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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Neuhausen über Schleitheim nach Oberwiesen.

(Vom 16. Juni 1902.1

Tit.

Mittelst Eingaben vom 4. November 1901 und 28. Mai d. J.

stellte der Regierungsrat von Schaff hausen das Gesuch, es möchte ihm zu Händen des K a n o n s S c h a f f h a u s e n di« Konzession erteilt werden für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n v o n S c h a f f h a u s e n (bezw. N e u h a u s e n ) über Schleitheim nach O b e r w i e s e n.

Die vorgeschriebenen Vorlagen haben in der letztgenannten Eingabe einen Nachtrag zum technischen Bericht, sowie zum Kostenvoranschlage erhalten, der dadurch bedingt wurde, daß der Anschluß an die Straßenbahn Schaffhausen-Neuhausen nicht in Schaffhausen, sondern beim Rheinhof in Neuhausen vorgesehen wurde.

Laut dem allgemeinen Bericht wird durch das Projekt eine direkte Verbindung des Wutachthaies mit dem Rheinthale. zwischen den Punkten Stühlingen und Neuhausen, bezw. Schaffhausen, angestrebt. Es solle durch dieselbe in erster Linie der Personenund Güterverkehr der Gemeinden Schleitheim-Beggingen, Siblingen, Löhningen und Beringen mit der Kantonshauptstadt erleichtert.

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und gefördert, gleichzeitig aber auch derjenige mit dem benachbarten badischen Hinterlande, dem stark bevölkerten Bezirksamt Bonndorf wieder gehohen werden. Die geschäftlichen Beziehungen diese« Gebietes zu Schaffhaiison, welche früher sehr rege gewesen seien, seien seit Eröffnung der Wutachthalbahn stark zurückgegangen, weil der Verkehr durch diese letztere hauptsächlich nach Waldshut abgelenkt worden sei, welche Stadt von Stühlingen nur 2(5,5 km. entfernt sei, während die Reise nach Hchafl'hausen über Lauchringen 46 km. Eisenbalmfalirt erfordere. Dieser Umstand erkläre auch, weshalb die Wutachthalbahn für die Bewohner der Gegend von Schleitheim keine Erleichterung der Kommunikation mit Schaffhauseri gebracht habe. Die Gemeinden des nördlichen Kantonsgebiotes seien nach wie vor vom Verkehr mit dorn Kantonshauptort abgeschnitten und dadurch wirtschaftlich in hohem Maße benachteiligt.

/iehe man nun aber in Betracht, daß durch die geplante elektrische Kahn die Fahrstrecke von Stuhlingen nach Schaff5* hausen auf '20 km. reduziert werde, sowie daß Schaffhausen mit seinem Handel und seiner Gewerbsthätigkeit und als wichtiger Knotenpunkt des schweizerischen Eisenbahnnetzes auf die Bevölkerung des anstoßenden badischen Gebietes eine ungleich größere Anziehungskraft ausüben müsse als Waldshut, so dürfe trotz den Zollschranken mit Sicherheit auf eine erneute Zunahme des Gren/verkehrs gerechnet werden. Eine weitere, nicht zu unterschätzende Steigerung des Personentransportes werde sich aus dem Umstand ergehen, daß die Linie SchaÜfhausen-Stühlingon unmittelbar an die interessanteste Parjge der noch wenig bekannten Wutachthalbahn anschließe und mit dieser zusammen die kürzeste und abwechslungsreichste Touristenroute vom Rheinfalle über Donaueschingen nach dem vielbesuchten badischen Schwurzwaid bilden werde.

Vorläufig solle jedoch die elektrische Bahn nur bis an die Landesgrcnze bei Oberwiesen erstellt und mit dem Bau des zirka 600 rn. langen, auf deutschem Gebiete liegenden Verbindungsstückes von überwiesen bis zur Station Stühlingen noch so hinge zugewartet werden, bis die Frage des Geleiseansclilusses bei der Station Stühlingün, deren Babnhof verlegt werden solle, und die weitere betreffend die Verstärkung der Straßenbrücke über die Wutach mit den zuständigen badischen Behörden endgültig goregelt und die
bezügliche Konzession nachgesucht werden könne.

Die Bahn benutze auf der ganzen Strecke die bestehende Kantonsstraße erster Klasse, welche nur einige wenige un-

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bedeutende Korrektionen erfordere, so daß einzig das für die Stationsgebäude, das Depot und die Kraftstation benötigte Bauterrain käuflich erworben zu werden ,, brauche.

Die Konzession für die Strecke Rheinhof bis GüterbahnhofSchaffhausen würde der Stadtrat selbst erwirken.

Die Kraftstation solle nach Siblingen verlegt werden und zwar sowohl wegen der zwischen Siblingen und Schleitheim vorkommenden langen und starken Steigungen, als auch weil sich der Betrieb einer eventuell später zu bauenden Zweigbahn von Hailau nach Siblingen von einer bei letzterem Orte gelegeneu Kraftstation aus am rationellsten gestalten würde.

Gemäß dem technischen Berichte bleibt das Bahntraco der beim Rheinhof in Neuhausen beginnenden Straßenbahn auf der ganzen Strecke bis Oberwiesen auf der östlichen Seite der durchschnittlich 7 m. breiten Kantonsstraße. Außer einer Unterführung der badischen Bahn Konstanz-Schaffhausen-Basel bei km. 0,72 befinden sich auf der Linie keine weitern Bahnkreuzungen noch Brücken oder sonstige Kunstbauten.

Die Gesamtlänge der neuen Linie betrage l(i,:i km.

T)ie Maximalsteigung von 57 % auf 840 m. befinde sich in der Nähe von Siblingen bei km. lt,o.

Für die Sektion Oberwiesen-Rheinhof-Neuhauscn sei ein Geleise von l m. Spurweite vorgesehen.

Innerhalb der Ortschaften, sowie bei allen Straßenkreuzungen und Wegübergängcn kommen Rillenschienen, auf den Zwischenstrecken Vignolschienen zur Verwendung, die beide auf eisernen Querschwellen verlegt werden.

Für den Betrieb der ganzen Linie sei Gleichstrom von 550 V. in Aussicht genommen.

Der Strom werde den Motorwagen durch die Kontaktleitung und die an den Gestängen dieser letztem zu befestigenden oberirdischen Speiseleitungen zugeführt; die Rückleitung des Stromes erfolge durch die Schienen, welche doppelte elektrische Stol.iverbindungen enthalten.

Die Hauptwagenremise samt der damit verbundenen Reparaturwerkstätte komme nach Siblingen, desgleichen der GüterwagenSchuppen und die Kraftcentrale. In Löhningen, Siblingon, Schleitheim und Oberwiesen werden besondere Stationsgebäude mit angebauten Güterschuppen und Laderampen erstellt.

Sämtliche End- und Zwischenstationen erhalten telephonische Verbindung mit dem Depot in Siblingen.

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Für die Erzeugung des erforderliehen Betriebsstromes kommen zwei Möglichkeiten in Betracht, nämlich Antrieb der Gleichstromdynamomaschinen durch eine eigene, in Siblingen zu errichtende Dawsongas-Kraftanlage oder dann Antrieb durch Drehstrommotoren, welche ihrerseits mit Strom gespeist würden, der vom Wasserwerk Schaffhausen mittelst einer 10 km. langen Freileitung nach Siblingen übertragen werden müßte.

In beiden Fällen komme als Betriebsreserve noch eine größere Accumulatorenbatterie zur Aufstellung.

An Stelle der bisherigen 3 Postkurse sollen für den Anfangtäglich in jeder Richtung 10 fahrplanmäßige Züge geführt werden, vorbehaltlich der Einlegung weiterer fakultativer Personen- und Güterzüge nach Bedarf.

Auf der Strecke Rheinhof' Neuhausen-Oberwiesen solle die Fahrgeschwindigkeit auf offener Linie im Maximum 25 km. und beim Passieren der Dörfer nicht mehr als 15 km. betragen.

Für den Personentransport wird eine Taxe von 10 Rappen pro Kilometer und Person in Aussicht genommen ; für den Gütertransport in der höchsten Klasse 4 Rappen und in der niedrigsten Klasse 2 Rappen pro 100 Kilogramm und pro Kilometer; für den Tiertransport 24 Rappen für die höchste und 3 Rappen für die niedrigste Klasse per Stück und Kilometer.

Der summarische Kostenvoranschlag sieht folgende Hauptposten vor : Für die Projekt-Variante mit eigener Gaskraftanlage in Siblingen: A. Vorarbeiten und allgemeine Auslagen . . Fr.

70,000 B. Landerwerb und Hochbauten in Löhningen, Siblingen, Schleitheim und Oberwiesen . ,, 284,500 C. Oberbauanlage ,, 390,000 D. Kraftstationsanlage und Wcrkstatteinrichtung in Siblingen, inklusive Stations- und Depotausrüstungen ,, 1(55,000 E. Leitungsanlage, umfassend: Kontakt- und Speiseleitung, Schienenrückleitung und Telephonanlage 222,000 F. Rollmaterial ^ 179,000 G. Verschiedenes und Unvorhergesehenes . . ,, 162,000 Total oder Fr. 90,500 per Bahnkilometer.

Fr. 1,473,000

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Für die Projekt-Variante mit Umformerstation in Siblingen und Kraftbezug vom Wasserwerk in Schaffhausen stellen sich die Gesamtanlagekosten auf Fr. 1,413,000 oder auf Fr. 86,500 pro Bahnkilometer.

Der Regierungsrat stellte mittelst Eingabe vom 2. Juni das Gesuch, es möchte von der Anordnung der üblichen konferenziellen Verhandlungen abgesehen werden, weil man sich bereits mündlich über die wesentlichsten Punkte geeinigt hätte. Bezüglich des Reisegepäcks ersuchte er, es möchte für das 10 Kilogramm übersteigende Gepäck eine Taxe von 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bewilligt werden.

Das Eisenbahndepartement hielt mit Rücksicht darauf, daß dor Regierungsrat selbst Konzessionsbewerber ist, die Anordnung von konferenziellen Verhandlungen nicht für notwendig.

Der Konzessionsentwurf wurde dem Regierungsrate des Kantons Schaffhausen zur Einsicht zugestellt, und es erklärte sich derselbe mittelst Eingabe vom 9. Juni mit dem Entwürfe einverstanden. Zugleich drückte er jedoch den Wunsch aus, es möchte dem Konzessionsentwurfe ein neuer Art. 28 mit folgendem Wortlaute beigefügt werden : ,,Der Bnndesrat ist ermächtigt, unter den in dieser Konzession enthaltenen Bedingungen allfällig nötige Erweiterungen der Linie, soweit sie sich als Bestandteil der Straßenbahn Neuhausen-Schleitheim-Oberwiesen darstellt und auf der Staatsstraße geführt wird, von sich aus zu bewilligen.a Zu diesem Begehren wurde der Regierungsrat offenbar durch Ziffer 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1900 (E. A. S.

XVI, 286) betreffend Erweiterung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Schaffhausen nach ISfeuhausen veranlaßt. Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Konzessionen für Straßenbahnen in Zürich (Art. 22, E. A. S. XIV, 874), Bern (Ziffer I, Art. 5, E. A. S. XV, 721/722), Chaux-do-Fonds (E. A. S. XIV, 599) u. s. w., wo es sich jeweilen um ein Straßenbahnnetz innerhalb einer und derselben städtischen Ortschaft handelt. Sobald jedoch eine Bahnlinie in Frage kommt, welche mehrere Ortschaften miteinander verbinden und also einen größeren Kreis von Interessen berühren soll, so muß unseres Erachteris das gewöhnliche Verfahren der Erteilung oder Erweiterung einer Konzession auf dem Wege des Bundesbeschlusses Platz greifen.

RnndpsWatt.

54. Jahvo;.

Bd. III.

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Zu besonderen Bemerkungen giebt uns der nachstehende Beschlußentwurf nicht Anlaß; wir empfehlen Ihnen daher denselben zur Annahme und benützen auch diese Gelegenheit, Sie; Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. Juni 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der Bundeapräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rlngier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Neuhausen nach Schleitheim-Oberwiesen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Regierungsrates des Kantons Schaff hausen vom 28. Mai 1902; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Juni 1902, beschließt: Dem R e g i e r u n g s r a t e des K a n t o n s S c h a f f h a u s e n wird zu Händen des Kantons Schaffhausen die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von N e u h a u s e n nach S c h l e i t h e i m - O b e r w i e s e n , unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den* Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

756 Art. 3. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmäßigen technischen Vorlagen einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Baiin zu machen.

Art. 4. Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe /u übergeben.

Art. 5. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 6. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 7. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder dos Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 8. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte odor Angestellte des Konzessionärs, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche der Konzessionär nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 9. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Baiin zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der 7ügc wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 10. Der Konzessionär hat sich dem Traiiiportreglement dor schweizerischen Eisenbahn- und Damprschiiïuntornehmungeii

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zu unterziehen. Soweit er Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 11. Zur Personenbeförderung werden Wagen nacli dem Durchgangssystem mit nur einer Klasse aufgestellt.

Der Konzessionär hat dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 12. Für die Beförderung von Personen kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Kinder unter 4 Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Der Konzessionär ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillete zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 13. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 14. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung, der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck darf eine Taxe von höchstens 10. Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

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Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein anderes Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 15. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen, auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über vier Rappen und deren niedrigste nicht über zwei Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen geringwertigen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 16. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu erheben.

Art. 17. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher E'racht zu erheben.

Art. 18. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, ist der Konzessionär verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 19. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transport-

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mengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 24 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 3 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 % erhoben werden.

Art. 20. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 21. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Bahnverwaltung, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wageiiladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg.; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der gemäß diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 23. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 24. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

760 Art. 25. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der TranKporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Buindesrat und dem Konzessionär nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Der Konzessionär ist verpflichtet, für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe 'bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 27. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnungdes Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist dem Konzessionär drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Bund Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Weit des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf dem Konzessionär notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1935 und 1. Januar 1950 erfolgt, den 22Y2fachen Wert; -- wenn

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der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Krneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag \vird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu w eich letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl' des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung /.u bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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