auf dem Wege eines Konkordates mit der Bundesverfassung vereinbar sei, trat der Bundesrat nicht ein, da hierüber erst nach Vorlage des Konkordates selbst entschieden werden könne. Nach unserem Dafürhalten war aber schon damals die -- allerdings etwas heikle -- Frage völlig spruchreif und hätte den gesuehstellenden Kantonen ein Bescheid erteilt werden dürfen. Letztere konnten sich begreiflicherweise nicht entschließen, den weiten und höchst umständlichen Wog der Konkordatsverhandlungen zu beschreiten, auf die Gefahr hin, daß nachher das Konkordat als verfassungswidrig erklärt werde.

Der Geschäftsbericht des Bundesrates schweigt über die Frage des V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f e s , welche die Bundesversammlung schon mehrmals beschäftigte. Ein Blick in den botreffenden Aktenfascikel hat uns indes gezeigt, daß die Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen blieb. Ein Gutachten von drei Bundesrichtern gelangte zum Schlüsse, daß ohne Revision einer Reihe von Artikeln der Bundesverfassung ein großer Teil der Staats- und Verwaltungsrechtspflege -weder dem Bundesgerichte noch einem besondern Verwaltungsgerichtshofe übertragen werden könnte. Seither wurde bei sämtlichen Departemonten eine Enquete veranstaltet, um beurteilen zu können, welcher Verwaltungsrechtsstoff sich zu einer gerichtlichen Behandlung eigne, und um einen Überblick über die in Frage kommenden Materien und Kompetenzen zu gewinnen. Wir sind der Ansicht, daß das Be- · gehron nach einem in dieser oder jener Form zu errichtenden Verwaltungsgeiichtshofe immer unabweisbarer an die Thore dos Bundes klopfen wird, je mehr Verwaltungszweige demselben zugewiesen werden, und daß diesem Begehren auch dann entsprochen werden sollte, wenn hierzu eine Partialrevision der Verfassung erforderlich ist. Wir ersuchen den Buudesrat, die Angelegenheit nach Möglichkeit zu fördern.

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Internationales Recht.

Wem) auch die Haager ,, I n t e r n a t i o n a l e Ü b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d C i v i l p r o z e ß r e c h t " vom 14. November 1896 mehr als einen Mangel auf weist und ihr Effekt in gewissen Ländern wegen der hohen Urteilsvollzugskosten zum Teil illusorisch sein mag, so möchten wir doch einem Rücktritte von jener Übereinkunft nicht das Wort reden, da sie in sehr vielen Fällen gute Dienste leistet. Sie hatte auch das Gute, daß sie don Anstoß gab zu Verhandlungen zwischen den Kantonen über die Errichtung eines K o n k o r d a t e s b e t r e f f e n d die Befreiung von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die P r o z e ß k o s t e n . Seit dem Bestehen einer einheitlichen Schuldbetreibung in der' Schweiz hat eine solche den Angehörigen anderer Kantone auferlegte Verpflichtung keine Berechtigung mehr; einige Kantone haben sie deshalb bereits auf dem Gesetzgebungswege beseitigt, und wo dies noch nicht geschehen, sollte ein Konkordat Wandel schaffen. Der Entwurf eines solchen wurde unter Leitung des eidgenössischen Justizdepartements an einer Konferenz kantonaler Delegierten festgesetzt und da sich das Departement im Geschäftsberichte bereit erklärt, durch Entgegennahme von Beitrittserklärungen seine Vermittelung weiterhin walten zu lassen, so ist zu erwarten, daß in Bälde der Beitritt einer größern Anzahl von Kantonen, eventuell eine nochmalige Konferenz stattfinden werde.

Neben dem internationalen Civilprozeßrechte geht das int e r n a t i o n a l e P r i v a t r e c h t einher. Den bezüglichen Haager Konferenzen verdanken mehrere Teilentwürfe ihre Entstehung.

Wenn auch diese Elaborate unserer Anschauungs- und Ausdrucks1 weise in formeller und materieller Beziehung vielfach fremd sind, so finden wir es doch für angezeigt, daß der Bundesrat den Beitritt ins Auge fasse, soweit dies das Eherecht betrifft, welches bekanntlich im internationalen Verkehr die bedenklichsten Mißstände aufweist. Der Umstand, daß das internationale Privatrecht sich dem von der Schweiz größtenteils verlassenen Iloimatprinzipe zuwendet, kann wenigstens bezüglich des Eherechtes, eventuell auch hinsichtlich des Vormundschaftsrechtes, vom Beitritte kaum abhalten ; anders verhält es sich wohl mit dem Erbrechte. Wir teilen übrigens die Anschauung des Sundesrates, daß der Beitritt der Schweiz von demjenigen der uns umgebenden Staaten abhängig gemacht werden soll.

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Bezüglich der B e s t e u e r u n g von L i e g e n s c h a f t e n der Ausländer scheint ein Widerspruch zu bestehen zwischen der schweizerischen Praxis und dem Steuerrechte einzelner fremder Staaten.

Um einerseits eine Benachteiligung der herwärtigen Steuerhoheit und anderseits eine internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollte Kemedur geschaffen werden, was schwerlich auf andere Weise wird geschehen können als auf dem Vertragswege oder dann durch Änderung der schweizerischen Gerichtspraxis, es wäre denn, daß die betreffenden Staaten sich unseren Anschauungen in der Praxis nähern würden oder aber bei denselben Reklamationen wegen allfälliger ungleicher Behandlung von Ausländern und Angehörigen des eigenen Staates mit Erfolg erhoben werden könnten.

Ciyilstand und Ehe.

Wenn eine Neuauflage, bezw. ein Neudruck des im Jahre 1881 erschienenen und zur Zeit vergriffenen, wie auch teilweise veralteten ,, F ü h r e r s f ü r d i e C i v i l s t a n d s b e a m t e n " - herausgegeben wird, womit unseres Brachtens nicht bis nach dem Erlasse des schweizerischen Civilrechtes zugewartet werden darf, so empfiehlt es sich, wenn nicht eine gän/liche Umarbeitung -- diese würde allerdings einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten erfordern -- so doch wenigstens eine Ausscheidung des veralteten Stoffes und eine Ergänzung durch Einschaltung neuer Entscheide, Kreisschreiben etc. vorzunehmen und das Tempo dieser Arbeit thunlichst zu beschleunigen.

Rechtspflege.

Es darf hervorgehoben werden, daß im Berichtsjahre kein das Justiz- und Polizeidepartement beschlagender Rekurs von der Bundesversammlung gutgeheißen wurde. Von den an den Bundosrat gelangten Rekursen (69) betrifft die Großzahl wiederum das Gebiet der Handels- und Gewerbefreiheit (40) und auf diesem besonders das Wirtschal'tswesen (36). Wir konstatieren gerne, daß bei der Entscheidung dieser W i r t s c h a f t s r e k u r s e au den im Geschäftsberichte pro 1899 zusammengestellten Grundsätzen festgehalten und demnach der Feststellung der kantonalen Behörden über die Frage des Bedürfnisses und des öffentlichen Wohles ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, sowie dem Bestreben der Kautone auf Reduktion der Wirtschaften nicht entgegengetreten wurde.

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Der Entscheid in der Hekurssache Egger (Stirnen), dahin gehend, daß ^alkoholfreie11 Wirtschaften ebenfalls unter die bundosverfassungsmäßig zulässigen Einschränkungen fallen können, scheint auf den ersten Blick anfechtbar zu sein ; bei näherem Zusehen wird mau ihn aber billigen müssen, da einerseits ,,alkoholfreie"1 Wirtschaften ebenfalls über das Bedürfnis hinausgehen, beziehungsweise dem öffentlichen Wohle nachteilig sein können und anderseits wohl denkbar ist, daß sie den an die Beschaffenheit der Lokale und an den Charakter des Patentbewerbers zu stellenden Anforderungen nicht entsprechen.

B. Polizeiwesen.

Verträge und KonTentionen.

Die Frage der A u s w e i s s c h r i f t e n d e r I t a l i e n e r wurde für einmal durch ein von der italienischen Regierung erlassenes Dekret und eine dazu gehörige Instruktion gelöst. Durch diese Erlasse wurde bestimmt, daß im Auslande der Ausweis über Indentität und Staatsangehörigkeit durch einen für 3 Jahre gültigen Auslandspaß zu leisten ist, der nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgestellt werden darf; auch ist in besagter Instruktion anerkannt, daß die Schweiz das Recht habe, Ausweise über den Leumund zu verlangen. Wir teilen die Auffassung des Bundesrates, daß infolge dieser durch Italien selbst auf gesetzgeberischem Wege geschaffenen Lösung die Motion Gobat, welche eine Übereinkunft mit Italien postulierte, gegenstandslos geworden ist, und sprechen nur noch- die Hoffnung aus, daß die neuen Vorschriften strikte eingehalten und dadurch die unhaltbaren Zustände nicht bloß theoretisch, sonderu thatsächlich beseitigt werden.

Auslieferung und Strafverfahren.

Wir glauben, an dieser Stelle anerkennend konstatieren zu sollen, daß in Ländern, wo ein schweizerisches Konsulat nicht besteht, fremde, insbesondere deutsche Konsulate mit größter Bereitwilligkeit sich der schweizerischen Interessen durch Ausdehnung der k o n s u l a r i s c h e n S t r a f g e r i c h t s b a r k e i t , des Strafvollzuges und der Auslieferung auf Schweizer annehmen, Es ist deshalb nur billig, daß die betreffenden Konsulate hierfür durch jene Kantone, welche deren Inanspruchnahme veranlassen, für die Kosten schadlos gehalten werden.

Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. III.

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530 Wir nehmen unter Bezugnahme auf Seite 130 des Geschäftsberichtes an, daß in Zukunft T r a n s p o r t e von A r r e s t a n t e n verschiedenen Geschlechtes in derselben Zelle eines Eisenbahngepäckwagens gänzlich unterbleiben und daß auch noch andere Übelstände im Transportwesen beseitigt werden, worüber mit dem Departement Rücksprache genommen wurde. Wir ersuchen letzteres auch, dahin zu wirken, daß auf den wichtigsten Eisenbahnlinien Gefangcnentransportwagen, wie solche bereits auswärts im Gebrauche sind, eingeführt werden und periodisch cirkulierén, wodurch dann die Begleitung der Arrestanten, bezw. die Übergabe von Kanton zu Kanton teilweise in Wegfall käme. Wir nehmen an, daß die Bundesbahnen hierzu Hand bieten werden.

Heimschaffungen.

Weitaus die meisten Heimschaffungen Unbemittelter aus der Schweiz fallen immer noch auf Italien, nämlich nicht weniger als 40 von 98 eingegangenen Gesuchen. Um so mehr ist zu bedauern, daß die Heimschaffung nach Italien auf fast unglaubliche Schwierigkeiten stößt. Es soll vorkommen, daß die Zustimmung der italienischen Behörden erst nach acht Monaten und noch später erfolgt, und sind die Unterhandlungen in der Mehrzahl der Fälle äußerst schleppend und weitschweifig. Unterdessen fallen die Heimzuschaffenden den Wohngcmeinden und der Privatwohlthätigkeit zur Last.

Wir vermissen im Geschäftsberichte Mitteilungen über den Verlauf der Unterhandlungen betreffend den berüchtigten Durcht r a n s p o r t von I t a l i e n e r n , welche aus Deutschland nach Basel kamen und von da nach Chiasso befördert wurden. Unsere Informationen haben ergeben, daß die Koston dieses Transportes von Preußen, welches anfangs eine bezügliche Schuld bestritten hatte, schließlich bezahlt wurden, und daß Deutschland sich bereit erklärte, von polizeilichen Transporton nach der Schweiz rechtzeitig Anzeige zu machen und die Kosten des Durchtransportes zu übernehmen. Unerledigt ist noch die Anregung der Regierung von Baselstadt, dahin gehend, daß zwischen den Kantonen eine Vereinbarung über eine Regelung des Durchtransportes getroffen werde. Eine solche wäre sehr zu begrüßen, da der Schub von Kanton zu Kanton, namentlich bei größern Transporten, große Inkonvenienzen bietet.

531

C. Bundesanwaltschaft.

Bundesstrafrecht.

Da die E i s e n b a h n g e f ä h r d u n g e n bekanntlich auch bei offenbarem Verschulden häufig ungeahndet bleiben, weil nach dermaligem Rechte in allen Fällen auf Freiheitsstrafe erkannt werden muß, so ist zu wünschen, daß die bei den Räten anhängige Gesetzesnovelle bald in Kraft treten könne.

Die Zahl der an die Bundesversammlung gelangenden B eg n a d i g u n g s g e s u c h e ist im Zunehmen begriffen und wird noch größer werden, je larger dieselbe in der Bewilligung des Strafnachlasses wird. Es drängt sich immer mehr das Gefühl auf, daß der für die Begnadigung in Bewegung zu setzende Apparat in keinem Verhältnis stehe zu der Geringfügigkeit der betreffenden Händel. In den Kantonen ist die Begnadigung in korrektioncllen Fällen meist Sache der Exekutive und nur in kriminellen Italien dem Großen Rate vorbehalten. Auf eidgenössischem Boden dürfte sich eine analoge Einrichtung empfehlen, etwa in dem Sinne, daß, wenn eine Verurteilung durch die Bundesassisen stattgefunden hat, die Begnadigung der Bundesversammlung, wo sonst die Gerichtsbarkeit des Bundes besteht, dem Bundesrate und in den Fällen kantonaler Gerichtsbarkeit den kantonalen Organen zustünde. Allerdings scheint einer solchen Neuerung die Bestimmung der Bundesverfassung entgegenzustehen, welche das Begnadigungsrecht der Bundesversammlung einräumt ; es ist demnach in erster Linie zu untersuchen, ob letztere diese Kompetenz nicht auf dem Wege der Gesetzgebung an den Bundesrat delegieren könnte.

Seit 1850, d. h. seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die H e i m a t l o s i g k e i t , sind eine Anzahl von Einbürgerungsfällen unerledigt geblieben und es war in der Beseitigung dieser Tendenzen ein Stillstand eingetreten. Es ist deshalb zu begrüßen, daß der Bundesanwalt die Behandlung derselben übernahm und teilweise bereits zum Abschluß brachte. Die Erledigung ist um so schwieriger, als man es nun bereits mit den Enkeln und Urenkeln der ursprünglichen Heimatlosen zu thun hat. Wir erwarten, daß in Bälde alle a l t e n Fälle von Heimatlosigkeit aus Abschied und Traktanden fallen werden.

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I. Erlasse von Gesetzen, Verordnungen, Instruktionen und Beglementen.

Das Verwaltungsreglement sieht die staatliche Vergütung des Schadens vor, welcher ,,durch Ausführung militärischer Anordnungen an ö f f e n t l i c h e m und P r i v a t e i g e n t u m verursacht wird".

Über die Vergütung von Schaden, welcher in Ausführung militärischer Anordnungen an L e i b und L e b e n eines Bürgers entsteht, rinden sich aber keinerlei gesetzliche oder reglementarische Bestimmungen.

Aus den Vorschriften des gemeinen Hechtes läßt sich schwerlich eine Analogie für die Haftung des Bundes in solchen Fällen herleiten und aus diesem Grunde hat der Bundesrat nach genauer Untersuchung dieser Rechtsfrage durch das Justizdepartement jeweilen eine Haftbarkeit des Bundes für Verletzungen, welche bei Ausführung militärischer Anordnungen Dritten gegenüber zugefügt wurden, grundsätzlich abgelehnt.

Gerichtlich wurde die Frage nicht entschieden, da der Bundesrat in allen Fällen, welche vor ihn gebracht wurden, aus Billigkeitsrücksichten den Ansprechern in einem gewissen Maße entgegenkam und damit die Entstehung eines Rechtsstreites verhinderte.

Die Kommission hält jedoch dafür, daß dieser Zustand auf die Dauer nicht wohl haltbar ist und daher einer gesetzlichen Regelung bedarf.

Es widerstrebt dem Rechtsgefühl, dem Bunde nur die Haftbarkeit für beschädigtes ,,Eigentum" aufzuerlegen und ihn von der Haftbarkeit für die Verletzung der weit höheren Rechtsgüter der Gesundheit und des Lebens zu entbinden.

Die gesetzliche Regelung dieser Frage in einem Sinne, welcher einerseits dem natürlichen Rechtsgefühle entspricht,

533 andererseits den Bund vor zu weitgehenden Zumutungen schützt und dem Grade des Verschuldens der am Unfälle Beteiligten gebührend Rechnung trägt, darf daher wohl dem Bundesrate als eine dringende und dankbare Aufgabe nahegelegt werden.

IV. Sanitarische Untersuchung und pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

Das Ergebnis der sanitarischen Untersuchung der Wehrpflichtigen ergab einen Prozentsatz der Tauglichkeit, welcher von <>ß,4 °/o pro 1892 stetig abnahm und im Jahre 1901 auf 58,9 °/o sich reduzierte.

Die Abnahme der Tauglichkeitsziffer läßt sich, abgesehen von Zufälligkeiten, die in der verminderten Zahl von Geburten in gewissen Jahren liegen mögen, hauptsächlich auf die strengere Handhabung der für die sanitarische Untersuchung bestehenden Vorschriften zurückführen. Es darf wohl angenommen werden, daß das Bestreben der Herabsetzung der Aushebungsziffer, wie es sich in den Berichten der eidgenössischen Räte der letzton Jahre kundgiebt, dem Wunsche entsprang, der Armee möglichst kräftige Elemente zuzuführen. Erwägungen ökonomischer Natur dürfen hierbei keinen Einfluß ausüben. Maßgebend kann nur die physische Leistungsfähigkeit des einzelnen Mannes sein.

Dagegen dürfte die allmähliche Reduktion der Aushebungsziffer nunmehr ihre Grenze erreicht haben, wenn die gesetzlichen Bestände der Truppeneinheiten unter dem bisher berechtigten Bestreben nach Verminderung der Hekrutenzahl nicht zu leiden haben sollen.

VI. Organisation und Bestand des Bundesheeres.

A. Der Bericht des eidgenössischen Militärdepartementes erwähnt den Mangel im Bestände des U n t e r o ff i zi e r - C a d r e s der I n f a n t e ri e.

Während bei Annahme von rund 100,000 Infanterie-Soldaten der Feldarmee (Auszug) der gesetzliche Bestand der Unteroffiziere auf 17,380 sich belaufen sollte (auf 100 Mann 17,38), erreicht der Bestand der Unteroffizier-Cadres auf Ende 1901 bloß die Zahl von 13,640.

Der Fohlbetrag beziffert sich somit auf 3740. Hierzu kommen noch 1030 Unteroiììziere, welche im Mobilmachungsfalle an die

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4Mannschaftsdepots abgegeben werden müssen, so daß der Ausfall an Unteroffizieren auf 4770, gleich 27,44 °/o des gesetzlichen Bestandes geschätzt werden muß.

Art. 21 der Militärorganisation schreibt vor: ,,Die gesetzlich vorgeschriebenen, von den Kantonen und dein Bunde zu stellenden Trupponkörper und deren Cadres sind vollzählig zu erhalten.a Wenn man nun bedenkt, daß seit Inkrafttreten der Militärorganisation vom 13. November 1874 es nicht gelungen ist, den Bestand der Unteroftizier-Cadres auf die gesetzliche Höhe zu bringen, so muß dieser Zustand beunruhigen und es wird der ernstlichen Anstrengung der eidgenössischen und kantonalen Behörden bedürfen, um der bestimmten Vorschrift der Militärorganisation in möglichst kurzer Zeit nachzukommen.

Der Fehlbetrag von 27,44 °/o des gesetzlichen Bestandes mahnt zu um so größerer Aufmerksamkeit, als erfahrungsgemäß in den ersten 2 Wochen eines Krieges, auch ohne Eintritt be.sonders blutiger Ereignisse, der Abgang bei der Armee, infolge von Krankheit und Verwundungen, auf 10 bis 15 % geschätzt wird, wodurch die Unvollständigkeit der Uuteroffizier-Cadres sich um so fühlbarer machen müßte.

Auch die erhöhte Bedeutung, welche im Laufe der Jahre der Verwendung des Unteroffiziers bei der Truppe zugemessen wurde, verlangt dringend nach einer genügenden Ausstattung des Unteroffizier-Cadres und läßt den Ausfall dieser Unterführer als sehr bedenklich empfinden.

Es ist zwar nicht zu verkennen, daß eine langsame, allmähliche Besserung in der Vermehrung der Unteroffizier-Cadres eingetreten ist, und daß das eidgenössische Militärdepartement diesem Übelstande seine volle Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Allein die Tragweite des hervorgehobenen Übelstandes verlangt eine möglichst rasche Abhülfe und fordert zu besonderen Anstrengungen auf.

Im Jahre 1901 war die Zahl der Unteroffiziersschüler auf 2064 Mann budgetiert. Ausgebildet wurden jedoch nur 1859 (ohne Einrechnung von 25 Trompeterkorporalen).

Bei entsprechender Erhöhung dos Budgets könnte auch ein höherer Bestand der Unteroffizierschulen erreicht werden, wenn auch der Besuch der Unteroffiziere von 1901 u n t e r dem beabsichtigten Bestände geblieben ist.

Der teilweise Mißerfolg des Jahres 1901 läßt sich nämlich zum größten Teil darauf zurückführen, daß einzelne Kantone in

535 der Gewährung der Dispensationen wohl etwas weit gegangen sind. Sobald aber die Notwendigkeit einer möglichst raschen Ergänzung der Unteroffizier-Cadres von allen Militärbehörden richtig erfaßt ist, werden die Kantone das ihrige gerne beitragen, um die Bemühungen des eidgenössischen Militarci epartementes nach Kräften zu unterstützen, und auch die eidgenössischen Räte werden sich zweifellos keine Zurückhaltung auferlegen, wenn es sich darum handelt, einer gesetzlichen Bestimmung gorecht zu worden, welche für die Kriegstüchtigkeit unserer Armee von größter Bedeutung ist.

B. Auch der Bestand der I n f a n t er i e o f f i zi e r - C a d r es weist empfindliche Lücken auf.

Mit Einschluß derjenigen Offiziere, welche im Mobilmachungsfalle den 4 Reki Utendepots zuzuteilen sind, macht sich auf Ende 1901 ein Fehlbetrag von rund 300 Offizieren geltend, wobei die Lücken in der Landwehr I. Aufgebots nicht mitgerechnet sind.

Bei Fortsetzung der bisherigen Bemühungen, unter etwas stärkerer Dotierung der Offiziersbildungsschulen und unter maßvoller Zuhülfenahme des Art. 22 der Militärorganisation dürfte der gesetzliche Bestand der Offiziercadres bald erreicht sein.

C. Der Bericht des eidgenössischen Militärdepartementes weist auch auf die Schwierigkeit der Gewinnung der erforderlichen Q u a r t i e r m e i s t e r hin und glaubt eine Ursache derselben in den vermehrten Anforderungen zu finden, dio an die Verwaltungsoffi/.iere gestellt werden müssen.

Wir erlauben uns, auf einen Punkt in der Ausbildung des Quartiermeisters aufmerksam zu machen, der vielleicht besser und einheitlicher als bis jetzt geregelt werden könnte, und welcher geeignet ist, den angehenden Verwaltungü-Ofii/iersschüler zu entlasten.

Der aus der Infanterie hervorgehende Vorwaltimgsoiïi/.ier hat gegenwärtig bis zur Offizierbildungsschule folgende Dienste zu leisten: Rekrutenschule 45 Tage Unteroüizierschule 30 ,, R e k r u t e n s e h u l e als K o r p o r a l . . . 55 ,, Fourierschule 21. ,, Rekrutenschule a l s Fourier . . . . . . . 5 5 ,, Orhziermlduncsschulo

536 Die Rekrutenschule als Korporal ist nun für die Ausbildung des Verwaltungsoffmers unnötig. Sie 'wird von den eidgenössischen Militärbehörden auch nicht verlangt. Dagegen wird sie besucht, wenn der Betreffende in jenem Zeitpunkte sich noch nicht zum Besuche einer Fourierschule entschlossen hat.

Es scheinen nun aber keine besonderen Schwierigkeiten zu bestehen, um zu erwirken, daß diejenigen neu ernannten Unteroffiziere, welche zur Ausbildung als Quartiermeister sich eignen und Lust dazu haben, sofort zum Besuche der Fourierschule zugelassen und der Rekrutenschule als Korporal enthoben werden.

Dieser Grundsatz sollte in allen Divisionskreisen beobachtet und einheitlich durchgeführt werden, und es dürfte alsdann die Ausbildung des Quartiermeisters ohne Nachteil für die Erfüllung seiner Aufgaben eine gewisse Erleichterung erhalten.

Gestützt auf diese Erwägungen gestattet sich die Kommission folgendes Postulat zu stellen : Der Bundesrat wird eingeladen, dahin zu wirken, daß der gesetzliche Bestand der Offiziere und Unteroffiziere in der Armee (speciell der Infanterie) möglichst bald erreicht werde.

TU. Unterricht.

A. Den Bestrebungen des freiwilligen Vorunterrichtes ist alle Anerkennung zu zollen. Immerhin wird seine Entwicklung bald die Grenzen erreicht haben, welche ihm durch die Verschiedenheit der Landesverhältnisse und die Schwierigkeit der Beschaffung des genügenden Lehrpersonals in gewissen Gegenden naturgemäß gezogen sind.

Die Frage, ob alsdann der Versuch der Einführung des obligatorischen Vorunterrichtes zu unternehmen sei, hat, die ständerätliche Kommission in ihrem letztjährigen Berichte befürwortet. Wir würden vorziehen, diese Frage offen zu lassen und unbefangen zu prüfen, ob nicht im Falle einer besseren Ausbildung des Infanteriesoldaten eine angemessene Ausdehnung der Rekrutenschule für den Mann selbst schonender und für die Erreichung des beabsichtigten Zweckes von größerer Wirkung sein dürfte?

B. Die Frage der R e o r g a n i s a t i o n der A u s b i l d u n g des I n f a n t e r i e o f f i z i e r s scheint uns einer eingehenden Prüfung durch die Militärbehörden wert zu sein.

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Dei1 Bericht des eidgenössischen Militärdepartementes liait dafür, daß der Zweck der Offiziersbildungsschulc, die Teilnehmer zu brauchbaren Zugführern auszubilden, nicht vollkommen erreicht werde. Ist dies der Fall, so muß ernstlich nach Abhülfe dieses Übolstandes getrachtet werden, da eine mangelhafte Grundlage dos neu ernannten Offiziers der genügenden Ergänzung im Laufe der Zeit nur schwer zugänglich ist.

Ohne die Dienstleistungen des Infanterieoffiziers zu vermehren, könnte eine intensivere Ausbildungo desselben erreicht werden durch Angliederung der Schießschule, die jeder neu ernannte Offizier so wie so durchzumachen hat, an die Offizierbildungsschule.

Die Verbindung dieser Kurse zu ,,einem" würde eine umfassendere, in sich abgeschlossene Ausbildung des Offiziers ermöglichen und den großen Vorteil bieten, daß die Erziehung und Ausbildung des jungen Offiziers möglichst lange in die gleiche Hand gelegt wird.

Was die Ausbildung der höhern Offiziere anbelangt, so wird es schon lange als ein Mangel empfunden, daß nach Beendigung der Centralschule IV keine Gelegenheit zu systematischer Weiterbildung gegeben wird.

Das Bedürfnis nach Einführung von taktischen Kursen, welche in anderen Waffen bestehen und von größtem Erfolge begleitet sind, macht sich je länger je mehr geltend, und es sollte möglich sein, durch eine Reorganisation der Centralschuleu, namentlich der Centralschulen III und IV, in Verbindung mit taktischen Kursen dem höheren Offizier die Gelegenheit zur weitern militärischen Ausbildung zu geben, ohne damit wesentlich höhere Anforderungen an Zeit und Geld zu stellen.

Der Hinweis auf Freiwilligkeit und Selbststudium bietet keinen Ersatz für militärisches ,,Können".

C. S a n i t ä t . Die eidgenössischen Sanitätsbehörden haben seit längerer Zeit mit Eifer und Hingebung einen engern Anschluß der freiwilligen Sanitätshülfe an das Armee-Sanitätswesen in Friedenszeiten angestrebt, damit im Kriegsfalle die zahlreich gebotene freiwillige Hülfe sofort sachgemäß verwendet werden kann.

Die gegenwärtig bestehenden, freiwilligen Organisationen mit dem ,,Koten Kreuz" an der Spitze kommeu diesen Bemühungen mit Freudon entgegen, allein die für die Anleitung des Personals und die Beschaffung des nötigen Materiales zur Verfügung stehenden Mittel reichen nicht aus, um die Aufgabe, die unsere Heeresverwaltung sich gestellt hat, hinreichend zu erfüllen.

53« Für die Kriegstüchtigkeit einer Armee ist die rasche Entfernung der Kranken und Verwundeten aus der Truppe und ihre Verbringung nach dem Innern des Laudes ein höchst wichtiger Faktor.

Das für die Besorgung des Sanitätsdienstes bei der Feldarmee vorhandene Personal darf im allgemeinen als genügend bezeichnet werden.

Allein für die Besorgung des Etappendienstes und der Territorialspitale ist unsere Armee zum größten Teile auf die freiwillige Sanitätshülfe angewiesen und zwar nicht nur für die Stellung des nötigen Personals, sondern auch für die Beschaffung des erforderlichen Materiales.

Die vom Bunde in Flüolen und Interlaken verwahrten Vorräte reichen bei weitem nicht aus, auch nur den bescheidensten Anforderungen des Sanitätsdienstes im Kriegsfalle zu genügen.

Auch die ändern Staaten haben sich der Wichtigkeit der Zuziehung der freiwilligen Sanitätshülfe nicht verschlossen, sondern der rechtzeitigen Organisation derselben und namentlich der Einteilung der ihr zugewiesenen Aufgaben schon in Friedenszeiten die größte Sorgfalt geschenkt.

Ein solches Vorgehen ist um so notwendiger, wenn man nicht Gefahr laufen will, daß die in unserm Lande reichlich vorhandene Opferwilligkeit in ihrem Drange, Gutes zu thun, aber ohne die nötige Vorbereitung und ohne das richtige Verständnis für die verschiedenen Bedürfnisse, ziellos ihre Kräfte vergeudet.

Der Friede muß eine solche Verbindung zwischen der freiwilligen Sanitätshülfe und dem Armoe-Sanitätswesen herbeiführen, daß im Kriegsfalle die freiwillige Hülfe im Armee-Sanitätswesen aufzugehen im stände ist und sich befähigt fühlt, Hand in Hand mit dem militärisch geschulten Personal das Elend des Krieges zu mildern.

Es ist zu bedauern, daß der Bericht des eidgenössischen Militärdepartementes die Thatsache konstatieren muß, daß die Bemühungen für die Herbeiführung eines eng'ern Anschlusses der freiwilligen Hülfe an das Armee-Sanitätswesen noch zu keinem abschließenden Ergebnis geführt haben.

Die Kommission spricht jedoch die Hoffnung aus, daß in nächster Zeit es gelingen möchte, diese Bestrebungen zu einem Abschluß zu bringen, welcher der Armee eine Beruhigung und unserm Volke die Möglichkeit einer zielbewußten Bethätigung seines Opfersinnes gewähren wird.

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VIII. Sanitätsdienst.

A. Gesundheitspflege.

Der allgemeine Krankenstand war im Berichtsjahre über dem Mittel der frühern Jahre, obschon die Influenza nur in geringem Grade auftrat.

Aus der Mitte des Nationalrates ist letztes Jahr bei Behandlung dieses Abschnittes der Wunsch ausgesprochen worden, es möchte im Interesse besserer sanitarischer Verhältnisse der Beginn der Frühjahrsschulen auf eine vorgerücktere Jahreszeit verschoben werden. Diesem Wunsche könnte nur in ausgiebiger Weise entsprochen werden, wenn es möglich würde, die Zahl der Rekrutenschulen der einzelnen Divisionskreise zu reduzieren. Eine solche Reduktion verlangte auch die ständerätliche, sowie die natioualrätliche Kommission zur Prüfung der Frage betreffend die Herabsetzung der Einheitspreise.

Diese Angelegenheit wurde nun vom Militärdepartement einer einläßlichen Prüfung unterzogen, welche jedoch zu einem negativen Resultate führte. Die unverkennbaren Nachteile der großen Rekrutenbestände für die Einzelausbildung des Mannes, sowie der Offiziere, ferner die kleinen und ungenügenden Verhältnisse der meisten unserer Waffenplätze haben das Militärdepartement veranlaßt, an den bisherigen drei Rekrutenschulen festzuhalten. Dagegen soll dem Wunsche um Hinausschiebung derselben soviel als möglich Rechnung getragen werden. So sei es möglich geworden, pro 1902 die Frühjahrsschulen zum Teil um volle 20 Tage gegenüber dem Vorjahre später zu legen.

Die Kommission ist ebenfalls der Ansicht, daß zur Zeit ·wenigstens von einer Reduktion der Schulen aus den angeführten Gründen, sowie im Interesse einer ständigen Kriegsbereitschaft unserer Armee abzusehen sei. Ebenso dürfte die Anregung einer Späterlegung der Frühjahrsschulen nun in genügendem Maße berücksichtigt sein. Die Kommission möchte eher dem Wunsche Ausdruck geben, daß die leitenden Offiziere aller Schulen und Kurse jeweilen angewiesen würden, bei Erlaß ihrer Dispositionen vermehrte Rücksichten auf die Witterungsverhältnisse und die Leistungsfähigkeit der Truppe zu nehmen, soweit dies ohne die Interessen einer kriegstüchtigen Ausbildung zu benachteiligen, geschehen kann, um auch so auf eine Besserung der sanitarischen Zustände hinzuwirken.

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B. Veterinärdienst.

Die bezahlten Entschädigungen für erkrankte Pferde (Kurmieten, Abschätzungen etc.) betrugen im Rechnungsjahre Fr. 443,000, oder Fr. 15,000 mehr als im Vorjahre. Die betreffenden Tabellen zeigen, daß in einzelnen Kursen bis 25 °/o der Gesamtzahl der in Dienst gestandenen Pferde erkrankt sind.

Es sind dies sehr hohe Ziffern, die zu einer nähern Prüfung dieser Angelegenheit Veranlassung geben müssen.

Es ist von der Kommission mit Befriedigung davon Notiz genommen worden, daß das Militärdepartement einer vermehrten Schonung und besserer Pflege des Pferdemateriales volle Beachtung schenkt. Ebenso ist zu begrüßen, daß auf eine schonungslose Anwendung der Bestimmungen des Art. 77 des Verwaltungsregiementes hingewirkt wird, wonach diejenigen, welche durch schlechte Behandlung die Abschätzung eines Militärpferdes erforderlich machen, für alle Folgen resp. Kosten verantwortlich erklärt werden.

Dagegen hält die Kommission eine Revision der einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsreglementes betreffend die Pferd eEin- und -Abschätzungen etc. für notwendig. Wenn auch das Militärdepartement eine schärfere Handhabung des Réglementes in Aussicht stellt und durch vermehrte Belehrung der Experten das Schatzungswesen zu heben sucht, so wird allein eine Revision, eventuell Ergänzung genannten Réglementes eine wesentliche Besserung bringen können. Es macht deshalb die Kommission die Anregung, es möchte das Militärdepartement die Frage prüfen, ob das Verwaltungsreglement, II, Teil, nicht einer Revision zu unterziehen sei.

IX. Pferdestellung.

Die direkte Einmietung der Pferde von den Eigentümern, wie dies im Berichtsjahre in der Centralschweiz noch versucht wurde, weist gegenüber dem Vorjahre neuerdings einen Rückgang auf. Das Departement sieht in der Vertragslieferung die einzig sichere Garantie für die rechtzeitige und ausreichende Beschaffung der Mietpferde.

Wenn wir nun auch zugeben, daß neben einer direkten Einmietung die Vertragslieferung nicht umgangen werden kann, möchten wir doch das Militärdepartement einladen, die Versuche direkter Einmietung nicht aufzugeben. Wenn das erzielte Resultat im Jahre 1898 im betreffenden Berichte ein befriedigendes genannt werden konnte, so müssen wohl Mißverhältnisse vorhanden

541 sein, daß ein so bedeutender Rückgang verzeichnet werden muß.

Ein solches Mißverhältnis dürfte auch im Abschätzungsverfahren zu suchen sein.

X. Kommissariatswesen.

Die Absicht des Militärdepartementes, die W e i z o n v o r r ä t e nicht wie bisher alle 2--3 Jahre auf einmal zu erneuern, sondern den Umtausch wenn möglich jedes Jahr, und zwar im Umfange von Ys bis */2 des Gesamtvorrates, vorzunehmen, hält die Kommission für sehr zweckmäßig. Auf diese Weise macht man sich unabhängiger von den Ernteverhältnissen des betreffenden Jahres und hat stets Weizen verschiedener Jahrgänge auf Lager.

Die F l e i s c h k o n s e r v e n , die allerdings qualitativ vorzüglich sind, sind verhältnismäßig viel zu teuer. Bei einem Preise von 90 Cts. per Büchse von 250 Gramm empfehlen sich größere Anschaffungen nicht. Es dürfte versucht werden, eine Reduktion der Preise zu veranlassen, um größere Vorräte auf Lager halten zu können.

XII. Justizpflege.

Im Berichte über die Justizpflege ist gesagt, daß sich -- wie seit Jahren -- die größte Zahl der Disciplinarstraffälle auf die Fälschung der pädagogischen N o t e n in den Dienstbüchlein beziehen. Wenn man nun das Resultat dieser Prüfungen in das Dienstbüchlein eintragen will, so sollte dies in einer Weise geschehen, daß eine Fälschung nicht so leicht möglich wäre, z. B.

mit einem Stempel auf schraffiertem Grunde.

Wenn wir nun auch die Zweckmäßigkeit der Rekrutcnprüfungen im allgemeinen anerkennen, so halten wir doch dafür, daß das Resultat derselben nicht in das Dienstbüchlein hineingehöre. Das Ergebnis dieser kurzzeitigen Examen ist von so verschiedenen Umständen beeinflußt, und kann der Bildungsgrad des Betreffenden in der Zwischenzeit sich ändern, so daß es nicht gerechtfertigt erscheint, wenn derselbe nun sein Leben lang diese Noten an leicht sichtlicher Stelle seines Büchleins vor sich haben muß. Vom militärischen Standpunkte aus dürfte es genügen, das Resultat der Prüfungen in die Kontrollen einzutragen.

Wenn uns auch bekannt ist, daß diese Frage im Jahre 1895 geprüft worden ist, ohne damals zu einem Resultate im Sinne einer Abänderung zu führen, so möchten wir das Militärdopartement neuerdings einladen, dieser Angelegenheit seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden.

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Femer sagt der Bericht: Es ist eine auffallende Zunahme der D é s e r t i o n s f ä l l e zu konstatieren und auch die I n s u b o r d i n a t i o n e n schwerer Art, welche eine gerichtliche Beurteilung erforderten, sind in Zunahme begriffen.

Wenn dieser Satz richtig ist, so halten wir eine strenge Untersuchung und Nachforschung von Seiten des Departementes nach den Ursachen dieser bemühenden Erscheinungen, sowie den Erlaß von Verfügungen zu sofortiger Abhülfe für dringend geboten.

XIII. Kriegsmaterial.

I. Persönliche Ausrüstung.

Die Bekleidung, sowie die persönliche Ausrüstung unseres Militärs, die nach einem veralteten System vorgenommen wird, sollte baldmöglichst geändert werden. Namentlich halten wir den Waffenrock als Kriegskleid für unpraktisch, er hemmt den Mann zu sehr in seiner Bewegungsfreiheit. Ferner dürfte die allzu starke Belastung der Mannschaft in unserer Zeit, wo Eisenbahnen und Straßen sich in engem Netze über unser Land breiten, im Interesse einer größern Beweglichkeit, sowie erhöhter Ausdauer der Truppe, bedeutend reduziert werden.

Wir wissen zwar, daß die Lösung dieser Frage keine so leichte ist, möchten aber das Militärdepartement einladen, dieser Angelegenheit volle Beachtung zu schenken.

XY. Militäranstalten.

Am Anfange und am Schlüsse des Berichtsjahres fanden wie gewohnt freiwillige Winterreitkurse mit Regiepferden statt, und.

zwar in 16 verschiedenen Orten im Total mit 236 Pferden.

Diese Reitgesellschaften haben nun die Taggelder der Wärter, sowie die Rücktransportkosten der Pferde etc. aus der Vereinskasse zu bezahlen.

Die Kommission hält nun dafür, daß der Bund die Bestrebungen dieser freiwilligen Offiziersreitgesellschaften wirksamer unterstützen dürfte, namentlich durch Übernahme der Entschädigung der Pferdewärter, sowie der Transportkosten etc., für welche die Regieanstalt -- auch wenn auf die Benützung der Pferde zu Reitübungen verzichtet würde -- ohnehin aufzukommen hätte.

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Finanz- und Zolldepartement, A. Pinanzverwaltung.

Gesetzgebung über das Banknotenwesen.

Die Gesetzgebung über das Banknotenwesen hat nach dem Mißerfolg des letzten Gesetzes wegen der Sitzfrage Veranlassung zu zwei Motionen gegeben : Die Motion von Herrn Scherrer-Füllemann und 17 Mitunterzeichnern im Nationalrate, welche den Bundesrat einladet, den Räten so bald wie möglich einen neuen Gesetzesentwurf für Ausführung des Art. 39 der Bundesverfassung (Banknotonmonopol) auf Grundlage des vom Volke verworfenen Entwurfes vom 18. Juni 1896 (reine Staatsbank) und unter weitgehender Berücksichtigung der Interessen der Kantonalbankon vorzulegen, und die Motion der Herren von Arx und Konsorten im Ständerate, welche auf eine Revision des Gesetzes vom 8. März 1881 über die Ausgabe und die Einlösung der Banknoten abzielt, immerhin in dem Sinne, daß ungeachtet dieser Revision die Ausführung des revidierten Art. 39 der Bundesverfassung weiter verfolgt werden solle.

Wir haben für jetzt die Tragweite dieser beiden von den Räten noch nicht behandelten Motionen nicht zu diskutieren.

Wenn wir aber damit die Thätigkeit der Konferenz der Emissionsbanken in Zusammenhang bringen, sowie die daselbst im Interesse der Verbesserung der allgemeinen Cirkulation der Wertpapiere in der Schweiz gefaßten Beschlüsse, so müssen wir konstatieren, daß diese Bewegung geeignet ist, den Boden für eine Revision des Gesetzes vom 8. März 1881 über die Ausgabe und Einlösung von Banknoten vorzubereiten. Diese Revision muß, um ihren Zweck zu erreichen, im Sinne der Einführung einer richtigen Deckung der gesamten Papiergeldcirkulation, d. h. durch Bargold und Wechsel, wie in den 'großen Nachbarstaaten, vorgenommen werden, und sie wird den von den Emissionsbanken verwirklichten Fortschritten die beste Unterstützung gewähren. Diese Banken

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werden so auf experimentellem Wege dazu gelangen, nach und nach die Grundlagen für die Gesetzgebung im Banknotenwesen festzustellen.

Es ist in der That praktischer, auf dem Gebiete der Bariknotencirkulation alles zu verwirklichen, was nur möglich ist, denn man darf sich nicht verhehlen, daß die centrale Notenbank stets größern oder geringern Widerstand finden wird an dem direkten Interesse der Kantone, den Geschäftskreis ihrer Kantonalbanken nicht einschränken zu lassen. Wir können uns daher zu den im Schöße der Vereinigung der Emissionsbanken realisierten Fortschritten nur Glück wünschen und wünschen, daß ihre Thätigkeit in der gleichen Richtung fortfahre.

Münzwesen.

Der Bundcsrat erwähnt neuerdings nachdrücklich die Schwierigkeiten, welche der Geldauswechslungsdienst bietet, und erinnert daran, daß er schon in seinem letzten Geschäftsberichte auf die Gefahren einer Lage hinwies, welche kritisch zu werden drohte.

Leider hat sich hier nichts geändert, und die übrigens nur vorübergehende Besserung der schweizerischen Valuta hat den frühern Zustand nicht merkbar verändern können. Da anderseits weitere Prägungen von Scheidemünzen der Schweiz untersagt sind, so bleibt dem Bundesrat nur übrig, bei den ändern Staaten der lateinischen Münzunion Schritte zu thun, um aus einer täglich unerträglicher werdenden Lage herauszukommen.

Wir können dem Bundesrate nur warm empfehlen, diese Schritte zu beschleunigen, um womöglich aus einem Zustande herauszukommen, welcher in einem gegebenen Zeitpunkte der Schweiz ernstliche Verlegenheiten bereiten könnte. Immerhin darf man diesen Schritten, selbst wenn sie von Erfolg begleitet sind, nur relativen Wert beilegen. Ob auch die Schweiz ermächtigt werde, für zwei oder drei Millionen Franken mehr Silberscheidemünzen zu prägen, so wird dies doch nur ein Palliativ mittel von vorübergehender Dauer sein. Es ist ja klar, daß, wenn der Wechselkurs während längerer Zeit über einer gewissen für unser Land ungünstigen Hoho steht, die Silberscheidemünzen so gut wie das Gold und die Fünffrankeostücke nach dem Ausland strömen. Daher muß man nach einiger Zeit um jeden Preis das Bargeld wieder ins Land zurückzubringen suchen, und dies geschah in den letzten Jahren teils durch die Emissionsbanken, unter

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anderai die Genfer Handelsbank, teils durch das eidgenössische Finanzdepartement.

Art. 9 des am 6. November 1885 zwischen den Staaten der lateinischen Münzunion abgeschlossenen Vertrages setzt fest, daß die Vertragsstaaten unter den in Art. 4 angegebenen Bedingungen Silbermünzen von Fr. 2, Fr. l, 50 und 20 Cts. nur bis zum Werte von 6 Franken per Einwohner ausgeben dürfen.

Damals war die Schweiz berechtigt, im Betrage von 19 Millionen -- mit Inbegriff der von ihr in jenem Zeitpunkt bereits emittierten Beträge -- solche zu prägen ; sie erhielt aber, als specielle Vergünstigung und mit Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Bevölkerung, das Recht zu einer weitern Prägung von Silberscheidemünzen für 6 Millionen und 1897 ausnahmsweise von noch 3 Millionen Franken. Wie man sieht, blieben all diese Maßregeln ungenügend, obwohl mit den Prägungen dieses Jahres unsere Goldprägung 75 Millionen und die Prägung der Silberscheidemünzen 28 Millionen Franken erreicht, d. h. den Betrag, zu welchem uns die Münzunion berechtigt.

Da wir an der Münzfrage sind, so möge es uns gestattet sein, daran zu erinnern, daß die zur ,,lateinischen Münzuniona führende, am 1. Januar 1886 in Kraft getretene Übereinkunft zwischen der Schweiz, Frankreich, Italien Griechenland und später Belgien, vom 6. November 1885 bis 1. Januar 1891 in Kraft bleiben sollte. Falls man sie ein Jahr vor diesem Termin nicht aufkündigte, so sollte sie stillschweigend jeweilen für ein ferneres Jahr in Kraft fortbestehen und vom 1. Januar nach der Auf kündung an noch ein Jahr lang obligatorisch bleiben.

Dies ist zur Zeit der wirkliche Thatbestand, und die Frage der Erneuerung der Übereinkunft muß gestellt werden; aber es giebt Leute genug, welche meinen, die Schweiz solle sich von der Münzunion zurückziehen. Obwohl diese Frage sehr diskutierbar ist, so hoffen wir doch, die Verbältnisse werden sich derart gestalten, daß die Schweiz der lateinischen Münzunion treu bleiben kann.

Finanzkontrolle.

Der Bundesrat konstatiert die Unzulänglichkeit der parlamentarischen Kontrolle im Finanzwesen und bedauert die Verzögerung der Beratung des Gesetzesentwurfes betreffend den Geschäftsverkehr zwischen den Räten durch den Ständerat, welcher bis zu einem gewissen Grade den gegenwärtigen Übelständen abhelfen soll ; zugleich zählt er eingehend alle die Manipulationen Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. III.

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auf, welche durch die verschiedenen Operationen der Staatskasse erfordert werden.

Da ist in erster Linie die v o r g ä n g i g e K o n t r o l l i e r u n g der B u d g e t k r e d i t e zu erwähnen, welche untersucht, ob das Zahlungsmandat wirklich dem Budgetkredite entspricht, oder ob es eine Kreditüberschreitung oder eine Übertragung auf einen unrichtigen Posten, oder eine im Budget nicht vorgesehene Ausgabe bedingt.

Die Kontrollstelle weist die Zahlung erst an, wenn alles in Ordnung befunden worden ist. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kontrollstelle und einem Departement wird die Frage dem Chef des Finanzdepartements unterbreitet und geht, wenn keine Verständigung erfolgt, an den Bundesrat.

Dann kommt die Kontrolle der Bundeskasse, deren Barbestand, unabhängig von der täglichen Verifikation der Kassenbücher, im Berichtsjahre zwölf ordentlichen und einer unvermuteten Revision unterworfen wurde.

Überdies wurden im vergangenen Jahre eine sehr große Zahl von speciellen eidgenössischen Kassen, deren Aufzählung auf Seite 30 des Geschäftsberichtes gegeben ist, unvermutet revidiert.

Alle aus den Zahlungsmandaten hervorgehenden Geldbewegungen, alle Ausgaben und Einnahmen der Kanzleien, Abteilungen und Verwaltungen, unterliegen der Revision der Finanzkontrolle.

Die definitive Genehmigung der Rechnungen durch den Bundesrat findet erst nach dieser Revision statt, und zwar nur, wenn sie zu keiner Kritik Anlaß gab, resp. wenn allfällig erhobene Einwände erledigt sind.

Die Finanzkontrolle ist überdies mit der K o n t r o l l e dos D i e n s t e s der S t a a t s a n l e i h e n betraut, welche zu vielen Operationen führte, sowie mit der an Ort und Stelle vorgenommenen Inventarkontrolle der zahlreichen Anstalten des Bundes, welche zu verschiedenen Departementen gehören.

Auch verifiziert die gleiche .Amtsstelle die Operationen der Wertschriften-Verwaltung und kontrolliert die Thätigkoit des Inspektorates der Emissionsbanken.

Dieser ganze ausgedehnte und komplizierte Dienst der technischen Kontrolle der Bundesfinanzen und die peinliche Sorgfalt, welche das Finanzdepartement dieser Arbeit widmet, bildet ein engmaschiges Netz, durch welches hindurch unmöglich ernstere Mißbräuche oder größere Irrtümer lange ihren Weg finden können.

547

So ist es denn wohl erlaubt, in den Finanzdienst der Bundesverwaltung das größte Vertrauen zu haben.

Im Übrigen verlief das Berichtsjahr ohne nennenswerte Zwischenfälle, und alles verlief normal.

III.

Banknotenkontrolle.

Die Lage der Emissionsbanken hat sich im Laufe des Jahres 1901 nicht wesentlich geändert. Eine neue Bank, die Kantoualbank von Appenzell I.-Rh., in Appenzell, mit Fr. 500,000 Kapital, hat die Ermächtigung erhalten, unter Kantonsgarantie für l Million Franken Noten auszugeben; hiermit erhöht sich die Zahl der Emissionsbanken pro 31. Dezember 1901 auf 36.

Gemäß Artikel 8 des Bundesgesetzes über Ausgabe und Einlösung von Banknoten darf der Emissionsbetrag einer Bank das Doppelte ihres einbezahlteu und wirklich vorhandenen Kapitals nicht übersteigen (Art. 7, litt. d).

Am 31. Dezember abhin besaßen die 36 Emissionsinstitute ein einbezahltes Kapital von Fr. 195,775,000, während die ihnen gestattete Notenemission im ganzen Fr. 240,550,000 und ihre wirkliche Emission Fr. 238,050,000 betrug. Nur elf Banken machen von der Befugnis Gebrauch, das Doppelte ihres einbezahlten Kapitals in Noten auszugeben ; zwei Banken beschränken ihre Notenausgabe auf den vierten und eine sogar auf den achten Teil ihres einbezahlten Kapitals. Bei den ändern Banken schwankt der Emissionsbetrag zwischen diesen beiden Extremen.

Auf den 31. Dezember abhin blieben an nicht zur Einlösung vorgewiesenen Banknoten von altem und neuem Typus zusammen für Fr. 1,064,136. 42 übrig. Von dieser Summe ist schon in den Jahren 1886--1888 ein ,,Totalbetrag von Fr. 637,063.45 in den Invalidenfonds gelegt worden ; der Restbetrag von Fr. 427,072. 97 entspricht dem in der Staatskasse auf den 31. Dezember 1901 vorhandenen Rechnungssaldo. In dem unwahrscheinlichen Falle, daß diese Noten noch zur Einlösung vorgewiesen werden, müßte der Invalidenfonds den ihm bereits zugeflossenen daherigen Betrag zurückerstatten, falls nicht der Bund, der diesen Fonds bis auf die Höhe von 50 Millionen Franken zu bringen hat, diese Rückerstattung auf sich nimmt. Der Bundesrat drückt mit Recht sein Bedauern darüber aus, daß die Verminderung um 5 Millionen Franken gegenüber dem Betrage der wirklichen Emission im Jahre 1900 eher der Macht der Umstände, d. h. der während

548 des letzten Jahres herrschenden Handels- und G-ewerbekrisis, als den von den Emissionsbanken zum /wecke der Vorminderung des allzustarken Bankmotenverkehrs ergriffenen Maßnahmen zuzuschreiben ist. Er hebt gleichwohl den im Jahr 1890 von den Emissionsbanken gefaßten Beschluß rühmend hervor, laut welchem der Diskontoausschuß ermächtigt wird, einen zeitweiligen Rückzug der Banknoten bis auf 10% d, r Emission anzuordnen.

Wir können dieser Bemerkung nur zustimmen, wenn wir auch darauf hinweisen müssen, welch große Verschiedenheit zwischen den einzelnen Banken hinsichtlich ihrer Notenausgabe besteht, wie sich dios aus unserer ohonstehendon Darstellung des Verhältnisses zwischen Emission und einbezahltem Kapital ergiebt.

Der Bundesrat bemerkt, daß insbesondere die Kantonalbanken eine zu starke Notencirkulation ins Werk gesetzt und so die Gefahren, die aus einem mit dem Geschäftsverkehr und namentlich mit der Deckung durch Barschaft und Wechsel in keinem Verhältnis stehenden Notenumlauf entstehen können, vermehrt hätten.

Wir ersehen jedoch aus Tabelle Nr. l, daß die Privatinstitute den nämlichen Fehler begangen haben, und daß die Kantonalbanken nicht allein schuld sind. Es erzeigt sich ferner, daß diejenige Kantonalbank, welche von allen Elmissiousinsti tuten das größte einbezahlte Kapital besitzt, nämlich 21 Millionen Franken, nur für 5 Millionen Franken Noten im Umlauf hat. Wir heben endlich mit Befriedigung die immer enger werdenden Beziehungen zwischen den Emissionsbanken hervor, dio neulich zu zwei wichtigen Vereinbarungen geführt haben. Die erste derselben, welche der Bundesrat provisorisch genehmigt hat, betrifft die Schaffung einer ,,Abreehnungskammer"', die das seinerzeit zur Regelung der Abrechnungen im Inkasso- und Anweisungsverkehr eingerichtete .^Ccntralamt der Konkordatsbankeutt erset/.en soll, und die zweite, welche definitiv die Genehmigung des Bundesrates erhalten hat, bezweckt die Einführung einer neuen Art von Anweisung, der .AGeneralanweisungu, welche die Emissionsbanken aufeinander abgeben können mit der Verpflichtung, sie gegenseitig kostenfrei einzulösen.

Wir haben uns schon i'jper diese von den Emissionsbanken ergriffene Initiative und über die guten Wirkungen, welche man davon erwarten darf, ausgesprochen und wollen nicht mehr darauf zurückkommen.

Die Motion Köchlin,
die die Einführung der Post-Checks in der Schweiz bezweckt, hat einen ähnlichen Gegenstand im Auge, und wir sprechen den Wunsch aus, die eidgenössischen Räte möchten dieselbe möglichst bald in Beratung ziehen.

549

T. Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen.

Wir müssen im Vorbeigehen die Thatsache erwähnen, daß mit dem 31. Dezember 1901 die Rechnungsführung der schweizerischen Bundesbahnverwaltung vom eidgenössischen Finanzdepartement auf die neue Bundesbahnverwaltung übergegangen ist.

Gleichzeitig mit der Übergabe der Rechnungsbilanz im Betrage von 200 Millionen Franken fand auch die Übergabe der nach Maßgabe der Anleihensbedingungcn bei der Wertschriftenverwaltung gegen auf den Namen lautende Certifikate niedergelegten Bundesbahnobligationen und Rententitel statt; dieser Geschäftszweig wird inskünftig direkt von der Bundesbahnverwaltung geführt werden.

Diese Übergabe erfolgte ohne irgend welche Schwierigkeiten und giebt zu keinen Bemerkungen Anlaß.

VI. Münzverwaltung.

Geldausfuhr.

In ihrem Bericht vom 21. Mai 1900 stellte die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission pro 1899 unter anderin folgendes Postulat auf: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen, wie dem Mißbrauche der gewerbsmäßigen Geldausfuhr gesteuert werden kann.a Wie wir sehen, hat sich der Bundesrat wiederholt mit Bargeld (5 Franken-Stücken und Scheidemünzen) versehen, unter anderm mit einer Million Franken schweizerischer Silberscheidemünzen, die ihm auf Ende 1901 von der Banque de France geliefert wurde. Die Wirkung dieser letzten Einfuhr wird sich erst im Laufe des Jahres 1902 fühlbar machen.

Dank dem günstigen Wechselkurs auf Paris hat die Silberdrainage für einige Zeit aufgehört, und die Lage der eidg. Staatskasse hat sich in dieser Beziehung gebessert, so daß die kostspieligen Einkäufe von Fünffrankenstücken, wie sie in den frühern Jahren, insbesondere für den Truppenzusammenzug, nötig geworden waren, im Jahr 1901 vormieden werden konnten.

Aus den uns zugekommenen Nachrichten orgiebt sich, daß man, obwohl der Wechselkurs auf Frankreich im laufenden Jahre ·wieder erheblich in die Höhe gegangen ist, gleichwohl konstatieren kann, daß die gewerbsmäßige Silberausfuhr nicht mehr den frühern

550

Grad erreicht hat. An den ausgesetztesten Orten kommen solche Auswechslungen beinahe nur innerhalb der Grenzen der wirklichen Bedürfnisse vor, und die großen Agiojäger scheinen zur Zeit auf ihr erbärmliches Gewerbe verzichtet zu haben.

Der Geschäftsbericht weist auch darauf hin, daß während der Zeit des niedrigen Wechselkurses auf Paris die schweizerischen und ausländischen Goldmünzen stark im Umlaufe gewesen sind, daß aber das Gold beim ersten Anziehen der Wechselkurse neuerdings aus dem Verkehr verschwunden ist. Der Bundesrat erwähnt mit Anerkennung die wertvolle Beihülfe mehrerer Finanzinstitute, die mit Opfern ausländisches Geld eingeführt und auf diese Weise einigermaßen die bei den eidgenössischen Staatskassen bestehende Erschöpfung ausgeglichen haben. Wir müssen hier insbesondere die Genfer Handelsbank und die Neuenburger Kantonalbank erwähnen, die sich in dieser Hinsicht jedes Jahr sehr schwere Opfer auferlegen.

B. Zollverwaltung.

I. Gesamtergebnisse der Rechnung.

Die Einnahmen der Zollverwaltung blieben im Berichtsjahre um den Betrag von Fr. 1,129,000 hinter dem Budgetansatze zurück, und sind dieselben um l1/^ Millionen Franken gegenüber dem Vorjahre, oder 4l/2 Millionen Franken seit dorn Jahre 1899 zurückgegangen.

Die Mindereinfuhr von rund 32 Millionen im I. Quartal ist durch Mehreinfuhren in den drei letzten Quartalen auf 13 Millionen reduzirrt worden. Es sind namentlich Eisen und Eisenwaren, Maschinen und Baumwolle, deren Einfuhr eine wesentliche Abnahme aufwies.

II. Zollwesen.

Die A b f ä l l e der M ü l l e r e i können zollfrei eingeführt worden, während das Mehl einem Zollansatze von Fr. 2 per q.

unterliegt. Da die Unterscheidung der beiden Mehlarten infolge der stets fortschreitenden Technik im Müllereigowerbe oft große Schwierigkeiten bietet, wurden im Berichtsjahre Denaturicrungsversuche mit Futtermehl in größerem Maßstabe vorgenommen.

Das Resultat war jedoch kein befriedigendes, und hat die Zollverwaltung vorläufig den Gedanken der Denaturierung fallen gelassen.

551 Der große Unterschied in den Zollansätzen der T r o c k e n b e e r e n , welche zum Tafelgebrauch oder zur Weinbereitung verwendet werden (Fr. 3 und Fr. 20 per q.) führte dazu, daß Trockenbeeren, welche zur Weinfabrikation Verwendung fanden, als Tafeltrauben deklariert und verzollt wurden. Die Zollverwaltung hat nun die Bestimmung getroffen* daß alle zu Fr. 3 per q.

verzollten getrockneten Weintrauben nur mit Bewilligung der Oberzolldirektion und gegen Nachzahlung der Zolldifferenz zur Weinbereitung verwendet werden dürfen.

Die Kommission hält nun dafür, daß mit dieser Verfügung der genannten Zollumgehung nicht in wirksamer Weise entgegengetreten werden kann, sondern daß hier ein strengeres Vorgehen, eine strafrechtliche Verfolgung sich rechtfertigen würde.

Zur Verhütung von Zollumgehungen, wie solche hier, sowie bei der Einfuhr von Zucker vorgekommen, ist nun im neuen Zolltarife Vorsorge getroffen worden.

IV. Zollämter.

Mit der im Berichte in Vorschlag gebrachten Lösung der Frage betreffend die Verlegung des Zollabfertigungslokales im Personenbahnhof R o m a n s h o r n erklärt sich die Kommission einverstanden, namentlich weil damit das Überschreiten der meistens mit Zügen verstellten Geleise vermieden werden kann.

Sie geht mit der Zolldirektion ferner darin einig, daß auch etwas vermehrte Kosten nicht gescheut werden dürfen, um einen unserer wichtigsten Zollplätze 'mit einem den Verkehrsvcrhältnissen entsprechenden Revisionslokale zu versehen.

Die Zolldirektion verlangt von den Städten Bern und Chur, welche in bezüglichen Eingaben das Begehren um die Errichtung i n n e r e r Z o l l ä m t e r stellten, vorerst eine nähere Begründung der Notwendigkeit, sowie bestimmte Garantien für die Benützung solcher durch den Handelsstand der betreffenden Städte.

Diese Vorsicht scheint auch der Kommission um so mehr geboten, als die bisherigen Erfahrungen gezeigt, daß die innern Zollämter nur da ihre Berechtigung haben, wo der Verkehr ein intensiver ist.

552

Handels-, Industrie- imi! Landwirtsehaftsdepartement.

Handel.

L Handelsverträge und auswärtige Zollverhältnisse.

Änderungen im Bestände unserer Handelsverträge haben nicht stattgefunden ; dagegen hat sich das Departement in einläßlicher Weise mit den Vorbereitungen für den Erlaß des neuen Zolltarifes zu befassen gehabt, welcher als Grundlage für die kommenden Vertragsverhandlungen dienen soll.

Bemerkenswert ist der Stand unseres Außenhandels : Die Gesamteinfuhr betrug 1068 gegen 1121 Millionen im Vorjahre, die Gesamtausfuhr 829 gegen 789 Millionen. Jene hat um 53 Millionen abgenommen, während diese um 40 Millionen gestiegen ist.

III. Kommerzielle Berufsbildung.

Der erfreuliche Aufschwung, den das kommerzielle Bildungswesen bei uns genommen hat, wird durch folgende Zahlen charakterisiert.

Im Jahre 1891 (dem ersten Jahre der Ausführung des Bundesbeschlusses) betrug dio Zahl der Handelsschulen 4, im Berichtsjahre 18; die Bundessubvention ist im gleichen Zeitraum von Fr. 23,000 auf Fr. 233,000 gestiegen. Ebenso hat sich die Subvention für die kaufmännischen Fortbildungsschulen, von Fr. 18,700 (1891) auf Fr. 110,500 (1901) vermehrt.

Y. Handelsreisende.

H a u s i e r w e s e n u n d u n l a u t e r e r W e t t b e w e r b . Veranlaßt durch eine Petition des Vereins schweizerischer Geschäftsreisender und durch die Motion Hirter hat das Departement die Frage prüfen lassen, ob der Erlaß einheitlicher Vorschriften über das Hausierwesen und den unlauteren Wettbewerb im Interesse

553 von Handel und Industrio wünschenswert beziehungsweise notwendig sei. Der demselben erstattete Bericht kommt zu dem Schlüsse, daß der Erlaß eines einheitlichen Hausiergesetzes nicht wünschbar sei, wohl aber einheitliche Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Frage wird indessen noch vom rechtlichen Standpunkte aus geprüft werden.

Industrie.

I. Allgemeines.

Die Kommission begrüßt es, daß der Bundesrat dem am I. November 1901 in Basel eröffneten internationalen Arbeitsamt eine kräftige Unterstützung angedeihen läßt. Angesichts der großen Bedeutung, welche dieses vorläufig auf privater Grundlage ruhende Institut für die gesamte Socialgesetzgebung hat, dürfte eine Erhöhung des Beitrages in Erwägung gezogen werden, um so mehr, als nach einem Berichte des Arbeitsamtes dessen Einnahmen unzureichend sind.

II. Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Es darf anerkannt werden, daß die Fabrikinspektoren, trotz der jährlichen Zunahme der dem Gesetz unterstellten Fabriken, sich nicht auf die durch die Instruktion vorgeschriebene Anzahl der Fabrikbesuche beschränkt haben. Jedes Etablissement wird nicht nur alle zwei Jahre, sondern in der Regel jedes Jahr mindestens einmal besucht.

III. Bundesgesetz betreffend die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen.

Mit Ende März 1901 ist der Termin für den Verkauf von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor abgelaufen und damit das Bundesgesetz vom 2. November 1898 in seinem ganzen Umfange in Wirksamkeit getreten. Anfänglieh wandte sich die inländische Fabrikation der Herstellung der (schwedischen) Siclierheitszündhölzchen zu, da es nicht gelungen war, auf dem Wege der Ausschreibung zu einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Rezept für überall entzündbare Hölzchen zu gelangen. Inzwischen hat vorerst eine, sodann im Berichtsjahr eine Reihe von Firmen ein solches

554 Rezept dem Departement eingereicht, das einer gründlichen Prüfung unterzogen worden ist. Auf Grund derselben ist an 17 inländische Firmen die Erlaubnis zur Fabrikation auf Zusehen hin erteilt worden. Die seitherigen Erfahrungen mit dieser Fabrikationsmethode haben befriedigt, Nekroseerkrankungen sind nicht zu verzeichnen. Auch von Seiten des Publikums sind keine Klagen über die Qualität der neuen Ware laut geworden.

Es darf also konstatiert werden, daß die Ausführung des Zündhölzchengesetzes zu einem allseits befriedigenden Resultate geführt hat. Es ist dies hauptsächlich dem umsichtigen und energischen Vorgehen des Departements bei Durchführung des Gesetzes zu verdanken.

Y. Kranken- und Unfallversicherung.

Eine vom Centralkomitee der ,,Fédération des sociétés de secours mutuels de la Suisse romande11 an den Bundesrat gerichtete Eingabe verlangte den Erlaß eines Gesetzes, wonach zu gunsten der gegenseitigen Hülfskassen Bundessubventionen zu verabreichen seien. Der Kundesrat sagte die Prüfung des Vorschlages zu gegebener Zeit zu. Immerhin soll das den Sinn haben, daß dadurch die weitern Arbeiten in Bezug auf die Unfall- und Krankenversicherung nach keiner Seite hin präjudiziert werden.

Mit diesem Vorgehen erklärt sich die Kommission einverstanden.

Landwirtschaft.

Landwirtschaftliches Yersuchswesen.

Die ,,milchwirtschaftliche Versuchsstation"1 und das baktoriologische Laboratorium dürften die Hauptaufmerksamkeit darauf richten, einen für den Richter verbindlichen Nachweis zu leisten, welchen Einfluß die Düngung der Wiesen mit Hülfs- oder künstlichem Dünger -- Superphosphat, Schwefelsäure etc. -- und die Verwendung von Kraftfutter auf den Gehalt der Milch, resp.

deren Tauglichkeit zur rationellen Käsefabrikation habe.

Wenn man glaubt, zu einem maßgebenden Urteil kommen zu können, dürften praktische Versuche in dem Umfange, wie eine Normalkäserei betrieben wird, gemacht werden.

555

Hebung der Pferdezucht.

Wir billigen es durchaus, daß mit dem Ankauf von Heugsten inländischer Zucht für das Hengstendepot Versuche in größerem Maße gemacht werden.

Bei dem zunehmenden Bedarfe an Pferden besonders für den landwirtschaftlichen Betrieb empfiehlt es sich, der Pferdezucht erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.

Allseitig wird anerkannt werden, daß ein befriedigenderes Zmchtresultat nur dann erzielt werden kann, wenn das weibliche Zuchtmaterial in besserer Qualität als bisher zur Zucht verwendet wird, Stallung, Ernährung und Behandlung der Fohlen eine zweckmäßigere wird. Insbesondere sollte darauf gehalten werden, daß die Fohlen wenigstens zwei Sommer auf gute Weide kommen.

Zu besseren Zuchtresultaten wird man voraussichtlich nur kommen, wenn die Zucht genossenschaftlich organisiert wird, ähnlich wie dies bei der Rindviehzucht geschieht.

In Gegenden, die sich für die Pferdezucht eignen, würden die Pferdebesitzer die geeigneten Zuchtstuten punktieren lassen und das Zuchtbuch einführen.

Den Genossenschaften stellte der Bund die. passenden Hengste zur Verfügung. An den Schauen der Genossenschaften würden die weiblichen Tiere und Fohlen prämiiert und könnte die Eidgenossenschaft für das Fohlendepot die passenden Fohlen ankaufen.

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Post- und Eisenhkdepartement.

Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

Organisation und Personal.

Die Organisation der Bundesbahnverwaltung bewirkte zahlreiche Änderungen im Personalbestand, sowie eine Reduktion desselben. Mehrere Stellen, wie diejenige des Direktors und 1l. Sekretärs der administrativen Abteilung, eines Kan/Jisten der Departementskanzlei, wurden nicht wieder besetzt. Die Prüfung der Frage, ob diese Vakanzen verbleiben sollen, sowie die Untersuchung anderer Verhältnisse dürften zu einer Reorganisation des Eisenbahndepartements führen.

Einzelne Vorkommnisse veranlassen, mit Nachdruck zu betonen, daß die den Behörden des Bundes, insbesondere dem Eisenbahndepartement obliegende specielle Aufsicht über den Staatsbahnbetrieb nach den gleichen Grundsätzen und Normen ausgeübt werden soll, wie dies gegenüber den Privatbahnen geschieht;.

Gesetze, Verordnungen und Postulate.

Die baldige Erledigung des Postulates No. 584 betreffend die Revision des Transportgesetzes erscheint notwendig, damit allfällige Abänderungen gleichzeitig mit der infolge des Tarifgesetees eintretenden Neubeordnung zur Einführung gelangen können.

Bei den eminenten Fortschritten auf dem Gebiete der Elektrotechnik darf vorausgesehen werden, daß in nicht allzuferner Zeit auch für Hauptbahnen der elektrische Betrieb eingeführt wird.

Ein einläßliches, objektives Specialstudium dieser in wirtschaftlicher Beziehung für unser Land so wichtigen Angelegenheit ist dringend am Platze und wir gestatten uns daher, folgendes Postulat aufzustellen :

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,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen, ob und inwieweit die Einführung des elektrischen Betriebes auf den schweizerischen Bahnen angezeigt erscheint.a

Eisenfoahnrüekkauf und Yerwaltung der Bundesbahnen.

Auf dem Wege des freihändigen Rückkaufes sind bis jetzt drei Hauptbahnen, Central bahn, Nordostbahn und Vereinigte Schweizerbahnen erworben worden und zwar zu einem Preise, der die anläßlich der Verhandlungen über das Rückkaufsgesetz aufgestellten Berechnungen um mehr als 50 Millionen übersteigt.

Nachdem die Hauptbahnen binnen kurzer Zeit sämtlich im Besitze des Bundes sich befinden werden, ist die Erörterung der Frage angezeigt, ob den Mitgliedern der Bundesversammlung auf dem Netze der Bundesbahnen Freikarten zu verabfolgen sind, in der Meinung, daß dann die Reiseentschädigungen dahinfallen. Verschiedene unhaltbar gewordene Verhältnisse würden durch diese Maßnahme beseitigt und gleichzeitig eine bedeutende Ersparnis erzielt, während der bezügliche Ausfall für die Rechnung der Bundesbahnverwaltung kaum in Betracht kommt. Wir erwarten, daß diese Anregung im Zusammenhange mit Postulat Nr. 588 (vergi. Seite 13 des Geschäftsberichtes) zur Prüfung und Erledigung gelangt.

B. Rechtliche Verhältnisse.

Die Behandlung einer Anzahl von Konzessionsgesuchen, welche nach der Ansicht des Bundesrates mehr oder weniger ausgesprochen die Konkurrenzierung von Linien des Bundesbahnnetzes zur Folge haben, ist im Jahre 1900 unter Hinweis auf die durch das Tarifgesetz zu lösende Frage der Instradierung unterblieben. Da letzteres Gesetz im Juni des Berichtsjahres von den beiden Räten angenommen worden ist, so dürfte die Erledigung jener Gesuche nun beförderlich erfolgen.

Die Berichterstattung über das anläßlich der Beratung des Geschäftsberichtes pro 1899 angenommene Postulat ,,ob nicht das BuudesgesetK betreffend die Verpflichtung zur Abtretung von Privatrechten verändert werden soll1'', steht noch aus.

558

C. Technische Kontrolle.

Bahnbau.

Zu den Ende 1900 im Bau begriffenen 20 Bahnlinien sind während des Berichtsjahres eine Reihe neuer, größerer und kleinerer Bahn- und Tramlinien getreten, so daß total im Bau stunden 32 Linien mit einer Gesamtlänge von 510,8 km. Von diesen konnten 18 Bahnstrecken mit 173 km. Länge (hievon l13,9 Um. Normalspur) kollaudiert und dem Betriebe übergeben werden.

Beim S i m p l o n d u r c h s t i c h war der Arbeitsfortschritt bis Ende September ein normaler, dann trat aber auf der Südseite ein außergewöhnlicher Wasserandrang ein, der erst in let/.ter Zeit etwas abgenommen hat. Der Wasserzufluß, sowie die ungünstigen Gesteinsverhältnisse führten eine erhebliche Verzögerung herbei. Diese Bauschwierigkeiten bedingen Mehrkosten und möglicherweise eine Hinausschiebung des Vollendungstermines.

Es liegt im Interesse des Bundes, daß eine thunliche Förderung der Arbeiten erfolgt und Mehrkosten vermieden werden ; wir sprechen daher die Erwartung aus, daß die vertraglichen Rechte nach allen Richtungen energisch vertreten und gewahrt werden.

Die durch die Bundesversammlung zu erledigende Rekursbeschwerde der Zürcher Regierung in Sachen der Hauptwerkstätten veranlaßt uns zu der Bemerkung, daß nach Art. 14 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 der Bundesrat den Zürcher Behörden hätte Gelegenheit geben sollen, sich über die für die Entwicklung des dortigen Bahnhofes so wichtige Frage zu äußern. Das im genannten Artikel den Kantonsregierungen und den Lokalbehörden zugestandene Recht darf keinerlei Einschränkung erleiden.

Der Umbau der linksufrigen Zürichseebahn im Stadtgebiet Zürich und ganz besonders der Urnbau des Bahnhofes Biel sind Tendenzen, welche einer raschen Erledigung entgegengeführt worden sollten.

In den letzten " Jahren sind eine Reihe wichtiger Bahuhofumbauten und Erweiterungen ausgeführt worden und mehrere Projekte harren der Inangriffnahme. Sowohl auf diesem Gebiete, als in Ansehung des Ausbaues der offenen Linie auf die zweite Spur kann man erfreuliche Fortschritte verzeichnen. Allein diese Verbesserungen gelangen nur dann gehörig zur Wirkung, wenn eine angemessene Erweiterung der Ein- und Ausfahrts-

559 geleise der größeren Bahnhofe stattfindet. Wir wünschen, daß hierauf mehr als bis anhin Bedacht genommen werde, denn nur hierdurch können die .oft ungemein schwierigen Fahrplankonstruktionen erleichtert, viele Zugsverspätungen vermieden und die Betriebssicherheit wesentlich gefördert werden.

Bahnunterhalt.

Zu Ende 1900 waren 4309 km. Bahnen auf Schweizergebiet im Betriebe. Davon entfallen 2480 km. auf Hauptbahnen; von den 1829 km. Nebenbahnen sind 869 km. normalspurigo.

Die vorsichtige Haltung, welche das Eisenbahndopartcment mit Bezug auf die Verwendung von armiertem Beton für Brücken einnimmt, ist durchaus gerechtfertigt, denn ein genügend abgeklärtes System zur Berechnung solcher Konstruktionen ist bis jetzt nicht vorhanden.

Hinsichtlich der Verbesserung der Beleuchtung auf den Stationen dürfte energischer vorgegangen werden.

Rollmateria].

Aus der nachfolgenden Gegenüberstellung des Rollmaterialbestandes auf Ende 1891 und auf Ende 1901 resultieren die Anschaffungen der letzten 10 Jahre.

Lokomotiven.

Personenwagen.

Achsenzahl.

Zahl der Plätze.

Guterwagen.

Normal- Andere Normal- Andere Normal- Andere Normal- Andere Bahnen. Bahnen. Bahnen. Bahnen. Bahnen. Bahnen. Bahnen. Bahnen.

Ende 1891 695 Ende 1901 1002

130 226

4691 6565

1107 2856

87,398 16,881 9,777 119,003 42,409 13,138

337 708

Mit Bundesratsbeschluß vom 8. Februar 1898 sind Normen für das Minimum des von den schweizerischen Bahn Verwaltungen zu. beschaffenden Betriebsmaterials aufgestellt worden. Die strikte Durchführung dieser Normen würde namentlich hinsichtlich der Güterwagen Neuanschaffungen bedingen, die weit über dio wirklichen Verkehrsbedürfnisse hinausgehen. Dieser Umstand, sowie die Ermöglichung einer besseren Ausnützung des Materials infolge der Verstaatlichung bilden die Hauptmotive zu unserer Anregung auf Revision des vorgenannten Beschlusses.

Für das Personenwagenmaterial der Hauptbahnen, insbesondere dasjenige der ehemaligen N. 0. B. darf mit der Verbes-

560 serung der Beleuchtungseinrichtungen nicht mehr länger zugewartet werden.

Dem zu schnellen Fahren der Trambahnen im Gebiete der Städte ist zur Verhütung von Unfällen durch eine nach Maßgabe der bezüglichen Konzessionsbestimmungen auszuübende, strengere Kontrolle entgegenzuwirken.

Bahnbetrieb.

Die Zahl der Traktanden der Fahrplankonferenzen nimmt fortwährend zu; eine Vereinfachung auf diesem Gebiete ist anzustreben.

Im Berichte der Geschäftsprüfungskommission für das Jahr 1900 wurde der Bundesrat eingeladen, der Frage der Einführung von Motorwagen für den Kleinverkehr seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und sie zu studieren. Wir vermissen die Behandlung dieses Gegenstandes.

Art. 3 des Nebenbahngesetzes vom 21. Dezember 1899 stellt fest, daß der Bundesrat den Nebenbahnen ,,sowohl für die Bauausführung und den Betrieb diejenige Einfachheit gestatten wird, welche ihrer Eigenart und Zweckbestimmung entspricht, als auch bezüglich der Bestimmungen über die Arbeitszeit bei den Transportanstalten Erleichterungen gewähren soll."1 Über die letztere Gesetzesbestimmung ist endlich unterm 13. Mai 1902 eine Vollziehungsverordnung erschienen ; dagegen steht eine solche hinsichtlich der Erleichterungen für den Bau und Betrieb für Nebenbahnen noch aus.

D. Administrative Kontrolle.

Tarif- und Transportwesen.

Aus der Tabelle der Verkehrsquantitäten und Transporteinnahmen ist ersichtlich, daß mit Inbegriff der neueröffneten Linien auf den normalspurigen Bahnen 725,861 Tonnen Güter weniger befördert worden sind als im Vorjahre; das Total der Transporteinnahmen ist um Fr. 2,207,869 kleiner als pro 1900.

Nach Maßgabe des Tarifgesetzcs vom 27. Juni 1901 sind für die schweizerischen Bundesbahnen die Taxgrundlagen für den internen Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr genehmigt worden; hierbei gelangten aus verschiedenen Gründon

561 die im genannten Gesetze vorgesehenen Maximalsätze zur Anwendung. Für die Bildung direkter Tarife über die normalspurigen Nebenbahnen würde voraussichtlich die Annahme gleicher Sätze zugestanden' worden sein, was für die beteiligten Landesgegeuden von großem Vorteil gewesen wäre und der Bundesbahnverwaltung bedeutende Arbeiten erspart hätte. Allein die Generaldirektion lehnte es den Nebenbahnen gegenüber ab, denselben irgend ein Äquivalent für den entstehenden Einnahmenausfall zu bieten.

Die Arbeiten der Tarifkontrolle haben in den letzten Jahren fortwährend langsam zugenommen. Der Vorwurf, daß die Nebenbahnen infolge fehlender Gesetzes- und Fachkenntnis der Kontrollbohörde viele Mühe verursachen, ist in dieser allgemeinen Form nicht begründet; derselbe bezieht sich nach den uns gemachten Mitteilungen lediglich auf einige kleine Unternehmungen.

Rechnungswesen und Statistik.

Die Bestimmung der Einlagen in den Erneuerungsfonds für die Nebenbahnen ist bisher mit dem Hinweis darauf von Jahr zu Jahr hinausgeschoben worden, daß der Entscheid des ßundesgerichtes in den bezüglichen Rekursen der Hauptbahnen abzuwarten sei. Infolge des freihändigen Rückkaufes fallen aber die Rekurse und damit auch die angegebene Motivierung dahin.

Wir registrieren, daß das Direktorium der Centralbahn die auf Ende 1898 verfallene versicherungstechnische Bilanz der Hülfskasse, welche ein bedeutendes Deficit erzeigte, erst unterm 9. November 1901, also lange nach dem Abschluß der Rückkaufsunterhandlungen vorgelegt hat.

Postverwaltur\g.

Allgemeine Bemerkungen.

Wir konstatieren mit Vergnügen das sehr günstige finanzielle Ergebnis des Berichtsjahres mit seinem Reinortrage von Fr. 3,063,527. 68 Dies ist der höchste bis jetzt von der Postverwaltung erreichte Ertrag. Er übersteigt um Fr. 275,088. 13 den Reingewinn des Jahres 1899, welches vorher das beste Resultat ergeben hatte.

Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. III.

38

562 Die Kommission hält dafür, die Verwaltung solle sich durch solche schöne Reinerträge zur Einführung weiterer Verbesserungen und Neuerungen im Postdienst zum Vorteil des Publikums im allgemeinen und des Handels im besondern ermutigen lassen.

Neue Fortschritte auf diesem Gebiete können jetzt um so leichter erzielt worden, als die Frage der Besoldung der Postbeamten und Angestellten durch Gesetz geregelt ist und die Lage dieses Personals im Vergleich zu derjenigen der Angestellten verschiedener Industrien eine sehr günstige zu nennen ist.

II. Vorlagen für die Bundesversammlung.

3. Die Kommission hofft, dass der Bundesrat über die Studien betreffend Einrichtung des Chèque- und Giroverkehrs durch die Post, welche er infolge Annahme der Motion Köchlin und Konsorten vom 23. Juni 1900 machte, den Räten in der nächsten Dezembersession wird Bericht erstatten können.

III. Wichtige Beschlüsse und Entscheide des Bundesrates und des Postdepartemeuts.

2. Der für Erstellung von Zeichnungen für dio Frankomarken von 2, 3, 5, 10, 12 und 15 Gentimes eröffnete Wettbewerb hat trotz großer Beteiligung nicht das erhoffte Resultat ergeben. Die Ausgabe neuer Marken sollte jedoch nicht zu lange hinausgeschoben werden. Die heute im Gebrauch befindlichen haben wir bereits seit 1882. Ein häufigerer Wechsel der Frankomarken, etwa alle 10 Jahre, wäre weder für das Publikum noch für den Bund beschwerlich.

3. Der Beschluß des Bundesrates, der den Post- und Zollbeamten verbietet, Ämter in der Verwaltung der band eismäßig betriebenen Konsumgenossenschaften zu .bekleiden, scheint uns durchaus gerechtfertigt. Die Kommission würde sogar zu einem vollständigen Verbote hinneigen, in dem Sinne, daß die erwähnten Beamten auch in denjenigen Konsumgenossenschaften keine Ämter annehmen dürfen, deren Geschäftskreis sich nur auf die eigenen Mitglieder erstreckt. Die Unterscheidung von beiden Arten Konsumvereinen ist schwierig zu machen, da ja beide, wie es sehr natürlich ist, notwendigerweise die Tendenz zu handelsmäßigem Betriebe in sich haben.

563 4. In Bezug auf Portofreiheit bestehen einerseits zahlreiche Mißbräuche, andererseits langen die Gesuche um Gewährung derselben massenhaft bei der Postverwaltung ein. Die diese Vergünstigung genießenden Behörden, Verwaltungen und Vereine sind heutzutage so zahlreich, daß es sehr oft den Postbureaux unmöglich ist, zu unterscheiden, ob gewisse amtlich versandte Korrespondenzen wirklich zur Portofreiheit berechtigt sind. Nach Einsicht der uns unterbreiteten Statistiken ist es unseres Erachtens nötig, in möglichst naher Frist Maßregeln behufs Einschränkung dieses Rechtes und Abstellung der vorhandenen Mißbräuche zu ergreifen. Wenn die Postverwaltung nicht dafür sorgen kann, daß die in Kraft bestehenden gesetzlichen Bestimmungen genau befolgt werden, so wäre es wohl am Platze, zu einer Revision des Postregalgesetzes zu schreiten.

IV. Unterhandlungen, Abschluss und Vollzug wichtigerer Verträge.

b. Ausland.

Die Kommission begrüßt mit Vergnügen die im Jahre 1900 vom Postdepartement ausgegangene Anregung, mit den VereinigtenStaaten von Nord-Amerika eine Übereinkunft betreffend den Austausch von Poststücken abzuschließen. Da die Vereinigton Staaten auf diesem Gebiete zuerst ihre Erfahrungen im Verkehr mit Deutschland machen wollten, so wurde ihre endgültige Antwort noch verschoben. Wir ersuchen das Departement, da seit dem ersten Schritte zwei Jahre verflossen sind, zu prüfen, ob nicht der Augenblick zur Erneuerung seiner Anfrage gekommen sei.

Der Abschluß einer Übereinkunft für den Austausch von Poststücken wäre sehr wünschenswert und würde von der Geschäftswelt, beider Länder äußerst günstig aufgenommen.

Wir glauben, daß es auch wünschenswert wäre, das Publikum durch Anzeigen im Bundesblatt daran zu erinnern, daß infolge Übereinkunft mit den Verwaltungen dieser Länder das Gewicht der Briefe nach Nord-Deutschland, Bayern, Württemberg, Baden und Österreich ohne Erhöhung des Portos von 15 auf 20 Gramm hinaufgesetzt wurde. Diese Erleichterung ist noch nicht genügend bekannt.

Die Kommission findet auch, man sollte zum gleichen Zwecke Unterhandlungen mit England, Frankreich und Italien anknüpfen.

564 Wenn diese Anregung bei den drei soeben genannten Ländern Erfolg hätte, so wäre der erste und wichtigste Schritt für die Einführung des einheitlichen Briefgewichtes von 20 Gramm im internationalen Verkehr gethan.

Telegraphenverwaltung.

Allgemeine Bemerkungen.

Die während des Berichtsjahres bestehende geschäftliche Krisis hat zu einem weiteren Rückschlage des finanziellen Ergebnisses der Telegraphen- und Telephonverwaltung geführt. Der Gesamttelegraphenverkehr ist um 0,89 °/o zurückgegangen ; auch der Telephonverkehr blieb hinter den Erwartungen. Der Passivsaldo der Verwaltung ist auf Fr. 1,044,472 angestiegen (im Vorjahre Fr. 897,717), was in der Hauptsache den ungünstigen Verkehrsverhältnissen und sodann dein Umstände zugeschrieben werden muß, daß die Amortisation auf den Anlagewerten infolge Erstellung einer Anzahl von Kabelanlagen um Fr. 557,955 höher zu stehen kommt als im Vorjahre.

Die finanzielle Situation kann indessen nicht als eine ungünstige bezeichnet werden, denn wir besitzen nun ein vollständig ausgebautes Telegraphen- und Telephonnetz und ein erhebliches Zurückgehen der Ausgaben in den nächsten Jahren ist zu gewärtigen. Das Eintreten normaler Verhältnisse, sowie die Thatsache, daß durch die vielen Kabelanlagen ganz bedeutende Verbesserungen geschaffen worden sind, veranlassen uns, den Bundesrat einzuladen, die unter den gegenwärtigen Verhältnissen entschieden zu hohe Amortisationsquote von 15% angemessen herabzusetzen oder aber inskünftig nicht mehr einen bestimmten Prozentsatz, sondern den verbleibenden Aktivsaldo zu amortisieren.

Da durch die vorgeschlagene Reorganisation der Telegraphenverwaltung verschiedene Übelstände beseitigt werden sollen, so empfiehlt sich die baldige Behandlung des betreffenden Gesetzesentwurfes.

Telegraphenlinien.

Am Ende des Berichtsjahres betrug die Länge der Staatstelegraphenlinien 6595,9 Kilometer gegenüber 6902,2 im Vor-

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jähre. Die Verminderung der Länge um 306,3 Kilometer ist eine scheinbare ; sie rührt davon her, daß auf Linienstrecken, welche Telegraphen- und Telephondrähte tragen, eine Abschreibung vom Telegraphen- auf das Telephoninventar stattfindet.

Telephonnetz.

Die Telephonnetze haben eine Länge von 14,790,6 Kilometer; die Vermehrung pro 1901 beträgt 513,8 Kilometer. Die Zahl der Abonnenten ist von 37,761 auf 39,988 gestiegen. Die geringe Zunahme der Abonnentenzahl in den letzten Jahren zeigt, daß das schweizerische Telephonnetz nunmehr so ziemlich ausgebaut ist.

Kabelanlagen.

Wir konstatieren gerne, daß die Kabelanlagen durch welche Hie so lästigen Störungen beseitigt werden, erheblich vorgeschritten sind und nur noch kurze Zeit Ausgaben von Belang verursachen werden. Nach der Darstellung in Tabelle VIII sind in den folgenden Städten mehr als die Hälfte der Abonnemente unterirdisch verlegt: Basel, Bern, Chaux-de-Fonds, Davos-Platz, Genf, Lugano, Luzern, Montreux, Ölten, St. Gallen, Schaffhausen.

Winterthur, Zürich.

Bei dem Bezüge der Kabel möchten wir die thunliche Berücksichtigung der einheimischen Industrie anempfehlen.

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Bericht der Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1901. (Vom 26. Mai 1902.)

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1902

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24

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11.06.1902

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513-565

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10 020 103

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