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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Gesetzesentwurf über die gewerblichen Muster und Modelle.

(Vom 12. März 1888.)

Tit.

Durch die Botschaft betreffend den Gesetzesentwurf über die Erfindungspatente, vom 20. Januar 1888, haben wir den ersten Theil der uns durch die Volksabstimmung vom 10. Juli 1887 zugewiesenen Aufgabe erledigt; wir bringen deren Ausführung zum Abschluß, indem wir heute den Gesetzesentwurf über die gewerblichen Muster und Modelle Ihrer Würdigung unterbreiten. Von dem Zeitpunkt an, da diese beiden Gesetze in Kraft treten, wird die Schweiz allen Zweigen des geistigen Eigenthums gesetzlichen Schutz angedeihen lassen und somit ihrer diesbezüglichen Sonderstellung gegenüber den übrigen zivilisirten Staaten entsagt haben.

Der vorliegende Entwurf wurde von einer Fachkommission geprüft, an deren Berathungen folgende Experten theilnahmen: Herr A b egg, Nationalrath, Delegirter der Gesellschaft für Seidenindustrie in Zürich; ,, A p l a n a l p, Lehrer der Schnitzlerschule in Brienz, Delegirter des allgemeinen Schnitzlerverbandes in Brienz; ,, B ü r k e , Delegirter des kaufmännischen Direktoriums in St. Gallen; ,, F r e y - G o d e t , Sekretär der internationalen Bureaux für Schutz des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigenthums;

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Herr Mo r e i , Bundesrichter; ,, Wild*;; Direktor des Gewerbemuseums in St. Gallen. Delegirter des schweizerischen Erfindungs- und MusterschutzVereins.

Zwischen 'den gewerblichen Mustern und Modellen einerseits und den gewerblichen Erfindungen anderseits besteht in vielen Punkten innige Verwandtschaft ; die beiden sachbezüglichen Gesetzesentwürfe enthalten daher zahlreiche identische Bestimmungen. Die Kommission hat dieselben denn auch im Allgemeinen in derjenigen Form belassen, welche sie im Patentgesetzentwurf erhalten haben, und ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin gerichtet, wo die Muster und Modelle gemäß ihrer Eigenartigkeit besondere Dispositionen erfordern. Wir folgen ihrem Beispiel, indem wir in den nachfolgenden Erörterungen diejenigen Artikel des Entwurfes, welche schon in der Botschaft über die Erfindiingspatente besprochen worden sind, nur flüchtig berühren.

Artikel i und 2. Die Muster und Modelle nehmen eine Mittelstellung zwischen Kunstwerken und Erfindungen ein. Sie gleichen den Kunstwerken darin, daß sie, wie diese, berufen sind, den Geschmacksanforderungen des Publikums zu entsprechen, ohne daß verlangt würde, sie sollten die Nützlichkeit der Gegenstände, an welchen sie angebracht sind, erhöhen. Dagegen unterscheiden sie sich dadurch von den Kunstwerken, daß sie nicht für sich selbst, bestehen, sondern nur in ihrer Anwendung auf gewerbliche Gegenstände, sei es, daß sie als Muster deren Oberfläche verzieren, oder aber denselben als Modelle die charakteristische Formgestaltuug verleihen.

Es dürfte kaum möglich sein, mit allgemein gehaltenen Sätzen eine einwandfreie Demarkationslinie zwischen Kunstwerken und Mustern und Modellen zu ziehen, da oft Subtilitäten ia Frage kommen, welche wohl nur in jedem Spézialfall richtig gewürdigt werden können, wie aus folgenden Beispielen erhellen mag : Während eine Heimbergerplatte in ihrer Zeichnung ein gewerbliches Muster aufweist, wird eine Platte, worauf ein Künstler ein Bild gemalt hat, als Kunstwerk zu taxiren sein. Ein Pokal Benvenuto Cellini's ist, als · einzigartiges, von Hand erzeugtes Werk der Goldschmiedekunst, unzweifelhaft ein Kunstwerk, während ein anderer, weniger Kunstentfaltung aufweisender Pokal, der in Hunderten von Exemplaren mechanisch vervielfältigt werden soll, den Charakter eines gewerblichen Modells darbietet. Eine Gobelintapete wird als Kunstwerk aufgefaßt, die Zeichnung auf einem Bodenteppich ist ein Muster.

655 Dienen die ebenerwähnten Beispiele als Belege der Verwandtschaff, von Mustern und Modellen mit Kunstwerken und der Schwierigkeit, erstere durch eine allgemeine Definition von letztern abzugrenzen, so wird aus den folgenden Betrachtungen und Beispielen der mehr oder weniger prononcirte Uebergang gewisser Muster und Modelle in den Bereich der gewerblichen Erfindungen erhellen.

Die einem Gegenstand gegebene besondere Form kann den Zweck und die Wirkung haben, nicht sowohl zu dessen Verzierung beizutragen, als vielmehr einen bestimmten technischen Effekt zu erzielen ; in diesem Fall handelt es sich nicht um ein Muster oder Modell, sondern um eine in die Domäne des Patentgesetzes fallende Erfindung. Als hieher gehörendes Beispiel erwähnen wir eine Laterne, welche infolge eigentümlicher Formung gewisser Bestandtheile die Fähigkeit erhalten hat, nach bestimmten Richtungen besonders intensive Lichtbüschel zu werfen. Nun ist es aber möglich, daß eine solche Laterne gleichzeitig einem technischen BedürfniÜ genügt und durch ihre Formgebung dem ästhetischen Gefühl schmeichelt; dann kann sie für diese Eigenschaft als Modell deponirt und zugleich für jene dem Erfindungsschutz unterstellt werden.

Ein gewerbliches Modell kann indeß auch, abgesehen von seiner Ausschmückung, gewisse praktische Vortheile bieten, welche aus irgend einem Grunde nicht patentirbar sind, z. B. ein besonders handlicher Pistolengriff, ein sehr stabiles Tintenfaß etc. Diese werden nur in Beziehung auf ihre spezielle dekorative Behandlung, d. h. als Modelle, geschützt werden können, nicht aher in Beziehung auf die erreichte praktische Wirkung, welche auf ganz analoge Weise zu erzielen jeder Dritte befugt ist.

Kann die Bindung eines Gewebes Gegenstand eines gewerblichen Musters sein oder nicht? -- Ja, wenn sie durch Linien- oder Farbenzusammenstellung eine dekorative Wirkung erzielt. Nicht aber bei glatten Stoffen, wie Satin, Sammt etc., denen s'e nur ein verändertes Aussehen oder andere, nicht in's Auge lallende Eigenschaften verleiht. Bindungseffekte dieser Art gehören eher in das Gebiet patentirbarer Erfindungen.

Diese wenigen Beispiele lassen einerseits die Schwierigkeiten erkennen, welche sich einer einwandfreien, allgemeinen Begriffsbestimmung der gewerblichen Muster und Modelle entgegenthürmen, anderseits geben sie einen Hinweis
auf das vom Richter einzuschlagende Verfahren bei der Beurtheilung, ob für einen als Muster, beziehungsweise Modell, hinterlegten Gegenstand der gesetzliche Schutz am richtigen Orte gesucht worden ist, oder ob derselbe

656 nicht vielmehr unter den Rechtsschutz der Kunstwerke oder denjenigen der Erfindungen hingehört. Für dns richterliche Verfahren ergehen sich auch aus den Rechtsentscheiden anderer stauten , bei welchen sich der Muster- und Modellschutz bereitseingelebt hat, werthvollere Fingerzeige, als aus einer an die Spitze des vorliegenden Entwurfes gestellten Definition. Aus all' diesen Gründen ergibt sich die Zweckmäßigkeit, dein richterlichen Ermessen innerhalb weiter, aber bestimmt gezogener Grenzen freien Spielraum zu lassen.

Laut Artikel 2 werden Kunstwerke im Allgemeinen nicht als Muster oder Modelle betrachtet. Ein Künstler braucht also sein Werk nicht zu hinterlegen, um dessen unbefugte gewerbliche Nacha h m u n g zu verhindern ; gegen derartige Eingriffe in das Autorrecht sichert ihn auf Lebenszeit, und seine Rechtsnachfolger noch 30 Jahre über sein Ableben hinaus, das Bundesgesetz vom 23. April 1883.

,,, Wünscht er gleichwohl, gleichgültig weßhalb, sein betreffendes "Werk als gewerbliches Muster oder Modell zu deponiren , so ist ihm dies gestattet; in diesem Falle aber genießt er den Rechtsschutz gegen gewerbliche Reproduktion höchstens auf die Dauer von 15 Jahren (Art. 5).

Artikel 4. Das hinterlegte Muster oder Modell bildet ein bewegliches Eigenthum und ist somit aller Arten der Uebertragung eines solchen fähig. Zu diesen gesellt sich noch die Lizenz, d. h.

das vom Hinterleger oder seinem Rechtsnachfolger unbeschadet seiner Eigenthumsrechte an Dritte verliehene Recht der Reproduktion des Musters oder Modelles. Abtretungen und Lizenzen sind zwischen den Kontrahenten gültig, vorausgesetzt, daß sie den Charakter von Verträgen im Sinne des eidgenössischen Obligationenrechtes aufweisen; aber Dritten gegenüber sind sie nur wirksam, wenn sie im Register für Muster und Modelle eingetragen sind.

Diese Bestimmung ist. nothwendig, um dritte Personen zu schützen, welche sonst ein Muster oder Modell erwerben könnten, ohne im Staude zu sein, sich zu vergewissern, ob die sich darauf beziehenden Rechte unverletzt oder theilweise veräußert sind.

Artikel 5. Das Maximum der Schulzdauer für Muster und Modelle ist, wie für die Patente, auf 15 Jahre festgesetzt worden.

Durch jährliche Taxenzahlung, wie bei den Patenten, würde der eidgenössischen Amtsstelle eine zur Höhe der einzukassirenden Gebühren ganz außer Verhältniß stehende Arbeit aufgebürdet. Es wurde daher bestimmt, daß die Taxen zu Anfang des 1., 3., 6. und

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11. Jahres für die nächstfolgende 2- bis 5jährige Periode zu entrichten sind. Diese Art des Gebührenbezuges ist auch für die Hinterleger vorteilhaft. Der Fabrikant, welcher mehrere Muster in einem Paket hinterlegt hat, kann sich während der ersten zweijährigen Periode eia Urtheil über den von jedem einzelnen zu «wartenden Erfolg bilden; handelt es sich dann zu Anfang des dritten Jahres um die Bezahlung der Gebühr pro Stück, so wird er diejenigen fallen lassen, welche nicht Anklang finden, indem er die Taxe nur für solche entrichtet, deren Ausbeutung Gewinn verspricht.

Artikel 6. (Ziffer 2.) In Anbetracht des gewährten Schutzes ·darf man vom Eigenthümer eines Musters oder Modelies wohl verlangen, daß er durch Ausbeutung desselben im Lande selbst zu dessen gewerblichem Gedeihen beitrage. Es wäre aber unrichtig, im Sinne der analogen Bestimmung des Patentgesetzentwurfes eine Frist für den Beginn der inländischen Ausbeutung anzusetzen, weil der Konsum von Artikeln aus dem Gebiet der Muster und Modelle lediglich von der Geschmacksrichtung oder Laune des Publikums abhängt. Nach der vorgeschlagenen Fassung kann der Verfall wegen Unterlassung der inländischen Fabrikation i n a n g e m e s s e n e m U m f a n g n u r dann ausgesprochen werden, wenn nach betreffendem Muster oder Modell erstellte Artikel importirt werden. Dem Ermessen des Richters ist hier ein in Sachen des geistigen Eigeuthums oft -nothwendiger Spielraum gelassen. Immeräiin wird so viel feststehen: Der Verfall wird nicht erklärt, wenn es sich um die kostspielige Fabrikation eines Artikels handelt, der im Inland zur Zeit der Urtheilslallung geringen Absatz findet; er wird ausgesprochen, wenn es sich erweist, daß der schweizerische Konsum für eine lohnende Fabrikation im Inland genügt hätte.

Daß der Import zu Zwecken des Veredlungsverkehrs keinen Grund abgeben kann, ein Muster oder Modell als verfallen zu erklären, ist selbstverständlich ; denn die so eingeführten Gegenstände sind nicht für den inländischen Konsum bestimmt, der doch allein dem Hinterleger eines Musters oder Modells die Verpflichtung auferlegt, betreffende Artikel in der Schweiz zu fabriziren.

Artikel 7. Die unter den Ziffern l , 2 und 3 erwähnten Nichtigkeitsgründe folgen direkt aus den im ersten Artikel niedergelegten Grundsätzen, wonach der Schutz nur für n e u e Muster
und Modelle und nur den U r h e b e r n derselben gewährt wird.

Der Charakter der Neuheit (Ziffer 1) mangelt all1 den Mustern und Modellen, welche sich als nackte, jeder erfinderischen Thätig-

658 keit bare Nachahmungen von bereits Vorhandenem erweisen ; sobald aber ein gewisses Maß erfinderischen Schaffens, oder Denkens, zu ihrer Herstellung aufgewendet worden ist, sind betreffende Muster oder Modelle als neu anzusehen; so z. B. kann der Lampenfabrikant, welcher zuerst ein bekanntes architektonisches Motiv auf seine Erzeugnisse übertragen hat, dieses innert des Rahmens seiner Verwendung als Eigenthurn beanspruchen.

Der Ausdruck in Ziffer 2: ,,in gewerblicher Weise bekannt* ist in weitem Sinne aufzufassen; er begreift das Feilbieten, das Inverkehrbringen und die industrielle Ausbeutung in sich. Die einem Dritten gemachte vertrauliehe Mittheilung, die innert gewissen Schranken gehaltene Priyatmittheilung überhaupt, bildet keine gewerbliche Veröffentlichung im Sinne dei' Ziffer 2. Dagegen könnte ein Möbelfabrikant für das Modell eines Tisches, dessen Skizze er vorher in einer Zeitungsanzeige veröffentlicht hat, keine rechtsgültige Hinterlegung bewerkstelligen.

Artikel 8. Es ist nothwendig, daß im Ausland wohnende Eigenthümer von Mustern oder Modellen in der Schweiz einen Vertreter haben, einerseits um dem eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum die Weitschweifigkeit einer Korrespondenz auf weite Eotfernungen zu ersparen, anderseits und hauptsächlich, um den Hinterleger im Falle von Civilstreitigkeiten im Inland angreifbar zu machen.

Artikel 9. Dieser Artikel macht den gesetzlichen Schutz von der Hinterlegung eines Bxemplares des Musters oder Módelles abhängig, überläßt es aber dem Hinterlegenden, die ihm angemessen erseheinende Darstellungsart zu wählen. Wir halten es fürzweckmäßig, wenn während der ersten Zeit der Wirksamkeit des Gesetzes das eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum die alleinige Depotstelle für Muster und Modelle bildet. Zeigt dann die Erfahrung, daß es nützlich wäre, in verschiedenen Industriezentren Depotstellen zu haben, und daß eine Dezentralisirung des Dienstes ohne Gefährdung des Gesetzesvollzuges möglich ist, so dürfte es immer noch Zeit sein, die Depotstellen gemäß den Bedürfnissen der inländischen Industrie zu vermehren.

Artikel 40. Die Muster und Modelle können offen oder unter versiegeltem Umschlag deponirt werden. Für Artikel, welche sofort nach erfolgter Hinterlegung fnbrizirt werden, ist die Geheimhaltung im Allgemeinen nicht uothwendig, weil Jedermann durch die Feilbietung der Erzeugnisse rasch Kenntniß von den auf denselben angebrachten Mustern oder Modellen erlangt. In gewissen

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Fällen aber verstreicht zwischen der Hinterlegung und dem Verkauf notwendigerweise geraume Zeit. Für die Wintersaison bestimmte Kleiderstoffe z. B. müssen schon im vorhergehenden Sommer fabrizirt werden; in diesem Falle müssen also die Muster deponirt werden, lange bevor das Publikum weiß, was für Stoffe man tragen wird. Wenn nun alle Hinterlegungen offen stattfinden müßten, so könnte einer Firma, welche für guten Geschmack und sicheres Gefühl für Modeverhältnisse bekannt ist, großer Schaden daraus erwachsen, daß die Konkurrenz bei Zeilen in die Möglichkeil; versetzt wäre, Einsicht von ihren hinterlegten Mustern zu nehmen. Der der Firma hieraus entstehende Schaden dürfte um so schwieriger gut zu machen sein, als Prozesse wegen Nachahmung von Stoffmustern, welche weniger ein künstlerisches Dessin als eine besondere Art des Aussehens im Ganzen, ein gewisses Genre, darbieten, zu den verwickeltem gehören. Es erscheint deßhalb nothwendig, daß die versiegelte Hinterlegung Allen, welche dieselbe in ihrem Interesse finden, nach Belieben freistehe.

Der vorliegende Entwurf hat dem deutschen Gesetz die BestimmungO entnommen,^ dnß eine Hinterlegung eine gewisse Anzahl O O D von Mustern oder Modellen umfassen darf. Wie bei der Besprechung des Art. 5 dargelegt wurde, ermöglicht dies den Musterzeichnern die Erlangung eines billigen zweijährigen Schutzes für eine große Zahl von Mustern; sie brauchen dann nur für diejenigen die höhern Gebühren zu entrichten, welche sich während jenes Zeitraumes als lohnend erwiesen haben. Damit die Räumlichkeiten des eidgenössischen Amtes nicht über Gebühr beansprucht werden können, wurde die obere Gewichtsgrenze jedes Paketes von Mustern und Modellen auf 10 Kilogramm normirt. Die Dirnensionirung der Pakete wurde keiner Bestimmung unterworfen, weil sonst Details hätten berührt werden müssen, welche nur in eine Vollxiehungsveroidnung gehören.

Artikel 1i und 12. Es ist nicht Sache des eidgenössischen Amtes, zu untersuchen, ob der Hinterleger der wahre Urheber des Musters oder Modelies ist, ebenso wenig, ob dasselbe neu ist u. s. \v.

Es hat nur zu prüfen, ob der hinterlegte Gegenstand ein Muster oder Modell im Sinne des Gesetzes ist, ob die gesetzlichen Formalitäten der Hinterlegung erfüllt worden sind und ob nicht etwa der hinterlegte Gegenstand anstößiger Natur ist. Keine dieser
Feststellungen bietet Schwierigkeiten.

Artikel Ì3. Das in diesem Artikel vorgesehene Register entspricht, abgesehen von den in der Natur der Sache liegenden Aenderungen, ganz dem Register für die Fabriks- und Handelsmarken.

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Artikel 14 bis 16. Diese enthalten Bestimmungen nach Analogie des Gesetzes über den Markenschutz.

Ugl'

Artikel 17. Der letzte Absatz des Art. 20 sieht vor, daß Klagen wegen Nachahmung noch bis 2 Jahre nach deren Begehung atigehoben werden können. Hat eine Nachahmung gegen das Ende der Schutzfrist hin stattgefunden, so kann also die Klage noch angestrengt werden, nachdem das Muster oder Modell schon beinahe 2 Jahre Gemeingut ist, und möglicherweise verlangt das den Rechtshandel beurtheilende Gericht noch im dritten Jahre nach Erlöschen des Musters dessen Uebermittiung. Deßhalb ist es nothwendig, daß die Muster und Modelle vorn eidgenössischen Amt 3 Jahre über die Schutzfrist hinaus aufbewahrt werden.

Verschiedene hinterlegte Muster oder Modelle, z. B. Teppiche Leuchter etc., können werthvoll genug sein, um von den Hinterlegern nach Ablauf der obligatorischen Hinterlegungs- beziehungsweise Aufbewahrungsdauer zuilickverlangt zu werden. Hiefür ist ihnen eine bestimmte Frist zu gewähren. Ist diese unbenutzt verstrichen, so muß sieh das eidgenössische Amt des unützen Ballastes entledigen können. Das geschieht am besten auf öffentlicher Versteigerung; diese beseitigt jeden Verdacht, daß etwa Beamte sich den einen oder andern Gegenstand angeeignet hätten. Vor Abhaltung dee Steigerung können Gewerbeinnseen und öffentliche Sammlungen allfällig gewünschte Objekte gratis in Empfang nehmen.

Artikel 18 bis 24. Wir haken es für wichtig, daß alle dus geweibliche Eigenthum betreffenden eidgenössischen Gesetze auf gleichartigen Grundlagen ruhen. Deßhalb haben wir auch die Bestimmungen des Gesetzes über die Fabrik- und Handelsmarken, die sich auf die Nachahmung beziehen, mit den durch die Natur der Sache verlangten Abänderungen auf die Muster und Modelle ungewandt, ohne zu untersuchen, ob diese Bestimmungen die denkbar besten seien. Unseres Wissens hat übrigens.deren Anwendung, so lange das Markengesetz in Kraft ist, keine Mißstände dargeboten.

Die zwei letzten Absätze des · Art. 21 bedürfen gleichwohl noch einiger Erläuterung. Die itn ersten Absatz des Art. 21 vorgesehene Beschlagnahme kann unter Umständen das ganze Geschäft des wegen Nachahmung Beklagten lahm legen und demselben somit großen Sehaden verursachen. Deßhalb soll die Beschlagnahme nur auf Grund einer eingereichten Klage und nicht auf bloßen Verdacht hin verfügt werden können. Deßhalb auch soll das

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Gericht gutfindenden Falls dem Kläger eine Kaution auferlegen dürfen.

Artikel 25 und 26. Diese enthalten nichts weiter, als die einfache Ausführung der Art. 4 und 11 der int ernationalen Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums.

Per zweite Absatz des Art. 25 hat nur den Zweck, Schweizern, welche ihre erste Hinterlegung in einem der Konventionsstaaten bewerkstelligt haben, gleiches Recht zu sichern, wie den Angehörigen der andern Länder der Konvention.

Artikel 27. Dieser Artikel trägt der im Protokoll der Sitzung des Ständerathes vom 28. April 1887 eingefügten Erklärung Rechnung. In Berücksichtigung der Opposition, welche die Buntdruckerei dem Muster- und Modellschutz gemacht hat, soll diese Industrie zur Zeit von den Wirkungen des Gesetzes ausgeschlossen sein. Wir haben jedoch eine Redaktion gesucht, wonach es jederzeit möglich ist, derselben auf Verlangen die Wohlthat des Musterschutzes zuzuwenden, ohne die gesetzgebenden Gewalten hiefür anrufen zu müssen. Dieß ist uns gelungen, weil sich die gesammte in Frage stehende Industrie im Kanton Glarus konzentrirt. Wenn sich einmal unier den Interessenten eine Bewegung zu Gunsten O O des Musterschutzes geltend macht, so ist die Regierung von Glarus am besten in der Lage, alle Interessen gegen einander abzuwägen und mit Sachkenntnis eine den Bedürfnissen der Mehrheit entsprechende Entscheidung zu treffen.

Die Artikel 29 bis 31 bedürfen als Schlussbestimmungen keiner Erläuterung.

Die Annahme des Ihnen vorgelegten Gesetzes wird die seltsame Anomalie beseitigen, wonach infolge der französisch-schweizerischen Konvention vom '23. Februar 1882 französische Bürger ihre Muster und Modelle in der Schweiz schützen lassen können, während Schweizerbürger im eigenen Lande in dieser Beziehung rechtlos sind. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, werden wir die zur Aufhebung der erwähnten Konvention geeigneten Maßnahmen treffen.

Dann regeln sich die gegenseitigen Beziehungen zwischen der Schweiz und Prankreich gemäß der internationalen Konvention finden Schutz des gewerblichen Eigenthums vom 20. März 1883.

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Das nahe Bevorstehen der Pariser Weltausstellung läßt uns hoffen, daß Sie Ihr Möglichstes thun werden, damit das Gesetz über die gewerblichen Muster und Modelle gegen Ende des laufenden Jahres in Kraft treten kann. Unsre Fabrikanten müssen sich an diesem Wettkampf mit den größtmöglichen Chancen auf Erfolg betheiligen.

Wenn auch die Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und der Eröffnung der Ausstellung für gewisse Industrien zu kurz ist, um sie noch auszunützen, so werden sicher Andere, welche jetzt schon ihre Muster und Modelle in Bereitschaft haben, die sie nur unter Garantie gegen Ausplünderung ausstellen können, bedeutende Vortheile daraus ziehen.

Genehmigen Sie, Tit., die wiederholte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 12. März 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

die gewerblichen Muster und Modelle.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung des Artikels 64 der Schweiz. Bundesverfassung ; nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes, vom 12. März 1888, beschließt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die schweizerische Eidgenossenschaft gewährt den Urhebern neuer gewerblicher Muster und Modelle die in vorliegendem Gesetze bezeichneten Rechte.

Art. 2. Künstlerische Werke, welche geeignet sind, durch das Bundesgesetz vom 23. April 1883 geschützt zu werden, oder gewerbliche Erfindungen, welche unter das Bundesgesetz über Erfindungspatente vom fallen', werden nicht als gewerbliche Muster und Modelle betrachtet.

Art. 3. Niemand darf ohne die Ermächtigung des Inhabers ein gemäß Artikel 9 des vorliegenden Gesetzes hinterlegtes gewerbliches Muster oder Modell benutzen.

Art. 4. Die Muster und Modelle unterliegen den privatrechtlichen Bestimmungen über das bewegliche Eigenthum.

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Es ist gestattet, die Ausbeutung derselben ganz oder theilweise Dritten zu überlassen (Lizenz).

Eigenthumsübertragungen in Bezug auf Muster und Modelle, und Lizenzertheilungen sind Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie nach Art. 13 dieses Gesetzes einregisti'irt sind.

Art. 5. Die Dauer des durch vorliegendes Gesetz gewährten ausschließlichen Benutzungsrechtes umfaßt, je nach Wahl des Hinterlegers, 2, 5, 10 oder 15 Jahre, vom Datum der Hinterlegung an gerechnet.

Für die beiden ersten Jahre einer Hinterlegung ist nur eine Depotgebühr zu entrichten (siehe Art. 10); nach Ablauf derselben wird die periodisch zunehmende Gebühr für jedes einzelne den Schutz fernerhin beanspruchende Muster oder Modell erhoben. Die Höhe der Taxen wird vom Bundesrathe bestimmt.

Diese Gebühr ist zum Voraus und mit dem ersten Tage der betreffenden Periode zu entrichten ; der Hinterleger kann dieselbe auch für mehrere Perioden voraus bezahlen.

Art. 6. Der aus der Hinterlegung sich ergebenden Rechte geht verlustig: 1) der Hinterleger, welcher die in Art.. 5 erwähnten Guhiihren nicht, mit dem ersten Tag der daselbst bezeichneten Perioden entrichtet hat. , Immerhin kann er sich die Verlängerung seiner Rechte durch Bezahlung der doppelten verfallenen Gebühr erwirken, vorausgesetzt, daß er dieselbe innerhalb zweier Monate nach dem Verfall leistet; ' 2) derjenige, welcher das Muster oder Modell im Inland nicht in angemessenem Umfange zur Ausführung bringt, während im Ausland fabrizirte Artikel desselben Musters oder Modelies importarti werden. .'··: Hievon sind ausgenommen: die im Veredlungsverkehr in die Schweiz eingeführten Erzeugnisse.

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Die Klage auf Verfall wegen ungenügender Ausbeutung kann von Jedermann, welcher hiefür ein rechtliches Interesse nachweist, bei dem für die Nachahmungskluge zuständigen Gericht (Art. 24") angehoben werden.

Art. 7. Die bewerkstelligten Hinterlegungen sind in einem der nachbezeichneten Fälle als nichtig zu erklären : 1) wenn die hinterlegten Muster oder Modelle nicht neu sind ; 2) wenn sie vor der Hinterlegung in gewerblicher Weise bekannt geworden sind ; 3) wenn der Hinterlegende weder der Urheber der hinterlegten Muster und Modelle, noch dessen Rechtsnachfolger ist; 4) wenn im Falle der Hinterlegung unter versiegeltem Umschlag (Art. 10) der Hinterlegende einer falschen Deklaration überwiesen wird.

Die Nichtigkeitsklage steht .Jedermann zu, der dafür ein rechtliches Interesse nachweist, und ist bei dem für die Nachahmungsklage zuständigen Gericht (Art. 24) anzuheben.

Art. 8. Wer nicht in der Schweiz wohnt, kann ein Muster oder Modell nur dann rechtsgültig hinterlegen, wenn er in der Schweiz" einen Vertreter bestellt hat, welcher in.

allen das Muster oder Modell betreffenden Rechtsstreiligkeiten ihn zu vertreten befugt ist.

Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Hinterleger anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat; in Ermanglung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk das eidgenössische Amt seinen Sitz hat.

II. Ton der Hinterlegung und Eintragung.

Art. 9. Wer sich das ausschließliche Recht der Benutzung seiner gewerblichen Muster oder Modelle sichern

666 will, hat zu diesem Zwecke beim eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum ein nach Formular in einer der drei Landessprachen abgefaßtes Gesuch einzureichen.

Diesem Gesuch sind beizufügen : 1) ein Exemplar von jedem Muster oder Modell, entweder in der Form des gewerblichen Erzeugnisses, wofür es bestimmt ist, oder in derjenigen einer Zeichnung, Photographie, oder in einer sonstigen genügenden Darstellungsweise ; 2) der Betrag der Taxe, von welcher im Art. 5 die Rede ist.

Der Bundesrath ist befugt, gewisse Hinterlegungs- und Aufbesvahruugsstellen für Muster und Modelle zu bezeichnen.

Art. 10. Die Muster oder Modelle können offen oder unter versiegeltem Umschlag, einzeln oder in Paketen hinterlegt werden. Die Pakete dürfen nicht mehr als 50 Muster oder Modelle enthalten, auch nicht über 10 Kilogramm wiegen.

Art. 11. Jedes Hinterlegungsgesuch, in weichern die durch die Artikel 2, 9 und 10 vorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllt sind, oder dessen Gegenstand anstößiger Natur ist, ist vom eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum zurückzuweisen ; gegen eine solche Verfügung kann an die vorgesetzte Verwaltungsbehörde rekurrirt werden.

Art. 12. Die regelrecht hinterlegten Muster und Modelle werden ohne vorgängige Prüfung der Rechte des Hinterlegers, oder der Richtigkeit seiner Angaben, registrirt. Dem Hinterleger wird ein Hinterlegungscertifikat zugestellt, welches ihm als Urkunde dient.

Art. 13. Das eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum führt ein Register, welches folgende Angaben enthalten soll : deo Gegenstand der Hinterlegung1, Namen und Wohnort des Hinterlegers und seiner Bevollmächtigten, das Datum des Gesuchs, die Entrichtung der Gebühren, so-

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wie alle Aenderungen, welche sich auf die Existenz, den Besitz und den Geuuß des Musters oder Modelies beziehen.

Die Eintragungen über Verfall und Nichtigkeit erfolgen, sofern über diese Verhältnisse gerichtlich entschieden worden ist, auf Vorlage des betreffenden rechtskräftigen Urtheils durch diejenige Partei, welche das Urtheil erwirkt hat.

Art. 14. Die Bezeichnung der hinterlegten Muster und Modelle, Namen und Wohnort der Hinterleger und ihrer Bevollmächtigten, Datum und Nummer der Hinterlegungen werden sofort nach der Einregistrirung vom eidgenössischen Amte veröffentlicht.

Das Amt veröffentlicht in gleicher Weise Verfall und Nichtigkeit von Mustern und Modellen.

Art. 15. Jedermann kann von den offen hinterlegten Mustern und Modellen Einsicht nehmen.

Die versiegelten Umschläge, welche die geheim hinterlegten Muster und Modelle enthalten, werden 2 Jahre nach dem Datum der Hinterlegung geöffnet, worauf ihr Inhalt dem Publikum ebenfalls zugänglich ist.

< Vor Ablauf dieser Zeitdauer dürfen jene Umschläge nur infolge eines Gesuchs des Hinterlegers, oder einer gerichtliehen Verfügung geöffnet werden.

Art. 16. Jedermann kann auf dem cidgeaössischen Amte mündliche oder schriftliche Auskunft über den Inhalt des Registers der Muster und Modelle erhalten.

Der Bundesrath ist ermächtigt, für diese Mittheilungen einen mäßigen Gebührentarif festzustellen.

Art. 17. Die Muster und Modelle bleiben nach Ablauf der Schutzfrist noch 3 Jahre lang deponirt und können nachher von den Hinterlegern zurückgenommen werden.

Nach Ablauf des vierten Jahres werden die sich dann noch vorfindenden Muster und Modelle an öffentliche Sammlungen verabfolgt und der Rest zu Gunsten des eidgenössischen Amtes versteigert.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. I.

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III. Yon der Nachahmung.

Art. 18. Gemäß den nachstehenden Bestimmungen; kann auf dem Wege des Civil- oder Strafprozesses belangt werden : 1) wer ohne Ermächtigung des Hinterlegenden ein hinterlegte« Muster oder Modell unverändert nachmacht oder in betrügerischer Weise nachahmt ; 2) wer die nachgeahmten Gegenstände verkauft, feilhält, in Verkehr bringt oder auf schweizerisches Gebiet einführt; 3) wer bei diesen Handlungen wissentlich mitgewirkt,, oder deren Ausführung begünstigt oder erleichtert hat; 4) wer sich weigert, die Herkunft von in seinem Besitz 0 befindlichen nachgeahmten Gegenständen anzugeben.

Art. 19. Wer eine der im vorstehenden Artikel erwähnten Handlungen vorsätzlich begeht, wird zum Schadenersatz verurtheilt und überdies mi't einer Geldbuße im Betrage von Fr. 30 bis Fr. 2000 oder mit Gefängniß in der Dauer von drei Tagen bis 211 einem Jahr, oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Rückfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.

Bloß fahrläßige Uebertretung wird nicht bestraft; die Civileutschädigung bleibt indessen in den in Artikel 18, Ziffer l, erwähnten Fällen vorbehalten.

Art. 20. Die Civilklage steht Jedermann zu, welcher ein rechtliches Interesse daran nachweist.

Die Bestrafung erfolgt nur auf Antrag des Verletzten, nach der Strafprozeßordnung desjenigen Kantons, in welchem die Klage angestrengt wird. Diese kann entweder am Domizil des Angeschuldigten, oder an dem Orte, wo das Vergehen begangen <$vorden ist, erhoben werden. In keinem' Falle dürfen für das gleiche Vergehen mehrere strafrechtliche Verfolgungen eintreten.

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Wenn seit der letzten Uebertretung mehr als zwei Jahre verflossen sind, so tritt Verjährung der Klage ein.

Art. 21. Die Gerichte haben auf Grund erfolgter Civiloder Strafklage die als nöthig erachteten vorsorglichen Verfügungen zu treffen. Namentlich können sie nach Vorweisung des Hinterlegungs-Attestes eine genaue Beschreibung des angeblich nachgeahmten Musters oder Modells, der zur Nachahmung dienenden Werkzeuge und Geräthe, sowie der Erzeugnisse, auf welchen das angefochtene Muster oder Modell angebracht ist, und nöthigenfalls auch die Beschlagnahme dieser Gegenstände vornehmen lassen.

Wenn Grund vorhanden ist, eine Beschlagnahme vorzunehmen, so kann das Gericht dem Kläger eine Kaution auferlegen, welche er vor der Beschlagnahme zu hinterlegen hat.

Art. 22. Das Gericht kann auf Rechnung und bis zum Belaufe der dem verletzten Theile zugesprochenen Entschädigungen und der Bußen die Konfiskation der mit Beschlag belegten Gegenstände verfügen.

Es soll, selbst im Falle einer Freisprechung, wenn nöthig, die Vernichtung der speziell zur Nachahmung bestimmten Werkzeuge und Geräthe anordnen.

Es entscheidet, inwiefern der Freigesprochene oder Verurtheilte, oder dritte Personen, von den genannten Gegenständen wieder Besitz ergreifen dürfen.

Es kann auf Kosten des Verurtheilten die Veröffentlichung des Erkenntnisses in einer oder mehreren Zeitungen anordnen.

Art. 23. Wer rechtswidrigerweise seine Geschäftspapiere, Anzeigen oder Erzeugnisse mit einer Bezeichnung versieht, welche zum Glauben verleiten soll, daß ein Muster oder ein Modell auf Grund des vorliegenden Gesetzes hinterlegt worden sei, wird von Amtes wegen oder auf Klage hin mit Geldbuße von 30 bis 500 Franken oder mit Gefängniß in der Dauer von 3 Tagen bis zu 3 Monaten., oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung, bestraft.

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Gegen Rückfällige kann diese Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden.

Art. 24. Die Kantone haben zur Behandlung der civilrechtlichen Streitigkeiten wegen Nachahmung hinterlegte!Muster und Modelle eine Geriehtsstelle zu bezeichnen, welche den Prozeß als einzige kantonale Instanz entscheidet.

Die Berufung an das Bundesgericht ist ohne Rücksicht auf den Werthbetrag der Streitsache zuläßig.

Der Bundesrath ist ermächtigt, Experten-Kollegien zu ernennen, welche den Gerichten Fach-Gutachten zu ertheilen und auf Verlangen der Parteien als Schiedsgerichte zu funktioniren haben.

Der Ertrag der Bußen fließt in die Kantonskasse. Bei Ausfällung einer Geldstrafe hat der Richter für den Fall der Wchteinbringiichkeit derselben eine entsprechende Gefängnißstrafe festzusetzen, welche an deren Stelle zu treten hat.

IV. Verschiedenes und Schlnßbestiimuungen.

Art. 25. Die Angehörigen der Länder, welche mit der Schweiz eine bezügliche Konvention abgeschlossen haben, können ihre gewerblichen Muster und Modelle innerhalb einer Frist von vier Monaten vom Datum ihrer Hinterlegung in einem der genannten Länder und unter Vorbehalt der Rechte Dritter in der Schweiz deponiren, ohne daß durch inzwischen eingetretene Thatsachen, wie durch eine andere Hinterlegung oder eine Veröffentlichung, die Gültigkeit der durch sie bewerkstelligten Hinterlegung beeinträchtigt werden könnte.

Das gleiche Recht wird denjenigen Schweizerbürgern gewährt, welche in erster Linie ihre Muster und Modelle in einem der im vorigen Absätze bezeichneten Länder hinterlegt haben.

Art. 26. Jedem Urheber eines in einer nationalen oder internationalen Ausstellung in der Schweiz figurirenden Musters

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oder Modelles wird, nach Erfüllung der vom Bundesrathe zu bestimmenden Formalitäten, ein Schutz von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, gewährt. Während der Dauer dieser letzteren sollen etwaige Hinterlegungen oder Veröffentlichungen den besagten Urheber nicht verhindern, innerhalb der genannten Frist die zur Erlangung des definitiven Schutzes erforderliche rechtsgültige Hinterlegung zu bewirken.

Wenn eine internationale Ausstellung in einem Lande stattfindet, das mit der Schweiz eine bezügliche Konvention abgeschlossen hat, so wird der zeitweilige Schutz, welchen das fremde Land den an der betreffenden Ausstellung befindlichen gewerblichen Mustern oder Modellen gewährt, auf die Schweiz ausgedehnt. Dieser Schutz darf eine Dauer von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, nicht übersteigen und hat die nämlichen Wirkungen, wie die in vorstehendem Absätze beschriebenen.

Art. 27. Einstweilen, und so lange es die Mehrheit der Interessenten nicht verlangt, werden die Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes auf die Buntdruckerei nicht angewendet.

Art. 28. Der Bundesrath ist beauftragt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Réglemente und Verordnungen zu erlassen und namentlich auch das Verfahren, welches in den Fällen der Art. 6, 7, 22 und 24 vor dem Bundesgerichte eintreten soll, in zuständiger Weise festsetzen zu lassen.

Art. 29. Durch dieses Gesetz werden die in den Kantonen geltenden Bestimmungen über den Schutz der gewerblichen Muster und Modelle aufgehoben.

Die Muster und Modelle, welche im Zeitpunkte, wo das vorliegende Gesetz in Kraft tritt, vermöge der kantonalen Gesetze noch Schutz genießen, verbleiben gleichwohl in den

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betreffenden Kantonen bis zum Ablauf der gesetzlichen Bchutzdauer geschützt.

Art. 30. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und" Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Sissach nach Gelterkinden.

(Vom 17. März 1888.)

Tit.

Mit Eingabe vom 11., eingelangt am 13. Februar 1888 bewerben sich die Herren Th. Gerster-Bussinger und Bernhard Handachin, als Präsident und Sekretär eines Komite, um die Konzession für eine normalspurige Eisenbahn von S i s s a c h nach G e l t e r k i n d en.

Das Gesuch ist von den vorgeschriebenen Beilagen begleitet und wird im Wesentlichen begründet, wie folgt: Die Gemeinde Gelterkinden, in Uebereinstimmung mit den hinterliegenden Gemeinden des Gelterkinder-, beziehungsweise Ergolzund Eithals, habe sahon seit vielen Jahren das Projekt einer Schienenverbindung mit der den Kanton durchziehenden Centralhahnlinie in's Auge gefaßt und als Anschlußpunkt die benachbarte Station Sissach in Aussicht genommen. Die ersten, für das gegenwärtige Gesuch benützten Studien reichten bis in das Jahr 1872 zurück.

In dem am 15. Juli gleichen Jahres zwischen der Regierung von Baselland und dem Direktorium der schweizerischen Centralbahn abgeschlossenen, vom Volke genehmigten Vertrage betreffend die Wasserfallenbahn habe in Art. 7 eine noch heute in Kraft bestehende Bestimmung Aufnahme gefunden, welche die Centralbahn verpflichte, sieh bei dem Bau und der Beschaffung des Betriebsmaterials einer Bahn von Sissach in's Gelterkinderthal mit einem Drittheil der

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Gesetzesentwurf über die gewerblichen Muster und Modelle. (Vom 12. März 1888.)

In

Bundesblatt

Dans

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In

Foglio federale

Jahr

1888

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.03.1888

Date Data Seite

653-673

Page Pagina Ref. No

10 013 883

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