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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Übernahme der interkantonalen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil durch den Bund.

(Vom 17. Mai 1902.}

Tit.

In den Jahren 1890/93 haben die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Glarus, Zug, Solothurn, Baselstadt, Basellandschaft, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden, Aargau und Thurgau vertraglich die Gründung einer ,, V e r s u c h s s t a t i o n v e r b u n d e n m i t e i n e r L e h r a n s t a l t f ü r O b s t - , Wein- u n d G a r t e n b a u " vereinbart, die seit 1890 in Wädenswil besteht.

Dieser Anstalt liegt ob, durch ununterbrochene, sorgfältige Beobachtungen und Versuche auf dem Gebiete des Obst-, Weinund Gartenbaues, sowie durch Bekämpfung schädlicher Einflüsse, die Erträgnisse dieser Wirtschaftszweige zu fördern und durch Verbreitung besserer Fachbildung die Leistungsfähigkeit im Betriebe dieser wichtigen Zweige der Landwirtschaft zu erhöhen.

Die V e r s u c h s s t a t i o n beschäftigt sich mit pflanzenphysiologischen, gärungstechnischen, chemischen und zoologischen Versuchen und Untersuchungen, sowie mit der Obstverwertung. Sie verfügt über größere Versuchsabteilungen der Gartenanlagen, Baumund Gehölzschulen, in den Obstgärten und Weinbergen, sowie

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über Obstverwertung und Kellerräume, Obst-, Gär- und Lagerkellern und endlich über pflanzenphysiologische, gärungstechnische und chemische Laboratorien.

Die L e h r a n s t a l t zerfällt in die Obst- und Weinbauschule und in die Gartenbauschule.

Die O b s t - und W e i n b a u s c h u l e besteht aus einem Hauptkurs von jährlich acht Monaten und zwar vom 1. März-bis Ende Oktober, für Schüler, die eine gründliche Kenntnis sowohl in praktischer als auch in theoretischer Hinsicht im gesamten Obst- und Weinbau erwerben wollen.

Für Schüler, die sich nach Absolvierung 'des achtmonatlichen Kurses in der Anstalt noch weiter auszubilden wünschen, ist ein Nachkurs vom 1. November bis 14. Februar eingerichtet, in dem sie auf Grundlage eines besondern Stundenplanes weitern Fachunterricht erhalten.

Neben diesem Hauptkurs werden kurzzeitige Kurse, von einigen Tagen bis mehreren Wochen, für die Ausbildung in einzelnen Richtungen des Obst- und Weinbaues abgehalten.

Die G a r t e n b a u s c h u l e nimmt nur Schüler auf, die im Gartenbau schon eine mindestens zweijährige Lehrzeit bestanden haben und sich in diesem Zweige theoretisch und praktisch noch weiter ausbilden wollen. Der Kurs dauert ein Jahr, beginnt jeweils mit 1. März und endigt Mitte Februar des folgenden Jahres. Je nach Bedürfnis werden ferner kurzzeitige Kurse über Gemüsebau abgehalten.

Die ständigen interkantonalen Hauptkurse der Lehranstalt Wädenswil verzeichnen während den ersten zehn Jahren folgende Besuchsziffern : der achtmonatliche Kurs für Obst- und Weinbau 167 ; der Jahreskurs für Gartenbau 95 ; zusammen 262 oder durchschnittlich 26 Schüler per Jahr. Den kurzzeitigen Unterrichtskursen wohnten während desselben Zeitraumes 3185 Teilnehmer bei.

Was die Ergebnisse der Versuchsthätigkeit betrifft, so sind dieselben in den regelmäßigen Berichten der Anstalt, in der Fach- und zum Teil in der politischen Presse veröffentlicht worden und sie haben wesentlich dazu beigetragen, die Anstalt Wädenswil volkstümlich zu machen und ihr die Anerkennung der Fachkreise zu sichern.

Wenn die Anstalt den Wein-, Obst- und Gartenbau in den Konkordatskantonen und besonders die bessere Verwertung der

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Erzeugnisse dieser Betriebszweige mächtig förderte, so brachte sie anderseits den kantonalen Kassen entsprechende Lasten. Einzig der Kanton Zürich, der allerdings der Stärkstbeteiligte ist, berechnet seine Ausgaben für Wädenswil auf Fr. 462,157. 13 ohne die Fr. 36,000 betragenden Zuschüsse jener Gemeinde.

Die interkantonale Aufsichtskommission der Anstalt wandte sich deswegen schon am 27. Februar 1897 mit dem Ansinnen an uns, zu Händen der Bundesversammlung, der Bund wolle -- gestützt auf Art. 4, letztes Alinea, des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund -- die Anstalt Wädenswil auf seine ausschließliche Rechnung übernehmen, weil es eine gewisse Ungleichheit, sowohl in der Behandlung der verschiedenen Landesgegenden, als auch der betreffenden Zweige der Landwirtschaft bedeuten würde, wenn die in Bern zu errichtende land- und milchwirtschaftliche Versuchsanstalt ganz vom Bunde erhalten würde, während die in der Ostschweiz befindliche Versuchsstation für Obst- und Weinbau wesentlich den an diesen Kulturen besonders interessierten Kantonen und vor allem dem Kanton Zürich zu Lasten fiele.

Abgesehen von dieser Begründung, war vorauszusehen, daß mehrere Kantone den am 31. August 1902 erlöschenden Vertrag aus finanziellen G-ründen nicht mehr erneuern werden. Die Versuchsthätigkeit, die als die Hauptleistung der Anstalt allgemein anerkannt ist, müßte unter einer Beschränkung des Budgets schwer leiden. Sie kann sich jetzt schon nicht entsprechend entfalten, weil die Laboratoriumsräume zu beschränkt sind und hauptsächlich, weil der Leiter des Versuchswesens zu sehr mit der Lehrthätigkeit und mit Verwaltungsgeschäften belastet ist.

Wir sprachen deshalb die Geneigtheit aus, die Übernahme der Anstalt Wädenswil -- soweit die Versuchsthätigkeit derselben in Frage kommt, das heißt mit Ausschluß der Schulen, jedoch mit den kurzzeitigen Kursen, an denen die Ergebnisse jener Thätigkeit bekannt gegeben und verbreitet werden -- Ihnen zu beantragen.

Diese Übernahme durch den Bund ist denn auch schon in unserer Botschaft vom 26. Mai 1899 betreffend die Finanzlage des Bundes (Bundesbl. 1899, HI, 549) vorgesehen und am 8. Juni gleichen Jahres wurde unser Landwirtschaftsdepartement beauftragt, mit der interkantonalen Aufsichtskommission die Unterhandlungen betreffend jene Übernahme wieder aufzunehmen.

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Diese Verhandlungen führten zu folgendem vom Regierungsrate, vom Kantonsrate und vom Volke des Kantons Zürich.genehmigten Vertrag:

Vertrag zwischen

der Eidgenossenschaft und dem Kanton Zürich betreffend Abtretung der interkantonalen deutschschweizerischen Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil an den Bund und deren Fortbetrieb als eidgenössische Versuchsanstalt fUr Obst-, Wein- und Gartenbau.

Zwischen dein schweizerischen Bundesrat einerseits, und dem Regierungsrat des Kantons Zürich anderseits, ist unter Vorbehalt der Ratifikation der zuständigen Instanzen folgender Vertrag abgeschlossen worden : Art. 1. Der Kanton Zürich tritt hiermit an die Eidgenossenschaft zu Eigentum ab: a. an Liegenschaften: 1. Das laut Kaufbrief vom 7. August 1890 erworbene sogenannte Schloßgut in Wädenswil mit Wiesen, Obstgärten, Reben, zusammen cirka 5 ha. 78 Aren.

2. Die laut Kaufbriefen vom 17. Dezember 1890 erworbenen, an das Schloßgut angrenzenden Reben im untern Letten (Dorfreben), cirka 72 Aren.

3. Die laut Kaufbrief vom 29. Dezember 1891 erworbenen cirka 70 Aren Reben an der Sternenhalde in Stäfa.

4. Laut Kaufbrief vom 3. Dezember 1892 zur Arrondierung des Schloßgutes erworbene 10 Aren Wiesland.

5. Laut Kaufbriefen vom 8. Mai und 19. November 1896 erworbene, an das Schloßgut angrenzende drei Rebstücke im Letten (im Baugebiet der Gemeinde Wädenswil liegend), gekauft zu Versuchen mit amerikanischen Reben, mit zusammen cirka l ha. 25 Aren Flächeninhalt.

6. Laut Kaufbrief vom 29. September 1900 für Unterrichtszwecke in der Landschaftsgärtnerei beim Wasserfall des Schloßbaches erworbene 750 m 2 Land.

Total an Liegenschaften cirka 8 ha. 56 Aren,

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b. an Gebäuden: 1. Das Direktionsgebäude, enthaltend Anstaltskeller, pflanzenphysiologisches und gärungstechnisches Laboratorium, Bureau dos Direktors, Wohnungen des Direktors und des Chemikers.

2. Das Schulgebäude, enthaltend chemisches Laboratorium, Versuchsräume für Obstverwertung, Preßraum und heizbarer Gärraum, Lehrsäle für die Gartenbauabteilung und die Obst- und Weinbauabteilung, sowie für die kurzzeitigen Kurse, acht Schlafräume, Speisesaal, Wohnung des Konviktleiters und Bibliothek.

3. Das Pfortengebäude, enthaltend die Wohnung des Obergärtners und Zimmer eines Gehülfen.

4. Die Ausstellungshalle für die permanente Ausstellung von Geräten und Apparaten, nebst einem Zimmer.

5. Das Werkgebäude, enthaltend Holz- und Kohlenräume, Geräteschuppen, Werkstätte, Obstkeller und zwei Zimmer für Gehülfen.

6. Das Gewächshaus mit kupferner Warmwasserheizung und Ofen.

7. Das Eckhaus, enthaltend Konviktkeller, Bureau der schweizerischen Centralstelle für Obstverwertung und Wohnzimmer für den Leiter.

8. Die Veranda (Säulenhalle).

9. Das Bienenhaus.

10. Das (früherei Pächterhaus, enthaltend Versuchskellerei für Obstwein, Preßhaus und Keller, Wohnung des Lehrers für Obst- und Weinbau.

11. Eine Scheune mit Stall.

12. Ein Badhaus.

13. Ein Rebhaus in Wädenswil.

14. Ein Rebhaus in Stäfa.

Zur Anstalt gehören ferner und werden mit abgetreten: Cirka 50 Minutenliter Quellwasser, ein neuerstelltes Reservoir, 100 m 3 fassend, und eine Druckleitung mit cirka 6 Atmosphären Druck.

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c. an Fahrhabe : Sämtliche laut Inventar vorhandene Fahrhabe (Mobiliar, Schiff und Geschirr} mit Ausnahme desjenigen Teiles, welcher zur Ausrüstung der beiden Schulen für Obst- und Weinbau, sowie für Gartenbau gehört und, als zu deren Fortbetrieb notwendig, im Inventar speciell ausgeschieden ist.

In dieser an den Bund übergehenden Fahrhabe ist nicht nur derjenige Teil inbegriffen, welcher bisher im Schatzungswerte von Fr. 11,925 dem Kanton Zürich als alleinigem Eigentümer zustand, sondern auch derjenige Teil, welcher mit einem Schatzungswerte von Fr. 27,372 im Miteigentum der übrigen 14 Vertragskantone stand und mit dessen schenkweiser Überlassung an den Bund sich die sämtlichen Kantone einverstanden erklärt haben.

Die Übergabe der vorstehend benannten Liegenschaften und Gebäude findet statt mit allen Rechten und Lasten, wie solche dem jetzigen Eigentümer laut Grundprotokoll zustehen ; Hachwährschaft wird nicht geleistet.

Art. 2. Der Bund übernimmt die vorbezeichneten Liegenschaften und Gebäude, sowie die Fahrhabe zu Eigentum ohne Leistung einer Barentschädigung, mit Ausnahme der nachstehend unter litt, c bezeichneten.

Dagegen übernimmt er folgende Gegenleistungen: a. Er verpflichtet sich, die Versuchsanstalt für Obst-, Weinund Gartenbau weiterzuführen, sowie den Bedürfnissen des Landes und den Fortschritten der Wissenschaft entsprechend auszubauen ; 6. er tritt an Stelle der interkantonalen Aufsichtskommission respektiv der beteiligten Kantone in die zur Zeit bestehenden Anstellungsverträge mit dem Direktor, sowie mit dem für die Versuchsanstalt benötigten Lehr-, Verwaltungs- und Dienstpersonal ein; c. er übernimmt die Bezahlung der beim Übergang der Versuchsanstalt noch bestehenden Schuld der bisherigen Konkordatskantone an die zürcherische Staatskasse für gewährte Vorschüsse im Betrage von höchstens Fr. 14,200 ; d. für den Fall, daß der bisherige Verband der Konkordatekantone oder ein Teil derselben sich entschließt, die Schulen für Obst-, Wein-und Gartenbau fortzuführen, so verpflichtet sich der Bund

341 auf die Dauer von 6 Jahren, vom Tag der Übernahme der Aiistalt an gerechnet, den Kantonen zu Fortführung der beiden Schulen das sogenannte Schulgebäude unentgeltlich mietweise zu überlassen, unter nachstehenden Einschränkungen : 1. Der Preßraum und der Gärkeller, sowie die Obstverwertungsräume im Parterre dieses Gebäudes bleiben der Versuchsstation zur Verfügung und können von der Schule nur mit Einwilligung der Versuchsanstaltsdirektion vorübergehend zu Lehrzwecken benutzt werden.

2. Das Laboratorium des Chemikers steht der Versuchsanstalt zur ausschließlichen Verfügung, bis ein neues Laboratorium bezogen werden kann.

3. Das Schülerlaboratorium wird gemeinschaftlich benutzt, von der Versuchsstation bei den kurzzeitigen Kursen, von der Schule für die Übungen der Schüler und die Vorbereitungen des Lehrers für Chemie. Während der Dauer der kurzzeitigen Kurse ist wie bisher der Unterricht der Schüler im Laboratorium auszusetzen.

4. Der große Lehrsaal im Schulgebäude bleibt der Versuchsanstalt reserviert zur Abhaltung der kurzzeitigen Kurse, sowie für Unterbringung von Sammlungsgegenständen.

5. Das Bibliothekzimmer wird vorläufig gemeinschaftlich benutzt; doch sind die Bibliotheken zu trennen und es steht die eine Schrankreihe der Versuchsanstalt, die andere der Schule zur Verfügung.

6. Die Reinigung der oberwähnten Parterreräume ist Sache der Versuchsanstalt, während die Schule für Keinhaltung des großen Lehrsaales und der Bibliothek zu sorgen hat.

7. An die Kosten für Heizung und Beleuchtung des Schulgebäudes haben die Kantone einen noch näher festzustellenden Anteil zu übernehmen.

8. Das bestehende Gewächshaus wird der Schule für den Unterricht im Gartenbau überlassen; doch hat die Versuchsanstalt das Recht, darin, wenn erforderlich, Versuchspflanzen aufzustellen.

9. Das schweizerische Landwirtschaftsdepartement wird dem Direktor und auf dessen Empfehlung hin den Beamten der Versuchsanstalt gestatten, an den Schulen für Obst-, Weinund Gartenbau wöchentlich im Maximum je 2 Stunden Unterricht zu erteilen.-

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10. Die kurzzeitigen Kurse, welche bisher abgehalten wurden, um die Interessenten mit den neueren Verfahren und Entdeckungen auf dem Gebiete des Obst-, Wein- und Gartenbaues, sowie den betreffenden Gewerben, bekannt zu machen, werden in Zukunft von der Versuchsanstalt auf Kosten des Bundes angeordnet werden.

11. Im übrigen übernimmt der Bund wie bisher die gesetzlichen Leistungen an die Kosten der Lehrkräfte und Lehrmittel der Schulen.

12. Der Bund wird den Schulen soviel wie möglich entgegenkommen; immerhin darf die Versuchsanstalt nicht durch die Schulen beeinträchtigt werden. Der Leiter derselben hat sich daher stets mit demjenigen der Versuchsanstalt über alles zu verständigen, was nicht die Schulen im engern Sinn und die Schuldisciplin betrifft.

Art. 3. Der Übergang der Anstalt und des Betriebes an den Bund findet am 1. September 1902 statt.

Art. 4. Sofern der Bund aus irgendwelchen Gründen dazu gelangen sollte, die Anstalt aufzuheben oder Maßnahmen zu treffen, welche einer Aufhebung gleich kämen, so fallen die vorstehend bezeichneten Liegenschaften und Gebäude, sowie sämtliche Fahrhabe, inbegriffen diejenige, welche als Ersatz für die jetzt übernommene angeschafft worden ist, ohne Entschädigung wieder als Eigentum an den Kanton Zürich zurück.

Für allfällig vom Bund erstellte Neubauten und zugekaufte Liegenschaften hat der Kanton Zürich eine billige Entschädigung zu leisten. Sollten sich die Kontrahenten über deren Höhe nicht einigen können, so wird dieselbe durch ein Schiedsgericht festgesetzt, für welches der Bundesrat und der zürcherische Regierungsrat je ein Mitglied und das Bundesgericht den Obmann ernennen.

Sollte von den beiden Schulen die eine oder andere oder beide zusammen vor oder mit dem Ablauf der 6 Jahre (Art. 2, litt, d) eingehen, so fällt die ihnen jetzt zugeschiedene und allfällig weiter angeschaffte Fahrhabe den Konkordatskantoncn zu.

Art. 5. Die notarialische Fertigung dieses Vertrages findet nach dessen Ratifikation durch die zuständigen Behörden statt.

Die Fertigungskosten trägt der Bund.

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B e r n , den 25. Februar 1902.

(L. S.)

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: (Gez.) Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: (Gez.) Bingier.

Z ü r i c h , den 20. Februar 1902.

(L. S.)

Namens des Regierungsrates des Kantons Zürich, Der Präsident: (Gez.) H. Ernst.

Der Staatsschreiber: (Gez.) Dr. A. Huber.

Der Kantonsrat hat vorstehendem Vertrag unter Vorbehalt des Ergebnisses der Volksabstimmung vom 27. April 1902 die Genehmigung erteilt.

Z ü r i c h , den 10. März 1902.

Namens des Kantonsrates des Standes Zürich, Der Präsident: (Gez.) H. Pestalozzi.

Der erste Sekretär: (Gez.) Dr. A. Huber.

Mit diesem Vertrag tritt der Kanton Zürich das herrlich gelegene, schöne Schloßgut Wädenswil nebst allen dazu erworbenen Immobilien und Mobilien dem Bunde zur Weiterführung

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der Versuchsanstalt für Obst>, Wein- und Gartenbau unentgeltlich ab.

Die Obst-, Wein- und Gartenbauschule wird vorläufig für die Dauer von sechs Jahren durch die Mehrheit der bisherigen Konkordatskantone in den bisherigen Lokalitäten fortgesetzt. Von der Schenkung ausgeschlossen ist deshalb nur das von den Schulen jetzt schon benützte, im Inventar ausgeschiedene Mobiliar.

Um Reibungen zwischen der eidgenössischen Versuchsanstalt und den Schulen zu vermeiden, ist im Art. 12 vorgesehen, daß erstere durch letztere nicht beeinträchtigt werden darf und daß der Leiter der Schulen mit demjenigen der Versuchsanstalt sich über alles zu verständigen hat, was nicht die Schulen im engeren Sinne, sowie die Schuldisciplin betrifft.

Wir beanstandeten im Vertrage hauptsächlich die Bestimmung unter Art. 2, litt, c, derzufolge der Bund eine Schuld der bisherigen Konkordatskantone von Fr. 14,200, bestehend in Vorschüssen, die von der zürcherischen Staatskasse seit Jahren vorzüglich zu gunsten des Koriviktes gemacht worden sind, zu übernehmen hat. Zürich sieht sich in der Unmöglichkeit, diesen Betrag von den Konkordatskantonen, die ihren Anteil an der Inventur im Schatzungswerte von Fr. 27,372 freiwillig zu schenken beschlossen haben, zurückzufordern, und den Kanton Zürich allein zu belasten, geht angesichts seiner bisherigen Leistungen nicht wohl an.

Im übrigen dürfte der Vertrag zu keinen besondern Bemerkungen Anlaß geben.

Was die zukünftige Organisation der Anstalt in Wädenswil anbelangt, so werden wir dieselbe durch eine Verordnung regeln.

Wir sind der Meinung, es solle an der bisherigen Einrichtung der Versuchsanstalt möglichst wenig geändert und hauptsächlich dafür gesorgt werden, daß der Direktor mehr Zeit für eigene Forschungsthätigkeit und für Anregung, sowie Überwachung der Thätigkeit der ihm als Adjunkte oder Assistenten I. Klasse untergebenen Laboratoriumsvorstände erhalte.

Sehr einengend dürfen die Vorschriften über die Organisation auch aus dem Grunde nicht sein, weil die Anstalt in leider allzunaher Zeit auch die Aufgabe wird übernehmen müssen, die Wiederbepflanzung der durch die Reblaus verwüsteten Rebberge der deutschen Schweiz mit widerstandsfähigen Reben mit Rat und That zu fördern. Die Aufgaben der Obst-, Wein- und

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Gartenbauversuchsanstalten sind überhaupt so eigenartige, daß sie nicht wohl an die land- und milchwirtschaftlichen Versuchsanstalten angegliedert werden können, sondern ihnen eine möglichst selbständige Stellung gewahrt werden muß.

Was die f i n a n z i e l l e F o l g e der Ü b e r n a h m e der Anstalt Wädenswil durch den Bund betrifft, so ist darüber folgendes zu sagen : Die Ausgaben für die Versuchsthätigkeit und die für die Lehrthätigkeit konnten in den Rechnungen nie reinlich ausgeschieden werden, schon aus dem Grunde, weil das angestellte Personal nach beiden Richtungen thätig war. Der Bund beteiligte sich je weilen zur Hälfte an sämtlichen Ausgaben für Lehrkräfte, Lehrmittel und die Versuche.

Diese Ausgaben beliefen sich : 1891 auf Fr. 35,043. 13 1892 ,, ,, 30,337. 63 1893 . . .

,, ,, 32,537. 74 1894 ,, ,, 33,118, 44 1895 ,, ,, 41,336. 82 1896 ,, ., 40,479. 20 1897 ,, '.n 45,451. 50 1898 ,, ,, 49,496. 31 1899 ,, ,, 47,016. 08 1900 ,, ,, 49,750. 05 1901 .,, ,, 51,099. 84 Von diesen Summen würde in Zukunft der auf Fr. 12,000 bis Fr. 15,000 berechnete Betrag der Auslagen abgehen, der den Konkordatskantonen für Lehrkräfte und Lehrmittel der auf deren eigene Rechnung betriebenen Schulen zufällt.

In der Voraussicht jedoch, daß das Personal der Versuchsanstalten vermehrt, sowie dem eidgenössischen Besoldungsgesetze unterstellt und die Versuchsthätigkeit erweitert werden muß, wird die jährliche Ausgabe des Bundes wohl kaum unter Fr. 50,000 geschätzt werden dürfen. Dazu kommen noch Ausgaben für den Unterhalt der Liegenschaften und des Mobiliars.

Als Einnahmen sind dagegen die Erträge des Gutsbetriebes, der Rebberge, der Erlös aus Reinhefen, Untersuchungsgebühren und dergleichen in Rechnung zu stellen.

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Da der Bund jetzt schon die Hälfte der Versuchskosten und der Besoldungen trug, sind die jährlichen Mehrausgaben auf ungefähr Fr. 25,000 zu veranschlagen.

Eine einmalige größere Ausgabe wird die Erstellung eines Gebäudes für die Laboratorien und eines Keltergebäudes mit Räumen für die Obstverwertungsapparate und eine Bronnerei verursachen.

Die Laboratorien für Pflanzenphysiologie, Pflanzenpathologie, sowie die gärungstechnischen Arbeiten und das Bureau für die Anstaltsverwaltung waren bis jetzt im Erdgeschoß des Direktionsgebäudes untergebracht, das -- weil seiner Zeit als Wohnhaus gebaut -- hierfür durchaus ungeeignet ist. Die Zimmer sind zu klein, zu niedrig und hauptsächlich zu dunkel.

Im frühern Stallgebäude ist ein Schülerlaboratorimn mit 26 Arbeitsplätzen eingerichtet worden. Daneben steht ein einziger, beschränkter Raum für die chemischen Wagen, die Apparate, Reagentien und Chemikalien zur Verfügung, der zugleich dem Austaltschemiker als Laboratorium dienen muß.

Da diese beiden Räume von den Schulen und für die kurzzeitigen Kurse in Anspruch genommen werden müssen, ist kein Raum mehr vorhanden, der für den Anstaltschemiker als Laboratorium eingerichtet worden könnte. Sollen daher die Arbeiten der Anstalt nicht einen lang andauernden Unterbruch erleiden, so ist die sofortige Inangriffnahme eines Neubaues für die Laboratorien dringend notwendig.

Wir haben deshalb schon am 28. April laufenden Jahres, am Tage nach der zürcherischen Volksabstimmung, durch unsere Direktion der eidgenössischen Bauten und unser Landwirtschaftsdepartement in Verbindung mit der Direktion der Anstalt in Wädensweil die Aufstellung eines Bauprojektes veranlaßt.

Der Neubau würde 26 X 14 Meter Grundfläche, einen Kellerraum, ein Erdgeschoß, einen Stock und einen Dachraum erhalten und auf einen noch /u erwerbenden, südöstlich der bisherigen Anstaltsgebäude liegenden Bauplatz zu stehen kommen.

In demselben sollen das chemische, das pflanzenphysiologische und pathologische, sowie das gärungstechnische Laboratorium, mit den notwendigen Hülfsräumen : Wagezimmer, Verbrennungszimmer, Spülzimmer, Dunkelräume, Brut- und Gärraum, Aufbewahrungsräume für Apparate, Chemikalien und Vorräte, sowie eine Dachwohnung für den Abwart untergebracht werden.

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Obwohl bei den Ausmaßen der einzelnen Räume, sowie bei der ganzen Anlage möglichste Sparsamkeit zur Richtschnur diente, wird die Anstalt doch ein gefälliges, praktisches und ihren Bedürfnissen für längere Dauer genügendes Laboratoriumsgebäude erhalten, in dem sich fern vom Geräusch und Staub des Verkehrs, bei viel Luft und Licht ruhig und bequem arbeiten und forschen läßt.

Sehr beschränkt und unzweckmäßig sind auch die Räume für die Obstverwertung, und namentlich ein Obstkeller wird für die Anstalt schwer vermißt.

Es wird nun beabsichtigt, im untern Teil des Gutes, in der Nähe der Rebberge und der Obstbäume ein Keltergebäude, mit Keller, Preß- und Gärraum, mit Tresterbehältern aus Beton, mit einem kleinen Bureau, einer Geschirrkammer, sowie mit einer kleinen Brennerei zu erstellen.

Der 96 m 2 messende Gärraum würde im Frühjahr zum Einschlagen von Reben und als Arbeitsraum zum Pfropfen und Veredeln der Reben, sowie bei Kursen zur Demonstration des Schönens, Filtri erens etc. der Obst- und Trauben weine dienen.

Die Baukosten sind veranschlagt: 1. Laboratoriumsgebäude 5400m 8 zu Fr. 30. -- 2. Keltergebäude 3950 m9 zu Fr. 20. -- ...

3. Bauplatz und Verbesserung der Zufahrtsstraße

Fr. 162,000 ,, 79,000 ,, 9,000 Fr. 250,000

Das Erdgeschoß des Schlosses oder Direktionsgebäudcs würde dann das Bureau für den Sekretär wie bisher, die Bibliothek, die Sammlungen von Pflanzenkrankheiten, von Bakterien, von Hefen, die Einrichtung für die Photographie und ein Zimmer für den Direktor, sowie für Besuche und Konferenzen aufnehmen, somit voll ausgenützt werden.

Im ersten und zweiten Stock verbleiben die Wohnungen des Direktors und des Chemikers wie bisher.

Alle Gebäude scheinen solid ausgeführt, keiner kostspieligen Reparaturen zu bedürfen und für eine längere Dauer den Zwecken der Versuchsanstalt, sowie der Schulen zu genügen.

Die Kosten der innern Einrichtung veranschlagen wir nach Analogie mit denjenigen der Anstalt Liebefeld auf Fr. 32,000.

Es ist somit voraussichtlich mit einer einmaligen Ausgabe von Fr. 282,000 für die beiden erwähnten Neubauten, um deren

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Bewilligung wir Sie hiermit ersuchen, kein wesentlich in die Wagschale fallendes weiteres Kreditbegehren für Bauten oder größere Reparaturen zu befürchten, und die finanziellen Folgen der Übernahme der Anstalt durch den Bund können folglich ziemlich genau Übersehen werden, zumal es in Ihrer Macht steht, die künftigen Betriebsbudgets endgültig festzustellen. Freilich -- das Geschenk, so wert- und prachtvoll es ist, wird den Bund immerhin mit neuen Ausgaben belasten. Aber einerseits werden dadurch 15 Kantone von Ausgaben entlastet, die sie nicht übernommen hätten, wenn das Bundesgesetz betreffend die Förderung der Landwirtschaft schon zur Zeit der Anstaltsgründung in Kraft gewesen wäre. Andererseits wird die Versuchsanstalt Wädenswil unter der Leitung des Bundes voraussichtlich mehr leisten können und mehr leisten zu gunsten wichtiger und -- was namentlich den Weinbau betrifft -- notleidender Betriebszweige.

Die Übernahme der Versuchsanstalt durch den Bund sichert auch -- wenigstens auf sechs Jahre hin -- das Fortbestehen der Wein-, Obst- und Gartenbauschule, die berufen ist, Wanderlehrer, sowie Lehrmeister für diese teilweise sehr vernachlässigten Berufszweige heranzubilden, was zur Zeit keine andere Anstalt in der deutschen Schweiz zu übernehmen im stände wäre.

Die Ablehnung des Vertrages würde ohne Zweifel die Auflösung der ganzen Anstalt zur Folge haben, und ebenso sicher müßte früher oder später der Bund an eine Neugründung gehen, die viel schwerere Opfer fordern würde, weil jetzt ein vorzüglich geeignetes Gut mit passenden Einrichtungen und Mobiliar unentgeltlich zur Verfügung steht.

Wir empfehlen Ihnen daher die Genehmigung des mitfolgenden Bundesbeschlusses.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 17. Mai 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zeinp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

.

Bundesbeschluß betreffend

die Übernahme der Versuchsanstalt für Obst-, Weinund Gartenbau in Wädenswil durch den Bund und die Bewilligung eines Kredites für die Errichtung eines Laboratoriums und eines Keltergebäudes.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der sch-weizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 1902; in Ausführung des Art. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund vom 22. Dezember 1893, beschließt: 1. Dem ,,Vertrag zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kanton Zürich betreffend Abtretung der interkantonalen deutschschweizerischen Versuchsstation für Obst-, Weinund Gartenbau in Wädenswil an den Bund und deren Fortbetrieb als eidgenössische Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau", abgeschlossen zwischen dem Bundesrat und dem Regierungsrat des Kantons Zürich am 25. /20. Februar \ 902, genehmigt vom Kantonsrat und vom Volke des Kantons Zürich am 10. März und 27. April gleichen Jahres, Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. III.

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wird die Genehmigung erteilt und ein Kredit von Fr. 14,200 für die in diesem Vertrag vereinbarte Zahlung des Bundes an den Kanton Zürich bewilligt.

2. Die Anstalt wird unter der Bezeichnung : ,,Schweizerische Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil"1 dem schweizerischen Landwirtschaftsdepartement unterstellt.

3. Der Bundesrat wählt eine Kommission zur Beaufsichtigung der Verwaltung dieser Anstalt.

4. Eine vom Bundesrat aufzustellende Verordnung setzt die Organisation der Anstalt und die Kompetenzen der Aufsichtskommission fest.

5. Für die Erstellung, sowie die innere Einrichtung eines für die Anstalt zu errichtenden Laboratoriums und eines Keltergebäudes wird ein Kredit von Fr. 282,000 bewilligt.

6. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlich, sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Übernahme der interkantonalen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil durch den Bund. (Vom 17. Mai 1902.}

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21.05.1902

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