Beilage zu Nro. 47 des Schweizerischen Bandesblattes vom 13. NOT. 188$.

# S T #

Alkoholgesetzgebung.

Bericht, Protokoll und Antrag der

nationalräthlichen Kommission über den

Erlass eines Bundesgesetzes betreffend den

Branntwein.

I.

Bericht der

Kommission des Nationalrathes, betr. die Ausführungder Artikel 31, 32, 32bis und Uebergangsbestimmung 6 der Bundesverfassung. (Erlass eines Bundesgesetzes über die Herstellung und Besteuerung von Branntwein.)

(Vom 7. November 1886.)

Tit.!

Der Volksentscheid vom 25. Oktober 1885 hat dem Bund und den Kantonen zum Kampf gegen den Alkoholismus und die überhandnehmende Trunksucht das Eecht zu gesetzgeberischen Erlassen eingeräumt. Der Verfassungstext sowohl, als die in den Jahren 1884 und 1886 ausgegebenen Botschaften des Bundesrathes stellen uns deutlich das Ziel vor Augen, welches wir hiebei erstreben sollen. Die Aufgaben, welche dem Bunde, den Kantonen und der Privatthätigkeit zugewiesen werden, sind klar vorgezeichnet ; nur über die Wege, welche zum Ziele fuhren, können die Ansichten auseinandergehen.

Es hat sich jeweilen in der Schweiz bei der Ausführung schwieriger und wichtiger Fragen bewährt, wenn der Bund sich nur insoweit in die freie Bewegung der Kantone oder der Privaten eingemischt hat, als die Gesammtinteressen des Landes eine einheitliche Lösung dringend geboten. Auch in der Alkoholfrage ist von Anfang an nicht alle Arbeit ausl

schliesslich dem Bunde, sondern jedem der beteiligten Interessenten zu einem bestimmten Theüe zugemessen worden, und nur vom redlichen Zusammenwirken aller Faktoren darf in der That ein befriedigendes Ergebniss erhofft werden.

Der erste und wichtigste Schritt liegt freilich dem Bunde ob. Es ist dies der Erlass eines Gesetzes betr. Herstellung und Besteuerung von Branntwein, welches dem Bund zur Durchführung seiner Aufgabe die .nöthigen speziellen Kompetenzen zu ertheilen berufen ist.

Bezüglich der thatsächlichen Verhältnisse der schweizeTischen Brennerei, wie auch hinsichtlich der Mittel zur Beseitigung der Uebelstände, welche mit dem jetzigen Brennerei"betriebe und dem Branntweinverkauf verbunden sind, können wir uns auf die ausführlichen Auseinandersetzungen der Botschaft des Bundesrathes vom 8. Oktober d. J. beziehen. Wir beschränken daher unseren Bericht auf die Erörterung der Gründe, um derentwillen unsere Kommission in ihrer Mehrheit mit den Ansichten des Bundesrathes über die Besteuerungsform nicht übereinstimmen konnte und in Folge dessen ihrem Gesetzesvorschlage eine andere Grundlage gab.

Die Kommission hatte sich vor Allem za fragen, auf welche berechtigte Interessen des Volkes oder einzelner Gruppen desselben bei der Durchführung der Branntweinsteuer-Gesetzgebung Eücksicht zu nehmen ist.

Die an der Alkoholfrage beteiligten Interessen treten uns im Wesentlichen in zwei Hauptgruppen entgegen. Die erste dieser Gruppen umfasst die Träger der Lasten, welche die gesetzgeberische Lösung des Branntweinsteuerproblems schafft; die zweite Gruppe umschliesst diejenigen Interessenten, welche durch jene Lösung etwas empfangen sollen.

Die Gruppe der Leistenden setzt sich der Hauptsache nach aus den Konsumenten des Branntweins zusammen. Ihnen will

das zu erlassende Gesetz finanzielle Opfer auferlegen. Avelche verhindern sollen, dass ein Missbrauch des im Uebermass verderblichen Getränkes, um das es sich handelt, stattfindet.

Damit der zu erreichende Zweck auf diesen Umfang beschränkt bleibe, muss an die Gesetzgebung die Anforderung gestellt werden, die Opfer der Konsumenten nicht zu so grossen zu machen, dass dadurch auch der massige Gebrauch unverhältnissmässig bedrückt wird. Von diesem Postulate abgesehen aber hat der Gesetzgeber in der Belastung des Schnapses 'sozialpolitisch um so freiere Hand, als die Opfer, welche er den Branntweintrinkern überbürdet, verfassungsgemäss im Interesse des anerkannten Bedürfnisses nach geistigen Getränken verwendet werden müssen, allerdings nicht im Interesse des unserem Volkswphl verhängnissvoll gewordenen Verlangens nach Schnaps, sondern zur Förderung des weit weniger schädlichen Genusses von Wein, Bier und Most. Indessen sollen nicht nur die gegohrenen Getränke verbilligt, die gebrannten so vertheuert werden, dass bei der Befriedigung des legitimen Bedarfs an Alkohol die Wahl mehr als bisher auf die ersteren fällt ; der massige Branntweinkonsum, den die Eeform nicht antasten will, soll auch noch durch eine Verbesserung der Qualität, durch die Beseitigung der selbst in kleinen Quantitäten hygienisch besonders schädlichen Unreinlichkeiten zu einem gesundheitlich rationellem gestaltet werden. Für die erste Gruppe von Interessen lautet das Programm also: Niederhaltung des unmässigen Schnapsverbrauchs durch Vertheuerung der gebrannten Wasser und Verwohlfeilung von Wein und Bier; Eationalisirung des massigen Verbrauchs an Schnaps durch Verbesserung seiner Qualität.

Die ziveite Gruppe von Interessenten ist der Hauptsache .nach repräsentirt durch die Lcmdwirthschaft und durch die eidgenössischen und kantonalen Staatskassen ; die Landwirth-

schaft insofern, als es den Schutz nationalökonomisch berechtigter Ansprüche in der Fabrikation gebrannter Wasser angeht; die Finanzen insoweit, als es sich um die Beschaffungder Mittel handelt, welche zur Durchführung der beabsichtigten Keform und zur Erhaltung und Mehrung bestehender Staatseinkünfte den betreffenden Kassen zufliessen müssenAlle bis jetzt aufgetauchten G-esetzesprojekte suchten prinzipiell die Interessen der ersten Gruppe im Grund in gleichem Sinne zu wahren. Verschieden dabei ist nur die Form der Ausführung und die Grosse der Garantie, welche für die praktische Verwirklichung des grundsätzlich Gewollten geboten wird,., Verschieden ist dabei auch der Minimalpreis, zu welchem der Branntwein ohne Gefährdung des fiskalischen Ergebnisses an den Konsum abgegeben werden kann.

Bedeutsamer sind die Differenzen in der Rücksicht, welche den Interessen der zweiten Gruppe wollte zugewendet werden. Nach dieser Richtung lassen sich die 4 in der Vorberathung entstandenen Gesetzesentwürfe in zwei Kategorien, mit je zwei Entwürfen trennen; die erste Kategorie betont überwiegend das Interesse der Brennerei, die zweite; das Interesse des Fiskus und des Konsums.

Der ersten ^Kategorie gehören an: 1. die Fabrikatsteuer mit schutzzöllnerischer Tendenz; 2. das Verkaufsmonopol.

Der zweiten Kategorie : 1. die Fabrikatsteuer mit freihändlerischer Tendenz; 2. das Fabrikationsmonopol bézw. Monopolzollsystem.

Jede Kategorie weist also einen Entwurf auf dem Boden der Grewerbefreüieit und einen auf dem Boden des Monopols auf. Die Kommission sieht bei der vorliegenden Frage in

diesen beiden Begriffen keine grossen wirthsckaftlichen Unterschiede verkörpert. Ein Gewerbe, das mit so hohen Steuern belegt werden soll, wie hier die Brennerei, muss nothwendig «iner Konzession unterstellt werden. Diese Konzessionirung führt aber früher oder später unvermeidlich zu einem faktischen Monopol von so und so viel Privaten. "Vor die Wahl zwischen einem privaten und einem staatlichen Monopol gestellt, hat aber die Kommission in ihrer Mehrheit keinen Augenblick gezögert, aus allgemein politischen und sozialen Gründen für letzteres sich zu entscheiden.

Das von der Kommissionsmehrheit adoptirte MonopolSystem sucht nun aber unter Vermeidung der bisherigen Einseitigkeit eine Vermittlung zwischen den hauptbetheiligten Interessen, dem Gewerbe und dem Fiskus, herzustellen.

Zwar trachtet auch der Entwurf des Bundesrathes nach ·einer solchen Vermittlung, nämlich einerseits durch eine Erhöhung des Spriteingangszolles von Fr. 20.-- auf Fr. 25.-- bis Fr.. 40.--, und anderseits durch eine progressive Steuerermässigung zu Gunsten der Kleinbrennerei. Durch das erste Mittel sollte die inländische Brennerei als Ganzes vor der ausländischen, durch das zweite die kleine bäuerliche Brennerei vor der grossen fabrikmässigen geschützt werden. Die gleitende Zollskala sollte dem Bunde seine bisherigen Einnahmen sicher stellen helfen.

Mit diesen Bestimmungen mag der Bundesrath gerechnet haben, sein Fabrikatsteuerprojekt zu einem lebensfähigen, allseitig annehmbaren zu gestalten; uns schien aber aus den bezüglichen Ausführungen nur Eines hervorzugehen, nämlich die volle Unhaltbarkeit und Unzulänglichkeit jedes auf dem Boden der Fabrikatsteuer sich bewegenden Gesetzes.

Die. Steuerermässigung zu Gunsten der Kleinbrennereien von Fr. 3 bis Fr. 24 per Hektoliter oder von 7 V« bis 60 °/o des Werthes ist entweder unwirksam oder gefährlich ; mög-

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licherweise beides zugleich. Unwirksam, weil, wie in der Mitte der Kommission von sachverständiger Seite behauptet wurde, die jetzt vorhandene Brennerei der mittelschweizerischen Kartoffelbauern dabei doch nicht würde bestehen können. Gefährlich, weil in andern, für den Bezug ausländischer Rohmaterialien günstig gelegenen Gegenden, zumal in der Ostschweiz, Kleinbrennereien unter dem zugedachtea Schütze Avie Pilze aus dem Boden emporschiessen und eine bisher vom Alkoholismus glücklich verschonte Gegend mit Schnaps überschwemmen würden. Bereits finden sich in Zürich, Thurgau und St. Gallen solche verheissungsvolle Anfänge vor, und zwar zum Brennen von Mais, welcher durch die Arlbergbahn nun billig eingeführt werden kann. Während also in der Mittelschweiz die Kartoffelbrennerei zurückginge, entstünde der Maisbrennerei und damit der Branntweinpest in der Ostschweiz ein neues Feld.

Eine Verschiebung der Kleinbrennerei in ein anderes Gebiet, wo sie nur als Spekulation betrieben würde, nicht aber eine Erhaltung derselben dort, wo sie mit wirklich oder vermeintlich berechtigten landwirtschaftlichen Interessen verwachsen ist, das wäre voraussichtlich die mit unabsehbaren schlimmen Wirkungen verbundene Folge der bundesräthlichen Differentialsteuer.

Was andererseits die Zollerhöhung anbelangt, so betrachtet der Bundesrath die bewegliche Zollskala als ein geeignetes Mittel, um das Yerhältniss der inländischen Produktion und der Einfuhr in der Weise zu reguliren, dass sowohl die Zolleinnahme des Bundes, als die Interessen der inländischen Spritfabrikation dabei ungeschlagen wegkommen können; dieses doppelte Ziel soll dadurch erreicht werden, dass, je nach Bedürfniss, in den gegebenen Grenzen von Fr. 25 und Fr. 40 mit dem Zollansatze hin und her experimentirt wird; wenn die Einfuhr die innere Fabrikation zu beengen

beginnt, so soll die Zollschraube angezogen, mit andern Worten der Zollansatz erhöht Averden, und wenn der Import nachlässt, und dadurch die Zollintraden geschmälert werden, muss die Schraube wieder zurückgedreht, der Zollansatz ermässigt werden. Wir mussten uns fragen, ob bei einer solchen Instabilität, wie sie in unser Erwerbsleben eingeführt werden will, der Bestand von Handel und Industrie noch möglich sei. ' Verzichtet man aber auf die Beweglichkeit des Zollansatzes, so müssen wir einer Entwicklung der Dinge entgegentreiben, welche höchst unerquickliche Zustände nach sich ziehen dürfte. Entweder bringt uns der Schutzzoll im Verein mit der Differentialsteuer ein Emporwuchern der Kleinbrennerei und eine Ueberschwemrnung des Landes mit Branntwein, oder aber die beabsichtigte Begünstigung der Kleinbrennerei erweist sich als unwirksam und der Schutzzoll kommt nur der Grossbrennerei zu statten: -- dann nimmt letztere einen bedeutenden Aufschwung, benützt ihre grossen . Mittel, um die Kleinbrennerei vollends zu erdrücken, und entwickelt sich bald zu einem Privat-Branntweinmonopol, wobei ein halbes Dutzend grosser Spritfabrikanten dem konsumirenden Volke die Preise beliebig diktirt.

Der Lövvenantheil der ganzen Finanzoperation würde dann schliesslich nicht den Kantonen zu gute kommen, sondern einigen Grossbrennern, welche möglicherweise von aussen eingewandert wären, um den günstig bereiteten Boden für sich auszubeuten. Prohibitivzoll und Schmuggel könnten endlich den Bund noch um seine bisherige Intrade von 2 Mili.

Franken bringen.

Die Majorität der Kommission war desshalb der Ansicht, dass der Bundesrath bei dieser Vermittlung keine glückliche Hand gehabt hat. Wir verkennen dabei freilich keineswegs, dass es eine äusserst schwierige Aufgabe war, durch

s ein auf dem Boden der Fabrikatsteuer aufgebautes Gesetz das Problem in seinem ganzen Umfange zu lösen.

Es wird nun allerdings eingewendet, dass die vom Bundesrathe gewählte Gesetzesform nur als ein Uebergangsstadium gedacht sei, das in einer nahen oder fernen Zuiunft uns in das Monopol -- das heute noch nicht reif sei -- Jiinüberzuleiten habe.

Wir können uns dieser Auffassung unmöglich anschliessen.

Einen blossen Uebergangszustand hier schaffen zu wollen, ·scheint uns sehr gefährlich, und es würde sich dies namentlich in fiskalischer Beziehung rächen.

Als ein Gebot der Billigkeit erscheint die Schadloshaltung derjenigen Brennereien, welche, sei es durch die Vorschriften eines Steuergesetzes, sei es durch ein Monopol, in ihrem fernem Betriebe gestört und unterdrückt werden. Bei der sofortigen Einführung des Monopols ist eine solche Schadloshaltung möglich, denn die Intrade ist noch unvertheilt vor.handen. Bei einem Gesetze aber, welches nur als Uebergang :zu einem andern Systeme dienen soll, wird die Reineinnahme -- nach erfolgter erstmaliger Entschädigung der eingehenden Kleinbrennereien -- ganz an die Kantone vertheilt ; es erscheint da sehr fraglich, ob dann später, wenn ein neues Gesetz in's Leben treten soll, das abermaligen Abfindungen ruft, es noch möglich sein wird, die! zu Abfindungszwecken nöthigen Gelder, ohne unliebsame Schmälerung der kantonalen Einkünfte, zu finden. Die Folge davon wäre, dass man entweder trotz schlimmen Erfahrungen auf dem bisherigen Wege ver-' harren würde, oder die kleinen Brenner hätten sich mit einer unbefriedigenden Abfindung zu begnügen, obschon ihre neuen Betriebseinrichtungen geradezu in Folge gesetzlicher Anforderungen erst entstanden wären.

Die Mehrheit der Kommission wollte desshalb von einem Uebergangsstadium nichts wissen, sondern zog eine sofortige grundsätzliche Lösung der Frage vor. Eine solche schien uns allein auf dem Boden des Monopoles möglich zu sein.

Das Monopol ist die einzige Steuerform, welche dem 'Gesetzgeber gestattet, zwischen den widerstreitenden Interessen des Fiskus, der Konsumenten und der Landwirthschaft eine billige Vermittlung herzustellen, in der "Weise nämlich, ·dass die Antheile des Imports, des inländischen G-rossbetriebs und des inländischen Kleinbetriebs an der Versorgung des Landes mit Sprit in einer jene verschiedenen Interessen billig berücksichtigenden Weise regulirt werden.

Indem sie sieh von der Notwendigkeit einer solchen Vermittlung überzeugte, konnte Ihre Kommission keines der beiden in der Yorberathung entstandenen Monopolsysteme in seiner typischen Reinheit acceptiren; sie einigte sich viel-' mehr auf ein kombinirtes System, welches zwar auf dem Boden des Fabrikationsmonopols aufgebaut ist, aber durch bestimmte Konzessionen auch jenen Interessen Eechnung trägt, deren spezielle Wahrnehmung der VerkaufsmonopolEntwurf sich zur Aufgabe gestellt hatte.

Die Grundlage dieses neuen Systèmes bildet das volle Monopol des Bundes für die Fabrikation und die Rektifikation von gewöhnlichem Branntwein und für die Einfuhr von gebrannten Wassern jeder Art.

Die Ausübung dieses Monopols hat zum Theil in Regie, zum Theil auf dem Wege der Delegation zu erfolgen. Der Regiebetrieb ist vorgesehen für einen Theil (etwa die Hälfte) der Fabrikation, für jegliche Eektifikation, sowie für den gesammten Import mit Ausnahme desjenigen von Qualitätsspirituosen. Als Delegation dagegen qualifizirt sich die Besorgung eines Theïles der Fabrikatien durch Pächter und

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die gegen Entrichtung einer Monopolgebühr den Privaten zu ertheilende Bewilligung zum Import von QualitätsspirituosenDem möglichen Einwände, als seien derartige Delegationen mit den Handelsverträgen nicht vereinbar, wollen wir gleich hier mit dem Hinweise auf Frankreich begegnen, welches ebenfalls sein Zündholzmonopol an eine Privatgesellschaft in Pacht gegeben hat und derselben gegen Entgelt gestattet, gewisse Sorten von Streichhölzchen aus dem Auslande einzuführen.

Die Verfassungsraässigkeit des Monopols selbst steht für Ihre Kommission vollends ausser Frage. Das durch Art.

32bis der Bundesverfassung dem Bunde ertheilte Recht der Gesetzgebung über die Fabrikation des Branntweins begreift offenbar das Eecht in sich, jene Fabrikation an irgend welche Bedingungen zu knüpfen, somit auch sie ganz zu verbieten.

Und so gut der Bund jegliche Industrie betreiben kann, deren Betrieb im Hinblick auf militärische, postalische Zwecke u. s. w. ihm erspriesslich erscheint (z.'B. eine Waffenfabrik, eine Telegraphenwerkstätte), so darf er mit gleichem Rechte auch in diesem Gebiete zum Industriellen Averden, sofern er in der Regieproduktion ein geeignetes Mittel erblickt, um die ihm mit Bezug auf den Branntwein überwiesene Aufgabe zu erfüllen. Der Bund darf dies um so mehr thun, als ihm auch die Besteuerung der Branntweinfabrikation Überbunden wurde und das Monopol bekanntlich, wissenschaftlich betrachtet, nichts anderes ist, als eine bestimmte Form der Besteuerung.

Ihre Kommission pflichtet darum rückhaltlos der Anschauung bei, welche das eidg. Departement des Innern in seiner Denkschrift vom 31. August 1886 (Seite 45) mit folgenden "Worten niedergelegt hat: ,,Die Bundesgesetzgebung (ist) frei, ihre bezüglichen Vorschriften zu gestalten, wie sie es für gut findet, und dasjenige System zu wählen, das ihr

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zur Erreichung" des Zweckes das geeignetste erscheint. Sie darf somit auch zu dem Mittel eines so oder anders gearteten .Monopols greifen. Hätte die Verfassung ein solches ausschliessen wollen, so würde sie einen bestimmten beschränkenden Vorbehalt gemacht haben, wie dies in Art. 39 bezüglich der Bundesgesetzgebung über die Banknoten geschehen ist. Die Bundesversammlung hat dies absichtlich unterlassen, weil man, wie dies aus der Botschaft des Bundesrathes zu der Verfassungsvorlage (Seite 113) und aus den Verhandlungen der Räthe hervorgeht, der Bundesgesetzgebung bezüglich der Wahl des Ausführungssystems ausdrücklich freie Hand lassen wollte."

Das Verhältniss zwischen Import und inländischer Fabrikation ist in unserem Entwurfe dahin normirt, dass wenigstens ein Viertel des .Bedarfs im Inland fabrizirt werden soll. Soweit der Bund diese Fabrikation selbst übernimmt, hat er vorzugsweise inländische Rohmaterialien zu verwerthen und überdies die Schlempe im Interesse der Landwirthschaft nutzbar zu machen. Soweit Verpachtung eintritt, sind die Pächter in den Kreisen der bisherigen landwirtschaftlichen Mittelbrennerei zu suchen. Ihr Produkt wird vom Bunde zu einem Preise übernommen, welcher die Herstellungskosten deckt und dem Produzenten als Gewinn die Schlempe freilässt.

Die Kommission hat sich über die Durchführung dieser Bestimmungen im Einzelnen, insbesondere über die Sicherung der vorzugsweisen Verwendung einheimischen Rohmaterials, noch kein ganz abgeschlossenes Bild gemacht; immerhin glaubt sie schon jetzt sagen zu dürfen, dass die Stellung des Bundes als Pachtgeber mehr, als jedes andere System, geeignet ist, die Verwirklichung der Zusicherungen zu garantiren, welche im vorliegenden Projekte den inländischen.

Produzenten gemacht werden. Sie glaubt die Durchführbarkeit dieser Zusicherungen um so mehr voraussetzen zu können,,

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;als die schweizerische Landwirthschaft unter allen Umständen ·nur einen begrenzten Theil der Rohstoffe zu liefern vermag, die mit Vortheil zum Branntweinbrennen Verwendung finden, .können.

Der Bund sorgt ferner, soweit nöthig, für die Reini.gung des G-esamnitbedarfs des Konsums und liefert demselben (vom denaturirten Sprit abgesehen) nur gesundheitsunschädliche Waare, zu einem Preise, dessen Höhe in der Grenze von 120 bis 150 Fr. per hl. excl. Gebinde jeweilen -vom Bundesrathe festgesetzt wird.

Die durch das Brennereiverbot geschädigten Privaten erhalten eine billige Abfindung.

Dem Bunde wird, als Ersatz für den Wegfall seiner .Zolleinnahmen, eine jährliche Pauschalsumme garantirt, welche dem durchschnittlichen Ertrag des Zolles auf Spirituosen in ·den letzten drei Jahren entspricht, jedoch nicht mehr als ·ein Viertheil der zu vertheilenden Gresammtsumme betragen darf.

Dieses sind in kurzen Zügen die Grundlagen unseres · Systems- Was dessen finanzielle Tragweite betrifft, so mag darüber die nachfolgende approximative Berechnung Auf'schluss geben, welche wir mit möglichst genauer Berücksichtigung aller Faktoren aufgestellt haben.

Budget des Monopolbetriebs.

Die finanzielle Tragweite unseres Systems erhellt wohl ;am deutlichsten aus einer Vergleichung desselben mit dem jEntwurfe des Bundesrathes; zu diesem Behufe sind die Rein·einnahmen einander gegenüberzustellen, welche sich bei gleich schwerer IBelastung der Konsumenten, d. h. unter Annahme des nämlichen Alkohol-Verkaufspreises ergeben würden.

1fr Nun berechnet der Bundesrath auf Seite 18 seiner Botschaft vom 8. Oktober d. J., das s unter der Herrschaft des von ihm vorgeschlagenen Steuersystemes, bei Festsetzung der Steuer auf Fr. 85 und des Eingangszolles auf" Fr. 30 per Hektol., der Hektoliter absoluten Alkohols an der Schweizergrenze den Grosshändler auf Fr. 156. 20 wird zu.

stehen kommen. Der Zwischenhändler, oder der Konsument', der direkt vom Grosshändler zu kaufen vermöchte, hätte zu diesem Preise als Zuschlag noch dem Verkäufer einen Q-eschäftsgewinn zu bezahlen. Wir wollen letztern, obschon er kaum weniger als 5 Fr. per Hektol. betragen wird, ausser Betracht lassen und die Belastung des Konsums zu bloss Fr. 156. 20 per Hektol. annehmen. Dieser Belastung steht, nach der Eechnung des Bundesrathes folgende fiskalische ?

Einnahme gegenüber: Bundeseinnahme aus dem Zoll .

Nettoeinnahme aus der Steuer zu Gunsten der Kantone . . .

Total

Fr. 1,890,000 ,, 8,820,000 Fr. 10,710,000

Somit würden laut Botschaft Zoll und Steuer zusammen- genommen, bei einem Alkoholpreise von Fr. 156. 20, dem Bund und den Kantonen jährlich Fr. 10,710,000 abwerfen.

Wir müssen hiezu bemerken, dass diese Zahl nur fürden etwas unwahrscheinlichen Fall richtig ist, dass nach Erhöhung des Eingangszolles auf 30 Fr. immer noch 65,000 Hektol. jährlich aus dem Auslande importirt werden. Sollte jedoch, wie wir befürchten, die inländische Fabrikation viel mehr um sich greifen, so könnten die Zollintraden des Bundes leicht um die Hälfte abnehmen. Wir wollen indessen auch von diesem Bedenken absehen und die obige Zahl als richtig acceptiren.

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Und nun haben wir die Frage zu beantworten : Wie viel würde der Monopolbetrieb, wie er in unserem Entwurfe vorgesehen ist, abwerfen, wenn der Bund den Alkohol zum Preise von Fr. 156.20 an die Konsumenten verkaufte?

Diese Frage soll die nachfolgende Rechnung beantworten: 1) Die Bruttoeinnahmen würden betragen: a) Verkauf von 120,000hl. gewöhnlichen Branntweins à Fr. 156.20 Fr. 18,744,000 b) Einfuhr-Monopolgebühr von 15,000 q Qualitätsspirituosen*) à Fr. 100 ,, 1,500,000 c) Erlös aus 500,000 hl. Kartoffelschlempe aus den Bundesfabriken . . . . . . . . pro memoria Total Fr. 20,244,000 2) Ausgaben. Dieselben zerfallen in zwei Hauptrubriken: a) Die jährlichen JBetriebs-Ausgahen.

b) Die Amortisation der einmaligen Ausgaben für Entschädigung, sowie für Erstellung von Magazinen und Anschaffung von Kontrolmessapparaten. Für die Beschaffung von Fässern ist nichts zu rechnen, da die im Gesetze normirten Preise exclusive Gebinde verstanden sind.

Die Magazine kosten Fr. 200,000, die Messapparate JFr. 100,000. Was die Abfindung der Brenner betrifft, so entziehen .sich deren Kosten dermalen unserer Beurtheilung. Wir glauben nur soviel sagen zu dürfen, dass diese Kosten nach *) An Qualitätsspirituosen wurden im Jahre 1885 in die -Schweiz eingeführt: 1) 1663 q- Liqueurs unter Tarif Nr. 256; 2) die unter 60° Trallès haltenden Branntweine, welche in den 111.435,59 q des Tarifes Nr. 254 Inbegriffen sind; laut Mittheilung der Oberzoll-direktion betragen dieselben 18,022 q. -- Der Gesammtimport an Quali.tätsspirituosen bezifferte sich somit im Jahre 1885 auf 20285 q. Wenn wir also denselben auf blos 15,000 q ansetzen, so ist damit einer etwaigen durch die Höherbesteuerung verursachten Abnahme des Imports reichlich Rechnung getragen.

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unserer Schätzung sich zwischen 3 und 7 Millionen bewegen werden. Da uns indessen, wie gesagt, zur sichern Ermittlung dieser Summe die nöthigen " Anhaltspunkte fehlen, so wollen wir lieber die ganze Rubrik der einmaligen Ausgaben vorerst ausser Betracht lassen und nur die Betriebsausgaben berechnen. Dieselben budgetiren wir wie folgt : Ankauf von 80,000 hl. im Ausland à Fr. 40*) ßegieproduktion von 25,000 hl. à Fr. 60 Ankauf von 15,000 hl. in den Pachtbrennereien à Fr. 90 Kontrole und Magazinverwaltung Unvorhergesehenes, Verluste u. s. w.

Fr. 3,200,000 ,, 1,500,000 ,, 1,350,000 ,, 300,000 ,, 150,000

Total Fr. 6,500.000 3) Bilanz.

Bruttoeinnahmen wie oben Betriebsausgaben

Fr. 20,244,000 ,, 6,500,000

Jahresergebniss (excl. Amortisation) Das bundesräthliche System ergäbe netto jährlich

Fr. 13,744,000 ,, 10,710,000

Differenz zu Gunsten des Monopolbetriebes Fr. 3,034,000 Beim Monopolbetrieb nimmt also der Fiskus -- unter gleichbleibender Belastung der Konsumenten -- volle Fr.

3,034,000 jährlich mehr ein, als nach dem Entwurfe des Bundesrathes ; mit andern Worten: über drei Millionen Fr.

welche bei Annahme des bundesräthlichen Systems von den *) In dieser Summe sind die Gebinde Inbegriffen, während der Verkaufspreis exkl. Gebinde verstanden ist. Wir wären somit berechtigt, von obigen Fr. 3,200,000 den Werth der Gebinde (vom Buudesrath auf Seite 17 seiner Botschaft zu Fr. 6,75 per hl. veranschlagt) mit Fr. 80,000 X 6,85 -- Fr. 548,000 in Abzug zu bringen, wollen indessen zu mehrerer Sicherheit auch diese Summe nur pro memoria anführen.

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Konsumenten unproduktiv geopfert würden, fliessen beim Monopolbetrieb in die Kasse des Fiskus. Dieser Mehreinnahme von Fr." 3,034,000 steht nun freilich die Verpflichtunggegenüber zur Amortisation der Entschädigung s- und Einrichtungskost&n. Allein es liegt auf der Hand, dass selbst wenn diese Kosten sollten unerwartet hoch zu stehen kommen, beispielsweise auf zehn Millionen Franken, sie aus obiger Mehreinnahme in wenigen Jahren (z. B. 10 Millionen in 4 Jahren) amortisirt werden könnten. Die ganze Entschädigung ist mit einem Worte gar keine ffe/dfrage, sondern lediglich eine Zeitfr-age.

Es kann sich nur noch darum handeln, ob und in wieweit obige Mehreinnahme von rund drei Millionen Franken zur Amortisation oder zu andern Zwecken verwendet werden soll, sei es zur Mehrung des jährlichen Antheils der Kantone, sei es zur Ermässigung des Branntweinpreises.

Unser Vorschlag nimmt eine solche Ermässigung des Verkaufspreises um mindestens Fr. 6.20, d. h. auf Fr. 150 von vornherein in Aussicht. Danach würde sich obige Mehreinnahme von Fr. 3,034,000 um 6,20X120,000 = Fr. 744.000 vermindern und es verbliebe ein Mehr von rund 21A Mili.

Franken gegenüber dem bundesräthlichen Budget. Die Verwendung dieser Summe ist lediglich eine Frage der Opportunität. Nach der Ansicht Ihres Referenten sollte dieselbe zunächst in ihrem vollen Betrage zur Amortisation verwendet werden, worauf dann nach Ablauf von wenigen Jahren entweder der Branntweinpreis noch weiter heruntergesetzt, oder der Antheil der Kantone vermehrt werden könnte. Was den Antheil des Bundes betrifft, so wäre derselbe, wie wir oben ausführten, nach unserem Vorschlage in Form einer pauschalen Zollentschädigung bleibend gesichert.

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Wir glauben hiemit den Beweis erbracht zu haben, dass der Monopolbetrieb den Kantonen mindestens ebensoviel abwerfen wird, als die Fabrikatsteuer, und das bei wesentlich geringerer Belastung der Konsumenten und ohne die Bundesfinanzen zu gefährden, wie letzteres bei der Fabrikatsteuer zu befürchten wäre.

Damit haben wir auch die drei wesentlichen Vorzüge unseres Monopolsystemes gekennzeichnet: billige Berücksichtigung der bestehenden landwirtschaftlichen Interessen, Minderbelastung der Konsumenten, Schonung der Bundesfinanzen.

Neben diesen Hauptvorzügen bietet das Monopol weitere Vortheile, welche nicht gering anzuschlagen und jedenfalls geeignet sind, auch in solchen Kreisen des Volkes, welche bisher der Alkoholbesteuerung feindselig oder misstrauisch gegenüberstanden, dem gesetzgeberischen Werke Freunde und Anhänger zu gewinnen. Wir müssen uns darauf beschränken, diese Vortheile hier kurz anzudeuten.

Die vom Bundesrathe in seinen Botschaften eingehend geschilderten sozialen Missstände, welche mit der Privatfabrikation des Branntweins und insbesondere mit dem direkten Verkauf desselben aus den Brennereien verbunden sind, werden gründlich beseitigt.

Durch das ßeinigungs- und das Importmonopol wird auch in viel wirksamerer und sicherer Weise, als diess bei einer blossen Besteuerung der Fall wäre, dafür gesorgt, dass dem Konsum eine von gesundheitsschädlichen Substanzen freie Waare geliefert wird.

Das Importmonopol ermöglicht des weitern,, auch die Qualitätsspirituosen oder sogenannten Feinschnäpse bei der Einfuhr ziemlich intensiv zu belasten, während bekanntlich der Wortlaut des Handelsvertrages mit Frankreich uns verbieten würde, eine solche Besteuerung in der Form eines 2

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Zollzuschlages zu erheben. "Wir legen auf diesen Umstand einen besondern Nachdruck, weil damit der im vorigen Jahre oft gehörte Vorwurf, als habe es die Branntweinsteuer nur auf die Belastung der ärmern Klassen abgesehen, ganz und gar hinfällig wird.

Durch die Erhebung einer Einfuhr-Monopolgebühr wird im fernem unserer einheimischen Liqueurfabrikation, sowie der schweizerischen Trester-, Drusen- und Obstbrennerei ein hoher Schutzzoll zu Theil, welcher diese Industrien reichlich entschädigt, erstere für die Vertheuerung des Sprites und letztere für das Verbot der kleinen Kartoffelbrennerei.

Die Bestimmung, dass denaturirter Sprit zu technischen und Haushaltungszwecken vom Bunde zum Selbstkostenpreise abgegeben wird, gereicht ebenfalls dem Gesetze zur Empfehlung.

Als ein besonderes Verdienst aber rechnen wir demselben an, dass es einen kleinern, weniger koniplizirten und zumal loeniger chika/nösen Beamtenapparat erfordert, als jedes andere Besteuerungssystem. Die wenigen Beamten, welche, vom technischen Personal abgesehen, anzustellen sein werden, sind lediglich Yerwaltungsbearnte, nicht polizeiliche Aufpasser. Ihre ganze Kontrolthätigkeit bewegt sich im Eahmen der inneren Verwaltung; die unserm Volke so verhassten polizeilichen Chikanen und bureaukratischen Friktionen zwischen Publikum und Steuerpolizei, welche den französischen Branntweinsteuerbeamten den ominösen Spitznamen ,,rats de cave" eingetragen haben, fallen ganz dahin.

Mit einem blossen Steuergesetze, welches unter scheinbarer Wahrung der Gewerbefreiheit eine ständige Kontrole der fabrizirten Quantitäten und Qualitäten erforderte, wäre die Berührung zwischen Verwaltung und Publikum eine viel grössere, und die ,,Vermehrung der Bundesbureaukratie", vor welcher ab und zu vom föderalistischen Standpunkte

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aus gewarnt wird, würde unserm Volke in viel unliebsamerer Weise, ja dermassen zu Gemüthe geführt, dass, wie ein Mitglied der Kommission sich äusserte, die Bundesverwaltung sich damit der Impopularität und dem Hasse der Bevölkerung aussetzen würde.

Wir glauben auch noch anführen zu sollen, dass unser System eine einfachere Gestaltung der Grenzwache ermöglichen wird. Einmal wird, da der Branntweinpreis nicht wesentlich höher wird, als jetzt, der Schmuggel leichter niederzuhalten sein, als bei der bundesräthlichen Lösung Avahrscheinlich gewesen wäre. Sodann aber dispensirt unser Entwurf die Bundesverwaltung auch von der speziellen Ueberwachung einer ganzen Reihe von Eingangsstationen und von der Untersuchung der Getränke an mehreren Punkten der Grenze. Da der Bund das Hauptquantum des Konsums als Käufer importirt, katin er den Schwerpunkt der Kontrole auf die wenigen, von ihm selbst gewählten Dépôts verlegen.

Das Bedenken endlich, als könnte die Einführung des Branntweinmonopols weiteren Monopolen den Weg ebnen und den Staat in ein sozialistisches Fahrwasser treiben, müssen wir als ein doktrinäres bezeichnen. Man kann über die Wünschbarkeit weiterer Monopole verschiedener Ansicht sein. Thatsache ist, dass wir seit den ältesten Zeiten solche Monopole oder, was bei uns dasselbe bedeutet, Regalien besitzen von denen jedes seinen verschiedenen Ursprung hat und seinen besondern Zweck verfolgt, ohne dass es je weiter um sich gefressen und unser Land damit dem Sozialismus in die Arme geworfen hätte. Ist doch z. B. das Pulverregal bis zur Stunde nicht einmal auf die Herstellung von Sprengstoffen ausgedehnt worden, obschon eine derartige Erweiterung doch sehr nahe läge. Wenn es aber später unter wesentlich veränderten Verhältnissen, sei es aus sozialen, sei es aus fiskalischen Gründen jemals angezeigt erscheinen sollte, dieses

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oder jenes Gewerbemonopol einzuführen, so wird man sich glücklich schätzen, wenigstens ein derartiges Monopol bereits erprobt zu haben, und zwar gerade dasjenige, welches wegen der grossen Einfachheit der Fabrikation und der absoluten GMchmässigkeit des Produktes sich am allermeisten für staatlichen Betrieb eignet. Uebrigens geben wir den etwaigen grundsätzlichen Feinden aller Monopole zu bedenken, dass in dem hier vorliegenden Falle die Frage bereits präjndizirt ist. Ein Gewerbe, das dem Staate elf Millionen Franken d. h. mehr als 100 %' des Werthes seiner Waare steuern muss, das nur unter bestimmten sehr lästigen Bedingungen und auf Grund einer Konzession betrieben werden darf, dessen Produkte auf Menge und Gehalt vom Staate einer peinlich genauen Prüfung unterzogen werden müssen, ein solches Gewerbe ist so wie so kein freies G-ewerbe mehr-und es kann sich dabei, wie wir am Eingange dieses Berichtes betonten, nur um das "Dilemma handeln : entweder Privatmonopol oder StaatsmonopoL Die "Wahl zwischen diesen Alternativen konnte uns nicht schwer fallen, vmd wir sind überzeugt, dass das Schweizervolk, das allen Privilegien im Grund der Seele abhold ist, der von uns -getroffenen Wahl beipflichten wird.

Wir können hiemit unsere Berichterstattung beschliessen.

Wir durften dieselbe kürzer fassen, weil sie lediglich bestimmt ist, dem nachfolgenden Auszug aus dem Protokoll unserer Kommissionsberathungen als Einleitung zu dienen. Wir hielten es für erspriesslich, diese Berathungen der Oeffentlichkeit zu übergeben, weil es in einer so wichtigen Frage, über welche sich die Ansichten nicht von heute auf morgen, sondern allmälich klären, von Gutem ist. zu wissen, wie ein bestimmter Standpunkt sich gebildet hat. Das Lesen unseres Protokollswirdlhnen,sohoffen wir, dieUeberzeugungbeibringen, dass Ihre Kommission nicht in vorgefasster Meinung, sondern nach

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reiflicher Erwägung aller Umstände und im redlichen Streben nach einer allseitig befriedigenden Lösung gerade dasjenige System ausgewählt hat, welches sie Ihnen zu empfehlen die Ehre hat.

, .

, ; .

Ueber die einzelnen Bestimmungen unseres Entwurfes und deren Motivirung finden Sie im nachfolgenden Protokollauszuge (Abschnitt II. Artikelweise Berathung) die nöthigen Aufschlüsse. Wir können .daher, hier von einer Begründung der einzelnen Artikel Umgang nehmen.

Wir schliessen, indem wir Ihnen, Tit., beantragen, auf die Berathung des von uns vorgelegten Gesetzesentwurfes (s. Seite 66 u. ff.) eintreten zu wollen.

..-.-.

Namens der Kommission des schweizerischen Nationalrathes: Der Präsident:

R. Geigy - Merian.

IL

Auszug aus dem

Protokoll der Beratungen der

Älkoholkommission des Schweiz, Hationalrafc vom 11. bis 16. Oktober in Basel.

Mitglieder der Kommission: Hr. Geigy-Merian (Präsident), » Berger, » Bühler (Graubünden), » Curii, » Durrer, » Joos, » Polar, » Roten, » Sonderegger (Inner-Rhoden), » Syfrig, » Thélin.

Den Verhandlungen wohnen ferner bei: Hr. Bundesratfi Schenk, Chef des eidgen. Départ, des Innern, » W. Milliet, Direktor des eidgen. Statist. Bureau.

Als Protokollführer : Dr. A. Brüstlein.

I. Berathung über die Eintretensfrage.

Hr. Präsident Geigy verdankt die Anwesenheit des Herrn Bundesrath Schenk und bittet denselben, das einleitende Votum über die Eintretensfrage abzugeben.

Hr. Bundesrath Schenk entschuldigt im Eingange seines Votums die verspätete Zusendung des Entwurfes und der Botschaft mit dem Hinweise auf die .Meinungsverschiedenheiten, welche bis zuletzt im Schoosse des Bundesrathes obgewaltet haben. Der Sprechende selbst gehörte im Bundesrath zur Minderheit. Indessen liegt ihm jetzt, als Vertreter der Exekutive, lediglich ob, den Standpunkt darzulegen, der im Bundesrathe die Mehrheit erlangt und im vorliegenden Gesetzesentwurfe seinen Ausdruck gefunden hat.

Nach einem kurzen Hinweise auf die Vorgeschichte der Frage definirt Redner die bei der Bekämpfung des Alkoholismus dem Bund als Gesetzgeber zufallende Aufgabe als: die Regulirung wnd Reformirung der Branntweinbrennerei. Nachdem die Verfassungsrevision des Jahres 1885 dem Bunde die nöthigen Kompetenzen hiezu gegeben hat, handelt es sich nunmehr darum, durch die Gesetzgebung die gestellte Aufgabe zu verwirklichen.

Es könnten hiefür drei verschiedene Wege eingeschlagen werden : 1. Die Eegulirung der Brennerei auf dem Boden der freien Konkurrenz, unter grundsätzlicher Festhaltung der Freiheit des Gewerbebetriebs, jedoch mit eingehender Reglementirung desselben in dem Sinne, dass jede Brennerei gewissen Anforderungen zu genügen habe.

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2. Auf dem Boden der Konzessionirung einer begrenzten Anzahl Brennereien.

3. Auf dem Boden des Monopols.

Der Bundesrath wählte den erstem Weg, in der Meinung, dass derselbe der natürlichste, den politischen und ökonomischen Verhältnissen angemessenste sei und darum nicht verlassen werden dürfe, so lange nicht bewiesen sei, dass man auf diesem Wege nicht zum Ziele kommen, nicht allen Anforderungen entsprechen könne.

Die zu lösende Aufgabe präzisirt der Bundesrath auf Seite 3 seiner Botschaft genauer wie folgt: Das zu erlassende Bundesgesetz soll: '·· 1. eine Erhöhung des Preises des Konsumbranntweins bewirken; 2. eine bessere Qualität dieses Getränkes sichern; 3. die Uebelstände beseitigen, welche mit dem jetzigen Brennereibetriebe und Branntweinverkauf verbunden sind 4. ein finanzielles Resultat ergeben, welches genügend ist, uni den in der revidirten Bundesverfassung übernommenen Verpflichtungen zur Entlastung der nicht gebrannten G-eti-änke gerecht zu werden.

1. Die Preiserhöhmg des Konsumbranntweins. Zweck derselben ist -- bei gleichzeitiger Verbilligung der unschädlichem Getränke durch die Abschaffung des Ohmgeldes -- dem Volke den Branntwein etwas weniger zugänglich zu i: machen. Dass die Erhöhung des Preises nothwendig eine Verminderung des Kpnsums zur Folge haben müsse, wird zwar bestritten; in der That tritt eine solche Verminderung nicht ein, wo gleichzeitig auch auf den andern Getränken hohe Steuern lasten, oder da, wo der Branntweinkonsuni seinen Sitz vornehmlich in der Schenke hat; denn der Gewinn der

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Wirthe pflegt so hoch zu sein, dass eine Verteuerung des Branntweins auf den Preis des einzelnen Gläschens ohne Einfluss bleibt. In der Schweiz aber, wo die Lasten auf den übrigen Getränken wegfallen sollen und der Sitz des Branntweinkonsums vornehmlich im" Hause, und nicht in der Schenke ist, darf von der Preiserhöhung' ein Zurückgehen des Konsums-erwartet werden.

2. Sicherung einer bessern Qualität des Trinkbranntweins.

Dieselbe soll erzielt werden einerseits durch die Verpflichtung der einheimischen Brenner, zur Entfüselung ihrer Waare, anderseits durch die Bestimmung, dass ausländischer Sprit nur im gereinigten Zustande eingeführt werden darf; die Prüfung des Reinheitsgrades durch die Zollbeamten an der Grenze ist durch den unlängst erfundenen Traube'schen Apparat wesentlich erleichtert worden.., ; , 3. Beseitigung der mit dem Meinen, Brennereibetrieb und dem Branntweinverkauf verbundenen Uebelstände. Diese Uebelstände bestehen darin, dass die kleinen Brennhäfen, die von den Familiengliedern besorgt werden, wahre Jlerde der Eranntweinpest sind, sowohl darum, weil die Familie des Brenners selbst sich an den Branntweiukonsum gewöhnt, als dadurch, dass das Produkt solcher Brennereien, weil ungereinigt und daher nicht marktfähig, im nachbarlichen Kleinverkehr als Tausch- und Zahlmittel dient, das vom Kleinbrenner seinen Lieferanten förmlich aufgedrungen wird. Hiegegen wird dadurch Abhilfe geschaffen, dass das Brenngewerbe konzessionspflichtig erklärt, dessen Betrieb an Bedingungen geknüpft wird, welche von ganz kleinen Brennereien nicht erfüllt werden können. Die Verpflichtung zur Herstellung von wenigstens 2 Hektol. SOgradigen Spiritus in einem Brenntag und in einmaliger Destillation setzt nämlich schon eine grössere Einrichtung voraus, zu deren Besorgung es technisch geschulter Brenner bedarf, so dass die unmittelbare Bethätigung der Familien-

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glieder bei der Brennerei damit ausgeschlossen wird. Ein ferneres Mittel zur Einschränkung des schädlichen Kleinverkaufs besteht in dem Verbot des Hausirens und der Aufnahme von Bestellungen in Privathäusern.

4. Die Erzielung des finanziellen Resultates endlich ist darum nothwendig, weil sonst nicht sicher wäre, dass das Ohmgeld mit dem Jahr 1890 wirklich abgeschafft würde. Die Mittel zur Erreichung dieses Finanzergebnisses bestehen in der Erhebung einer Fabrikatsteuer von Fr. 85 per Hektol., einem entsprechenden Zollzuschlag und der Erhöhung des eigentlichen Eingangszolles von 20 auf 25 bis 40 Fr. (die Ratifizirung der hiezu mit Frankreich getroffenen Vereinbarung vorausgesetzt).

Bei der Durchführung der vier hievor aufgezählten Postulate musste der Bundesrath ausserdem Bedacht nehmen auf : 1. Möglichste Schonung der Finanzquellen des Bundes; 2. möglichste "Wahrnehmung der in der Brennerei liegenden land- und industriewirthschaftlichen Interessen; 3. möglichst einfache Gestaltung der Administration.

i. Die möglichste Schonung der Bundesßnanzen. Uni die schweizerische Brennerei existenzfähig zu erhalten, ist der Bund zu einer Erhöhung des Eingangszolles genöthigt. Es ist aber zu befürchten, dass in Folge dessen die einheimische Brennerei sich stark vermehre und auch grosse ausländische Brennereien sich diese Erhöhung zu Nutze machen, um Filialen in der Schweiz zu errichten. Dadurch würden die 2 Millionen Fr.

Zolleinnahmen des Bundes gefährdet. Der Entwurf besitzt kein sicheres Mittel, diese Gefahr abzuwenden ; er sucht zwar ein solches darin zu finden, dass er für den Eingangszoll eine je nach den Umständen bewegliche Skala von Fr. 25 bis 40 vorsieht, es ist aber sehr fraglich, ob Industrie und Handel bei einer solchen Möglichkeit jederzeitiger Zollveränderung bestehen können.

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2. Die Wahrung der lanci- und industriewirthschaftlichen Interessen. Hier liegt der Punkt, von welchem aus die Ansichten auseinandergehen. Es waltet nämlich Streit darüber, ob es speziell im Interesse der Landwirthschaft wünschbarist, dem Lande die Brennindustrie zu erhalten. Die frühere Botschaft des Bundesrathes hatte sich den Forderungen der Landwirthschaft gegenüber eher ablehnend verhalten, weil, dieselben übertrieben waren. Die Landwirthe mutheten nämlich dem Bunde zu, die Brennerei in ihrem Bestände zu belassen und nur, durch Erhöhung des Eingangszolles auf 40 Fr., das bisherige kantonale Ohmgeld faktisch auf die ganze Schweiz auszudehnen. Die Folge wäre gewesen: Ausbreitung des in den Ohmgeldkantonen grassirenden Alkoholismus über dasganze Land. Um diesen Preis wären die der Landwirthschaft daraus erwachsenden Vortheile viel zu theuer erkauft gewesen.

Heute steht die Frage anders. Man hat nicht mehr mit der so verderblichen Kleinbrennerei zu rechnen, sondern mit sanirten, technisch guten Brennereien von gewissem Unifang, wie solche von grössern Gutswirthschaften oder land wir thschaftlichen Genossenschaften betrieben werden können, welche genug Land und Viehstand besitzen, um die Schlempe auf ihren eigenen Gütern verwenden zu können.

Sollen auch solche sanirte landwirthschaftliche Brennereien unmöglich gemacht werden? Der Bundesrath verneint diese Frage. Er will die inländische Brennerei, speziell die landwirthschaftliche, existenzfähig erhalten und zwar theils durch Erhöhung des Zolls (wodurch der Bund allerdings mit seinen Finanzinteressen in Konflikt kommt), theils durch das in Art. 6 normirte Differential-Steuersystem. Die Berechnung dieser. Differentialsteuer zu Gunsten der kleinen Brennereien gründet sich auf eine veranstaltete Ermittlung der durchschnittlichen Produktionskosten einer mittleren landwirth-schaftlichen Brennerei mit nur fünfmonatlichem Betrieb.

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. .5. Die möglichste Einfachheit der Administration lässt sich dahin präzisiren, dass der Beamtenapparat ein möglichst kleiner sein soll, unter thunlichster Einschränkung alles dessen, was als Polizeiwillkür empfunden wird, und dass anderseits die bezüglichen Vorschriften auch durchführbar: sein sollen.

Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass eine massige -- nicht zum, Schmuggel anreizende -- Fabrikatsteuer als Mittel der Besteuerung gewählt wird. Mit Hilfe des automatischen Kontrolmessapparates..-- ,der sich in verschiedenen Ländern bewährt hat -- soll -- im ,Gegensatz zum Blasenzins, zur Maischraumsteuer u. s. w. -- das Produkt selbstbesteuert werden.

Steuerdefraudationen sind erfahrungsgemäss bei diesem Systeme nur unter Voraussetzung der Konnivenz der Steuerbeamten möglich. --. .

Dies sind in Kürze die Grundzüge des bundesräthlichen Entwurfes. Der Bundesrath hält denselben nicht für das denkbar Beste, wohl aber für dasjenige, welches am wenigsten verfänglich ist und die meiste Aussicht auf Annahme hat.

Eine spätere Einführung des Monopols wird durch diesen Entwurf-nicht ausgeschlossen, vielmehr ebnet er derselben den Weg, indem er gestattet, vorerst auf diesem neuen Gebiete Erfahrungen zu sammeln. Sollten dieselben ergeben, -dass die Landwirthschaft unter dem gewählten Systeme nicht bestehen kann, so möge man dann später einen andern Weg betreten. Heute bestehen imLande gegen den Monopolgedanken noch zu viel Antipathien ; die öffentliche Meinung ist für möglichste Aufrechthaltung der Privatthätigkeit auf wirthschaftlichem Gebiete. Auch lässt sich fragen, ob -es der Würde des Bundes entspreche, denselben zum Schnapsverkäufer zu machen.

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Es ergreifen hierauf der Reihe nach sämmtliche Kommissionsmitglieder das Wort, um ihren Standpunkt zur Eintretensfrage zu äussern. ' Hiebei befürworten die Herren Polar, Thélin und Roten das Eintreten auf die bundesräthliche Vorlage. ': Herr Polar stimmt zum bundesräthlichenEntwurf, weil derselbe einen genügenden Finanzertrag sichert, um den für den Kanton Tessin durch die Abschaffung des Ohmgeldes sich ergebenden Ausfall zu decken. Persönlich freilich würde Herr Polar das Fabrikations-Monopol als das reinere und klarere System vorziehen und behält sich vor, wenn das Interesse des gesammten Landes es erfordern sollte, zu demselben überzugehen.

, ' " Hr. Thélin bekennt sich zum bundesräthlichen Entwurfe,, weil derselbe den höchsten Ertrag liefert und alle berechtigten Volkswünsche befriedigt. Entwurf Nr. II (Verkaufsmonopol) erscheint Hrn. Thélin. insbesondere darum bedenklich, weil er den vom- Blinde den Brennern zu bezahlenden Ankaufspreis auf 6.0 bis 70 Fr. festbindet, während der Weltmarktpreis des Sprits nachweisbar im Laufe eines Jahres um volle 50% schwanken kann. Was endlich den Entwurf III (Fabrikationsmonopol) betrifft, so spricht allerdings zu dessen, Gunsten die grössere Einfachheit des Verwaltungsmechanismus, allein es ist zu befürchten, dass die zu dessen Einführung benöthigten Abfindungskosten im Verhältniss zu den zu erzielenden Einnahmen allzu hoch zu stehen kämen. Immerhin erklärt Redner, er könnte sich, im Falle einer Ablehnung des Bundesrathsentwurfes, persönlich , auch" in- das Fabrikations-Monopol schicken.

/ : "-, Auch Er. Roten anerkennt; dass das Monopol viel für sich hat; er zieht, aber als Uebergangsstadium den Bundesraths-Entwurf vor. Die Befürchtung, derselbe könnte eine Vermehrung der Brennereien zur Folge haben, ist ungerecht-

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fertigt. Gegen das Verkaufsmonopol spricht die grosse Gefahr der Defraudation, weil dabei jeder Brenner in Versuchung geräth, statt an den Bund unter der Hand an Private zu verkaufen. Am Fabrikationsmonopol, aber erscheint anstössig, dass der Bund damit zum Schnapsbrenner degradirt wird und ·dass, wenn der Bund als Fabrikant die Kartoffeln aufkaufte, ihm vorgeworfen würde, er vertheuere das Hauptnahrungsmittel des Volkes.

Alle übrigen Herren Kommissionsmitglieder beanstanden ·den bundesräthlichen Entwurf und treten dem zuerst von Hrn. Berger gestellten Antrag bei, auf denselben nicht ein· zutreten.

Nach Hrn. Bergers Ansicht leidet der Entwurf an mehr"fâcher Selbsttäuschung.

·1) Es ist eine Illusion, zu glauben, die inländische landwirthschaftliche Brennerei lasse sich durch denselben retten.

,Die Begünstigung des Kleinbetriebs steht darin nur auf dem -Papier; denn wenn z. B. einer kleinern Brennerei von im .Mittel 500 Hektol. Jahresproduktion zugemuthet wird, dem Bund jährlich 35,000 Fr. zu steuern, auch wenn sie ihre Waare noch gar nicht abgesetzt hat, so ist dies eine Grundlage, auf welcher keine einzige genossenschaftliche Brennerei wird erstellt werden können. Klagen doch die bernischen Brenner, dass sie bei der seit 1884 .eingeführten kantonalen Fabrikatsteuer von 5 Rp. per Liter -- obschon sie effektiv nur Vs dieses Betrages steuern -- nicht bestehen können.

Die landwirtschaftliche Brennerei sollte aber nicht bloss auf -dem Papiere stehen; denn sie ist das beste Mittel, durch Ver.mehrung des Viehstands die Ertragfähigkeit der umliegenden Güter zu mehren.

2) Die Steuer ist übrigens nicht das einzige, womit der Brenner belastet wird; er hat ausserdem die Verkaufsspesen -und das mit dem Verkauf auf Kredit verbundene Eisiko zu

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tragen. Diese ganze Last könnte ihm durch ein Verkaufsinonopol abgenommen werden.

3) Ein fernerer Mangel des Entwurfs ist nach Redners Ansicht, dass der bisherige Verkaufsbetrieb im Grossen und Ganzen beibehalten wird, obschon gerade diese Freiheit des Verkaufsgewerbes und das damit verbundene Eindringen der Waare in die Wohnungen der Taglöhner und Handwerker und in die Gesindestuben als die Hauptursache der Branntweinpest betrachtet wird. Ganz anders wäre dies beim Verkaufsmonopol; bei Durchführung desselben würde niemand, der nicht ein wirkliches Bedürfniss nach Branntwein hätte, zur Anschaffung von solchem gezwungen.

Hr. Syfrig hat am Entwurf namentlich folgendes auszusetzen : 1) Derselbe schafft eine Art Privatmonopol für reiche Brenner und Kandier ; denn nur reiche Brenner können die Betriebs- und Reinigungskosten sowie .die Steuer vorweg decken und ihr Produkt auf Kredit verkaufen, und nur reiche Leute können beim Import den hohen Zollzuschlag auslegen und dabei auf Kredit weiter veräussern.

2) Der Enttvurf entspricht nicht den samtarischen Anforderungen, indem er die Rektifikation in verschiedene Hände legt, so dass es an einem gleichmässigen Massstab für den Beinheitsgrad fehlt. Auch dagegen, dass nicht fuselhaltige Waare importirt werde, wird nicht hinlängliche Gewähr geboten, da die Handhabung der Kontrole an der Grenze immerhin etwas unsicheres ist. Nur wenn die Eidgenossenschaft den im Inland produzirten Sprit kauft und selber reinigt und den übrigen Bedarf in rectifizirte Form selber importirt, bekommt man eine gleichmässig gereinigte Waare.

B~) Der Entwurf befriedigt die Interessen der Lmdwirthschaft nicht, denn er garantirt ihr nicht die Verwerthung

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ihrer in guten Jahren eintretenden Ueberproduktion an Kartoffeln und, da er faktisch kleinere Brennereien nicht ermöglicht, so lässt er auch keine landwirtschaftlich richtige Verwerthung der Schlempe zu. Eine grosse Brennerei kann nämlich unmöglich den grossen Viehstand halten, welcher dem produzirten Quantum Schlempe entspräche. Vom Standpunkt der Landwirtschaft und der Schlempeverwendung müsste man das Produktionsminimum der kleinen Brennereien statt auf 2Hektol. blos auf l Hektol. täglich ansetzen; denn schon l Hektol. entspräche einem Viehstand von 30 Stück Grossvieh.

Hr. Sonderegger betrachtet es als einen unlösbaren Widerspruch des Entwurfes, dass derselbe die zurückgebliebene inländische Produktion durch einen prohibitiv wirkenden Schutzzoll fördern will und doch für den Bund aus dem Zoll eine Einnahme herausschlagen möchte. Dieser beabsichtigte Schutz der inländischen Brennerei wurde übrigens illusorisch werden, weil die ausländischen Grossbrennereien einfach Filialen an der Schweizergrenze errichten würden.

Hr. Curti stellt sich, obschon seiner Zeit Gegner der Verfassungsrevision, nunmehr ganz auf den Boden des Volksvotums vom 25. Oktober 1885; von diesem Standpunkte aus erstrebt er die Einführung der bestmöglichen Alkoholbesteuerung, ohne Vernachlässigung der hygienischen Seite. Den bundesräthlichen Entwurf aber vermag er als eine glückliche Lösung weder der Steuerfrage, noch der hygienischen Frage zu betrachten. Die dargebotene Lösung ist thatsächlich die Verlängerung des bisherigen Zustandes, das Verharren auf dem Boden der nämlichen Gesetzgebung, gegen welche man in so starkem Masse geeifert hatte, indem man erklärte, die Form der Brennerei sei es. welche die wesentliche Schuld an der Ausbreitung des Schnapsgenusses trage. Den Entwurf annehmen Messe daher dem Kampfe gegen den Alkoholismus ungetreu werden.

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Ein ferneres Bedenken gegen den Entwurf ist folgendes r Der Bundesrath geht von der Idee der Wahrung der Gewerbefreiheit aus und nimmt an, das Monopol sei eine Staatseinrichtung, die sich mit der bisherigen Lehre vom Schutz der individuellen und persönlichen Freiheit nicht vereinbaren lasse.

Nun verlangt aber gerade der Entwurf den grössten bureaukratischen Apparat. Wenn man nicht (wie allerdings der vorliegende Entwurf es tbut) Privilegien schaffen, sondern die Idee der G-ewerbefreiheit konsequent durchführen will, müsste man 1000 Brennereien erhalten und überwachen, wozu ein ansehnliches Personal erforderlich wäre. Man sagt, dieses Beamtenthum wäre der Bestechung unzugänglich. Einer solchen optimistischen Auffassung gegenüber ist es gut, sich des Wortes Königs Philipp von Macédonien zu erinnern: keine Stadt sei so fest, dass nicht ein mit Gold beladener Esel hineindringen könnte. Wenn bei dem eingeschulten disziplinirten Beamtenthum der monarchischen Staaten Steuerdefraudationen nicht ganz vermieden werden können, wie soll die Schweiz vor denselben gefeit sein? Der Entwurf wird die Ernennung mehrerer hunderte von Steuer- und Kontroibeamten nöthig machen. Wer soll diese Ernennung vornehmen ? Wenn man sich diese ganze Bureaukratie vergegenwärtigt, müssten gerade die .Föderalisten ganz besonders gegen den Entwurf eingenommen sein.

Es ist auch ein gewisses Misstrauen gegen das genaue Funktioniren der Messapparate gestattet, da die Steuerdefraudation im steten Kampf mit der Steuertechnik liegt und durch Erfindung neuer Schliche die letztere zu durchkreuzen weiss.

Aus diesen verschiedenen Gründen fürchtet der Eedner, der Bundesrath werde mit dem Entwurf erreichen, was er mit demselben eben vermeiden möchte : nämlich die Bundesverwaltung zu kompromittiren. Während der Bund den ehr3

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lichen Makler für die Kantone spielt, ruft er statt eines Lohnes durch sein Ueberwachungssystem den Hass der Bevölkerung gegen sich hervor. Wenn es dem Redner daran gelegen wäre, die Besteuerung des Branntweins zu hintertreiben, dann müsste er die Fabrikatsteuer herbeiwünschen. Er fürchtet aber zu sehr, dass deren praktischeDurchführung der Reputation der Bundesverwaltung und damit der Entwicklung der Eidgenossenschaft nachtheilig wäre. Es kann sich gewiss nicht lohnen, den Bund dieser Gefahr der Impopularität auszusetzen.

Vom fiskalischen Standpunkt ferner macht Hr. Curti die nämliche Einwendung wie Hr. Sonderegger: entweder behält der Bund seine Zolleinnahme, dann bleibt die gehoffte Förderung der inländischen Brennerei aus; oder der Schutzzoll thut seine Wirkung, und die Schweiz wird mit inländischem Branntwein überschwemmt. Mitten in diese Schaukel hineingestellt, wird der Bundesrath mit seiner Befugniss, jedes Jahr den Zoll neu festzusetzen, Händel hervorrufen, die sich jedes Jahr erneuern werden.

Endlich ist der Entwurf auch sanitarisch verwerflich.

Denn bei der Fabrikatsteuer ist die Möglichkeit immer noch nicht ausgeschlossen, dass durch ein Kreditirungsverhältniss der Trinker vom Händler abhängig und damit gezwungen werde, mehr und mehr zu trinken. Indem man einer Menge neuer Brennereien die Entstehung gestattet, schafft man so viele neue Infectionsherde. Die jetzige Brennerei, wo sie ein berechtigtes Interesse darstellt, mag geschützt werden; sie soll sich jedoch nicht ausdehnen dürfen. Der hohe Zollschutz aber und die Differentialsteuer zu Gunsten der kleinen Brennereien würde das Entstehen kleiner Brennereien auch da ermöglichen, wo bisher keine solchen waren, z. B. in der Ostschweiz. Bereits finden sich in Zürich, Thurgau und St. Gallen derartige verheissungsvolle Anfänge vor. zum Brennen

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des Mais, der durch die Arlbergbahn nun billig eingeführt werden kann. Während dann die Kleinbrennerei in der Mittelschweiz zurückgienge, entstünde derselben in der Ostschweiz ein neues Feld. Als Deputirter dieser Gegend muss Redner von vornherein gegen eine solche Möglichkeit Front machen.

Hr. Bühkr findet, in Uebereinstimmung- mit den Vorrednern, dass der Entwurf bezüglich der Getränkequalität den sanitarischen Anforderungen nicht entspreche und anderseits eine sehr komplizirte Verwaltung schaffen würde. Wie viele von den jetzigen 1000 Brennereien bestehen bleiben werden, ist schwer vorauszusagen. Man AVCÌSS aber, dass diese Brennereien nur in einem kleinen Theil der Schweiz liegen: in den übrigen 6/6 der Schweiz, zumal in der Ostschweiz, würden auch Brennereien entstehen. Bei der für die kleinen Brennereien vorgesehenen Steuervergünstigung ist daher die Befürchtung, dass es mehrere hundert Brennereien geben werde, nicht ausgeschlossen. Dann hat es der Bund gar nicht mehr in der Hand, die im Lande zu fabrizirende Branntwein-Menge zu kontingentiren. Die Gefahr liegt vor, dass die Schweiz mit Branntwein überschwemmt wird und dass Ueberproduktion und Konkurrenz den Preis herunterdrücken und so den Konsum noch vermehren. Geschieht dies aber nicht, so erhalten wir einen verhältnissmässig viel zu theuern Schnaps, dessen Fabrikation im Inlande nur durch künstliche Mittel ermöglicht wurde.

Auch Hr. Durrer, der als Föderalist zuerst für den Bundesrathsentwurf eingenommen war, ist durch die heutige Diskussion von dessen Unzweckmässigkeit überzeugt worden, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Die Beschränkung der Schnapspest wird durch den Entwurf nicht erreicht, weil die kleinenBrennereien nicht unterdrückt werden, der Branntwein also doch in das ärmere Volk'eindringt.

2) Die Brennerei wird zum Theil in reichere Hände gelegt; es entstehen neue grosse Fabriken und damit schliesslich ein Privileg und Monopol weniger Personen.

« 3) Der Entwurf lässt zu sehr die finanzpolitische Seite durchblicken.

4) Es entsteht früher oder später eine Unzufriedenheit im Volke: das Volk wird dann das Monopol verlangen, aber vielleicht zu einer Zeit, da dessen Einführung viel schwieriger sein wird, als heute.

Herr Geigy ist ebenfalls der Ansicht, der bundesräthliche Entwurf sei zu sehr vom sanitarischen auf den fiskalischen Standpunkt abgerückt. Namentlich aber ist demselben vorzuwerfen, dass er nichts Dauerhaftes, sondern nur einen vorübergehenden Zustand im Auge hat. Nichts aber wäre so unrichtig, als sich auf den Boden einer Uebergangsperiode stellen zu wollen. Denn es wird viel schwerer sein, in 10 Jahren zu expropriiren, als heute- Die Kantone würden sich inzwischen an die Intraden aus der Branntweinbesteuerung gewöhnt haben und würden das zur Abfindung erforderliche Opfer nicht aufbringen können oder wollen. Und dann wäre diese Abfindung eine doppelte. Denn heute müssten etwa 900 wegfallende kleine Brennereien entschädigt werden ; an Stelle derselben träten darin laut Botschaft 100 neue, Brennereien zum Kostenpreise von je 40.000 Fr. Diese und dazu die grossen Brennereien müssten dann ebenfalls expropriirt werden. Dadurch würde die Abfindung unerschwinglich, während sie heute erschwinglich ist. An die Schaffung eines blossen Uebergangszustandes ist darum nicht zu denken : hat doch auch die Erfahrung mit dem Banknotengesetze gelehrt, wie schwer es ist, nachdem man bestehende Verhältnisse geordnet hat, dieselben nachher auf irgend eine neue Basis stellen zu wollen.

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Aueh damit lässt sich nicht argumentiren, dass der Entwurf Bestehendes zu schützen trachte: die bestehenden.

1000 Brennereien gehen dabei grossentheils unter und es erscheinen 100 neue auf dem Plan. Das ist es eben, wogegen Eedner sich sperren muss.

Auch die im Entwurf vorgesehene Handhabung des Zolles ist ganz undurchführbar. Es geht nicht an, eine solche mobile Zollschraube zu haben. Auf diesem Boden der Instabilität kann keine Industrie bestehen; es ist ein Unding.

Endlich erfordert der bundesräthliche Entwurf grössere Verwaltungskosten als das Fabrikationsmonopol (nämlich 500,000 Fr. gegen 250.000 Fr. [Entwurf II: 700.000 Fr.]).

Diese Zahlen sprechen ; sie zeigen deutlich, bei welchem Gesetze die meisten Steuerbeamten wären. Ein jedes Gesetz aber wird durch grosse Beamtenzahl unpopulär.

Sämmtliche Herren, welche den bundesräthlichen Entwurf bekämpfen, reden an dessen Stelle einem MonopolSysteme, das Wort, und zwar befürworten die HH. Berger und Durrer speziell das Verkaufsmonopol, die HH. Sonderegger, Joos, Bühler und Geigy das Fabrikationsmonopol; die HH. Syfrig und Curti endlich nehmen einen Standpunkt ein, der immerhin auch auf Grundlage des Fabrikationsmonopols steht, aber durch Konzessionen auch den im Verkaufsmonopol liegenden berechtigten Bestrebungen gerecht zu werden sucht.

Herr Berger, der den förmlichen Antrag stellt, auf den sog. Entwurf II (Verkaufsmonopol) einzutreten, bringt zu dessen Gunsten folgendes vor: Eine Annahme dieses Entwurfes ist um so leichter, als die Botschaft des Bundesrathes und deren Motivirung eigentlich viel eher diesem Entwurf angepasst ist, als dem bundes-

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räthlichen. Man sieht, dass der Bundesrath selbst sich dem Entwurf bedeutend näherte, aber nur der Tradition zu lieb vor dem Monopolprinzip zurückschreckte. Das Verkaufsmonopol würde aber gewiss viel mehr Anklang im Volke finden, als der bundesräthliche Entwurf, welcher die Kleinbrennerei faktisch ga,nz unterdrückt. Auch mit Entwurf II wird dieselbe noch keineswegs auf Eosen gebettet sein. Hr.

Berger möchte ihr überhaupt keinen Profit zuweisen, sondern ihr nur die Selbstkosten erstatten, damit sie im Interesse der Landwirthschaft die Schlempe frei habe. Die inländische Brennerei soll auch nicht übermässig zunehmen; sie soll nicht mehr als die Hälfte des ganzen Landeskonsums betragen; denn damit wären die Bedürfnisse der Landwirthschaft ausreichend befriedigt. Der Bund wird es durch die Bestimmung des Ankaufspreises in der Hand haben, die Menge der inländischen Produktion nach Belieben zu reguliren.

Hr. Dürrer empfiehlt das Verkaufsmonopol als einen Uebergang zum Fabrikationsmonopol, das vorläufig noch verfrüht sei.

Gegen das blosse Verkaufsmonopol wird von den Anhängern des vollen Fabrikationsmonopols folgendes eingewendet : Auch das Verkaufsmonopol leidet an einem ungesunden Dualismus zwischen dem Interesse des Fiskus und demjenigen der inländischen Produktion; es wird dem Bunde nicht möglich sein, die Preise fortwährend nach Belieben zu reguliren (Sonderegger).

Das Verkaufsmouopol ist gut gemeint als Mittel zur Schonung gewisser berechtigter Interessen; es würde aber administrativ zu komplizirt und- hat nicht die Einfachheit des Fabrikationsmonopols. Ueberhaupt aber ist es immer be-

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denklich, geringfügigem Einzelinteressen zu lieb das Interesse der Allgemeinheit hintan zu setzen. Die ganze von der Kleinbrennerei produzirte Schlempe würde doch nur ausreichen, um 6--10,000 Viehstücken, und auch da nur alsNebenfutter verabreicht zu werden : gegenüber dem schweizerischen Viehstande von l Million Stück eine ganz verschwindende Zahl! (Bühl&r.)

Auch nach Hrn. Geigi/s Ansicht wird die Bedeutung des Brennereibetriebes für die Landwirtschaft überschätzt.

Dass keine Ueberproduktion in Kartoffeln besteht, beweist die grosse Einfuhr dieses Artikels von jährlich 2--300,000 q.

Uebrigens kann der Lanchvirth nöthigenfalls sein Vieh direkt mit Kartoffeln verfüttern, nachdem er dieselben der Selbsterhitzung überlassen hat. Was anderseits die Schlempe betrifft, so mag sie gewisse Vortheile bieten, allein sie gefährdet die Qualität der Milch und damit auch den Ruf der schweizerischen Käseproduktion, wie denn z. B. die Chamer Gesellschaft die Abnahme der Milch von mit Schlempe gefütterten Kühen verweigert.

Auch industriell ist die Brennerei für die Schweiz bedeutungslos, da sie fast keine Arbeiter verwendet (etwa 100 gegen im ganzen 150,000). Dadurch, dass man im Inlande fabrizirt, schickt man für den Bezug des Kohprodukts, der Kohle,.

der Maschinen u. s. w. mehr Geld in's Ausland, als für den Bezug des fertigen Produkts, und zwar per hl. ungefähr so viel mehr Geld als der nöthige Schutzzoll beträgt.

Die Vorzüge des Fabrikationsmonopols werden dagegen in folgender Weise begründet: Hr. Sonderegger : Mit dem Fabrikationsmonopol, und nur mit diesem, hat der Bund alle Verhältnisse in der Hand :.

Import, Fabrikation und Vertrieb. Die Schlempefütterung..,

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deren Wegfall übrigens kein Unglück wäre, kann auch vom Bunde gesichert werden, indem der Bund Schlempe abgiebt.

Ebenso wird der Bund auf dem Wege der Pacht einen Theil der Brennerei fortbetreiben können. Das Bedenken, das Fabrikationsmonopol habe keine ganz sichere Aussicht auf Annahme, ist nicht gewichtig genug, um ein anderes System einzuführen, bei welchem der Bund nicht mehr alle Faktoren in der Hand hätte und für die Zukunft gebunden wäre.

Uebrigens bilden die einem Fabrikationsmonopol antipathischen, weil interessirten Kreise bei weitem nicht die Mehrzahl der Bevölkerung; die öffentliche Meinung drängtauf Lösung der Alkoholfrage und wird jedes Gesetz acceptiren, welches den Kantonen eine neue Geldquelle schaflt. -- Eine Vertröstung auf spätere Einführung des Monopols ist etwas sehr Ungewisses ; denn später könnten die Konjunkturen derart sein, dass die Einführung des Monopols unmöglich wäre.

Hr. Bühler : , Die Bundesfabrikation, und sie allein, bietet die Garantie, dass nur guter, den hygienischen Anforderungen entsprechender Sprit gebrannt wird. Ferner werden durch dieselbe die Finanzinteressen des Bundes und der Kantone viel besser gewahrt, als mit der Fabrikatsteuer.

Der Band wird das von ihm selbst fabrizirte Quantum billiger herzustellen vermögen, weil er als grosser Konsument das Rohmaterial billiger wird einkaufen können. Der damit erzielte bedeutende nationalökonomische Profit wird verwendet werden können, sei es zur Erhöhung der Staatseinnahmen, sei es zur Eeduzirung des Branntweinpreises. -- G-anz sicher ist ferner, dass es im Volke viel weniger böses Blut machen wird, wenn der Bund selbst eine Anzahl Fabriken unterhält und dem Lande sein Eohmaterial abkauft, als wenn er in «ine Unzahl privater Fabriken hineinregierte und eine ein-

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gehende chikanöse Kontrole über Qualität und Quantität des erzeugten Branntweins ausübte. Das hiezu nöthige Heer von Aufpassern würde das Alkoholgesetz viel unpopulärer machen, als die Monopolisirung der Produktion. Man wird mit der letztern ebensogute Erfahrungen machen, als mit dem Salzund Palverregal. Projekt lu ist also das einfachste von allen.

Seine Nachtheile in landwirtschaftlicher Beziehung sind nicht ausserordentlich gross. Der Werth der Schlempe wird sehr überschätzt, er mag für die ganze Schweiz nicht mehr als 100--200,000 Fr. betragen.

Hr. Dr. Joos ist ganz mit Hrn. Bühler einverstanden.

Er glaubt aber, man sollte, zur Verminderung der Abfindungskosten, zuerst einer Anzahl Schnapsbrennereien das Leben dadurch unmöglich machen, dass man sie dem Fabrikgesetz unterstellte.

Hr. Geigy erinnert, welche guten Erfahrungen Frankreich mit dem Tabakmonopol gemacht habe. Auch der Bund sollte das Monopol vorläufig wenigstens in der Weise ausnützen, dass er einen Theil des Bedarfs selber produzirte.

Er würde damit der Landwirtschaft durch Kartoffelbezug und Schlempeabgabe dienen können. Ob die inländische Industrie auch in der Zukunft erhalten werden kann, bleibt fraglich, da Amerika und Ostindien als neue Konkurrenten auf dem Weltmarkt aufzutreten drohen.

Das III. Projekt empfiehlt sich auch vom Standpunkte der politischen Loyalität. Es wäre illoyal, die Fabrikation zuerst durch ein anderes System ruiniren zu wollen, um sie dann billiger abzufinden. Man soll sie sofort entschädigen, und das ist nur beim III. Entwurfe möglich. Die 900 kleinen Brenner werden mit der Entschädigung ganz zufrieden sein; denn ihre Industrie würde durch den Wegfall des Ohmgeldes so wie so ruinirt. Die grossen Brenner aber haben bereits

erklärt, sie könnten sich mit einer Abfindung eventuell wohl befreunden. Man erhält somit weder die kleinen noch die grossen Brenner zu Gegnern, während bei den beiden andern Entwürfen das eine oder das andere eintreten nmsste.

Auch die Kantone stellen sich bei keinem Entwurf so gut als beim dritten. Der kleine Mann kommt damit ebenfalls am besten weg, da der Preis des Branntweins billiger angesetzt werden kann. Die Behauptung, der III. Entwurf habe keine Aussicht auf Annahme, ist daher grundlos. Wenn das Volk nur die Wahl hat zwischen Einzelprivilegien und einem Nationalprivileg zu Gunsten der Kantone, so wird ihm die Wahl nicht schwer fallen.

Hr. Curii vertritt den von ihm eingenommenen Standpunkt der Vermittlung zwischen beiden Monopolsystemen mit folgender Erörterung : Das Projekt des Hrn. Schenk (Entwurf II) erstrebte mit Eecht den Schutz gewisser berechtigter nationaler Interessen ; es lehnt sich an reale Verhältnisse an, ist realpolitisch im guten Sinne, während die bundesräthliche Auffassung eine doktrinäre ist, welche in der individualistischen Lehre wurzelt, dabei aber faktisch eine Schädigung der Individuen erzielt. Allein das Projekt II geht zu weit. Bei hoher Steuer vermag es die Defraudation ebenfalls nicht auszuschliessen.

Und die der Brennerei gezahlte Prämie droht, neue Brennereien ins Leben zu rufen, was mit dem hygienischen Gesichtspunkte nicht vereinbar wäre.

Das Verkaufsmonopol sollte darum in der Weise umgrenzt sein, dass es nur der Mutigen Brennerei und ihren wohlerworbenen Eechten zu Gute käme. Ueber diese Grenze hinaus sollte das Fabrikationsmonopol Platz greifen, immerhin aber mit dem Vorbehalt, dass dabei die heutigen Interessen der

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Brenner und Kartoffelbauern geschützt würden. Lässt sich dieses Postulat beim Fabrikationsmonopol verwirklichen, so könnte man sogar ganz zu demselben übergehen. Denn das wäre eigentlich doch die rundeste, Lösung, die den kleinsten Verwaltungsapparat benöthigen würde. Auch die Qualität würde dadurch besser, als bei einer Mehrheit von Produzenten. Ein fernerer Vorzug wäre die mögliche Verringerung der Steuer.

Redner denkt sich, der Bund sollte 1/3 des Konsums fabrizieren und 2/3 importimi.

Die arbeitenden Klassen kämen dabei am besten weg, denn sie erhielten verhältnissmässig billigern Branntwein.

Die alkoholproduzirenden Bauern freilich würden ihre Fabrikation und die Verwerthung ihrer Schlempe einbüssen. Für die erstere würde ihnen durch die Abfindung volle Entschädigung zu theil; für die Schlempe aber hätten sie einen Ersatz, theils im billigern Schnaps, theils in der vom Bund herzustellenden Trockenschlempe. Für den verloren gehenden Dünger ferner könnte der Bund durch Prämien bei Abnahme von Kunstdünger Ersatz leisten. Ueberhaupt könnte der Landwirtschaft ihre Einbusse durch eine largere Durchführung des Landwirthschaftgesetzes reichlich ersetzt werden.

Hr. Curti stellt daher den Antrag, man möge auf dem Soden der Monopolisirung eine Verständigung zu erzielen suchen, wobei jeder Standpunkt, der kommerzielle wie der landwirthschaftliche, gewisse Konzessionen zu machen hätte.

Es wird hierauf zur Abstimmung über die Eintretensfrage geschritten.

In erster Linie wird mit 7 gegen 3 Stimmen das Eintreten auf die bundesräthliche Vorlage abgelehnt, und prin-

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zipiell beschlossen, die Alkoholgesetzgebung auf dem Boden des Monopols durchzuführen, wobei wo möglich zwischen ·beiden Monopolsystemen eine Vermittlung erzielt werden sollte.

In zweiter Linie wird mit 8 gegen 2 Stimmen beschlossen, bei dieser Vermittlung nicht den u. Entwurf (Verkaufsmonopol) sondern den IH. Entwurf (Fabrikationsmonopol) zu Grunde zu legen.

Es soll daher nunmehr auf die artikelweise Berathung ·4es HI. Entwurfes eingetreten werden.

II. Artikelweise Berathung.

Auf das Ersuchen der Herrn Sonderegger und Syfrig zeichnet Hr. Milliet die Grundzüge eines Gesetzessystems, welches im Sinne des obigen Beschlusses zwischen den beiden .Monopolentwürfen zu vermitteln berufen wäre. Die Basis dieses Systems bildet das volle Monopol des Bundes für Irn.port, Fabrikation und Rektifikation von Sprit. Der Bund würde dieses Monopol etwa in folgender Weise ausnutzen: Er importirt ungefähr 3/s des Landesbedarfs an Sprit. Den Import von Qualitätsspirituosen delegirt er gegen entsprechende Gebühr an Private. Von dem übrigen Drittel fabrizirt er die eine Hälfte in den von ihm expropriirten grossen Fabriken selbst, während er die andere Hälfte durch 100 Tais 200 von ihm in Pacht gegebene kleinere landwirthschaftliche Brennereien herstellen lässt, denen er ihr Produkt zu einem die Herstellungskosten deckenden Preise abkauft, so dass sie die Schlempe umsonst haben. Als Pächter würden keine Brenner zugelassen, welche mehr als 1000 Hektoliter .jährlich erzeugen; und damit die Vorzüge dieser kleinen land·wirthschaftlichen Brennerei möglichst Vielen der jetzt vorhandenen Betriebe zu gute kämen, sollte das Minimum der

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Leistungsfähigkeit solcher Päehter statt auf 2 Hektol. auf l Hektol. täglich angesetzt werden. Damit aber anderseits dem' Bund nicht unverhältnissmässig theuere Produkte verkauft würden, müsste als das Maximum des Uebernahmspreises etwa das Doppelte des Weltmarktpreises angesetzt werden.

Mit diesem Systeme wäre den bestehenden Verhältnissen genügend Rechnung getragen.

Der Bund könnte ferner im Interesse-der Landwirthscnaft verpflichtet werden: 1) vorzugsweise einheimisches Rohmaterial zu verwenden, 2) der Landwirtschaft billige Schlempe, sei es in.

trockener, sei es in nasser Form, zu liefern.

Dem Bunde würde überdies die Reinigung der gesammten Produktion übertragen.

Als normalen Verkaufspreis des Bundes könnte man140 Fr. annehmen, wovon 70 Fr. die Steuer, 70 Fr. die durchschnittlichen Herstellungskosten im Inland repräsentirten.

Es ergäbe sich danach iin Eohen folgendes Budget: Reduzirter Alkoholkonsum : muthmasslich 120,000 hl.

Hievoniraportirt 80,000hl. zu höchstens Fr.40 Fr.3,200,000 20,000hl. Kegieproduktion zu Fr. 60 ,, 1,200,000 20,000 hl. bäuerliche Produktion zu 80 Fr.

,, 1,600,000 Einnahme: 320,000 hl. à Fr. 140

Fr. 6,000,000 16,800,000

bleibt Brutto-Einnahme Fr. 10,800,000 Hievon ab: dem Bund als Zollablösung ,, 2,000,000 Bleiben Fr. 8,800,000 Ab: Verwaltungskosten und Amortisations- und Verzinsungsquote des Abfindungskapitals ,, 800,000 Bleiben netto zur Vertheilung an die Kanton« Fr. 8,000,000

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Diese Nettoeinnahme von 8 Mili. Fr. kann, wenn nöthig, durch eine unbedeutende Erhöhung des Verkaufspreises gesteigert werden.

Der Referent zeigt die Vortheile, welche das skizzirte System nach verschiedenen Eichtungen hin für die Lösung der Alkoholvorlage bieten würde, und macht überdies auf die günstige Stellung aufmerksam, -welche uns das besagte System, über die Alkoholfrage hinaus, beim Abschluss von Handelsverträgen mit spritproduzirenden Ländern einräumen müsste.

Dieses von Herrn Milliet entworfene System wird im Grossen und Ganzen gebilligt ; nur waltet Meinungsverschiedenheit darüber ob, wie weit man mit den Konzessionen an die Landwirthschaft gehen solle und wie weit es sich empfehle, dieselben im Gesetze selbst zu fixiren. "Wahrend die Herren Joos und Sonderegger einer möglichst geschäftsmässigen Ausbeutung des Monopols das Wort reden, finden andere Votauten (Berger, Bühler, dirti, Bundesrath Schenk), dass man im Gesetze die Landwirthschaft thunlichst beruhigen sollte.

Immerhin nimmt man allgemein Anstand daran, das den kleinen Pachtbrennereien zuzuweisende Produktionsquantum im Gesetze selbst zifiermässig zu binden.

Die verschiedenen Standpunkte finden schliesslich in folgenden Anträgen ihren Ausdruck: Î) Antrag des Herrn Dr. Joos: ,,Die Fabrikation und die Einfuhr der gebrannten ,,Wasser, welche unter die Bundesgesetzgebung fallen, ,,stehen ausschliesslich dem Bunde zu."

2) Antrag des Hrn. Sonderegger: aïs Art. l al. 3: ,,Beim Einkaufe des Rohstoffes soll das inländische Pro,,dukt berücksichtigt und ferner soll die sog. Schlempe der ,,Landwirthschaft nutzbar gemacht werden.

,,Festsetzung des normalen Verkaufspreises auf 130 .,,Ms 150 Fr. per hl."

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3) Antrag des Hrn. Curti: ,,Art. 1bis ,,Der Bund und seine Pächter haben unge,,fähr einen Drittel des schweizerischen Branntweinkonsums ,,im Lande selbst zu fabriziren und hiebei als Rohmaterial ,,Kartoffeln in ungefähr derselben Menge zu verwenden, ,,in welcher dieselben bisher in der schweizerischen Bren,,nerei verwendet worden sind. Der Bund und seine Pächter ,,stellen Trockenschlempe her, welche sie zu billigem Preise ,,verkaufen. Die Bundesversammlung ist ermächtigt, in ,,diesen Bestimmungen Aenderungen eintreten zu lassen."

4) Anträge des Herrn Bühler: a) ,,Ungefähr ein Drittheil des Branntweinkonsums soll ,,im Inlande erzeugt werden."

b) ,,Der Bund kauft die im Inlande erzeugten, zur ,,Brennerei geeigneten mehlhaltigen Früchte zu einem ,,Preise an, der eine Vertheuerung der Lebensmittel für ,,die ärmern Klassen ausschliesst."

c) ,,Der Bund sorgt dafür, dass die im. Inlande erzeugte ,,Schlempe den Landwirthen in geeigneter Form zu einem ,,billigen Preise verabreicht wird."

5) Antrag des Herrn Berger: Znsatz als letzter Absatz von Art. 1: ,,Die daherigen Einrichtungen sind vorzugsweise in die ,,Gegenden zu verlegen, wo die zur Erzeugung des einheimi,,sehen Rohprodukts günstigen Verhältnisse vorhanden sind."

Hr. C urti zieht seinen Antrag zu Gunsten desjenigen des Herrn Bühler zurück.

Abstimmung.

Es wird beschlossen, über alle diese Anträge nur im Prinzip, d. h. unter Vorbehalt der Eedaktion, abzustimmen.

1) In erster prinzipieller Abstimmung werden mit Mehrheit gegen 2 Stimmen die weitergehenden Konzessionen des

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Antrages Bühler gegenüber den weniger weitgehenden der Hrn. Joos und Sonderegger angenommen.

2) Absatz a des Antrages Bühler, wonach ungefähr /3 des Landeskonsums im Inland erzeugt werden muss, wird mit 8 gegen 2 Stimmen angenommen.

1

8) Absatz b des Antrages Bühler, der den Bund zum Ankauf des inländischen Rohmaterials verpflichtet, wird mit 6 gegen 4 Stimmen angenommen.

4) Absatz c des Antrages Bühler und der entsprechende Antrag des Hrn. Sonderegger die Schlempe betreffend, werden gemäss einem Antrage des Hrn. Syfrig, mit 7 gegen 3 Stimmen abgelehnt.

5) Der Antrag des Hrn. Berger wird mit 6 gegen 4 Stimmen angenommen.

Eine Bedaktionskommission bestehend aus den Herren G-eigy, Bühler, Curti und Milliet wird beauftragt, im Sinne der gefassten Beschlüsse eine Redaktion der ersten beiden Artikel vorzulegen.

Dem erhaltenen Auftrage gemäss legt die ad hoc bestellte Redaktionskommission für Art. l und 2 folgende Fassung vor : Art. 1. Die Fabrikation, Einfuhr und Reinigung der gebrannten Wasser, welche gemäss Artikel 32bi» der Verfassung unter die Bundesgesetzgebung fallen, stehen ausschliesslich dem Bunde zu.

Art. 2. Wenigstens ein Viertheil des Branntweinkonsums soll durch inländische Fabrikation gedeckt werden; soweit diese der Bund nicht selbst ausüben will, kann er sie Pächtern übertragen.

Bei Beschaffung der für die Fabrikation erforderlichen Rohmaterialien sollen die Produkte der einheimischen Landwirthschaft thunlichst berücksichtigt werden und es ist die Brennerei vorzugsweise in den Gegenden zu betreiben, welche für die Kultur jener Materialien günstige Verhältnisse aufweisen.

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(Neuer Antrag.) Der Bund hat dafür zu sorgen, dass die bei der inländischen Fabrikation sich ergebende Schlempe den Landwirthen in geeigneter Form zu einem billigen Preise verabreicht wird.

Art. 1. Wird ohne Widerspruch angenommen.

Art. 2. Hr. Thélin beantragt, im 2. Absatz ,,Kultur" durch ,,Beschaffung" zu ersetzen.

Hr. Roten beantragt zu sagen : Kultur oder Beschaffung Die Hr. Durrer und Polar beantragen Streichung des 2. Satzes als einer rein dekorativen Beigabe.

Hr. Berger spricht für Beibehaltung desselben, weil diese Bestimmung sehr beruhigend wirke.

Hr. Syfrig beantragt Streichung des von der Kommission in Abweichung vom gestrigen Beschlüsse vorgeschlagenen auf die Schlempe bezüglichen 3. Absatzes.

Schliesslich geht Art. 2 aus den verschiedenen Abstimmungen in folgender Fassung hervor: ,,Wenigstens ein Viertheil des Branntweinkohsums soll durch inländische Fabrikation gedeckt werden ; soweit diese der Bund nicht selbst ausüben will, kann er sie Pächtern übertragen."

,,Die Produkte der einheimischen Landwirthschaft sollen bei der Fabrikation thunlichst berücksichtigt werden, und es ist die letztere vorzugsweise in den Gegenden zu betreiben, welche für die Kultur oder Beschaffung der zum Brennen erforderlichen Rohmaterialien günstige Verhältnisse aufweisen."

,,Der Bund hat dafür zu sorgen, dass die (bei der inländischen Fabrikation sich ergebende Schlempe für die Landwirthschaft in geeigneter Form nutzbar gemacht wird."

Art. 3. (= Art. 2 des HEI. Entwurfes), sowie die folgenden Artikel 3, 4 und 5 des III. Entwurfes, welche von der Einfuhr handeln, werden einer aus den Herren Geigy, TMlin, Syfrig, Berger und Milliet bestellten Subkommission zur Prüfung überwiesen, wobei diese Kommission namentlich die è

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Frage untersuchen soll, in welcher Weise die Einfuhr 1) der Qualitätsspirituosen 2) der nicht unter die Bundesbesteuerung fallenden gebrannten Wasser geregelt werden soll.

Die Subkommission hat in Erfüllung des erhaltenen Auftrages für die ersten sieben Artikel des Entwurfes folgende Redaktion ausgearbeitet.

Art. 1. Die Fabrikation und Reinigung der gebrannten Wasser, welche gemäss Artikel 32bis der Verfassung unter die Bundesgesetzgebung fallen, stellen ausschliesslich dem Bunde zu.

Art. 2 wie oben.

Art. 3. Die Einfuhr gebrannter Wasser jeder Art steht nur dem Bunde zu. Immerhin wird mit Bezug auf Qualitätsspirituosen unter Vorbehalt aufzustellender Bedingungen auch Privatpersonen die Einfuhr gestattet. Die letztern haben in diesem Fall eine Monopolgebühr von Fr. x per Meterzentner Bruttogewicht zu bezahlen.

Art. 4. Die Verarbeitung gebrannter Wasser zu Getränken ist der Privatindustrie überlassen.

Art. 5. Der Bund ist verpflichtet, gebrannte Wasser in Mengen von mindestens 150 Litern zum Preise von Fr. x gegen Baarzahlung abzugeben.

Art. 6. Bei der Ausfuhr in der Schweiz fahrizirter gebrannter Wasser werden über den Gehalt an heigesetztem Sprit unter Berücksichtigung der speziellen Fabrikationsverhältnisse der einzelnen Produkte Quittungen ausgestellt, welche ani Schluss des Rechnungsjahres durch eine der mittleren inländischen Jahreshelastung des Sprits entsprechende Rückvergütung eingelöst werden.

Art. 7. Zur Verwendung zu technischen Zwecken wird der hiezu geeignete Spiritus aus den Magazinen des Bundes in Mengen von 150 Litern an zum Selbstkostenpreis denaturirt ahgegeben.

Diese Vorlage wird sofort in Berathung gezogen, wobei Hr. Milliet Namens der Subkommission referirt.

In Art. l hat die Subkommission die Erwähnung der Einfuhr gestrichen und das Prinzip des Einfuhrmonopols nach Art. 3

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verlegt, weil dieses Monopol nicht blos die der Bundessteuer unterstellten, sondern sämmtliche Spirituosen betrifft.

Nach gewalteter Diskussion wird es indessen allseitig als richtiger erkannt, den Grundsatz des Einfuhrmonopols schon in Art. l zu proklamiren, dabei aber ausdrücklich zu erklären, dass dieser Theil des Monopols alle Arten von gebrannten Wassern umfasst.

Art. l müsste danach lauten: ,,Die Fabrikation und Reinigung der gebrannten Wasser ,,welche gemäss Artikel 32bis der Verfassung unter die ,,Bundesgesetzgebung fallen soivie die Einfuhr gebrannter ,,Wasser jeder Art, stehen ausschliesslich dem Bunde zu."

Art. 2 der neuen- Anträge der Subkommission ist identisch mit dem oben zum Beschluss erhobenen Artikel.

Jedoch werden nach gewalteter Diskussion diesem Artikel folgende Bestimmungen hinzugefügt, welche das Verhältniss der Pachtbrennereien ordnen sollen: ,,Brennereien, die unter l hl SOgradigen Spiritus täglich und über 500 hl desselben jährlich erzeugen werden zur Pacht nicht zugelassen.

,,Der Bund übernimmt die Produkte der Pächter zu einem Preise, bei dessen Festsetzung der Grundsatz massgebend sein soll, dass die Schlempe den Brennern kostenfrei verbleibt."

Ein Antrag des Herrn Joos ,,dass die Zutheilung an die Pächter auf dem Wege der Konkurrenz stattfinden solle" wird -- als in das Gebiet der Ausführungsverordnung gehörend -- abgelehnt.

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Art. 3 regelt die Frage der Einfuhr von Qualitätsspirituosen durch Private.

Nach Ansicht der Subkommission ist die Verfassungsmässigkeit eines Einfuhrmonopols für alle Arten von Spirituosen unzweifelhaft; denn die in Art. 32bis der Bundesverfassung mit Bezug auf Qualitätsspirituosen gemachte Ausnahme betriift nur die Reglierung und Besteuerung der Fabrikation, nicht aber die Einfuhr.

Mit der Proklamirung dieses Einfuhrmonopols wird aber die Schweiz nach der Auffassung der Subkommission vom Handelsvertrag entbunden, und zwar auch dann, Avenn sie die Einfuhr nicht ausschliesslich selber besorgt, sondern die Ausübung dieses Monopols im einzelnen Falle gegen eine vom Bund beliebig festzustellende Gebühr (,,Monopolgebühr") abtritt. Diese Gewährung von einzelnen Einfuhrbewilligungen ist ebensowenig eine Verletzung des Monopolprinzips, als wenn gemäss Art. 2 der Bund die Ausübung des Fabrihationsmouopols partiell durch Verpachtung an Private zedirt.

Das hindert nicht, dass die Monopolgebühr nach innen ganz nach Art eines Zolles erhoben wird, so dass zur Einfuhr von Qualitätsspirituosen keineswegs etwa in jedem Einzelfalle eine vorgängige Bewilligung nachgesucht zu werden braucht.'

Unter solchen Qualitätsspirituosen, deren Einfuhr Privaten gestattet sein soll, sind erstlich alle Spirituosen verstanden, welche hinsichtlich der Fabrikation nicht unter die Bundesgesetzgebung fallen, ferner alle jene!;feinern Trinkbranntweine (wie z. B. Kornbranntwein), mit deren Vertrieb sich der Bund aus verwaltungstechnischen Gründen nicht leicht würde befassen können.

Die Höhe der Monopolgebühr wird einmüthig auf Fr. 100 per Meterzentner Bruttogewicht festgesetzt, und zwar ,,ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt."

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Mit einigen aus der Mitte der Kommission vorgeschlagenen redaktionellen Verbesserungen lautet nunmehr Art. 3 wie folgt: ,,Die Einfuhr von Qualitätsspirituosen wird zu den ,,vom Bundesrath aufzustellenden Bedingungen und gegen ,,eine Monopolgebülir von Fr. 100 per Meterzentner ,,Bruttogewicht, ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt, ,,auch Privatpersonen gestattet".

Art. 4. Die Fassung dieses Artikels scheint die Möglichkeit auszuschliessen, dass der Bund selber aus gebranntem Wasser Trinkbranntwein herstelle. Diese Möglichkeit sollte, wie die Herren Bühler und Curii bemerken, nicht von vornherein abgeschnitten werden, obwohl vorläufig von einer derartigen Herstellung von Trinkschnaps durch den Bund angesichts der in dieser Beziehung sehr verschiedenen Geschmacksrichtungen der einzelnen Landestheile kaum die Bede sein wird. Um aber dem Bund nicht in dieser Richtung den Weg zu verlegen, beliebt auf den Antrag des Hrn. Curti folgende Fassung: ,,Die Verarbeitung gebrannter Wasser zu G-etränken ist ,,der Privatindustrie gestattet" (statt ,,überlassen").

Art. 5 normirt die Pflicht des Bundes zur Abgabe von Sprit an Private in einem bestimmten Minimalquantum.

Dieser Artikel ist dem Entwurf II entnommen, mit der Aenderung, dass das Minimum von 100 1. auf 150 1. erhöht wurde. Es halten nämlich die Fässer des Grosshandels 600 1. ; der Sprit wird auch in V2 un
Es fragt sich nun, zu welchem Betrage der Verkaufspreis des Bundes angesetzt werden soll. Es sind hiebei folgende Gesichtspunkte massgebend:

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1. Das erforderliche finanzielle Ergebniss.

2. Die beabsichtigte Einschränkung des Alkoholkonsunis, jedoch mit billiger Berücksichtigung der auf einen massigen Branntweingenuss gegenwärtig noch angewiesenen Bevölkerungstheile.

3. Die Berücksichtigung der inländischen Ligueurindustrie.

4. Die Eücksichtnahme auf den Schmuggel, der bei allzuhohem Verkaufspreis sich unfehlbar entwickeln würde.

In Würdigung dieser verschiedenen Faktoren werden mit Bezug auf den Verkaufspreis folgende Anträge gestellt: 1) von HH. Berger und Olirti: Fr. 120 per hl. absol.

Alkohols.

2) von HH. Theiin, Bühler, Polar und Roten Fr. 150 per hl.

3) Hr. Sonderegger vertritt den Standpunkt, dass der richtige Verkaufspreis sich dermalen der Rechnung noch entziehe, weshalb der Bundesrath ermächtigt werden sollte, mit Eücksicht auf das Finanzergebniss und die wechselnden Weltmarktpreise innerhalb einer gewissen Grenze jeweilen den Verkaufspreis von sich aus festzusetzen.

Auf dem Boden dieses Antrages werden folgende Preislimiten vorgeschlagen : a) von Hrn. Syfrig: Fr. 120--150 per hl.

b) von HH. Curti und Berger eventuell: Fr. 120--140 per hl.

Abstimmung.

1. Für den Fall einer Wessen Preisbegrenzung wird eventuell mit 7 gegen 3 Stimmen die Grenze 120--150 der Grenze 120--140 vorgezogen.

2) Für den Fall einer festen Preisbestimmung erhält, ebenfalls eventuell, mit 6 gegen 2 Stimmen der Preis von Fr. 150 gegenüber demjenigen von Fr. 120 den Vorzug.

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3) In definitiver Abstimmung wird mit 5 gegen 4 Stimmen die Preisgrenze Fr. 120--150 gegenüber dem festen Preise von Fr. 150 zum Beschluss erhoben.

Es wird ferner beschlossen, dass der Verkaufspreis ohne Gebinde verstanden sei, und dass der Bundesrath denselben jeweilen ,,nach der allgemeinen Preislage" festzusetzen habe. Artikel 5 lautet demnach wie folgt: ,,Der Bund ist verpflichtet, gebrannte "Wasser in ,,Mengen von mindestens 150 Liter zum Preise von Fr. 120 ,,bis 150 per hl absoluten Alkohols, ohne Gebinde, gegen ,,Baarzahlung abzugeben. Der Verkaufspreis wird vom ,,Bundesrath, mit Rücksicht auf die allgemeine Preislage ,,festgesetzt."

Art. 6 handelt von der Steuer-Bückvergütung bei der Ausfuhr und lässt dieselbe jeweilen am .Schlüsse eines Rechnungsjahres pauschalier eintreten. Eine Rückvergütung von Fall zu Fall ist unthunlich, weil die Kosten des Bundes für Beschaffung des in- und ausländischen Fabrikates und damit die Höhe der innern Belastung beständigem Wechsel unterworfen sind. Uebrigens bleibt es dem Bund unbenommen, im Interesse der Exporteure Abschlagszahlungen auf die Quittungen zu bewilligen.

Artikel 6 wird ohne Abänderung angenommen.

Art. 7 beschlägt die Abgabe von denatur^irtem Sprit zu technischen Zwecken an Private und bezweckt, diese Art von Spirituosen den Betheiligten zu möglichst billigem Preise zugänglich zu machen.

Nach gewarteter Diskussion beschliesst die Kommission, den technischen die ,,Haushaltungszwecke" gleichzustellen, in

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die Selbstkosten bei importirter Waare den bisherigen Eingangszoll von Fr. 7.-- per q einzubegreifen, den Bundesrath mit der Regelung des Denaturirungsverfahrens zu betrauen, und genehmigt im Uebrigen eine verbesserte Redaktion. Danach, lautet Art. 7 wie folgt: ,,Zur Verwendung zu technischen und Haushaltungs,,Zwecken wird der hiezu geeignete, in der Regel den wohl» feilsten Vorräthen zu entnehmende Spiritus aus den Maga,,zinen des Bundes in Mengen von 150 Litern an zum Selbst,,kostenpreis, bei importirter Waare unter Hinzurechnung des ,,bisherigen Eingangszolles von Fr. 7 per Meterzentner Bruttogewicht, denaturirt abgegeben.

,,Der Bundesrath wird die Bedingungen und das Ver,,fahren feststellen, denen die Denaturirung unterworfen ist."

Die Subkommission legt folgende weitere Artikel vor, wobei die Herrn Präsident Geigy und Direktor Milliet als Eeferenten fungiren.

Art. 8 verbietet das Hausiren mit gebrannten Wassern und den Verkauf von solchen an Stellen, wo sich derselbe erfahrungsgemäss als schädlich erwiesen hat.

Dieser Artikel entspricht dem Art. 6 des Entwurfes III, bezw. Art. 13 des bundesräthlichen Entwurfes, welcher also lautet: Das Hausiren mit gebrannten Wassern jeder Art, sowie der Ausschank von solchen und der Kleinhandel mit denselben in Brennereien, in Spezereihandlungen und andern Geschäften, in denen der besagte Ausschank oder Kleinhandel nicht in natürlichem Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel stehen würde, sind verboten.

Dem Hausiren gleichgestellt wird das Aufsuchen von Bestellungen von gebrannten Wassern in der Wohnung bei Personen, in deren Gewerbe solche keine Verwendung finden.

Vorbehalten bleibt der Kleinhandel mit denaturirtem Sprit.

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Ein Antrag des Hrn. Durrer, unter die Geschäfte, denen der Spirituosenverkauf verboten ist, die Kram- und Lebensmittelladen aufzunehmen, wird mit 5 gegen 4 Stimmen verworfen.

Ein Antrag des Herrn Thélin, die spezielle Erwähnung der ,,Spezereihandlungen" zu streichen, wird mit grosser Mehrheit angenommen.

Absatz 2, welcher dem Hausiren das Aufsuchen von Bestellungen bei Privaten gleichstellt, wird auf den Antrag des^Hrn. Thélin, als undurchführbar, mit 6 gegen 3 Stimmen gestrichen, Der also abgeänderte Artikel lautet nun wie folgt: ,,Art. 8. Das Hausiren mit gebrannten Wässern jeder ,,Art, sowie der Ausschank von solchen und der Klein,,handel mit denselben in Brennereien und solchen Ge,,schäften, in denen der besagte Ausschank und Klein,,handel nicht im natürlichen Zusammenhang mit dem Ver,,kauf der übrigen Handelsartikel stehen würde, sind ver,,boten."

,,Vorbehalten bleibt der Kleinhandel mit denaturirtem ,,Sprit."

Hr. Durrer beantragt hier, folgenden Artikel einzuschalten : ,,Es ist Jedermann untersagt, Minderjährigen unter ,,18 Jahren unter irgend welchem Verwände Spirituosen ,,zu verabreichen."

Der Antrag des Hrn. Durrer wird als in das Gebiet der kant.

Gesetzgebung gehörend mit 6 gegen 2 Stimmen abgelehnt.

Als Art. 9 soll Art. 7 des Entwurfes m, bezw. Art.

14 des bundesräthlichen Entwurfes aufgenommen werden, also lautend: ,,Der Handel mit gebrannten Wassern in Lieferungen ,,von über 40 Litern ist ein freies G-ewerbe (Grosshandel).

,,Der Handel mit kleinern Quantitäten zerfällt in:

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,,1) den Ausschank zum Genuss an Ort und Stelle; ,,2) den Kleinverkauf über die Gasse.

,,Die Bewilligungen zum Kleinhandel und Ausschank ,,werden von den kantonalen Behörden ertheilt und sind ,,an eine der Grosse und dem Werthe des Umsatzes ent,,sprechende Verkaufsssteuer zu knüpfen, welche bis zum ,,Erlass eines Bundesgesetzes von den Kantonen festge,,setzt wird."

,.Die Grefässe der Schankstellen sind eichpflichtig."

Dieser Artikel wird angenommen mit folgender, von Hrn. Thélin beantragter Zusatzbestimmung, welche nach Absatz 2 einzuschalten ist: ,,Brenner jedoch, welche aus einem nicht bundessteuer,,pflichtigen Rohstoffe im nämlichen Jahre nicht über 40 ,,Liter Branntwein herstellen, dürfen das erstellte Quantum ,,frei verkaufen, sobald sie dasselbe mit einem Mal an einen ,,und denselben Käufer abliefern."

Zweck dieser Bestimmung ist, den Brennern von nicht bundessteuerpflichtigen Rohstoffen die Möglichkeit zu bieten,, ihr eigenes Produkt abzusetzen, ohne eine Ausschankbewilligung erwerben und eine Schenke einrichten zu müssen.

Als Art. 10 und 11 werden Art. 15 und 16 des bundesräthlichen Entwurfes unverändert aufgenommen. Dieselben lauten : Art. 10. Die Kantone sind verpflichtet, die Aufsicht, ,,über den Handel mit gebrannten Wassern jeder Art und ,,über diejenigen Brennereien zu üben, welche sich mit der ,,Verarbeitung nicht bundessteuerpflichtiger Eohstoffe be,,fassen."

Art. 11. Die Durchführung des Gesetzes in seinen ,,übrigen Theilen liegt dem Bundesrathe ob, welcher hiefür ,,die nöthigen Vollziehungsverordnungen erlassen und die^

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,,erforderlichen Organe bezeichnen wird. Der Bundesrath.

,,kann die Mitwirkung der Kantone beanspruchen, in welchem ,,Falle denselben nachgewiesene Kosten zu vergüten sind."'

Art. 12 stipulirt die Vertheilung der Reineinnahmen an die Kantone, wie dieselbe in Art 32 bis der Bundesverfassung vorgesehen ist. Die Kommission hält diesen Artikel für nothwendig, um jeden Zweifel darüber zu heben, dass auch die Einnahme aus der Einfuhrmonopol-Gebühr und dem RegieImport unter die Kantone vertheilt werden soll. Der Text der Verfassung spricht nämlich nur von ,,den Reineinnahmen aus der inländischen Fabrikation und aus dem entsprechenden Zollzuschlage." Die Monopolgebühr und der Gewinn des Bundes aus dem importirten Sprit sind dem Effekte nach dasselbe, was ein Zollzuschlag, und die Kommission glaubt, dem Sinne der Verfassung keinerlei Gewalt anzuthun, indem.

sie dieselben in extensiver Auslegung unter den verfassungsmässigen Begriff des Zollzuschlages subsumirt. Es geziemt sich indessen, dass dies ausdrücklich gesagt werde.

Der zu diesem Zwecke neu eingeschaltete Art. 12 wird, einstimmig angenommen. Derselbe lautet: ,,Die Reineinnahmen, welche aus diesem Gesetze er,,fliessen, werden vorbehaltlich der Vorschriften in Art. 6 ,,der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung und ,,nach Abzug der gemäss Art. 113 dieses Gesetzes dem Bunde,, zufallenden Quote unter die särnmtlichen Kantone nach ,,Verhältniss der durch die jeweilige letzte eidg. Volks,,zählung ermittelten faktischenBevölkerung vertheilt."

Zur Ermittlung der Reineinnahmen sind von den Bruttoeinnahmen sowohl die Kosten des Regiebetriebes als die Kosten für Verzinsung und Amortisation aller einmaligen Auslagen.

(Expropriation u. s. w.) und alle zu dem bisherigen Verwaltungsaufwand neu hinzutretenden laufenden Ausgaben des.

Bundes (für vermehrten Grenzschutz etc.) in Abzug zu bringen..

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Art. 13, Absatz i, bestimmt den Termin der Abrechnung mit den Kantonen. Diese Bestimmung, welche sich fast gleichlautend in allen drei Vor-Entwürfen wiederfindet (im bundesräthlichen Entwurfe als Art. 18), wird ohne Widerspruch angenommen. Sie lautet: ,,Die Abrechnung mit den Kantonen im Sinne von Art.

,,12 dieses Gesetzes und Art. 6 der Uebergangsbestimm,,ungen zur Bundesverfassung, findet jeweilen auf den 31 ,,Dezember statt."

Absatz 2 bezweckt, den Bund für die durch die Einführung des Monopols in Wegfall kommenden Zolleinnahmen ·schadlos zu halten. Es lassen sich zur Erreichung dieses Zweckes zwei verschiedene Wege- denken : der eine besteht ·darin, dass der Bund von allem durch ihn importirten Sprit einen dem Eingangszoll (von 20 oder 25 Fr.) entsprechenden Betrag in Abrechnung bringt und ebenso einen Theil (etwa 1 /5 bis V») der Monopolgebühr für sich behält. Bei diesem 'Systeme hätte indessen der Bund .ein allzugrosses Interesse daran, möglichst viel zu importiren und im Innern möglichst wenig zu fabriziren. Die Kommission hält es daher für angemessener, einen andern Weg einzuschlagen, denjenigen nämlich, der bereits in Art. 24, Absatz 2, des Entwurfes II vorgesehen war. Derselbe besteht darin, dem Bund eine jährliche Pauschalsumme zu garantiren, entsprechend dem durchschnittlichen Zollertrag an Spirituosen in den letzten drei Jahren. Dabei ist indessen zu bedenken, dass bei etwaigem ·ganz bedeutendem Rückgange des Konsums dieser Antheil des Bundes im Vergleich zu demjenigen der Kantone unverhältnissmässig gross würde. Mit Eücksicht auf diese Möglichkeit ist daher beizufügen, der Antheil des Bundes dürfe höchstens einen Viertheil der Gesammtsurnme ausmachen. Absatz 2, welcher ohne Widerspruch angenommen wird, hätte demnach zu lauten wie folgt:

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,,Der Bundeskasse ist als Vergütung für den bei Durchführung dieses Gesetzes in Wegfall kommenden Eingangs,,zoll auf Spirituosen jährlich ein Betrag gutzuschreiben-, ,,der dem durchschnittlichen Zollertrag auf diesen Artikeln in ,,den diesem Gesetz unmittelbar vorangegangenen drei Jahren ,,entspricht, jedoch nicht mehr als einViertheil der an Bund ,,undKantonezu vertheilendenGesammtsummebetragen darf."

Als Art. U beantragt Herr Curii die Einschaltung einer Bestimmung, welche die richtige Verwendung der von den Kantonen zur Bekämpfung des Alkoholismus zu verausgabenden 10% zu sichern bezweckt, ohne dabei dem Bundesrath die Rolle polizeilicher Bevormundung zuzuweisen, wie dies nach Art. 19 des bundesräthlichen Entwurfes der Fall wäre.

Es wird mit diesem Antrage hauptsächlich bezweckt, dassder Gegenstand niemals aus den Traktanden der Bundesversammlung falle, sondern von dieser von Zeit zu Zeit besprochen werden müsse.

Der Artikel wird in der Fassung des Antragstellers angenommen. Er lautet: ,,Die Kantonsregierungen haben über die Verwendung ,,der zur Bekämpfung des Alkoholismus nach Art. 32bis ,,der Bundesverfassung bestimmten 10% ihrer Einnahmen ,,jedes Jahr an den Bundesrath Bericht zu erstatten, und ,,es sind die bezüglichen Berichte der Bundesversammlung ,,gedruckt vorzulegen."

Ein Antrag, den Schlusssatz (,,und es sind etc.") zu streichen bleibt in Minderheit.

Für die Art. 15 und 16 (Strafbestimmungen) beantragt die Subkommission die unveränderte Aufnahme der Art. 16 und 17 des Entwurfes II, also lautend: ,,Art. 15. Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zu,,widerhandelt, indem er unbefugterweise Spiritus erzeugt, ,,oder den befugterweise erzeugten Spiritus nicht vollständig

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,,abliefert, oder sich eine ungerechtfertigte Rückvergütung ,,zuwendet, oder denaturirt bezogenen Spiritus zu andern ,.als den gestatteten Zwecken verwendet, oder aufunrecht,,mässige Weise sich Spiritus oder Branntwein verschafft, ,,ist mit einer Geldbusse zu belegen, welche das Fünf-, bis ,,Dreissigfache der dem Staate unterschlagenen Summe ,,beträgt.

,,Kann die letztere nicht mehr ermittelt werden, so ,,tritt Geldbusse von Fr. 200--10,000 ein.

,,Befindet sich der Fehlbare im Rückfalle oder be,,stehen erschwerende Umstände, so kann die Geldbusse ,,verdoppelt und überdies auf Gefängniss bis zu 6 Monaten ,,erkannt werden.

,,Der Versuch der in diesem Artikel mit Strafe be.,, drohten Handlungen wird den vollzogenen Handlungen ,,gleich geachtet.

,,Wenn sich im Besitz Jemandes Spirituosen in einer ,,Menge oder von einer Art finden, dass der Besitz der.,,selben nach Umfang und Art der Beschäftigung des Betreffenden auffallend erscheint, so kann von ihm der Nach,,weis des rechtmässigen Erwerbs verlangt werden.

,,Art. 16. Ausser den im vorigen Artikel genannten ,,Fällen wird jede Uebertretung dieses Gesetzes oder der ,,zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen mit ,,Geldbusse von Fr. 20--500 bestraft. Die Busse beträgt ,,Fr. 50--1000, wenn der Fehlbare die amtliche Kontrole ,,zu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47 ,,des Bundesstrafrechts."

Diese zwei Artikel werden gutgeheissen. Nur wird auf ·den Antrag .des Hrn. Thélin der letzte Absatz von Art. 15 (,,Wenn sich im Besitze etc.") als chikanös und für die Popularität des Gesetzes möglicherweise verhängnissvoll gestrichen.

Diese Streichung ist um so angezeigter, als das (in Art. 18)

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auf die Uebertretungen dieses Gesetzes anwendbar erklärte Bundesgesetz vom 30. Juni 1849 bereits in seinem Art. 5 den Bund mit den notwendigen polizeilichen Kontrolbefugnissen ausstattet.

Als Art. 17 und 18 werden die nachstehenden Bestimmungen aufgenommen, welche, fast gleich lautend, in allen drei Vor- Entwürfen wiederkehren: Art. 17. Von den Bussen und Geldstrafen, welche auf Grund dieses Gesetzes bezogen werden, kommt ein Drittheil dem Verleider, ein Drittheil dem Kanton und ein Drittheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat. Wo kein Verleider ist, fällt auch der Verleiderantheil in die Kantonskasse. In Fällen, wo die üebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt wird, geschieht die Vertheilung nach Artikel 37 des Zollgesetzes vom 27. August 1851.

Art. 18. Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungen dieses Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlasseneu Verordnungen gilt das Bundesgesetz vom 30. Juni 1849 betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.

Art. 19 enthält die nöthigen Vorschriften über die Abfindung der Brennereien. Dieser Artikel ist im wesentlichen dem Art. 15 des Entwurfes III nachgebildet, jedoch mit Einschaltung eines von Hrn. Berger beantragten Zu- ' Satzes in Absatz l, dass die Schadloshaltung der Abzufindenden zu erfolgen hat ,,unter Berücksichtigung der durch den letzten Absatz des Art. 32 der Bundesverfassung geschaffenen rechtlichen und faktischen Sachlage." Mit diesem Zusätze

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soll darauf hingewiesen werden, dass mit Ablauf des Jahres 1890 die kantonalen Olimgelder so wie so weggefallen wären, und dass dieser Umstand bei der Werthung der den Brennern aus dem Brennereiverbot erwachsenden Einbusse mit in Anschlag gebracht werden soll. -- Art. 19 erhält damit folgenden Wortlaut : Die Besitzer von der Bundesgesetzgebung unterworfenen Brennereien, welche vor dem 25. Oktober 1885 errichtet wurden und bis zu diesem Zeitpunkte im Betriebe waren, sollen unter Berücksichtigung der durch den letzten Absatz des Art. 32 der Bundesverfassung geschaffenen rechtlichen und faktischen Sachlage für die Aufgabe ihres Gewerbes schadlos gehalten werden.

"Wo eine gütliche Verständigung über die Höhe der Entschädigung nicht stattfinden kann, hat die Ausmittlung derselben durch eine Schätzungskommission zu geschehen.

Diese Schätzungskommission soll aus drei Mitgliedern bestehen, wovon das erste durch das Bundesgericht, das zweite durch den Bundesrath, das dritte durch die Eegierung desjenigen Kantons zu ernennen ist, in dessen Gebiet die abzutretende Brennerei sich befindet.

Gegen den Entscheid der Schätzungkommission kann jeder Betheiligte innerhalb 30 Tagen nach Zustellung des Entscheides beim Bundesgericht Beschwerde führen.

Geschieht diess nicht, so ist der Entscheid der Schätzungskommission als in Rechtskraft erwachsen anzusehen.

Als Art. 20, den Aufkauf der beim Inkrafttreten des Gesetzes vorhandenen Spritvorräthe betreffend, wird Art.

21 des Entwurfes II wörtlich herübergenomraen, jedoch mit

6!> Weglassung- des Absatzes 2 desselben, welcher den Privaten gegenüber dem Staate in einseitiger Weise die ausschliessliche Beweislast überbürdete, und unter Beschränkung des Aufkaufs auf die über 1/2 hl betragenden Vorräthe.

Danach hat Art. 20 zu lauten wie folgt: Der Bundesrath wird die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Lande vorhandenen über 1/2 hl. betragenden Vorräthe an Spiritus und Sprit oder daraus bereiteten, aromatisirten oder versüssten Trinkbranntweinen an sich ziehen und damit gemäss den Bestimmungen dieses Gesetzes verfahren. Die Besitzer solcher Vorräthe sind zur Anmeldung derselben verpflichtet. Der Uebernahmspreis wird durch Kommissionen von Interessenten und Sachverständigen bestimmt, welche vom Bundesrath gewählt werden.

Bei Feststellung der nach diesem Artikel zu übernehmenden Spirituosen haben die Kantone gegen eine nach der Zahl der Abgeber und der Gesammthöhe des Uebernahmspreises bemessene Vergütung dem Bund auf Verlangen ihre Mitwirkung zu leisten.

Art. 21 enthält die Vollziehungsklausel und Art. 22 den Eeferendumsvorbehalt.

Als Titel des Gesetzes beliebt die Fassung: Bundesgesetz betreffend den Branntwein.

Basel, den 18. Oktober 1886.

Für getreuen Protokollauszug : Der Präsident der nationalräthlichen Kommission : R. Geigy-Merian.

Der Protokollführer : A.. Brüstlein.

Ili, Antrag der nationalrâthlichen Konnission, 16. Oktober 1886.

Bundesgesetz betreffend den Branntwein.

Ingressi wie im bundesräthlichen Entwurf.

Art. 1. Die Fabrikation und Reinigung der gebrannten Wasser, welche gemäss Artikel 32bis der Verfassung unter die Bundesgesetzgebung fallen, sowie die Einfuhr gebrannter Wasser jeder Art stehen ausschliesslich dem Bunde zu.

Art. 2. Wenigstens ein Viertheil des Branntweinkonsums soll durch inländische Fabrikation gedeckt werden; soweit diese der Bund nicht selbst ausüben will, kann er sie Pächtern übertragen.

Die Produkte der einheimischen Landwirthschaft sollen bei der Fabrikation thunlichst berücksichtigt werden und es ist die letztere vorzugsweise in den Gegenden zu betreiben, welche für die Kultur oder Beschaffung der zum Brennen erforderlichen Rohmaterialien günstige Verhältnisse aufweisen.

Der Bund hat dafür zu sorgen, dass die bei der inländischen Fabrikation sich ergebende Schlempe für die Landwirthschaft in geeigneter Form nutzbar gemacht wird.

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Brennereien, die unter l hl 80 gradigen Spiritus täglich und über 500 hl desselben jährlich erzeugen, werden zur Pacht nicht zugelassen.

Der Bund übernimmt die Produkte der Pächter zu einem Preis, bei dessen Pestsetzung der Grundsatz massgebend sein soll, dass die Schlempe den Brennern kostenfrei verbleibt.

Art, 3. Die Einfuhr von Qualitätsspirituosen wird zu den vom Bundesrath aufzustellenden Bedingungen und gegen eine Monopolgebühr von Fr. 100 per Meterzentner Bruttogewicht, ohne Bücksicht auf den Alkoholgehalt, auch Privatpersonen gestattet.

Art. 4. Die Verarbeitung gebrannter Wasser zu Getränken ist der Privatindustrie gestattet.

Art. 5. Der Bund ist verpflichtet, gebrannte Wasser in Mengen von mindestens 150 Liter zum Preise von Fr. 120 bis 150 per hl absoluten Alkohols, ohne Gebinde, gegen Baarzahlung abzugeben. Der Verkaufspreis wird vom Bundesrath mit Kücksicht auf die allgemeine Preislage festgesetzt.

Art. 6. Bei der Ausfuhr in der Schweiz fabrizirter gebrannter Wasser werden über dea Gehalt an beigesetztem Sprit unter Berücksichtigung der speziellen Fabrikationsverhältnisse der einzelnen Produkte Quittungen ausgestellt, welche am Schluss des Rechnungsjahres durch eine der mittleren inländischen Jahresbelastung des Sprits entsprechende Rückvergütung eingelöst werden.

Art. 7. Zur Verwendung für technische und Haushaltungs-Zwecke wird der hiezu geeignete, in der Regel den wohlfeilsten Vorräthen zu entnehmende Spiritus aus den Magazinen des Bundes in Mengen von 150 Litern an zum Selbstkostenpreis, bei importirter Waare unter Hinzurechnung des bisherigen Eingangszolles von Fr. 7 per Meterzentner Bruttogewicht, denaturirt abgegeben,

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Der Bundesrath wird die Bedingungen und das Verfahren feststellen, denen die Denaturirung unterworfen ist.

Art. 8. Das Hausiren mit gebrannten Wassern jeder Art, sowie der Ausschank von solchen und der Kleinhandel mit denselben in Brennereien und solchen Geschäften, in denen der besagte Ausschank und Kleinhandel nicht im natürlichen Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel stehen würde, sind verboten. Vorbehalten bleibt der Kleinhandel mit denaturirtem Sprit.

Art. 9. Der Handel mit gebrannten Wassern in Lieferungen von über 40 Litern ist ein freies Gewerbe (Grosshandel). Der Handel mit kleinern Quantitäten zerfällt in: 1) den Ausschank zum Genuss an Ort und Stelle; 2) den Kleinverkauf über die Gasse.

Die Bewilligungen zum Kleinhandel und Ausschank werden von den kantonalen Behörden ertheüt und sind an eine der Grosse und dem "Werthe des Umsatzes entsprechende Verkaufssteuer zu knüpfen, welche bis zürn Erlass eines Bundesgesetzes von den Kantonen festgesetzt wird.

Brenner jedoch, welche aus einem nicht bundessteuer" Pflichtigen Rohstoffe im nämlichen Jahre nicht über 40 Liter Branntwein herstellen, dürfen das erstellte Quantum frei verkaufen, sofern sie dasselbe mit einem Mal an ein und denselben Käufer abliefern.

Die G-efässe der Schankstellen sind eichpflichtig.

Art. 10. Die Kantone sind verpflichtet, die Aufsicht über den Handel mit gebrannten Wassern jeder Art und über diejenigen Brennereien zu üben, welche sich mit der Verarbeitung nicht bundessteuerpflichtiger Rohstoffe befassen.

Art. 11. Die Durchführung des Gesetzes in seinen übrigen Theilen liegt dem Bundesrathe ob, welcher hiefür

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die nöthigen Vollziehungsverordnungen erlassen und die erforderlichen Organe bezeichnen wird. Der Bundesrath kann die Mitwirkung der Kantone beanspruchen, in welchem Falle denselben nachgewiesene Kosten zu vergüten sind.

Art. 12. Die Reineinnahmen, welche aus diesem Gesetze erfliessen, werden, vorbehaltlich der Vorschriften in Art. 6 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung und nach Abzug der gemäss Art. 13 dieses Gesetzes dem Bunde zufallenden Quote unter die sämmtlichen Kantone nach Verhältniss der durch die jeweilige letzte eidg. Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung vertheilt.

Art. 13. Die Abrechnung mit den Kantonen im Sinne von Art. 12 dieses Gesetzes und Art. 6 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung findet jeweilen auf den 31. Dezember statt.

Der Bundeskasse ist als Vergütung für den bei Durchführung dieses Gesetzes in Wegfall kommenden Eingangszoll auf Spirituosen jährlich ein Betrag gutzuschreiben, der dem durchschnittlichen Zollertrag auf diesen Artikeln in den diesem Gesetz unmittelbar vorangegangenen 3 Jahren entspricht, jedoch nicht mehr als ein Viertheil der auf Bund und Kantone zu vertheilenden Gesammtsumme betragen darf.

Art. 14. Die Kantonsregierungen haben über die Verwendung der zur Bekämpfung des Alkoholismus nach Art. 32bis der Bundesverfassung bestimmten 10%. ihrer Einnahmen jedes Jahr an den Bundesrath Bericht zu erstatten und es sind die bezüglichen Berichte der Bundesversammlung gedruckt vorzulegen.

Art. 15. Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, indem er unbefugterweise Spiritus erzeugt, oder den unbefugterweise erzeugten Spiritus nicht vollständig abliefert, oder sich eine ungerechtfertigte Rückvergütung zuwendet, oder denaturirt bezogenen Spiritus zu andern als

to den gestatteten Zwecken verwendet, oder auf unrechtmässige Weise sich Spiritus oder Branntwein verschafft, ist mit einer Geldbusse zu belegen, welche das Fünf- bis Dreissigfache der dem Staate unterschlagenen Summe beträgt.

Kann die letztere nicht ermittelt werden, so tritt G-eldbusse von Fr. 200 bis 10,000 ein.

Befindet sich der Fehlbare im Rückfalle oder bestehen erschwerende Umstände so kann die Geldbusse verdoppelt und überdiess auf Gefängniss bis zu sechs Monaten erkannt werden.

Der Versuch der in diesem Artikel mit Strafe bedrohten Handlungen wird den vollzogenen Handlungen gleich geachtet.

Art. 16. Ausser den im vorigen Artikel genannten Fällen wird jede Uebertretung dieses Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen mit Geldbusse von Fr. 20--500 bestraft. Die Busse beträgt Fr. 50--1000, wenn der Fehlbare die Vornähme der amtlichen Kontrole zu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47 des Bundesstrafrechts.

Art. 17. Von den Bussen und Geldstrafen, welche auf Grund dieses Gesetzes bezogen werden, kommt ein Dritttheil dem Verleider, ein Dritttheil dem Kanton und ein Dritttheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat. Wo kein Verleider ist, fällt auch der Verleiderantheil in die Kantonskasse. In Fällen, wo die Uebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt wird, geschieht die Vertheilung nach Artikel 57 des Zollgesetzes vom 27. August 1851.

Art. 18. Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungen dieses G-esetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen gilt das Bundesgesetz vom 30. Juni 1849 betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.

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Art. 19. Die Besitzer von der Bundesgesetzgebung unterworfenen Brennereien, welche vor dem 25. Oktober 1885 errichtet wurden und bis zu diesem Zeitpunkte im Betriebe waren, sollen unter Berücksichtigung der durch den letzten Absatz des Art. 32 der Bundesverfassung geschaffenen rechtlichen und faktischen Sachlage für die Aufgabe ihres Gewerbes schadlos gehalten werden.

Wo eine gütliche Verständigung über die Höhe der Entschädigung nicht stattfinden kann, hat die Ausinittlung derselben durch eine Schätzungskommission zu geschehen.

Diese Schätzungskommission soll aus drei Mitgliedern bestehen, wovon das erste durch das Bundesgericht, das zweite durch den Bundesrath, das dritte durch die Eegierung desjenigen Kantons zu ernennen ist, in dessen Gebiet die abzutretende Brennerei sich befindet.

Gegen den Entscheid der Schätzungskommission kann jeder Betheiligte innerhalb 30 Tagen nach Zustellung des Entscheides beim Bundesgericht Beschwerde führen.

Geschieht dies nicht, so ist der Entscheid der Schätzungskommission als in Rechtskraft erwachsen anzusehen.

Art. 20. Der Bundesrath wird die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Lande vorhandenen über V2 hl betragenden Vorräthe an Spiritus und Sprit oder daraus bereiteten, aromatisirten oder versüssten Trinkbranntweinen an sich ziehen und damit gemäss den Bestimmungen dieses Gesetzes verfahren. Die Besitzer solcher Vorräthe sind zur Anmeldung derselben verpflichtet. Der Uebernahmspreis wird durch Kommissionen von Interessenten und Sachverständigen bestimmt, welche vom Bundesrath gewählt werden.

Bei Feststellung der nach diesem Artikel zu übernehmenden Spirituosen haben die Kantone gegen eine nach der Zahl der Abgeber und der Gesammthöhe des Uebernahmspreises bemessene Vergütung dem Bund auf Verlangen ihre Mitwirkung zu leisten.

îa Art. 21. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Bundesgesetzes beauftragt.

Art. 22. .Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Alkoholgesetzgebung. Bericht, Protokoll und Antrag der nationalräthlichen Kommission über den Erlass eines Bundesgesetzes betreffend den Branntwein.

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