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Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. III.

Nr. 30.

4. Juli

1888.

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Bundesgesetz betreffend

die Erfindungspatente.

(Vom 29. Juni 1888.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung des Art. 64 der schweizerischen Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 20. Januar 1888, beschließt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die schweizerische Eidgenossenschaft gewährt, in der Form von Erfindungspatenten, den Urhebern neuer Erfindungen, welche gewerblich verwerthbar und durch Modelle dargestellt sind, oder deren Rechtsnachfolgern die in vorliegendem Gesetze bezeichneten Rechte.

Art. 2. Erfindungen gelten nicht als neu, wenn sie, zur Zeit der Anmeldung, in der Schweiz schon derart bekannt geworden sind, daß die Ausführung durch Sachverständige möglich ist.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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Art. 3. Ohne die Erlaubniß des Patentinhabers darf Niemand den Gegenstand der Erfindung darstellen oder damit Handel treiben.

Bildet ein Werkzeug, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung den Gegenstand der Erfindung, so ist der Gebrauch dieses Gegenstandes zu einem gewerblichen Zwecke ebenfalls nur mit Brlaubniß des Patentinhabers gestattet. Letztere gilt als ertheilt, wenn der patentirte Gegenstand ohne irgend welche einschränkende Bedingung in den Handel gebracht wird.

Art. 4. Die Bestimmungen des vorhergehenden Artikels sind nicht auf solche Personen anwendbar, welche zur Zeit der Patentanmeldung die Erfindung bereits benutzt oder die zu ihrer Benutzung nöthigen Veranstaltungen getroffen haben.

Art. 5. Das Patent ist durch Erbfolge übertragbar.

Auch kann es den Gegenstand einer gänzlichen oder theilweisen Abtretung, beziehungsweise Verpfandung, bilden, oder denjenigen einer Licenz, die einen Dritten zur Benutzung der Erfindung ermächtigt.

Übertragungen von Patenten und Licenzertheilungen sind Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie nach Art. 19 dieses Gesetzes einregistrirt sind.

Art. 6. Die Dauer der Patente ist fünfzehn Jahre, vom Tage der Anmeldung an.

Für jedes Patent ist eine Hinterlegungsgebühr von Fr. 20 und eine in folgender Weise zunehmende Jahresgebühr zu entrichten: Für das erste Jahr .

Fr. 20 ,, ,, zweite .

,,30 fl ,, ,, dritte ,, .

,,40 und so weiter bis zum 15. Jahre, für welches die Gebühr Fr. 160 beträgt.

Diese Gebühr ist zum Voraus, am ersten Tage des betreffenden Patentjahres, zu entrichten. Der Patentinhaber

721 kann dieselbe auch für mehrere Jahre vorausbezahlen. Wenn er vor Ablauf der Zeit, für welche er bezahlt hat, auf das Patent verzichtet, so werden ihm die dannzumal noch nicht verfallenen Jahresgebühren zurückvergütet.

Art. 7. Der Inhaber eines Patentes, welcher an der durch dasselbe geschützten Erfindung eine Verbesserung anbringt, kann durch Bezahlung einer einmaligen Gebühr von Fr. 20 ein Zusatzpatent erhalten, das mit dem Hauptpatent sein Ende erreicht.

Art. 8. Einem in der Schweiz niedergelassenen Patentbewerber, welcher nachweisbar unvermögend ist, kann für die drei ersten Jahresgebühren Stundung bis zum Beginn des vierten Jahres gewährt werden. Wenn er alsdann seine Erfindung fallen läßt, so werden ihm die verfallenen Gebühren erlassen.

Art. 9. Das ertheilte Patent e r l i s c h t : 1) wenn der Inhaber in schriftlicher Eingabe an das eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum auf dasselbe verzichtet; 2) wenn die Jahresgebühren nicht spätestens innerhalb drei Monaten nach der Fälligkeit (Art. 6) bezahlt werden.

Das eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum wird, immerhin ohne Verbindlichkeit für dasselbe, den Inhaber unverzüglich vom Verfall der Jahresgebühr verständigen; 3) wenn die Erfindung nach Ablauf d
722 Die Klage auf Hinfälligkeit des Patentes in den Fällen von Ziffer 3 und 4 kann von Jedermann, welcher hiefür ein rechtliches Interesse nachweist, bei dem für die Nachahmungsklage zuständigen Gerichte (Art. 30) angehoben werden.

Art. 10. Ein ertheiltes Patent ist als n i c h t i g zu erklären : 1) wenn die Erfindung nicht, neu oder gewerblich nicht verwerthbar ist; 2) wenn der Patentinhaber weder Urheber der Erfindung noch dessen Rechtsnachfolger ist, wobei jedoch bis zum Beweise des Gegentheils der Patentnehmer als Urheber der betreffenden Erfindung gilt; 3) wenn der Titel der Erfindung, unter welchem das Patent nachtgesucht worden ist, einen andern als den wirklichen Gegenstand der Erfindung angibt und dem Patentbewerber dabei die Absicht, Andere zu täuschen, zur Last fällt; 4) wenn die mit dem Gesuche eingereichte Darlegung der Erfindung (Beschreibung und Zeichnungen) nicht genügt, um Sachverständigen die Ausführung der Erfindung möglich zu machen, oder mit dem Modell (Art. 14, Ziffer 3) nicht übereinstimmt.

Die Nichtigkeitsklage steht Jedermann zu, der dafür ein rechtliches Interesse nachweist, und ist, bei dem zuständigen Gerichte anzuheben.

Art. 11. Wer nicht in der Schweiz wohnt, kann den Anspruch auf die Ertheilung eines Patents und die Rechte aus dem let/tern nur geltend machen, wenn er in der Schweiz einen Vertreter bestellt hat. Der Letztere ist zur Vertretung in den nach Maßgabe dieses Gesetzes stattfindenden Verfahren, sowie in den das Patent betreffenden Itechtsstreitigkeiten befugt.

723 Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Patentinhaber anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat, in Ermanglung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk das eidgenössische Amt seinen Sitz hat.

Art. 12. Der Inhaber eines Patentes für eine Erfindung, welche ohne Benutzung einer früher patentirten Erfindung nicht verwerthet werden kann, ist berechtigt, vom Inhaber der letztern die Ertheilung einer Licenz zu verlangen, wenn seit der Einreichung des Gesuchs für das frühere Patent drei Jahre verflossen sind und die neue Erfindung von erheblicher gewerblicher Bedeutung ist.

Wenn die Licenz bewilligt ist, so ist der Inhaber des frühern Patentes berechtigt, auch seinerseits vom nachfolgenden Erfinder eine Licenz zu verlangen, welche ihn zur Benutzung der neuen Erfindung ermächtigt; unter der Voraussetzung jedoch, daß diese letztere ihrerseits mit der frühern Erfindung in einem thatsächlichen Zusammenhange stehe.

In Streitfällen entscheidet das Bundesgericht und setzt die zu leistenden Entschädigungen und Sicherheit fest.

Art. 13. Wenn das öffentliche Interesse es erheischt, kann die Bundesversammlung auf Verlangen des Bundesrathes oder einer Kantonsregierung die Expropriation eines Patentes auf Kosten des Bundes oder eines Kantons aussprechen.

Der Bundesbeschluß wird bestimmen, ob die Erfindung das ausschließliche Eigenthum des Bundes oder ob sie Gemeingut wird.

Den Betrag der dem Patentinhaber zu leistenden Entschädigung bestimmt das Bundesgericht.

II. Anmeldung und Ertheilung der Patente.

Art. 14. Wer für eine Erfindung ein Patent erwerben will, hat hiefür beim eidgenössischen Amte für gewerbliches

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Eigenthum ein Gesuch nach Maßgabe eines sachbezüglichen Formulars einzureichen.

Dieses Gesuch darf sich nur auf e i n e n Hauptgegenstand mit den zu demselben gehörigen Details beziehen.

Dasselbe hat den Titel der Erfindung, welcher das Wesen des erfundenen Gegenstandes klar und bestimmt bezeichnen soll, anzugeben.

Dem Gesuche sind beizufügen : 1) eine Beschreibung der Erfindung, welche in einer besondern Abtheilung der Schrift die wesentlichen Merkmale der Erfindung gedrängt aufführen muß ; 2) die zum Verständniß der Beschreibung erforderlichen Zeichnungen ; 3) der Beweis, daß ein Modell des erfundenen Gegenstandes, oder der Gegenstand selbst, vorhanden ist ; als Modell gilt die Ausführung der Erfindung oder eine andere körperliche Darstellung derselben, welche deren Wesen klar erkennen läßt; 4) die Summe von Fr. 40 als Hinterlegungsgebühr und als erste Jahresgebühr des Patentes (Artikel 6) ; 5) ein Verzeichniß der eingereichten Aktenstücke und Gegenstände.

Das Gesuch und die schriftlichen Beilagen müssen in einer der drei Landessprachen abgefaßt sein.

Im Falle der Versagung des Patentes wird dem Hinterlegenden die Jahresgebühr von Fr. 20 mit sämmtlichen gemachten Eingaben zurückerstattet.

Art. 15. Der Bundesrath kann für einzelne Klassen von Erfindungen die Hinterlegung von Modellen fordern.

Ueber die Ausführung dieses und des vorstehenden Artikel hat der Bundesrath eine Verordnung zu erlassen, und es soll derselbe dabei insbesondere über das Erforderniß der Ziffer 3 im Artikel 14 nähere Bestimmungen treffen.

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Art. 16. Einem Patentbewerber ist gegen Erfüllung der in den Ziffern l, 2, 4 und 5 des Artikel 14 aufgestellten Requisite ein p r o v i s o r i s c h e s Patent zu ertheilen.

Dieses provisorische Patent sichert dem Inhaber desselben während der Dauer von zwei Jahren, vom Datum des Gesuches an gerechnet, einzig das Recht auf ein definitives Patent, ohne Rücksicht darauf, ob die Erfindung in.zwischen in die Oeffentlichkeit gedrungen sei. Ein Klagrecht wegen Nachahmung oder Benutzung der Erfindung steht jedoch dem Inhaber nicht zu.

Der Inhaber eines provisorischen Patentes hat vor Ablauf dieser zwei Jahre durch Leistung des in Ziffer 3 des Art. 15 geforderten Ausweises ein definitives Patent auszuwirken, widrigenfalls jenes Patent dahinfällt.

Das definitive Patent ist nicht rückwirkend. Die Dauer desselben wird vom Datum des provisorischen Patentes berechnet.

Art. 17. Jedes Gesuch, in welchem die durch die Artikel 14, 15 und 16 vorgeschriebenen Bedingungen nicht «rfüllt sind, ist vom eidgenössischen Amte für gewerb · liches Eigenthum zurückzuweisen; gegen eine solche Verfügung kann innerhalb der Nothfrist von vier Wochen an «die vorgesetzte Verwaltungsbehörde rekurrirt werden.

Wenn das eidgenössische Amt vermöge eines der in Art. 10 aufgeführten Gründe die Erfindung nicht für patentirbar hält, so soll es den Gesuchsteller vorgängig und in konfidentieller Weise darauf aufmerksam machen, ihm überlassend, ob er seine Anmeldung aufrechthalten, abändern oder zurückziehen will.

Art. 18. Die Patente (provisorische und definitive), deren Anmeldung in gehöriger Weise stattgefunden hat, werden unverzüglich ausgefertigt, und zwar auf Verantwortlichkeit der Gesuchsteller und ohne Gewährleistung des Vorhandenseins, der Neuheit, oder des Werthes der Erfindung.

726 Das eidgenössische Amt übermittelt dem Gesuchsteller ein Attest, welches die Erfüllung der vorgeschriebenen Bedingungen beurkundet und welchem die Doppel der in Art. 14 erwähnten Beschreibung und Zeichnungen beizufügen sind.

Dieses Attest bildet das (provisorische oder definitive) Erfindungspatent.

Art. 19. Das eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum führt ein Register, welches folgende Angaben enthalten soll : den Gegenstand der ertheilten Patente, Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Bevollmächtigten, das Datum des Gesuches und der Leistung des Ausweises über die Existenz des Modelles, sowie alle Aenderungen, welche sich auf die Existenz, den Besitz und den Genuß des Patentes beziehen.

Rechtskräftige Urtheile über Verfall, Nichtigkeit, Expropriation und Licenzertheilung sind auf Begehren der obsiegenden Partei einzutragen.

Art. 20. Jeder Inhaber eines definitiven Patentes hat die nach demselben hergestellten Gegenstände an einer sichtbaren Stelle mit dem eidgenössischen Kreuz (£3), sowie mit der Nummer des Patentes zu versehen.

Wenn dies vermöge der Beschaffenheit der Gegenstände nicht thunlich ist, so ist die Bezeichnung auf deren Verpackung anzubringen.

Der Patentinhaber verliert sein Klagrecht wegen Nachahmung, wenn er die hier vorgeschriebene Bezeichnung seiner Erzeugnisse unterlassen hat.

Art. 21. Der Inhaber eines definitiven Patentes kann verlangen, daß die in Art. 4 erwähnten Personen die betreffenden Gegenstände ebenfalls mit dem eidgenössischen Kreuz, sowie mit der Nummer des Patentes versehen.

Art. 22. Jedermann kann auf dem eidgenössischen Amte mündliche oder schriftliche Auskunft über den Inhalt des Patentregisters erhalten.

727 Der Bundesrath ist ermächtigt, für diese Mittheilungen einen mäßigen Gebührentarif aufzustellen.

Art. 23. Die Titel der (provisorischen und definitiven") Patente mit deren Nummern, sowie dem Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Bevollmächtigten werden sofort nach Ertheilung der Patente vom eidgenössischen Amte veröffentlicht.

Das Amt veröffentlicht in gleicher Weise die Erlöschung der Patente und jede im Besitze derselben eingetretene Aenderung.

Außerdem veröffentlicht das eidgen. Amt die Beschreibungen und die den Patentgesuchen beigefügten Zeichnungen und gibt sie zu einem mäßigen Preise ab. Diese Publikation wird an folgende Stellen gratis versandt: an die Departemente des Bundesrathes, an das Bundesgericht, an die kantonalen Regierungen -- speziell für die Gerichte, welche berufen sind, in Klagesachen wegen Nachahmung zu urtheilen -- an die höhern öffentlichen Unterrichtsanstalten und an die Gewerbemuseen der Schweiz. Ferner wird man obige Publikation mit den ähnlichen Veröffentlichungen anderer Länder austauschen.

Um dem Erfinder die Erwerbung von Patenten im Auslande zu ermöglichen, kann auf dessen Gesuch hin die Veröffentlichung der Beschreibung der Erfindung um 6 Monate verschoben werden. In diesem Falle kann der Patentinhaber gegen Nachahmer erst nach erfolgter Veröffentlichung Klage anheben.

III. Ton der Nachahmung.

Art. 24. Gemäß den nachstehenden Bestimmungen kann auf dem Wege des Civil- oder Strafprozesses belangt werden : 1) wer patentirte Gegenstände nachahmt oder sie unerlaubter Weise benutzt;

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2) wer die nachgeahmten Gegenstände verkauft, feilhält, in Verkehr bringt oder auf schweizerisches Gebiet einführt ; 3) wer bei diesen Handlungen wissentlich mitgewirkt, oder deren Ausführung begünstigt oder erleichtert hat ; 4) wer sich weigert, die Herkunft von in seinem Besitze befindlichen nachgeahmten Gegenständen anzugeben.

Art. 25. Wer eine der im vorstehenden Artikel erwähnten Handlungen vorsätzlich begeht, wird zum Schadenersatz verurtheilt und überdies mit einer Geldbuße im Betrage von Fr. 30--2000, oder mit Gefängniß in der Dauer von 3 Tagen bis zu einem Jahr, oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Ruckfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.

Bloß fahrläßige Uebertretung wird nicht bestraft. Die Civilentschädigung bleibt indessen in den in Artikel 24 erwähnten Fällen vorbehalten.

Art. 26. Die Civilklage steht Jedermann zu, welcher ein rechtliches Interesse daran nachweist.

Die Bestrafung erfolgt nur auf Antrag des Verletzten, nach der Strafprozeßordnung desjenigen Kantons, in welchem die Klage angestrengt wird. Diese kann entweder am Domizil des Angeschuldigten, oder an dem Orte, wo das Vergehen begangen worden ist, erhoben werden. In keinem Falle dürfen für das gleiche Vergehen mehrere strafrechtliche Verfolgungen eintreten.

Wenn seit der letzten Uebertretung mehr als zwei Jahre verflossen sind, so tritt Verjährung der Klage ein.

Art. 27. Die Gerichte haben auf Grund erfolgter Civiloder Strafklage die als nöthig erachteten vorsorglichen Verfügungen au treffen. Namentlich können sie nach Vorweisung des Patentes eine genaue Beschreibung der angeblich nachgeahmten Gegenstände, sowie der ausschließlich

729 zur Nachahmung dienenden Werkzeuge und Geräthe, und nöthigerifalls auch die Beschlagnahme erwähnter Gegenstände, Werkzeuge und Geräthe vornehmen lassen.

Wenn Grund vorhanden ist, eine Beschlagnahme vorzunehmen, so kann das Gericht dem Kläger eine Kaution auferlegen, welche er vor der Beschlagnahme zu hinterlegen hat.

Art. 28. Das Gericht kann auf Rechnung und bis zum Belaufe der dem verletzten Theile zugesprochenen Entschädigungen und der Bußen die Konfiskation der mit Beschlag belegten Gegenstände verfügen.

Es soll, selbst im Falle einer Freisprechung, wenn nöthig, die Vernichtung der ausschließlich zur Nachahmung bestimmten Werkzeuge und Geräthe anordnen.

Es kann auf Kosten der Verurtheilten die Veröffentlichung des Erkenntnisses in einer oder mehreren Zeitungen anordnen.

Art. 29. Wer rechtswidrigerweise seine Geschäftspapiere, Anzeigen oder Erzeugnisse mit einer Bezeichnung versieht, welche zum Glauben verleiten soll, daß ein Patent besteht, wird von Amtes wegen oder auf Klage hin mit einer Geldbuße von 30 bis 500 Franken, oder mit Gefängniß in der Dauer von 3 Tagen bis zu 3 Monaten, oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Rückfällige kann diese Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden.

Art. 30. Die Kantone haben zur Behandlung der civilrechtliehen Streitigkeiten wegen Nachahmung patentirter Gegenstände eine Gerichtsstelle zu bezeichnen, welche den Prozeß als einzige kantonale Instanz entscheidet.

Die Berufung an das Bundesgericht ist ohne Rücksicht auf den Werthbetrag der Streitsache zuläßig.

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Art. 31. Der Ertrag der Bußen fließt in die Kantonskasse. Bei Ausfällung einer Geldstrafe hat der Richter für den Fall der Nichteinbringlichkeit derselben eine entsprechende Gefängnißstrafe festzusetzen.

IT. Verschiedenes und Schlnßbestimmungen.

Art. 32. Die Angehörigen der Länder, welche mit der Schweiz eine bezügliche Konvention abgeschlossen haben, können innerhalb einer Frist von 7 Monaten vom Datum des Patentgesuches in einem der genannten Länder, und unter Vorbehalt der Rechte Dritter, ihr Gesuch in der Schweiz hinterlegen, ohne daß durch inzwischen eingetretene Thatsachen, wie durch ein anderes Patentgesuch oder eine Veröffentlichung, die Gültigkeit ihres Patentgesuches beeinträchtigt werden könnte.

Das gleiche Recht wird denjenigen Schweizerbürgern gewährt, welche in erster Linie ein Patentgesuch in einem der im vorigen Absätze bezeichneten Länder eingereicht haben.

Art. 33. Jedem Erfinder eines patentirbaren, in einer nationalen oder internationalen Ausstellung in der Schweiz ausgestellten Erzeugnisses wird, nach Erfüllung der vom Bundesrath zu bestimmenden Formalitäten, ein Schutz von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, gewährt. Während der Dauer dieser letzteren sollen etwaige Patentgesuche seitens Dritter oder Veröffentlichungen den Erfinder nicht verhindern, innerhalb der genannten Frist, das zur Erlangung des definitiven Schutzes erforderliche Patentgesuch rechtsgültig zu stellen.

Wenn eine internationale Ausstellung in einem Lande stattfindet, das mit der Schweiz eine bezügliche Konvention abgeschlossen hat, so wird der zeitweilige Schutz, welcher durch das fremde Land den an der betreffenden Ausstellung befindlichen patentirbaren Erzeugnissen gewährt worden ist, auf die Schweiz ausgedehnt. Dieser Schutz darf eine Dauer von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des

731 Erzeugnisses zur Ausstellung, nicht übersteigen und hat die nämlichen Wirkungen, wie die in vorstehendem Absätze beschriebenen.

Art. 34. Die Ueberschüsse der Einnahmen des eidgenössischen Amtes für gewerbliches Eigenthum sind in erster Linie zur Anlage von Fachbibliotheken io den industriellen Centren der Schweiz und zur wirksamen Verbreitung der Publikationen des genannten Amtes und in zweiter Linie dazu zu verwenden, die in Art. 17, Absatz 2 dieses Gesetzes vorgesehenen Nachforschungen zu fördern.

Art. 35. Der Bundesrath ist beauftragt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Réglemente und Verordnungen zu erlassen.

Art. 36. Durch vorliegendes Gesetz werden die in den Kantonen geltenden Bestimmungen über den Schutz der Erfindungen aufgehoben.

Erfindungen, die in dem Zeitpunkt, in welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, vermöge der kantonalen Gesetze noch Schutz genießen, verbleiben gleichwohl in den betreffenden Kantonen bis zum Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer geschützt.

Art. 37. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vorn Ständerathe, B e r n , den 27. Juni 1888.

Der Präsident: Schoch.

Der Protokollführer: Schatzmann.

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Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 29. Juni 1888.

Der Präsident: E. Ruffy.

Der Protokollführer: Bingier.

D e r s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesetzes in das Bundesblatt.

B e r n , den 2. Juli 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

N o t e . Datum der Publikation: 4. Juli 1888.

Ablauf der Einspruchsfrist: 2. Oktober 1888.

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Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente. (Vom 29. Juni 1888.)

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04.07.1888

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