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Schweizerisches Bundesblatt.

54. Jahrgang. IV.

Nr. 34.:

20.-August 1902.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): B Franke».

Einrückungsgebür per Zeile oder deren Baum 15 Ep -- Inserate, franko an die Expedition.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche der wegen Übertretung des Bungesgesetzes betreffend Fabrikation und Vertrieb von Zündhölzchen bestraften Alphons Corbat, Uhrmachers und Lumpenhändlers, und Eugène Mairot, Schusters, beide in Pruntrut.

(Vom 19. August 1902.)

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Tit.

Die Petenten wurden in der Nacht vom 29./30. November 1901 gegen 2 Uhr morgens in der Nähe von Coeuve von einem bernischen Polizeiagenten ertappt, als sie mittelst Benutzung des Eisenbahnkörpers je einen Sack mit Phosphorzündhölzchen aus dem Elsaß in die Schweiz einschmuggeln wollten. Unter Sequestration der Ware dem zuständigen Polizeirichter überwiesen, machten sie keine Versuche, die gesetzwidrige Handlung abzuleugnen, und der Richter verhängte über jeden das Minimum der angedrohten Strafe von Fr. 100, indem er sie gleichzeitig solidarisch zur Tragung der auf Fr. 5. 90 sich belaufenden Gerichtskosten verurteilte.

Nunmehr stellen die Bestraften das Gesuch um Nachlaß von Bußen und Kosten, indem sie ausführen, es sei -ihnen wegen des schlechten Geschäftsganges in den von ihnen betriebenen Berufsarten unmöglich gewesen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. IV.

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Familien zu verdienen, weshalb sie im Verkauf von Zündhölzchen einen Nebenverdienst gesucht hätten. Die Bezahlung der Buße von Fr. 100 sei für sie ein Ding der Unmöglichkeit, und ein Zwang, solche nach erfolgter Umwandlung im Gefängnis abzusitzen, würde die Notlage ihrer Familien noch vergrößern.

Der Gemeinderat von Pruntrut bezeugt, daß die Verurteilten kein Vermögen besitzen und nur Fr. 200, resp. Fr. 100 Einkommen versteuern. Er befürwortet die Gewährung der nachgesuchten Begnadigung.

Wie in frühern ähnlichen Fällen, so rechtfertigt sich auch hier eine Herabsetzung der vom Polizeirichter nach dem Zwange des Gesetzes auf Fr. 100 angesetzten Buße. Dagegen ist kein Grund vorhanden, Buße und Kosten gänzlich aufzuheben, da die Petenten sich der Strafbarkeit ihrer Handlungen zweifellos bewußt waren. Zu ihren Ungunsten spricht auch, daß sie die Einfuhr der verbotenen Ware zur Nachtzeit und auf Schleichwegen betrieben.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es seien die den Petenten auferlegten Bußen im Wege der Begnadigung auf Fr. 20 herabzusetzen, in der Meinung, daß an Stelle dieser Bußen im Falle der Unersättlichkeit je 4 Tage Gefängnis treten sollen.

Bern, den 19. August 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Zemp.

Der I. Vizekanzler : Schatzmann.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung bestraften Friedrich Plüß, Postillons der eidg. Postverwaltung, in Bern.

(Vom 19. August 1902.)

Tit.

Am 17. Oktober 1901" kollidierte ein vom Petenten Plüß geführter, mit einem Pferde bespannter Postfourgon am nördlichen Ende der Kirchenfeldbrücke in Bern mit einem vom Kirchenfeld her fahrenden Wagen der elektrischen Straßenbahn. Die Ursache dieses Zusammenstoßes lag, wie gerichtlich festgestellt und im Begnadigungsgesuche nicht bestritten, darin, daß der vom Klosterhof her fahrende Postillon Plüß sein Fuhrwerk nicht rechtzeitig anhielt, um den Tramwagen vorbeipassieren zu lassen. Die Lokalverhältnisse sind derart, daß er bei Anwendung der ihm zuzumutenden Aufmerksamkeit die Gefahr des Zusammenstoßes leicht hätte ersehen können, und es ist im weiteren erwiesen, daß der Führer des Tramwagens Haltsignale gegeben und seinerseits alles getan hat, um durch Hemmung seines Vehikels die Kollision zu vermeiden. Der heftige Anprall warf den Plüß von seinem Sitz auf dem Postfourgon zur Erde, er erlitt aber keine Beschädigung, und der Materialschaden beschränkte sich auf die Zertrümmerung einer Fensterscheibe des Tramwagens.

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Jahr

1902

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.08.1902

Date Data Seite

205-207

Page Pagina Ref. No

10 020 203

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