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Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. II.

Nr. 19.

5. Mai 1888.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expédition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpfischen Buchdruckerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahr

1887.

V. Geschäftskreis des Departements des Innern.

I. Centralverwaltung 1. Referendumsangelegenheiten, eidgenössische Wahlen und Abstimmungen.

Im Berichtjahre wurde das Schweizervolk dreimal in eidgenössischen Angelegenheiten zur Urne gerufen, nämlich : 1) am 15. Mai zur Abstimmung über das Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser, vom 23. Dezember 1886 ; 2) am 10. Juli zur Abstimmung über den Bundesbeschluß vom 28. April 1887, betreffend Ergänzung des Art. 64 der Bundesverfassung (Erfindungsschutz) ; 3) am 30. Oktober behufs Vornahme der Neuwahlen für die XIV. Amtsperiode des Nationalrathe und Erneuerung der eidgenössischen Geschwornenlisten Ueber das den beiden Vorlagen günstige Ergebniß haben wir Ihnen durch Botschaften vom 9. Juni und 16. August 1887, über die Nationalrathswahle unterm 29. November Bericht erstattet.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

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682 Hieran knüpfen wir folgende Mittheilungen. Wie aus einer Zuschrift des Gemeinderathe von Seedorf (Bern) hervorging, war auf einem aus jener Gemeinde stammenden Referendumsbogen, betreffend das Alkoholgesetz, die Unterschrift des Gemeindevorstandes, durch welche gemäß Artikel 5, Alinea 3, des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 (Amtl. Samml. n. F. I, 116) die Stimmberechtigung bezeugt war, gefälscht. Wir haben hievon der Regierung von Bern, unter Mittheilung des fraglichen Unterschriftenbogens, im Sinne von Art. 4 der Verordnung betreffend Begehren um Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse und um Revision der Bundesverfassung, vom 2. Mai 1879 (Amtl. Samml.

n. F. IV, 1881), Kenntniß gegeben, mit der Einladung, eine Untersuchung zu veranlassen und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Die Untersuchung ist noch nicht zum Abschlüsse gelangt.

Eine Anfrage des Staatsrathes des Kantons Wallis, welche Erfordernisse Angehörige anderer Kantone, welche dort an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen theilnehme wollen, zu erfüllen haben, wurde unter Hinweis auf Art. 74 der Bundesver-fassung, Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872, sowie auf unsern Entscheid vom 6. Februar 1885 in Sachen der Beschwerde von Lugano (Bundesblatt 1885, I, S. 360) und auf dio in unserem Bericht an den Nationalrath vom 21. Dezember 1886 enthaltenen Ausführungen beantwortet.

Das auf Abänderung der Wahlkreiseintheilun für die Nationalrahtswahlen (Revision des Bundesgesetzes vom 3. Mai 1881) gerichtete Postulat vom 22. Juni 1885 hat vorläufig durch Ihren Beschluß vom 29. April 1887, wonach vor Allem aus eine eidgenössische Volkszählung vorzunehmen ist, seine Erledigung gefunden.

Zur Ausführung des vom Nationalrathe unterm 6. Dezember angenommenen Postulates, betreffend Ermöglichung der Stimmabgabe seitens der Angestellten der Eisenbahnen u. s. w., sind die nöthigen Vorkehrungen getroffen.

2. Organisation und Geschäftsgang.

Herr Georg Albert Pfund von Uuter-Hallau, seit 9. Januar 1885 erster Departementssekretär, ist am 27. Dezember gestorben.

Die Wiederbesetzung der Stelle fällt in's folgende Jahr.

Von der Ansicht ausgehend, daß den vielfachen Klagen über Bevorzugung einzelner Druckereien durch Errichtung einer Bundesdruckerei ein Ende gemacht werden könnte, hatte die nationalräthliche Kommission für die Prüfung unserer Geschäftsführung im

683

Jiihre 1886 den Wunsch zu erkennen gegeben, wir möchten jene Frage näher in's Auge fassen.

Wir haben nicht ermangelt, diesem Wunsche nachzukommen, allein finden müssen, daß ein derartiges Vorgehen, weit enti'ernt, jenen Klagen ein Ende zu machen, die Zahl der Unzufriedenen uothwendig vermehren würde. Denn nicht nur würden mit Errichtung einer solchen Bundesdruckerei vielfache Privatinteressen schon dadurch verletzt, daß man einer Reihe von Privaten die Druckarbeiten entzöge, die man ihnen bis jetzt überlassen hat, sondern es liegt auf der Hand, daß ihnen jene Druckerei bald und oft genug in noch empfindlicherer Weise Konkurrenz zu machen genöthigt wäre. Die Druckarbeiten, deren die Bundesverwaltung bedarf, bleiben sich nicht Jahr für Jahr gleich. Die Rechnungen zeigen ganz bedeutende Differenzen. Bei dem Drucksachenbüdget der ïaundeskanzlei allein können sie Fr. 20,000 und mehr vou einem Jahr zum andern betragen. Nun aber könnte die Bundesdruckerei ihre Beamten und Arbeiter nicht von einem Jahre zum andern aus dem Grunde entlassen, weil in diesem zufällig weniger zu thun wäre, als im vorhergehenden. Auf der anderen Seite könnte mau die Leute nicht unthätig lassen. Da man auch nicht auf Vorrath drucken kann, wie man in den eidgenössischen Pulvermühlen und Laboratorien Pulver und Munition auf Vorrath fabrizirt, so würde nichts Anderes erübrigen, als, wenn die Bundesarbcit ausgegangen, nach anderer Arbeit sich umzusehen. Man kann sich leicht vorstellen, welche Klagen da ertönen würden. Auch will uns scheinen, daß ein solches Sichhineindrängee in den Wettbewerb des um seine Existenz kämpfenden Privaten des Bundes nicht würdig wäre. Wir finden den Regiebetrieb -- einzelne Ausnahmen abgerechnet -- überhaupt nur da gerechtfertigt, wo damit ein eigentliches Monopol verbunden ist, infolge dessen die Privatthätigkeit ausgeschlossen erscheint und ein Wettbewerb des Bundes von vornherein wegfällt.

Was endlich die finanzielle Seite betrifft, so genüge es, darauf hinzuweisen, daß eine derartige Einrichtung einem ganzen großen Stab neuer ßundesbeamten rufen und die Pacht, den Ankauf, oder gar den Neubau eines eignen Druckereigebäudes, die Acquisition von so und so viel Druckerpressen, Lettern u. s. w. nothwendig machen würde. Daß dabei der Bund Ersparnisse erzielen würde, ist kaum anzunehmen; denn der alte
Erfahrungssatz, daß der Staat theurer arbeitet als der Privatmann, dürfte gerade bei einem solchen Geschäfte sich bewahrheiten.

Aus diesen Gründen sind wir zu der Ansicht gelangt, es sei der in Frage stehenden Anregung der nationalräthlichen Geschäftsprüfungskommission für einmal keine weitere Folge zu geben.

684 3. Bundeskanzler I. Sitzungen der Räthe und deren Protokolle.

A. Gesetzgebende Räthe.

Im Jahr 1887 wurden 3 Sessionen abgehalten, nämlich vom 12. bis 30. April, vom 6. Juni bis 1. Juli und vom 5. bis 24. Dezember, in welcher Zeit der Nationalrath 61, der Ständerath 56 und die Vereinigte Bundesversammlung 2 Sitzungen hielten. Die Sitzungen der letzteren fanden den 13. und 15. Dezember statt.

B. Bundesrath.

Der Bundesrath hielt 108 Sitzungen und behandelte 6641 Geschäftsnummern (1886: 5975). Die Zahl der zur Erledigung dieser Geschäfte ausgegangenen Schreiben beträgt 8178 (1886: 6956).

C. Protokolle.

Der Stand der Reinschrift der Protokolle der Vereinigten Bundesversammlung, des National-, des Stünde- und des Bundesrathes, sowie des Missivenbuches erhellt aus einer für die Geschäftsprüfungskommission bereit gehaltenen Tabelle.

D. Register.

Die Register der Bundesversammlung, des National- und des Ständerathes, sowie diejenigen des Bundesrathes und der Bundeskanzlei sind nachgeführt.

Laut den Kontrolen der Registratur sind während des Berichtjahres 6541 Schreiben an den Bundesrath gelangt (1886: 6409) und den einzelnen Departementen überwiesen worden.

II. Uebrige Kanzleiarbeiten.

Die Bundeskanzlei behandelte von sich aus 2308 Geschäftsnummern (1886: 1936), zu deren Erledigung 2584 Schreiben erforderlich waren.

G e r i c h t l i c h e E r ö f f n u n g e n wurden bestellt: für Frankreich 614 ,, Oesterreich-Ungarn .

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565)

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9,334) 2,940)

13,765 (1886: 13,387)

Bndlich wurden 68 R o g a t o r i e n schweizerischer Gerichte an ausländische vermittelt (1886: 57); bei 10 weitern waren die Vollzugsakten bis Ende des Jahres noch nicht zurückgekommen.

B e g l a u b i g u n g e n v o n U n t e r s c h r i f t e n wurden 2454 ertheilt (1886: 2,667).

Ueber den Stand aller auf der Kanzlei geführten Bücher und Kontrolen gibt die Beilage Auskunft.

III. Drucksachen.

Was die Drucksachen anbetrifft, so wurden vom Bundesblatt, welches in 4 starken Bänden 2633/s deutsche und 250 französische Druckbogen, sowie ungemein viele Beilagen enthält, 2369 abonnirte und 1120 Gratisexemplare, zusammen 3489 Exemplare ausgegeben.

Vom X. Bande der eidgenössischen Gesetzsammlung, neue Folge, sind im Berichtjahre 29 deutsche, 25 französische und 26 italienische Bogen gedruckt worden.

Von der Eisenbahnaktensammlung wurden 293/4 Bogen in deutscher Sprache und 30 in französischer Sprache gedruckt.

4. Archive und Münzsammlung.

Die im Berichtjahre an die Hand genommene Erstellung eines Generalregisters z u d e r A m t l i c h e n S a m m l u n g d e r a l t e r n e i d g e n ö s s i s c h e n A b s c h i e d e konnte wegen andauernder Verhinderung des Bearbeiters infolge von Krankheitsumständen nicht in normalem Maße gefördert werden. Die Bearbeitung gedieh nicht über den zweiten Band hinaus. Dagegen wurde für die Supplemente zu dem Abschiedewerk ein gutes Stück neues Mamiscript aus verschiedenen Archiven der Eantone Luzern, Schwyz, Zug und St. Gallen zu Stande gebracht.

686 Die Arbeit für die A k t e n s a m m l u n g aus der Z e i t d e r h e l v e t i s c h e n R e p u b l i k schritt i n regelmäßigem Gange vor, so daß der II. Bund (155 Bogen im Drucke vollendet werden konnte und dur Beginn des III. für das Frühjahr 1888 gesichert ist. Das im Laufe des Jahres neu entstandene Manuscript dürfte reichlich 94 Bogen füllen : davon kommt jedoch ein Theil nicht sofort zum Drucke. sondern wird für spätere Publikationen und spezielle Studien aufbewahrt, bleiben müssen. Es gilt dies auch für die früher absovirten Theile des Werkes und in wenigstens gleichem Maße für die nächstfolgende Partie, deren Bewältigung bei dem massenhaften Stoffe immer schwieriger zu werden droht.

Für die Abschriftensammlun aus den P a r i s e r n r c h i v e n wurde während des Berichtjahres im Staatsarchiv, im Archiv des auswärtigen Amtes und auf der Nationalbibliothek mit vier Kopisten gearbeitet ; die Ausbeutung der Akten des Kriegsministeriums dagegen mußte einstweilen eingestellt werden. Als Gesamtergebniss der Kopiaturarbei liegt ein Manuscript von 5986 Seiten vor, das sich der Hauptsache nach auf die Zeit bis 1610 erstreckt, theilweise aber auch noch weiter heruntergeht. Neben dieser auf die Abschriftnah gerichteten Thätigkeit ging der Druck des III. Bandes des Inventaire sommaire einher, der bis zu Bogen 33 gefördert worden und zur Zeit dem Abschlüsse nahe ist.

Wie schon im vorhergehenden Jahre, blieb auch jetzt noch die Durchführung der Akteneinordnung aus der XI. Amtsperiode d i e w e s e n t l i c h s t e A u f g a b e d e s Archivariats Es wurde damit bis an einen Theil der innern Angelegenheiten der Abschluß erreicht. Daneben sind die neu ans Archiv gelangten Materialien: Urkunden, Protokolle, Staatsrechnungsbelege, Imprimate u. s. w., betreffenden Orts eingereiht und in die bestehenden Verzeichnisse eingetragen worden. -- Die Benutzung des Archivs durch die Behörden und Privatpersonen war eine so ausgedehnte, wie nie zuvor. Die herausgegebenen Akten belaufen sich auf 10,034 Stücke, eine Zahl, die früher nie erreicht worden ist. Der hiefür erforderliche Zeitaufwand war für das Archivariat um so spürbarer, als es wegen andauernder Krankheit des Gehülfen während des ganzen Jahres mit reduzirtem Personal arbeiten mußte.

Der Zuwachs in die e i d g e n ö s s i s c h e M ü n z - u n d
M e d a i l l e n s a m m l u n g betrug im Berichtjahre 50 Stücke im Metallwerthe von Pr. 70. Dadurch stieg der Gesammtbestand der Sammlung auf 9648 Stücke und ihr Metallwerth auf Fr. 17,370.

Einige Stücke des Jahreszuwachses kamen der Sammlung schenkuugsweise zu. und es sind als Donatoren zu nennen die h. Regierung

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von Obwalden, ferner die Herren Dr. Edmund von Fellenberg und Eduard von Jeuner, Ersterer Direktor und Letzterer Kustos der bernischen Alterthümersammlung, und Joseph Durrer, Adjunkt des eidgenössischen statistischen Bureaus.

5. Bibliothek.

Durch die Unterbringung gewisser Verwaltungsabtheilungen außerhalb des Bundesrathhauses sind für die Bibliothek wieder einige Zimmer gewonnen worden, so daß es nach und nach möglich werden wird, die ganze Büchersammlung zu konzentriren, d. h.

in mehreren an einander stoßenden Räumen aufzustellen. Es ist dies um so erwünschter, als ohnehin die Verhältnisse der Bibliothek immer komplizirter werden. Die Zahl der Bände, welche vordem 12,000--15,000 betrug, ist seit 10 Jahren auf das Doppelte angewachsen ; die Frequenz der Bibliothek hat sich während dieser Zeit verdreifacht und belief sich letztes Jahr auf 2500 Bände.

Zieht man in Betracht, daß der Bibliothekar noch bei den ebenfalls in Zunahme begriffenen Departementsgeschäften mitzuwirken und namentlich die Registratur und das Rechnungswesen zu besorgen hat, so ist einleuchtend, daß es ihm nicht immer möglich ist, der Bibliothek die erforderliche Aufmerksamkeit zu schenken.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

1. Primarunterricht.

Mit Eingabe vom 21. Oktober beschwerte sich der Gemeinderath der Stadt Freiburg darüber, daß der dortige Staatsrath sich das Recht angemaßt habe, von sich aus, und ohne ihn zu begrüßen, einen Direktor für die öffentlichen Primarschulen der Stadt aufzustellen und zu wählen. Er bestritt, gestützt auf Art. 9, 51 und 77 der Kantonsverfassung und 4, 5 und 6 b der Bundesverfassung, der Regierung dieses Recht und beanstandete im Weiteren die in der Person des Abbé Morel getroffene Wahl, weil dieser bezüglich der Einrichtung und Leitung der Schule Auffassungen und Absichten bekundet habe, deren Verwirklichung die öffentlichen Schulen von Freiburg in entschiedenen Gegensatz zum Art. 27 der Bundesverfassung bringen müßte. Wir haben unter dem 15. November beschlossen, auf diese Beschwerde nicht einzutreten, weil uns einer-

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seits, soweit dieselbe sich auf Art. 9, 51 und 77 der Kantonsveri'assung und 4, 5 und 6 b der Bundesverfassung stützte, keine Kompetenz zustand, während andererseits die Frage, ob die vom Freiburger Staatsrathe getroffene Wahl mit der Vorschrift des Art. 27, Abs. 3, der Bundesverfassung vereinbar sei, von uns eventuell erst dann hätte geprüft werden können, wenn die kompetente Behörde über die konstitutionelle Berechtigung des Staatsraths zur Einsetzung und Wahl eines Primarschuldirektors in Freiburg entschieden haben würde.

Der katholische Primarschulrath von Lichtensteig beschwerte sich im Namen der katholischen Schulgemeinde daselbst gegen einen Beschluß des Großen Käthes des Kantons St. Gallen vom 26. November 1886, durch welchen die Uebernahme des gesammten Primarschulwesens der Gemeinde durch eine aus den Bürgern der evangelischen und der katholischen Schulgemeinde zu konstituirende bürgerliche Schulgemeinde sanktionirt wurde.

Die Erledigung dieses Rekurses fällt in's folgende Jahr.

Die mit Frankreich angeknüpften Verhandlungen zum Zwecke einer besseren Durchführung des Schulzwanges an der schweizerischfranzösischen Grenze (zu vergi, der Geschäftsbericht pro 1886, Bundesblatt 1887, l, S. 512) führten am 14. Dezember zum Abschlüsse einer Uebereinkunft, welche bereits Ihre Genehmigung erhalten hat.

2. Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berofsarten ausüben; Medizinalprüfungen.

Die Verhandlungen mit Frankreich behufs Abschlusses einer Uebereinkunft, betreffend die gegenseitige Zulassung des Medizinalpersonals an der Grenze zur Ausübung der Praxis, haben wegen der französischerseits erhobenen Schwierigkeiten im Berichtjahre noch nicht zum Abschlüsse geführt werden können.

Dagegen ist die italienische Regierung, welche im Jahre 1884 es abgelehnt hatte, zu einer derartigen Uebereinkunft Hand zu bieten, mit Note vom 27. Juni auf die Angelegenheit zurückgekommen und hat sich bereit erklärt, in Unterhandlungen ein/utreten und unter Vorbehalt unwesentlicher Modifikationen eine der deutschschweizerischen Uebereinkunft vom 29. Februar 1884 analoge Konvention abzuschließen.

Wir haben die betheiligten Kantone Graubüuden, Wallis und Tessin zur Vernehmlassung hierüber eingeladen und werden, so-

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bald die Antworten eintreffen, nicht ermangeln, die schweizerische Gesandtschaft in Rom mit entsprechenden Instruktionen und Vollmachten zu versehen.

Was die Frage des Abschlusses eines Reziprozitätsvertrages, mit England für die Ausübung des ärztlichen Berufes betrifft, so befindet sich dieselbe noch im Stadium der Vorprüfung.

Bei Anlaß eines Spezialfalles, wonach ein gewisser H. S. aus Berneck (St. Grallen), gestützt auf ein ihm vom Sanitätsrath des Kantons St. Gallen ausgestelltes Fähigkeitszeugniß in der niederen Chirurgie (Zahnausziehen, Aderlassen etc.), das Recht beanspruchte,,, gemäß der schweizerisch-österreichischen Uebereinkunft vom 29. Oktober 1885 im Grenzort Lustenau (Vorarlberg) die Praxis auszuüben , stellte die k. k. österreichisch-ungarische Gesandtschaft die Anfrage, ob unter den im erwähnten Uebereinkommen angeführten schweizerischen Wundärzten die auf Grund eines schweizerischen Sanitätsrathszeugnisses bloß zu Verrichtungen in der niederen Chirurgie befugten Personen gemeint seien, oder ob es in der Schweiz riebst diesen auch besonders zur Ausübung der ärztlichen Praxis autorisirte oder approbirte Wundärzte gebe.

Wir haben hierauf erwidert, daß die sogenannte niedere Chirurgie (Bader, Feldscheerer) nach hierseitiger Auffassung nicht unter die im mehrerwähnten Uebereinkommen aufgezählten medizinischen Berufsarten, sondern unter die Kategorie der ,,Gewerbe" falle und darnach zu behandeln sei.

Der Apotheker J. Mikolajczak aus preußisch Polen, wohnhaft in Laufenburg, beschwerte sich mit Eingabe vom 24. August darüber, daß ihm entgegen dem § l des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrags für die Apothekerprüfung als Ausländer die doppelte Gebühr, welche Schweizer zu bezahlen hätten, abgefordert worden sei.

Wir haben unter dem 14. September diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil die dem Rekurrenten als Ausländer auferlegte doppelte Prüfungsgebühr in Art. 38 der Verordnung für die eidgenössischen Medizinalprüfungen vom 2. Juli 1880 (A. S.

n. F. V, 113) begründet ist, und weil der im Art. l des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrags vom 27. April 1876 ausgesprochene Grundsatz der Gleichberechtigung der beiderseitigen Staatsangehörigen nur in Bezug auf die Ausübung ^jeder Art von Gewerbe und Handel" gilt, während wissenschaftliche Berufsarten, deren Ausübung vom Staate an bestimmte Befähigungsausweise geknüpft ist, allgemein als nicht unter den Begriff des ,,Gewerbesa fallend angesehen werden.

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Gestützt auf Art. 74 der Verordnung für die eidgenössischen Medizinalprüfungen vom 2. Juli 1880, durch welchen Sie uns ermächtigten, später allfällig nothwendig werdende Aenderungen derselben von uns aus vorzunehmen, haben wir jene Verordnung einer Revision unterworfen und durch Aufnahme von Bestimmungen über die Prüfung und Patentirung der Zahnärzte (s. Bundesgesetz vom 21. Dezember 1886 betreffend Ausdehnung desjenigen vom 19. Dezember 1877 auf die Zahnärzte) ergänzt. Diese revidirte Verordnung wird voraussichtlich mit dem 1. April 1888 in Kraft treten.

Der Personalbestand des leitenden Ausschusses für die eidgenössischen Medizinalprüfungen hat im Berichtjahre keinerlei Veränderungen erfahren. Die Stelle des Centralpräsidenten nimmt Hr. L. Meyer, Sauitätsrath in Zürich, diejenige des Vizepräsidenten Hr. Dr. Challand, Direktor der Irrenanstalt Bois de Cery bei Lausanne, ein.

Die im Berichtjahre abgehaltenen 338 Prüfungen finden sieh in den beiden umstehenden Tabellen nach Kategorien, Prüfuugssitzen und Ergebnissen, sowie nach der Heimathörigkeit der geprüften Personen ausgeschieden.

Eidgenössische Medizinalprüfungen 1887.

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692 Sämmtliche Prüfungen (nicht Personen), genügende und ungenügende , vertheilen sich nach der Heimatangehörigkeit der geprüften Personen folgendermaßen : Basel.

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3. Zivilstand und Ehe.

Ein Schweizerbürger in St. Petersburg wünschte sich mit einer von ihrem Mann von Tisch und Bett gerichtlich getrennt lebenden Oesterreicherin, katholischer Konfession, zu verehelichen. Da jedoch die russischen Behörden ihre Mitwirkung hiezu verweigerten, es wäre denn, daß die Braut zu einer andern Konfession übertreten würde, so wandte sich der Bräutigam durch Vermittlung des schweizerischen Generalkonsuls an uns mit dem Ersuchen, wir möchten diesem die Ermächtigung ertheilen, die Trauung nach schweizerischem Gesetz selbst vorzunehmen.

Diesem Begehren haben wir indessen nicht entsprochen, weil die Braut nach dem vorgelegten Urtheil nicht als definitiv geschieden betrachtet werden konnte.

Ein Schweizer in Konstantinopel ersuchte das schweizerische Generalkonsulat in Bukarest um dessen Dazwischenkunft beim griechischen Patriarchen in jener Stadt, um eine geheime Ehe, welche der Gesuchsteller mit Hülfe eines wandernden griechischen Priesters am 16. Mai 1875 mit seiner Maitresse, einer Türkin, eingegangen hatte, als ungültig erklären zu lassen. Diese Ungültigkeitserklärung -- führte Petent aus -- sei ihm vom französischen Konsulat abverlangt worden, als er in seiner Eigenschaft als französischer Schutzgenosse seine im Oktober 1886 mit einer Italienerin vor einem katholischen Priester abgeschlossene Ehe ins Konsulatsregister habe eintragen lassen wollen.

Dem schweizerischen Generalkonsul in Bukarest, welcher sich diesfalls an uns mit dem Gesuche um Weisungen wandte, gaben wir folgende Antwort: Die von einem Schweizer im Ausland abgeschlossene Ehe müsse zufolge Art. 54 der Bundesverfassung in der Schweiz anerkannt werden, wenn dieselbe nach den am Eheschließungsorte bestehenden Vorschriften eingegangen worden sei.

Handle es sich dabei um ein nichtchristliches oder halbzivilisirtes Land, in welchem die Schweiz keine eigene Vertretung besitze, so habe die Ehe in der Schweiz Gültigkeit, wenn sie in einer Weise abgeschlossen worden sei, die von demjenigen Staate, unter dessen Schutz der betreffende schweizerische Angehörige stehe,cim Spezialfall also von Frankreich, als gültig angesehen werde. Nun sei aber der Bundesrath durchaus nicht in der Lage, beurtheilen zu können, ob fragliche Ehe in der Türkei, beziehungsweise in Frankreich, als rechtsgültig eingegangen betrachtet werde
und somit auch in der Schweiz anzuerkennen sei oder nicht.

Die spanische Gesandtschaft hat mit Nòte vom 15. April ein Rogatorium des Richters I. Instanz des Bezirkes Magdalena in der

694 Stadt Sevilla an die zuständige Behörde übermittelt, in welchen) die Frage aufgeworfen wird, ob eine am 14. Oktober 1878 durch den englischen Konsul in Genf zwischen einem Italiener und einer Engländerin vollzogene Ehe nach Maßgabe des seit 1. Januar 1876 in Kraft getretenen Bandesgesetzes betreffend Feststellung und Beurkunduug des Zivilstandes vom 24. Dezember 1874 gültig, resp.

ob der englische Konsul nach dem in der Schweiz geltenden Rechte befugt gewesen sei, diese Ehe zu vollziehen. Wir haben hierauf erwidert, daß fragliche Ehe in der Schweiz nicht als gültig o o o anerkannt werden könne, weil das schweizerische Bundesgesetz vom 24. Dezember 1874 den in der Schweiz residirenden Konsuln auswärtiger Staaten die Befugniß zur Vornahme zivilstandsamtlicher Funktionen nicht einräume. Diese Erklärung, welche durch die Presse bekannt gemacht wurde, veranlaßte die großbritannisehe Gesandtschaft, bei uns wiederholt vorstellig zu werden. In einer Note vom 21. Mai bestritt sie die Richtigkeit unseres Standpunktes, indem sie sich darauf berief, daß die Befugniß zur Vornahme von Trauungen zwischen britischen Unterthanen oder zwischen britischen Unterthanen und Angehörigen anderer Staaten, den britischen Konsuln nach Erlangung des Exequatur nicht etwa kraft schweizerischen Gesetzes oder Ermächtigung durch eine Bundesbehörde, sondern kraft der Akte 12 und 13, Victoria, Kapitel 68, zustehe. Uebrigens sei auch der Bundesrath durch Art. 13 des Bundesgesetzes vom 24. Dezember 1874 ermächtigt, den schweizerischen Konsuln, wo dies für gut befunden werde, das Recht zu ertheilen, Trauungen zwischen Schweizern und zwischen Schweizern und Ausländern vorzunehmen.

Wir haben hierauf erwidert: Das Bundesgesetz über den Zivilstand und die Ehe sei öffentliches Recht der Schweiz und finde auf alle im Gebiet der Eidgenossenschaft abgeschlossenen Ehen Anwendung. Die den britischen Konsuln eingeräumten Kompetenzen könnten daher nur dann zur praktischen Anwendung kommen, wenn dieselben durch besondere Verträge ausdrücklich vorbehalten wären. Dies sei aber nicht der Fall, und es seien daher alle ohne Beobachtung des inländischen Gesetzes zu Stande gekommenen Ehen der Anfechtung ausgesetzt. Eine solche Anfechtung könne eintreten, auch wenn bei der Konsulareheschliessung keiner der zu trauenden Gatten Angehöriger der Schweiz
sei, und es werde dann im einzelnen Falle auf Klage hin Sache des schweizerischen Gerichtes sein, die Frage der Gültigkeit der betreffenden Eheschließung; vom schweizerischen Standpunkte aus zu enstcheiden. Was die durch Art. 13 des erwähnten Bundesgesetzes dem Bundesrath ertheilte Ermächtigung betreffe, so sei zu bemerken,

69& einerseits, daß der Bundesrath mir in solchen Ländern von diesem Rechte Gebrauch macht, wo dem Zustandekommen einer Ehe au» konfessionellen Gründen uniibersteigbare Hindernisse entgegenstehen,, und anderseits, daß er, wenn er ausnahmsweise einem Konsul die Ermächtigung zur Vornahme von Trauungen ertheilt, nicht ermangelt, darauf aufmerksam zu machen, daß durch den konsularischen Akt nur die Gültigkeit der Ehe im Heimatlande gesichert sei.

In der Absicht, den amerikanischen Bürgern die Eheschließung in der Schweiz zu erleichtern, hat der Ministerresident der Vereinigten Staaten auf Grund offizieller Instruktionen seiner Regierung die Erklärung abgegeben, daß nach einem im ganzen Gebiete der Union anerkannten und von särmntlichen Gerichten befolgten Rechtsgrundsatze die im Ausland abgeschlossenen Ehen als gültig betrachtet werden, sofern sie auf eine am Ort der Eheschließung gültige Weise eingegangen worden seien. Die Rechtsgültigkeit einer von Bürgern der Vereinigten Staaten in der Schweiz abgeschlossenen Ehe, deren Beurtheilung übrigens ausschließlich den Gerichten zustehe, werde somit lediglich durch die Voraussetzung bedingt, daß dabei die Bestimmungen der schweizerischen Gesetzgebung beobachtet worden seien.

Im Fernern wurde seitens der Gesandtschaft die Eröffnung gemacht, daß von sämmtlichen 39 Staaten der Union überhaupt nur ein einziger die Eheverkiindung vorschreibe, daß dieselbe aber auch in Bezug auf Angehörige oder Bewohner dieses Staates nicht stattzufinden brauche, sobald die betreffende Ehe im Auslande abgeschlossen werde.

Wir haben den Kantonsregiorungen durch Kreisschreiben vom 19. Juli von diesen Erklärungen der amerikanischen Gesandtschaft Kenntniß gegeben, mit dem Bemerken, daß durch dieselben die in Art. 29 und in Art. 37, Alinea4, des Bundesgesetzes vom 24. Dezember 1874 enthaltenen Vorschriften in Bezug auf Angehörige der Vereinigten Staaten als in genereller Weise erfüllt betrachtet werden können und daher in solchen Fällen lediglich darauf Bedacht zu nehmen sei, daß im Uebrigen die im schweizerischen Bundesgesetz!

aufgestellten Eheerfordernisse eingehalten werden.

Bezug nehmend auf das oben erwähnte Kreisschreiben vom 19. Juli, stellte die Regierung von Bern unterm 27. gleichen Monats die Anfrage, welche Schriften (außer Pässen) man hierseits für den Nachweis der
amerikanisciien Staatsangehörigkeit geeignet finde, und ob vielleicht die Gesandtschaft und die Konsulate der Vereinigten Staaten in der Lage seien, zu Händen amerikanischer Bürger,

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die in der Schweiz die Ehe schließen wollen, besondere Erklärungen abzugeben, welche lediglich deren Staatsangehörigkeit konstatiren würden. In ihrer Vernehmlassung machte die Gesandtschaft darauf aufmerksam, daß Pässe von in den Vereinigten Staaten gebornen Bürgern offenkundige Beweise für die Staatsangehörigkeit seien, während Pässe von naturalisirten Bürgern durch die Naturalisationsurkunde unterstützt werden sollten. In Fällen, wo kein Grund vorliege, an der Echtheit der vorgebrachten Heweise zu zweifeln, und keine Bedenken obwalten, daß das Bürgerrecht verloren gegangen sei, stehe der Ausstellung der von Bern geforderten Erklärung nichts entgegen.

Der königlich bayrische Gesandte hat auf Schwierigkeiten hingewiesen , welche bei der Verehelichung bayerischer Staatsangehöriger daraus entstehen, daß nach Art. 31, Schlußlemma, des Bundesgesetzes über Zivilstand und Ehe die heimatliche Eheanerkennungsurkunde schon für die Vornahme der Vei'küudung verlangt werde, während das fragliche Zeugniß in Bayern vorschriftsgemäß erst nach unbenutzt abgelaufener Verkündfrist, d. h. für die Trauung, ausgestellt werde.

Wir haben den Kantonsregierungen hiervon Kenntniß gegeben, mit dem Ersuchen, diesen Anstand dadurch zu beseitigen, daß sie den bayrischen Staatsangehörigen den Dispens für die Verkünduug jeweilen ohne Weiteres ertheilen und die vorgeschriebene Eheanerkennungserklärung erst bei der Trauungsbewilligung verlangen, ein Ausweg, der übrigens mit Bezug auf die französischen Angehörigen (Handbuch für die Zivilstandsbeamten, Nr. 188, Schlußalinea) bereits eingeschlagen werde.

Ein im Staatsdienst des Kantons Uri befindlicher Polizeisoldat hat ohne vorausgegangene Ziviltrauung sich in Einsiedeln kirchlich trauen lassen. Aus den von der Regierung des Kantons Schwyz uns übermittelten Akten ergab sich, daß der Pfarrer vou Einsiedeln diese Trauung vorgenommen, ohne sich den Eheschein des bürgerlichen Traubeamten vorweisen zu lassen, und daß er demnach sich einer Uebertretung des Art. 40 des Bundesgesetzes betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe vom 24. Dezember 1874 schuldig gemacht hat.

Da indessen diese Uebertretung sich nicht als eine absichtliche herausstellte, so begnügten wir uns damit, die Regierung von Schwyz einzuladen, dem betreffenden Geistlichen unter Verweisung auf
Art. 58 des zitirten Gesetzes eine ernste Rüge zu ertheilen.

Einem in Barcelona niedergelassenen, von seiner ersten, noch lebenden Frau gerichtlich geschiedenen Schweizerbürger haben wir

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die Wiedervereheliehung mit einer Französin dadurch ermöglicht, daß wir das schweizerische Konsulat in Barcelona in Anwendung von Art. 32 des Konsularreglements ermächtigten, nach Erfüllung der vorschriftsgemäßen Formalitäten die Trauung vorzunehmen.

Das schweizerische Generalkonsulat in Mexiko, welches sich in irriger Auslegung des Konsularreglements befugt erachtet hatte, Geburten, Todesfälle und Heirathen von Schweizerbürgern zu beurkunden, ohne hiezu von uns ermächtigt zu sein, wurde auf sein ungesetzliches Verfahren aufmerksam gemacht und eingeladen, sich künftighin der Ausübung zivilstandsamtlicher Funktionen zu enthalten. Die bereits erfolgten Eintragungen wurden dadurch validirt, daß wir dem Generalkonsul nachträglich für dieselben die aöthige Ermächtigung ertheilten.

Wie bekannt, verbietet das englische Gesetz die Ehe zwischen Schwager und Schwägerin. Nun brachten wir in Erfahrung, daß Eogländer, welche eine derartige Ehe eingehen wollten, sich nach Neuenburg wandten, wo sie von dem dortigen Zivilstandsamt auf Vorweis einer Bewilligung des Staatsrathes getraut wurden und ·dafür jeweilen unter verschiedenen Titeln eine Summe von zirka Fr. 300 zu bezahlen hatten. -- Wir sahen uns deßhalb veranlaßt, die Regierung von Neuenburg darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn sich dieses Verfahren auf das in Art. 37, letztes Lemma, des Bundesgesetzes über Zivilstand und Ehe vorgesehene Dispensationsrecht der Kantonsregierungen stützen sollte, es eine diesem Gesetz widerstreitende und somit unstatthafte Anwendung dieses Dispensationsrechtes wäre, Trauungen zu gestatten, beziehungsweise Ehen zu ermöglichen, deren Unzulässigkeit nach dem heimatlichen Rechte der Brautleute der Behörde nicht unbekannt sei. Die Regierung werde daher eingeladen, künftighin in Fällen der genannten Art eine Erklärung, welche es dem Zivilstandsamt ermöglichen würde, solche Trauungen vorzunehmen, nicht mehr auszustellen.

4. Gesundheitswesen.

Nachdem gegen das Ende des Jahres 1886 laut, den uns aus Tsuverläßiger Quelle zugekommenen Berichten die Cholera in Italien als gänzlich erloschen betrachtet werden konnte, ordneten wir unter dem 11. Januar 1887 die Aufhebung der am 19. August 1886 für den Kanton Tessin, die Gotthardbahn, die Dampfschiffgesellschaft des Luganersee's und die betreffenden Postkurse in Kraft erklärten cholerapolizeilichen Vorschriften, sowie des am 20. August 1886 in Bezug auf verschiedene' italienische Provenienzen (Hadern, alte Kleider etc.) erlassenen Einfuhrverbotes an.

Btmdesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

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698 In Vollziehung des Bundesgesetzes vom 2. Juli 1886, betreffend M a ß n a h m e n g e g e n g e m e i n g e f ä h r l i c h e E p i d e m i e n , erließen wir unter dem 4. November das im Art. 8,, Alinea l, vorgesehene Reglement, welches die Grundsätze feststellt, nach denen die in Art. 5, 6 und 7 zugesicherten Vergütungen vom Bunde übernommen und bezahlt werden sollen.

Der Zentralvorstand der schweizerischen Thierschutzveroine rief mit Eingabe vom 27. April 1886 die Intervention des eidgenössischen Departements des Innern zum Zwecke der Unterdrückung der israelitischen Schlachtmethode an, welche im Hinblick auf Art. 4 und 50 der Bundesverfassung als unzuläßig betrachtet werden müsse, und stellte ferner das Gesuch, ,,diejenigen Schritte einleiten zu wollen, nach welchen auf dem ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft das Tödten der Schlachtthiere in den öffentlichen Schlachthäusern und den Privatschlächtereien ohne vorgängige Betäubung der Schlachtthiere durch Schlag oder Schuß verboten werden soll"1.

Diese Eingabe, welche sich zugleich als Rekursschrift und als Gesuch qualifizirte, beantworteten wir unter dem 19. Juli folgendermaßen : Beschwerden, welche sich auf Art. 4 der Bundesverfassung stützen, seien gemäß Art. 113, Ziffer 3 der Bundesverfassung und Art. 59, litt, a, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874 nicht vom Bundesrath, sondern vom Bundesgericht zu behandeln.

Für Beschwerden dagegen, welche sich auf Art. 50 der Bundesverfassung beziehen, wäre allerdings der Bundesrath (nicht ein Departement desselben) kompetent, allein es sei eine konstante Praxis dieser Behörde, daß sie im Rekurswege nicht auf Vorstellungen oder G-esuche eintritt, die sich nicht in konkreter Weise gegen genau bestimmte Entscheide oder Verfügungen der kompetenten kantonalen Oberbehörden richten. Vorliegender Rekurs entbehre nun einer solchen konkreten Basis, und es könne daher der Bundearath auf denselben nicht eintreten.

Was den Erlaß gesetzgeberischer Vorschriften betreffe, so sui zu bemerken, daß Art. 69 der Bundesverfassung dem Bunde keine Kompetenz ertheile, das Schlachtverfahren zu regeln, da dieses weder auf Verbreitung von Viehseuchen, noch auf die Zuträglichkeit des Fleisches als Nahrungsmittel irgendwelchen Einfluß ausübt».

Es könnten somit gesetzgeberische Maßnahmen nur auf Grund des Art. 50 der Bundesverfassung ergriffen werden, vorausgesetzt, daß der Beweis erbracht werde, daß die israelitische Schlachtmethode

699 als eine qualvolle, beziehungsweise thierquälerische Tödtungsart zu betrachten sei, durch deren Anwendung die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit beeinträchtigt werde. Dieser Nachweis könne aber angesichts des abweichenden Urtheils zahlreicher Fachmänner durch die im vorliegenden Memorial enthaltenen Ausführungen nicht als geleistet angesehen werden, weshalb der Bundesrath auch von diesem Standpunkt aus nicht in der Lage sei, die Petition in Erwägung zu ziehen und der Bundesversammlung eine entsprechende Gesetzesvorlage zu unterbreiten.

Durch Beschluß vom 15. Juli verordneten wir u. A., daß die Art 7 und 8 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vom 23. Dezember 1886, welche voci dem Verkaufe nicht denaturirter gebrannter Wasser handeln, mit dem 1. Januar 1888 in Wirksamkeit treten sollten, und unter dein 27. September richteten wir an die Kantonsregierungen ein Kreisschreiben (Bundesblatt 1887, IV, 61), um sie einzuladen, rechtzeitig die nöthigen Anordnungen zum Vollzuge zu treffen. Gleichzeitig sprachen wir uns über die Tragweite der in Rede stehenden Artikel aus und bemerkten, was speziell das Verbot des Ausschankes und des Kleinhandels in solchen Geschäften betrifft, in denen derselbe nicht in natürlichem Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel steht (Art. 7), daß das Gesetz nach den bei dessen Redaktion maßgebend gewesenen Motiven von der Bewilligung zum Verkauf von Branntwein alle Geschäfte ausschließe, welche nicht eigentliche Spirituosenhandlungen sind, mit Ausnahme der Konfiserien, soweit es sich um Ausschank von Liqueurs auf Ort und Stelle handelt, und mit Ausnahme der Droguerien und solcher Spezereihandlungen, welche sich regelmäßig mit dem Verkauf von flüssigen Genuß- und Lebensrnitteln befassen, soweit es den Kleinvevkauf von Branntwein über die Gasse betrifft.

Mit Schreiben vom 7. November richtete die Regierung des Kantons Bern an uns die Anfrage, ob Art. 7 des eben erwähnten Bundesgesetzes nicht in dem Siane auszulegen sei, daß es den Kantonen frei stehe, den Kleinhandel mit gebrannten Wassern noch mehr zu beschränken, als es unser Kreisschreiben vom 27. September thue, und zwar dahin, daß der Kleinverkauf von offenem Branntwein über die G-asse nur den Wirthen und allfällig auch oigentlichen Wein- und Spirituosenhändlern gestattet und den Apotheken, Droguerien,
Spezereihandlungen und Konfiserien höchstens der Verkauf von feineren Spirituosen und Liqueurs in versiegelten Flaschen bewilligt würde.

Wir antworteten hierauf, daß die Kantone, wenn sie es im Interesse des öffentlichen Wohles für nothwendig erachten, durch-

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aus kompetent seien, die Beschränkungen des Kleinverkaufs von Branntwein noch mehr auszudehnen, als es der Art. 7 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser fordere.

III. Gesetzgeberische Vorarbeiten.

In's Berichtjahr fallen keine eigentlichen gesetzgeberischen Arbeiten von Belang.

IV. Ausstellungen und Kongresse im In- und Auslande.

Gegen Ende des Jahres 1885 stellten nach einander die am 15. November 1885 in Aarau zusammengetretene interkantonale Orthographiekonferenz, der schweizerische Typographenbund, der Verein schweizerischer Buchdruckereibesitzer und der schweizerische Preßverband das übereinstimmende Gesuch , wir möchten den Zusammentritt einer Konferenz von Vertretern der verschiedenen Staaten deutscher Zunge zum Zwecke der Feststellung einer e i n h e i t l i c h e n d e u t s c h e n R e c h t s c h r e i b u n g veranlassen.

Da nach den durch die Gesandtschaft in Berlin eingezogenen Erkundigungen keine Aussicht auf das Zustandekommen einer solchen Konferenz vorhanden war, so haben wir für einmal das Ansinnen abgelehnt, mit dem Beifügen, der Bundesrath sei auch nicht in der Lage, auf die in zweiter Linie gemachte Anregung einzutreten, welche dahin ging, es möchte der Gegenstand von einer auf Veranlassung der Bundesbehörde zusammentretenden interkantonalen Konferenz wenigstens für das Gebiet der deutschen Schweiz einheitlich geordnet werden. Dem Bunde fehle es nämlich -- abgesehen davon, daß es nach dem bisherigen Gang der Dinge zweifelhaft sei, ob alle betheiligten Kantonsregierungen der Einladung Folge leisten würden -- an jeglicher Grundlage, um den allfälligen Konferenzbeschlüssen Geltung zu verschaffen.

An den im Monat September 1887 in W a s h i n g t o n stattgefundenen I X . i n t e r n a t i o n a l e n m e d i z i n i s c h e n K o n g r e ß haben wir auf erfolgte Einladung hin die Herren Prof. Dr.

Kocher in Bern und Dr. H. Banga in Chicago als offizielle Vertreter der Schweiz abgeordnet. Hr. Kocher wurde indessen an der

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Abreise verhindert, so daß die Schweiz einzig durch Hrn. ßanga vertreten war.

Von der österreichisch - ungarischen Gesandtschaft zur Beschickung des vom 26. September bis zum 2. Oktober in W i e n stattgefundenen VI.. internationalen K o n g r e s s e s f ü r H y g i e i n e und D é m o g r a p h i e eingeladen, haben wir die Herren Milliet, Direktor des eidgenössischen statistischen Bureau, Dr. Sonderegger, Präsident der schweizerischen Aerztekommission, in St. Gallen, Dr. Guillaume, Strafhausdirektor in Neuenburg, und Dr. Schuler, eidgenössischer Fabrikinspektor, als Delegirte der Schweiz bezeichnet.

Mit Rücksicht auf die hohe Bedeutung, welche diese Kongresse für die Wissenschaft und die Administration gewonnen haben, sowie auf den anläßlich von der österreichischen Regierung ausgesprochenen Wunsch, haben wir außerdem das Programm dem schweizerischen Schulrath und den Regierungen derjenigen Kantone, welche Hochschulen oder größere Gemeinwesen besitzen, mit dem Anerbieten mitgetheilt, allfällig von ihnen bezeichnete Vertreter als schweizerische Delegirte beglaubigen zu wollen, ohne daß hievon und von den damit verbunden gewesenen Vergünstigungen Gebrauch gemacht wurde.

Die genannten Delegirten haben als Frucht ihrer Mission folgende Berichte erstattet : 1) Sanitätspolizei im Allgemeinen.

2) Sanitätspolizeiliche Fabrikgesetzgebung.

3) Desinfektion, Lazarethe, Hadernhandel und Straßenreinigung.

4) Impfwesen.

5) Schulhygiene.

6) Dienstmädchenschulen.

7) Unterricht über Hygieine an polytechnischen Schulen.

Diese Berichte haben bis jetzt insoweit zweckentsprechende Verwendung gefunden, als sie je nach dem von ihnen besprochenen Gebiet dem Handels- und Landwirthschaftsdepartement, der schweizerischen Aerztekommission, der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft und dem schweizerischen Schulrath zu Händen der polytechnischen Schule zur Kenntnißnahme und gelegentlichen Verwendung mitgetheilt wurden.

Gestützt auf das motivirte Gesuch des Hrn. Prof. Dr. A. Forel in Zürich, als Präsident des Organisationskomites für die am 9. und 10. September in Zürich abgehaltene II. internationale Versamm-

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lung gegen den Mißbrauch alkoholischer Getränke, wurde in Anbetracht des gemeinnützigen Zweckes ein Beitrag von Fr. 50Ü bewilligt, mit der Bestimmung, die Verbreitung der Verhandlungen des Kongresses und ihrer Resultate durch den Druck ermöglichen zu helfen.

V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit und Wohlthätigkeit.

1. Schweizerische naturforschende Gesellschaft.

Die schweizerische naturforschende Gesellschaft, welche auch in diesem Jahr mit Fr. 25,000 subventionnât war, hat uns über die wissenschaftliche Thätigkeit ihrer geodätischen und geologischen Kommission einläßliche Berichte erstattet, welche wir y.ur Verfügung Ihrer Kommission halten.

Bezüglich der geodätischen Kommission ist zu erwähnen, dal.i, da die Berechnung des Dreiecknetzes, durch welches die Weiufelder-Basis mit dem Hauptnetze in Verbindung steht, nicht ganz befriedigende Resultate ergab, in Gemeinschaft mit dem eidgenössischen topographischen Bureau eine Revision der betreffenden Winkel vorgenommen wurde. Die neuen Messungen sind gegenwärtig in Berechnung, und da auch das die drei Basismessuugen bei Aarberg, Weinfelden und Belliuzona betreffende Manuskript vollendet ist, so ist alle Hoffnung vorhanden, im Laufe des Jahres 1888 die Bände 3 und 4 der das Dreiecknetz betreffenden Publikation zur Ausgabe gelangen zu lassen.

Ferner sind im Laufe des Sommers die notwendigsten der verloren gegangenen Repères unseres Höhennetzes ersetzt und einnivellirt worden, und es werden gegenwärtig die erhaltenen Quoten berechnet und eingereiht. Es kann also voraussichtlich auch die Publikation der 9. Lieferung des Nivellements, welche wegen dieser nothwendig gewordenen Ergänzungsarbeiten sistirt werden mußte, wieder an die Hand genommen und sodann das den Abschluß des Nivellements bildende Höhentableau erstellt werden.

Was die g e o l o g i s c h e K a r t e der Schweiz anbelangt, so heben wir mit Genugthuung hervor, daß dieselbe, bekanntlich im Maßstabe von l : 100,000 ausgeführt, nun vollendet ist; dagegen wird der Druck des erläuternden Textes zu derselben noch einige Zeit und damit weitere Geldmittel in Anspruch nehmen.

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Auf den schweizerischen A r b e i t s t i s c h am z o o l o g i s c h e n I n s t i t u t in N e a p e l waren, wie der Bericht der leitenden Kommission erwähnt, mehrere Anmeldungen eingegangen; aber verschiedene äußere Umstände zwangen einige der Angemeldeten, von ihrem Vorhaben zurückzutreten. Infolge dessen wurde der Tisch nur durch Herrn Eugen Penard von Genf besetzt. Es kompensirt sich dies einigermaßen durch die ausgiebige Benutzung des Tisches im Jahr 1886, wo derselbe während mehrerer Monate doppelt besetzt war. Ueber die von Herrn Penard als Frucht seiner Studien eingereichte Arbeit spricht die Kommission ihre volle Anerkennung- aus.

2. Schweizerische geschichtforschende Gesellschaft.

Schweizerisches Idiotikon.

Die von der geschichtsforschenden Gesellschaft herausgegebenen Publikationen : ,, Q u e l l e n z u r S c h w e i z e r g e s c h i e h t e t t , für welche in erster Linie der Bundesbeitrag bestimmta ist, ,, J a h r b u c h f ü r s c h w e i z e r i s c h e G e s c h i c h t e , sowie d e r ,, A n z e i g e r f ü r s c h w e i z e r i s c h e G e s c h i c h t e u , haben auch während des Berichtsjahres mit den der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mitteln regelmäßig Schritt gehalten. Von den Quellen ist der 8., vom Jahrbuch der 12. Band und vom Anzeiger der 18. Jahrgang zur Ausgabe gelangt. Ueber die in denselben enthaltenen Abhandlungen, sowie bezüglich der übrigen Thätigkeit dieser Gesellschaft gibtfKler von derselben eingereichte umfassende Bericht nähern Aufschluß.

Das s c h w e i z e r i s c h e I d i o t i k o n igt bis zum Buchstaben G vorgerückt. Zur Ausgabe gelangte das 12. Heft. Wie der leitende Ausschuß in seinem Bericht erwähnt, hat das Unternehmen infolge höherer Einflüsse verschiedener Art mehrfache Störungen erlitten; indessen sei Hoffnung vorhanden, daß das Werk in Zukunft rascher gefördert werde. Gegen die im Laufe des Jahres vom Ausschuß kundgegebene Absicht, . die Legate und Privatgeschenke zum Zweck der Ausrichtung von Alterszulagen an verdiente Mitarbeiter unter besondere Verwaltung zu nehmen, wurden hierseits keine Bedenken erhoben.

3. Verband der schweizerischen geographischen Gesellschaften.

Auf die Preisaussehreibung des Verbandes der schweizerischen geographischen Gesellschaften für Erstellung eines geographi-

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sehen Lehr- und Lesebuches vom 13. Juli 1885 sind bis zum gestellten Termine, dem 1. Februar 1887, nur zwei Arbeiten eingegangen, die eine in deutscher, die andere in französischer Sprache.

Die zu deren Beurtheilung von den Gesellschaften ernannte Jury von Fachmännern konnte sich jedoch nicht entschließen, die eine oder andere dieser Arbeiten zu prämiren, da cratere weder materiell noch formell den Anforderungen des Programms entspreche, die andere, weil sie nur einen Theil des Programms behandle und.

so sehr auch die Form und wissenschaftliehe Auffassung Anerkennung verdiene, theilweiser Umarbeitung bedürftig sei. Wir erwarten über diese Angelegenheit, beziehungsweise die Verwendung der ausbezahlten Subvention zu dem ihr gesteckten Zwecke die weitern Mittheilungen der Gesellschaft.

4. Schweizerische statistische Gesellschaft.

Diese Gesellschaft hat auch im Berichtsjahr ihre Zeitschrift für schweizerische Statistik erscheinen lassen, und zwar in größerm Umfang als bisher. Auch konnten die Tabellen zur Statistik der gegenseitigen Hülfsgesellschaften iu der Schweiz im Jahr 1880 (ein starkes Quartheft) den Kantonsregierungen zugesandt werden. Das ganze bezügliche Werk, mit einem erläuternden Text versehen, wird bald die Presse verlassen. Trotz der zunehmenden Betheiligung der Kantonsregierungen und der wachsenden Mitgliederzahl steht die Gesellschaft bei einer Jahreseinnahme von Fr. 5003. 85 einer Ausgabensumme von Fr. 6200 gegeßüber.

5. Schweizerische gemeinnützige Gesellschaft.

Durch den Voranschlag von 1887 wurde zu Gunsten der vou der gemeinnützigen Gesellschaft errichteten Anstalt in Luzern zum Zwecke d e r Heranbildung v o n K o c h - u n d H a u s h a l t u n g s l e h r e r i n n e n ein einmaliger Beitrag von Fr. 5300 bewilligt.

Der im Spätherbst 1887 abgehaltene Kurs war von 10 Schülerinnen aus den Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Solothurn, Appenzell und Aargau besucht. Während der Dauer desselben haben wir die Anstalt durch Hrn. Fabrikinspektor Dr. Schuler besichtigen lassen.

Derselbe spricht sich in einem Berichte an unser Departement des Innern über die Leitung der Anstalt und ihre Erfolge höchst anerkennend aus.

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6. Hebung der Kunst; schweizerischer Kunstverein; Erhaltung vaterländischer Alterthümer.

Der Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1887, betreffend F ö r d e r u n g und Hebung der schweizerischen Kunst, wurde im Bundesblatt publizirt, und es wird nach unbenutzt abgelaufener Referendumsfrist das in Art. 3 vorgesehene Reglement vom ßundesrath erlassen werden.

Inzwischen wurde d e m s c h w e i z e r i s c h e n K u n s t v e r e i n der bisherige Jahresbeitrag von Fr. 6000 ausgerichtet.

Derselbe ist von der bezugsberechtigten Sektion Schaffhausen für den Ankauf des Bildes ,,Die Tränke" von Rudolf Koller in Zürich verwendet werden.

In Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 30. Juni 1886, betreffend die Betheiligung der Bundes an den Bestrebungen zur E rhaltung und ErwerbungvaterländiseherAlterthilmer, haben wir unterm 25. Februar 1387 die erforderliche Vollniehungsverordnung erlassen (A. S. n. F. X, 9). Durch Art. l derselben ist der Entscheid über die zu machenden Anschaffungen oder zu bewilligenden Beiträge und Unterstützungen von Fall zu Fall dem Bundesrath vorbehalten. Zum 2üwecke der Vorberathung und Begutachtung der auf die Verwendung des Kredites bezüglichen Fragen und Geschäfte wurde eine Kommission von Fachmännern bestellt. Auf Grund der von derselben gestellten Anträge haben während des Berichtsjahres folgende Erwerbungen stattgefunden : 1. Das Innere eines Zimmers mit Ofen von 1566 in der ,,Rosenburg a (Haus des Hrn. Odermatt) in Stanz; Kaufpreis Fr. 18,000.

Befindet sich noch an Ort und Stelle.

2. Eine hölzerne Truhe aus dem 14. Jahrhundert, auf dem Innern des Deckels der hl. Franz von Assisi; Kaufpreis Fr. 1200.

Im historischen Museum zu Bern.

3. Bin Altarblatt (Gemälde) von 1510, aus Brieg; Kaufpreis Fr. 1800. Im kantonalen archäologischen Museum in Sitten.

4. Eine Wappenscheibe von 1500, aus Frankfurt a./M.; Kaufpreis Fr. 3250. Antiquarische Gesellschaft in Zürich.

5. Eine Scheibe Kyburg, 1671, aus Stuttgart; Kaufpreis Fr.

611. 90 Cts. Antiquarische Gesellschaft Zürich.

6. Zwei Rundscheibchen, 1599; das eine von Karl von Aegeri 1558, aus Stuttgart ; Kaufpreis Fr. 60. 50. Antiquarische Gesellschaft Zürich.

7. Ein Becher, 1680, aus Stuttgart; Kaufpreis Fr. 556. 90.

Antiquarische Gesellschaft Zürich.

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8. 31 Blätter Fensterzeichuungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert; aus Frankfurt a./M. ; Kaufpreis Fr. 1543. 75. Im BuudesArchiv.

9. Ein allegorisches Gemälde von Maler Veith in Schaffhauseu von 1698, zur Erinnerung an eine Konferenz der evangelischen Orte ; aus Mannheim. Kaufpreis Fr. 320. Im historischen Museum Schaffhausen.

Für sämmtliche hier genannte, den verschiedeneu schweizerischen Museen zur Aufbewahrung überlassene Gegenstände sind wir im Besitze der erforderlichen Reverse, welche dem Bunde das E ; genthums- und freie Vertugungsrecht sichern.

G e g e n s t ä n d e , w e l c h e mit B un des U n t e r s t ü t z u n g e r w o r b e n w o r d e n sind und ohne G e n e h m i g u n g des B u n d e s r a t hes n i c h t v e r ä u ß e r t ö d e r a b g e t r e t e n w e r d e n d ü r f e n (Art. 2 d e s Buudesbeschlusses v o m 30. Juni 1886): Es hat im Jahr 1887 eine einzige solche Acquisition stattgefunden, und betrifft dieselbe ein von der mittelalterlichen SatnmiuQg in Basel angekauftes Altarwerk aus dem Mittelalter, welches bisher in der Dorfkirche Santa Maria Calanca in Graubündeu aufgestellt war. Wir haben an diesen Ankauf einen Beitrag von Fr. 1500 geleistet.

7. Tersiehernngsverein der eidg. Beamten und Bediensteten.

Nach dem uns erstatteten Jahresberichte haben Neuaufnahmen stattgefunden : 1) Nach Tarif A (Ahleben) . . . . 82 Policen (. 61 Mitglieder) für Fr. 235,300 Nach Tarif A (Ableben mitRiickversicheruug) . 1 5 ,, ( -- ,, ) ,, ,, 60,500 2) Nach Tarif B (Ableben oder 60. Altersjahr) . . . 98 ,, (87 ,, ) ,, ,, 2(58,200 Nach Tarif B (Ableben oder 60. Altersjahr mit Rückversicherung) l ,, ( -- ,, ) ,, ,, 5,000 3) Nach TarifC (Renten) l ,, ( l ^ ^ ,, 500 Total 197 Policen (149 Mitglieder) für Fr. 5(59,500 gegenüber 1886 135 ,, (100 ,, ) ,, ,, 449,200

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Auch dies Mal sind wieder mehr gemischte Versicherungen (auf Ableben oder 60. Altersjahr) abgeschlossen worden, als einfache (Todesfall).

Die höhern Versicherungen (über Fr. 5000) sind dagegen gegenüber dem Vorjahre etwas zurückgeblieben, was sich durch den Umstand erklärt, daß derartige Versicherungen erst seit 1886 abgeschlossen werden konnten und daß eine Anzahl Beamter auf diese Vergünstigung gewartet hatten.

Die Sterblichkeitsverhältnisse gestalteten sich im Berichtsjahre wieder ungünstiger, indem der Berieht des Zentralkomites eine Uebersterblichkeit konstatirt.

Es sind durch Tod abgegangen: 63 Polizen für Fr. 168,903 gegenüber dem Vorjahre von 71 ,, ,, ,, 154,503.

Auf das 60. Altersjahr fällige Policen war l für Fr. 437, während infolge Auswanderung keine Policen zur Auszahlung gelangten.

Von den 63 durch Tod erloschenen Policen ist eine solche von Fr. 3000 durch Rückversicherung gedeckt worden.

Ausgetreten sind 10 Policen mit Fr. 32,500. Ein Mitglied mit einer Police von Fr. 4000 mußte wegen Nichteinhalten der statutarischen Verpflichtungen ausgeschlossen werden.

Nach Abzug der Todesfälle. Auszahlungen auf das 60. Altersjahr, Auslritte und Ausschlüsse ergibt sich auf Ende des Jahres eine Vermehrung des Versicherungsbestandes um 83 Mitglieder mit 122 Policen und einem Versicherungskapital von Fr. 363,600.

An anderweitige Versicherungen von eidgenössischen Beamten und Bediensteten wurden für 210 Fälle im Ganzen Fr. 4786 aus der Buudessubvention an die Prämien ausbezahlt, oder 25 °/o der betreffenden effektiven Totalprämien.

8. Schweizerische permanente Schulausstellungen.

Zu den bereits bestehenden permanenten Schulausstellungen in Zürich, Bern und Freiburg ist auch eine solche in Neuenbur» in's Leben gerufen worden.

Nachdem wir bereits im .labr 1886 die vorhandenen Schulausstellungen hinsichtlich ihrer Ausdehnung, ihren Leistungen und ihrer finanziellen Bedürfnisse einer vergleichenden Prüfung unterstellt haben, schien es uns zweckmäßig, für den 'Voranschlag und

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die Jahresrechnung über Verwendung der erhaltenen Beiträge, wie für die Berichterstattung, etwelche Normen aufzustellen. Ein ferneres Postulat, das sich angesichts einer Vermehrung der Schulausstellungen uns aufdrängte, betrifft die Idee einer Arbeitstheilung unter denselben, wobei jeder bestimmte Aufgaben zugewiesen und weiter abliegende Schulfragen, die nicht wirklichen Bedürfnissen zu dienen geeignet sind, vom Arbeitsprogramm gestrichen würden. Die weitere Behandlung dieser Angelegenheit fällt in's folgende Jahr.

Ueber die Thätigkeit der Schulausstellungen im Jahr 1887 geben die von denselben eingereichten Spezialberiehte Aufschluß.

9. Il repertorio di giurisprudenza patria cantonale e federale.

Die Herausgeber dieser Zeitschrift, Dr. Colombi, Sekretär des schweizerischen Bundesgeriehts, und Advokat Gabuzzi in Belliuzona, haben auch dieses Jahr die durch Bundesbeschluß vom 19. Januar 1883 bewilligte Subvention von Fr. 1000 erhalten und die ihnen dafür auferlegten Verpflichtungen in gleicher Weise und in gleichem Maße erfüllt, wie bisher.

VI. Polytechnische Schule.

Wir entnehmen dem Berichte des schweizerischen Schulrathes folgende Mittheilungen:

1. Leistungen und Frequenz der Anstalt. Die Zahl der angekündigten Vorlesungen und Uebungen betrug: Im Wintersemester 265, im Sommersemester 261. Von denselben wurden gehalten, im Wintersemester 241, im Sommersemester 236.

Für Aufnahme als Schüler haben sich gemeldet: im Oktober 1886 276, im Oktober 1885 191, im April 1887 16, im April 1886 14, Summa 292 und wurden aufgenommen : im Oktober 1886 236, im April 1887 15, Summa

251

205 im Oktober 1885 im April 1886

181, 14, ~~Î95

709

Die Aufnahme fand statt: infolge am Polytechnikum bestandener Prüfung bei gestützt auf von der Schule anerkannte Maturitätsund anderweitige Studienzeugnisse bei .

.

142, 109.

22 Bewerbern gleich 13,4 °/o der Geprüften und 7,6 °,o der Angemeldeten mußte die Aufnahme verweigert werden.

Die Aufnahmen vertheilen sich 1886/87

auf ,, ,, ,, ,, ,, ,,

die Bauschule .

.

.

. 1 5 ,, Ingenieurschule .

.

. 43 v mechanisch-technische Schule . 87 ,, chemisch-technische Schule . 67 ,, Forstschule .

.

.

.

8 v landwirtschaftliche Abtheilung 16 ,, Fachlehrerabtheilung .

. 1 5 251

1885/86

8 37 59 62 5 9 15 ~Î95~

Die Gesammtfrequenz betrug: Reguläre Schüler .

.

.496 1885/86 414 Zuhörer .

.

.

. 337 ,, 356 833

~77Ö"

Hienach zeigt sich gegenüber 1885/86 eine Vermehrung der Schüler um 82, eine Verminderung der Zuhörer um 19, ein Gesammt-Plus von 63.

Im Laufe des Berichtjahres sind ausgetreten : a . V o r Beendigung ihrer Studien .

.

.

b. Mit Diplom, resp. A b g a n g s z e u g n i ß . . .

e. Absolvirte Schüler früherer Jahrgänge .

.

50 88 32

170 und es ergibt sich als Uebertrag auf das neue Schuljahr Schüler.

Von den 496 Schülern gehörten 211 der Schweiz und dem Auslande an.

Eine Vergleichung mit dem Schuljahr 1885/86 mit schweizerischen und 216 ausländischen Schülern ergibt eine nahme um 13 Schweizer und 69 Ausländer.

326 285 198 Zu-

710

Auf die einzelnen Fachschulen entfallen : 1886/87

Fachschule.

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Bauschule . . . .

Ingenieurschule Mechanisch-technische Schule . . . .

. Chemisch-technische Schule . . . .

, Forstschule ! Landwirthschaftliche Schule . . . .

Fachlehrerabtheilung

.

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1885/86

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1 : 4

14 25 10 26 78 1104 30 1 56 , 96 .152 54 l 55 78 jl33 47 19 19 16 11

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a H» 1 3 gegenüber 1885/86

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211 285 496 198 216 '' 414 1 i|

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7 1 26 13 12 | 3 7 28

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Davon entfallen auf die einzelnen Kantone der Schweiz und das Ausland : A. Schweizer 211, nämlich: Zürich 52, Bern 19, Waadt 16, Thurgau 14, Aargau 13, Graubünden 12, Baselstadt 11, 8t. Galleu 10, Neuenburg 9, Genf 9, Solothurn 9, Freiburg 9, Luzern 7, Tessin 5, Schaffhausen 4, Baselland 3, Zug 3, Glarus 2, Wallis, Schwyz, Appenzell, Uri je l, Uutenvalden --. Differenz plus 13.

B. Ausländer 285, nämlich : Rußland 72, Oesterreich-Ungarn 67. Deutschland mit Elsaß 36, Rumänien 31, Italien 22, Griechenland 15, Holland 11, Nord- und Südamerika 7, Bulgarien 6, Großbritannien 6, Frankreich 3, Schweden 3, Dänemark 2, Luxemburg 2, Serbien l, Kleinasien 1. Differenz plus 69.

Wie oben bemerkt, beläuft sich die Zahl der Zuhörer auf 337. Unter denselben befinden sich 102 Studirende der zürehorischen Universität.

2. Fleiß und Disziplin. Die Ausübung der reglementarischen Kontrole hatte eine Anzahl Ermahnungen durch Direktor und Vor-

711

stände, und in sechs Fällen die Androhung der Wegweisung zur Folge.

N i c h t p r o m o v i r t wurden 40 Schüler gleich 11,6 %.

D i p l o m p r ü f u n g e n . Aus der mitgetheilten Tabelle ergibt sich, daß von den 88 zum Diplomexamen Berechtigten 53,4 °,'o sich zu dieser Prüfung meldeten und daß hinwieder von diesen 81 % das Diplom erhalten haben.

Die Gesarnmtzahl der seit Eröffnung der Schule ertheilten Diplome beläuft sich auf 1381, nämlich: 97 413 310 211 194 156

an Architekten ; an Ingenieure ; an Maschineningenieure ; an technische Chemiker und Pharmaceuteu ; an Forst- und Landwirthe ; an Fachlehrer in mathematischer und naturwissenschaftlicher Richtung.

Von den durch die Ingenieur-, mechanisch-technische und Forstschule gestellten P r e i s a u f g a b e n wurde nur diejenige der Forstabtheilung gelöst; es erhielt für seine Arbeit Hr. L. Wanger, von Baden, Aargau, den Nahepreis, bestehend aus der silbernen Medaille nebst entsprechender Geldzulage.

E x k u r s i o n e n wurden mit allen Fachschulen und mit den Studirenden der Naturwissenschaften ausgeführt.

3. Sammlungen und wissenschaftliche Anstalten. Die verschiedenen Sammlungen erfuhren die notwendigen Ergänzungen innerhalb des Rahmens der gewährten Kredite. Soweit die Bedürfnisse in einzelnen wenigen Fällen es dringend erforderten., wurden nach vorhergegangener Prüfung der Verhältnisse Extrakredite bewilligt.

Ohne auf das Detail bezüglich der Anschaffungen einzugehen, ist zu erwähnen, daß die durch besondere Kredite des Bundes, des Kantons und der Stadt Zürich ermöglichte Umarbeitung, Ordnung und Etiquettiruog der geologisch-paläontologischen Sammlung vor der Hand heendigt, das hiefür benöthigte Mobiliar erstellt and Alles gehörig untergebracht ist. Näheres hierüber folgt im nächsten Jahresbericht.

P h y s i k a l i s c h e s In s ti tu t. Die Frequenz betrug im Wintersemester 51, im Sommersemester 37 Praktikanten.

712 An wissenschaftlichen Arbeiten wurden 5, von denen 2 Doktordissertationen, ausgeführt, welche in den ^Berichten der BerlinerAkademie" und in der ,,elektrotechnischen Zeitschrift" zur Veröffentlichung gelangten.

Im c h e m i s e h - a n a l y t i s c h e n L a b o r a t o r i u m arbeiteten während des Wintersemesters 72 Schüler und 7 Auditoren, zusammen 79 Praktikanten; Sommersemesters 76 Schüler und 7 Auditoren, zusammen 83 Praktikanten.

Auf Grund ihrer im Laboratorium gemachten Untersuchungen haben zum Theil in Zürich, zum Theil in Basel 9 Praktikanten promovirt. Die meisten der im Laboratorium ausgeführten wissenschaftlichen Arbeiten sind in den ,,Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft11, eine in ,,Liebig's Annalen der Chemie" publizirt worden.

Im c h e m i s c h - t e c h n i s c h e n L a b o r a t o r i u m betrug die Frequenz im Wintersemester 66 Schüler und 9 Auditoren, zusammen 75, ,, Sommersemester 49 ,, ,, 6 ,, ,, 55.

Wie früher haben auch dieses Jahr eine Anzahl absolvirter Schüler im Laboratorium weiter gearbeitet, theils für ihre Promotion, theils behufs Verfolgung spezieller technischer Zwecke.

Im a g r i k u l t u r c h e m i s c h e n L a b o r a t o r i u m arbeiteten im Wintersemester 7 Schüler und 3 Auditoren, ,, Sommersemester 18 ,, ,, 2 ,, Einige von dem Direktor und dem Assistenten ausgeführte Arbeiten sind in Fachzeitschriften veröffentlicht worden.

Auf dem l an d w i r t h s c h a f t. l i e h en V e r s u c h s f e l d e sind im Berichtjahre zwei Versuche ausgeführt worden : der eine, schon 1880 begonnen, mit Kunstfutter, der andere mit Kartoffeln. Von letzteren wurden sechs verschiedene Sorten angepflanzt, von denen ·drei Sorten, nämlich ,,Richters Imperator", ,,Schulmeister" und ,,Magnum" relativ die besten Erträgnisse geliefert haben.

Obgleich beide Versuche als gelungen zu betrachten sind, so lieferten sie ökonomisch doch verhältnißmäßig geringe Erträgnisse.

S t e r n w a r t e . Vorlesungen, Uebungen und Beobachtungen gingen in gewohnter Weise vor sich.

713 Die B i b l i o t h e k weist im Berichtjahre eine Vermehrung um 1026 Bände und einen Gesammtbestand von 29,511 Bänden auf.

Von den zahlreichen Geschenken erwähnen wir besonders das Prachtwerk ,,Flora Brasiliensis", von Martius, das auf unsere Verwendung von der k. brasilianischen Regierung in uneigennützigster Weise dem Polytechnikum überlassen wurde. Dasselbe ist seiner Zeit nur in wenigen Exemplaren gedruckt worden und im Buchhandel nicht erhältlich. Es repräsentirt einen Werth von über Fr. 3000.

4. Annexanstalten, a. A n s t a l t für P r ü f u n g d e i - F e s t i g k e i t von B a u m a t e r i a l i e n . Einem hierseitigen Wunsche nachkommend, wird der Vorstand, Hr. Professor Tetmajer, sich in einem einläßlichen Berichte über die Publikation der Arbeiten der Festigkeitsprüfungsanstalt aussprechen ; für das Berichtjahr beschränkt sich der Schulrath auf folgende Mittheilungen : Die Wirksamkeit dieses Institutes ist seit seiner Gründung in außerordentlichem Maße gewachsen; namentlich aber hat sich auch die Art dieser Wirksamkeit infolge mannigfacher technischer Fortschritte und der Erfindung und Erstellung neuer Maschinen zu diesem Zwecke so sehr verändert, daß die Voraussetzungen bei der ersten Gründung vorzugsweise auch riicksichtlieh der Brauchbarkeit der Lokalitäten und ihrer Trennung (Vorbahnhof und SchulgebäudeJ nicht mehr zutreffen. Diese Trennung der Lokalitäten muß aufhören. Die Arbeitsthätigkeit der im Hauptgebäude aufgestellten Maschinen und Motoren während des Unterrichts ist wegen des unerträglichen Geräusches geradezu unmöglich geworden.

Man müßte das der Landesinduistrie so sehr dienende Institut geradezu fallen lassen, wollte man sich nicht entschließen, für dasselbe ein eigenes, allerdings in möglichst mäßigen Schranken sich haltendes Gebäude zu erstellen. Im Maschinenhause im Bahnhofe haben sich die Verhältnisse bis zur Unerträglichkeit verschlimmert.

Zu den frühern Uebelständen -- große Entfernung vom Polytechnikum und schlechte bauliehe Einrichtung, welche eine auch nur einigermaßen erträgliche Erwärmung der Lokale und damit die Vornahme von Messungen zur Winterszeit fast zur Unmöglichkeit machten -- gesellten sich in neuerer Zeit noch weitere durch Anlage von Schienengeleisen und durch Erstellung von Reparaturwerkstätten io unmittelbarer Nähe. Die Erschütterungen
infolge des unausgesetzten Befahrens der Geleise und infolge der schweren Reparaturarbeiten beeinflussen die zu machenden Versuche bis zur Unbrauchbarkeit.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

47

714

Wenn die Arbeiten im Bahnhofe durch Dritte gestört werden, so sind es im Schulgebäude die Arbeiten der Anstalt, w.elche ihrerseits den Unterricht in den darüber liegenden Konstruktionssääleu sehr beeinträchtigen und deßhalb nur zu einer Zeit ausgeführt werden können, zu welcher kein Unterricht ertheilt wird, d. h.

während der Abendstunden von 5 bis 7 Uhr. Daß es unter solchen Umständen in der That schwer, ja fast unmöglich wird., den an die Anstalt gestellten Anforderungen gerecht zu werden, scheint uns einleuchtend zu sein.

Die speziellen Arbeiten der Anstalt umfassen: 1. In Kategorie A und B: Natürliche und künstliche Bausteine, 247 Versuche.

2. ,, ,, C: Bindemittel .

.

. 5332 ,, 3. ,, ,, D: Bauhölzer .

.

.

23 ., 4. ,, ,, B : Metalle .

.

.

. 1293 ,, 5. ,, ,, F: Seile, Ketten, Treibriemen 11 ,, 6 . Verschiedenes .

.

.

.

.

.

10 ,, 7 . Chemische Analysen .

. . . .

48 ,, Seit Eröffnung der Anstalt hat dieselbe an Untersuchungen ausgeführt : 2,524 für künstliche und natürliche Bausteine, 38,808 ,, Bindemittel, 738 ,, Bauhölzer, 4,040 ,, Metalle, 205 ,, Seile, Ketten, Treibriemen, 191 Verschiedene.

Total 46,506.

b. S a m e n k o n t r o i s t a t i o n . Im Berichtjahr gingen 2740 Einsendungen ein, gegen 2247 im Vorjahre. Von diesen fallen 976 auf das Ausland. Die Einsendungen betreffen 164 verschiedene Samenarten ; unter diesen nehmen die Gras- und Kleearten weitaus die hervorragendste Stelle ein, der Rest vertheilt sich auf Gehölxsämereien u. dgl.

Gegenwärtig stehen 60 schweizerische Samenhandlungen unter Kontrole. Landwirthe und sonstige Konsumenten, auch Wiederverkäufer von Sämereien, welche von diesen Kontroifirmen Waaren im vorgeschriebenen Quantum beziehen, erhalten dadurch das Recht zu kostenfreier Nachuntersuchung. In Ausübung dieses Rechts kamen 759 Partien zur Untersuchung. 536 Proben ergaben ein mit der geleisteten Garantie übereinstimmendes Resultat.

715

Im letztjährigen Berichte wurden 53 landwirthsehaftliche Vereine erwähnt, welche für eine sehr große Zahl ihrer Mitglieder Kollektivmuster zur Untersuchung einsandten; im Berichtjahre ist die Zahl dieser Vereine auf 109 gestiegen.

Die Anstalt ist in den ihr eigens eingerichteten Lokalitäten im Chemiegebäude einlogirt. Die Laboratorien haben sich im Ganzen als äußerst zweckmäßig eingerichtet bewährt; immerhin wünscht der Vorstand noch einige Verbesserungen anzubringen c. L a n d vv ir th s e h a f t l i e h - c h e m i s c h e Un t e r s u c h u n g s s t a t i o n . Im Berichtjahre hatten sich 22 Firmen für Düngmittel und 6 Firmen für Futtermittel als Kontrolfirmen einschreiben lassen. Eine große Firma, welche seit Jahren mit der Station nicht mehr in Vertragsverhältnissen stund, ist wieder zur Koutrole zurückgekehrt. Aus einer gegen die Anstalt erhobenen Beschwerde ging dieselbe, nach genauer Prüfung der Verhältnisse durch die Behörden, vollständig gerechtfertigt hervor. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß es der Station gelungen ist, ihren Arbeiten auch irn Auslande Geltung zu verschaffen, insofern, als bei großen Ankäufen die Analysen der Station Zürich ebenfalls als maßgebend anerkannt werden, während dies vorher lediglich bei den Untersuchungen der Handelslaboratorien in Paris der Fall war.

Die spezielle Thätigkeit der Anstalt betreffend, kamen zur Untersuchung 1260 Muster, für welche 3610 Bestimmungen verlangt wurden, die in 6881 Untersuchungen ihre Erledigung fanden.

Diese beschlagen: 1092 Düngmittel, 120 Futtermittel, 48 Diverse.

1260 (1886: 1140) mit zusammen 6881 Untersuchungen.

Die Einsendungen vertheilen sich in ihrer Mehrzahl auf die Kantone, dann kommt das Ausland mit Italien, Deutschland, Belgien, Frankreich und Oesterreich.

Außer den analytischen Arbeiten führte die Station eine Keihe von Versuchen aus, die zugleich die Bewältigung eines großen analytischen Materials erforderten. Ueberdieß beschäftigte sich die Station mit Düngungsversuchen an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Kulturen; mit einem Konservirungsversuche mit Grünfutter, welches in großem Maßstabe in Katharinenthal bewerkstelligt wurde. Endlich sind eine Anzahl Analysen behufs Ausarbeitung neuer Methoden zu Ende geführt worden.

716

Von Oechsle'sch Mostproben wurden die Nr. 151--156 kontrolirt.

5. Amtstätigkeit der Schulbehörden. Der Schulrath behandelte resp. erledigte in sieben Sitzungen 118 Geschäftsgegenstände. Bei den wichtigsten derselben fanden vorgängige Berathungen durch die betreffenden Kommissionen statt. Soweit es ihnen möglich, nahmen die Mitglieder des Schulrathes an den Aufnahms- und Diplomprüfungen Theil.

Das Präsidialprotokoll weist die Abwandlung von 342 Traktanden aus.

P e r s o n a l - A en derungen Die Anstalt verlor durch Tod den Lehrer für englische Sprache, Herrn Whittacker aus Manchester; an dessen Stelle wurde der englische Sprachunterricht provisorisch Hrn. Baumgartner, Gymnasiallehrer in Winterthur übergeben. Ferner ist gestorben Herr Dr. Schinz, Privatdozent für Mathematik. Die Entlassung haben nachgesucht und erhalten Herr Dr. Rob. Schmidt als zweiter Assistent am chemisch-technischen Laboratorium, Herr R. Steiger als Assistent der mechanisch-technischen Abtheilung, Herr Dr. J. Keller als Assistent für darstellende Geometrie.

In Wiederbesetzung der vakanten Stelleu wurden gewählt: Herr J. Wiernik aus Czenstochau zum zweiten Assistenten des technischen Laboratoriums, Herr Chr. Bakx, von Klundert, Holland, provisorisch als Assistent der mechanisch-technischen Abtheilung, Herr M. Disteli, von Ölten, als Assistent in darstellender Geometrie.

Als Assistenten für Maschinenlehre, Mechanik und MaschinenZeichnen funktionirten provisorisch die Herren P. Ostertag, von Basel, U. Ancona, von Ferrara, und L. Grimm, von Prag, sämmtlich absolvirte Schüler des Polytechnikums.

An Stelle des Herrn Professor Scherr wurde für allgemeine Geschichte Herr Dr. A. Stern, von Göttingen, Professor an der Universität Bern, ernannt ; in Besetzung der Lehrstelle für Schweizergeschichte Herr Dr. W. Oechsli, von Riesbach, gewesener Lehrer am Gymnasium in Winterthur, gewählt, endlich, in Ausführung des Bundesbeschlusses vom 25. Juni 1887 be-treffend Berücksichtigung der französischen Sprache, die französisch« Lehrstelle für allgemeine Geschichte und Geographie Herrn A. A.

Petit, von Gasny, Frankreich, gewesenem Professor amLyceumm zu Caën, übertragen und als Hülfslehrer der landwirtschaftlichen Abtheilung Herr H.

Schneebeli, von Rutschweil, Kanton Zürich, gewesener Lehrer an der landwirtschaftlichen Schule im Strickhof, gewählt.

717

In's Berichtjahr fielen die Erneuerungswahlen des Direktors und des Vizedirektors der Schule, der Fachschulvorstände, der Sammlungsdirektoren, des Bibliothekars, der Bibliothekkommission und der Kommissionen für die Aufnahmeprüfungen.

Auf den Vorschlag der Gesammtkonferenz wurde an Stelle des Herrn Professor Geiser, der gemäß den Vorschriften des Reglements nach dreimaliger Amtsdauer nicht wieder wählbar war, ernannt: Herr Professor A. Ritter «um Direktor und Herr Professor Dr.

F. Geiser zum Vizedirektor.

Die Konferenzvorschläge für Bestellung der Fachschulvorstände hat der Schulrath bestätigt. Der Personalbestand ist unverändert geblieben. Ebenso sind der Bibliothekar und die Mitglieder der verschiedenen Kommissionen in ihren Stellungen bestätigt worden.

S t i p e n d i e n und S c h u l g e l d e r l a ß . Mit Stipendien aus dem Legate Châtelain im Gesammtbetrage von 2400 Franken wurden 9 Bewerber bedacht, überdieß 22 Schüler ganz oder theilweise von Bezahlung des Schulgeldes befreit.

O r g a n i s a t o r i s c h e s . Auch in diesem Jahre verzeichnen die Programme der Schule vielfache kleinere Modifikationen, Ergänzungen und Verbesserungen im Schulplane Das am Schlüsse des Jahres festgestellte Programm pro 1887/88 enthält bereits sechs Vorlesungen der drei neu ernannten Professoren für Geschichte und Geographie : der Herren Stern, Petit und Oechsli.

Die Reorganisation der m e c h a n i s c h - t e c h n i s c h e n Abt h e i l u n g , schon im Jahre 1886 unserer Prüfung unterstellt, mußte auf Maschinenbau und Physik in einer Intensivität Rücksicht nehmen, welche mit der Tragkraft der Schüler schwer in Harmonie zu bringen ist. Mit Rücksicht auf sehr entgegenstehende Anschauungen wurde der Plan einer nochmaligen Prüfung unterworfen, welche indessen nicht zu wesentlichen Modifikationen führte. Es müssen nun die Erfahrungen der ersten Jahre bei der Durchführung abgewartet werden. Unterm 5. Juli 1887 hat der Bundesrath das neue Projekt genehmigt und dem Schulrathe zur Anstellung der nöthigen ergänzenden Hülfskräfte Vollmacht ertheilt.

Der im Jahre 1887/88 eingetretene erste Kurs wird nun bereits mit dem Unterrichte nach dem neuen Plane bedacht. Bis zu der Zeit, · da die Schüler wesentlich die neuen physikalischen Laboratorien beziehen sollen, wird auch der Physikbau vollendet sein.

Die Reform und Ausdehnung der l a n d - u n d f o r s t w i r t h s c h a f t l i e h e n A b t h e i l u n g nach dem Bundesbeschluss vom

718 25. Juni 1886, über welche der letzte Jahresbericht Aufschluß gibt, wird successive in's Leben geführt. Bereits ist eine weitere Lehrkraft der Abtheilung in diesem Interesse zugefügt word a.

Die technische Hauptprofessur für die Kulturtechnik (über die Ari ihrer Besetzung gibt der Jahresbericht von 1886 Aufschluß) ist einem frühem, tüchtigen, diplomirte Schüler der Ingenieurabtheilung zugedacht.

In weiterer Vorbereitimg der baldigen Durchführung dieser Reform der V. Abtheilung ist auch der nöthige Grundbesitz für die Versuchsfelder für Obst- und Weinbau acquirir worden und wird bereits au der Herrichtung des Landes für die betreffenden Spezialwerke eifrig gearbeitet. Durch Kaufvertrag vom 12. Marx 1887 mit der Regierung des Kantons Zürich ist für den Obstgarten eine äußerst zweckmäßig gelegene Parzelle Land in unmittelbarem Anschlüsse an den landwirtschaftlichen Garten und das Chemiegebäude erworben worden und in das Eigenthum des Bundes übergegangen. Die Eigenthumsübertragung ist hier offenbar einem bloßen Pachtverträge, der den Bestand einer solchen Anlage ganz unsicher gelassen hätte, weit vorzuziehen.

In Rücksicht auf den Weinbau war vorerst ein Stück Land in's Auge gefaßt worden, das ebenfalls dem Kanton Zürich gehört und mit dem Bauplatz für die Physik zusammenhängt. Aber die Zufahrten zu diesem Bau verringerten den Werth des Platzes. Eine, Vergrößerung wäre unumgänglich nöthig gewesen uud mußte bei einem Privatmann gesucht werden. Die Bedingungen für diesen Zukauf wurden sehr ungünstig gestellt und auch die Konfiguration des Landes vom jetzigen Eigenthümer in einer Art vorgeschrieben, wie sie unsern Interessen nicht entsprach. Man unterhandelte mit Eigentümern in nächster Nähe des landwirtschaftlichen Gebäudes uud erwarb um weniger als die Hälfte des für das Land beim Physikbau geforderten Preises ein weit näher und besser gelegenes Grundstück (Reben) zu diesem Zwecke. Die Herrichtung der beiden Komplexe für ihre Bestimmung hat mit dem Rigoliren des Landes begonnen ; die weitem Arbeiten sind büdgetirt Der Schulrath wird sich in seiner nächsten Sitzung mit näherer Prüfung der Sache befassen und mit bezüglichen Anträgen au uns gelangen.

In diesem Jahre ist von der Schule aus der erste Versuch gemacht worden, für praktische Landwirth in deu Räumen der Schule Vorträge zu halten. Dieser
erste Versuch hat ein sehr günstiges Resultat gegeben. Es hat sich gezeigt, daß die Wissenschaft von Praxis keineswegs so sehr absteht. Unsere intelligentem Landwirthe haben im Gegentheil mit wahrem Vergnügen und mit Anerkennung die ihnen gebotene mannigfache Belehrung aufgenommen.

719 Es wird auch nicht bei dem ersten Versuche bleiben; bereits ist auf 1888 eine neue Serie von ähnlichen Vorträgen planirt.

An diese Abtheilung der Schule reihen sich sachgemäß zwei weitere Traktanden an: a. Die Erwähnung dessen, was für das forstliche Versuchswesen in diesem Jahre geschehen ist. Nachdem die im Bundesbeschlusse vom 27. März 1885 vorgesehene Spezialverordnung durch eine Fachmännerkommission vorberathen und sodann die Redaktion derselben vom Bundesrath definitiv festgestellt war, wurde die betreffende Aufsichtskommission aus folgenden Personen bestellt: Herr Dr. Kappeier, Präsident des schweizerischen Schulrathes, und ,, Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor, welche der Kommission von Amtswegen angehören, ,, Puenzieux, Chef du service des forêts in Lausanne, ,, Schwytzer, Oberförster in Luzern, ,, Schnider, Oberförster in St. Gallen, ,, Riniker, Schulrath in Aa,rau, ,, Landoli, Professor, Vorstand der Forstschule in Zürich.

Die Kommission ordnete in ihrer ersten Sitzung alle Maßregeln an, welche ihr zur raschen Ausführung der Thätigkeit der Anstalt sofort möglich und geeignet schienen. Wir haben sodann, auf den Vorschlag dieser Kommission, Herrn Dr. Bühler, Professor an der Forstschule, definitiv zum Direktor derselben ernannt. Seine Funktionen beginnen mit Neujahr 1888. Im Fernern wurden der Präsident der Aufsichtskommission und der Direktor ermächtigt und beauftragt : 1) Die erforderlichen, vorbereitenden Schritte für die volle Ausführung der Station von sich aus zu thun , namentlich bezüglich Erwerbung und Herrichtung des Pflanzengartens, worüber mit der Stadt Zürich ein Vertrag zu vereinbaren ist; 2) die erforderlichen Vorlagen bezüglich Erstellung der nöthigen Bauten, Einrichtung der meteorologischen Station und bezüglich eines Arbeitsprogrammes aufzustellen.

b. Es fand auch in diesem Jahre ein Wahlfähigkeitsexamen statt mit einem Kandidaten auf höhere kantonale Forststellen im eidgenössischen Forstgebiete. Derselbe hat die Prüfung wohl bestanden. Zwei andere Bewerber, welche um Erlaß der Prüfung nachsuchten, denen aber die Prüfung auferlegt wurde, haben sich derselben bis anhin nicht unteraogen.

720

I n t e n s i v e r e B e r ü c k s i c h t i g u n g der f r a n z ösi.s e h e a S p r a c h e . Die beiden letzten Geschäftsberichte von 1885 und 1886, auf welche wir uns beziehen, beschäftigen sich in eingehender Weise mit der Frage der Vermehrung der Professuren in frau/,i>sischer Sprache am PoH'technikum. Die im Berichte von 1886 in Aussieht gestellte Delegation nach Paris hat im Frilhliug dieses Jahres stattgefunden und ist, unseres Eraehteus, nicht ohne Erfolg geblieben. Ein konfldentieller Bericht des Schulrathes gibt darüber nähern Aufschluß. Seither ist bereits eine solche neue Professur für Geschichte und Geographie besetzt worden. Die angekündigten Vorlesungen ergänzen in glücklicher Weise das Programm der Anstalt und finden bei den Schülern erfreulichen Anklang. Eine zweite Professur für Nationalökonomie und Finanzwisseuschal't ist ausgeschrieben und wird bald zur Besetzung gelangen. Ueber eine dritte, möglicherweise selbst bezüglich einer vierten Professur (diese beiden nunmehr in spezifisch technischer Richtung) werden vorerst umfangreiche Erkundigungen eingezogen.

Der Schulrath hat im Laufe des Jahres verschiedene Fragen zu begutachten gehabt, welche wir hier nicht unerwähnt lassen wollen : 1) ein, resp. zwei Gutachten betreffend ökonomische Beteiligung an den Kosten eines auf den Quaianlagen in Zürich von der Stadt erstellten Arboretums ; 2) ein Gutachten betreffend Vergütung der Exkursionskosten der Forstschüler; 3) Gutachten über die Frage, betreffend Herausgabe eines Tlieils des Legats von Frau Meyer zum rothen Ochsen in Zürich an die Rettungsanstalten Bächtelen und Sonnenberg; 4) Gutachten einer Kommission von Fachmännern und ein solches des Schulrathes, betreffend die Errichtung eines Lehrstuhles und Laboratoriums für Hygieiue am Polytechnikum ; 5) Gutachten über Verlegung, resp. Gründung einer zentralen Milchversuelisstation am Polytechnikum; 6) Gutachten über das Zürichbergbahnprojekt.

Kräftigung der auf das P o l y t e c h n i k u m vorbereitenden schweizerischen Mittelschulen.

Ueber diese durch lauge Jahre sich hinziehende, für die Interessen der technischen Hochschule so sehr wichtige Angelegenheit geben eine ganze Reihe unserer Geschäftsberichte nähern Aufschluß. Es ist dem Schulrath zur Pflicht gemacht, diese Frage keinen Augenblick aus den Augen zu verlieren, bis Resultate erzielt sind, welch«

721

die Bedürfnisse unserer technischen Hochschule erfüllen und die Mittelschulen in ihrem eigenen Interesse auf das erforderliche Maß reifer Vorbildung gestellt haben werden.

Im Berichtjahr sind hierüber neue Unterhandlungen mit dem Kanton Tessin angeknüpft worden, denen der beidseitige gute Wille ein befriedigendes Resultat in Aussicht stellt. In andern Kantonen, mit denen zur Zeit noch interimistisch ein modus vivendi besteht, liât theils die Gesetzgebung die Angelegenheit ernsthaft in Angriff genommen uud wir dürfen auf baldige zufriedenstellende Erledigung hoffen ; theils sind erneuerte Seh ritte geschehen, um den provisorischeu Zustand zu beseitigen.

B a u l i c h e s . Der Physikbau ist in voller Ausführung begriffen. Das für 1887 aufgestellte Bauprogramm ist mit Ende 1887 sozusagen vollständig durchgeführt worden. Die Erdarbeiten uud der Rohbau bis zum Fenstersturz des Erdgeschosses ist bis auf Weniges vollendet und es unterliegt kaum einem Zweifel, daß eine gleichmäßige Förderung des Baues den Bezug mit Oktober 1889 ermöglichen wird. Bezüglich der innern Einrichtung und aller damit zusammenhängenden instrumentalen Dotirung, die Versuchsanstalt für das Forstwesen inbegriffen, sind die nöthigen Aufträge ortheilt.

Herr Professor Weber hat mit unserer Zustimmung die Herbstferien benutzt, um die ausgezeichneten und besonders vollständigen Einrichtungen des großen Laboratoriums für Elektrizität und Elektrotechnik in London: das City and Guilds of London Institut, mit seinen beiden Unterabtheilungen zu besuchen und für die Zwecke unserer Anstalt zu studiren.

VII. Statistisches Bureau.

Im Berichtsjahr kamen folgende Arbeiten zur Ausführung: Die Statistik über die Bewegung der Bevölkerung im Jahre 1885 wurde Mitte März, diejenige über die Bewegung der Bevölkerung im Jahre 1886 am 5. November veröffentlicht. Ueber die erstmals pro 1886 durchgeführte Beschränkung in der Drucklegung dieser Bevölkerungsstatistik haben wir uns bereits letztes Jahr ausgesprochen. Das Material derselben wird im frühern Umfange, zum Theile noch eingehender, aufgearbeitet, dagegen soll die bisher alljährlich vollzogene, umfangreiche Publikation der aus dieser Aufarbeitung hervorgegangenen Resultate in Zukunft bloß noch in

722 großem Perioden stattfinden. Wenn aber für amtliche oder wissenschaftliche Zwecke eine Kenntnißnahme von den Ergebnissen in der Zwischenzeit gewünscht wird, ist dieselbe unter Benützung der beim statistischen Bureau liegenden handschriftlichen Aufzeichnungen jederzeit leicht erhältlich.

Das in früheren Jahren separat publizirte Wochenbülletin über die Geburten und Sterbefälle in den großem Städten der Schweiz wurde im Berichtsjahre durch eine jeweilen im Bundesblatt veröffentlichte, wöchentliche Zusammenstellung der in den betreffenden Städten vorgekommenen Sterbefälle in Folge von Infektionskrankheiten ersetzt.

Die Statistik der überseeischen Auswanderung aus der Schweiz im Jahre 1886 wurde am 31, März ausgegeben. Durch eine Aeuderung in der Erhebung des Materials bei den Auswanderungsagenturen ist es ermöglicht worden, diese Publikation in künftigen Jahren schon Anfangs Februar erscheinen zu lassen.

Die Ergebnisse der Ehescheidungsstatistik vom Jahre 1886 erschienen am 6. September; dieselben geben zum ersten Male auch Aufschluß über die gesetzlichen Gründe der Scheidungen, sowie über die Partei, von welcher in jedem Falle die Klagestelluug ausging.

. Die Publikation über die Resultate der pädagogischen Rekrutenprüfung vom Herbste 1886 erfolgte am 27. Juni; die gleiche Arbeit über die Prüfungen vom Herbste 1887 war Ende des Berichtsjahres in ihrem tabellarischen Theile fertig gestellt.

Die Veröffentlichung der Resultate der ärztlichen Rekrutenuntersuchung vom Herbst 1886 fand am 25. September statt.

Der umfangreiche Band über die Viehzählung vom 2l. April 1886 konnte erst am 15. Dezember der Oeffentlichkeit übergeben werden. Die Berechnung einiger, erst nicht in Aussieht genommener Uebersichtstabellen, dann namentlich die zeitraubenden Feststellungen über die Vertheilung des Viehstandes nach Hauptrassen verzögerten das Erscheinen dieses Werkes länger, als zur Zeit unserer letzten Berichterstattung vermuthet werden konnte.

Der unter Benützung der kantonalen Amtsberichte unternommene Versuch zur Erstellung einer Gefängnißstatistik für das Jahr 1885 konnte zwar im Berichtsjahr zu Ende geführt werden ; die Veröffentlichung der Resultate in der ,,Zeitschrift für schweizerische Statistik" mußte indeß auf Mitte Januar des laufenden Jahres verschoben werden.

723

Was die Sparkassenstatistik betrifft, so wurden im Berichtsjahre zu den Resultaten von 1882 auch noch die Rechnungsergeb nisse für 1886 gesammelt und verarbeitet. Das Tabellenwerk dieser umfangreichen statistischen Arbeit ist nun im Drucke vollendet, dagegen mußte die Fertigstellung der ebenfalls dem Abschluß sich nahenden textuellen Einleitung auf das Jahr 1888 verschoben werden. Mit der Publikation der Sparkassenstatistik für 1882 und 1886 wird der Auftrag Erledigung finden, welchen der Bundesrath dem statistischen Bureau mit Bezug auf die am I I . Juni 1881 vom Nationalrath beschlossene Motion Morel betreffend Einführung der Postsparkassen am 24. November 1882 ertheilt hat. Gleichzeitig wird damit auch dem Wunsche nachgekommen werden, welcher diesbezüglich im Nationalrathe am 29. Juni 1887 bei Behandlung des bundesräthlichen Geschäftsberichts unter ,,VII. Statistisches Büreau geäußert wurde. Was den bei gleichem Anlaße ausgedrückten Wunsch nach Herausgabe eines statistischen Jahrbuches angeht, so erklärt sich der Bundesratli bereit, die Durchführung dieser verdankenswerthe Anregung ins Auge zu fassen. Er ist indessen der Ansicht, daß diese Durchführung bis zur Feststellung des Resultats der im Jahr 1888 stattfindenden Volkszählung verschoben werden solle, da verläßliche Angaben über den Stand der Bevölkerung den Haupttheil und die Basis des fraglichen Jahrbuches bilden müssen, die einschlägigen Daten von 1880 aber schon zu veraltet sind.

Neben den unter eigenem Namen veröffentlichten Arbeiten ist auch der wesentlichen Betheiligung des Büreau's an der Herausgabe der ,,Zeitschrift für schweizerische Statistik* zu gedenken.

Der letztjährige Beschluß, von andern Departementen angeordnete statistische Erhebungen und Enquêten vor Anhandnahme derselben dem Departement des Innern behufs Begutachtung durch das statistische Bureau zuzuweisen, kam im Berichtsjahre zweimal zur Anwendung: das eine Mal für eine vom Militär-Departement in Aussicht genommene Aufnahme über die Landsturmpflichtigen, das andere Mal für die vom Handels- und Landwirtschaftsdepartement ausgehenden Vorarbeiten zur Unfallversicherung.

Ueber die persönlichen Verhältnisse des Büreau's im Berichtsjahre ist das Folgende anzuführen: Mit Rücksicht darauf, daß seiner Zeit die Vorarbeiten für die Einführung des Alkoholmonopols fast
ausschließlich durch den Direktor des statistischen Büreau's besorgt worden waren, fanden wir uns am 6. Juni veranlaßt, den Letztern unter Belassung in seiner dermaligen Stellung für beschränkte Zeitdauer als provisorischen Direktor des zu organisirenden Centralamtes der Alkoholverwaltung

724

dem Finanz-Departement zur Verfügung zu stellen; am 2l. August trat auch der Sekretär des statistischen Büreau's in den Dienst der Alkoholverwaltung; überdies wurde mit Anfang Juli wegen Vollendung der Arbeiten für die Viehzählung ein provisorischer Hülfsarbeiter entlassen.

Eine nicht unwesentliche Störung seiner Arbeiten erwuchs dem Bureau durch seinen Umzug aus dem Bundesrathhaus in das alte Inselgebäude.

VIII. Schweizerische meteorologische Centralanstalt.

Im Laufe des Berichtjahres ist das Netz der m e t e o r ologi-s c h eu S t a t i o n e n erweitert worden durchEtablirug von Beobachtungsposten in C h u r , H e i d e n , Z e r m a t t und Les A v a n t s sur M o n t r e u x , während zu den Orten, wo nur Niederschlagsmessungen und Gewitterbeobachtungen gemacht werden, die Stationen Huttwyl, Splügen und Brissago hinzutraten.

Für die meteorologische Station auf dem S ä n t i s wurde die auf Antrag der meteorologischen Kommission im Jahre 1886 beschlossene eigene Baute bis Anfangs Oktober des Berichtjahres soweit fertiggestellt, daß dieselbe zu diesem Termin bezogen werden konnte. Das ganz massiv aufgeführte, im Innern überall gut vertäfelte Haus entspricht seinem Zwecke vollkommen, nachdem noch einige, übrigens unerhebliche, Ergänzungen und Verbesserungen angebracht sein werden. Die aus dem Brunner'schen Legat bestrittenen Kosten der Baute belaufen sich auf circa Fr. (30,000.

Der Aufwand dieser Summe rechtfertigt sich jedoch sowohl durch die Ermöglichung des billigern laufenden Betriebs der Station, als auch in Hinsieht auf den Umstand, daß bei der jetzt gegenüber der frühem weit günstigem Lage derselben die Beobachtungen einen erheblich höhern Werth gewinnen und nach verschiedenen Rich-tungen hin sich erweitern lassen, und somit unser schweizerisches Bergobservatorium erst recht die ihm allgemein zugestandene internationale Bedeutung gewinnt.

Die G e w i t t e r b e o b a c h t u n g e n wurden in der nämlichen Weise und im bisherigen Umfange fortgeführt. An 97 Tagen de.s Jahres wurden Gewittererscheinungen wahrgenommen. Die 2574 eingegangenen Gewitterrapportkart vertheilen sieh auf die einzelnen Monate wie folgt: Januar und Februar 0, März 8, April 116, Mai 282, Juni 436, Juli 1106, August 410, September 184, Oktober 29, November 0, Dezember 3.

725

lieber die zur Kenntniss derCentralanstalt gelangten H a gels c h l a g e gibt d i e beigefügte Tabelle Details bezüglich d e r Die Zahl der Tage, an welchen Hagelschlag konstatirt wurde, beträgt 29, die Zahl der in den einzelnen Kantonen betroffenen Bezirke 144.

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726 Für den Jahrgang 1886 der meteorologischen Annaleu wurde das Beobachtungsmaterial vollständig bearbeitet; die Drucklegung verzögerte sich jedoch etwas, so daß die Ausgabe zu Ende des Jahres noch nicht statthaben konnte.

In das täglich erscheinende autographische W i t t e r u n g s b ü l l e t i n wurden auf das Ansuchen des Stadtraths von Chur die Daten der dortigen Station aufgenommen ; ferner wurde an Stelle der bisher rapportirenden Station Trogen die neue in Heiden errichtete verwerthet. In dem internationalen Austausch der Witterungsberichte hat keinerlei Aenderung stattgefunden.

Die Kontrole über das Zutreffen der von der Centralanstalt ausgegebenen Witterungs p r o g n o s e n hat für das Berichtjahr folgendes Resultat ergeben : In Zürich ist die Prognose iu ihrem ganzen Umfange in 69 °/o der Fälle, theilweise bei 24 °/'o und gar nicht bei 7 °,'o eingetroffen. Für Luzern fallen nach Prof. Arnet 63 °,o der erstem, 27 °/o der zweiten und 10 °,'o der dritten Klasse zu, während für Neuenburg Prof. Weber Klasse I 78 °/o ganz, Klasse II 16 ° o theilweise richtige und Klasse III 6 °.'o unrichtige Prognosen konstatirt hat. Die Abgabe der Prognosen für Vorarlberg und Tirol hat nach dem Wunsche des k. k. österreichischen Ackerbauministeriums fortgedauert.

O Auch im verflossenen Jahre kam die Centralanstal wieder mehrfach in den Fall, Gutachten und Auszüge aus Beobachtungsregistern an Behörden und Private abzugeben, was jeweilen gegen eine sehr mäßige Gebühr geschieht.

Die von der Schweiz, naturforschenden Gesellschaft für die allseitige Untersuchung unserer schweizerischen Seen bestellte l i m n o l o g i s c h e Kommission gelangte an die eidg. meteorologische Kommission mit dem Gesuche um Veranstaltung von regelmäßigen täglichen Temperaturmessungen an der Oberfläche unserer großem Seen. Die meteorologische Kommission hat diesem Gesuche mit Rücksicht darauf, daß die gewünschten Erhebungen für die allseitige klimatische Erforschung des Landes von Bedeutung sind, entsprochen, und in der Voraussetzung, daß die verschiedenen Dampfschiffverwaltungen sich bereit erklären, durch ihre Angestellten die Messungen machen zu lassen, die meteorologische Centralanstalt mit der Ausführung, d. h. der Kontrole über die Beobachtungen und der Zusammenstellung und Verwerthung der letztern beauftragt. Der Beginn dieser Messungen wird jedoch erst im laufenden Jahre stattfinden können.

727 In der Streitfrage betr. Erhebung der Erbschaftssteuer vom Brunner'schen Legat seitens des Kantons Zürich hat sich das Bundesgericht mit Schlußnahme vom 1. Oktober aus formellen Gründen zunächst als inkompetent erklärt, und es bleibt nun abzuwarten, ob die Regierung von Zürich ia der Angelegenheit weiter vorgehen wird.

IX. Abtheilung Bauwesen.

A. Allgemeines.

Wir haben im letzten Geschäftsberichte bemerkt, dem bei der eidg. Bauverwaltung bestehenden Bedürfnisse für Vermehrung des Personals sei während des Jahres 1886 mit Hülfe der hiefür bewilligten Büdgetkredite in provisorischer Weise entsprochen worden.

Wenn das Gleiche vom gegenwärtigen Beiicbtjahre zu sagen ist, so besteht zugleich Veranlassung zur Beifügung, daß bei Abgang jeder Aussicht auf Wiederabnahme der so sehr angewachsenen Geschäfte dieser Verwaltung, und indem daher nur die Wahl zwischen fortwährenden Provisorien oder Abhülfe für jenes Bedürfuiß in definitiver, gesetzlich geregelter Form bleibt, letzteres kaum länger wird vermieden werden können.

Indem diese Geschäftsvermehrung sich namentlich auch auf die vom Bunde subventionirten öffentlichen Werke der Kantone bezieht -- wie an anderer Stelle des Nähern ersichtlich ist, waren im Berichtjabre 94 Gewässerkorrektionen, und Verbauungen in Ausführung begriffen -- so hat uns dies zu einer Vereinfachung des bisher in dieser Beziehung beim Bundesrathe selbst geübten Verfahrens veranlaßt. Statt daß nämlich bisher auch die Genehmigung der jährlichen Bauprcgramme und der einzelnen Beitragszahlungen, beziehungsweise der denselben zu Grunde liegenden Abrechnungen dem Bundesrathe vorbehalten war, wurde für's Künftige festgesetzt, daß die Genehmigung der jährlichen Bauprogramme, soweit sie nicht eine Aenderung der vom Bundesrathe genehmigten Ausfuhrungsprojekte enthalten, dem Departement des Innern, Abtheilung Bauwesen, überlassen bleibe und daß die Ausbezahlung der Bundesbeiträge für solche Werke in gleicher Weise stattzufinden habe, wie andere Zahlungen, welche auf Grund des Bundesbudgets geleistet werden, also ebenfalls ohne besondere jedesmalige Genehmigung des Bundesrathes auf Mandat des Departements.

728 B. Eigenes Bauwesen des Bundes.

I. Hochbauten.

Der Unterhalt der eidgenössischen Gebäude wurde in gewohnter Weise besorgt, ebenso die Ausführung der durch das Budget und die Nachtragskredite bewilligten Umbau- und Erweiterungsarbeiten. Ueber die Details der daherigen Ausgaben geben die bezüglichen Rechnungsbelege nähere Auskunft.

Von den letzterwähnten Arbeiten konnten die Restauration des Bundesrathssaales, die Umänderungen und Instandsetzungen im Zollhause in Brissago, sowie die Erhöhung des Postsebäudes in Bern verschiedener Verumstäudungen halber nicht ausgeführt werden, daher für die erst- und letztgenannten Arbeiten im dieüjährigen Budget bezügliche Beträge eingestellt wurden, während wir anläßlich der Nachtragskreditbegehren pro 1888 um Neubewilligung des nicht verwendeten Kredites für die Arbeiten im Zollhause Brissago einkommen werden.

Schon im Vorjahre oder noch früher im Bau begriffene Neubauten gelangten gänzlich oder wenigstens der Hauptsache nach zur Vollendung: das Chemiegebäude in Zürich, welches schon im Herbst 188(5 bezogen worden war; ein Munitionsgebäude in Ostermundigen und das Post- und Telegrapheugebäude iu St. Galleu, in welchem der Post- und Telegraphendienst am 1. Dezember 1887 eröffnet werden konnte.

Die Arbeiten zu dem im Jahre 1886 begonnenen Post- und Telegraphengebäude in Luzern rückten so weit vor, daß der Umzug aus den alten Lokalen in das neue Gebäude im Mai 1888 wird bewerkstelligt werden können. Das Gleiche gilt vom Postund Telegraphengebäude in Interlaken, bei welcher Baute die Arbeiten im Frühjahr letzten Jahres ihren Anfang genommen haben.

An weitern Neubauten, die im Berichtjahre in Angriff genommen wurden und im Laufe desselben den betreffenden Verwaltungen zur Benützung übergeben werden konnten, sind erstellt ·worden : ein Observatorium auf der Säntisspitze, wozu die nöthigen Felssprengungen im Jahre 1886 vorgenommen worden waren ; ein Werkstattgebäude bei der Waffenfabrik in Bern; ein Magazingebäude für die Munitionsfabrik in Thun : ein Sicherheitsstand auf der Allmend in Thun : O

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729 eine Magazinbaute zur Aufbewahrung von Scheibenmaterial auf dem Schießplatz in Ostermundigen ; ein Stallgebäude bei der Kaserne in Frauenfeld ; ein Oekonomiegebäude mit Fourragemagazin in Luziensteig; eine Oekonomiegebäude-Anlage (bestehend aus einem Stallgebäude, einem Heu- und Strohmagazin und einem Wohnhaus) in Amsoldingen bei Thun ; ein Fabrikgebäude iu der Pulvermühle Chur; ein Zollhaus in La Bouège im Berner-Jura ; ein Dependenzgebäude für den Veterinärdienst beim Zollhause in Thônex (Kanton Genf); eine Postremise in Yverdon.

Mit den Arbeiten für das Physikgebäude in Zürich wurde frühzeitig begonnen und solche mit aller Energie betrieben. Es sind denn auch im ersten Baujahr die großen Terrassirungs- und die lianalisations-Arbeiten der Hauptsache nach vollendet und überdies die außerhalb des Gebäudes liegenden unterirdischen Räume, sowie die Gebäudefundamentirungen erstellt und die Erdgeschoßmauern zum großen Theile ausgeführt worden.

Der Bau eines weitem Munitionsgebäudes, wofür im Budget pro 1887 der nöthige Kredit vorgesehen war, mußte unterbleiben, weil einerseits die Frage des Emplacements desselben nicht rechtzeitig entschieden werden konnte und anderseits die im Sommer 1887 erfolgte Explosion des Munitionsmagazines in Payerne zu nähern Studien und Versuchen über die in Zukunft in Anwendung zu bringende Konstruktionsart für Geschoß- und Patronenmagazine Anlaß gab. Ein Theil des betreffenden Kredites wurde für die Vollendung der großen Binfriedigungsmauer um das in Ostermundigen angekaufte Bauterrain für Munitionsgebäude verwendet.

Die Unterhandlungen für die Erwerbung des Bauplatzes zu einem Zollgebäude in Grassier gelangten so spät zum Abschlüsse, daß für letzteres im abgelaufenen Jahre nur noch die definitiven Baupläne ausgearbeitet, die Arbeiten ausgeschrieben und vergeben und mit den Fundamentirungen begonnen werden konnte. Immerhin ist dafür gesorgt, daß das Gebäude auf 1. Juni 1888, auf welchen Zeitpunkt die Miethe der gegenwärtigen Zoll-, Post- und TelegraphenLokale in Crassier abläuft, zum Bezüge bereit stehen wird.

Die Erstellung eines neuen Zollgebäudes in Campocologno, über welche Frage wir in der Botschaft zum Budget pro 1887 einläßlich berichtet haben, wurde verschoben, weil wir hofften, es könne möglicherweise von einem Neubau abgesehen werden.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

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730

Neuerdings erfolgte Abbruche an der dem alten Zollhause gegenüberliegenden Berghalde haben jedoch dargethan, daß an einen Wiederbezug des seit einigen Jahren verlassenen Gebäudes nicht gedacht werden kann, weßhalb wir die nöthigen Anordnungen y.u möglichst baldiger Inangriffnahme der Neubaute getroffen haben.

Auf das Berichtjahr fallen nebst der oben erwähnten, aus unbekannten Ursachen erfolgten Explosion des Munitionsgebäudes in Payerne zwei Brandfälle in eidgenössischen Gebäuden. Der eine betrifft ein Fourragemagazin auf der Allmend in Thun, welches durch Blitzschlag entzündet und vollständig eingeäschert wurde; der andere einen Brandausbruch im Postgebäude in Genf. In beiden Fällen wurde der Gebäudeschaden durch die betreffenden Brandassekuranz-Anstalten gedeckt.

II. Straßen- und Wasserbauten.

Diese beschränkten sich im abgelaufenen Jahre auf den Unterhalt der Straßen, Wege, Fabrikkanäle, Uferversicherungen an der Aare bei Thun und an der Thur bei Frauenfeld, sowie auf die Fassung von neuen Quellen und Zuleitung derselben zu verschiedenen Fabrikgebäulichkeiten in der Pulvermühle Lavaux und auf die Erstellung eines Abzugskanales in der Pulvermühle in Chur.

C. Mobiliarwesen.

Im abgelaufenen Jahre war der Bedarf an Mobiliar für einzelne Verwaltungen, wie z. B. für das Justiz- und Polizeidepartenient, die Zollverwaltung, die Centralbibliothek, das topographische Bureau, das Geniebüreau, die eidg. Anstalt für Prüfung von Baumaterialien in Zürich u. s. w., ein ganz außerordentlicher. Daneben wurden die Anschaffungen für die inneren Einrichtungen der chemischen Laboratorien, sowie der Sameakontrolstation und der agriculturchemischen Untersuchungsstation im neuen Chemiegebäude in Zürich fortgesetzt. Das Nähere über die Verwendung der bewilligten Kredite ist in der Mobiliarkontrole ersichtlich.

D. Beschaffung TOD Büreaulokalen für die eidg. CentralTerwaltung und Hausdienst.

Die auf I.Januar 1888 in Kraft erwachsene neue Organisation des Bundesrathes veranlaßte uns, in der Repartition der Lokale im Bundesrathhause unter die verschiedenen Verwaltungen einige Aenderungen vorzunehmen, was die gleichzeitige Auslocirung des

731 statistischen Büreau's des Departements des Innern, der Pulververwaltung, sowie der Bureaux für das Auswanderungswesen, den Handel mit Gold- und Sil herabfallen und die Handelsstatistik aus dem Bundesrathhause nach sich zog, während die im letzten Herbst in's Leben getretene Alkoholverwaltung (mit Ausnahme der in das alte Inselgebäude verlegten Abtheilung für Expropriationen und Entschädigungen) vorläufig im Bundesrathhaus untergebracht wurde.

Das statistische Bureau und das Bureau für das Auswanderungswesen wurden provisorisch in das alte Spitalgebäude an der Inselgasse dislocirt, für die Pulververwaltung und die Bureaux für den Handel mit Gold- und Silberabfällen und die Handelsstatistik dagegen Zimmer am Hirschengraben und an der Wallgasse gemiethet Da infolge des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1887 betreffend Erstellung eines Verwaltungsgebäudes in Bern mit dem Abbruche der alten Insel im kommenden Frühjahr begonnen werden wird, so haben wir uns bereits um anderweitige Lokale für die vorübergehende Unterbringung der gegenwärtig in genanntem Gebäude befindliehen Verwaltungs-Abtheilungen umgesehen.

E. Verschiedene Aufträge betreffend Hochbau.

Von Geschäften, die sich nicht auf das eigene Hochbauwesen des Bundes, sondern auf dem Letztern zur Verfügung gestellte, gemiethete, oder in Miethe zu nehmende Gebäude oder auch auf solche, deren Ankauf durch den Bund in Präge kommt, beziehen, wurden unserer Bauverwaltung während des Berichtjahres wieder eine Reihe zur Behandlung überwiesen. Es betrifft dies unter Anderem das Bundesgerichtsgebäunde in Lausanne, die Lagerhäuser in Ölten und Aarau, die Kaserne auf demBeundenfeldd in Bern, die Militäranstalten in Bière, die Zollbüreaux und ZollbeamtenWohnungen i n d e n Bahnhöfen S t . Margrethen u n d Buchs, Lausanne, das Hôtel Montreux daselbst, die Filialpostlokale in Chaux-de-Fonds, d i e Post- u n d Telegraphenlokale i n d e r hof in Basel, die Postlukaleinn Burgdorf, das Postgebäude in Zürich, die Postlokale in Oberstraß, die Post- undTelegraphenbüreauxxinu Wattwyl,St.. Moritz und Schuls, das Post- und Telegraphengebäude in Lugano u. s. w. Das Nähere über diese Geschäfte geht aus den Jahresberichten derjenigen Departemente, in deren Ressort die Materie einschlägt, hervor.

732

F. Kantonale Straßen und Brücken.

1. Oberaufsicht über den Unterhalt.

Die daherigen Inspektionen sind auch im Berichtjahre in gewohnter Weise durch das Oberbauinspektorat im Beisein betreffender kantonaler Organe besorgt worden. Dieselben haben sich auf die Straßen bezogen, deren Bau vom Bunde subventionirt worden ist, dano auch auf diejenigen, an deren Unterhalt er verfassungsgemäß Beiträge leistet; zu einzelnen Inspektionen gab ferner die Benutzung für die eidgenössischen Posten auch bei nicht in vorgenannte Kategorien fallenden Straßen Veranlassung, bezüglich welcher zwar, um allfàlligen Anforderungen Nachdruck zu geben, dem Bundesrathe nur das Mittel der Einstellung der betreffenden Postkurse zur Verfügung stünde.

Im Berichtjahre war übrigens zum Verkehr mit Kantonsbehörden wegen des Straßenunterhaltes, abgesehen von der Mittheilung von Inspektionsberichten, nicht häufig Veranlassung. Die Eröffnung der Bergpässe für das Rad war im letzten Frühjahre durch die Witterung nicht begünstigt, kam aber bis zu dem vom 15. auf 20. Juni zurückgestellten Beginn der Sommerpostkurse überall zu Stande.

2. Subventionirung von Neubauten.

Nachdem schon im letztjährigen Berichte die Merligen-NeuhuusStraße am Thunersee als vollendet und bezüglich der BuudesSubvention liquidirt erwähnt worden ist, bleiben von den dort unter dieser Rubrik aufgeführten Gegenständen folgende zu weiterer Besprechung : Die Vitznau-Gersau-Straße.

Für die auf Gebiet von Schwyz liegende Strecke derselben wurde, nachdem sie schon im Vorjahre vollendet war, die zweite Rate, beziehungsweise der Rest des Bundesbeitrages mit Fr. 27,630 verabfolgt. Die Strecke auf Gebiet von Luzern gelangte im Berichtjahr noch nicht zu gänzlicher Vollendung und es wurde daher an die im Subveutionsbeschlusse vorgesehene zweite Annuität von Fr. 21,200 bloß eine Abschlagszahlung von Fr. 12,000 geleistet.

Uebrigens ist die Straße auch auf diesem Kantonsgebiete und daher in ihrer ganzen Ausdehnung von Vitznau bis Gersau im Berichtjahre fahrbar geworden.

733

Die Straße von Cento-Valli und die Maggiabrücke bei Ascona.

Diese beiden Subventionsangelegenheiten des Kantons Tessin sind mit Botschaften des Bundesrathes den hohen eidg. Räthen vorgelegt worden.

Die Grimselstraße.

In unserm letzten Geschäftsberichte wurde gemeldet, daß infolge eines von Bern bezüglich des Baues dieser Straße eingegangenen Subventionsgesuches die Regierung von Wallis angefragt worden, wie sie sich für dortiges Gebiet zu diesem Strassen projekte stelle, jedoch bis Jahresschluß eine Antwort darauf nicht erfolgt sei.

Diese ist dann während des Berichtjahres in dem Sinne eingegangen, daß ein limitirter Beitrag, jedoch auch dieser vorläufig unverbindlich, in Aussicht gestellt wurde. Nach einem hierauf von Bern veranlagten und von Wallis beschickten Augenschein, zu dem auf Ansuchen von ersterer Seite auch der eidgenössische Oberbauinspektor abgeordnet wurde, hat der Bundesrath infolge Berichterstattung des letzteren das Projekt und den Voranschlag an die Regierung von Bern zur Revision zurückgestellt, und dieß zwar mit dem Vorbehalte, daß damit die Stellungnahme der Bundesbehörden zu dieser Angelegenheit in keiner Richtung präjudizirt werden solle.

3. Verschiedene Straßen- und Brückenangelegenheiten.

Tresabrücke. bei Cremenaga.

Bezüglich der diese Brücke betreffenden, im letzten Berichte erwähnten Angelegenheit ist im Berichtjahre nichts an den Bundesrath gelangt.

Innbrücke zu Martinsbruck.

Die auf diese Grenzbrücke bezügliche, im letzten Geschäftsberichte erwähnte Angelegenheit hat durch den im Einverständniss zwischen Graubünden und Tyrol beziehungsweise Oesterreich zu Stande gekommenen Umbau dieser Brücke ihre Erledigung gefunden.

Straße Vendlincourt-Courtavon.

Dem in dieser, eine Verbesserung der Straßenverbindung zwischen den beiden vorgenannten, beziehungsweise Bern und Elsaß angehörenden Ortschaften betreffenden Angelegenheit -- laut

734

letztjähriger Mittheilung -- auf Wunsch von Bern der Gesandtschaft in Berlin ertheilten Auftrage ist letztere durch Mittheilunu; einer vorläufigen Autwort das dortigen auswärtigen Amtes uairhgekomiueti und es ist davon der ßegieruug von Bern KenutuuJ gegeben worden.

Seedamm Rapperswil.

Die in unserm letzten Berichte erwähnte Reklamation von Schiffern des Ziirichsee's betreffend das Oeffnen der dortigen Drehbrücke hat im Berichtjahre ihre Erledigung noch nicht gefunden.

Rheinbrücke zu Kaiserstuld.

Auf Gesuch der Regierung von Aargau hat der Bundesrath die Einleitung von Verhandlungen mit der großherzogl. badiseheu Regierung wegen Neubaues dieser durch Hochwasser theilweise zerstörten Brücke nebst Anlage verbesserter Zufahrtsstraßen vermittelt. Die weitere Fortführung dieser, den Grenzverkehr betreffenden Verhandlungen wird genannter Kantonsregierung überlassen.

Tessinbrücke bei Lodrino.

Ein von der zwischen Biasca und Bellinzona auf der rechten Seite des Tessinflusses liegenden Gemeinde Lodrino direkt an den Bnndesrath gerichtetes Gesuch um Subventionirung einer dort über den Tessiofluß zu erbauenden Brüeke, welches Gesuch mit dem dieser Brücke im Hinblick auf die Befestigungen auf der rechten Thalseite gegenüber Bellinzona beigemessenen militärischen Interesse motivirt wird, wurde unter allem Vorbehalte an die Regierung von Tessin verwiesen, um ihr Anlaß zu geben, sich darüber zu äußern.

Acher eggbrücke bei Stansstad.

Infolge einer auf Gesuch der Dampfschifffahrts-G-esellschaft des Vierwaldstättersees veranstalteten Untersuchung dieser, mit Bundessubvention gebauten Brücke hat der Bundesrath die Regierung von Nidwaiden zu Vornahme gewisser, von den Experten als nöthig bezeichneter Reparaturen eingeladen, hingegen bezüglich der von der Dampfschifffahrts-Gesellsuhaft verlangten Erweiterung der Durchfahrtsöffnung dieselbe dahin besehieden, daß sie daherige Vorschläge mit Projekt und Devis an genannte Regierung zu richten hätte, von welcher Seite dann der Bundesrath eventuelle Anträge gewärtigen würde.

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G. Allgemeines Wasserbauwesen.

1. Oberaufsicht Über die Wasserbaupolizei und Verschiedenes.

Indem es vorkommt, daß von Kantonsregierungen über subventionirte Wasserbauten eingesandte Abrechnungen nicht vollständig den Vorschriften der Vollziehungsverordnung vom 8. März 1879 zum eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze entsprechen, fand der Bundesrath sich dadurch zu Erlassung eines Kreisschreibens an sämmtliche Kantonsregierungen veranlaßt. Darin wurde gesagt, es sei zwar nicht zu bezweifeln, daß letztere nur solche Abrechnungen einsenden, welche sie ihrer Verpflichtung gemäß darauf haben prüfen lassen, daß sie die wirklichen Kosten richtig angeben und daher geeignet seien, die reelle Grundlage für die nach festgesetztein Verhältnisse zu berechnenden Beiträge des Bundes zu bilden. Gleichwohl müsse der Bundesrath, um seiner Obliegenheit nachzukommen, verlangen, daß dieselben in einer Weise angefertigt und belegt seien, welche ihre Verifikation durch seine Organe ermöglicht.

Angesichts der so großen, von Bund und Kantonen für die Verbesserung der Zustände an den Gewässern gebrachten Opfer liegt die Aufgabe nahe, sieh darüber Rechenschaft zu geben, in welchem Maße dieser Zweck bisher mit den angewandten Mitteln und Methoden erreicht worden sei, beziehungsweise ob nicht Veranlassung zu Verbesserung der letztern bestehe. Hinwieder ist es einleuchtend, daß dieser Aufgabe nur durch genaue Erhebung und Prüfung der mit den ausgeführten Werken erzielten Resultate entsprochen werden kann. Wenn, die hiezu erforderlichen, in's Detail eingehenden Aufnahmen nicht unwesentliche Kosten verursachen, so kommen diese doch gegenüber dem Nutzen nicht in Betracht, welchen zum richtigen Ausdrucke gebrachte Erfahrungsresultate für weitere derartige Bauten haben können. Wir haben es daher angemessen erachtet, unser Departement des Innern, Abtheilung Bauwesen, auf dessen Antrag zu ermächtigen, solche Aufnahmen zu angegebenem Zwecke vornehmen zu lassen. Dabei erachteten wir um so mehr, die besagie Aufgabe in erster Linie als eine solche des Bundes ansehen zu sollen, als seine Centralaufsichtsstelle sich mit den daherigen Arbeiten aller Kantone zu beschäftigen hat und daher am besten in der Lage ist, die mit denselben erzielten Resultate zu vergleichen.

Laut dem vom Departement erstatteten Berichte sind schon im Berichtjahre
solche Aufnahmen an ausgeführten Flußkorrekcionen und Wildbachverbauungen in bedeutendem Umfange vorgenommen worden, und wir haben dasselbe zu Fortsetzung derselben im laufenden Jahre ermächtigt.

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Im letzten Geschäftsberichte wurde unsere Verfügung erwähnt, wonach immer auf Jahresschluß vom Departement des Innern, Bauwesen, dem Finauzdepartement ein Tableau zuzustellen ist, welches, indem es die für Korrektionen und Verbauungen zugesicherten Bundesbeiträge und die daran bereits geleisteten Zahlungen enthält, den Stand der daherigen Verpflichtungen auf den gegebenen Zeitpunkt zur Anschauung bringt. Wie dort beigefügt wurde, ist dasselbe zu umfangreich, um es in den Geschäftsbericht aufnehmen zu können. Im gegenwärtigen wird dies indessen hier unten sub 2 und 3 bloß bezüglich einer kantonsweisen Rekapitulation ohne Aufführung der einzelnen Werke geschehen, welcher dann, wie in den Vorjahren, die aus genanntem Tableau sich ergebenden Schlul.îresultato beigefügt werden.

Die Bestimmungen in Art. 5 und 6 des eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetzes vom 22. Juni 1877, wonach die Kautone, jeder auf seinem Gebiete, zur Ausführung und zum Unterhalte der vom öffentlichen Interesse verlangten Arbeiten verpflichtet sind und in Fällen eines interkantonalen Interesses an solchen Bauten, sofern eine Vereinbarung nicht erzielt werden kann, dem Bundesrathe. der Entscheid darüber zufällt, haben diesem im Berichtjahro Anlaß gegeben, sich mit zwei daherigeu Anständen zu befassen. Der erste betraf die von Zürich unternommene Korrektion der Sihl auf der Strecke oberhalb Sihlbrücke, wo dieser Fluß die Grenze zwischen genanntem Kanton und Zug bildet und von letzterer Seite gewisse Einsprachen erhoben wurden, die nun aber ihre Erledigung gefunden haben. Der andere Fall bezieht sich auf den die Grenze zwischen Zug und Schwyz bildenden sogenannten Rüßbach bei St. Adrian am Zugersee und ist dadurch veranlaßt, daß ersterer Kanton eine Betheiligung an Korrektionsarbeiten verlangt, welch« letzterer ablehnt, weil das Erforderniß eines wesentlichen Interesses dafür nicht bestehe. Dieser Anstand ist noch pendent. -- Ein im letztjährigen Berichte erwähnter einschlägiger Fall, der die Kautone St. Gallen und Graubünden und eine Ergänzung der Rheiukorrektion auf Gebiet des letztern betrifft, ist auch noch nicht erledigt.

Indem die Linien der Brünigbahn in Berührung kommen mit den vom Bunde subventionirten Arbeiten, einerseits der Hasliaarekorrektion und anderseits der Gewässerkorrektionen in Obwalden an der Aa und Melchaa und an der großen und kleinen Schliere, so gab dies Veranlassung zur Prüfung der betreffenden Bahnprojekte vom wasserbaupolizeilichen Gesichtspunkte.

737

Die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem Großherzogthum Baden betreffend den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basel, vom 10. Mai 1879, bestimmt in ihrem Art. 5 , daß Bauten oder irgendwelche Anlagen an diesem Grenzflusse innert dem Bereiche der höchsten Wasserstände beiderseits nicht ausgeführt werden sollen, ohne dem anderseitigen Staate durch Mittheilung der betreffender. Pläne Anlaß zu Geltendmachung seiner allfällig davon berührten Interessen gegeben zu haben. Im Berichtjahre sind verschiedene einschlägige Fälle vorgekommen.

Erstens ist der von dieser Bestimmung berührte Theil des Projektes der Aarekorrektion Böttstein-Rhein der badischen Regierung mitgetheilt worden, hat derselben jedoch keine Veranlassung zur Einsprache gegeben. Sodann wurde unter Vermittlung des Bundesrathes gemeinschaftlich vom Kanton Aargau und dem Großherzogthum Baden die Anlage einer Fähre über den Rhein bei Wallbach konzessionirt. Endlich kam vorerwähnte Vertragsbestimmung auch bei der an anderer Stelle schon erwähnten Angelegenheit betreffend den Umbau der Brücke bei Kaiserstuhl in Betracht.

Die Korporationsgemeinde der Stadt Luzern beabsichtigt einen Umbau ihrer Wasserwerke an der Reuß daselbst. Das daherige Projekt ist dem Bundesrathe von der Regierung des Kantons Luzern mitgetheilt worden, welche letztere infolge Vertrages betreffend Verbesserung des Seeabflusses in Luzern, vom 9. Oktober 1858., Art. 8 (Amtl. Samml. VI, S. 142 u. f. darüber zu wachen hat, daß an dem Seeausflusse und dem Reußbette in Luzern keine Bauten oder sonstige Veränderungen vorgenommen werden, welche einen nachteiligen. Einfluß auf den Seeabfluß üben können. Gemäß von genannter Regierung ausgesprochenem Wunsche ist das Oberbauinspektorat mit der Prüfung des Projektes in Rücksieht auf letzteres beauftragt worden. Indem gleichzeitig den andern Uferkantonen (Uri, Schwyz und beiden Unterwaiden) Anlaß zur Aeußerung über dasselbe gegeben wurde, haben sie dagegen Bedenken erhoben, und es bezeichnet dies die Sachlage am Ende des Berichtjahres.

Wegen Felsablösungen, welche im sogenannten Bannwald bei Altdorf und bei Spiringen im Schächenthal vorgekommen sind, haben wir auf Gesuch der Regierung von Uri Expertisen veranstaltet.

738

2. Subventionirung von Korrektionen und Verbauungen durch den Bundesrath.

Es folgen hier: Die tabellarische und kantonsweise Zusammenstellung der vom Bundesrathe im Berichtjahre bewilligten Subventionen, sodann das ebenfalls kantonsweise angefertigte Verzeichniß der Beitragszahlungen, wie sie auf Grund der im Berichtjahre selbst und früher durch den Bundesrath stattgehabten Zusicherungen und nach Maßgabe der erfolgten Ausführung der Arbeiten geleistet worden sind, endlich die Rekapitulation des Tableau's über den Stand der daherigen Verpflichtungen des Bundes auf Ende 1887.

*

a. Vom Bundesrathe im Berichtjahre zugesicherte Subventionen.

Kostenvoranschlag.

Bezeichnung der Arbeiten.

1. Bern.

a. Verbauung des Kratzbaches bei Thun b. Verbauung des Kawflisbaches bei Saanen

Bundeskasse.

Hülfsmillion.

Fr.

Fr.

Fr.

27,600. -- 92,000. 57500 --

11,040. -- 36,800. -- 23000 --

3000 -- 3,900. -- 73,600. --

1200 -- 1,560. -- 29,440. --

--

257,600. -- 103,040. --

--

d. Nachsubvention für Verbaunng der Zuflüsse des Kalberliöhnibaches (Rüblie. VcrbaauBg des Horlauibaches in Winkeln bei Frutigen .

f. Verbauung d e s Beiden- u n d Garfenbaches z u Boltigen .

.

.

.

Beiträge aus der

Sehaale am Glyssibach bei Brieng.

2. uri.

In Behandlung: Subventionsgesuche betreffend: a. Verbauungen im Bannwald bei Altdorf, b. Schützbauten bei der Vereinigung der beiden Göscheneralpbäche.

8. Schwyz.

Verbauung des Mosenbaches bei Galgenen (Nachsubvention)

38,000. --

15,200.--

93,000. -- 14,420. -- 107,420. --

46,500. -- 5,768. -- 52,268. --

4. Glaras.

a. Verbauung des Haslen- Baches .

6. Korrektion des Hinter steinibaches bei Elm

.

-- --

-3 CO CO

Bezeichnung der Arbeiten.

Kostenvoranschlag.

Fr.

6. Basel-Land.

Korrektion des Hamburger-Baches (Nachsubvention) 6. St. Gallen.

Schntzbauten a m Rhein zwischen Monatein u n d Bodensee .

.

.

.

7. Graubünden.

a. W uhrbauten am Vorderrhein bei Trans in den sog. Agnas 6. Wuhrbauten am Vorderrhuin bei Waltenslmrg in der sog. Pardella c. Flußbettausräumungen am Hinterrhein zwischen Hinterrhein und Nufenen d. Bewuhrung des Pignieiierbachcs bei dessen Einmündung in den Hinterrhein e. Verlängerung der rechtsseitigen Bewuhrung des Hinterrheins unterhalb /. Verbauung des Guggerbaches, Gemeinde Davos g.

,, ,, Grünetobeh, ,, .

.

.

n h.

,, ,, Gaislochtobeis, ,, ,, .

.

.

i.

,, ,, Bolgentobels, ,, ,, .

.

.

6 /;. Wuhr an der Sealära-BM/b b ' Clnvr /. Verbanung des Schwär'ztobels bei Conters im Prättigau .

m. Kolmatirnngen am linken Ufer der Landquart, Gemeinde Jenaz n . Eindämmung d e r Lockrufe, Gemeinde Fläsch .

.

.

.

o. Korrektion der Susasca, Gemeinde Sils p. Korrektion der Archa Grondrt-Riifa bei der Mündung in den Kam bei Valcava (Münsterthal) .

.

.

.

' In Behandlung geblieben: Subventionsgesuch betreffend Verbreiterung und · Vertiefung des Ausflusses des See's von l'occhiavo bei Meschino.

9,000.--

Biwdeskasse.

ffilfsmülion.

Fr.

Fr.

3,000.--

127,000.-- 42,333. -- 1,600. -- 1.000. -- 1,500. -- 2,000. --

7 (*o

Beiträge aus der

533.35 333. 35 600.-- 800.--

2,600. -- 6,500. -- 4,300. -- 1,720. -- 3,600. -- 1,440.-- 3,360. -- 8,400. -- 5,680. -- 2,272. -- 18,000. -- 6,000.-- 1,424. -- 3,560. -- 11,100. -- 3,700. -- 79,626. -- 31,850. -- 13,000. -- 5,200.-- 2,750. --

1,100. --

162,616.--

62,932. 70

--

--

--

--

i l

Kostenvoranschlag.

Bezeichnung der Arbeiten.

Fr.

8. Tessin.

a. Korrektion des Brenna bei Dongio (Sentida) 6. Verbauung der Kovana bei Campo

Beiträge aus der Bundeskasse.

Hülfsmillion.

Fr.

Fr.

1,620. 540.-- 68,000. - 34,000. --

In Behandlung geblieben: Schntzbau am Tessin bei Quinto; Bewuhrung des Tessin bei Ambri sopra.

9. Waadt.

Verbanungsarbeiten bei Bougy nnd Perroy 10. Wallis.

«. Verbauung des Hochbalmbaches bei Saas-Fée (Naehsubvention) b. Entsumpfimg skanal anf Gebiet der Gemeinde Raron . .

.

.

Gesammtbetrag

69,620. -- 34,540. --

--

14,000. -

4,666. --

3,080. -- 6,500. --

1,030. -- 2,167. --

1,083. --

9,580. --

3,197.--

1,083.--

794,836. -- 321,176.70

1,083.--

7 *-

1

742

b. Vom Bundesrathe zugesicherte, im Berichtjanre ausbezahlte Subventionen.

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17)

Kanton Bern.

Verbauung der großen Rieseten im Sytiwalde bei Wilderswyl Fr. 1,187. 95 Korrektion des Saxetenbaches bei Wilderswyl ,, 7,226. 20 Umbau der Gontenbachschaale ,, 4,300. -- Korrektion der Simme zwischen Lenk und Oberried ,, 5,200. -- Korrektion der Simme vorn Wallbach bis Niederdorf ,, 4,900. -- Verbauung des Mattenbaches bei St. Stephan ,, 3,200. -- Verbauung des Senggigrabens bei St. Stephan ,, 800. -- Verbauung des Tscherzisbaches bei Gsteig . ,, 4,400. -- Korrektion der kleinen Simme zwischen Zweisimmen und Moosenried ,, 3,040. -- Verbauung des Klosterbaches bei Därstetten n 2,100. -- Verbauung des Narrenbaches bei Diemtigen ,, 7,200. -- Verbauung des Kratzbaches bei Thun . ,, 7,700. -- Zulgkorrektion bei Steffisburg . ,, 2,400. -- Korrektion und Verbauung der Gürbe bei Blumenstein ,, 4,200. -- Korrektion der Aare zwischen Elfenau und Bern ,, 14,469. 03 Korrektion der Ilfis zwischen Langnau und Emmenmatt ,, · 4,931. 60 Korrektion des Ersingen-Baches ,, 8,383. 65 Total Fr.

85,638. 43

Kanton Luzern.

1) Kanalanlage und Reußdammerhöhung bei Inwyl Fr. 13,320. -- 2) Verbauung des Renggbaches bei Kriens . ,, 9,672. 71 Total

Fr. 22,992. 71

743

Kanton Schwyz.

1) Verbauungen im Inner-Wäggithale .

. Fr. 14,796. 29 2) Verbauungen in der Alp Stäflen (VorderWäggithal) ,, 1,001. 82 3) A r erbauung des Mosenbaches bei Galgenen . ,, 949. 55 4) Verbauung des Spreitenbaches bei Lachen . ,, 2,747. 41 5) Korrektion des unteren Laufes des Spreitenbaches bei Lachen ,, 9,468. 70 6) Verbauung des Kessibaches bei Altendorf . ,, 7,672. 267) Verbauung des Hundsbüelbaches an der Ibergegg bei Schwyz ,, 1,437. 83 8) Verbauung des Steinibaches im Euthale bei Einsiedeln ,, 8,104. 97 Total

Fr. 46,178. 83

Kanton Unterwaiden ob dem Wald.

1) Verbauung der kleinen Schlieren bei Alpnach, Restzahlung .

2) Verbauung der Zuflüsse der kleinen Schlieren bei Alpnach .

3) Verbauung des Lauibaches bei Lungern .

Total

Fr.

,, ,,

29. 93 6,760. -- 9,520. --

Fr. 16,309. 93

Kanton Unterwaiden nid dem Wald.

Verbauung des Steinibaches bei Hergiswyl

. Fr.

9,253. 95

Kanton Freiburg.

1) Korrektion der Glane zwischen Siviriez und Macconoens Fr. 13,000. -- 2) Verbauung der Mortivue bei Seuisales .

. ,, 7,207. 25 Total

Fr. 20,207. 25

744

Kanton

Schaffhausen.

1) Wutach-Korrektion bei Schleitheim 2) Rhein-Korrektion bei Rildlingen

.

. Fr. 1,613. 53 . ,, 20,153. 10 Total

Fr. 21,766. 63

Kanton Graubünden.

1) Wuhrarbeiten am Vorderrhein bei Trons . Fr.

2) Linksseitige Bewahrung des Vorderrheins bei Waltensburg ,, 3) Flußbetträumung am Hinterrhein zwischen Hinterrhein und Nufenen (Rheinwald) .

. ,, 4) Rechtsseitige Bewuhrung des Hinterrheins unterhalb dem Pignieuerbach (Schams) . ,, o) Rechtsseitige Bewuhrung des Pignieuerbaches (Schams) ,, 6) Verbauung des Guggerbaches bei Da vos-Platz ,, 7) Verbauung des Albertibaches bei Davos-Platz ,, 8) Rechlsseitige Bewuhrung des Bheins bei Ems ,, 9) Verbauung der Val-Parghera-Rüfe bei Chur ,, 10) Linksseitige Bewuhrung der Scalära-Rüt'e bei Chur ,, 11) Verbauung der Trimmiser-Dorfrüfe .

. ,, 12) Linksseitige Bewuhrung des Rheins bei Felsberg fl 13) Wuhrarbeiten am Rhein bei Haldenstein . ,, 14) Linksseitige Bewuhrung des Rheins b. Untervaz ,, 15) Linksseitige Bewuhrung des Taschinasbaches bei Grüsch (Prättigau) . ,, 16) Verbauung des Taschinasbaches bei Grüsch (Prättigau) ,, 17) Rechtsseitige Bewuhrung des Schanielbaches bei Luzein (Prättigau) ,, 18) Korrektion des Inn bei Bevers (Oberengadin) ,, üebertrag

Fr.

8TO. -- 300. -- 600. -- 1,765. 60 800.

l,63(i.

1,528.

2,270.

320.

-- -- 05 -- --

2,081.

1,580.

2,202.

2,853.

547.

-- -- 65 35 45

2,572. 65 1,769. 60 606. 25 6,000. -- 30,302. 60

745

Uebertrag Fr. 30,302. 60 19) Verbauung der Val Urezza bei Zuz (Oberengadia) ,, 1,728. -- 20) Verbauung der Val Gauduns bei Scanfs (Oberengadin) . ,, 1,550. 40 21) Entwässerungsarbeiten zu Fetan(Unterengadin) ,, 10,196. 40 22) Verbau ung der Val Cavrinè bei Brusio (Valle di Foschiavo} ,, 1 2 9 . -- 23) Verbauung der Val Euinas bei Fuldera (Münsterthal) ,, 908. 50 24) Verbauung der Tanter Ruinas-Rüfe bei Münster (Münsterthal) ,, 400. 40 Total

Fr. 45,215. 30

Kanton Thurgau.

Korrektion des Tegelbaches bei Osterhalden

. Fr.

2,133. 62

Kanton Tessin.

1) 2) 3) 4)

Schutzbauten am Brenno bei Dongio .

. Fr. 6,841. 49 Schutzbauten am Brenno bei Mal vaglia . ,, 25,312. 81 Korrektion des Brenno bei Semione .

. ,, 14,787. 53 Verbauung des Wild bâches La Recchia im Val Bavona ,, 1,884. 25

5) Korrektion der Magliasina bei Caslano .

.

Total

,,

5,560. 90

Fr. 54,386. 98

Kanton Waadt.

Verbauung d e r obern Gryonne .

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

.

.

. F r . 4,125. 6 7 49

746

Kanton Wallis.

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Verbauung des Hochbalmbaches bei Saas-Fée Fr.

Verbauung der Lonza bei Garapel .

. ,, Arbeiten an der Loquette bei Sierre .

. ,, Verbauungen an den Wildbächen der Gemeinde Bagnes . ,, Entsumpfungskanal auf Gebiet der Gemeinde Raron .· ,, Entsumpfungskanal auf Gebiet der Gemeinde St-Léonard ,, Entsumpfungskanal auf Gebiet der Gemeinde Sion ,, Entsumpfungskanal auf Gebiet der Gemeinde La ßatiaz ,, Total

975. -- 3,046. 90 272. l H 1,324. 44 512. 77 1,161. 37 1,188. 53 3,657. 51

Fr. 12,138. 7t)

Kanton Neuenburg.

Korrektion der Basse-Reuse bei Covtaillod .

. Fr. 14,652. -- -

G e s a m m t b e t r a g Fr. 355,000. -- Außerdem wurden Beiträge aus der H ü l f s m i l l i o n bezahlt: Dem Kanton Graubünden für die Verbauung der Tanter Ruinas Fr.

Dem Kanton Tessin für Schutzbauten am Brenne b e i Dongio .

.

.

.

.

. ,, Dem Kanton Wallis für den Entsumpfungskanal bei Raron ,, Total

Fr.

208. 15 3,539. 75 256. 3» 4,004. ~28

Aus diesem Verzeichnisse ist ersichtlich, daß im Berichtjahre in 13 Kantonen sich 75 Werke dieser Kategorie in Ausführung befanden, darunter 38 Wildbachverbauungen, der Rest Korrektionsarbeiten an größern und kleinern Gewässern, Entsumpfungskanäle und Kolmatirungs-Anlagen.

c. Durch Bundesrathsbeschlüsse bewilligte und theilweise ausbezahlte Subventionen.

Bekapitulation auf 1. Januar 1888.

-K-n<,tTM,,n*f,TMcnMrln KostenvoranscMag.

Kanton.

Fr.

Zürich Bern .

Luzern Uri .

Schwyz Obwalden .

Nidwaiden .

Glarus Frei bürg Solothurn .

Basel-Land .

Schaffhausen St. Gallen .

Graubünden Thurgau Tessin Waadt Wallis

86,000. -- 1,620,834. 62 239,400. -- 100,000. -- 515,020. -- 184,400. -- 145,200. -- 227,420. -- 216,000. -- 150,000. -- 9,000. -- 116,800. -- 757,832. -- 608,359. -- 39,493. 26 596,116. 99 164,000. -- 561,710. -- Total

6,337,585. 87

Maximum der bewilligten Ausbezahlte Bundessubvention.

Fr.

Fr.

28,666.

585,604.

89,002.

45,000.

205,739.

73,760.

69,600.

93,734.

78,400.

50,000.

3,000.

50,000.

267,482.

242,344.

13,165.

241,344.

54,666.

205,579.

Fr.

-- 20 57 -- 67 -- -- 67 -- -- -- -- -- 40 -- 06 -- 34

-- 286,346. 08 29,416. 11

2,397,087. 91

880,981. 85

-- 52 82,451.

44,680.^ 17,040. 25 35,801. 67 42,207. 25 -- -- .

38,886.

58,318.

75,517.

2,133.

52,813.

49,854.

65,514.

Subventionsrest auf L Januar 1888.

43 23 64 62 83 57 65

28,666.

299,258.

59,586.

45,000.

123,288.

29.080.

52,559.

57,933.

36,192.

50,000.

3,000.

11,113.

209,163.

166,826.

11,031.

188,530.

4,811.

140,064.

-- 12 46 -- 15 -- 75 -- 75 -- -- 57 77 76 38 23 43 69

1,516,106. 06 *-a

748

Aus vorstehender Rekapitulation ergibt sich Folgendes: Die Werke, auf welche die vom Bundesrathe bewilligten und noch nicht gänzlich ausbezahlten Subventionen sich beziehen, sind im Ganzen devisirt zu Fr. 6,337,585. 87 (1886 Fr. 6,070,608).

Die zugesicherten Subventionen betragen Fr. 2,397,087. 91 (1886 Fr. 2,271,967) und es berechnet sich danach das durchschnittliche Beitragsverhältniß zu 37,82 °/o (1886: 37,42 »/o). Nach dem gesetzlichen Maximum von 50 °/o würde sich die Beitragssumme Fr. 771,705. 05 höher stellen.

Noch nicht ausbezahlt waren von vorstehender zugesicherter Beitragssumme Fr. 1,516,106. 06 (1886 Fr. 1,534,452. --). Somit sind zu Abtragung dieser Summe 6 Annuitäten von Fr. 250,000, also abgesehen von neuen Bewilligungen, erforderlich.

3. Subventionirung von Korrektionen und Verbauungen durch besondere Bundesbeschllisse.

a. Im Berich.tjahre zugesicherte Subventionen.

1) Durch Beschluß vom 14. Dezember 1887 für Korrektion der Thur bei Wattwil, Kanton S l. Gallen, Kostenvoranschlag Fr. 420,000, Beitragsverhältniß 40 °,'o, Beitragamaximum Fr. 168,000.

2) Durch Beschluß vom 14. Dezember 1887 für Korrektion der Thur im Bezirke Wil, Kanton St. Gallen, Kostenvoranschlag Fr. 1,052,875, Beitragsverhältniß 40 °/o, Beitragstnaximum Fr. 421,150.

3) Durch Beschluß vom 20. Dezember 1887 für Korrektion der Engstligen bei Frutigen, Kanton Bern, Kostenvoranschlag Fr. 184,000, Beitragsverhältniß 40 %, Beitragsmaximum Fr. 73,600.

4) Durch Beschluß vom 22. Dezember 1887 für Verbauung des Dorf bâches von Niederurnen, Kanton Glarus, Kostenvorauschlag Fr. 300,000, Beitragsverhältniß 50 °/o, Beitragsmaximum Fr. 150,000.

Dem ist Folgendes beizufügen : In Folge Erfüllung der gestellten Bedingungen ist im Berichtjahre in Kraft getreten die im Vorjahre erfolgte Zusicherung einer zweiten Nachsubvention für die Rheinkorrektion im Kanton St. Gallen.

749

Neu eingereicht und bereits in der Dezembersession den eidgenössischen Käthen angemeldet wurden: ein Subventionsgesuch der Regierung von Obwalden für die Verbauung des Eybaches bei Lungern und ein solches der Regierung von Waadt für die Korrektion und Verbauung der Gryonne bei Bex.

In Vorbehandlung sind geblieben von der Regierung von Aargau mit Gesuch um Subventionirung eingereichte 13 Projekte von Gewässerkorrektionen in diesem Kantone.

b. Durch besondere Bundesbeschlüsse zugesicherte, im Berichtjahre ausbezahlte Subventionen.

i. An den Kanton Zürich : Für die Korrektion der Thur sammt Rhein an der Thurmündung, der Töß, Glatt, Limmat und der Sihl . Fr. 186,000. -- 2. An den Kanton Bern : a. Für die Aarekorrektion im Haslithale .

b. Für die Korrektion der Emme von der Gemeindegrenze Burgdorf-Kirchberg bis zur Kantonsgrenze Bern-Solothurn .

.

c. Für die Korrektion der Emme von Emmenmatt bis Burgdorf

,,

40,000. --

,,

34.000. --

,,

42,528. 85

3. An den Kanton Unterwaiden nid dem Wald: Für Arbeiten an den Wildbächen bei Beckenried ,,

20,000. --

4. An den Kanton Freiburg: Für Arbeiten an der Juragewässerkorrektion

,,

10,500. --

5. An den Kanton Basel-Stadt: Für die Korrektion der Wiese .

.

,,

33,000. --

6. An den Kanton Graubünden: a. Für die Rheinkorrektion im Domleschg .

b. Für die Verbauung der Nolla .

.

e. Für die Land Wasserkorrektion zu Davos

,, ,, ,,

36,000. -- 8,382. 46 13,600. --

.

Uebertrag

Fr. 424,011. 31

750 Uebortrag Fr. 424,011. 31 1. An den Kanton Aargau: Für die Aarekorrektion zwischen Böttstein und dem Rhein ,, 42,000. -- 8. An den Kanton Thurgau : Für die Korrektionen der Thur und Murg

,,

90,000. --

,, ,,

20,000. -- 20,000. --

,, ,,

9,000. -- 35,000. --

.

,,

90,000. --

id. An den Kanton Neuenburg: Für Arbeiten an der Juragewässerkorrektion

,,

10,500. --

9. An den Kanton Waadt: a. Für die Korrektion der Veveyse .

.

b. Für die Korrektion der Gryonne .

.

c. Für Arbeiten an der Juragewässerkorrektion d. Für die Sanirung der Sümpfe der Orbe ÌO. An den Kanton Wallis: Für Arbeiten an der Rhonekorrektion

Total Fr. 740,511. 31 Von vorstehenden Werken haben sich im Berichtjahre in Ausführung befunden : die sub l, sub 2 b und c, dann sub 3, 6 a und b, 7, 8, 9 a, b und d und 10 genannten. Außerdem wurde aber auch gearbeitet an der Juragewässerkorrektion im Kanton Bern, der Rheinkorrektion im Kanton St. Gallen und an der Rhone, nämlich am Seeausflusse zu Genf, und es fanden sich somit von dieser Kategorie vom Bunde subventionier Werke 19, von den beiden durch Bundearath und Bundesversammlung subventionirten Werken zusammen aber 94 in Ausführung.

c. Durch Bundesbeschlüsse bewilligte und theüweise ausbezahlte Subventionen.

Rekapitulation auf 1. Januar 1888.

·v .

,, ,,, KostenvoranscMag.

Kantoii.

Fr.

5,630,997. --

Zürich Bern .

Nidwaiden Glarus Zug .

Freiburg *) Solothurn .

Basel-Stadt St. Gallen .

Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Genf .

4,415,340.

250,'000.

300,000.

290,000.

594,600.

1,108,000.

296,000.

4,872,875.

1,872,000.

950,000.

2.430,916.

3,039,000.

2,610,000.

1,803,599.

2,320,500, Total

14 -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

32,783,827. 14

Maximum der bewilligten Ausbezahlte Bundessubvention.

Fr.

1,970,000.

1,481,600.

125.000.

-150/)00.

116,000.

200,000.

360,000.

98,700.

1,949,150.

730,000.

380,000.

900,000.

1,520,000.

881,400.

541,600.

773,500.

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

12,176,950. --

Fr.

558,000. -- 424,528. 85 54,000. -- -- 30,000.

-- 33,000.

-- 361,249.

42,000.

270,000.

-- 172,272.

90,000.

--

-- -- 73 -- -- 72 --

2,035,051. 30

Subventionsrest auf 1. Januar 1888.

Fr.

1,412,000.

1,057,071.

71,000.

150,000.

116,000.

170,000.

360,000.

65,700.

1,949,150.

368,750.

338,000.

630,000.

1,520,000.

709,127.

451,600.

773,500

-- 15 -- -- -- -- -- -- 27 -- -- -- 28 -- --

10,141,898. 70

*) Die unter F r e i b u r g verzeichnete Bundessubvention im Betrage von Fr. 200,000 vertheilt sich wie folgt : Freiburg Fr. 70,000 ; Waadt Fr. 60,000 ; Neuenburg Fr. 70,000.

S

752 Aus vorstehender Rekapitulation ergibt sich Folgendes: Die Werke, für welche die Bundesversammlung bis Ende des Berichtjahres Beiträge bewilligt hat und die damals noch nicht vollendet waren, sind zusammen devisirt zu Fr. 32,783,827. 14 (1886 Fr. 30,824,952. --). Die dafür zugesicherten Beiträge belaufen sieh auf Fr. 12,176,950 (1886 Fr. 11,364,200) und das Beitragsverhältnißist somit durchschnittlich 37,14 °/o (1886:36,87 %).

Nach dem gesetzlichen Maximum von 50 °/o würde sich die Summe der Bundesbeiträge um Fr. 4,214,963. 57 höher stellen. Noch nicht ausbezahlt waren bei Abschluß der Rechnung für 1887 von obiger Beitragssumme Fr. 10,141,898. 70 (1886 Fr. 10,069,660).

Auf die hier vorstehend unter den Rubriken 2 und 3 aufgeführten Wasserbauten näher einzutreten, gestatten Angesichts der großen Zahl derselben die diesem Berichte vorgezeichneteri Dimensionen nicht und wir fügen darüber nur noch Folgendes bei: Wie aus obigen Angaben ersichtlich ist, hat die Zahl der subventionirten Werke sich auch im Berichtjahre wieder vermehrt und ebenso; trotz der geleisteten Beitragszahlungen, der Gresamtntbetrag der zugesicherten Subventionen. Dabei ist bezüglich der Kategorie der Zusicherungen durch den Bundesrath immerhin zu bemerken, daß eine Anzahl größerer Arbeiten theils in der Ausführung weit vorgeschritten, theils vollendet worden ist, unter letztern z. B. die großen Verbauungswerke der kleinen Schliere in Obwalden, dann des Spreitenbaches bei Lachen und des Tobelbaches bei Schwyz, daher vielleicht angenommen werden darf, daß ein weiteres Anwachsen des jährlichen Gesammtbedarfes für diese Kategorie nicht erfolgen werde. Bezüglich der andern Kategorie können Anhaltspunkte für eine solche Annahme dagegen kaum gefunden werden.

Im großen Ganzen vollendet ist von den Werken dieser Kategorie die Juragewässerkorrektion, es erübrigen nur noch einige Vollendungs-Arbeiten im Kanton Bern, besonders auf der Aarestrecke Meienried-Büren und an der Schleuße am Seeausfluß von Nidau. Aber von der für diese Korrektion bewilligten Nachsubveution ist im Berichtjahre erst die erste Rate den Kantonen Freiburg, Waadt und Neuenburg ausbezahlt worden.

Als im Berichtjahre größten Theils vollendet, sind dann auch die in Genf zum Zwecke der Régularisation der Wasserstände des Genfersee's ausgeführten Arbeiten zu nennen. Nachdem zuerst der linksseitige Rhonearm für seine nunmehrige Hauptbestimmung als

753

Gewerbskanal umgestaltet worden war, haben sich die Arbeiten des letzten Baujahres 1886/87 besonders auf den rechten Arm und seine Bestimmung als Hauptabfluß und Regulator des See's bezogen.

Indern derselbe zum Zwecke der Ausführung dieser Arbeiten abgeschlossen war, bezeichnete die im Monat Juni erfolgte, die Wiedereinströmung des Wassers gestattende Oeffnung desselben dea Moment der Vollendung auch dieses Theiles des Werkes.

Ein Werk von nicht so großer Bedeutung, welches ebenfalls vollendet wurde, bildet die Korrektion der Wutach bei Schleitheim im Kanton Schaffhausen. Dasselbe ist aber auch mit Rücksicht darauf zu erwähnen, daß dieser Fluß dort die Grenze gegen das Großherzogthum Baden bildet und dieselbe durch die Korrektion eine Modifikation erfahren hat, welche zwar als Eventualität schon im bezüglichen Staatsvertrag vom 1. März 1839 vorgesehen war. Die nöthigen Handlungen zur Konstatirung dieser Grenzmodifikation sind durch beidseitige Kommissäre vorgenommen worden.

Neu in's Stadium der Ausführung "getreten sind von großen Gewässerkorrektionen im Berichtjahre die Aarekorrektion BöttsteinRhein im Kanton Aargau und die Tessinkorrektion, letztere zwar erst am Schlüsse des Jahres.

Hienach sind von den Werken, für welche schon vor längerer Zeit von der Bundesversammlung Subventionen bewilligt wurden, nur die Korrektion der Lorze im Kanton Zug und die Ableitung des Merjelensee's noch nicht in Angriff genommen. Unterdessen ist im Berichtjahre wieder eine der periodischen Entleerungen dieses See's vorgekommen, und indem dadurch, trotzdem die Rhone im Augenblicke einen für die Jahreszeit niedrigen Wasserstand hatte, eine starke Anschwellung derselben veranlaßt und damit die Gefahr, welche das Zusammentreffen eines solchen Seeausbruches mit einem sonst schon höhern Wasserstand der Rhonekorrektion brächte, wieder vor Augen gestellt wurde, nahmen wir hievon Veranlaßung, die Regierung von Wallis darauf aufmerksam zu machen.

4. Hydrometrie.

Die Gesanntzahl der von der hydrometrischen Abtheilung des eidgenössischen Oberbauinspektorates behandelten Pegelstationen ist im Berichtjahre von 89 auf 97 angewachsen. Von diesen entfallen auf die Gebiete des Rheins 21, der Aare 32, der Reuß 14, der Limmat 9, der Rhone 15, des Tessin 6. Der im letzten Berichte erwähnte Textanhang zu den graphischen Bulletins wird für die Jahrgänge 1886 und 1887 erst zu Ende des Jahres 1888 ver-

754

üffentlicht werden können. Diese Verzögerung wird durch die.

Schwierigkeiten veranlaßt, welche sich bei Bearbeitung dieses voluminösen Materials in verschiedener Beziehung und namentlich bei Revision der Nullpunktcoten und Zusammenstellung der wichtigsten außergewöhnlichen Hoch- und Niederwasserstände herausgestellt haben. Mau ist eben bestrebt, diese Angelegenheit auf eiue möglichst zuverläßige Basis zu stellen, ohne welches keine Resultate, welchen ein Werth beizumessen ist, erzielt werden können. Zu diesem Behufe sind auch von einer größern Zahl von Pegelstationeu die Nullpunkte versichert, zum Theil durch Nivellements au die zunächst gelegenen Fixpunkte des schweizerischen Präzisionsnivellements angebunden und von den Stationen Croquis aufgenommen worden. Außerdem wurden am Rhein und an der Rhone Wassermengen-Bestimmungen, an letzterm Flusse auch Querprofilmessungc.il vorgenommen, durch welche Arbeiten auf dem Felde ein bedeutender Theil der Zeit den Büreauarbeiten entzogen wurde.

Als eine immer noch nicht gehobene Schwierigkeit wird die manchen Ortes mangelnde Regelmäßigkeit und Zuverläßigkeit in der Einsendung der Pegelbeobachtungen bezeichnet, während bei andern Kautonen allerdings das auf richtiges Verständniß gegründete Entgegenkommen in dieser Sache besteht.

5. Die Linthunternehmung.

Dem von der eidgenössischen Linthkommission dem Buudesrathe für das Jahr 1887 erstatteten Geschäftsberichte entnehmen wir Folgendes: Die Auflage auf das steuerpflichtige Linthgebiet wurde wie im Vorjahre zu 4 Rappen pro Are erhoben, was die Kominission Angesichts des Umstandes, daß behufs der Beschleunigung der Sicherungsarbeiten noch Zuschüsse aus dem Linthfond gemacht \verdeu, gerechtfertigt, flodet. Die letztes Jahr in Aussicht gestellte gütliche Erledigung von Anständen, welche mit Herrn Jenny au der Ziegelbrücke walteten, ist wirklich zu Stande gekommen. Es haben wieder Verkäufe von kleinen Bodenparzellen stattgefunden.

In Rücksicht auf das eidgenössische Haftpflichtgesetz hat die Kommission grundsätzlich die Versicherung der Lintharbeiter beschlossen , vorbehaltlich der auf Grund der Begutachtung durch eine Subkommission nocli zu treffenden nähern Bestimmungen.

Der Bericht bezieht sich auch auf die schon an anderer Stelle unseres gegenwärtigen Geschäftsberichtes erwähnte Angelegenheit

755

der von Schiffern auf dem Zürichsee wegen der Durchfahrt durch den Rapperswilerseedamm erhobenen Reklamation.

Die Angaben über Schifffahrt und Reckerei auf dem Linthkanal ergeben theilweise Vermehrung und theilweise Verminderung, welche letztere dem Umstände beigemessen wird, daß der Obersee im Frühjahr lange zugefroren war.

Die ausgeführten Arbeiten beziehen sich auf Reparaturen und Ergänzungen am Escherkanal und am Linthkanal, speziell auch auf die Fortsetzung des letztern von Grynau bis zum Zürichsee, endlich auf Nebenkanäle, wie ferner auf planimetrische Aufnahmen des Linthgebietes, etc.

Die daherigen Ausgaben im Berichtjahre werdeu wie folgt: Escherkanal mit Nebenkahäleü .

.

.

.Fr.

Liothkanal bis Grynau .

.

.

. ,, Linthkanal, Korrektion unter G-rynau mit Hintergräben .

.

.

.

.

.

. ,, Allgemeine Auslagen, Besoldungen, Kommissionen, Schiff und Geschirr, etc. .

.

.

. ,, Total

angegeben 8,370. 02 40,207. 97 13,582. 49 15,765. 50

Fr. 77,925. 98

Das Ergebniß der Rechnung im Berichtjahre, welche zwar die Revision noch nicht passirt hat, resümirt sich in folgenden Zahlen : Liegenschaften Fr. 102,345. 60 Schuldbriefe und Guthaben , . . , . . - .

. ,, 224,104.27 Restaozen .

. . . . .

.

. ,, 5,573. 18 Mobiliar .

.

.

.'

.'

.

.

. ,, 8,000. -- Schuld der Betriebsrechnung, an den Fond . ,, 494. 87 Baarsehaft .

.

.

. ," .

, . fl 21,970.83 '

.

5

·"'''

'

'

- ' · ' · ' · Passiven: Guthaben der Hintergraben Ctehossamen

.

Vermögen Ende 1887 netto

.

.

.

Fr. 362,488. 75

. . Fr.

874. 79

. Fr. 361,613. 96

756

Der Vermögensstand auf Ende 1886 war angegeben zu Fr. 374,561. Der Rückgang ergibt sich aus den bewilligten Vermögensverwendungen für die Vollendungsbauten. Die für die, Korrektion Grynau-See bewilligten Fr. 150,000 sind nun erschöpft und die weitern Entnahmen aus dem Fond nahen sich nun auf die neuerdings für 10 Jahre bewilligten Annuitäten von Fr. 10,000 zu beschränken.

VI. Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Justizverwaltung.

I. Gesetzgebung.

1. Die in unserm vorjährigen Berichte ausgesprochene Erwartung, es werde die erste Berathung des Gesetzentwurfes über S c h u l d b e t r e i b u n g und K o n k u r s in der Aprilsession 1887 vom Nationalrath durchgeführt und vor dem Ende des Jahres iu beiden Kammern zum Abschluß gelangen, hat sich erfüllt.

Die nationalräthliche Kommission tagte vom 14.--23. Februar in Zürich und vom 21.--22. März 1887 iu Bern. Ueber ihre Verhandlungen gibt der in deutscher und französischer Sprache abgefaßte Protokillauszug Aufschluß, welcher deu Mitgliedern der beiden Räthe gedruckt zugestellt und im Bundesblatt (1887, II, 257--342) veröffentlicht worden ist. Die Motive zu den Beschlüssen der Kommission sind außerdem in ihrem Berichte vom 28. März 1887 dargelegt (Bundesbl. 1887, I, 784--806.).

Am 29. April 1887 war die erste Berathung des Entwurfes im Nationalrath zu Ende geführt. Das Resultat weist nur wenige erhebliche Abweichungen vom Beschlüsse des Ständerathes (22. De-

757 zember 1886) auf, welcher im Bundesblatt (1887, I, 113--125) einschließlich der redaktionellen Anregungen zur Veröffentlichung gelangte.

In der Juni-Tagung verflossenen Jahres kam die Begleichung der Differenzen zwischen den beiden Räthen zu Stande. Am 30. Juni war dieselbe vollendet und es fand die Uebermittelung des Berathungsergebnisses an den Bundesrath, im Sinne des Art. 3 der Zusatzartikel vom 22. Juni 1877 zu den Geschäftsreglementen der eidgenössischen Räthe, statt.

Ohne Zögern hat sich unser Justiz- und Polizeidepartement hierauf an die schwierige und umfangreiche Revisionsarbeit gemacht, wobei es sich der höchst anerkennenswerthen Mitwirkung der Präsidenten beider parlamentarischen Kommissionen, der Herren Ständerath Hoffmann und Nationalrath Brunner, erfreute. Ueber die Gesichtspunkte, von welchen das Departement und der Bundesrath bei dieser Arbeit ausgingen, verbreitet sich sehr einläßlich unsere Botschaft vom 10. Februar 1888 (Bundesbl. 1888, I, 353--381).

Wir haben den umgearbeiteten Text am 27. Januar 1888 als Vorlage zur zweiten Berathung der gesetzgebenden Räthe festgestellt und werden den weitern Entwicklungsgang des so außerordentlich wichtigen Berathungs-Gegenstandes im nächstjährigen Berichte darzustellen haben. Inzwischen möge nur noch die Andeutung hier Platz finden, daß wir den Abschluß der Berathung zuversichtlich in der Dezember-Tagung des Jahres 1888 erwarten.

2. Von dem mit Botschaft vom 6. März 1885 bei der Bundesversammlung eingebrachten Gesetzentwurfe betreffend das V e r b o t c d e r D o p p e l b e s t e u e r u n g haben wir im letzten Berichte gesagt, daß ev sich im Stadium der Differenzenbegleichung zwischen Nationalrath und Ständerath befinde. Am 27. April 1887 hatte der Ständerath die beiderseitigen Abweichungen durchberathen; er verwarf dann aber io der Gesamrntabstimmung den Entwurf mit 22 gegen 13 Stimmen. Der Nationalrath faßte darauf am 9. Juni 1887 folgenden Beschluß: ,,1) Der Gegenstand wird als einstweilen dahingefalleii erklärt. 2) Der Bundesrath ist eingeladen, über die Doppelbesteuerung im geeigneten Zeitpunkte, unter Berücksichtigung der sachbezüglichen Verhandlungen der gesetzgebenden Räthe, eine neue Gesetzesvorlage einzubringen,11 Wir bedauern lebhaft dieses negative Ergebniß Ihrer Berathungen, können uns aber Angesichts der Nichteinigung der Kammern über wesentliche materiellrechtliche Punkte nicht sehr er-

758 muthigt finden, ,,unter Berücksichtigung Ihrer bezüglichen Verhandlungen" den Gegenstand so bald wieder auf Ihre Traktandenliste zu setzen.

3. Der Gesetzentwurf über die zi v i i r e c h t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e der N i e d e r g e l a s s e n e n ist Ihnen mit Botschaft vom 28. Mai 1887 zugeleitet worden. (Bundesbl. 1887, III, 113--135.)

Der Nationalrath, welchem die Priorität der Behandlung zuerkannt ist, hat indessen den Gegenstand im Laufe des letzten Jahres nicht mehr in Berathung gezogen.

4. Zu Anfang des Jahres 1888 ist unser Justiz- und Polizeidepartement in den Besitz des von Herrn Bundesrichter Dr. Hafner verfaßten Entwurfes eines neuen Bundesgesetzes über die O r g a n i s a t i o n der B u n d e s r e e h t s p f l e g e, begleitet von schriftlichen Motiven, gelangt.

Es sondern Kreisen von uns

wird infolge dessen die nicht bloß vom Bundesgerichte, in allen für unsere Bundesrechtspflege sich interessirenden mit Spannung erwartete Revision des gedachten Gesetzes bald an die Hand genommen werden können.

5. Da die volle Arbeitskraft des Justiz- und Polizeidepartements auf gesetzgeberischem Gebiete durch das Betreibunga- und Konkursgesetz in Anspruch genommen war, so konnte dasselbe den bereits vorbereiteten Entwurf zu einem Gesetze über die G e w ä h r l e i s t u n g b e i m V i e h h a n d e l im vergangenen Jahre nicht fertigstellen. Wir behalten die Erledigung dieses Geschäftes stetsfort im Auge.

6. Auf den Wunsch der nationalräthlichen Kommission für die Vorberathung eines neuen M i l i t a r S t r a f g e s e t z b u c h e s der schweizerischen Eidgenossenschaft haben wir einen vom Kommissionsmitglied Herrn Nationalrath Ed. Müller (Bern) im Jahre 1886 ausgearbeiteten selbstständigen Entwurf über die Militärgerichtsorganisation und das Militärstrafverfahren fachmännischer Begutachtung unterworfen. Die von uns hiefür ernannte Expertenkommission sprach sich in ihrer Mehrheit (5 gegen 2 Stimmen) dahin aus, es gebühre dem Muller'schen Vorschlage der Vorzug vor dem Entwurfe, der mit Botschaft vom 30. Mai 1884 von uns eingebracht, vom Ständerath erstmals am 26. Juni 1885 durchberathen und von der nationalräthlichen Kommission am 24. September 1885 amendirt worden ist.

759

Im Laufe des vergangenen Jahres hat hierauf das Departement in uüserm Auftrage unter Zuratheziehung der nämlichen Experten den Entwurf zu einem Bundesgesetze über die M i l i t ä r s t r a f g e r i c h t s o r d n n n g festgestellt. Wir sind, wie Ihnen bereits kundgethan worden ist, in der Lage, Ihnen hierüber in der ersten Hälfte des Jahres 188ö eine Vorlage zu machen.

7. Ohne dermalen schon in Einzelheiten uns einlassen zu können, wollen wir Ihnen nur zur Kenntniß bringen, daß im Hinblick auf den vom Stäuderath am .25. ît^arz 1885 anläßlich der Motion Moriaud und Schmid gefaßten Beschluß und mit Rücksicht auf eine auch Ihnen mitgetheike Eingabe der Konferenz der Abgeordneten der evangelischen Kirchenbehörden der Schweiz an den Bundesrath vom 28. Juni 1887 vom Justiz- und Polizeidepartement die Frage geprüft wird, in welchen Punkten unser Gesetz Über Z i v i l s t a n d und Ehe einer Abänderung bedürftig und inwiefern dasselbe ohne Schwächung seiner prinzipiellen Grundlage einer solchen fähig sei.

Wir haben die Eingabe der evangelischen Konferenz mit der Versicherung beantwortet, daß der Bundesrath Anregungen, dieden Zweck hahen, die sittliche Würde der Ehe und den Ernst des ehelichen Lebens zu erhalten und zu fördern, gerne entgegennehme und jederzeit geneigt sei, dieselben verdientermaßen in Betracht zu ziehen.

. ·. ..

Weitere, auf diesen Gegenstand bezügliche Mittheilungen werdem im nächsten Geschäftsberichte folgen.

II. Schweizerisches Staats- und Priyatrecht.

(Unterstützung der Herausgabe- einschlägiger wissenschaftlicher durch den Tiwnd.)

Werke

1. Für die unter der Leitung des Justiz- und Polizeidepartements erfolgende, von Ihnen gutgeheißene Herausgabe einer S a m m l u n g s t a a t s r e c h t l i c h e r E n t s c h e i d u n g e n der adminis t r a t i v e n B u n d e s b e h ö r d e n seit 1874 liegt das Manuskript des I. Theils, welcher die in Anwendung der Bundesverfassung getroffenen Entscheide behandelt, druckbereit vor, so daß dieser Theil im laufenden Jahre zur Veröffentlichung kommen wird.

2. Von dem Werke des Hrn. Prof. Dr. E u g e n H üb er in Basel: ,, S y s t e m u n d G e s c h i c h t e d e s S c h w e i z e r i s c h e n P r i v a t r e c h ts ", ist nunmehr auch der II. Band, die systematische

760

Zusammenstellung der geltenden kantonalen Erbrechte enthaltend, erschienen. In einem III. Bande sollen das Sachen- und das Obligationenrecht in Bälde nachfolgen. Ein IV. Band wird die Geschichte des Schweizerischen Privatrechts darstellen. Gegenüber der vom Verfasser ursprünglich beabsichtigten Anlage wird also das Werk einen Baud mehr zählen. Es geschieht dies, um dem II. Band nicht einen zu großen Umfang zu geben.

Zu unserer großen Befriedigung wird Hr Prof. IIüber, der einen ehrenvollen Ruf an die Universität Halle angenommen hat, seine Arbeitskraft in gleichem Maße wie bisher auch künftig der Vollendung des bedeutungsvollen Werkes widmen können.

III.

Gewährleistung von Kantonsverfassungen.

1. Am 22. Mai 1887 hat die Landgemeinde des Kantons G l a r u s eine neue Kantonsverfassung angenommen. Es stellt sieh dieselbe als eine Totalrevision der bisherigen verfassungsrechtlichen Verhältnisse dar, welche sich namentlich durch einschneidende Neuerungen in der Organisation der Behörden kundgibt. Wir haben Ihnen darüber in unserer Botschaft vom 10. Juni 1887 Bundesbl. 1887, III, 321--329) eingehenden Berieht erstattet.

Die eidgenössische Gewährleistung der neuen Verfassung ist vom Ständerath am 16. und vom Nationalrath am 29. Juni 1887 ausgesprochen worden (Amtl. Samml. n. F. X, 101).

2. Durch Revision der Artikel 64--70 seiner Verfassung von 1858 hat der Kanton N e u e n b ü r g die Einheit der Gemeindeverwaltung eingeführt. Die Revision ist vom Großen Rathe arn 7. April beschlossen und vom Volke am 15. Mai 1887 genehmigt worden.

Unsere bezügliche Botschaft vom 13. Juni gl. J. veranschaulicht die Neugestaltung der Gemeindeverwaltungsverhältnisse durch Gegenüberstellung des alten und neuen Verfassungstextes.

Sie haben den neuen Verfassungsartikeln unterm 25. Juni 1887 die Bundesgarantie ertheilt (Amtl. Samml. n. F. X, 99).

3. Im Kanton S o l o t h u r n wurde die Staatsverfassung vom 12. Dezember 1875 einer Totalrevision durch einen Verfassungsrath unterzogen. Die Volksabstimmung über die vom Verfassungsrathe am 1. Oktober zu Ende berathene Vorlage hat am 23. Oktober 1887 stattgefunden. In unserer Botschaft vom 5. Dezember 1887 (Bundesbl. 1887, IV, 781--787) haben wir die hervorstechenden verfassungsrechtlichen Neuerungen einer kurzen Betrachtung unterworfen.

761

Die neue Solothurner Verfassung ist von Ihnen durch Beschluß vom 21. Dezember 1887 gewährleistet worden (_Amtl. Samml.

n. F. X, 421).

IV. Konkordate.

Mit Gesetz vom 16. Mai 1887 ist der Kanton St. G a l l e n auf den l. Juli gleichen Jahres von dem K o n k o r d a t e ü b e r B e s t i m m u n g u n d G e w ä h r der V i e h h a u p t m ä n g e l vom 5. August 1852 (Amtl. Samml. IV, 210) zurückgetreten, so daß zur Zeit nur noch folgende Kantone in diesem Konkordate stehen: Zürich, Schwyz, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell A. Rh., Appenzell I. Rh., Aargau und Thurgau.

Der Große Rath des Kantons Bern hat durch Beschluß vom 23. Dezember 1886 den Beitritt des Kantons B e r n zu dem Konkordate der Stände Freiburg, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf betreffend d e n S c h u t z j u n g e r L e u t e i n d e r F r e m d e vom Mai 1875 (Amtl. Samml. n. F. I, 867) erklärt, mit der MUT difikation jedoch, daß auf Widerhandlungen gegen die Vorschriften dieses Konkordates nicht die Strafbestimmungen des Art. 7, sondern die §§ 19 und 95 des bernisehen G-esetzes über das Gewerbeweseu vom 7. November 1849 Anwendung finden sollen.

T. Verhältnisse zu auswärtigen Staaten.

a. Verträge und Konventionen.

1. Der am 6. November 1885 zwischea der S c h w e i z und der S ü d a f r i k a n i s c h e n R e p u b l i k ( T r a n s v a a l ) abgeschlossene F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - u n d H a n d e l s v e r t r a g ist im April 1887 auch von den eidgenössischen Käthen ratiflzirt worden. Die Auswechslung der bezüglichen Urkunden hat am 29. September gleichen Jahres in Bern stattgefunden. Gemäß Art. XII, Lemma l, ist dieser Vertrag mit dein fünfzigsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen, d. h.

mit dem 18. November 1887, in Kraft getreten (Bundesbl. 1887, II, 147 ff.; Amtl. Samml. n. F. X, 284).

2. Nachdem das von unserm Justiz- und Polizeidepartement s. Z. unter besonderer Berücksichtigung: des argentinischen AusO O ö

Jieferungsgesetzes vom Jahre 1885 ausgearbeitete Projekt zu einem A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e zwischen der S c h w e i z und der A r g e n t i n i s c h e n R e p u b l i k (Bundesbl. 1887, II, 655, Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

50

762

Ziffer 2) von der Regierung dieses Staates als Grundlage der bezüglichen Unterhandlungen anerkannt worden war, haben diese letztern unterm 22. November 1887 in Bern zur Unterzeichnung eines Vertrages in französischer und spanischer Redaktion geführt.

Der argentinische Ministerresident, Herr Alvarez, war zwar nicht in der Lage, eine spezielle Vollmacht für die Unterzeichnung dieses Vertrages vorzulegen, allein er hielt sich hie/u ermächtigt durch sein allgemeines Pleinpouvoir und die Theilnahme seiner Regierung an den Verhandlungen. Nach den neuesten offiziellen Mitteilungen hat die Regierung der argentinischen Republik diesen Vertrag ihrerseits genehmigt und wird ihn dem im Mai 1888 zusammentretenden Kongresse zur Ratifikation unterbreiten.

3. Dagegen hat sich die Regierung der Argentinischen Republik über den ihr schweizerischerseits vorgelegten Entwurf zu einem F r e u n d s c h a f t s - , Niederlassungs- und Handelsv e r t r a g zwischen der S c h w e i z und A r g e n tinien noch nicht näher ausgesprochen.

4. Die im letzten Geschäftsberichte erwähnten Verhandlungen betreffend den Abschluß eines A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e s zwischen der S c h w e i z und dem K ö n i g r e i c h e S e r b i e n waren von einem günstigen Resultate begleitet, indem am 28. November 1887 in Wien eine bezügliche Uebereinkunft unterzeichnet worden ist. Dieselbe hat infolge unserer Botschaft vom 22. Dezember 1887 Bundesbl. 1888, I, 33, 38 und 50) die Genehmigung der Bundesversammlung im März 1888 erhalten.

Seither ist auch die serbische Ratifikation erfolgt, so daß die Uebereinkunf bald in Vollziehung gesetzt werden kann.

5. Was die Vereinbarung eines N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a ges mit dem K ö n i g r e i c h e S e r b i e n betrifft, dessen schon wiederholt Erwähnung geschehen ist, so haben die neueren Untersuchungen herausgestellt, daß die Ursachen, welche frühere Bedenken bezüglich der Gleichstellung aller Bürger veranlassen konnten, inzwischen weggefallen sind. Wir nahmen daher keinen Anstand, auch über den Abschluß eines Niederlassungsvertrages mit der königlich serbischen Regierung durch das Mittel der beidseitigen Gesandtschaften in Wien in Unterhandlungen zu treten.

Wir können beifügen, daß dieselben im Februar 1888 zur Unterzeichnung eines Vertrages geführt haben, welcher
bereits die Genehmigung der königlieh serbischen Skuptschina erhalten hat und in der nächsten Session den eidgenössischen Räthen zur Ratifikation vorgelegt werden wird.

763

ß. Die, Unterhandlungen über dea Abschluß eines A u s ] i e f e r u n g s v e r t r a g e s zwischen der S e h M' e i z und R u m ä n i e n sind durch die beidseitigen Vertreter in Wien eröffnet worden, mußtet} aber nach kurzer Zeit infolge Ablebens des rumänischen Gesandten, Herrn Maurojeny, für einstweilen sistirt werden.

.· 7. Ueber den Abschluß des im letzten Geschäftsberichte berührten neuen N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a g e s zwischen der S c h w e i z und B e l g i e n haben wir der Bundesversammlung mit Botschaft vom 10. Juni 1887 Bericht erstattet (Bundesbl. 1887, III, 314). Nachdem dieser Vertrag noch im gleichen Monate die Ratifikation der Bundesversammlung und im März 1888 auch diejenige Belgiens erhalten hat, wird der Austausch der beiderseitigen Urkunden demnächst erfolgen können.

S. Hinsichtlich der Verhandlungen über den Abschluß eines n e u e n A u s l i e f e r un g s v e r t r a g e s zwischen der S e h vv e i z u n d d e n V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a können wir einzig die Mittheilung machen, daß der Staatssekretär der Vereinigten Staaten, Herr Bayard auf unsern Entwurf eingetreten ist und unserm Bevollmächtigten seine Gegenvorschläge übermittelt hat, die z. Zt. der Prüfung des Justiz- und Polizeidepartements unterliegen.

9. Die Verhandlungen betreffend Abschluß eines F r e u n d schaft s-, Niederlassungs- und Handelsvertrages, sowie die Vereinbarung einer Bestimmung über die A u s l i e f e r u n g von V e r b r e c h e r n mit der s ü d a m e r i k a n i s c h e n R e p u b l i k E c u a d o r haben eine neue Unterbrechung erlitten, indem der Bevollmächtigte von Ecuador, Herr Flores, die Vereinigten Staaten von Amerika definitiv verlassen und nach Paris sich begeben hat, wo er gegenwärtig bei der französischen Republik als Vertreter von Ecuador accreditirt ist. Herr Flores hat hierauf die Anregung gemacht, die bezüglichen Verhandlungen in P a r i s fortzusetzen. Wir haben infolge dessen Herrn Minister Lardy mit der Weiterführung dieser Angelegenheit betraut. Die Verhandlungen konnten jedoch noch nicht zu Ende geführt werden, indem die Verschiedenartigkeit der Gesetzgebungen beider Länder mannigfache, Schwierigkeiten bietet: -r, 10. Was, die Vereinbarung von Auslieferungs v e r t r a g e n mit ,,demKaiserreich B r a s i l i e n und der südamerikani s c h e n Republik U r u g u a y betrifft, so haben die diesfälligen

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Verhandlungen aus uns fern liegenden Gründen im Berichtjahrc keinen weitern Fortgang genommen.

11. Nachdem das k. und k. österreichisch-ungarische Ministerium des Aeußern auf Grund der bezüglichen Verhandlungen vom Jahre 1886 (Bundesbl. 1887, II, 660, Ziffer 10) den Entwurf zu einer Vereinbarung zwischen der S c h w e i z u n d O e s t e r r e i c h - U n g a r n betreffend die W i e d e r übe r n a h m e e h e m a l i g e r S t a a t s a n g e h ö r i g e r in der Form einer y >Erklärung a vorgelegt und dieses Projekt unsere Zustimmung gefunden hatte, wurden die beidseitigen Urkunden Ende Oktober 18S7 auf dem Korrespondeu/.wege ausgetauscht.

Wir haben hievon den Kantonsregierungen mittelst Kreisschreibens vom 31. Oktober 1887 (Bundesbl. 1887, IV, 231) Keuntuiß gegeben. Der Wortlaut der diesfälligen ,,Erklärung11 findet sich in der Amtlichen Sammlung n. F., X, 303 und 304.

12. Die R e v i s i o n des A u s l i e f e r u n g« s v er t r ä g~ e s zwischen der S c h w e i z und O e s t e r r e i c h - U n g a r n war schon seit geraumer Zeit in Aussicht genommen, indem dieser im Jahre 18n5 abgeschlossene Vertrag den Bedürfnissen der neuern Zeit nicht mehr genügt. Im Laufe des Jahres 1887 war die k. und k. Gesandtschaft in der Lage, uns den Entwurf ihrer Regierung /u einem n e u e n Ablieferungsverträge vorzulegen. Nachdem im gegenseitigen Einverständnisse einige Vorfragen prinzipieller Natur geregelt worden, haben wir Herrn Bundesrath Ruchonnet die Vollmacht ertheilt, mit dem österreichisch-ungarischen Bevollmächtigten in bezügliche Unterhandlungen einzutreten.

13. Der Bundesrath des Deutschen Reiches hat unterm 1. Dezember 1887 über den T r a n s p o r t von L e i c h e n auf E i s e u b a h n e n Bestimmungen erlassen, welche für das ganze deutsehe Reich verbindlich und auf den 1. April 1888 in Kraft getreten sind. Infolge dessen haben die Regierungen von B a y e r n und W ü r t t e m b e r g sieh veranlaßt gesehen, auf den genannten Zeitpunkt von den im Jahre 1884 mit der S c h w e i z abgeschlossenen V e r e i n b a r u n g e n betreffend die g e g e n sei tige A n e r k e n n u n g v o n L e i c h e n p ä s s e n (Amt!. Samml. n. F., VII, 498 und 501) zurückzutreten. Es ist Aussicht vorhanden, daß diese Materie in nächster Zeit durch eine Uebereinkuni't mit dem gedämmten D e u t s c h e n R e i c h e eeresrelt werden kann.

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b. Spezielle Fälle internationaler Natur.

14. Der Franzose P i e r r e de Bosmelet, welcher in Prankreich von seiner Ehefrau zu Tisch und Bett geschieden worden, ließ sich im Jahre 1876 mit Genehmigung der französischen Regierung im Kanton Zürich naturalisiren. Kurze Zeit hernach bewirkte er bei dem Bezirksgerichte Winterthur die gänzliche Scheidung von seiner iu Frankreich lebenden Ehefrau und ging sodann im Jahre 1879 in Riesbach mit einer Engländerin eine neue Ehe ein.

In der Folge bestritten aber mehrere Seitenverwandten des Bosmele vor den französichen Gerichten die Gültigkeit dieser zweiten Ehe und damit die eheliche Geburt der in derselben erzeugten Kinder, indem sie behaupteten, die Naturalisation seitens Bosmelet sei lediglich in der betrügerischen Absicht geschehen, um die Ehescheidung in der Schweiz durchzusetzen. Sie stellten demgemäß das Begehren, es möchten jene Naturalisation, sowie die Ehescheidung und die zweite Ehe des Bosmelet für nichtig erklärt werden. Das Civilgericht zu Dieppe wies indessen die bezügliche Klage ab und der Appellhof zu Rouen bestätigte unterm 6. April 1887 das erstinstanzliche Urtheil. In seinen bezüglichen Erwägungen sprach sich dieser Gerichtshof wesentlich folgendermaßen aus : 1) Was die von Seite der zürcherischen Regierung vollzogene N a t u r a l i s a t i o n des Bosmelet betreffe, so stehe es in Frankreich Niemand zu, die Ordnungsmäßigkeit oder Gültigkeit derselben zu bestreiten, da die Naturalisation als ein Akt der Territorialsouveränität einer ausländischen Behörde sich qualifizire.

2) Im Fernern seien die Kläger auch nicht befugt, das fraglich S ch ei du ngs u r t h e i l , bei welchem sie nicht Partei gewesen, wegen Inkompetenz des Gerichtes in Winterthur anzufechten. Dasselbe habe vielmehr ihnen gegenüber volle Rechtskraft erlangt und seien die Beklagten (Bostnelet und dessen zweite Ehefrau), nachdem sie die in Art. 16, Ziff. l und 2, des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und Frankreich vom 15. Juni 1869 vorgeschriebenen Aktenstücke produzirt haben, berechtigt, sich auf den Inhalt jenes Unheiles zu berufen.

Uebrigens würde es den französischen Gerichten niemals zustehen, auf eine Prüfung- des erwähnten Urtheils einzutreten ; dasselbe betreffe nämlich die Aenderung des Status und der Handlungsfähigkeit eines Fremden und habe daher, da die
Ausländer in Frankreich ihren Status beibehalten, (abgesehen von seiner Zwangsvollstreckung und Anwendung zum Nachtheile Dritter) in Frankreich die gleiche Wirkung, wie in dem Lande, wo es erlassen worden.

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3) Endlich müsse anerkannt werden, daß die z w e i t e Ehe des Bosmelet, indem sie seitens der Ehefrau in guten Treuen eingegangen worden, unbestritten für sie und die in derselben geborenen Kinder gemäß Art. 201 und 202 des code civil volle Gültigkeit habe, selbst wenn das Vorhandensein der bona fides seitens Bosmelet auf Grund der thatsächlichen Verhältnisse bezweifelt werden könnte.

Eine hievon abweichende Entscheidung seitens der französischen Gerichte erfolgte in dem von uns im Geschäftsberichte pro 1876 Bundesbl. 1877, II, 517) citirten Falle.

15. Der Franzose Abbé Boue reklamirte aus dem Nachlasse dos in Frankreich verstorbenen Schweizerbürgers A b b é Faivr eine grössere Summe Geldes, welche bei einem Bankinstitute in Paris auf Rechnung des Letztern deponirt war, als sein Eigenthum und ließ das fragliche Guthaben mit Arrest belegen. Hierauf wollte er seine Ansprüche den Erben Faivre gegenüber, die mit Ausnahme einer in Paris wohnenden Ordensschwester sämmtlich in der Schweiz domizilirt waren, vor den Pariser Gerichten geltend machen und auch dort die Bestätigung des Arrestes erwirken. Die Erben Faivre bestritten jedoch unter Berufung auf den Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend die civilrechtlichen Verhältnisse vom 15. Juni 1869 (A. S. IX, 1002) die Zuständigkeit der französischen Gerichte in der Hauptsache.

Die fünfte Kammer des Civilgerichtes der Seine erklärte sich wirklich als inkompetent, in die materielle Beurtheilung des Streitgegenstandes einzutreten, und verwies den Abbé Boue vor die schweizerischen Gerichte, -- gestützt darauf, daß alle Beklagten der schweizerischen Nationalität angehören, daß gemäß den Vorschriften des internationalen Vertrages vom Jahr 1869 Streitigkeiten über persönliche Forderungen zwischen Franzosen und Schweizern vor den natürlichen Richter des Beklagten gehören und daß, wenn gleich einer der sechs Erben Faivre. in Paris sich aufhalte, Art. 59, A bsatz 2, des französischen Code de procédure eivile (wonach der Klager beim Vorhandensein mehrerer Beklagten die Klage, nach seiner Wahl am Wohnorte eines derselben anbringen kann") dennoch im vorliegenden ' Falle keine Anwendung finden dürfe.

Dagegen erklärte das nämliche Gericht sich für zuständig, über die Frage der Rechtmäßigkeit des als vorsorgliche Maßnahme erwirkten Arrestes zu entscheiden, indem eine derartige Kompetenz in der Gerichtspraxis, wie auch durch die Wissenschaft anerkannt

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sei und, ohne in Hauptsachen zu präjudiziren, lediglich nur die Bedeutung habe, zu verhindern, daß in Frankreich liegende Gelder zum Nachtheile der allfällig berechtigten Personen aus dem Lande geschafft werden. Das Gericht vertagte indeß seinen Entscheid hierüber und hielt den Abbé Boue an, innert 6 Monaten über das Resultat seiner gerichtlichen Schritte in der Schweiz sich auszuweisen, widrigenfalls sein Begehren als dahingefallen betrachtet werden müßte.

16. Unter Hinweis auf den Staatsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni 1869 (A. S. IX, 1002) ist darüber Beschwerde geführt worden, daß die französischen Behörden den in Frankreich liegenden Theil des b e w e g l i c h en N a c h l a s s e s eines in der Schweiz verstorbenen Schweizerbürgers zur E r b s c h a f t s s t e u e r heranziehen, während der Fiskus des Kantons, in welchem die Erbschaft eröffnet worden, bereits das ganze Mobiliarvermögen des Verstorbenen der Besteuerung unterworfen habe, so daß in der That eine förmliche Doppelbesteuerung vorliege.

Wir müssen indeß in Fällen erwähnter Art unsere diplomatische Verwendung ablehnen, indem diese Frage durch eine Reihe von Vorgängen prinzipiell dahin entschieden ist, daß sowohl der französische Fiskus, als der Fiskus des Heimats- bezw. Wohnortskantons zum Bezüge der Erbschaftssteuer von beweglichem Gut berechtigt sind, weßhalb eine Reklamation bei der französischen Regierung keioe Aussicht auf Erfolg haben könnte.

Von einer entsprechenden Anwendung der im Staatsvertrage vom 15. Juni 1869 aufgestellten Grundsätze kann hier schlechterdings nicht die Rede sein, indem die Frage der Besteuerung von Erbschaften unbestritten dem ö f f e n t l i c h e n R e c h t e angehört, während der erwähnte Vertrag ausschließlich nur b ü r g e r l i c h e R e c h t s v e r h ä l t n i s s e zu regeln bestimmt ist. Zur nähern Orientirung mögen übrigens folgende Citate dienen: Ullmer, staatsrechtliche Praxis, Nr. 1242; Geschäftsbericht des Bundesrathes pro 1873, S. 357, Ziff. 20; Bundesblatt 1875, U, 582 Ziffer 9; 1883, II, 843, Ziff. 14 ; 1887, II, 665, Ziff. 20, und 667, Ziff. 22.

17. An dieser Stelle wollen wir die auffallende Thatsaehe nicht unerwähnt lassen, daß der b e l g i s c h e Fiskus auf Grund eines Gesetzes vom 27. Dezember 1817 die E r b s e h a f t s s t e u e r sogar von den im A u s l a n d e
l i e g e n d e n I m m o b i l i e n des Erblassers erhebt, sofern, derselbe zur Zeit seines Todes Einwohner des Königreiches war. Die hierseitige Reklamation zu Gunsten eines Bernerbürgers, welchem ein in Belgien verstorbener Verwandter schweizerischer

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Nationalität ein im Kanton Bern gelegenes kleines Grundstück legirt hatte, ist erfolglos geblieben, obschon eine Erbschaftssteuer bereits am Orte der gelegenen Sache bezogen wird (Fall Moritz Keller).

18. Auf Grund der von französischen Fischereiaufsehern um Doubs aufgenommenen Verbalprozesse, die durch Vermittelung der französischen Botschaft an uns gelangt sind, haben wir in zwei KälK-n gemäß Art. 14 des B un d es g e s e t a e s ü b e r d i e Fisc lie i c i vom 18. September 1875 (A. S. u. F. II, 90) die gerichtliche Verfolgung der Beanzeigten wegen Uebertretung der U e b e r e i n k n u l't z w i s c h e n d e r S c h w e i z u n d F r a n k r e i c h betreJ'l'eiul g l e i c h a r ti.g e B e sti m m u i i g e n ü b e r die F i s c h e r e i i n d e n ( j r e n z g e w äss er n vom 28. Dezember 1880 (A. S. u. F. Vi, «40) veranlaßt (cfr. Fall Misel, Bundesbl. 1885, II, G78: 18HU, I, 922, und 1887, II, 664).

In dem einen Falle verurtheilte das Polizeigericht des Amtes Freibergen J u s t i n C a h o t uud S é r a p h i n G a u f r o i d , iieicie wohnhaft in Goumois, Kantons Beru, wegen FischfreveLs /.u jo Fr. 10 Buße und solidarisch zu den Kosten, während im andeai Falle, welcher vor dein Polixeigerichte zu Chaux-de-Fouds pendent war. eine Freisprechung erfolgte, da es sich ergab, daß der Augeklagte mit Erlaubniß der kompetenten kantonalen Behörde während der Schonzeit zum Zwecke künstlicher Fischzucht (Art. 25 der Uebereinkunft) dem Fischfänge obgelegen hatte.

19. Andrerseits ist auf unser Gesuch in Frankreich geüicu zwei Bewohner von Veigy-Foncenex (Hochsavoyeu), welche auf dem Gebiete des Kantons Genf während der geschlossenen Xeit mit Hunden gejagt hatten, in Vollziehung von Art. 3 der U e b e r e i n k u n f t z w i s c h e n d e r S c h w e i z u n d F r a n k r e i c h z u r Bek ä m p f u n g des J ü g d f r e v e l s in den G r e n z wo l d u n gc.n (A. S. n. F. VIII, 183} das strafgerichtliehe Verfahren eingeleitet worden, welches dadurch seinen Abschluß fand, daß die beiden Angeklagten vom Gerichte zu Tlionon mit je Fr. 50 Buße beleg); wurden.

20. Im November 1883 hat die italienische Gesandtschaft darüher sich beschwert, d a ß d i e i t a l i e n i s c h e n E i s e n b a h n - u n d Z o l l b e a m t e n auf der i n t e r n a t i o n a l e n Station C h i a s s o im Widersprüche
mit den bestehenden Vertragsbestimmungen zur Bezahlung einer Gebühr für die Aufenthaltsbewilligung und zum Theil sogar zur Entrichtung lokaler Abgaben angehalten würden.

769 Diese Reklamation hat in der Folge Veranlassung gegeben zu langem diplomatischen Erörterungen über die vertragsmäßige Stellung der Beamten und Angestellten auf den beiden internationalen Stationen von Chiasso und Luino.

Was zuvörders die A u t'en thal t s-, bezw. N i e d e r l a s s u n g s verhält nisse dieser Personen betrifft, so ist in Art. 3 der Uebereinkunf't zwischen der Schweiz und Italien, beireffend den Polizeidienst auf den Gotthardbahnstatione Chiasso und Luino vom 16. Februar 1881 (Amtl. Samml. n. F. V, 577}, lediglich der allgemeine Grundsatz aufgestellt, daß die sämmtlichen Beamten, Bediensteten und Arbeiter unter den Gesetzen und Verordnungen desjenigen Staates stehen, in welchem sie sich befinden. Es seheint nun allerdings während einiger Zeit im Kanton Tessin die Ansicht obgewaltet zu haben, daß die italienischen Beamten und Angestellten auf dem Bahnhofe zu Chiasso auch mit Bezug auf ihre p o l i z e i lic L e g i t i m a t i o n in gleicher Weise wie die Bediensteten der Gotthardbahn und die schweizerischen Zoll- und Postangestellten (Bundesbl. 1883, II, 855, Ziff. 5) den Gesetzen und Verordnungen des Kantons Tessin unterstellt werden können und daß sie demgemäß, wie jeder Fremde, ihre Legitimationspapiere zu deponiren und gegen Bezahlung der betreffenden Gebühr die Bewilligung zum Aufenthalte einzuholen hätten. Einer solchen Auffassung gegenüber machte jedoch die italienische Regierung geltend, daß die Errichtung eines internationalen Bahnhofes, in welchem nothwendig Beamte und Agenten eines fremden Staates ihren Dienst, versehen müssen, ohne Weiteres zu Gunsten dieser Personen die Ermächtigung in sich schließe, am Orte der Dienstleistung; frei wohnen zu können, so daß die fraglichen Beamten in Chiasso weder eine Aufenthaltsbewilligung nöthig noch viel weniger eine Gebühr dafür zn bezahlen hätten. Da offenbar die erwähnte Bestimmung in Art. 3 der Uebereinkunft vom Jahre 1881 für das Personal auf den internationalen Stationen ausschließlich nur den Gerichtsstand in Civil- und Strafsachen feststellen soll, so nahmen wir keinen Anstand, das bezügliche Raisonnement der italienischen Regierung anzuerkennen, unter dei Voraussetzung immerhin, daß auch die schweizerischen Beamten in Luino auf dem gleichen Fuße behandelt werden, und mit dem ausdrücklichen Vorbehalte, daß sämmtliche
Angestellten und Bediensteten über die Identität ihrer Person und über ihre Anstellung sich auszuweisen haben.

Gleichzeitig bildete auch die F r a g e d e r B e s t e u e r u n g d i e s e r B e a m t e n Gegenstand der Verhandlungen.

Als maßgebend in dieser Hinsieht erscheint vor Allem aus das zweite Alinea von Art. 15 des Vertrages betreffend die Verbindung der o

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Gotthardbahn mit den italienischen Bahnen hei Chiasso und Pino vom 23. Dezember 1873 (Amtl. Samml. XI, 478), wonach die auf der Station Chiasso beschäftigten i t a l i e n i s c h e n Angestellten in der S c h w e i z und umgekehrt die s c h w e i z e r i s c h e n Augestellten auf dem Bahnhofe Luino in I t a l i e n von j e d e r d i r e k t e n u n d p e r s ö n l i c h e n S t e u e r b e f r e i t sein sollen. Angesichts dieser klaren. Bestimmung haben denn auch die Tessinerbehörden von Anfang an von einer Besteuerung der italienischen Arbeiter in Chiasso zu Gunsten des S t a a t e s Umgang genommen; dagegen trug die Munizipalität von Chiasso ihrerseits kein Bedenken, dieselben zur Gemeinde e s t e u e r (etwa 11 Franken) heranzuziehen.

Ihr Vorgehen suchte sie damit zu begründen, daß die erwähnten Beamten sämmtlicheGemeindenutzungenn in gleichem Umfange wie die eigenen steuerpflichtigen Bürger genießen und daß speziell durch den Zuwachs des italienischen Bahnholpersonals die Ausgaben der Gemeinde für Schulzwecke inganzx außerordentlichem Maße sich gesteigert hätten, während andrerseits der Gemeinde Luino durch die schweizerischen Angestellten in dieser Richtung keine größern Lasten erwachsen seien, indem die in Luino wohnhaften Schweizer auf ihre Kosten eine eigene Schule unterhalten.

Auch der Staatsrath von Tessin glaubte, unter diesenbesondernn Verhältnissen vom Standpunkte der Billigkeit aus diefragliche: Besteuerung befürworten zu sollen. Die italienischeRegierung; beharrtejedochh unter Berufung auf das Prinzip derReziprozitätt darauf, für die italienischen Angestellten in Chiasso dievertraglichh vorgesehene v o l l s t ä n d i g e S t e u e r f r e i h e i t z u u r e k l a m i r e n , indem sie darlegte, daß auch die schweizerischen Beamten inLuinou von jeglicher Lokalsteuer eximirt seien und daß es denselben unbenommen bleibe, ihre Kinder, anstatt in eine Privatschule, in die öffentlichenGemeindeschulenn zu schicken. Wir haben inFolge« dessen den Staatsrath von Tessin eingeladen, die Munizipalität von Chiasso anzuweisen, in Zukunft dem Art. 15 desStaatsvertratess von 1873 unbedingten V o l l z u z u x u verschaffen, und hierauf die Mittheilung erhalten, daß die erwähnte Munizipalität debezüglichen-u Anordnungen Folge geleistet habe.

21. Der Grundsatz der gegenseitigen unentgeltlichen
Verpflegung d e r g e w ö h n l i c h e n u n b e m i t t e l t e n K r a n k e n h a ti n Art. 10 des Niederlassungsvertrage mit dem D e u t s e h e n R e i c h e vom Jahre 1876 (Amtl./Samml. n. F. II, 567), in Art 7 des gleichartigen Vertrages mit Oes te r re i c h - U n gar n vom Jahre 1875 (Amtl.

Samml. II, n. F. 148), sowie auch in der ,,Erklärung* mit I t a l i e ! ) vom 15. Oktober 1875 (Amt!.Samml.L n. F. I, 745) eine feate formelle Anerkennung gefunden, während F r a n k r e i c h gegenüber diese

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gegenseitige unentgeltliche Verpflegung nur hinsichtlich der Geisteskranken und verlassenen Kinder vertraglich vereinbart ist Uebereinkunft vom 27. September 1882, Amtl. Samml. n. F. VII, 186). Allein thatsächlich wird das gleiche Verfahren auf Grund langjähriger Uebung zwischen der Schweiz und Frankreich auch bezüglich der gewöhnlichen armen Kranken des andern Staates allgemein beobachtet. Indirekt erscheint diese Frage außerdem durch den Niederlassungsvertrag mit Frankreich vom Jahre 1882 (Amtl. Samml. n. F. VI, 395) als geregelt, indem im Sinne von Art. l und 3 dieses Vertrages die Angehörigen des andern Staates gleich den eigenen Bürgern behandelt werden sollen. Demgemäß hat denn auch die französische Regierung in neuerer Zeit wiederholt die Zusicherung gegeben, daß die bezüglichen Bestimmungen der französischen Gesetzgebung, welche auf diesem Gebiete sehr o g humanen Grundsätzen huldigt, auf die Schweizer in gleicher Weise wie auf die eigenen Staatsbürger Anwendung finden sollen.

In Spezialfällen, in welchen von Lokal Behörden entgegen diesen Grundsätzen verfahren werden wollte, fand jeweils eine entsprechend Reklamation statt.

22. Bekanntlich können im Sinne der Uebereinkünft vom Jahre 1881, betreffend den Polizeidienst in den internationalen Stationen der Gotthardbahn und der bezüglichen "Erklärung" vom Januar 1885 (Amtl. Samml. n. F. V, 577, und VIII, 65} dio italienischen Staatsangehörigen, welche aus der Schweiz ausgewiesen werden sollen, ohne vorhergehende Verhandlungen auf die bloße Vorlage ,

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d e s bezüglichen Ausweisungsdekretes u n d des Inirrthümlicherr Weise haben jedoch einige kantonale Behörden dieses summarische Verfahren auch auf die t r a n s p o r t f ä h i g e n . K r a n k e n italienischer Nationalität ausdehnenzuM können geglaubt.

Allein es liegt schon in derNaturr der Sache, daß derHeimtrans-sport solcher Personen, insbesondere d e r Geisteskranken, i h r e Z u s t i m m u n g zuHeimschaffungng e r t h e i l t , bezw. d i e n ö t h i g e n A n o r d n u n g e n z u r U e b e r n a h m e unweiternrVersorgung dieseer P e r s o n e n v e r a n l a ß t h a t . Dieses letztere, offenbar auch humanere Verfahren erscheint übrigens lediglich als eine Konsequenderev schon mehrfach erwähnten ,,Erklärung"., zwischen .der Schweiz und Italien vom Oktober 1875 (Amtl. Samml. n. F. I, 745) und wird seitens der italienischen Behörden in ähnlichen Fällen; auch der Schweiz gegenüber geübt'(vergleiche Note der italienischeGesandtschaft!, vom 24. Mai 1886 in Sachen Nicola Bagnino).

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23. Die mit mehreren Staaten vereinbarte g e g e n s e i t i g e une n t g e l t l i c h e V e r p f l e g u n g der unbemittelten Staateangehörigen ist nur in dem Sinne als ,,unentgeltlich" zu verstehen, daß ein Ersatz der erwachsenen Kosten weder gegenüber den Staats- und Gemeindekassen noch gegenüber den andern öffentlichen Kassen desjenigen Landes, dem der Hilfsbedürftige angehört, .beansprucht werden kann. Dagegen muß die Regierung des Heimatstaates zur Eintreibu jener Kosten ihren Beistand gewähren, wenn der Unterstützte selbst Vermögen besitzen sollte oder wenn Zahlungspflichtige und zugleich zahlungsfähige Verwandte desselben vorhanden wären. Aber auch in diesem Falle gilt als erste Voraussetzung, daß die Kosten, deren Vergütung reklamirt wird, wirklich direkt aus der Hülfeleistung und Verpflegung oder aus der Beerdigung der unterstützten Person erwachsen sind. Folgender Vorgang mag an dieser Stelle Erwähnung finden : Im November 1887 erhielt das Kreisamt Oberhalbstein Kautons Graubünden, die telegraphische Anzeige, daß bei den Ruinen des Hospizes auf dem 'Septimer ein männlicher Leichnam aufge-funden worden sei. Da nähere Angaben darüber, ob eingewöhnlicher Todesfall oder ein Verbrechen vorliege, fehlten, so ordnete das erwähnte Kreisamt einen Augenschein an,durchhwelchenn die Identität d e s Verstorbenen mit einem italienischen natürlichen Todesgestorbenn war. Infolge dieser Vorkehrwarenn dem Kreisamte Oberhalbstein Kosten im Betrüge von über Fr. 150 erwachsen.

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Die Regierung von Graubünden beanspruchte hierauf die Ver gütung dieser Auslagen ans dem Vermögen des Verstorbenen, bezie-hungsweise durch die an seiner Stelle Zahlungspflichtigen Verwandten.

Wir lehntenindessß unsere diplomatische Verwendung b e d e r l e ita-talienischen Regierung ab, indem dfraglichenien K o s t n i c h t l d u r c h r c h Verhältnisse, a w e l c h e e h e dErklärungg 11 z w i s c h d e r t S c h w e i z i / , und Italien vom 1 5 . Oktober 1875 Anwendungf i n d e nkönnte, brechen vorliege oder nicht. Die erwähnten Auslagen sind somit bei Ausübung der diesen Behörden zustehendKriminaljustiz,/,, respektive Kriminalpolizei erwachsen und als solche ausschließlich vom Kanton Graubünden zu tragen.

24. Eine Tochter der zu Mollis, Kantons Glarus, in sehr dürftigen Verhältnissen lebenden Wittw T s c h a n u n aus Gaschurn, Vorarlberg,musste infolge schwerer Erkrankung in den Kantonsspital

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nach Glarus verbracht werden. Die Armenpflege von Mollis sicherte zwar vorläufig den Ersatz der Spital kosten zu, verlangte aber gleichzeitig, daß die vorarlbergische Heimatgemeinde auf geeignetem Wege zur Tragung dieser Kosten angehalten werde. Die Regierung von Glarus unterstützte das letztere Begehren und machte insbesondere darauf aufmerksam, daß im Kanton Glarus auf dem Gebiete des Armenwesens das Heimatrechtsprinzip im weitesten Umfange zur Anwendung gelange und daß demgemäß die glarnerisch Armenpflege ungeachtet des durch die Bundesgesetzgebung und die Staatsverträge anerkannten Grundsatzes der Territorialität oft in den Fall komme, Unterstützungen auch an Angehörige außerhalb des Kantons und der Schweiz zu verabfolgen.

Wir mußten indeß die gewünschte Intervention ablehnen, weil nach allgemeinen Grundsätzen, die auch zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn schon lange Anerkennung gefunden, die Unterstützung und Verpflegung der armen und kranken Angehörigen dem W o h n o r t e obliegt, was übrigens auch durch Art. 7 des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn vom 7. Dezember 1875 (Amtl. Samml. n. F., II, 148) ausdrücklich festgestellt und in der Botschaft betreffend ein ähnliches Abkommen mit Frankreich vom Jahre 1882 nachgewiesen worden ist (Bundesbl. 1882, IV, 573). Allerdings sind die Behörden des Unterstützungspflichtigen Wohnortes berechtigt, der bedürftigen Personen durch die Heimweisung sich zu entledigen, allein es soll diese äußerste Maßregel nur dann angewendet werden, wenn nach längerer Zeit b l e i b e n d e Nothwendigkeit zur Unterstützung nachgewiesen erscheint.

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25. Mehrere Schweizer, die in der f r a n z ö s i s c h e n F r e m d e n l e g i o n in T o n k i n gedient, aber Krankheits halber vor Ablauf ihrer Dienstzeit entlassen werden mußten, haben sich nach der Ausschiffung in Marseille, von allen Subsistenzmitteln entblößt, an das dortige schweizerische Konsulat gewendet, um mit dessen Hülfe die Heimreise nach der Schweiz bewerkstelligen zu können.

In Uebereinstimmung mit den Instruktionen in ähnlichen Fällen (z. B. Bundesbl. 1884, II, 784, Ziff. 23; 1887, II, 673, Ziff. 30) haben wir das erwähnte Konsulat, angewiesen, jeder Art von Unterstützung dieser Leute sich au enthalten und die Obsorge für dieselben bis an die Schweizergrenze lediglich den französischen Behörden zu überlassen. Eine derartige Verpflichtung kann für Frankreich nicht bloß aus dem Engagement dieser Söldner hergeleitet werden, sondern sie ergibt weh noch speziell aus dem schon mehrfach erörterten allgemeinen Grundsätze, wonach jeder Staat die dürf-

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tig Fremden wie seine eigenen Angehörigen zu unterstützen hai, zumal dieses Prinzip in der französischen Gesetzgebung ohnehin als allgemein gültig anerkannt worden ist.

26. Eine Anfrage darüber, welche Formalitäten d i e i n (1er S c h w e i z w o h n h a f t e n D e u t s c h e n gegenwärtig z u beobachten haben, um die A n e r k e n n u n g e i n e s S c h w e i z erischen Ehescheidun g s - U r t h e i l e s i m D e u t s c h e u R e i c h e zu erlangen, wurdeinu folgendem Sinne beantwortet: Man habe seiner Zeit, wie aus unserem Geschäftsberichte pro 1882 Bundesbl. 1883, II, 835) zu ersehen, den Versuch gemacht, zwischen der Schweiz und Deutschland zu einer Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der gerichtlichen Urtheile in Ehestreitigkeiten zu gelangen, allein die bezüglichen Bemühungen seien ohne Erfolg geblieben. Es stehe nun dermalen den Deutschen in der Schweiz, welche sich scheiden lassen wollen, unseres Erachtens kein anderer Ausweg offen, als daß sie für die Dauer ihres Prozesses in ihrem Heimatlande Wohnsitz nehmen. Dies habe seinen Grund einerseits darin, daß Art. 568 der deutschen Civilprozessordnung den in der Schweiz wohnenden Deutschen die Möglichkeit; benehme, sieh an ihren heimatlichen Richter au wenden, indem dit; deutschen Gerichte (mit Ausnahme des Falles, wo der Ehemann die Frau verlassen und seinen Aufenthalt im Auslande genommen hat) nur die Scheidung solcher Eheleute vornehmen können, welche im Bezirke des Gerichtes ihren Wohnsitz halten ; anderseits sui es auch den schweizerischen Gerichten nicht möglich, die Ehescheidung von Deutschen auszusprechen, weil die deutschen Behörden nicht in der Lage seien, die in Art. 56 des schweizerischen Gesetzes über Civilstand und Ehe vom 24. Dezember 1874 verlangte Erklärung, daß das zu erlassende Urtheil in Deutschland unerkannt werde, abzugeben.

27. Wenn ein fremdes Gericht die Scheidung s c h w e i z e r i s c h e r E h e g a t t e n ausgesprochen hat, so kann von Seite der Schweiz ein solches Urtheil auch nicht anerkannt werden, weil die Schweizer, selbst wenn sie im Ausland wohnen, dem Bundesgesetze über Civilstand und Ehe und speziell dem Art. 43 desselben unterstellt sind.

Hiernach haben schweizerische Eheleute für die Klagen auf Ehescheidung i m m e r einen Gerichtsstand, entweder am Wohnort des Ehemannes in der Schweiz, oder, beim Abgange eines solchen am Heimat-(Bürger) Orte oder am, letzten schweizerischen Wohnorte des Ehemannes.

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28. Gestützt auf die soeben erwähnte Bestimmung des Art. 43 mußten wir den neuenburgischen Behörden auf ihre Anfrage, ob das Erkenntniß des Gerichtshofes zu Elgin, Illinois (Vereinigte Stauten von Amerika), durch welches die Ehe zwischen Max und A d è l e W u i l l e m i n von Locle aufgelöst worden ist, im Kanton Neuenburg als gültig angesehen Werden könne, erwidern, daß dieses Urtheil als nichtig zu betrachten sei und auf dem Gebiete der Schweiz keine Vollziehung finden könne. Weder in Art. 43, noch in einem andern Artikel des erwähnten Bundesgesetzes sei die Rede von der Anerkennung eines ausländischen Gerichtstandes für Ehestreitigkeiten von Schweizern, so daß das schweizerische Forum als ein exklusives angesehen werden müsse und kein ausländisches Gericht kompetent sein könne, die Scheidungsklage zwischen Schweizerbürgern zu beurhteilen.

29. Im Januar 1884 starb zu München Fann G e i ß er geb.

Zeiler, Wittwe des 1883 zu Plewna, Bulgarien, verstorbenen Arztes Robert Geißer von Mörschweil, Kt. St. Gallen. Sie war vor der Ehe in München angehörig, wo sie 1866 einen unehelichen Knaben geboren hatte. Aus der Ehe mit Geißer ist ein Mädchen hervorgegangen, das im Jahr 1868 ebenfalls in Bayern geboren ist, Arzt Robert Geißer bewirkte auch die Einbürgerung des unehelichen Knaben in der Gemeinde Mörschweil und verließ darauf saine Familie. Die st. gallischen, Behörden verordneten dess halb die vormundschaftliche Verwaltung über die beiden Kinder Geißer. Der Knabe wohnte regelmäßig in der Schweiz, das Mädchen dagegen abwechselnd in einem Pensionate oder bei Verwandten in München, wo auch eine Pflegschaft über dasselbe augeordnet worden war. .Nach dem Tode der Mutter reklamirten die st. gallischen Behörden die alleinige Vormundschaft und die Aushingabe des Vermögens der Mutter, um die Theilung nach st. gallischem Erbrechte vornehmen zu können. Der Vormund des Mädchens erklärte sich vor dem Amtsgerichte München I mit diesem Begehren einverstanden. Gleichwohl lehnte das Amtsgericht dasselbe ab, gestutzt auf folgende Gesichtspunkte: Wenn auch die Frage der Bevormundung fremder Staatsangehöriger durch die Gerichte ihres Wohnortes eine bestrittene sei, so dürfe im vorliegenden Falle die Entscheidung doch nicht zweifelhaft sein, indem das bayerische Landrecht, wie das Gesetz dos ·Kantons St. Gallen, das Gericht,
beziehungsweise die Gemeinde des Wohnsitzes zur Einleitung und Führung der-Pflegschaft für zuständig erachten und die Camilla Geißer bei Einleitung der Pflegschaft unzweifelhaft ihren Wohnsitz in München gehabt, somit da»

776

Amtsgericht München I zuständig gewesen. In der Regel sei die Pflegschaft von der Behörde, welche sie in zuständiger Weise eingeleitet, auch zu Ende zu führen; überwiegende Zweckmässigkeitsgründe zur Uebertragung an eine andere Behörde liegen hier nicht vor.

Die Aushingabe der Verlassenschaf müsse auch abgelehnt werden, weil zwischen der Schweiz und Bayern ein Staatsvertrag über die Behandlung des Nachlasses der beidseitigen Angehörigen nicht bestehe und deshalb die allgemeinen Rechtsgrundsätze hierüber entscheiden, wonach der letzte Wohnsitz des Verstorbenen die Zuständigkeit der Verlassenschaftverhandlung begründe. Ohne allen Zweifel habe die Wittwe Geißer ihren letzten Wohnsitz in München gehabt, womit auch die Kompetenz des dortigen Amtsgerichtes zur Nachlassregulirung festgestellt sei.

Dem Antrage auf diplomatische Unterstützung des Gesuches «1er st. gallischen Behörden konnten wir nicht entsprechen, weil auch der Kanton St. Gallen in Prägen der Vormundschaft und des 13 Erbrechtes in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen des Münchener Gerichts dem Principe der Territorialität huldigt.

Es mag hier daran erinnert werden, daß ein ähnlicher Fall betreffend die Verlassenschaft eines in Stuttgart gestorbenen Glarners von Seite der württembergischen Behörden in gleichem Sinne er ledigt wurde (Bundesbl. 1868, II, 440).

30. Der in St. Gallen wohnhafte I s a a k "W oh lge u a u n i, von Hohenems, Vorarlberg, ließ sich im Jahre 1884 zu Opfertshofen, Kantons Schaffhausen, naturalisiren nachdem ihm die k. k. Bezirkshauptmannschaft in Feldkirch zuvor die Entlassung aus dein österreichischen Staatsverband ertheilt hatte. Ungeachtet dieses Umstandes verfügte jedoch die letztere Behörde mit Erlaß vom 1. Februar 1886, daß Wohlgenannt als unbefugt Ausgewanderter nach dem Gesetze vom 27. Juni 1871 behandelt und demgemäß hei seiner Rückkehr aus dem österreichischen Staatsgebiete ausgewiesen werden soll.

Die diplomatische Verwendung zu Gunsten des Wohlgenannt führte nicht zu dem gewünschten Resultate; vielmehr hat die k. und k. Regierung den fraglichen Erlaß aufrecht erhalten, da die Prüfung der thatsächliche Verhältnisse ergeben, daß der Wechsel der Staatsbürgerschaft seitens des Isaak Wohlgenanut in der offenbaren Absicht erfolgt sei, der Wehrpflicht in Oesterreich sich zu entziehen. Durch das häufige Vorkommen solcher Fälle habe aber die k. und k. Regierung im Jahre 1885 sich veranlaßt gesehen, den

777

Grundsatz aufzustellen, daß Individuen, welche in dieser Absicht ausgewandert seien und eine fremde Staatsangehörigkeit erwerben, selbst wenn letztere nicht bestritten werde, nach dem erwähnten Gesetze vom Jahre 1871 behandelt werden sollen, im Falle sie nach Oesterreich zurückkehren und dadurch Anlaß zu öffentlichem Aergerniß bieten. Die Ausweisung des Wohlgenannt erscheine auch nicht als eine Verletzung des Art. l des Niederlassungsvertrages mit der Schweiz vom 7. Dezember 1875, indem diese Vertragsbestimmung keinesfalls in dem Sinne ausgelegt werden könne, daß die vertragschließenden Parteien, sieh damit ihres aus der Polizeihoheit fließenden Rechtes entäußert hätten, in einzelnen Fällen Individuen, deren Aufenthalt im Lande aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung nachtheilig erscheine, auszuweisen.

31. Unser Justiz- und Polizeidepartement hatte während des Berichtjahres in 108 Fällen (1886 in 82) bei der Verraittelung von R e q u i s i t o r i a l i e n ausländischer Behörden an schweizerische Gerichte und umgekehrt mitzuwirken. 61 derselben bezogen sich auf Strafsachen, die übrigen 47 auf Civilangelegenheiteu.

Von den s c h w e i z e r i s c h e n Rogatorien waren 28 an Frankreich, 6 an Großbritannien, 4 an Italien, 3 an die Vereinigten Staaten von Amerika, je 2 an Belgien, Rußland und Spanien und je l an Deutschland, Luxemburg, Monaco und die Niederlande gerichtet, während andererseits von den a u s l ä n d i s c h e n 36 aus Frankreich, 13 aus Spanien, je 2 aus Italien, Oestevreich und Rußland und je l aus Bulgarien und Deutschland auf diplomatischem Wege zur Vollziehung in der Schweiz an uns gelangt sind.

Vier der eingegangenen Rogatorien hatten am Schlüsse des Jahres ihre Erledigung noch nicht gefunden.

Bezüglich der an Italien gerichteten Requisitorien erinnern wir daran, daß die diplomatische Vermittlung nicht nothwendig ist, da sie von den kantonalen Obergerichten direkt an die italienischen Appellationshöfe zum Vollzuge übermittelt werden können (vgl. Bundesbl. 1887, II, 670).

Requisitoriale nach Großbritannien werden dem Generalkonsulate in London übertragen, welches deren Vollziehung direkt besorgt.

32. Bei Anlaß eines R e q u i s i t o r i a l s von G e n f a n Rußl a n d in e i n e r S t r a f s a c h e (Fall Grouchetzky) hatte das schweizerische Generalkonsulat in St. Petersburg von sich aus Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

51

778

die bezüglichen genferischen Schriftstücke in's Russische, sowie umgekehrt die russischen Vollzugsakten in's Französische übersetzen lassen uud die daraus erwachsenen Kosten der Bundeskasse in Rechnung gebracht.

Wir glaubten infolge dessen, das Generalkonsulat darauf aufmerksam machen zu sollen, daß, wenn es sich um ein Requisitorial strafrechtlicher Natur handle, die Artikel 13 und 17 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Rußland vom 17.;5.

November 1873, maßgebend seien, wonach die an die russische Regierung gehenden Akten in französischer Sprache keiner Ueliersetzung bedürfen, andererseits aber die russischen Behörden verpflichtet seien, von ihren Schriftstücken, insofern dieselben nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, u n e n t g e l t l i c h französische Uebersetzungen zu liefern.

33. Auf Grund der Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend die Nationalität der Kinder und den Militärdienst der Söhne von in der Schweiz naturalisirten Franzosen vom 23. Juli 1879 (Atntl. Samml. n. F. V, 178) wurden im BerichtJahre 91 d e f i n i t i v e O p t i o n s e r k l ä r u n g e n zu Gunsten der Schweiz, (1886: 89, 1885: 79) abgegeben; die Anzahl der A n z e i g e n v o n d e r A b s i c h t z u r O p t i o n belief sich auf 77 (1886: 63, 1885: 60). Noch häufig genug war uns«Justiz- und Polizeidepartetnent genöthigt, die eingegangenen Optionsurkunden zu beanstanden und sie den kantonalen Behörden zur Abänderung, beziehungsweise Vervollständigung, zurückzusenden.

Wir verweisen dabei auf die in unserm Geschäftsberichte pro 1885 hinsichtlich des Inhaltes der Optionserklärungen und Anzeigen gemachten Bemerkungen (vgl. Bundesbl. 1886, Band I, S. 932 und 933).

Vom 6. Juli 1880 -- an welchem Tage die vorerwähnte Konvention in Kraft trat -- bis zum 31. Dezember 1887 -- mit welchem Zeitpunkt die Behandlung der Optionen gemäß Bundesrathsbeschluß vom 8. Juli 1887 über die neue Organisation der Departemente (Bundesbl. 1887, III, 667) dem eidgenössischen Departement des Auswärtigen zufiel -- sind 781 Optionserklärungen zu Gunsten der Schweiz abgegeben worden, nämlich 206 im Jahre 1880, 135 im Jahre 1881, 48 im Jahre 1882, 56 im Jahre 1883.

77 im Jahre 1884, 79 im Jahre 1885, 89 im Jahre 1886 und 91 im Jahre 1887. Diese Optionserklärungen vertheilen sich folgendermaßen auf
die Kantone: Genf 453, Neuenburg 88, Baselstadt 73.

Bern 57, Waadt 44, Zürich 14, Solothurn 11, Baselland t), Freibürg 8, Wallis 7, Aargau 7, Luzern 5, Schaffhausen 4, Glarus 1.

779 Während des gleichen Zeitraumes, d. h. vom 6. Juli 1880 bis zum 31. Dezember 1887, erfolgten 4 Optionserklärungen zu Gunsten der französischen Nationalität, l im Jahre 1882 und 3 im Jahre 1884.

34. Der Umstand, daß von Seite s c h w e i z e r i s c h e r Behörden für r u s s i s c h e S t a a t s a n g e h ö r i g e P ä s s e zur Heimreise ausgestellt worden sind, veranlaßte die kaiserlich russische Gesandtschaft, darauf aufmerksam zu machen, daß solche Papiere nach russischer Auffassung ungültig seien und daher von den russischen Behörden nicht anerkannt werden.

Jeder russische Angehörige, der sich im Ausiande aufhalten will, kann dies nur kraft eines von den russischen Behörden ausgestellten Passes thun, mit welchem derselbe sich vor seiner Abreise aus Rußland zu versehen hat und welcher fünf Jahre gültig ist.

Vor Ablauf dieser Frist hat der russische Staatsangehörige, welcher seinen Aufenthalt im Ausland verlängern will, um daherige Erlaubniß einzukommen und sich einen neuen Paß ausstellen zu lassen, der ihm von dem Gouverneur der Provinz ausgehändigt wird, aus welcher der frühere Paß stammte.

Wird diese Formalität vernaehläßigt, so verliert der russische Staatsangehörige alle seine mit dieser Staatsangehörigkeit zusammenhängenden Rechte und kann nach Rußland nur kraft besonderer Ermächtigung zurückkehren, welche von den kompetenten Behörden erst nach vorgängiger Untersuchung der Gründe ertheilt wird, die den Fehlbaren den gesetzliehen Vorschriften nachzukommen verhinderten.

Mit Kreisschreiben der Bundeskanzlei vom 9. März 1887 ist diese Mittheilung den Staatskanzleien sämmtlicher Kantone zur Kenntniß gebracht worden, mit der Einladung, in Zukunft russischen Staatsangehörigen die Ausstellung von Pässen zu verweigern (Bundesblatt 1887, I, 351).

35. Von der kaiserlich russischen Gesandtschaft wurde uns im Lauf des Jahres das von der i n t e r n a t i o n a l e n K o m m i s s i o n für das G e f ä n g n i ß w e s e n im September 1886 (Geschäftsbericht pro 1886, Bundesblatt 1887, II, 680) zu Bern ausgearbeitete Programm 3 über die Fragen, welche dem IV. internationalen Kongreß in St. Petersburg im Jähre 1890 zur Besprechung vorgelegt werden sollen, übermittelt und dabei das Gesuch um Bezeichnung derjenigen schweizerischen Spezialisten gestellt, welche geneigt wären, in einem einläßlicheren Berichte die eine oder andere der aufgestellten Fragen

780

für deii Kongreß zu behandeln. Es haben sich vier mit dem Stratund Gefängnißwesen vertraute Persönlichkeiten in der Schweiz zur Bearbeitung verschiedener Themata bereit erklärt.

36. Vom 15.--23. Juni 1883 hat in P a r i s der i n t e r n a t i o n a l e K o n g r e ß zum S c h u t z e der K i n d e r getagt. Die meisten europäischen und auch einige amerikanische Staaten waren vertreten. Die Schweiz hatte keinen offiziellen Delegirten abgeordnet, dagegen war Herr Dr. Ladame, damals Direktor des Waiseninstitutes Borei zu Dombresson, Kantons Neuenburg, welcher dem Kongresse beigewohnt, unsererseits schon vorher ersucht worden, über die Verhandlungen desselben Bericht zu erstatten.

Besondere Erwähnung verdient die Thatsache, daß einzelne schweizerische Beamte und zahlreiche wohlthätige Erziehungsinstitute aus beinahe sämmtlichen Kantonen dem Kongresse Abhandlungen über einschlägige Fragen geliefert haben.

Herr Dr. Ladame glaubte, vor seiner Berichterstattung die Veröffentlichung des offiziellen Berichtes über den Kongreß abwarten zu sollen, um in seiner Arbeit eine Reproduktion des Inhaltes der im Druck erscheinenden Aktenstücke zu vermeiden.

Diese Veröffentlichung hat sich jedoch verzögert und wurde erst im Jahre 1887 beendigt, so daß auch Herr Dr. Ladame seinerseits erst unterm 30. November gleichen Jahres in der Lage war, uns seinen Bericht vorzulegen.

Dieser Bericht, dem die offiziellen Aktenstücke (zwei starke Bände mit zahlreichen Beilagen) beigegeben sind, ist selbst sehr umfangreich ; er behandelt in verschiedenen Heften folgende fünf Themata: das zarte Kindesalter, die verlassenen Kinder, die Schüler, die schulflüchtigen Kinder und die jugendlichen Verbrecher. Wir haben über die Verwerthung der höchst interessanten Arbeit noch keinen Beschluß gefaßt. Wir werden jedoch diese Frage zum Besten der jungen Leute, denen der Kongreß und Herr Dr. Ladame im Besondern ihre ganze Aufmerksamkeit gewidmet haben, /AI lösen suchen.

VI, Rekurswesen.

1. Statistik.

Im Jahre 1887 waren mit Einrechnung der aus dem Vorjahre anhängig gebliebenen Fälle 128 Rekurse (1886: 112; 1885: 150) zu behandeln, von welchen 114 ihre Erledigung fanden und 14 als unerledigt auf das Jahr 1888 tibertragen wurden.

781 In 74 Rekurse (1886: 72; 1885: 97) traten wir materiell nicht ein, theils weil ausschließlich die kantonalen Behörden oder das Bundesgericht für den Entscheid kompetent waren, theils weil da, wo unsere Kompetenz materiell wirklich begründet gewesen wäre, der kantonale Instanzenzug noch nicht erschöpft war.

Die übrigen 40 Rekurse (1886: 32; 1885: 49) betrafen dem Gegenstande nach: 15 Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit; 10 Verweigerung oder Entzug der Niederlassung; 5 Verweigerung von Ausweisschriften durch die Heimatbehörde oder Rückhaltung von solchen am letzten Wohnort; 7 Beeinträchtigung der Glaubens- und Gewissensfreiheit ; 1 Vormundschaftswesen; 2 Steuerwesen.

Drei dieser Rekurse wurden zurückgezogen und fünf dadurch erledigt, daß die kantonalen Behörden von sich aus den Rekurrenten entsprachen. Es blieben demnach 32 Beschwerden übrig, welche materiell zu entscheiden waren (1886: 29; 1885: 37); 26 derselben wurden abgewiesen und 5 begründet erklärt. Ein Rekurs wurde theilweise begründet erklärt, theilweise abgewiesen.

Die Bundesversammlung hatte sich im Jahre 1887 mit 7 Beschwerden und Rekursen gegen Entscheide aus dem Geschäftskreise des Justiz- und Polizeidepartements zu befassen (1886: 5; 1885: 14). In 4 Fällen hat sie unsern Entscheid bestätigt; in 2 Fällen wurde, gemäß unsertn Antrag, Niehteintreten beschlossen. Ein Rekurs war am Ende des Jahres noch pendent.

Außerdem hatte sich unser Justiz- und Polizeidepartement mit einer direkt an die Bundesversammlung gerichteten Petition zu befassen.

2. Rekursgegenstände.

a. Handels- und Gewerbefreiheit.

aa. Statistik.

Die Zahl der Rekurse betreffend die Handels- und Gewerbefreiheit, beträgt im Berichtjahre 22 (1886: 18; 1885: 21). üeber die Rekursgegenstände und deren Erledigung gibt die nachstehende Aufstellung Auskunft.

' Summa.

£ JJ 1

Pendent. !

Vom Kanton 1 entsprochen. \

Begründet.

!

Unbegründet.

1

Nicht- II eintreten. |

782

!

\

Wirthsehaftsbetrieb . .

' Hausirwesen ; Omnibusdienst . . . .

i Inkassogeschäft . . . .

Zahnärztlicher Beruf . .

' Handel mit Weinstein ! Apothekerberuf . . . .

i Geschäftsagentur . .

! Kutschergewerbe . . . -- Trödel- u. Pfandleihgewerbe ! Honigverkauf . . . .

1

4 1

1 1

1

1

2 -- 1 1 --

3 !i M ] ·1

1 1 1 1 1

9

3

2

9 3 l 1 1

1

6

22

i

bb. Einzelne Fälle.

1. Wirthschaftswesen 1. In dem Rechtsstreite zwischen der Regierung des Kantons Uri und der D a m p f s c h i f f f a h r t s g e s e l l s c h a f t des V i e r waldstättersee's in Luzern, welcher den Keim eines Streites zwischen der Gesellschaft und sämmtlichen Uferkantonen in sich trug und bereits auch zwischen ihr und dem Kanton Schwyz zum Schriftenwechsel gefuhrt hatte, haben wir durch unsern Beschluß vom 18. Januar 1887 (Bundesbl. 1887, I, 179 ff.) die Gesellschaft pflichtig erklärt, für Ausübung der Dampfschiffwirthschaft, die keinen besondern zeitlichen Beschränkungen unterworfen werden dürfe, einem jeden Kantone, in dessen Gebiet dieselbe stattfindet, eine Patenttaxe zu bezahlen. Diese Taxe habe jedoch den verhältnißmäßigen Theil einer einzigen, von der Gesellschaft für den Wirthschaftsbetrieb im ganzen Umfange des See's zu entrichtenden, das in den betheiligten Kantonen geltende Maximuni nicht überschreitenden Patentgebühr zu bilden. Die entsprechenden Quoten seien von den Kantonen oder, mangels einer Einigung derselben, von der zuständigen Bundesbehörde festzusetzen.

783

Die in Aussicht genommene Vereinbarung zwischen den Uferkantonen betreffend die Ausmittelung und Zutheilung der Taxenbeträge ist inzwischen zu Stande gekommen und damit dieser Streitgegenstand erledigt.

2. Unter Berufung auf einen Großrathsbeschluß, welcher bestimme, daß alleinstehenden Frauenspersonen keine Wirthschaftspatente mehr ertheilt werden dürfen, versagten die Behörden von A p p e n z e l l I. R h. der Wittwe Forrer, geb. Rudisühle, bisheriger Wirthin ,.zur Rose" in Appenzell, die Bewilligung zur Führung einer neuen dortigen Wirthschaft ,,zum grünen Baum".

Wir haben den Rekurs der Wittwe Forrer gegen den Beschluß der Standeskommission von Appenzell I. Rh. vom 8. Juli 1887 unterm 16 Dezember 1887 für b e g r ü n d e t erklärt. Unsere Erwägungen lauten: 1) Es geht aus den Akten nicht hervor, daß im Kanton Appenzeli I. Rh. eine Bestimmung, welche die Ertheilung von Wirthschaftspatenten an alleinstehende Frauenspersonen ausschließt, auf legislativem Wege wirklich aufgestellt worden ist. Wenn dies aber geschehen wäre, so würde es sich fragen, ob eine solche Bestimmung mit Art. 31 der Bundesverfassung vereinbar sei. Diese Frage wäre aus den unter Ziffer 2 genannten Gründen zu verneinen.

2) Nach feststehender bundesrechtlicher Praxis sind die Kantone befugt, die Ertheilung eines Wirthschaftspatentes von sehr strengen Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen Eigenschaften der Bewerber abhängig zu machen. Unzweifelhaft steht ihnen das Recht zu, diese Vorhältnisse auch mit aller Strenge zu prüfen, wenn die Patentbewerbung von einer Frauensperson ausgeht. Es ist in dieser Richtung z. B. die in vielen kantonalen Gesetzen enthaltene Bestimmung, zufolge welcher mit falliten Ehemännern in gemeinsamem Haushalte lebenden Frauen ein Wirthschaftspatent nicht ertheilt werden darf, durch die Bundesbehörden nicht beanstandet worden.

Eine Bestimmung aber, die im Allgemeinen jede ,,alleinstehende Frauensperson14 von der Wirthschaftsführung ausschließt, rechtfertigt sich nach dem strengsten Maßstabe der persönlichen Qualifikation nicht, und es wird auch nicht möglich sein, dieselbe mit Art. 31, litt, c, der revidirten Bundesverfassung zu rechtfertigen, welche Verfassungsstelle den Kantonen gestattet, die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen zu unterwerfen.

784

3) Im Rekursfalle ist gegen die Person der Bewerberin nichts?

Nachtheiliges vorgebracht, ja die Behörden von Appcnzell I. Rh. scheinen geneigt, ihr die Weiterführung ihrer bisherigen Wirthschaft ohne Weiteres zu gestatten.

4) Demzufolge ist kein verfassungsmäßiger Grund vorhanden, der Rekurrentin die Ertheilung eines neuen Wirthschaftspatentes zu verweigern.

2. Terkauf von Honig.

3. Eine kleinräthliche Verordnung des Kts. G r a u b ü n d e n vom 31. Juli 1886, betreifend den Verkauf von Butter und Speisefetten und von Honig, enthält in Hinsicht auf den Honig folgende Bestimmungen : ,,§ 4. Als ,,Honig11 darf nur das reine, von den Bienen bereitete Naturprodukt verkauft werden."

,,§ 5. Die bisher unter dem Namen wie ,,Tafelhonig11, ,,Schweizerhonig"1 u. s. w. im Handel gehenden Surrogate (meist aus Stärkezuckersyrup oder aus Mischungen von solchen mit geringem Honig bestehend) dürfen nur unter ihrem wahren Naineu als ,,Syrup" u. s. w., nicht aber unter Bezeichnungen verkauft werden, in denen das Wort ,,Honiga vorkommt."

,,§ 6. Die Gefässe, in denen diese Produkte in den Verkiufslokalen aufbewahrt werden, sollen deutlich sichtbar als Aufsehrif't die wahren Namen, als ,,Syrupa u. s. w., tragen; diese Bezeichnung soll auch auf den betreffenden Fakturen und Frachtbriefen augewendet werden.u mit den die 14.

,,§ 7. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werten Geldbußen und eventuell auch mit Konfiskation der betreffmWaaren bestraft, nach ütlaßgabe des § 12 des Gesetzes ü.>er staatliche Kontrole von Lebens- und Genußmitteln vom Juli 188l.1*

Gegen diese Vorschriften beschwerte sich beim Bundes-ath mittelst einer Eingabe vom September 1886 Herr Advokat H. Kaiser in Pfäffikon im Namen von 10 Firmen (,,Tafelhonigfabrikanbn") wegen Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit.

Wir haben am 11. Januar 1887 den Rekurs als unbegründet abgewiesen. Unser Beschluß ist in extenso abgedruckt im Buadesblatt (1887, I, 126-134).

785 3. Trödel- und Pfandleihgewerbe.

4. Gegen das Gesetz des Kantons B a s e l s t a d t vom 13. November 1882 über das Hausirwesen, die Wanderlager, den zeitweiligen Gewerbebetrieb, die öffentlichen Aufführungen und Schauvorstellungen, das Trödel- und Pfandleihgewerbe, haben unterm 14. Januar 1887 mehrere in Basel niedergelassene Trödler und Pfandleiher (Schweizer und Badenserl bei uns Beschwerde erhoben, indem sie dasselbe im Ganzen und Einzelnen angriffen, dessen Unverträglichkeit mit dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit behaupteten, oder darin eine Mißachtung der Rechtsgleichheit der Bürger erblickten, oder endlich den Rechtsbestand des Gesetzes im Hinblick auf Art. 64 der Bundesverfassung (Gesetzgebungsrecht des Bundes über die persönliche Handlungsfähigkeit und alle auf den Handel und Mobiliarverkehr bezüglichen Verhältnisse) anfochten.

Der Rekurs wurde von uns am 11. Februar 1887 als unbegründet abgewiesen (Bundesbl. 1887, I, 596--600).

Die Rekurrenten zogen die Sache vor die Bundesversammlung.

Unser Entscheid wurde jedoch vorn Ständerath am 29. April und vom Nationalrathe am 7. Juni 1887 bestätigt.

4. Besondere Berufsart oder gewöhnliches Gewerbe?

5. Durch Beschluß vom 4. Januar 1887 erklärte die Regierung des Kantons S o l o t h u r n , daß sie auf das Gesuch des Badensers Karl Z ä h , von Herbolzheim, in Ölten, an letzterm Orte ein Inkassogeschäft zu etabliren, so lange nicht eintreten werde, bis derselbe ein inländisches Bürgerrecht erworben habe.

Mit Schreiben vom 18. Januar gì. J. legt Karl Zäh gegen diesen Beschluß Beschwerde beim Buodesrathe ein.

Wir haben am 23. März den Rekurs für b e g r ü n d e t erklärt.

Erwägungen : 1) Der Entscheid in vorliegender Rekurssache hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob ein ,,Geld- und Betreibungsgeschäft" im Kanton Solothurn sich als ein an den Besitz des inländischen Staatsbürgerreehts geknüpfter, obrigkeitlich konzessionirter Beruf darstelle, oder als einfaches Gewerbe.

Im erstem Falle besteht für den Kanton Solothurn keine Verpflichtung, einem Ausländer den Betrieb eines solchen Geschäftes zu gestatten; im letztem Falle nöthigt Art. l, Abs. 2, des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages vom 27. April 1876 den

7«6 genannten Kanton, dem Rekurrenten als deutschem Reichsangeuijvigen die nachgesuchte Bewilligung zu ertheilen.

2) Nach Maßgabe des solotlmrnischen Gesetzes vom 25. Februar 1879 über den Betrieb von Geld- und Betreib ungsgeschäften ist jedermann zum Betrieb und zur Besorgung der genannten Geschäfte befugt, der die gesetzlichen Bedingungen erfüllt. Diese Bedingungen sind besonders normirt für das Gelddarleihensgesehäft einerseits und für das Betreibungs- oder Inkassogeschäft anderseits ; aber für beide Geschäftszweige derart, daß vom Erfordernisse des inländischen Staatsbürgevrechts, oder vom Besitze besonderer, nur dem Inländer zukommender oder nur von diesem erwerbbarer Kenntnisse und Eigenschaften überall keine Rede ist, wie dies der Natur der Geschäfte gemäß auch nicht wohl anders sein kann. So wird 'L. B. die Befugniß zur Besorgung von Betreibungsgcschäften einzig und allein von der Leistung; einer durch den Regierungsrath zu genehmigenden Kaution im Betrage von Fr. 10,000 abhängig gemacht, behufs finanzieller Sieherstellung der Auftraggeber.

Das in Frage stehende solothurnische Gesetz qualifizirt sich überhaupt nicht als ein öffentlichrechtliche Befugnisse, wie die Ausübung des Lehrerberufs, der Advokatur etc., regelnder legislativer Akt, sondern als eia bestimmte Geschäftsbetriebe im Interesse des Publikums, der allgemeinen Sicherheit in Handel und Verkehr, gewissen Einschränkungen, Sicherheitsleistungen, Kontrol- und Strafbestimmungen unterwerfendes Polizeigesetz. In diesem Sinne wird dasselbe denn auch vom Gesetzgeber in Parenthese .,,Wuchergesetz"1 genannt und ist in der amtlichen Sammlung der in Kraft bestehenden Gesetze und Verordnungen für den Kanton Solothuru, II. Bd., in der Abtheilung ,,Justiz11 unter der Rubrik ,,Strafgesetzbuch" aufgeführt.

3) Nach dem Gesagten kann es nicht zweifelhaft sein, daß das Betreibungsgeschäft im Kanton Solothurn als ein gewöhnliches, unter gewissen Bedingungen jedermann zugängliches Gewerbe zu betrachten ist und daher nicht ausnahmsweise einem deutschen Staatsangehörigen verweigert werden darf.

6. Aloys G r u b e r , von Bobingen, Bezirks Augsburg, Bayern, in Appenzell wohnhaft, hatte bei der Sanitätskommission des Kantons A p p e n z e l l I. Rh. um Ertheilung der Bewilligung zur Ausübung der zahnärztlichen Praxis im dortigen Kantone nachgesucht. Jene
Behörde, entsprach jedoch dem Gesuche nicht und erklärte, mit Beschluß vom 5. Februar 1887, daß dem Petenten aller und jeder Ausweis über Studium und Befähigung in der Zahnheilkunde, welcher

787

für die Patentirung in derselben nothwendig sei, fehle. Gegen diesen Entscheid rekurrirte der Genannte an die Regierung des Kantons Appenzell I. Rh., welche aber die Beschwerde unterm 4. April gì. J.

abwies.

Mit Eingabe vom 2. Mai gelangte sodann Herr Fürsprecher Ferd. Stolz in Appenzell, Namens des Aloys Gruber, an den Bundesrath und stellte das Begehren: 1) Es sei die Ausübung der Zahnlechnik als ein freies Gewerbe im Sinne des Art. 31 der Bundesverfassung zu erklären 5 2) es sei die Schlußnahme der Sanitätskommission vom 5. Februar und der Entscheid der Standeskommission vom 4. April 1887 aufzuheben.

Wir haben in Erwägung gezogen : 1) Es unterliegt keinem Zweifel, daß nach schweizerischem Bundesrechte die Zahnheilkunde zu den wissenschaftlichen Berufsarten gehört, deren Ausübung die Kantone von einem Ausweise der Befähigung abhängig machen können (Art. 33 der Bundesverfassung).

Das Bundesgesetz vom 21. Dezember 1886 bestimmt ausdrücklich, daß Zahnärzte, wie Aerzte, Apotheker und Thierärzte, zur freien Ausübung ihres Berufes im Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft befugt seien, wenn sie nach Maßgabe des Gesetzes ein eidgenössisches Diplom erworben haben.

2) Der Rekurrent ist von den Behörden des Kantons Appenzell I. Rh. mit dem Begehren um Bewilligung der zahnärztlichen Praxis abgewiesen worden, weil ihm hiefür jeder Fähigkeitsausweis abgeht.

Um den Betrieb der Zahntechnik handelt es sich im vorliegenden Falle nicht, wie die Rekursschrift irrthümlich behauptet.

Die Kantonsbehörden haben also vollständig innerhalb der Schranken ihrer Kompetenz gehandelt und auch materiell richtig entschieden.

Es wurde daher am 3. August 1887 der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

7. In der ßekurssache des Hrn. Gr. U. L i e h t i , Apotheker, ia Winterthur, vom 25. Oktober/6. November 1887 , betreffend Auflegung einer Konzessionsgebühr von Fr. 500 für den Portbetrieb seiner Apotheke während weiteren 20 Jahren, wegen angeblicher Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung, haben wir folgende Erwägungen aufgestellt :

788

Wie der Bundesrath bereits in einem Schreiben an die Regierung des Kantons Zürich vom 6. Februar 1883 erklärt hat, statuirt der Entscheid vom 28. Juni 1881 in der Rekurssache Sauter (Bundesblatt 1881, III, 671) nicht die ausschließliche Unterordnung des Apothekerberufs unter Art. 31 der Bundesverfassung; neben dem gewerblichen Charakter wurde der Pharmazie vom Bundesrathe stetsfort auch derjenige einer wissenschaftlichen Berufsart zugeschrieben, in welch' letzterer Beziehung sie nicht durch Art. 31, sondern durch Art. 33 der Bundesverfassung beherrscht wird. Was speziell den Bezug einer Konzessionsgebühr auf dem Apothekergewerbe anlangt, so ist derselbe durch den allegirten Bundesrathsentscheid in Sachen Sauter ausdrücklich als mit Art. 31 der Bundesverfassung vereinbar erklärt worden, sofern die Gebühr, wie im Kanton Zürich, in mäßigen Grenzen bleibt.

Es liegt kein Grund vor, im gegenwärtigen Rekursfalle von diesen Grundsätzen abzugehen.

Gestützt hierauf wurde der Rekurs für unbegründet erklärt (29. November 1887).

b. Aufenthalts- and \iederlassungsreuht.

(Freizügigkeit.)

aa. RUckhaltung der Ausweisschriften.

8. Eine Kantonsbehörde wollte einer Frauensperson, in Bestätigung der Verfügung der Gemeindebehörde, die Ausweisschrif'ton nicht verabfolgen lassen, weil dieselbe der Gemeindebehörde durch schriftliche Erklärung das V e r f ü g u n g s r e c h t ü b e r i h r e n IIcim a t a eh ein eingeräumt hatte und die Behörde mit einem von der Person beabsichtigten Wohuortswechsel nicht einverstanden war.

Auf unsere Vorstellung, daß ein solches Verfahren mit dem Art. 45 der Bundesverfassung sich nicht vertrage, wurde die Gemeindebehörde von der kantonalen Oberinstanz angewiesen, der Beschwerdeführerin zu entsprechen.

9. Ein E h e m a n n , der mit seiner Frau im S c h e i d u n g s p r o z e s s e stand, verlangte die für ihn und seine Familie am Wohiiorte der letztern hinterlegten Ausweisschriften heraus, um angeblich nach Amerika auszuwandern. Die Gemeindebehörde, unterstützt durch die Kantonsregierung, verweigerte die Herausgabe mit der Begründung, daß die für die g a n z e F a m i l i e geltenden Schriften so lange nicht einem der beiden Ehegatten zum Zweck

789 des Verlassens der Familie herausgegeben werden dürfen, als nicht von kompetenter Behörde eine Bescheinigung der E h e s c h e i d u n g oder des S e p a r a t l e b e n s beigebracht und vom Familienhaupte für Separat-Schriften der zurückbleibenden Familie gesorgt sei.

Es wurde der Regierung von unserm Justiz- und Polizeidepartement erwidert, daß ihre Begründung nicht als zutreffend erachtet werden könne.

Der Ehemann erscheine, so lange seine Ehe nicht aufgelöst sei, als das Haupt der Familie, ihm komme zu, -- eine gegentheilige gerichtliche Verfügung vorbehalten -- den Wohnsitz der Familie zu bestimmen, und vor Allem sei es seine Sache, für sich selbst den ihm zusagenden Wohnsitz, in der Schweiz oder anderwärts, zu wählen. Einen besondern, persönlichen Heimatschein erhalte er von der Heimatgemeinde nicht, da er schon einen für ihn und seine Familie geltenden besitze. Also würde es in der Macht der Frau und der Kinder liegen, das Familienhaupt zum Verbleiben an einem Orte zu zwingen, wenn sie diesen Ort nicht zu verlassen gedenken. Die Frau und die Kinder finden ja in Art. 44 des Zivilstands- und Ehegesetzes das ausreichende Rechtsmittel, um während des Ehescheid ungsVerfahrens getrennt vom Manne und Vater zu leben, wenn dies durch die Verhältnisse gerechtfertigt wird.

10. Theodor Zingg, Buchbinder, von Bürglen (Thurgau), derzeit in Baden (Aargau), erhob mit Eingabe vom 26. Dezember 1886 Beschwerde gegen einen Beschluß des Regierungsrathes des Kantons Basel sta dt vom 22. gl. Mts., durch welchen ihm die Herausgabe der vom dortigen Strafgerichtspräsidenten in Beschlag genommenen Heimatschriften verweigert wurde.

Wir haben diese Beschwerde am 8. Februar 1887, gestützt auf die nachfolgenden Erwägungen, als unbegründet abgewiesen: 1) Unter der Herrschaft der Bundesverfassung von 1848, wie seit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1874 und speziell auch seit den grundsätzlichen Entscheiden von 1875 und 1876, durch welche die Zurückhaltung von Ausweisschriften wegen zivilrechtlicher Forderungen als verfassungswidrig erklärt wurde, hat die bundesreehtliche Praxis gegenüber dem Grundsatze der Freizügigkeit des Bürgers konsequent den Vorbehalt strafrechtlicher Ansprüche und Interessen aufgestellt und anerkannt, daß die Anwendung der Strafjustiz, die strafgerichtliche Verfolgung eines Schuldverdächtigen, sowie die Straf Vollstreckung gegen Verurtheilte den Kantonen nicht von Bundeswegen dürfe erschwert oder verunmög-

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licht werden (Bundesbl. 1873, II, 1003; 1875, II, 667; 1876, I, 740; 1878, H, 488: 1879, II, 591; 1880, II, 605; 1886, I, 949 und 950).

2) Im Rekursfalle handelt es sich um die Vollziehung eines strafgerichtlichen Urtheils, das wegen eines Vergehens in Anwendung des Strafgesetzes von Baselstadt gegen den Rekurrenten ergangen ist und für den Fall der Nichtzahlung der ausgesprochenen Geldbuße eine Freiheitsstrafe verhängt.

Die Voraussetzung der Umwandlung der Geldbuße in Gefaugnißstrafe ist eingetreten und es soll nun die letztere zur Vollstreckung gelangen.

Behufs Sicherung des Strafvollzuges ist von der zuständigen strafrichterlichen Behörde auf die Ausweisschril'ten des Vevurtheilten Beschlag gelegt und der Verurtheilte dem Polizeidepartemeut des Kantons Baselstadt zur Fahndung aufgegeben worden.

Unter diesen Umständen und zumal da das Bundesgesetz über Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten wegen der Natur des Vergehens im Spezialfalle nicht zur Anwendung kommen könnte, würde die Herausgabe der beschlagnahmten Schriften einer Erschwerung, wenn nicht geradezu einer Verunmöglichung des Strafvollzuges gleichkommen, und es kann deßhalb die Aufhebung des gerichtlichen Schriftenbeschlages nicht unter Berufung auf Art. 45 der Bundesverfassung (Freizügigkeitsrecht) verlangt werden.

bb. Erwerb und Entzug der Niederlassung.

11. IQ einer von Herrn Fürsprecher Dr. Otto Blattner in Aarau Namens des I s a a k Heß von Aegerten ( B e r n ) , Handelsmann in Aarau, gegen einen Beschluß der Regierung des Kantons A a r g a u vom 7. Dezember 1886 wegen Beeinträchtigung des Rechts der freien Niederlassung und der Handels- und Gewerbefreiheit anhängig gemachten Beschwerdesaehe sind wir bei unserm den Rekurs b e g r ü n d e t erklärenden Beschlüsse vom 16. August 1887 von nachstehenden Erwägungen ausgegangen : 1) Es besteht im Kanton Aargau keinerlei rechtliehe Vorschrift, zufolge welcher das Begehren um Bewilligung der Niederlassung in schriftlicher Form eingereicht werden müßte.

Die von den Gemeindebehörden dießfalls befolgte Praxis ist eine verschiedene: die einen verlangen in jedem einzelnen Falle ohne Ausnahme ein schriftliches Gesuch, die andern begnügen sich in der Regel mit einem bloß mündlichen Anbringen.

791

Die letztere Praxis herrscht auch in der Gemeinde Aarau, wo ein schriftliches Gesuch nur in denjenigen Fällen verlangt wird, in welchen die eingelegten Ausweise den gesetzlichen Vorschriften nicht vollständig entsprechen.

2) Der Rekurrent hat sich ara 13. Oktober 1886 an zuständiger Amtsstelle in Aavau zur Niederlassung mündlich angemeldet.

Gleichzeitig hat er eine amtliche Ausweisschrift der Polizeibehörde von Biel betreffend sein Schweizerbürgerrecht beigebracht, und als von der Aarauer Behörde am 20. Oktober gerügt wurde, daß die Bescheinigung der Bieler Polizeiinspektion nicht seitens einer höhern bernischen Amtsstelle legalisirt sei, wurde dieser Mangel von ihm schon am 23. Oktober durch Einlegung einer neuen, legalisirten Heimatrechtsbescheinigung gehoben. Die Bescheinigung der Polizeibehörde von Biel erhielt durch eine legalisirte Bescheinigungdes Gemeinderathee Biel ihre formelle und materielle Bestätigung.

Nach Maßgabe von Art. 45, Absatz l, der Bundesverfassung hatte der Rekurrent als Schweizerbürger durch Einlegung dieser Bescheinigungen die Bedingung der Niederlassung erfüllt; das Weitere war einfache, den Niederlassungsbehörden von Aarau obliegende Verwaltungs- und Formsache.

Der Regierungsrath des Kantons Aargau äußert sich in seiner Vernehmlassung an den Bundesrath dahin, es entspreche einer liberalen Auflassung von der Tragweite und dem Sinne des Art. 45 der Bundesverfassung, den Schweizerbürger schon von dem Tage an als Niedergelassenen zu betrachten, an welchem er sein Gesuch um Ertheilung der Niederlassungsbewilligung mit den erforderlichen Ausweisschriften eingereicht hat. Wollte man, sagt die Regierung, den Tag der Entscheidung über das Niederlassungsgesuch als maßgebend betrachten, so könnte dies leicht zu Willkürlichkeit im Verfahren der Behörden oder zu Verschleppungen führen.

Abgesehen hievon sind nach der Ansicht des Bundesrathes die Wirkungen der Niederlassungsbewilligung von Rechtswegen auf den Zeitpunkt zurürkzubeziehen, in welchem das bezügliche Begehren unter Einlegung der erforderlichen Ausweisschrift zuständigen Orts angebracht wurde.

3j Nach dem bei Ziffer 2 Gesagten erscheinen sowohl das am 20. Oktober von der Ortspolizeibehörde Aarau gestellte Begehren, ein Rechtsfähigkeitszeugniß einzureichen, als namentlich die sämmtlichen nach dem 23. Oktober 1886 an den Rekurrenten gestellten Ansinnen und Begehren der Behörde als uuzuläßig und der Vorschrift der Bundesverfassung (Art. 45) zuwiderlaufend ; so insbe-

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sondere das Begehren vom 25. Oktober, der Rekurrent habe einen eigentlicheHeimatscheinin einzulegen, widrigenfalls er als Hausirer betrachtet werde und der Hausirpatenttaxe unterliege, und das Begehren vom 27. Oktober, wodurch das vierzehn Tage vorher erfolgte mündliche Niederlassuugsgesuch des Rekurrenlen als nicht angebracht erklärt und demselben -- entgegen dem seit 13. Oktober ihm gegenüber eingehaltenen Verfahren und der sonstigen Praxis -- aufgegeben wurde, ein s c h r i f t l i c h e s Gesuch einzureichen -- ein Begehren, das gestellt wurde, obschon der Rekurrent vorher noch zwei legalisirtHeimatschrifteneu seitens des BürgerunEinwohnergemeinderatheses von Aegerten beigebracht hatte.

Waren aber die oben bezeichneten Begehren der Ortsbehörde unzuläßige Erschwerungen und Beschränkungen des Rechts der freien Niederlassung, so können auch deren Folgen keinen rechtlichen Bestand haben.

Es ist speziell der Behauptung des Rekurrenten beizustimmen, daß der Erwerb eines Hausirpatentes am 25. Oktober seinerseits nicht freiwillig, sondern bloß mit Rücksicht auf die ungerechtfertigte Zwangslage, in die er sich durch die Verfügung der Gemeindsbehörde von jenem Tage versetzt sah, geschehen ist und daher nicht eine ihm naehtheilige Rechtsfolge haben kann.

4) Die Bestimmung des aargauischen Gesetzes über den Marktund Hausirverkehr vom 12. März 1879, §4, litt, c, lautend: ,,Als Hausirverkehr ist zu behandeln : Das Ausstellen und Peilbieten von Waaren außerhalb der Gemeinde, in welcher der Betreffende seinen ordentlichen Wohnsitz hat" -- ist an sich bundesrechtliche nicht anfechtbar; sie will den in einer Gemeinde wohnhaften Handelsmann in der Konkurrenz mit dem nur vorübergehend -- wie ein Hausirer -- daselbst sich aufhaltenden Verkäufer unterstützen und den Gemeinden durch den Bezug von Hausirtaxen einen Ersatz für die den seßhaften Geschäftsleuten aufliegende ordentliche Erwerbssteuer zuführen (§ 12 des Gesetzes).

Wenn aber das Hausirgesetz auf einen Schweizerbürger angewendet wird, der in einer aargauischen Gemeinde ein festes Geschäft gründet, sich zum Betriebe desselben dort niederläßt und infolge dessen der ordentlichen Erwerbssteuer an Staat und Gemeinde unterliegt, so entsteht dadurch eine den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit beeinträchtigende Belastung des Bürgers, d. h. eine Widerhandlung gegen Art. 31 der Bundesverfassung, die von Bundeswegen nicht geduldet werden darf und daher sammt deren Folgen von der Bundesbehörde aufzuheben ist.

793 12. Zwischen den Gemeinden S c h u l s ( G r a u b ü n d e n ) und M o l l i s (Glarus), beziehungsweise zwischen den beidseitigen Kantonsregierungen waltete ein Streit über eine von der erstgenannten Gemeinde erhobene Ersatzforderung für Unterstützungen, die sie der in Mollis verbürgerten, in ihre Heimat zurücktransportirten Familie des Joh. Jb. L e u z i n g e r während ihres Aufenthaltes in Sohuls verabfolgt habe.

Die Gemeinde Mollis hatte dem Pfarramt Schuls zu Händen der genannten Familie in den Jahren 1886 und 1887 wiederholt Untevstützungsbeiträge zugewendet, im Ganzen Fr. 216, und auch die Kosten des Heimtransports mit Fr. 143. 94 zu bezahlen sich bereit erklärt, allein sie weigerte sieh, eine weitere Forderung von Sehuls im Betrage von Fr. 153. 98 für geleistete Unterstützungen -anzuerkennen.

Die Glarner Behörden stellten sich auf den Standpunkt, daß hier ein Streit privatrechtlieher Natur vorliege, der nicht auf das staatsrechtliche Gebiet hinübergespielt werden dürfe.

Wir haben dieser Auffassung prinzipiell beigepflichtet und unterm 16. November 1887 der Regierung von Graubünden eröffnet, was folgt : Der Bundesrath habe nicht ermangeln wollen, zur gütlichen Beilegung der zwischen den Kantonsregierungen von Graubünden und Glarus als Vertreter der Gemeinden Schuls und Mollis bestehenden Differenz seine Vermittelung zu leihen. Da nun aber der' Gegensatz nicht gehoben werden könne, so müsse der Bundesrath sieh die Frage vorlegen, ob er zur Entscheidung der Streitsache kompetent sei, und diese Frage sei zu verneinen.

Ein diesbezüglicher Entscheid des Bundesrathes könne nur von staatsrechtlichen Gesichtspunkten ausgehen. Als Fundament desselben erscheine Art. 45, Abs. 3, der Bundesverfassung. Nach Maßgabe dieser Verfassungsstelle habe der Bundesrath jeweilen nur die Frage des Rechts zum Niederlassungseutzuge wegen Dürftigkeit eines Niedergelassenen, beziehungsweise die Frage der Pflicht des Heimatkantons zur Uebernahme eines solchen zu prüfen, und dieser Punkt sei zwischen den beiden Kantonen im vorliegenden Fall nicht streitig. Die Bundesverfassung statuire keine Verpflichtung der Niederlassungsgemeinde oder des Niederlassungskantons zur Unterstützung eines dürftigen Niedergelassenen, und darum könne der Bundesrath auch nicht bezügliche Forderungsansprüche durch einen staatsrechtlichen Rekursentscheid schützen.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

52

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ce. Rechtsverhältniß zu den Angehörigen auswärtiger Staaten.

13. Eine Beschwerde des J o s e p h J o h a n n Aal aus K a r l s r u h e , gew. Handelsmann in H e v i s a u , wegen Ausweisung wurde am 23. März 1887 von uns als unbegründet abgewiesen. Wir haben uns dabei im Anschlüsse an die bisherige Praxis auf Art. 1.

2 uud 7 des s c h w e i z e r i s c h - d e u t s c h e n N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a g e s vom 27. April 1876 berufen. Unser Beschluß iindet sich im Bundesblatt 1887, II, 238--241; er wurde vom Rekurrenteu au dieBundesversammlung gezogen, allein von beiden Käthen bestätigt (29. April 1887).

14. Frau T h e r e s i a Mösle geh. H a u b e r , von L a n g n u u ( W ü r t t e m b e r g ) , zur Zeit in Luzeru, welche früher in Zürich niedergelassen war, wurde mit ihrem Gesuch um Bewilligung der Niederlassung in Luzern, wo sie ein Haus erworben hat, vou der Regierung des Kantons Luzern mit Beschluß vom 14. Dezember 1885 abgewiesen, auf Grund von Art. 2 des Niederlassungs vertrage« zwischen der Schweiz und dein Deutschen Reiche vom 27. April.

1876, da die Petentin infolge ihrer Bestrafung durch das Bezirksgericht Zürich unterm 30. Januar 1885 wegen Kuppelei den unbescholtenen Leumund verloren habe.

Gegen diesen Entscheid rekurrirte Herr Dr. Eugen Curti in Zürich Namens des Frau Th. Mösle mit Eingabe vom Januar 1887 au den Bundesrath.

Wir haben am 12. April 1887 den Rekurs als unbegründet abgewiesen, gestützt auf folgende Erwägungen : Art. 2 des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrags vom 27. April 1876 verpflichtet die Kantone, Deutschen den Wohusit1/ MI gestatten, sofern dieselben mit einem Heiinatschein und einem von der zuständigen Heimatbehörde ausgestellten Zeugniß versehen sind, durch welches bescheinigt wird, daß der Inhaber im Vollgenuß der bürgerlichen Ehrenrechte sich befindet und einen unbescholtenen Leumund genießt, und Art. l, Absatz l, desselben Staatsvertrages sichert den Deutschen zu, daß sie sieh in der Schwel/ dauernd oder zeitweilig aufhalten können, sofern sie den Gesetzen und Polizeiverordnungen nachleben.

Diese Bestimmungen haben allerdings zunächst den Fall der o o ersten Wohnsitznahme eines Deutschen io einem Kanton der Schweiz im Auge. Allein es leuchtet sofort ein, daß, wenn ein in der Schweiz niedergelassener Deutscher sich gegen das Strafgesetz des Niederlassungskantons durch ein Vergehen wider die öffentliche

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Sittlichkeit verfehlt, wie im Rekursfalle die Rekurrentin, kein anderer Kanton angehalten werden kann, diesen Deutschen als einen mit den vertragsmäßigen Requisiten der Wohnsitznahme ausgerüsteten Niederlassungsbewerber anzusehen und demselben die Niederlassung zu gestatten. Dabei ist es rechtlich ganz unerheblich, ob der bisherige Niederlassungskanton von der ihm zustehenden Befugniß, den betreffenden Deutschen aus seinem Gebiete wegzuweisen, Gebrauch macht oder nicht.

15. Mit Schreiben vom 28. Juni J887 stellte das Militär- und Polizeidepartement des Kantons L u z e r n an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Einfrage, ob einer B e s c h r ä n k u n g der Nied erlassungs.be willigung an A u s l ä n d e r auf die D a u e r d e r G ü l t i g k e i t i h r e r A u s w e i s s c h r i f t e n rechtliche Hindernisse im Wege stehen.

Unser Departement antwortete hierauf unterm 22. Juli gì. J., daß ihm keine dießbezüglichen Hindernisse bekannt seien, und daß es sehr xu begrüßen wäre, wenn sämmtliche Kantone eine solche Vorschrift aufstellen würden.

Da die weitern Ausführungen des Departements von allgemeinem Interesse sind, lassen wir sie hiernach folgen: ,,Es ist uns zwar bekannt, daß viele kantonale Gesetze oder Réglemente über die Fremdenpolizei bereits eine Bestimmung im Sinne Ihrer Anregung enthalten, allein wir müssen leider nur zu häufig die Beobachtung machen, daß die Lokalbehörden sie nicht strenge genug vollziehen. Wir möchten daher nicht blos die Anerkennung des Grundsatzes, sondern auch die feste Durchführung desselben in der Weise wünschen, daß die Lokalbehörden verpflichtet würden, die bei ihnen wohnenden Ausländer etwa vier Wochen vor Auslauf ihrer Legitimationspapiere aufzufordern, ihre Position durch Beschaffung neuer Papiere zu ordnen. Es würden mit diesem Verfahren ohne Zweifel viele Inkonvenienzen vermieden werden, wie die Erfahrung aus neuerer Zeit belehrt, indem jene Fälle, wo ein Ausländer seiner Militärpflicht nicht genügt oder heimlich auf sein ursprüngliches Heimatsrecbt verzichtet hat, ohne eine andere Nationalität zu erwerben, oder wo Ehen vollzogen und Kinder geboren worden sind, ohne am Heimatsorte eingetragen zu sein etc., früher zu Tage treten müßten und ohne größere Verwickelung geregelt werden könnten.

,,Ihre Andeutung, daß der Beschluß des Bundesrathes, durch welchen die frühere Beschränkung der Niederlassungsbewilligung für Schweizer auf die Dauer von vier Jahren als aufgehoben erklärt

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wurde, Bedenken verursachen möchte, ist nach unserer Ansicht nicht gerechtfertigt.

,,Der Umstand, daß in einzelnen Niederlassungsverträgen die Angehörigen der betreffenden Staaten mit Bezug auf die Niederlassungs- und Aufenthaltsverhältnisse den Schweixerbürgern gleichgestellt sind, ist ohne Bedeutung für das oben besprochene Verhältniß, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die Angehörigen dieser Staaten F r e m d e sind, auf welche die Grundsätze der Bundesverfassung, soweit sie das Heimatrecht betreffen, keine Anwendung finden.

.,,Der Beschluß des Bundesrathes vom 22. November 1875, durch welchen die Erneuerung der Niederlassungsbewilligung für Schweizer aufgehoben wurde, kann natürlich keinerlei Bedenken erwecken, weil nach Art. 44 der Bundesverfassung kein Kauton einen Kantonsbürger des Bürgerrechtes verlustig erklären darf. Eine gleiche Vorschrift kann aber die Schweiz gegenüber den Ausländern nicht aufstellen; jedenfalls wäre eine solche total werthlos. Sie kann sich daher nur schützen, wenn sie die Vorschriften des Heimatstaates der Fremden und genau diejenigen Termine beachtet, welche die heimatliche Behörde für die Gültigkeit der einzelnen Legitimationspapiere festgestellt hat.tt

c. Konfessionelle Verhältnisse.

16. M a r i a h i l f k i r c h e in L u z e r n. In der wegen Vergleichsunterhandlungen, die jedoch erfolglos blieben, während mehreren Jahren anhängigen Rekursangelegenheit betreffend die Mariahilfkirche in Luzern (vergi, unsere Geschäftsberichte für 1885 [Bundesbl. 1886, I, 959 ff.] und für 1S86 [Bundesbl.

1887, U, 698--699]) hat der Ständerath am 18. April 1887 folgenden Beschluß gefaßt: ,,1. Der Rekurs der Regierung von Luzern wird, soweit er sich auf die Anwendung von Art. 50, Abs. 2, der Bundesverfassung bezieht, als unbegründet erklärt.

2. Durch diese Schlußnahme soll der Frage, ob die Regierung von Luzern berechtigt sei, kraft des ihr nach Mitgabe der Sönderungsurkunde vom 4. November 1800 zustehenden Aufsichtsrechtes die Mitbenutzung der Mariahilfkirche durch die Christkatholiken zu verbieten, nicht vorgegriffen sein.* Am 27. April stimmte der Nationalrath diesem Beschlüsse zu.

17. R e l i g i ö s e U n t e r r i c h t s f r e i h e i t .

Verfüg u n g ü b e r die r e l i g i ö s e E r z i e h u n g . In mehreren Re-

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kursfällen hatten wir die in Art. 49, Abs. 2 und 3, der Bundesverfassung niedergelegten Grundsätze zur Anwendung zu bringen.

a. Durch Beschluß vom 25. März 1887 in Sachen des Karl S u d l e r , Schneidermeister, in R o r s c h a c h , gegen eine Schlußnahme der Regierung des Kantons St. G a l l e n vom 7. Januar 1887 haben wir festgestellt, daß eine Verpflichtung zur Theilnahme an einem religiösen Unterrichte gegenüber der einfachen Weigerung des Individuums (in oa.su des Inhabers der väterlichen Gewalt) auch nicht einen Moment aufrecht erhalten werden dürfe, wenn nicht das garantirle Freiheitsrecht selbst darunter leiden, ja zu Grunde gehen soll.

b. In einem andern Falle (Rekurs der Elisabeth P y t h o n , von Châtelard, F r e i b u r g ) handelte es sich um die Frage, ob der Inhaber der elterlichen Gewalt, wenn er seine Wahl über den dem Kinde zu ertheilenden r e l i g i ö s e n U n t e r r i c h t getroffen hat und das Kind an dem gewählten Unterricht theilnehmen läßt, für u n b e g r ü n d e t e A b w e s e n h e i t e n desselben b e s t r a f t werden könne. Diese Frage ist von uns am 27. September 1887 bejaht worden. Dieselbe betrifft in der That ausschließlich die Schulordnung, der sich jeder Theilnehmer eines Unterrichts zu unterwerfen hat und ohne welche ein Unterricht schlechterdings nicht denkbar ist.

» c. Der durch Weiterziehung seitens der Klagpartei vor das Forum der Bundesversammlung gezogene und im Berichtjahre nicht mehr zur Entscheidung gelangte staatsrechtliche Streit zwischen der Frau Césarine Arsène S t e i n e r , geb. D e s c h a m p s , i n U s t e r , und den z ü r c h e r i s c h e n Vormundscbaftsbehörden hat uns veranlaßt, in unserm Beschlüsse vom 27. September vorigen Jahres mit aller Entschiedenheit an dem Rechte der kantonalen Vormundschaflsorgane zur Verfügung über die religiöse Erziehung der ihrer Gewalt unterworfenen Kinder gegenüber anderweitigen Begehren und Einflüssen festzuhalten; denn ,,die Bestimmungen des Art. 49, Abs. 2 und 3, der Bundesverfassung sind ja gerade zum Schutze der Rechte der väterlichen und der vormundschaftlichen Gewalt in Hinsicht auf die religiöse Erziehung der Kinder aufgestellt worden."

d. Die Beschwerde des Ludwig M e i e r , von O b e r k i r c h (Luzern), wohnhaft in Baar (Zug), gegen einen Beschluß der Regierung des Kantons A a
r g a u vom 17. April 1887, betreffend die Rechte der väterlichen Gewalt, insonderheit das durch Art. 49, Abs. 3, der Bundesverfassung dem Vater gewährleistete Recht der Verfügung über die religiöse Erziehung seines konfessionsunmün-

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digen, d. h. noch nicht 16 Jahre alten Kindes, ist Ihnen durch don damit im engsten Zusammenhang stehenden Rekurs des Melchior Weber-Bücher von Baar ebenfalls zu näherer Kenntniß gekommen.

Die Erledigung des letztern Falles fällt indessen in das Jahr 1888.

In Besoug auf die Beschwerde des Ludwig Meier heben wir hier aus den Erwägungen unseres Entscheides vom 7. Oktober 1887 bloß den Satz hervor, welcher besagt, daß es zur Ausübung des durch Art. 49. Abs. 3, der Bundesverfassung anerkannten konfessionellen Verfügungsrechtes des Inhabers der väterlichen Gewalt nicht des thatsächlichen Wohnens des Kindes bei seinem Vater bedürfe, sofern im Uebrigen dem ausgesprochenen Willen des letztern hinsichtlich der religiösen Erziehung des Kindes nachgelebt wird.

Die hier erwähnten vier Rekursentscheide sind im Bundesblatt von 1887, IV. Band, S. 149--174, enthalten.

18. M o r m o n i s m u s . Johann Kaspar L o o s i i, von Wyßachengraben, Kantons B e r n , wohnhaft in Bern, wurde vom Bezirksgericht Z o f i n g e n am 17. Novemher 1886 wegen Propaganda für den M o r m o n i s m u s zu Haft und Geldbuße verurtheilt, Das Gericht nahm an, der Angeklagte habe sich eines Vergehens gegen die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit schuldig gemacht, indem er durch Vortrage Glaubensgenossen für die Lehre der Mormonen zu gewinnen suchte; er habe dadurch Mitglieder filicine Sekte' geworben, bei welcher die Vielweiberei einen integrirenden Bestandteil der Religion bilde und die daher als eine unsittliche Genossenschaft zu betrachten sei.

Job. Kaspar Loosli rekunirte gegen das bezirksgerichtliche Urtheil wegen angeblicher Verletzung der Artikel 49, 50 und 56 der Bundesverfassung an den Bundesrath.

Die R e g i e r u n g des K a n t o n s A a r g a u stellte sich in ihrer Vernehmlassung auf den Standpunkt, von welchem das Bezirksgericht Zofingen ausgegangen war.

Unser Entscheid vom 7. Oktober 1887 lautet auf Abweisung des Rekurses. Derselbe ist in extenso veröffentlicht im Bundesblatt 1887, IV, 175-182.

19. T e s s i n i s c h e s K i r e h e n g e s e t z . Mittelst gleichlautender Eingaben vom 25./27. Mai 1886 haben die Herren L. de Stoppani, R. Simen und E. Bruni im Namen des ,,Comitato liberale cantonale ticinese14 zugleich beim Bundesgerichte und beim

799 Bundesrathe eine gegen das t e s s i n i s c h e ,, G e s e t z ü b e r die Freiheit der katholischen Kirche und die Verw a l t u n g d e r K i r c h e n g ü t , e r " , vom 28. Januar 1886, gerichtete staatsrechtliche Beschwerde eingereicht.

Das Bundesgericht beurtheilte die Beschwerde am 2. April 1887, ·wobei es die Beschwerdepunkte nach der Zuständigkeit ausschied und als in die Kompetenz des Bundesrathes fallend diejenigen bezeichnete, welche eine Verletzung des Berner Vertrages vom 1. September 1884 und der Art. 50, Abs. 2 und 4, 49, Abs. 2, und 43 der Bundesverfassung behaupteten.

Wir haben diese Kompetenzbestimmung als richtig anerkannt und unserm Entscheid vom 18. Oktober 1887 zu Grunde gelegt.

Abgesehen von einem ausdrücklichen Vorbehalt in Betreff des durch den erwähnten Berner Vertrag für die tessinischen Kirchgemeinden geschaffenen Rechts- und SachVerhältnisses ist der Rekurs als nicht begründet erklärt worden (Bundesbl. 1887, IV.

183--199).

20. H e i l s a r m e e , a. Auch im Jahre 1887 hatte sich der Bundesrath mehrfach mit dieser Sekte zu beschäftigen. In zwei Rekursentscheiden bot sich ihm die Gelegenheit, seinen Standpunkt mit Rücksicht auf die 1884 im Einverständniß mit dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement von den Regierungen der Kantone Bern, Waadt, Neuenburg und Genf beschlossenen Verhaltungsregeln festzustellen.

Der eine dieser Entscheide wurde anläßlich des Rekurses der Frauen M a u r e r und Genossinnen getroffen.

Am Nachmittag des 6. Februar 1886 waren 30--35 Kinder auf Veranstaltung der Jungfrauen Henoy (WaadtläaderinJ uad Verrot (Französin) in der Wohnung der Wittwe Maurer in S o n v i l l i e r (Berner Jura) versammelt. Diese drei Personen, von denen Fräulein Henny Kapitäns- und Frl. Verrot Lieutenantsgrad in der Heilsarmee bekleiden, wurden polizeigerichtlich eine jede zu einer Geldbuße von Fr. 50 verurtheilt, indem man in der Abhaltung gedachter Versammlung eine Widerhandlung gegen die bernische Verordnung vom 27. August 1884 erblickte.

Im Namen der verurtheilten Frauen rekurrirte Hr. Professor König in Bern gegen das Straferkenntniß an den Bundesrath. Er verlangte die Aufhebung des Urtheils und die Ungültigerklärung der berührten Verordnung des bernischen Regierungsrathes.

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Der Bundesrath erklärte den Rekurs im ersten Punkte für begründet, weil die Versammlung vom 6. Februar in Wirklichkeit nicht den Charakter einer öffentlichen Versammlung gehabt habe, fand sich dagegen nicht veranlaßt, den bernischen Regierungsbeschluß aufzuheben.

Wir heben aus dem Bundesrathsbeschlusse vom 18. Februar 1887 die nachstehenden Erwägungsgründe heraus: Die Bundesverfassung gewährleistet allerdings in Art. 50 dio freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung; allein sie ermächtigt gleichzeitig die Kantone sowohl wie den Bund, die nur Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Angehörigen der verschiedenen Religionsgenossenschaften erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Gestützt auf diese Verfassungsbestimmungen hat die Regierung des Kantons Bern den Beschluß vom 27. August 1884 gefaßt, der auf die Rekurrentinnen angewendet worden ist.

Sache der Bundesbehörde ist es hinwieder, jederzeit zu untersuchen, ob die von den Kantonen ergriffenen Maßregeln innerhalb der durch ihren Zweek -- Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung und des konfessionellen Friedens -- vorgezeichneten Grenzen bleiben.

Von diesem stets festgehaltenen Rechte Gebrauch machend, hat der Bundesrath schon in seinem Beschlüsse vom 3. Juui 1885 in Sachen B. Genillard und Konsorten (Bundesbl. 1885, III, 397 ff.)

über die Zuläßigkeit und die rechtliche Tragweite des allegirten Beschlusses der Berner Regierung sich ausgesprochen.

Es wurde damals vom Bundesrathe festgestellt, daß die Schärfe des Beschlusses, der den Angehörigen der Heilsarmee seihst rein private Vereinigungen zu untersagen scheint, durch ein den Beschluß begleitendes Kreisschreiben der Regierung an die Regierungsstatthalter vom gleichen Tage wesentlich gemildert worden ist.

Nach Maßgabe dieses Kreisschreibens hat der Bundesrath dem Regierungsbeschlusse vom 27. August 1884 den Sinn und Zweck beigelegt, die ö f f e n t l i c h e n Uebuugen der Heilsarmee zu untersagen , Privatversammlungen der ^Salutisten" aber nicht bloß zu gestatten, sondern dieselben geradezu unter den Schutz der Behörden und ihrer Organe zu stellen.

In diesem Sinne und mit dieser Auslegung hat der Bundesrath bei seinem Entscheide über den Rekurs Genillard den Rechts-

801 bestand des Regierungsbeschlusses vom 27. August 1884 anerkannt und dabei bereits in Aussicht genommen, den Zeitpunkt zu bestimmen , in welchem die bernischen Verfügungen vollständig zurückgenommen werden könnten.

Da inzwischen in Hinsicht auf den erwähnten Regierungsbeschluß weder von der kantonalen, noch von der eidgenössischen Behörde irgend welche Entscheidung getroffen wurde, so besteht derselbe heute noch in Kraft, allein immerhin nur ja dem Sinne und in der beschränkten. Tragweite, die ihm in den Erwägungen zum ßundesrathsbeschlusse über den Rekurs Genillard und Konsorten beigemessen sind, d. h. dahingehend, daß einzig die öffentlichen Versammlungen der Heilsarmee untersagt bleiben, rein private Vereinigungen derselben dagegen nicht verhindert werden dürfen.

Die im Spezialfalle zu beantwortende Frage läßt sich demzufolge.in folgenden Worten ausdrücken: Ergibt es sich aus den gerichtlichen Untersuchungsakten und aus den vom Bundesrathe nachträglich angeordneten Erhebungen, daß die Zusammenkunft der Salutisten in der Wohnung der Rekurrentin Maurer am 6. Februar 1886 eine öffentliche Versammlung war, oder geht gegentheils aus den Akten hervor, daß dieselbe einen bloß privaten Charakter hatte?

Diesen Erwägungen schließen sich die Thatumstände an, welche dem Bündesrath die Ueberzeugung beigebracht haben, daß die fragliche Vereinigung vom 6. Februar nicht als eine öffentliche, im Sinne des Verbotes, zu betrachten sei.

Schon vor dem von den Frauen Maurer und Konsorten angehobenen Rekurse hatte das Eidgenössische Jusliz- und Polizeidepartement den betheiligten Kantonsregierungen in Erinnerung gebracht, daß die auf die Heilsarmee sich beziehenden Beschlüsse nur für eine beschränkte Zeitdauer Geltung haben können, und dieselben angef7~agt, ob nicht nach ihrem Brachten demnächst diese Maßregeln gemildert oder gänzlich aufgehoben werden könnten. Die Regierung des Kantons Bern spricht sich in ihrer Rekursantwort in Sachen I^Iaurer und Konsorten hierüber folgendermaßen aus: *bc ,,Wenn der Bündesrath in seinem Entscheide vom 3. Juni 1885 befunden habe, daß die von der Regierung in Betreff der Heilsarmee getroffenen Verfügungen nur provisorischer Natur sein können, und deßhalb die Regierung zur Vernehmlassung über die Fortdauer des Beschlusses vom 27. August 1884 und die daherigeu Motive eingeladen habe, so müsse die Regierung sich für die fernere Auf-

802 rechthaltung des Beschlusses ausspreehen. Den einschränkenden Bestimmungen desselben und ihrer präventiven Wirkung sei es KU einem guten Theile zuzuschreiben, wenn seit 1884 schwere Ordnungs- und Friedensstörungen aus Anlaß des Auftretens der Heilsarmee nicht mehr zu beklagen waren."

(Für alles Weitere vergleiche man den Wortlaut des genannten Bundesrathsbeschlusses im Bundesblatt 1887, I, 313--320.)

b. Während der Buudesrath sich mit dem Rekurs der Frauen Maurer und Konsorten zu befassen hatte, beschäftigten die Versammlungen der Salutisten die Gerichte des Kantons W a a d t .

Unter den zahlreichen in diesem Kautou von der Heilsarmee veranstalteten Versammlungen zogen zwei wegen ihres öffentlichen Charakters gerichtliche Verfolgungen nach sich : diejenige von Etaloges bei St. Prex, vom 5. August, und diejenige von Granges, vom 29. August 188H. Die Veranstalter, R a w y l e r , R o b e r t und C a i l l â t für St. Prex, G e n t i l und Konsorten für Granges, wurden von den Gerichten von Morsee und Peterlingeu zu geringfügigen Geldbußen zwischen 3 und 30 Franken verurtheilt.

Mittelst Kekurseingabeu vom 10./1S. Mai verlangte Hr. Advokat Van Muyden in Lausanne die Aufhebung dieser Strafurtheile und überdies die Kraftloserklärung der Verbotbeschlüsse der waadtländiseheu Regierung vom 4. Juli 1883 und 15. Juli 1881.

Die Regierung von Waadt antwortete hierauf unter Anderm, was folgt : 1) Es sei nicht wahr, daß die von ihr beschlossenen Maßregeln den Charakter gehässiger Verfolgung tragen, wie die Rekursschrift behauptet; gegentheils habe die Regierung unter Aufrechthaltung ihrer Beschlüsse gegen Personen, welche Salutisteu bedrohten oder mißhandelten oder deren Hausrecht verletzten, die Strafuntersuchung eingeleitet.

2) Ein Kreisschreiben der Regierung von 1884 unterwerfe die Heilsarmee nur noch wenigen Beschränkungen, die als nothwendig erscheinen und nichts Ha.rtes an sich haben. Die Veranstalter der Versammlungen zu St. Prex und Granges hätten aber diese Vorschriften einfach mißachtet.

Die Regierung von Waadt erinnert sodann daran, daß die Bundesbehörde am 3. Juni 1885 die betheiligten Kantone angefragt hat, ob sie nicht den Zeitpunkt zur Zurücknahme ihrer Verbote für gekommen erachteten, daß aber die waadtljindische Regierung nach einer durch die Priifekten vorgenommenen Untersuchung antworten

·

803

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mußte, daß die Zuvücknahrae zar Zeit noch ernstliche Gefahren für die öffentliche Ordnung mit sich bringen würde.

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Andererseits hatte das waadtländische Justiz- und Polizeidepartement mit Kreisschreiben vom 20. Juni die Präfekten aufgefordert, dafür zu sorgen, daß die Salutisten gegen jede feindselige Störung ihrer Zusammenkünfte, mögen diese unerlaubt oder erlaubt sein, in wirksamer Weise geschützt werden.

Nach einer sehr einläßlichen Untersuchung der thatsächlichen Verhältnisse, auf welche die Strafurtheile von Morsee und Peterlingen sich stützten, glaubte der Bundesrath, am 21. Oktober 1887, die Abweisung der Rekurse besehließen zu sollen. Aus dem Entscheide mögen die folgenden. Erwägungen hier angeführt werden : 1) Die von den Behörden mehrerer Kantoae in Hinsicht auf die Versammlungen der Heilsarmee getroffenen Maßnahmen sind durch wiederholte Beschlüsse des Bundesrathes als verfassungsmäßig zuläßig erklärt worden, wenn sie sich darauf beschränkten , die öffentlichen Versammlungen der Armee zu untersagen und gewisse Kundgebungen derselben nicht zu gestatten, die geeignet sind, Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung herbeizuführen. (Man vergleiche den Bundesrathsbeschluß vom 3. Juni 1885 in Sachen Genillard und Konsorten und Thonney und Kunz [Bundesblatt 1885, III, 397], und denjenigen vom gleichen Tage in Sachen Wyssa und Konsorten [Bundesblatt 1885, III, 408], sowie den Beschluß vom 18. Februar 1887 in Sachen Maurer, Hennv und Verrot [Bundesblatt 1887, I, 313].)

2) Auf diesem Boden steht der Beschluß des Staatsrathes des Kantons Waadt vom 15. Juli 1884, durch welchen der Heilsarmee gewisse Beschränkungen auferlegt worden sind.

Allerdings wurde im Jahre 1885 vom Bundesrathe in Betreff dieser kantonalbehördlichen Verfügungen an den Staatsrath der Waadt die Frage gerichtet, ob dieselben nicht nunmehr ohne Gefahr für die öffentliche Ruhe aufgehoben werden könnten. Der Staatsrath erklärte jedoch, gestutzt auf die Berichte der Präfekten des Kantons, zu wiederholten Malen und sehr nachdrücklich die Fortdauer der Beschränkungen für nothwendig, wenn Ruhestörungen bedauerlichster Art vermieden werden sollen.

Infolge dessen hat der Bundesrath bis jetzt davon Umgang genommen, die Wirksamkeit des gedachten Stiatsrathsbesohlusses aufzuheben, und er sieht im Hinblicke auf einen kürzlich eingelangten Bericht des Staatsmthes über neuerliche, in Yverdon und Ste Croix vorgekommene Scenen auch gegenwärtig die Möglichkeit

804

noch nicht, dies ohne Nachtheil für die öffentliche Ordnung thun zu können.

3) Die polizeigerichtlichen Urtheile, deren Aufhebung von den Rekurrenten verlangt wird, fußen auf dem Staatsrathsbeschlusse vom 15. Juli 1884.

Nach dem unter Ziffern l und 2 Angebrachten kann es sich bloß noch fragen, ob die Urtheile durch die thatsächlichen Verumständungen gerechtfertigt seien.

In dieser Beziehung ist aktenmäßig festgestellt und von den Rekurrenten selbst thatsächlich nicht bestritten, daß die Versammlung der Salutisten vom 5. September 1886 auf dem Grundstücke des François Rawyler in Buchillon unter freiem Himmel, an einer dem Publikum zugänglichen Stelle stattgefunden hat, und daß bei der Versammlung vom 29. August 1886 in Grandcour, die zum Theil im Freien stattfand, durch Aufhissen einer Salutistenfahne und durch den Gebrauch von Tamburinen und andern lärmenden Instrumenten dem staatsräthlichen Verbote zuwidergehandelt worden ist.

Demnach haben die Polizeigerichte von Morges und Payerne die Strafbestimmung des Gesetzes nach Maßgabe eines zu Recht bestehenden Staatsrathsbeschlusses und unter Zugrundelegung eines nicht anfechtbaren Thatbestandes auf die Rekurrenten augewendet.

c. Inzwischen waren die Versammlungen der Heilsarmee in Ste C r o i x die Veranlassung von Scenen geworden, deren Heftigkeit einen wirklich gefährlichen Grad erreichte. Die schweizerische Sektion der E v a n g e l i s c h e n A l l i a n z lenkte die Aufmerksamkeit des Bundesrathes auf dieselben durch eia Memorial vom 19. Dezember 1887, das sie mit den Worten schloß: ,,Ohne ims zu Vertheidigern der Gebräuche und Vorkehrungen der Heilsarmee, insoweit dieselben als sonderbar und wunderlich erscheinen müssen, zu machen, ohne für die Armee die volle Freiheit öffentlicher Versammlungen und äußerer Kundgebungen HU verlangen, glaubt doch die Evangelische Allianz im vorliegenden Falle den geheiligten Grundsatz der religiösen Freiheit vertheidigen und die eidgenössischen und kantonalen Behörden, die es angeht, /.u deren Schutz aufrufen zu sollen."1 Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, das schon vorher den Staatsrath von Waadt auf die Ruhestörungen von Ste Croix aufmerksam gemacht hatte, übermittelte demselben die Vorstellung der Evangelischen Allianz mit der dringenden Eiula-

805

düng, unverweilt und mit aller Strenge die durch die Umstände gebotenen Maßnahmen zu treffen.

Die Waadtländer Behörde leistete dieser Einladung mit eben so großer Raschheit als Entschlossenheit Folge. Am 23. Februar 1888 verurtheilte das Gericht von Grandson 7 Individuen zu 4, 6 und 8 Wochen EinSperrung wegen gewaltthätiger Störung einer Salutistenversammlung in Ste Croix. Am 31. Oktober v. J. und am 5. Mävz d. J. verurtheilte das nämliche Gericht wegen der am 6. November 1887 ebenfalls zu 8te Croix vorgekommenen Ordnungsstörungen 9 von den 12 Angeklagten, d. h. diejenigen über 18 Jahren zu 3 Monaten Einsperrung und Fr. 150 Geldbuße, diejenigen unter 18 Jahren zur Hälfte genannter Strafen.

Diese strengen Maßnahmen werden Jedermann den festen Willen der eidgenössischen sowohl als der kantonalen Behörden vor Augen führen, keine Unordnung zu dulden und die Vollziehung ihrer Beschlüsse ausschließlich und allein sich selbst vorzubehalten, wogegen sie ebenso fest entschlossen sind, so lange immer die öffentliche Ruhe und Ordnung es erheischen mag, an den durch das absonderliehe Auftreten der Heilsarmee erforderten Vorsichtsmaßregeln festzuhalten.

d. Gegen das Ende des Jahres 1887 hat sich auch die ,, L i g u e du d r o i t c o m m u n a wieder des Gegenstandes bemächtigt, indem sie in einem von Genf datirten Memorial vom 21./24. Dezember sich an uns wandte.

Obgleich die Verfasser dieses Schriftstückes augenscheinlich keine sehr genaue Kenntniß der Thatsachen hatten, da sie ohne jeden Grund den Kantonsregierungen Mangel an Thatkraft zur Unterdrückung der Ruhestörungen vorwarfen, nahm doch das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement daraus Veranlassung, neuerdings mit der Frage an die betheiligten Regierungen zu gelangen, ob vielleicht nunmehr die Zurücknahme oder eine Abänderung der in Bezug auf die Heilsarmee bestehenden Verfügungen als angezeigt erscheine.

Ohne den Mittheilungen für das Jahr 1888 vorgreifen zu wollen, können wir jetzt schon sagen, daß am 19., 25. und 31. Januar die Antworten von Bern, Waadt und Genf eingetroffen sind und daß das Justiz- und Polizeidepartement uns das Begehren der ,,Ligue" unterbreiten wird, sobald sämmtliche Antworten vorliegen werden.

° Im Allgemeinen darf gesagt werden, daß diese Angelegenheit mehr und mehr ihren frühern aufregenden Charakter verliert, Dank

806 dem weisen Verhalten der Behörden, welche es verstanden haben, die gebieterischen Anforderungen der öffentlichen Ordnung mit der Achtung vor der religiösen Freiheit in Einklang zu setzen.

(!. Eidgenössische Wahlen und Abstimmungen.

(Wohnsitzfrage.)

21. Der Staatsrath des Kantons Wallis hat. unterm 3. Januar 1887 mehrere das Wahl- und Abstimmungsrecht in eidgenössischen Dingen, insbesondere den Begriff des Wohnsitzes als der Voraussetzung des Stimmrechts berührende Fragen an uns gestellt.

Wir beantworteten dieselben wie folgt: I. Die Voraussetzungen des Stimmrechts eines Schweizerbürgers bei einer eidgenössischen Wahl oder Abstimmung sind in Art. 74 der Bundesverfassung und in Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872, betreffend eidgenössische Wahlen und Abstimmungen, festgestellt.

Sie äußern Zweifel bloß über die Bedeutung des Begriffs ,,Wohnsitz", der in Art. 3 leg. cit. sieh als Requisit des Stimmrechts angeführt findet.

In dieser Beziehung können wir nur wiederholen, was unser Bericht an den Nationalrath vom 21. Dezember 1886 in Sachen der Wahlverhandlung vom 5. Dezember 1886 im 47. eidgenössischen Arrondissement sagt und was auch Ihr Schreiben vom 3. Januar dieses Jahres reproduzirt. Der Wohnsitz läßt sich aus faktischen Momenten erkennen, wie z. B. auch aus länger Verweilen an einem Orte. Aber es ist sehr wohl möglich, daß Einer au einem Orte seinen Wohnsitz nimmt und deßhalb zur Theilnahme an einer eidgenössischen Wahl oder Abstimmung zugelassen werden muß, ohne daß er längere Zeit am betreifenden Orte, d. h. im betreffenden Kreise, verweilt hat. Es kommt, wie Sie sehr richtig; sagen, auf die Realität des Wohnsitzes an, d. h. darauf, ob nach der wirklichen Intention des Bürgers und den faktischen Verhältnissen auf reelle Wohnsitznah geschlossen werden könne. Als Element der Interpretatiou wird also namentlich auch das thatsächlich Aufgeben eines frühern Wohnsitzes erscheinen müssen.

Sie sehen daraus, daß es sich um eine Thatfrage handelt, die nicht zum Voraus entschieden werden kann, sondern nach begrifflichen Merkmalen in concreto der gerechten und billigen Würdigung der Behörden unterliegt.

807

II. Der Wohnsitz muß vom Schweizerbürger im betreffenden Kreise in der Eigenschaft als Ortsbürger, als Niedergelassener oder als Aufenthalter ausgeübt weiden (Art. 3 des Gesetzes).

Demnach besteht allerdings, wie Sie annehmen und wie wir in unserm Beschlüsse vom 6. Februar 1885, in Sachen der Beschwerde von Lugano (Bundesbl. 1885, I, S. 360) festgestellt haben, das gesetzliche Erfordernis, daß die Niederlassung oder der Aufenthalt des Bürgers formell dokumentirt sei durch den Besitz; einer Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung, oder daß der Bürger zum mindesten sich rechtzeitig vor dem Wahl- oder Abstimmungstage um die Ausstellung einer solchen Bewilligung beworben habe, ohne daß die Nichtablieferung derselben seitens der Behörde auf ein Verschulden oder einen Fehler des Bürgers zurückzuführen wäre.

III. Dieselben Vorschriften müssen für eidgenössische Wahlen wie für eidgenössische Abstimmungen gelten, da weder die Bundesverfassung noch die Bundesgesetzgebung diesfalls irgendwelche Unterschiede aufstellt.

VII. Allgemeines.

1. Schon häufig sind wir in Ehrverletzungsprozessen seitens der Parteien um H e r a u s g a b e , beziehungsweise um a b s e h r i f t l i c h e M i t t h e i l u n g v o n A k t e n ersucht worden, welche in irgend einer Beziehung zu der Streitsache standen und daher als Beweisstücke benutzt werden wollten.

Wir haben jedoch solche Begehren stets abgewiesen, indem aus dem Umstände, daß eine bei einem Injurienhandel betheiligte Person behauptet, es werde durch gewisse an die eidgenössischen Behörden gerichtete Korrespondenzen ihre Ehre verletzt, für uns die Pflicht zur Edition solcher Aktenstücke oder zur Berichterstattung über deren Inhalt nicht abgeleitet werden kann, zumal da ein gegentheiliges Verfahren jedem Privatkläger die Befugniß einräumen würde, über Korrespondenzen des Bundesarchives in beliebiger Weise zu verfügen.

2. In einem Falle, in welchem eine a u s l ä n d i s c h e B e h ö r d e Abschriften gewisser Depositionen eines Individuums vor dem eidgenössischen Unters u c h u n g s r i c h t e r i m J a h r e 1885 verlangt hatte, e r klärten wir, daß diesem Ansuchen der hierseitigen konstanten Praxis gemäß nicht entsprochen werden könne, indem wir bei

808

Untersuchungen, die im Auslande wegen politischer Verbrechen gepflogen werden, grundsätzlich jede Mitwirkung ablehnen müssen.

3. Andererseits aber haben wir in einer Angelegenheit, hei der es sich um die Auslegung und Anwendung einei1 V e r e i n bar u n g handelte, die zwischen zwei Privatgesellschaften u n t e r den Auspizien eines eidgenössischen Departements zu Stande gekommen war, dem Akteneditionsbegehren entsprochen.

Es unterlag hier keinem Zweifel, daß die Behörde, welche bei dem fraglichen Uebereinkoinmen mitgewirkt hatte, gewissermaßen verpflichtet sei, zur Beseitigung von Bedenken über die rechtliche Tragweite dieses Vertrages das ihrige beizutragen, was eben durch Gestattung der Einsicht der bezüglichen hierseitigen Akten geschehen konnte.

B. PolizeiVerwaltung.

1. Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten.

1. Einleitung.

Die Auslieferungsgeschäfte erzeigen im Jahre 1887 eine Vermehrung gegenüber dem Vorjahr, indem ihre Zahl von 265 auf 293 gestiegen ist. Es ist dies Folge der nicht unbeträchtlichen Zunahme von Auslieferungsbegehren seitens der Schweiz; an das Ausland, welche im Berichtjahre 128 betragen, während sie 1886 nur auf 99 sich belaufen haben (1885: 103, 1884: 104). Die Zahl der von ausländischen Staaten an die Schweiz gestellten Begehren ist fast dieselbe geblieben wie im Jahre 1886, nämlich 165 gegenüber 166 im Vorjahr (1885: 195, 1884: 185).

Die bezüglichen Details ergeben sich aus folgenden Tabellen :

809

Zürich Bern Luzern Schwyz Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel- Landschaft Schaffhausen St. Gallen .

.

. . .

Aargau Thurgau . . .

. .

Tessin .

Waadt Wallis Neuenburg .

. . . .

Genf Staaten, bei denen diese Auslieferimgen nachgesucht wurden : Belgien Deutschland Frankreich Italien Monaco Niederlande Oesterreich Rußland Ausland im Allgemeinen . .

Bundesblatt 40. Jahrg. Bd. II.

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11

Verweigert.

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Unentdeckt.

Kantone.

Bewilligt.

a. Fön Seite der Schweiz bei auswärtigen Staaten nachgesuchte Auslieferungen.

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810

Beleien Deutschland ·.

Frankreich Italien Oesterreich Rußland ! Vereinigte Staaten v. Amerika

Kantone, bei denen diese Auslieferungen verlangt wurden: ! Zürich l Bern Luzern 1 Freiburg Solothurn Basel-Stadt . . . .

Basel-Landschaft . . . .

Schaffhausen Appenzell A. Rh ' St. Gallen i Graubünden Aargau Tessin Waadt . . . .

! Wallis ! Genf Schweiz im Allgemeinen

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b. Von Seite auswärtiger Staaten bei der Schweiz nachgesuchte Auslieferungen.

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811 Die von Seite der S c h w e i z bei auswärtigen Staaten verlangten Auslieferungen betrafen : l Mord, 1 Todtschlag, 2 Verbrechen gegen die Sittlichkeit, 4 Raub, l Meineid, J Brandstiftung, l Münzfälschung, 8 betrüglichen Bankerott, 9 Urkundenfälschung, 32 Betrug, 35 Unterschlagung, 33 Diebstahl.

128 Die Auslieferungsbegehren von a u s l ä n d i s c h e n S t a a t e a.

betrafen : a. Belgien.

l Urkundenfälschung, 1 Betrug, 2 Unterschlagung.

4

b. Deutschland.

1 Körperverletzung, 2 Verbrechen gegen die Sittlichkeit, 2 Bestechung eines öffentlichen Beamten, 2 betrüglichen Bankerott, 4 Urkundenfälschung, 21 Betrug, 12 Unterschlagung, 18 Diebstahl.

62 2 l 3 7

c. Frankreich.

Kindsmord, Körperverletzung, Verbrechen gegen die Sittlichkeit, betrüglichen Bankerott,

13 Uebertrag.

812 13 8 3 12 22 l

Uebertrag.

Urkundenfälschung, Betrug, Unterschlagung, Diebstahl, Hehlerei.

59 d. Italien.

6 Mord, 2 Mordversuch, 1 Körperverletzung, 2 Bigamie, l Münzfälschung, l betrüglichen Bankerott, 3 Urkundenfälschung, 4 Betrug, l Unterschlagung, 8 qualifizirten Diebstahl.

29

e. Oesterreich.

1 Todtschlag, 2 Unterschlagung, 3 Diebstahl.

f. Rußland.

2 Urkundenfälschung.

g. Vereinigte Staaten von Amerika.

3 Mord.

2. Verfahren.

1. Von 17 Verfolgten wurde in diesem Jahre gegen ihre Auslieferung mit der Erklärung protestirt, daß sie u n s c h u l d i g seien. Gemäß der bisherigen Praxis haben wir diese Einrede nicht als Einsprache gegen die Anwendbarkeit des betreffenden Staatsvertrages im Sinne von Art. 58 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege behandelt, sondern diese Fälle ohne Ueberweisung an das Bundesgericht von uns aus durch Be-

813 willigung der Auslieferung erledigt, da jeweils die formellen Vorschriften der Verträge erfüllt waren und die Beurtheilung der Schuld oder Unschuld lediglich dem kompetenten Richter des requirirenden Staates zusteht.

Dagegen wurden in 4 Fällen wirkliche Einsprachen gegen die Anwendbarkeit der betreffenden Staatsverträge erhoben. Der Entscheid kam daher gemäß dem erwähnten Art. 58 dem Bundesgerichte zu. Dasselbe entsprach in sämmtlichen Fallen dem gestellten Auslieferungsbegehren. In dem Jahresberichte des Bundesgerichtes werden diesfalls die näheren Nachweise zu finden sein.

2. Mit Bezug auf fünf Franzosen und zwei Deutsche, welche wegen gemeiner Verbrechen verfolgt wurden und gleichzeitig auch der D e s e r t i o n sich schuldig gemacht hatten, wurde die Auslieferung nur unter der Bedingung bewilligt, daß diese Individuen wegen Fahnenflucht weder strafrechtlich verfolgt, noch beurtheilt werden. Es wurde hievon sowohl den betreffenden Regierungen, als auch den Verfolgten behufs Wahrung ihrer Interessen bei der Verteidigung Kenntniß gegeben.

3. Der französische Artilleriesoldat B e r n a r d , welcher wegen eines G-elddiebstahles zu Besancon in Straf'untersuchung stand und nach seiner Entweichung aus dem Gefängniß auf einem in Montbéliard gestohlenen französischen Dienstpferde die Schweizergrenze gewinnen konnte, wurde in Pruntrut in dem Augenblicke verhaftet, als er dieses Pferd veräußern wollte. Das Regierungsstatthalteramt Pruntrut glaubte jedoch, das regelrechte Auslieferungsverf'ahren nicht abwarten zu sollen, sondern ließ den Inkulpaten ohne Weiteres der französischen Grenzpolizei in Delle zuführen, nachdem die Staatsanwaltschaft zu Montbéliard einen Verhaf'tsbefehl gegen Bernard vorgelegt und der Letztere ausdrücklich in seine sofortige Auslieferung nach Frankreich eingewilligt hatte.

Wir haben allerdings schon bei frUhern Anläßen (Bundesblatt 1885, II, 709, Ziff. 9, und 1886, I, 973, Ziff. 6) den d i r e k t e n V o l l z u g von A u s l i e f e r un g eu für statthaft erklärt, immerhin aber in der Meinung, daß ein solch summarisches Verfahren nur ausnahmsweise und auch nur unter ganz besonders klar liegenden Verhältnissen Platz greifen dürfe. In dem vorliegenden Falle indeß, wo der Verfolgte neben gemeinen Delikten offenbar noch eines rein militärischen Vergehens (Desertion) sich
schuldig gemacht hatte, für welches die Auslieferung niemals bewilligt wird, hätte doppelte Vorsicht gebieten sollen, vorerst die Erfüllung der Auslieierungsforrnalitäten und die Bewilligung des Bundesratb.es abzuwarten.

814

Glücklicherweise sind aus dem erwähnten Vorfalle keine Inkonvenienzen erwachsen, indem das offizielle Auslieferungsbegehren einige Zeit nachher auf diplomatischem "Wege eintraf und wir somit nachträglich noch im Falle waren, ia formeller Weise die Auslieferung des Bernard unter dem Vorbehalte zu bewilligen, daß derselbe wegen Fahnenflucht in Frankreich weder strafrechtlich verfolgt, noch beurtheilt werde.

4. In einer Reihe von Fällen haben wir die Wahrnehmung gemacht, daß Individuen, die auf Ansuchen schweizerischer Behörden in F r a n k r e i c h p r o v i s o r i s c h v e r h a f t e t wurden, auch nachdem das förmliche Auslieferuogsbegehren auf diplomatischem Wege gestellt war und die Verhafteten auf die Erfüllung der Auslieferungsformalitäten verzichtet hatten, gleichwohl noch Wochen lang in den französischen Gefängnissen verbleiben mußten, bevor die Auslieferung zur Vollziehung gelangte.

Da auf diese Weise die Präventivhaft im Verhältniß zur eigentlichen Strafe oft über Gebühr ausgedehnt wird und allfällige Complicen in der Schweiz ebenfalls verhaftet bleiben müssen, überhaupt Inkonvenienzen aller Art entstehen können, so haben wir die zu Tage getretenen Saumseligkeiten und offenbaren Verzögerungen in der Behandlung der Auslieferungsgeschäfte an kompetenter Stelle zur Sprache gebracht, um in Zukunft die Wiederkehr derartiger Erscheinungen zu verhüten (Fall Chollet, Studer, Grandjean).

5. Der Franzose F l e u r y M a r t i n e t , von Givors (Rhonedepartement), gewesener Bankdirektor in Paris, ist vom Gerichte erster Instanz des Seinedepartements wegen Vertrauensmißbrauches und Betruges zu 3 Jahren Gefängniß und Fr. 500 Buße, sowie vom korrektionellen Gerichte zu Brüssel wegen mehrerer Anklagen auf Vertrauensmissbrauch und Unterschlagung im Betrage von Fr. 257,000 zu 7 Jahren und 10 Monaten Gefäugniß und zur Bezahlung mehrerer Fr. 1000 Buße in contumaciam verurtheilt worden.

Nachdem es gelungen war, Fleury Martinet in Genf zu verhaften, verlangte zuerst die französische Regierung dessen Auslieferung wegen der in Frankreich von ihm begangenen Delikte.

Bald darauf stellte aber auch die belgische Regierung, gestützt auf das in Brüssel ergangene Urtheil, ein bezügliches Auslieferungsbegehren mit dem Wunsche, Martinet möchte zuerst an Belgien ausgeliefert werden.

Derselbe protestirte jedoch gegen seine Auslieferung an Belgien, weil er dort keine Unterschlagung verübt habe, und verlangte, den

815

französischen Behörden übergeben zu werden. Bekanntlich betrachten wir aber eine solche Einrede nicht als eine Einwendung 'o gegen die Anwendbarkeit der Auslieferungsverträge. Und da außerdem die gegen Martinet erhobenen Anklagen in den Auslieferungsverträgen zwischen der Schweiz und den fraglichen beiden Ländern vorgesehen, sowie die formellen Vorschriften von der französischen und belgischen Regierung erfüllt worden sind, so war für die Erledigung der Auslieferungsfrage im vorliegenden Falle allein der Art. 7, Alinea 3, des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Frankreich vom 9. Juli 1869 maßgebend, wonach bei dem Entscheide, an welchen Staat die Auslieferung zuerst zu erfolgen habe, die Priorität des Auslieferungsbegehrens nicht in Betracht fällt, sondern Rücksicht genommen werden muß auf die größere Strafbarkeit der eingeklagten Handlung oder auf die größere Leichtigkeit, mit welcher der Verfolgte, sofern Grund hiezu vorhanden ist, von einem Lande zum andern überliefert werden kann, um für die verschiedenen Anklagen nach einander vor Gericht gestellt zu werden.

Diese Gesichtspunkte veranlaßten uns, die Auslieferung des Martinet an das korrektionelle Gericht in Brüssel zu bewilligen.

Hiedurch sind übrigens die Interessen desselben in keiner Weise beeinträchtigt worden, zumal er auf diesem Wege in die Lage gekommen ist, vor dem kompetenten Richter in Brüssel seine Einreden gegen das dort gefällte Contumazurtheil zur Geltung zu bringen.

6. Der Steinhauergeselle Ferdinand W e y , von Eschenbach, Kanton St. Gallen, welcher wegen V e r ü h u n g u n z ü c h t i g e r H a n d l u n g e n mit K i n d e r n unter 14 J a h r e n vom Obergerichte des Kantons Thurgau zu 5 Monaten Arbeitshaus verurtheilt worden war, jedoch auf dem Transporte nach der Strafanstalt Tobel hatte entweichen können, wurde im Elsaß zur Haft gebracht.

Nach Einleitung des A uslieferuugsVerfahrens machte das Auswärtige Amt des Deutschen Reiches die Bemerkung, daß das dem Wey zur Last gelegte Delikt im Auslieferungsvertrage vom Jahre 1874 nicht vorgesehen sei, und wünschte demgemäß zu wissen, auf welche Grundlage der Auslieferungsantrag gestellt, beziehungsweise ob die Auslieferung unter Zusicherung des Gegenrechtes für gleichartige Fälle verlangt werden wolle.

Wir glaubten indeß, auf das angedeutete Reziprozitäts verbal tniß nicht eintreten zu sollen. Andrerseits aber erklärten wir, daß die Regierung des Kantons Thurgau das Auslieferungsbegehren auf

816 Art. l, Ziffer 9, des Auslieferungsvertrages (Kuppelei m i t minderjährigen Personen des einen oder andern Geschlechtes) gestellt habe und daß in der That die Redaktion dieser Ziffer 9 einer Interpretation in dem Sinne Raum gebe, daß die Auslieferung uicht bloß wegen ,,Kuppelei im eigentlichen Sinne", sondern überhaupt wegen ,, u n z ü c h t i g e n U m g a n g e s mit minderjährigen Personen des einen oder andern Geschlechtes14 (also auch mit minderjährigen Personen des g l e i c h e n Geschlechtes) stattfinden soll. Eventuell dürfte aber das Auslieferungsbegehren auch bei Annahme einer erweiternden Auslegung von Ziffer 8 des nämlichen Artikels fSothzueht) als begründet erscheinen, zumal die Handlungen, wegen deren Wey verurtheilt worden, ausdrücklich in § 176, Ziffer 3, des deutschen Reichsstrafgesetzbuches vorgesehen seien und somit einen Thatbestand bilden, der in diesem Gesetzbuche mit der ,,Nothzudit im eigentlichen Sinne" (§ 176 Ziffer 1) auf die gleiche Stufe gestellt und mit der nämlichen Strafe bedroht werde. Auch das schweizerische Bundesgericht habe dieser Ziffer 8 eine extensive Interpretation gegeben und sei dabei namentlich von der Ansicht, ausgegangen, daß ,,bei Annahme einer entgegengesetzten Interpretation, mangels einer entsprechenden Auslieferungsverpilichtung, sehr schwere Delikte thatsächlich der strafrechtlichen Ahndung entgehen, was im Zweifel nicht als im Willen des Auslieferungsvertrages resp. seiner Kontraheuten gelegen angenommen « erden kann". (Fall Straß burger, Bundesgerichtliche Entscheidungen, Band XII, S. 136.)

Die Auslieferung des Ferdinand Wey ist hierauf bewilligt worden, und zwar von folgenden Gesichtspunkten aus: Die Reichsregierung sei der schweizerischerseits vorgebrachten Auffassung dahin beigetreten, daß die auf die Verbrechen und Vergehen gegen die Sittlichkeit bezüglichen Bestimmungen des Auslieferungsvertrages nicht im engsten Sinne zu verstehen seien, daß vielmehr das im § 176, Ziffer 3, des deutschen Strafgesetzbuches vorgesehene Verbrechen unter den Begriff der Nutbzueht im Sinne der Ziffer 8 des Art. l des Vertrages falle. Wenn außerdem zur Begründung des Auslieferungsantrages auf die Ziffer 9 des genannten Art. l, welche von der Kuppelei handle, Bezug genommen sei, so habe die verfolgte Handlung mit der Kuppelei nach deutscher Rechtsauffassung
zwar zunächst nur gemein, daß es sich bei beiden um eine Beförderung der Unzucht handle. Es sei indeß anzuerkennen, daß, wenn der Vertrag in Ziffer 9 wegen der durch Kuppelei begangenen Beförderung der Unzucht mit minderjährigen Personen die Auslieferung vorsehe, es wohl nicht in der Absicht gelegen haben könne, in solchen Fällen, in welchen

817 der Verfolgte unzüchtige Handlungen mit den minderjährigen Personen selbst vorgenommen habe, die Auslieferung auszuschließen, obwohl die Vornahme dieser Handlungen durch die beiderseitige Gesetzgebung mit schwereren Strafen ,als die Kuppelei-bedroht sei.

7. Ebenso hat die deutsche Reichsregierung die Auslieferung des Italieners Giovanni Va n e I l i , welcher im Kanton Baselland mit einem Mädchen unter 14 Jahren unzüchtige Handlungen vorgenommen hatte, bewilligt.

8. Die Französin M a r i e L o u i s e M a l i g n o n und der Franzose A. A l e x a n d r e waren in Lausanne angeklagt, Erstere des Betruges und des Vertrauensmißbrauches und Letzterer der Theilnahme an diesen Verbrechen, weil sie, nachdem sie von verschiedenen schweizerischen Geschäftshäusern Waaren bezogen hatten, unter Mitnahme des größten Theiles dieser unbezahlten Waaren heimlich von Lausanne sich entfernten. Als die genannten Individuen hierauf im Haag (Holland) entdeckt wurden, von \vo sie unter anderen Namen wieder Waarenlieferunoen aus der Schweiz O zu erhalten suchten, verlangten wir, dem Anlrage des Staatsraths des Kantons Waadt entsprechend, gestützt auf Art. 2, Ziffer 7, des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz uucl den Niederlanden vom 21. Dezember 1853 deren Auslieferung, unter Vorlage deiin Art. 6 des Vertrages vorgesehenen und nach der Gesetzgebung des Kantons Waadt möglichen Belege.

Allein wider Erwarten wurde die Auslieferung der beiden Angeklagten verweigert, und zwar mit der Begründung, daß die vorgelegten Papiere nicht die Ueberzeugung zu begründen vermögen, daß die eingeklagten Thatsiehen auch nach den Bestimmungen des niederländischen Strafgesetzes als betrügerische Vergehen strafbar wären. Es sei aus den Akten namentlich nicht ersichtlich, daß von den verfolgten Personen wirkliche Täuschungen angewendet worden, um die fraglichen Waaren sich zu verschaffen. Vielmehr seheinen nur gewöhnliche Kredit-Käufe vorzuliegen,1 für welche die Bezahlung noch nicht erfolgt sei. Die Angeklagten können daher wegen Betruges nicht ausgeliefert werden und die zweite Klage, Vertrauensmißbrauch, dürfe, weil im Vertrage nicht vorgesehen, nicht in Betracht fallen.

Wir konnten indessen diese Begründung der Ablehnung fraglicher Auslieferung mit der besagten Uebereinkunft zwischen der Schweiz und den Niederlanden nicht als im Einklang stehend anerkennen, indem dieser Auslieferungsvertrag nirgends vorschreibt, daß die eingeklagten Handlungen auch nach der Gesetzgebung des i. '

O

818 um die Auslieferung angesprochenen Staates strafbnr sein müssen, und noch weniger verlangt, daß die betreffenden Handlungen in diesem Staate gerade das gleiche Verbrechen bilden müssen, wie in dem requirirenden Staate.

Die niederländische Regierung beharrte jedoch auf dem ablehnenden Bescheide und erklärte, daß sie durch keinen Auslieferungsvertrag verpflichtet werden könne, die Auslieferung wegen Handlungen zu bewilligen, die nach ihrer Gesetzgebung das eingeklagte Verbrechen nicht bilden. Das Auslieferungsgesetx vom 8. April 1875 gestatte ihr nicht, davon abzugehen. Ueberdius sei dieser Grundsatz auch durch wissenschaftliche Autoritäten allgemein anerkannt.

9. Der in Riesbach (Zürich) wohnhafteIsaak H e r r m a n n von Flehingen (Baden) protestirte gegen seine von der großher/oglic.h badisehen Regierung verlangte Auslieferung wegen Betruges unter Angabe folgender Gründe: 1) Weil die ihm zur Last gelegten Handlungen sich nicht als Betrug, sondern als Wucher qualiüziren, dieser aber kein auslieferungslähiges Delikt bilde; 2) weil sein körperlicher Zustand nach Maßgabe mehrerer ärztlicher Zeugnisse der Art sei, daß seine Verhaftung und Transportirung nicht ohne Gefahr für sein Leben sich vollziehen ließen : 3) weil er vor Kurzem durch Beschluß der Gemeinde Seebach (Zürich) in den Bürgerverband derselben aufgenommen und daher Schweizerbürger geworden sei.

Diese letzte Einrede fiel indessen außer Betracht, indem die Regierung des Kantons Zürich die Ertheilung des Landrechtes au die Familie Herrmann ablehnte.

Die Würdigung der Frage, ob Angesichts des Gesundheitszustandes des Isaak Hernnnun auf dem Auslieferungsgesuche beharrt werden wolle, überließen wir den großherzoglich badisohen Behörden, mit dem Bemerken, daß, wenn die Verhandlung ihren Portgang nehmen sollte, das schweizerische Bundesgericht die weitere Frage zu beurtheilen hätte, ob gegen Hernnaun eine Handlung eingeklagt sei, auf welche der Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche Anwendung finde. Für den Fall, daß hierauf die Auslieferung bewilligt würde, müßten wir uns immer noch die Entscheidung darüber vorbehalten, ob deren Vollziehung möglich sei.

819 Die Angelegenheit fand ihre Erledigung dadurch, daß die großherzoglich badisehe Regierung das gestellte Auslieferungsbegehren mit Rücksicht auf die Krankheit und Transportunfàhigkeit des Isaak Herrmann zurückzog.

10. Nachdem ein gewisser Fr. K a r l A n t o n H e l l m o l d t wegen Betruges vom Großherzogthum Baden an den Kanton Baselstadt ausgeliefert worden war, ergab es sich während der Untersuchung, daß derselbe noch weiterer Betrugshandlungen, die bis dahin unbekannt geblieben waren, sich schuldig gemacht hatte.

Da Hcllmoldt dagegen protestirte, auch wegen dieser Vergehen beurtheilt zu werden, indem seine Auslieferung hiefür nicht bewilligt worden, stellte die Regierung des Kantons Baselstadt die Anfrage an uns, ob nicht trotzdem die Untersuchung und Beurtheilung auch auf die fraglichen Betrugsfälle ausgedehnt werden könne.

Wir antworteten hierauf, daß nach dem Wortlaute von Alinea 3 des Artikels 4 des Ablieferungsvertrages zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche vom 24. Januar 1874 der schweizerische Richter kompetent sei, ein ihm von Deutschland ausgeliefertes Individuum auch für solche strafbaren Handlungen zur Untersuchung und Beurtheilung y,u ziehen, die vor dem Auslieferungsverfahren verübt, aber während dieses Verfahrens nicht bekannt geworden sind, vorausgesetzt, daß die betreffenden Delikte im Auslieferungsvertrage vorgesehen seien. Uebrigens erklärten wir uns zur Hebung jeden Zweifels bereit, nach Vorlegung gehöriger Belege bei der großherzoglich badischen Regierung eine nachträgliche Auslieferungsbewilligung für jene Vergehen einzuholen.

11. Auf unser Gesuch ist von d eu t s e h e n S t a a t e n gegen 6 und von I t a l i e n gegen l ihrer Staatsangehörigen die B eu r t h e i l u n g und B e s t r a f u n g in der Heimat für solche Verbrechen und Vergehen übernommen worden, deren die Verfolgten in der Schweiz sich schuldig gemacht hatten, für welche sie aber in Folge ihrer Flucht hierorts nicht haben bestraft werden können.

5 dieser Fälle fanden ihre Erledigung, während gegen 2 Deutsche (Eheleute Jäger) das gerichtliche Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Begehren von Seite des Auslandes um Uebeniahme der Untersuchung gegen Schweizer sind in diesem Jahre keine eingegangen.

12. Von dem Kriminalgerichte des Kantons Olariis wurde H e r m a n n I l m e r von Züllichau (Preußen) wegen Unterschlagung in

820 contumaciam verurtheilt. Als in der Folge Ilmer in Waldshut, Großherzogthum Baden, verhaftet werden konnte, ersuchte uns die Regierung des Kantons Glarus, für den Vollzug des glarnen'schen Strafurtheiles im Großherzogthum Baden die nöthigen Schritte zu thun. Wir konnten diesem Begehren in der gestellten Form nicht entsprechen, da kein Staat die Vollziehung fremder Strafui-tht'ilo übernimmt und außerdem im vorliegenden Falle nicht einmal ein rechtskräftiges Urtheil, sondern nur ein Contumazurtheil vorhandeu war. Dagegen beantragten wir beim großherzoglich badischeu Ministerium, die Beurtheilung des Ilmer wegen der von ihm im Kanton Glarus verübten strafbaren Handlungen durch das Gericht in Waldshut einleiten zu wollen.

13. Gegen einen S c h w e i z e r b u r g e r im K a n t o n W a n d t , welchei1 sich in F r a n k r e i c h eines Diebstahles schuldig gemacht hatte, wurde vom Bestohlenen bei den waadtländischen Behörden Strat'klage erhoben. Der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt wollte nun m i t t e l s t e i n e s R e q u i s i t o r i a l s die Einvernahme des Klägers veranlassen, um auf Grund der bezüglichen Deputationen die strafrechtliche Verfolgung gegen den Beschuldigten einleiten zu können.

Wir lehnten indessen die Vermittelung dieses Requisitorials an die französische Regierung ab, da es sich im vorliegenden Falle um ein in Frankreich verübtes Delikt handelte und der Angeschuldigte nach Durchführung des Strafverfahrens und eventuell des Strafvollzuges im Kanton Waadt gegen eine nochmalige Beurtheilung in Frankreich wegen des gleichen Vergehens nicht gesichert erschien (vgl. bezügliche Fälle Bundeshl. 1887, II, 721, Ziffer '22; 188«, I, 977, Ziffer 16; 1882, II, 781, Ziffer 5).

Dagegen haben wir den Staatsrath des Kantons Waadt eingeladen, dem Kläger eröffnen zu lassen, daß er seine Klage bei dein französischen Gerichte am Orte der That verfolgen, und das letztere, veranlassen möge, die bezüglichen Untersuchuugsakten, verbunden mit dem Gesuche der französischen Regierung um Verfolgung und Beurtheilung des Angeschuldigten in der Schweiz, auf diplomatischem Wege uns zuzustellen. -- Unter den obwaltenden Umständen war dies der einzig mögliche Weg, auf welchem der Angeschuldigte vor einer zweiten Verfolgung in Prankreich geschützt werden konnte.

821

II. Bundesstrafrecht.

14. Unserm Justiz- und Polizeidepartetnent wurden im Berichtjahre 70 neue Fälle von G e f ä h r d u n g e n des E i s e n b a h n b e t r i e b e s zur Prüfung überwiesen. Es zeigt diese Ziffer einen Rückgang gegenüber der letztjährigen Anzahl von Geschäften dieser Art, welche sich auf 104 belaufen hat. Diese Differenz rührt daher, daß im vorigen Jahre sehr viele Eisenbahn-Unfälle (48) an das Departement zur Behandlung gelangten, bei welchen die Voraussetzungen des Art. 67 des Bundesstrafrechtes nicht vorlagen. Solche Fälle sind aber im laufenden Jahre nur 13 eingegangen. Bei diesen konnte eine Ueberweisung an die kantonalen Gerichte nicht erfolgen.

Außerdem mußte in zwei Fällen wegen des jugendlichen Alters der Thäter gemäß Art. 30 des Bundesstrafrechtes die gerichtliche Verfolgung unterbleiben.

Die übrigen 55 Geschäfte (1886 und 1885: 53, 1884: 40) wurden gemäß Art. 74 des Bundesstrafrechtes an die kantonalen Gerichte zur Untersuchung und Beurtheilung überwiesen. 24 Fälle waren aus dem Vorjahr pendent geblieben, so daß im Jahre 1887 im Ganzen 79 Untersuchungen in gerichtlicher Behandlung lagen.

Diese Untersuchungen vertheilen sich auf die Kantone, wie folgt: Zürich 10, Bern 12, Luzern 3, Uri l, Schwyz 2, Zug l, Freiburg 3, Baselstadt 4, Baselland l, St. Gallen 6, Aargau 9, Thurgau l, Tessin l, Waadt 13, Wallis 2, Neuenburg 6, Genf 4.

HievoQ wurden 48 durch gerichtliches Urtheil erledigt, wobei in 32 Fällen (betreffend 40 Personen) Verurtheilungen erfolgten und in 16 auf Freisprechung erkannt wurde. 22 · Untersuchungen wurden wegen mangelnden Beweises des Thatbestandes einer Eisenbahngefahrdung oder weil die Thäter nicht ausfindig gemacht werden konnten, von den Gerichten durch Sistirungsbeschlüsse erledigt.

Die übrigen 9 Geschäfte sind pendent geblieben. Unter diesen befindet sich noch immer die schon im letztjährigen Geschäftsbericht als nicht abgeschlossen erwähnte Eisenbahngefährdung auf der ArthRigibahn und außerdem ein Unfall aus dem Jahre 1886 (Entgleisung zwischen Schrnitten und Guin).

Zu den größten Strafen wegen Gefährdung des Eisenbahnbetriebes, nämlich 5 Monaten Gefängniß und Fr. 100 Buße, wurden in diesem Jahr ein Xaver Dörig und ein Franz Dominik Steiner, beide aus dem Kanton Schwyz, von dem Kriminalgerichte dieses Kantons verurtheilt.

822 An T r a m w a y g e f ä h r d u n g e n gingen uns in diesem Jahre drei Fälle zu, nämlich einer aus Biel und zwei aus Genf. Der erstere bot keinen Anlaß zu einer gerichtlichen Beurtheilung auf Grund des Bundesstrafrechtes ; dagegen haben wir die beiden letztera als unter dieses Gesetz gehörend betrachtet und an die genfürischen Gerichte delegirt. Die Anklagekammer des Kantons Genf beschloß indessen in beiden Fällen, die Verfolgung der Angeschuldigten zu sistiren.

Gegen drei erstinstnnzliche Urtheile haben wir im Berichtjahre die Appellation ergriffen.

Was die Vollziehung der diesjährigen Urtheile anlangt, so hat dieselbe in den meisten Fällen schon stattgefunden, in den andern ist sie eingeleitet. Ein Kontumazurtheil aus dem Kanton Neuenburg konnte nicht vollzogen werden, weil der Aufenthalt der Verurtheilten, trotz ihrer polizeilichen Ausschreibung, nicht zu ermitteln war. Außerdem konnten zwei im Kanton St. Gallen verurtheilte Individuen durch ihre Flucht in's Ausland der Abbüßung der ihnen auferlegten Freiheitsstrafen sich entziehen.

15. Ein gewisser R o b e r t B u m b a c h von Meilingen (Anrgau) hatte zwischen Lenzburg und Hendschikon in eine Telegraphenstange, welche Drähte für den öffentlichen und für den Bahnhetriebsdienst trug, ringsum tiefe Einschnitte gemacht. Nach erfolgter Uebenveisung des Falles an die aargauischen Gerichte verurtheilte, das Bezirksgericht Lenzburg das genannte Individuum im Sinne von Art. 66 und 67, litt, a, des Bundesstrafrechtes wegen V e r suches der Störung des t e l e g r a p h i s c h e n V e r k e h r s u n d d e r G e f ä h r d u n g d e s E i s e n b a h n b e t r i e b e s z u neun Monaten Gefangniß und Fr. 100 Buße. Es ist dabei strafverschärfend in Betracht gezogen worden, daß Bumbach die That begangen hatte, um eine Versorgung im Zuchthause zu finden.

16. Der P o s t w a g e n B a d e n - O b e r - E h r e n d i n g e n , Kantons Aargau, welcher im Sommer gegen 6 Uhr Abends in Baden abfährt, erreichte eines Sonntags in nächster Nähe des Städtchens eine größere Menschenmenge, die sich vor ihm her bewegte. Obwohl der Postillon durch Knallen mit der Peitsche sieh bemerkbar machte, wichen die Leute nicht nur nicht aus, sondern einige derselben griffen sogar die Post an, indem- sie den Pferden mehrere Male in die Zügel fielen und schließlich den
Postillon vom Bocke herunter rissen. Als es diesem wieder gelungen war, seinen Sitz zu besteigen und die Fahrt fortzusetzen, wurde er mit Steinen beworfen. Bei jenen Angriffen kam der Postwagen

823 verschiedene Male quer über die Straße zu stehen und drohte umzustürzen. Eine kränkliche Frau, welche als einziger Passagier im Wagen saß, wurde sehr beunruhigt.

Wir haben diesen Fall den Gerichten des Kantons Aargau zur Beurtheilung auf Grund von Art. 67 des Bundesstrafrechtes übertragen. Das Bezirksgericht Baden veruvtheilte acht Individuen wegen Gefährdung des Postbetriebes und Mißhandlung des Postillons zu Gefängnißstrafen von 2 bis 28 Tagen, sowie zur Tragung sämmtlicher Prozeßkosten. Den Postillon haben dieselben mit Fr. 60, die Passagierin mit Fr. 100 zu entschädigen.

17. Ein weiterer Fall von G e f ä h r d u n g des P o s t b e t r i e b e s fand in der Nähe von Gais (Appenzell A. Rh.) statt. Der Bauer Joh. J a c o b von Gais, welcher seine Viehhabe auf der Straße von Appenzell her trieb, fiel, als ihn die von Appenzell nach Gais fahrende vierspännige Post einholte, den Vorspannpferden in die Zügel und wendete sie nach rückwärts, so daß die Post genöthigt war, anzuhalten.

Wir überwiesen auch diesen Fall an die kantonalen Gerichte zur Beurtheilung auf Grund von Art. 67 des Bundesstrafrechtes.

Allein das Kriminalgericht von Appenzell A. Rh. war der Ansicht, daß der fragliche Postwagen durch jenen Vorgang nicht einer ,,erheblichen Gefahr" ausgesetzt worden sei. Es sprach den Angeklagten frei, legte ihm aber einen Theil der Untersuchungskosten auf.

18. Zwei Fälle, in welchen schweizerische P o s t a n g e s t e l l t e d e s D i e b s t a h l s , beziehungsweise d e r - U n t e r s c h l a g u n g von Geldern, welche der Post zur Beförderung übergeben waren, sich schuldig gemacht hatten, mußten ohne Entscheid über den Gerichtsstand den Gerichten der betreffenden Kantone überlassen werden, indem Art. 75 des Bundesstrafrechtes vorschreibt : ,,Gemeine Verbrechen, welche von Beamten oder Angestellten des Bundes in ihrer amtlichen Stellung verübt worden, sind nach den Gesetzen und von den Behörden des Kantons, in welchem das Verbrechen stattgefunden hat, zu beurtheilen."1 19. Den Gerichten des Kantons Luzern wurden zur Beurtheilung 'gemäß Art. 49 des Bundesstrafrechtes überwiesen : l ) F r a n z S c h i l l i n g von Altdorf wegen unbefugter Theilnahme an der eidgenössischen Abstimmung in Bbikon vom 15. Mai 1887 betreffend gebrannte Wasser;

624

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2) M e l c h i o r Leu von Hohenrain, 3) A n t o n B a g g e n s t o ß von Gersau und 4) J o h a n n B u r r i von Malters wegen unberechtigter Theilnahme an der Nationalratbswahl in Littau vom 30. Oktober 1887.

Der Erstgenannte wurde zu einer Geldbuße von Fr. 6 verfällt, während die drei Letztern je zu einer solchen von Fr. 5, eventuell l Tag Gefangniß, und zur Tragung der Prozeßkosten verurtheilt worden sind.

Der im letztjährigen Geschäftsberichte erwähnte J o s e p h S t o c k e r von Büron konnte des ihm zur Last gelegten Vergehens des Wahlbetruges nicht überwiesen werden und wurde daher vom Bezirksgericht Triengen (Kt. Luzern) freigesprochen.

20. Gegen Ende des Jahres erschien im ,, L u z e r n e r L a n d L o t e 1 * in Sursee ein Artikel, welcher höchst verleumderische Angriffe gegen Herrn Bundesrath Welti als derzeitigen Chef des schweizerischen Eisenbahndepartementes mit Bezug auf dessen amtliche Verrichtungen in der Frage des Rückkaufes der schweizerischen Nordostbahn durch den Bund enthielt. Da Herr Welti in Sachen der Nordostbahn nur im Auftrage und nach Weisung des Bundesrathes gehandelt hat, so schloß jener Artikel auch eine Beleidigung dieses letztern als Behörde in sich. Der Bundesrath erklärte sich daher solidarisch mit Herrn Welti und erhob mit ihm gemeinschaftliche Klage wegen Ehrverletzung auf Grund von Art. 59 des Bundesstrafrechtes.

Die Untersuchung und Beurtheilung dieses Straffalles wurde gemäß Art. 74 des Bundesstrafrechtes den Gerichten des Kantons Luzern übertragen. Die Führung der Klage hat Herr Nationalrath Zemp in Entlebueh übernommen.

Das Urtheil steht zur Zeit noch aus.

III. Lotterie und verbotene Spiele.

21. Infolge einer dem Justiz- und Polizeidepartement zugekommenen Mittheilung, daß im K u r s a a l e zu L u z e r n S p i e l e bet r i e b e n werden, welche zu den verbotenen zu rechnen seien, sah sich dasselbe veranlaßt, unterm 3. September 1887 das Polizeidepartement des Kantons Luzern unter Hinweis auf Art. 35 der Bundesverfassung auf jene Vorgänge aufmerksam zu machen und dasselbe um eine diesbezügliche Untersuchung und eventuell um Unterdrückung der betreffenden Spiele zu ersuchen.

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Aus dem bezüglichen Berichte hat sich ergeben, daß im Parterre des Kursaales Baraque- und Rößlispiel bei ziemlicher Betheiligung des Publikums, jedoch im Allgemeinen mit geringen Einsätzen betrieben wurden, während man im ersten Stock desselben Etablissements Baccarat spielte. Bei diesem sollen die Einsätze größer gewesen sein als bei den andern Spielen, dagegen die Betheiliguag eine geringe.

Am 9. September ordnete das Statthalteramt Luzern an, daß das Baccaratspiel im Kursaal eingestellt werden müsse. Der Vollzug dieser Verfügung fiel vorläufig dahin, indem das Kurhaus in Luzern am 15. September geschlossen wurde. Es erhob aber der Unternehmer und Direktor des Kursaals gegen jene Anordnung Beschwerde und ersuchte um Sistirung, beziehungsweise gänzliche Aufhebungo der daherisen Untersuchung.

o O Nach Einsichtnahme des Berichts des Departements haben wir der Regierung von Luzern mitgetheilt, was folgt: Obwohl Art. 35 der Bundesverfassung nicht ausdrücklich von Hazardspielen spreche, sondern nur Spielbanken und Spielhäuser verbiete, und nach allgemeiner Annahme unter einer Spielbank ein Etablissement verstanden werde, in welchem der Unternehmer gegen jede Person spielt, welche daselbst ihr Glück versucht, glaube der Bundesrath immerhin nicht, daß jener Art. 35 auf Etablissemente dieser Art zu beschränken sei; er gehe vielmehr von der Ansicht aus, es sei jedes öffentliche Etablissement zu sehließen, in welchem das Spiel in großem Stile betrieben werde, so daß es zu Betrügereien und öffentlichem Aergerniß Anlaß gebe und geeignet erscheine, Hab und Gut unkluger Personen zu gefährden.

Die Bundesbehörden ziehen daher bei Anwendung des Art. 35 der Bundesverfassung weniger die Rolle, welche der Unternehmer beim Spiele einnehme, und die Natur des Spieles in Betracht, als vielmehr die Große der Spieleinsätze und die Gefahr der Spielenden, in kurzer Zeit erhebliehe Beträge zu verlieren. Es frage sich deshalb jeweilen vor Allem, wie hoch und in welchem Umfang gespielt werde.

Im vorliegenden Falle liege zwar, da der Kursal in Luzern geschlossen sei, kein Grund vor, einen speziellen Beschluß zu fassen.

Immerhin erachte es der Bundesrath in seiner Pflicht, der Regierung zu empfehlen, auch in Zukunft über die Vorgänge in dem genannten Etablissement wachen zu lassen und daselbst diejenigen Spiele zu verbieten, welche eine gefährliche Ausdehnung gewinnen könnten (Bundesbl. 1887, IV, 233> Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. II.

54

826

22. In Nr. 238 der ,,Allg. Schw. Ztg. vorn 8. Oktober 1887 wurde in einer Korrespondenz aus M o n t r e u x darüber Beschwerde geführt, daß im dortigen K u r s a a l außer dem sogenannten Rößlispiel ein Kugelspiel, ,,Tarok", betrieben werde, welches für die Börse der Spielenden gefahrlich sei.

Auf Veranlassung unseres Justiz- und Polizeidepartements ist von den Behörden des Kantons Waadt eine Untersuchung vorgenommen und hierauf das fragliche Kugelspiel (Baraque) aus den Sälen des Kurhauses entfernt worden. Seither sei nicht mehr damit gespielt worden. Dagegen hat der Präfekt von Vivis im Rößlispiel, wie es während seiner Anwesenheit gespielt wurde, nichts Ungesetzliches und Gefahrliches erblicken können. Wir haben von diesem Berichte Vormerk genommen (Bundesbl. 1887, IV, 234).

IV. Fremdenpolizei.

23. In Ausführung der Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Italien vom 16. Februar 1881 über den P o l i z e i d i e n a t i n den i n t e r n a t i o n a l e n S t a t i o n e n der Gr o 11 h a r d b a h n hat der Staatsrath des Kantons Tessin im Jahre 1882 nach Eröffnung der Bahnlinie Pino - Luino zwei Polizeiagenten zur Ausübung der polizeilichen Punktionen auf der Station Luino aufgestellt.

Da es aber in der Folge sich erzeigte, daß auf dieser Station der Umfang des Polizeidienstes nur ein sehr geringer ist, indem die meisten Transporte von Arrestanten über Chiasso instradir werden., zog der Staatsrath von Tessin, nachdem zuvor die Zustimmung von Seite Italiens auf diplomatischem Wege war eingeholt worden, die Polizeiagenten in Luino zurück und betraute mit den polizeilichen Aufgaben anfänglich den dort stationirten kantonalen Thierarzt und im Laufe des Jahres 1887 den Chef des Tramwaybüreaus Luino. Derselbe hat instruktionsgemäß in der Weise zu verfahren, daß er die von Italien zugeführten Individuen in Empfang nimmt und hierauf die nächste tessinische Gendarmerie zur Ausführung des Weitertransportes telegraphisch herbeiruft, bis zur Ankunft der letzteren aber die Arrestanten provisorisch im Gefängnisslokal unterbringt. -- Eine ähnliche Einrichtung hat Italien in Chiasso getroffen.

Es wurde dort ein Delegirter der öffentlichen Sicherheit aufgestellt, welcher, so oft ihm von der tessinischen Polizei Arrestanten übergeben werden, die nöthige Zahl von Carabinieri von Como herbeiruft.

Die Auslagen des Kantons Tessin für die Besorgung der Fremdenpolizei in der internationalen Station Luino belaufen sich bei der gegenwärtigen Organisation jährlich auf Fr. 450.

827 Der Staatsrath des Kantons Tessin stellte nun im Berichtjahre das Hegehren an uns, es möchten diese Kosten, da die Station Luino nicht in der Schweiz, sondern in Italien liege, von der Eidgenossenschaft übernommen und die bisher erwachsenen Auslagen dem Kanton zurückerstattet werden.

Wir lehnten aber dieses Ansuchen unter folgender Begründung ab : Die gewöhnliche Frevndenpolizei komme den Kantonen zu und werde von diesen auch bei jedem Anlasse reklamirt, somit seien die damit verbundenen Lasten ebenfalls von den Kantonen zu tragen. Der Umstand, daß die Station Luino auf italienisches Gebiet vorgeschoben sei, könne hieran nichts ändern, weil Tessin unter allen Umständen die Grenzpolizei besorgen müßte, somit keinen direkten Verlust trage. Zudem habe der Staatsrath bei der Unterhandlung der Verträge mit Italien bereits erkennen müssen, daß dem Kanton Tessin die Pflicht obliegen werde, den Polizeiposten in Luino zu organisiren und auf seine Kosten zu unterhalten.

24. Die in Mailand geborene, fünfjährige 01 im pia Opini, welche in ihrem Geburtsakte als das außereheliche Kind einer unbekannten Matter bezeichnet ist, war einer Familie in Zürich zur Erziehung übergeben worden. Das dortige italienische Konsulat befand sich indessen auf Grund reglementarischer Vorschriften nicht in der Lage, dem in noch so jugendlichem Alter stehenden Mädchen einen Paß zu verabfolgen, erklärte sich jedoch bereit, ein Zeugniß des Inhalts auszustellen, daß dieses Kind, weil es in Italien von unbekannten Eltern geboren worden, gemäß Art. 7 des italienischen Civilgesetzbuches die italienische Nationalität besitze. Allein die Polizeibehörde der Stadt Zürich glaubte, mit einer solchen Bescheinigung sich nicht begnügen zu können, und verlangte die Vorlage eines Passes oder Heimatscheines, d. h. eines Papieres, durch welches nicht bloß die italienische Nationalität der Olimpia Opini, sondern auch deren Angehörigkeit in Mailand nachgewiesen werde, ansonst die Ausweisung derselben erfolgen müßte.

Unser Justiz- und Polizeidepartement, welches von diesem Vorgange Kenntniß erhielt, fand jedoch, daß die Immatrikulation des Mädchens Opini bei dem italienischen Konsulate in Zürich, sowie die Beseheinigung, daß dasselbe in Italien von unbekannten Eltern geboren und somit im Sinne von Art. 7 des italienischen Civilgesetzbuches
Italienerin sei, für die Gewährung da Aufenthaltes seitens der zürcherischen Behörden genügende Sicherheit bieten dürfte, zumal wenn zur Bestätigung und Ergänzung des letztern Ausweises noch eine legalisirte Copie des Geburtsaktes beigebracht

»28 würde. Gemäss Art. l des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Italien vom 22. Juli 1868 müssen nämlich die Italiener hinsichtlich ihrer Person in jedem Kantone in gleicher Weise aufgenommen und behandelt werden, wie die Angehörigen der andern Kantone. Nach Vorschrift von Art. 45 der Bundesverfassung bedarf der in einem andern Kantone sich niederlassende Schweizerbürger eines Heimatscheines oder einer andern gleichbedeutenden Ausweissschrift. Italien kennt nun allerdings unser System derHeimatscheinee nicht; dagegen kann ein solchesZeugnissß des italienischen Konsulates in Verbindung mit der Vorschrift des italienischeCivilgesetzbucheses füglich als eine gleichbedeutende Ausweisschrift angesehen w e r d e n u m s o m e h r als dieselbe zum Mindesten ebenso viel Garantie bietet als ein förmlicher PaßVoll-llständig gleichgültig für die schweizerischen Behörden ist dabei die Frage, oh das Kind Opini die heimatlichAngehörigkeitit in Mailand oder an einem andern Orte in Italien besitze ; es genügt, wenn, dessen italienische Nationalität nachgewiesen ist.

25. Die zürcherischen Behörden waren genöthigt, wahrend mehreren Jahren behufs Ermittlung der Herkunft eines herumziehenden T a u !) s t u in in e n eine Untersuchung; zu führen. Trotz der wieO derholten öffentlichen Ausschreibungen wurde von keiner Seite eine Anmeldung gemacht. Endlich gelang es, festzustellen, daß der Taubstumme einer tessinischen Gemeinde angehöre und D o m e n i c o B e n e d e t t o E r i o se h i heiße. Nachdem er in seine Heimat verbracht worden, reklamirte die Regierung des Kautons Zürich bei derjenigen des Kantons Tessin den Ersatz der Verpflegungskosten und Auslagen. Diese Forderung wurde anfänglich anerkannt, spiller jedoch, unter Berufung auf das Bundesgesetz vom 22. Juni 1870 über die Kosten der Verpflegung armer erkrankter Angehöriger anderer Kantone, bestritteu. Die Regierung von Zürich glaubte, in der Anerkennung einen Titel für die Exekution zu rinden von gleichem Werthe, wie ein bundesgerichtlich festgestellter Anspruch.

In diesem Sinne wurde unsere Intervention gegen Tessin in Anspruch genommen.

Wir konnten uns jedoch dieser Ansicht nicht anschließen, indem hier nicht von einem Rechtstitel gesprochen werden kann, de · einem bundesgerichtlichen Urtheile oder einem Vergleiche oder einem schiedsrichterlichen
Spruche im Sinne von Ziffer 5 des Artikels 102 der Bundesverfassung gleichkommt, vielmehr liegt eine noch streitige Frage staatsrechtlicher Natur vor, deren Entscheid gemäß Artikel 113, Ziffer 2, der Bundesverfassung in die Kompetenz des Bundesgerichtes fällt, zumal die Pflicht der Staaten, für die Bedürfnisse Armer oder

829 Kranker zu sorgen, öffentlich rechtlicher Natur ist und daher auch die Frage, ob der Wohnort oder der Heimatort dafür aufzukommen hat, ebenfalls nach Grundsätzen öffentlich rechtlicher Natur entschieden werden muß (Entscheidungen des Bundesgerichtes, Bd. VIII, S. 441, Erwägung 1).

26. In neuerer Zeit sind mehrere Kantone wieder stark belästigt worden durch eingedrungene Z i g e u n e r b a n d e n .

Es wurde der im polizeilichen Verfahren übliche Grundsatz auf sie angewendet, daß Schriften lose oder fremde Individuen, die durch Betteln oder auf andere zudringliche Weise der Bevölkerung lästig fallen, dahin zurückgeschoben werden, woher sie gekommen aind. Ir.deß haben schon vor mehreren Jahren verschiedene kantonale Behörden sich bemüht, ein Verfahren zu vereinbaren, welches den Eintritt der Zigeuner auf schweizerisches Gebiet möglichst erschweren sollte und, wenn es einzelnen oder Gruppen von Zigeunern doch gelungen wäre, in das Innere der Schweiz zu kommen, mit gegenseitiger Hülfe sich derselben zu entledigen. Die wiederholt besprochenen und theihveise auch zum Abschluß gekommenen Vereinharungen genügten jedoch nicht. Es wurde daher auf einer K o n f e r e n z mehrerer kantonaler Polizeidirektoren, die im Juli 1887 in St. G a l l e n stattgefunden, die Abrede getroffen, künftig die Zigeuner am Betreten des schweizerischen Gebietes zu verhindern und diesen Grundsatz durch bestimmte und strenge Befehle an die polizeilichen Organe zu verwirklichen. Es ist hiedurch lediglich ein Verfahren adoptirt, das schon seit 1877 in mehreren Kantonen, z. B. Bern, Solothurn etc. (Bundesbl. 1879, II, 634 u. ff.), besteht und mit Erfolg angewendet worden ist. Seither sollen sich 19 Kantone zur Beobachtung des gleichen Verfahrens entschlossen haben.

Wir fügen bei, daß dasselbe übereinstimmt mit förmlichen Erlassen der betreffenden Ministerien von Preußen und Bayern.

V. Werbung.

27. Die von der Anklagekammer des Kantons Bern wegen Uebertretung von Art. 3 des Bundesgesetzes betreffend die W e r b u n g und den Eintritt in den fremden Kriegsdienst vom 30. Juli 1859 dem Untersuchungsrichter überwiesenen beiden C o 11 i e r (Bundesbl. 1887, II, 735 und 736) sind unterm 28. April 1887 vom korrektionellen Gericht zu Bern verurtheilt worden, nämlich : 1) J o h a n n J a k o b C o t t i e r, Schneider, von Arni bei ßiglen, Kantons Bern, zu 15 Monaten Gefängniß, Fr. 300

830 Geldbuße und zum Verluste des Aktivbürgerrechts auf die Dauer von 5 Jahren, und 2) dessen Sohn A l b e r t C o t t i e r , Schuster, zu 4 Monaten Gefiingniß. Fr. 100 Geldbuße und zum Verluste des Aktivbürgerrechts auf die Dauer von l Jahr.

Beide Verurtheilte haben gegen dieses Erkeuntniß die Appellation erklärt.

Unterm 28. Mai 1887 hat indeß die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern das erstinstanzliuhe Urtheil, soweit dasselbe den Vater Cottier betrifft, bestätigt, dagegen die Gefängnißstrafe des Sohnes Albert Cottier von 4 auf 2 Monate herabgesetzt.

Im Februar 1888 hat Johann Jakob Cottier '/M Händen der Bundesversammlung ein Begnadigungsgesuch eingereicht, welches aber abgewiesen wurde (Bundesbl. 1888, I, 684").

28. Im Fernern sind im Laufe des Berichtjahres folgende Urtheil«!

gegen W e r b e r f ü r d e n h o l l ä n d i s c h - i n d i s c h e n K r i e g s d i e n s t eingekotnmen: 1) Urtheil des korrektioneilen Gerichtes von Bern vom 24. Februar 1887, wonach F r i e d r i c h G o s t e l i , von Wohluu, Kantons Bern, Schuhmacher in Bern, zu 4 Monaten Gefangenschaft, Fr. 50 Buße und zweijähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht verurtheilt wurde.

2) Urtheil des korrektionellen Gerichtes von Chaux-de-Fomls, d. d. 15. März 1887, gegen L o u i s J e c k e r , von Oberbuchsiteu.

Kantons Solothurn, Confiseur, und F r i t z B e o k e r t , von Biel.

Geschäftsreisender. Jecker wurde zu 3 Monaten Gefängniß, Fr. 50 Buße und zum Verluste des Aktivbürgerreehts auf die Dauer von 2 Jahren verurtheilt, Beckert dagegen freigesprochen.

3) Urtheil des Schwurgerichtshofes des Kantons Solothurn vom 3. November 1887, wonach B e n e d i k t K e l l e r , von "Wisen, Kantons Solothurn , zu 4 und L u d w i g G i s i g e r , von Hauenstein, Kantons Solothurn, zu 6 Monaten Gefänguiß, sowie Beide zu einer Geldbuße von je Fr. 50 und zum Verluste des Aktiv bürgerrech ts auf die doppelte Dauer der Strafzeit verurtheilt worden sind. Gisiger ist seit Einleitung der Strafuntersuchuug flüchtig.

831 VI. Politische Polizei.

29. Was wir unter dieser Rubrik in unserm Geschäftsberichte hätten sagen können, ist bereits in unserm Speziai berichte an die Bundesversammlung betreffend das Gesuch um Bewilligung eines Nachtragskredites zum Zwecke einer b e s s e r n O r g a n i s a t i o n der p o l i t i s c h e n P o l i z e i vom 12. März 1888 enthalten (Buudesbl. 1888, I, 586). Es wird daher an dieser Stelle von weitern Erörterungen abgesehen.

VII. Heimatrecht.

30. Während des Berichtjahres hatte unser Justiz- und Polizeidepartement in mehr als 80 Fällen mit der F e s t s t e l l u n g des H e i m a t r e c h t e s einzelner Personen und ganzer Familien, sowie mit der Prüfung eng damit zusammenhängender Fragen sich zu befassen. In dieser Ziffer ist indeß die Zahl der g e w ö h n l i c h e n H e i m s e h a f f u n g e n v o n Geisteskranken, verlassenen Kindern und hülfsbedürftigen Personen nicht eingeschlossen, obschon auch in diesen Fällen eine genaue Prüfung und Feststellung des Heimatrechtes vor Allem aus stattzufinden hat.

Die Vermehrung der heimatrechtlichen Angelegenheiten hatte auch eine Vermehrung der materiellen Verhandlungen zur Folge.

Außerdem aber haben einzelne Fälle einen unverhältnißmäßig großen Aufwand an Zeit erfordert, indem die heimatrechtliche Situation gewisser Personen und Familien theils infolge Sorglosigkeit der Betheiligten selbst, theils infolge laxer Ausübung der Fremdenpolizei durch die Lokalbehörden eine derart unklare geworden war, daß die umfassendsten Recherchen auf Jahrzehnte zurück angeordnet werden mußten. In den meisten Fällen war zum Mindesten noch eine Vervollständigung des Aktenmaterials nothwendig, bevor auf eine materielle Behandlung der Angelegenheit überhaupt eingetreten werden konnte.

Die neuern Untersuchungen wurden auch im Berichtjahre, der bisherigen Uebung gemäß, sofort an die Hand genommen und, soweit möglich, auch erledigt.

31. In 19 Fällen (48 Personen) mußten wir zum Zwecke der Anerkennung des ausländischen Heimatreehtes d i p l o m a t i s c h e V e r h a n d l u n g e n mit den betreffenden Staaten einleiten, nämlich mit dem Deutschen Reiche, Oesterreich-Ungarn, Frankreich, Italien und Rußland. In 7 Fällen (17 Personen) wurde das ausländische Heirnatrecht zur Anerkennung gebracht, während in 2

832 Fällen (7 Personen) unsere Bemühungen erfolglos blieben und iu 2 weitern nur eine theilweise Anerkennung der betreffenden Personen (von 10 Personen wurden 4 anerkannt) erfolgte. 8 Fälle dieser Art (14 Personen) waren zu Ende des Jahres 1887 noch pendent.

32. Die Zahl der Fälle von H e i m s c h a f f u n g e n v e r lassener Kinder, Geisteskranker und solcher Personen, welche der öffentlichen Wohlthätigk e i t a n h e i m g e f a l l e n s i n d , belief sich i m Berichtjahre, einschließlich der vom letzten Jahre pendent gebliebenen Geschäfte, auf 168 (1886: 167) und betraf 213 Personen.

Die Schweiz wurde von Seite des A u s l a n d e s um die Heimschaffung von 119 Personen (110 Gesuche umfassend) angegangen, nämlich von 65 verlassenen Kindern, 42 Geisteskranken und 12 Hülfsbedürftis>en. 96 jener Gesuche liefen aus Frankreich ein, 5 aus Oesterreieh, 3 aus Italien, je l aus Egypten, Argentinien, Australien, Deutschland, Nordamerika und Südafrika. Von den 119 Personen wurden 14 nicht anerkannt, 92 dagegen als schweizerische Angehörige ermittelt. 10 Fälle (13 Personen betreffend) sind pendent geblieben.

Die S c h w e i z stellte an das Ausland 58 Heimschaffungsbegehren und zwar 40 an Frankreich, 10 an Italien, 4 an Deutschland und je 2 an Oesterreieh und Rußland. Dieselben betrafen 22 verwaiste oder verlassene Kinder, 14 Geisteskranke und 58 der öffentlichen Woblthätigkeit Anheimgefallene, zusammen 94 Personen. Davon wurden 67 vom Auslande als Angehörige anerkannt, während betreffend 18 Individuen die bezüglichen Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. 4 Begehren (9 Personen umfassend) wurden von den Kantonsregierungen zurückgezogen.

33. In neuerer Zeit beschäftigten mehrere Fragen des Heimatrechtes v o n B ü r g e r n d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a unser Justiz-und Polizeidepartetnent. Es traten namentlich folgende Thatsachen hervor: Ein in den Vereinigten Staaten naturalisier Schweizer, welcher s. Z. auf das Schweizerbürgerrecht ausdrücklich verzichtet hatte, kehrte in seine ursprüngliche Heimat zurück, verheirathete sich dort und wurde Familienvater. Die ganze Familie erhielt vom Vereinigten Staaten-Konsul in Zürich gehörige Pässe. Als aber der Sohn, der inzwischen das 20. Altersjahr überschritten hatte, einen neuen Pali verlangte, wurde ihm ein solcher verweigert, weil er nie in den

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Vereinigten Staaten gewesen und das 20. Altersjahr habe ablaufen lassen, ohne jemals dort seinen Aufenthalt zu nehmen. Er habe hiedurch seinen Willen zu erkennen gegeben, das Heimatrecht in den Vereinigten Staaten aufzugeben. Die Bemühungen, diesem jungen Manne einen Paß zu verschaffen, blieben erfolglos (Fall Zweifel).

Ein anderer Fall hatte folgende thatsächliche Verhältnisse zur Unterlage. Ein Bürger von Frankfurt a./M. begab bich seiner Zeit nach Amerika und erwarb das Bürgerrecht in den Vereinigten Staaten. Später kam er nach St. Gallen, wo er in die Ehe trat und eine Familie gründete. Seinen Aufenthalt konnte er stets mit Pässen der Vereinigten Staaten-Konsulate legitimiren. Ein Sohn jedoch, der inzwischen ebenfalls das zwanzigste Altersjahr überschritten hatte, wurde in neuester Zeit mit seinem Gesuche um Ausstellung eines besondern Passes aus den in obigem Falle erwähnten Gründen ebenfalls abgewiesen. Der Letztere glaubte nun, die Eigenschaft als schweizerischer Heimatloser geltend machen und als solcher ein schweizerisches Bürgerrecht erwerben zu können.

Die Eigenschaft als schweizerischer Heimatloser konnte ihm jedoch nicht zugestanden werden, da die Folgen der Thatsache, daß er nicht mehr als Bürger der Vereinigten Staaten annerkannt wird, nicht auf die Schweiz, sondern auf den ursprünglichen Heimatstaat seines Vaters, also auf Deutschland, zurückfallen -(Fall Emden').

Wenn die Schweiz die Nachkommen von in den Vereinigten Staaten naturalisirten Schweizern, nachdem sie gemäß den Grundsätzen der Vereinigten Staalen das Bürgerrecht in den letztern verloren haben, wieder aufnehmen muß, so erklärt sich diese Erscheinung aus der Thatsache, daß die Familie MUS der Schweiz hervorgegangen ist. Es ist daher logisch richtig, wenn bezüglich der Nachkommen eines dritten Staates, die in der Schweiz wohnen, der gleiche Grundsatz geltend gemacht und die Augehörigkeit der von den Vereinigten Staaten zurückgewiesenen Glieder einer solchen Familie demjenigen Staate, dem der Vater ursprünglich angehört hat, zugewiesen wird.

Bekanntlich haben die Grundsätze, welche von den Vereinigten Staaten in dieser Materie aufgestellt und vielleicht mehr durch eine konstaute Praxis, als durch positive Vorschriften ausgebildet sind, erhebliche Gefahren für die Schweiz zur Folge. Alle andern Staaten haben ihre Stellung
in diesen Fragen durch förmliche Staatsverträge mit den Vereinigten Staaten geordnet. Es ist anzuerkennen, daß die Vereinigten Staaten-Regierung schon wiederholt die Aufmerksamkeit hatte, auch der Schweiz den Abschluß eines solchen

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Staatsvertrages, welche fast durchwegs des gleichen Inhalts sind, anzutragen. Bis jetzt glaubte man, durch Art. 44 der Bundesverfassung an dem Abschlüsse eines solchen Vertrages gehindert zu sein. Allein es dürfte sich fragen, ob die nähere Prüfung dieser Angelegenheit nicht dennoch die vertragliche Ordnung dieser schweren Uehelstände als möglich erzeigt, K. B. durch eine angemessene Entwicklung des im Bundesgesetze über den Erwerb und Verlust der schweizerischen Nationalität (Art. 5") anerkannten Verhältnisses der Doppelbürgerrechte.

34. Die Anfrage, ob ein S c h w e i z e r , welcher im Ausland sich verehelicht, eine Familie gegründet und auch die d o r t i g e N a t i o n a l i t ä t e r w o r b e n hat, ohne jedoch auf das Schweizer Bürgerrecht zu v e r z i c h t e n , das Recht besitze, bei der Rückkehr mit seiner Familie in die Schweiz nur als Bürger jenes fremden Staates sich zu geriren, oder ob er und seine Familie nicht angehalten werden können, ihre Pflichten als Schweizer zu erfüllen, beantworteten wir in folgendem Sinne: Nach Vorschrift von Art. 44 der Bundesverfassung darf kein Kanton einen Bürger des Kantonsbürgerrechtes verlustig erklären.

Daraus folgt, daß das schweizerische Heimatrecht nur durch freiwilligen Verzicht oder durch Tod verloren gehen kann. Der Verzicht hat jedoch unter bestimmten Formen stattzutinden, welche -in Art. 6 u. ff. des Bundesgesetzes über Erwerb des Schweizerbürg-errechtes und den Verzicht auf dasselbe vom 3. Juli 187(5 festgestellt sind. So lauge diese Vorschriften nicht erfüllt und die Entlassung durch die Kantonsregierung nicht ausgesprochen ist, bleiht die betreffende Person, nebst Frau und Kindern, Bürger des ursprünglichen Kantons und sind sowohl der Familienvater als die Söhne zum Militärdienst in der Schweiz verpflichtet, sowie zu allen übrigen Leistungen, die dem Schweizerhürger obliegen. Es ist daher eine solche Familie auch den Kantonsbehördeu gegenüber nicht berechtigt, mit Papieren ihres neuen Heimatstaates sich /u legitimiren (zu vergleichen Bundesbl. 1875,11, 570 Ziff. 13; 1876, u, 252, Ziff. 15; 1887, II, 579, Ziff. 41).

35. Die Untersuchungen über H e i m ;\ t r e e h t i m o n » e r u S i n n e ( H e i m a t l o s i g k e i t ) haben im Berichtjahre einigen Zuwachs erhalten ; andrerseits aber konnte eine größere An/.ahl dieser Fälle
erledigt werden. Fünf Untersuchungen haben zu diplomatischen Verhandlungen mit dem Auslande geführt und 4 fanden im förmlichen Heimatloseuverfahren durch motivirte Entscheide des Bundesrathes ihre Erledigung. Alle diese Entscheide wurden von

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den belasteten Kantonen anerkannt und auch vollzogen. Unser Ent-scheid aus dem Jahre 1887 in Sachen der Familie Reglin (31 Personen), gegen welchen die Regierung von Uri den Rekurs ergriffen hatte, ist vom Bundesgerichte bestätigt worden. Der KantonTessinu wurde jedoch verpflichtet, dem Kanton Uri an die Kosten der Einbürgerung dieser Personen einen Beitrag von Fr. 1500 zu leisten.

Eine größere Anzahl älterer Untersuchungen sind so weit gefördert, daß wir zuversichtlich hoffen, dieselben im Laufe des Jahres 1888 durch förmliche Entscheide erledigen zu können.

36. Ueber den g e g e n w ä r t i g e n S t a n d d e s H e i m a t l o s e n w e s e n s i m K a n t o n s Tess n entnehmen w i r d e m bezüglichen Berichte des Staatsrathes, daß der Letztere 15 Untersuchungen durch formelle Beschlüsse erledigt hat. Gegen zwei dieser Entscheide hat die Gemeinde Baierna den Rekurs an den Großen Rath ergriffen.

Was die bei der letztern Behörde anhängigen Fälle betrifft, so sind zwei derselben durch Bestätigung des staatsräthlichen Beschlusses erledigt worden, während eine beschränkte Anzahl von Untersuchungen noch pendent ist.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1887.

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1888

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