#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. III.

Nr. 28.

# S T #

23. Juni 1888.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Rekurs der katholischen Schulgemeinde Lichtensteig gegen den einen Beschluß des Großen Rathes des Kantons St. Gallen, vom 24. November 1886, aufrecht erhaltenden bundesräthlichen Entscheid vom 10. Januar 1888.

(Vom 1. Juni 1888.)

Tit.

Die katholische Schulgemeinde Lichtensteig (St. Gallen") hat eine vom 24. Mai abbin datirte Eingabe au Si« gerichtet, in welcher sie erklärt, daß sie sich zur Beschwerdeführung veranlaßt sehe gegen drei Beschlussnahmen St. Gallischer Behörden -- nämlich der politischen Gemeinde Lichtensteig, v o m 4 . Oktober GroßenRathes,, vom 24. November desselben Jahres -- undunsernu Entscheid über ihren Rekurs gegen jeneSchlussnahmen, vom 10. Januar abbin, und sie bittet, es möchte diese Beschwerde als begründet erklärt werden, indem sie sich berechtigt glaube, als öffentliche Korporation fortzuexistiren und nur auf demverfassungs-und gesetzmäßigen Wege aufgehoben werden könne.

Unserer Pflicht zur Berichterstattung über die Angelegenheit nachkommend, erlauben wir uns, soweit es die Darstellung des Geschichtlichen und Materiellen des Streites betrifft, auf die Ausführungen des dieser Botschaft beigedruckten Vertrages unseres Departements des Innern über die Angelegenheit au verweisen.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

35

530 Was sodann die sachlichen Anbringen der Eingabe anbelangt, welche Sie zur Aufhebung unseres Entscheides bewegen sollen, so haben wir finden müssen, daß diese keine neuen Punkte darbieten, sondern schon alle in dem frühem an uns gerichteten Rekurse aufgeführt und im Berichte unseres Departements des Innern erwogen sind.

Im Hinblick auf diesen Umstand erachten wir es nicht für angemessen, den Motiven unseres angefochtenen Entscheides weitere Ausführungen anzuschließen, sondern wir begnügen uns, gestutzt auf die Erwägungen jenes Entscheides vom 10. Januar abhin, bei Ihnen den Antrag zu stellen : Es sei der vorliegende Beschwerderekurs der katholischen Schulgemeinde Lichtensteig als unbegründet abzulehnen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 1. Juni 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

531

Beilagen.

I.

Vortrag des Departements des Innern, vom 2. Dezember 1887.

Der k a t h o l i s c h e P r i m a r s c h u l r a t h von Licht e n s t e i g , Kantons St. Gallen, b e s c h w e r t s i c h im Namen der katholischen Schulgemeinde daselbst g e g e n e i n e n Bes c h l u ß d e s Großen Rathes d e s K a n t o n s St. G a l l e n vom 26. November 1886, durch welchen die U e b e r n a h m e des g e s a m m t e n P r i m a r s c h u l w e s e n s der Gr e ni e i n d e durch eine aus den Bürgern der evangelischen und k a t h o l i s c h e n S c h u l g e m e i n d e n zu k o n s t i tuirende bürgerliche Schulgemeinde sanktion i r t wurde.

I. Torgeschichte des Rekurses.

Das Primarschulwesen der Gemeinde Lichtensteig ist dermalen folgendermaßen gestaltet: Die Unterschulen, bestehend aus dem I. bis IV. Kurse, sind konfessionell getrennt; die katholische wird vom katholischen, die evangelische vom evangelischen Schulrathe geleitet. Die V. bis VII. Klasse, mit der Ergänzungsschule, bilden die paritätische Oberschule. Die Fürsorge für diese Schule besorgt ein Ausschuß von fünf Mitgliedern, in welchen der eine Primarschulrath drei, der andere zwei Mitglieder aus seiner Mitte wählt.

Das Loos entscheidet, welcher Konfession die Mehrheit zufällt. Die gemischte Oberschule hat einen eigenen Fond, welcher Eigenthum der politischen Gemeinde ist; die zwei andern Schulfonds werden von den konfessionellen Schulräthen verwaltet und die jährlichen Defizite durch eine allgemeine Schulsteuer gedeckt.

532

Am

4 . Oktober 1885 beschl o s s d i e politische Gemeinde

Die evangelische Schulgemeinde trat diesem Beschlüsse bei, wogegen die katholische Schulgemeinde die Vereinigung der Schulen ablehnte und bei dem Regierungsrathe des Kantons das Begehren um Kassation, beziehungsweise auf Nichtvollzug des Beschlusses einlegte.

Vom Regierungsrathe abgewiesen, brachte die Beschwerdeführerin die Angelegenheit vor den Großen Rath, welcher am 26. November nach einläßlicher Beratung mit 99 gegen 66 Stimmen in Bestätigung der regierungsräthlichen Schlußnahme den Rekurs ebenfalls abwies, immerhin, nach Aul rag des Regierungsrathes, in dem Verständnisse, daß nicht die politische Gemeinde das Primarschulwesen übernehme, sondern die aus den Bürgern der evangelischen und katholischen Schulgemeinde zu konslituirende bürgerliche Schulgemeinde, welche einen eigenen Schulrath 2.11 wählen habe.

Gegen diese Schlussnahme beschwerte sich die katholische Schulgemeinde vonLichtensteigg im "Wege des staatsrechtlichen Rekurses nunmehr beimBundesgerichte, indem sie, gestützt auf Art. 7, Alinea 4, der st. gallischen Kantonsverfassung,welcherr den Fortbestand der katholischenundd evangelischen Primarschulen in den Gemeinden gewährleiste, sowieauf' Art. 7, Absatz 8, Art. 20, 33, 61, 77, 81 der Verfassung-, beantragte: das Bundesgericht wolle ihre verfassungsmäßigen, durch d i e Beschlüsse d e s Gemeinde Lichtensteig vorletzten Rechte schützen.

Diese Beschwerde beantwortete der Regierungsrath des Kantons St Gallen wesentlich damit, daß der Bestand konfessionell getrennter Schulen, wie er im Art. T, Absatz 4, der Kantonsverfassung gewährleistet werde, mL Art. '27 und Art 41), Absatz 4, der Bundesverfassung unvereinbar sei, was die politischen Bundesbehörden in wiederholten Entscheidungen anerkannt hätten.

Mit Urtheil vom 1. April dieses Jahres erkannte das Bundesgericht, es werde zur Zeit auf die Beschwerde nicht eingetreten, wobei es sieh in seinen Erwägungen in der Hauptsache wie folgt äußerte : ,,Das Bundesgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 28. März. 1880 in Sachen der katholischen Schulgenossen von St. Gallen ausgesprochen, es sei zur Entscheidung der

533 Frage, ob konfessionell getrennte Schulen mit Art. 27 oder 49, Absatz 4, der Bundesverfassung unvereinbar seien und ob daher Art. 7, Ziffer 4, der st. gallischen Kantonsverfassung durch die Bundesverfassung aufgehoben sei, nicht konipetout ; die Kompetenz, hierüber zu entscheiden, stehe ausschließlich den politischen Behörden des Bundes zu. Das Bundesgerioht hat demgemäß die Beurtheilung einer auf Verletzung des Art. 7, Ziffer 4, der Kantonsverfassung begründeten Beschwerde auf so lange abgelehnt, als über die erwähnte Frage nicht durch die politischen Behörden entschieden sei. Hieran ist auch heute aus den in der citirten Entscheidung entwickelten Gründen durchaus festzuhalten. Wenn die politischen Bundesbehörden anläßlich einzelner anderer an sie gelangter Rekursfälle die in Rede stehende Verfassungsfrage erörtert und entschieden haben, so wird dadurch die Kompetenz des Bundesgerichtes , im gegenwärtigen Streitfalle von sich aus zu entscheiden, keineswegs begründet. Denn die sachbezüglichen Entscheidungen der politischen Bundesbehörden und insbesondere des Bundesrathes erledigen rechtski'äftig bloß den einzelnen Beschwerdefall, auf welchen sie sich beziehen; allgemein verbindlich sind dieselben nicht. Es muß daher sein Bewenden haben, daß auch im gegenwärtigen Rekursfalle die Frage der fortdauernden Geltung des Art. 7 , Absatz 4 , der st. gallischen Kantonsverfassung nicht vom Bundesgericht entschieden werden kann, sondern von den politischen Bundesbehörden beurtheilt werden muß."''

Auf diesen Bescheid des Bundesgerichtes betrat die katholische Schulgemeinde von Lichtensteig nunmehr den Weg des Rekurses an den Bundesrath, wobei sie in ihrer Eingabe von vornherein ,,ihr weiteres diesbezügliches Rekursrecht a vorbehält.

II. Der Rekurs.

Die Rekursschrift faßt ihre Rechtsbegründung-, bezüglich deren näherer Ausführung sie den Bundesrath auf die Eingabe an das Bundesgericht und auf die Berichte der Minderheit der großräthlichen Kommission verweist, in folgende Sätze zusammen : 1) Der Art. 7, Abs. 4, der st. gallischen Eautoosverfassung stellt mit dem Art. 27 der Bundesverfassung nicht im Widerspruche; denn der Kauton St. Gallen sorgt in Ausführung desselben für genügenden Primarunterricht; dieser letztere steht ausschließlieh unter staatlicher Leitung, ist obligatorisch und unentgeltlich.

634

2) Die bestehenden st. gallischen öffentlichen Schulen können von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden, und ist auch wahrend des mehr als 25jährigen Bestandes der Verfassung nicht eine einzige widersprechende Thatsache erwiesen, worden.

3) Die Verfassung wird auch in weitgehendster Weise in praxi dahin gehandhabt, daß nicht bloß den konfessionellen Minoritäten, wo sie keine eigenen Schulen haben, der Schulbesuch ohne Beeinträchtigung der Glaubens- und Gewissensfreiheit gestattet und das Stimm- und Wahlfähgkeitsrecht eingeräumt ist, sondern auch Schulgemeinden verschiedener Konfession auf dem Wege der Freiwilligkeit sich vereinigen können.

O o O 4) Das Vorgehen irn vorliegenden Falle und dessen Sanktion durch die Oberbehörden, laut welchem eine verfassungsgemäß bestehende öffentliche Schulkorporation mitten in der Amtsperiode durch einen gelegentlichen Mehrheitsbeschluß einer beliebigen (!) anderen politischen Korporation zwangsweise aufgehoben werden will, erscheint als ein verfassungs- und gesetzwidriger Gewaltakt, der materiell unmöglich durch die bloße Anrufung des Art. 2'7 der Bundesverfassung gedeckt werden kann und formell jedenfalls von den zuständigen Bundesbehörden auf die Bahn eines verfassungs- und gesetzmäßigen Verfahrens geleitet werden soll.

In den verschiedenen Schriften, auf welche wir verwiesen werden, finden wir, das Unerhebliche und nicht vor das Forum des Bundesrathes Gehörende bei Seite lassend, zur Begründung obiger Sätze im wesentlichen Folgendes angebracht: Die Bestimmungen des Art. 27 der Bundesverfassung sind infolge der Allgemeinheit der Ausdrücke verschiedener Deutung fähig.

Der Bundesrath hat dies in seiner Botschaft vom 3. Juni 1880 zum Beschlussesentwurf betreffend die Vollziehung des Art. 27 (Schulsekretär) selbst hervorgehoben und zur Beseitigung der Unsicherheit und Unbestimmtheit, unter welcher die rekursweise Prüfung der Erledigung einzelner Beschwerden und noch in viel höherem Grade die direkte Kontrole der Bundesbehörden leide, die gesetzliche Regulirung dieser Materie wünschbar erklärt und angestrebt. In demselben Sinne haben sich die Mehrheitsberichte der Kommissionen beider Räthe über den genannten Beschlussesentwurf ausgesprochen.

Die Auslegung des Postulates der ,,ausschließlich staatlichen Leitung", wonach dasselbe konfessionelle Schulverbände ausschließe, ist unrichtig. Die Bestimmung der ,,ausschließlich staatlichen Lei-

535 tung" ist nicht gegen die konfessionelle Angehörigkeit weder der Schulgeuossen, noch auch derjenigen gerichtet, welchen die Leitung der Schule übertragen wird; sondern sie ist gegen eine allfällige Allein- oder Mitherrschaft des geistlichen Amtes und Standes als solcher in der Leitung des Primarschulwesens gerichtet. Der geistliche Stand als solcher darf nicht die Leitung des Schulwesens in seine Hände bekommen, diese muß von ausschließlich staatlichen, d. h. nicht geistlichen Organen geübt werden.

Dieser Anforderung wird in dem Primarschulwesen des Kantons St. Gallen, wie dasselbe auf Grundlage seiner Verfassung und Gesetzgebung sieh gestaltet hat und wirklich besteht, ein volles Genüge geleistet. Das Primarschulwesen ist ein integrirender Bestandteil der kantonalen Verwaltung, die Souveränetät im Schulwesen gehört ausschließlich dem Staate; es gibt keine konfessionellen Gesetze, welche das Primarschulwesen beschlagen; es gibt kein konfessionelles Organ, das als solches das Schulwesen beeinflussen oder beherrschen könnte; es ist das Erziehungswesen keiner von der kantonalen Erziehungsbehörde unabhängigen Behörde, oder gar dem Klerus oder der Kirche übertragen; nirgends und in keiner Richtung existirt ein Vorrecht für die letztere, nirgends ein Vorrecht der Geistlichen, seien es Weltpriester oder Ordensleute; Geistliche und Prediger sind nirgends in bessern Rechten als der Laie, ira Gegentheil, man hat den Lehrerinnen, welche einem Orden oder einer Korporation angehören, die Thüre verschlossen, wenn sie nicht einem st. gallischen Frauenkloster einverleibt sind. Mit einem Worte, mit dem Primarschulwesen haben Kirche und Konfession im engern Sinne des Wortes nichts zu schaffen.

Der Art. 7, Ziffer 4, der kantonalen Verfassung, welcher den Fortbestand der katholischen und evangelischen Primarschulen gewährleistet, hat nur den Sinn: sie garantirt den Schulgenossenschaften die Schulfonds, die Verwaltung und die Verwendung der Erträgnisse derselben; sie enthält die Anerkennung der historisch gegebenen korporativen Existenz. Mit dieser korporativen Seite des st. gallischen Schulwesens hat der Art. 27 der Bundesverfassung nichts zu thun. Sie ist für die staatliche Leitung der Schule indifferent.

Uebrigens ist dieser Ausscheidung durch den Art. 119 der kantonalen Schulordnung und auf dem Wege der
Praxis die grundsätzliche Spitze dadurch gebrochen worden, daß sich auch Schulgenossenschaften verschiedener Konfessionen auf dem Wege der Freiwilligkeit vereinigen können und vereinigt haben und daß auch da, wo Schulpflichtige keine Schule gleicher Konfession haben, der Zutritt zur Gemeindeschule der andern Konfession und zwar den

536 Bürgern mit der Stimm- und Wahlfähigkeit an den Gemeindeversammlungen und den Kindern der Schul besuch ohne jede Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit gestattet ist.

Der Art. 7, Ziffer 5, der st. gallischen Verfassung lautet: ,,Die oberste Leitung des Erziehungswesens steht beim Regierungsrathe. Demselben ist zur Vollziehung ein Erziehungsrath von eilf Mitgliedern untergeordnet, welcher vom Regierungsrathe gewählt wird und aus sechs Mitgliedern katholischer und fünf Mitgliedern evangelischer Konfession bestehen soll. Den Präsidenten und den Vicepräsidenten des Erziehungsrathes wählt der Regierungsrath mit Berücksichtigung der Parität."

Diese Bestimmungen über die Parität der Erziehungsbehörden sind als durch den Art. 27 der Bundesverfassung aufgehoben betrachtet und als aufgehoben erklärt worden.

Die st. gallische Schule entspricht auch dem Alinea lì des Art. 27; denn es wird in einer kofessionellen Schule naturgemäß eine Verletzung des Glaubens und des Gewissens eher weniger vorkommen, als in einer gemischten, wo jedes an Religion anklingende Wort bei Kindern der einen oder andern Konfession zum Anstoß werden kann.

Ebenso entspricht sie der Forderung der Unentgeltlichkeit : diese ist im Kanton St. Gallen durchgeführt, und Erziehungsgesetz und Schulordnung haben dafür gesorgt, daß, wo Uebelstände Schwierigkeiten bieten sollten, passende Zutheilungen erfolgen können.

Die Bundesbehörden haben allerdings bei verschiedenen konkreten Fällen den Art 27 im Sinne dei- Unzuläßigkeit konfessioneller öffentlicher Schulen interpretirt. Aber dienen Rekursentseheiden und Verfassungsgenehnmigungsbeschlüssen der eidgen. Behörden kann die staatsrechtliche Bedeutung einer authentischen, allgemein verbindlichen Auslegung überhaupt nicht beigelegt werden. Sie schaffen formelles Recht und haben matérielle Gültigkeit nur für die speziellen Rekursparteien und nur über das konkrete Rekurspetitum des einzelnen Rekursfalles. Darüber hinaus reicht, ihre Bedeutung nicht.

Aber selbst wenn eine authentische und allgemein verbindliche Auslegung des Art. 27 in dein Sinne vorliegen würde, daß das Postulat ,,ausschließlich staatliche Leitung" die Kreirung n e u e r , auf rein bürgerlicher Grundlage beruhender Schulgemeinden erfordere, deren Angehörigkeit von der Angehörigkeit zu einer bestimmten Konfession ganz unabhängig sein müsse, so führt dies

537 noch keineswegs dazu, daß die bisherigen konfessionellen Schulverbände, welche das öffentliche Primarschulwesen bis jetzt besorgt haben, überhaupt nicht mehr fortexistiren dürfen; daß sie als selbstständige konfessionelle Genossenschaften aufgehoben werden müssen, und daß ihr Vermögen und ihr Eigenthum ipso jure kraft Art. 27 der Sekularisation zu Händen des Kantons oder der neu zu kreirenden, rein bürgerlichen Schulverbände verfallen sei.

Der Kanton Graubünden hat noch mehrere katholisch-konfessionelle Schulen ; der Kanton Aargau israelitische Schulgemeinden ; in den Kantonen Freiburg, Uri und Unterwaiden existiren konfessionelle protestantische Schulen. Gegen keinen dieser Kantone ist der Art. 27 der Bundes Verfassung geltend gemacht worden. Nun gibt es für den Kanton St. Gallen kein schlimmeres Recht als für andere Kantone. Entweder -- oder. Entweder sind konfessionelle Schulen überhaupt gestattet, oder sie sind es nicht.

Wir verlangen gleiches Recht für Alle.

Der R e g i e r ungs r a t h des K a n t o n s St. G a l l e n beantragt A b w e i s u n g des R e k u r s e s und verweist, indem er sich in der Vernehm lassung an den Bundesrath im Wesentlichen auf die in Sachen der konfessionellen Schulen bereits ergangenen Entscheide der Bundesbehörden beruft, bezüglich der nähern Begründung seines Standpunktes, dem Vorgang der Rekurrenten folgend, auf frühere, die vorliegende Beschwerde betreffende und vor anderem Forum eingelegte Memoriale, nämlich auf die Vernehmlassung des Regierungsrathes an den G r o ß e n R a t h von St. Gallen, den Bericht der Mehrheit der großräthlichen Kommission an d i e s e l b e B e h ö r d e und die Vernehmlassung des Regierungsrathes an das B u n d e s g e r i c h t , wobei er erklärt, daß die in den citirten Aktenstücken entwickelten Ansichten in allen Theilen festgehalten werden.

Wir entnehmen diesen Aktenstücken in Kürze folgende Erwägungen : Der Bestand konfessioneller Schulgemeinden, deren Verband kein Bürger einer andern Konfession angehören darf, ist mit den Vorschriften der Bundesverfassung nicht vereinbar.

Der Art. 27 der Bundesverfassung schreibt vor, daß der Primarunterricht unter ausschließlich staatlicher Leitung stehen müsse.

An der Leitung des Primarunterrichts im Kanton St. Gallen ist nicht nur der Regierungsrath betheiligt, sondern auch der Erziehungsrath, der Bezirksschulrath, die Schulgemeinde und deren Schulrath. Die Leitung darf nicht nur theilweise -- in den obern In-

538

stanzen -- sondern sie muß durchgängig, bei allen betheiligten Faktoren derselben, ausschließlich staatlichen Charakter tragen. Bei Schulgemeinden und Schulräthen, die, wie dies in den konfessionellen Schulgemeinden der Fall ist, aus A n g e h ö r i g e n e i n e r und d e r s e l b e n K o n f e s s i o n bestehen müssen, ist dies nicht der Fall. Die Vorschrift der Verfassung des Kantons St. Gallen, Art. 7, Ziff. 5, welche die Zusammensetzung desErziehungsrathes,, die Vorschriften desErziehungsgesetzes, welche die Zusammensetzung der engern Kommission des Erziehungsrathes und der Bezirksschulräthe au Bedingungen konfessioneller Natur knüpfen, sind ohne Widerspruch sofort nach Inkrafttreten der Bundesverfassung als nicht vereinbar mit deren Art. 27 betrachtet worden und außer Kraft getreten ; ebensounvereinba: mit, diesem Artikel und aus denselben Gründen ist die Einrichtung, welche die Bildung der Schulgemeinde und die Wahl ihres Schulrathes ausschließlich konfessionellen Bedingungen unterordnet. Es braucht eben die langjährige Gewöhnung an überkommene Einrichtungen, um den Widerspruch einer angeblich ausschließlieh staatlichen Leitung des Erziehungswesens mit dem Monopol der Konfession auf Besorgung d e r Schulverwaltuug innerhalb d e r Grenzen d e r kommunalen Von den berufenen Interpreten der Bundesverfassung, dem Bundesrathe und der Bundesversammlung, ist bei verschiedenen Anläßen auf das Unzweideutigste erklärt worden, daß die Trennung der öffentlichen Schulen nach Konfessionen mit Art. 27 der Bundesverfassung nicht vereinbar sei.

Die Gewährleistung des Fortbestandes der katholischen und evangelischen Primarschulen, wie sie in Art. 7, Ziffer 4, der st. gallischen Verfassung ausgesprochen sieh findet, ist nicht allein durch Art. 27, sondern auch durch Art. 49, Alinea 4, der Bundesverfassung (,,Die Ausübung bürgerlicher oder politischer Rechte darf durch keinerlei Vorschriften oder Bedingungen kirchlicher oder religiöser Natur beschränkt werden'') abrogirl-.

Die Ausübung der mit der staatlichen Leitung des Schulwesens verbundenen bürgerlichen und politischen Rechte muß von allen Vorschriften und Bedingungen kirchlicher oder religiöser Natur losgeschält sein. Die Beschulung der Kinder ist des Vaters Recht und Pflicht. Natürlicher- und vernünftigerweise sollte jeder Bürger seine Kinder in die
Schule seines Wohnortes schicken können.

Dies ist im Kanton St. Gallen infolge von .,Bedingungen kirchlicher Natur", nämlich der konfessionellen Schultrennung, nicht statthaft.

Ebenso sollte natürlicher- und vernünftigerweise jeder Bürger im Schulkreise seines Wohnortes, wie steuerpflichtig, so auch stimm-

539

und wahlberechtigt sein. In allen andern Angelegenheiten des Wohnortes, wo es zu bauen gilt, oder Wege und Straßen zu erstellen, Schutz zu schaffen gegen die Elemente, Sicherheit zu bieten für Leib und Leben, Gesundheitspolizei zu üben, Verkehr und Markt zu ordnen -- gilt ein Gesetz und ein Recht für die gesammte Bevölkerung; handelt es sich aber um die hohen und heiligen Aufgaben, die sich an die Schule knüpfen, gilt es, für das Wohl der Jugend zu sorgen, den Schulrath, den Lehrer zu wählen, Schulhäuser zu bauen etc., da hört auf einmal das gemeinsame Recht auf, da wird der Bürger durch die Verschiedenheit seines religiösen Bekenntnisses rechtlos. Es ist Ausübung und Genuß des Stimm- und Wahlrechts an Vorschriften oder Bedingungen kirchkirchlicher oder religiöser Natur geknüpft.

Für die Beurtheilung des Rechtszustandes kommen die Milderungen, welche die st. gallische Schulordnung dadurch gebracht hat, daß sie unter gewissen Umständen gestattet, katholische Bürger evangelischen und evangelische Bürger katholischen Schulgemeinden zuzutheilen, nicht in Betracht; denn diese Milderungen repräsentiren nicht die Regel, sondern die Ausnahme; sie erfolgen mehr oder minder auf dem Gnadenwege, auf Zeit und Bedingungen hin, sind zurückziehbar, und die Verordnung selbst kann durch einfachen Regierungsrathsbesehluß jederzeit wieder abgeändert werden. Sofern sie aber zur Beurtheilung der faktischen Zustände betont werden wollen, so zeigen sie nur um so deutlicher, wie die Dinge im Kanton St. Gallen liegen; auf der einen Seite das starre, allein an allen Ecken und Enden durchlöcherte Prinzip der konfessionellen Schule, auf der andern eine liberale Praxis, welche aber gleichwohl den zahllosen und schweren Uebelständen, welche sich an das in Abbröckelung und Einsturz begriffene System der konfessionellen Trennung des Primarschulwesens knüpfen, auch nicht entfernt in wirksamer Weise zu steuern vermag.

III. Zur Benrtheilnng des Rekurses.

Die Beschwerdeführer behaupten nicht, daß irgend eine Vorschrift der Bundesverfassung die konfessionelle Schule positiv schütze, und daß durch die Vereinigung der bis anhin noch konfessionell getrennten unteren Primarschulen in Lichtensteig eine Vorschrift der Bundesverfassung verletzt sei.

Es läge deshalb nahe, den Rekurs in der Weise abzuthun, wie dies in dem Beschlüsse des Bundesraths vom 18. Juli, betreffend den Rekurs von katholisch Dietikon, geschehen ist.

540 Allein, was dort genügte, genügt im vorliegenden Falle deshalb nicht, weil die Kantonsverfassung von St. Gallen, was bei Zürich nicht der Fall war, den Fortbestand der konfessionellen Schulen gewährleistet und diese Gewährleistung in Kraft bestellt, sofern dieselbe nicht mit Vorschriften der Bundesverfassung positiv sieh im Widerspruch befindet.

Die Rekurrenten stellen sieh auf den Standpunkt, daß diese Frage bis zur Stunde nicht in rechtsgültiger, allgemein verbindlicher Weise beantwortet sei. Allerdings habe .sie der Bundesrath in verschiedenen Rekursfällen und auch die Bundesversammlung anläßlich von Verfassungsgenehmigungen negativ beantwortet; allein solchen Rekursentscheiden komme materielle Gültigkeit nur für die speziellen Rekursparteien und nur über das konkrete Rechtspetitum des einzelnen Rekursfalles zu.

Wir haben .nient nöthig, uns hierüber in Erörterungen einzulassen, da mehr vorliegt, als Entscheidungen über konkrete Rekurspetita.

Der Art. 27 der Bundesverfassung enthält bezüglich seiner Handhabung in Alinea 4 folgende Vorschrift : ,,Gegen Kantone, welche diesen (in den vorhergehenden Sätzen genannten) Verpflichtungen nicht nachkommen, wird der Bund die nöthigen Verfügungen treffen'", und Art. 102 der Bundesverfassung übertrügt dem Bundesrath in Ziffer 2 folgende B e J ' u g n i ß und O b l i e g e n h e i t : ,,Er hat für Beobachtung der Verfassung, der Gesetze und Beschlüsse des Bundes zu wachen; er trifft »zr Handhabung derselben von sich uns oder auf eingegangene Beschwerde, soweit die Beurtheilung solcher Rekurse nicht nach Art. 113 dein Bundesgerichte übertragen ist, die erforderlichen Verfügungen."

Nun hat dei- Bundesrath, kraft der allgemein und speziell für Handhabung des Art. 27 der Bundesverfassung ihm zukommenden Kompetenz, nachdem er anläßlich von aus dem Kanton St. Galleu au ihn gelangten Beschwerden dessen Schulgesetzgebung zu prüfen im Falle war, gestützt darauf, daß die konfessionelle Schuleinrichtung des Kautons im Widersprüche sei mit dem Art. 27 der Bundesverfassung und dessen Anforderungen, den Kanton St. Gallen eingeladen, ,,die Schuleinrichtung des Kantons möglichst bald mit der Bundesverfassung in Einklang zu bringen".

541 Es ist dies kein Rekursentscheid, sondern eine direkte, auf kein konkretes Rekurspetitum antwortende, das Schulwesen des Kantons St. Gallen im Allgemeinen betreffende Verfügung im Sinue von Art. 27, Alinea 4, der Bundesverfassung. Diese Verfügung ist kompetent erlassen, rechtsgültig und, so lange sie sammt der ihr zu Grunde liegenden und deutlieh ausgesprochenen Auslegung des Art. 27 nicht durch einen Beschluß der Bundesversammlung aufgehoben, beziehungsweise modiflzirt ist, für den Kanton St. Gallen verbindlich.

Da ein solcher aufhebender oder modifizirender Beschluß der Bundesversammlung nicht vorliegt, so waren die Kantonsbehörden von St. Gallen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, im Sinne der Verfügung des Bundesrathes zu handeln.

Sie haben dies gethan indem sie, wie in verschiedenen andern Gemeinden, so auch in Lichtensteig, die Vereinigung zweier bisher konfessionell getrennter Schulen sanktionirten.

Der Bundesrath hat keinen Grund, von seiner Beurtheilung der st. gallischen Schuleinrichtung und von seiner Verfügung zurückzukommen.

Wenn in den Rekursschriften der Beschwerdeführer betont wird, daß man gegenüber der Kantonsverfassung die dort vorgeschriebene Konfessionalität bei der Zusammensetzung des Erziehungsrathes, gegenüber dem Erziehungsgesetz die in demselben normirte Konfessionalität bei der Zusammensetzung der engern Kommission des Erziehungsrathes und der Zusammensetzung des Bezirksschulrathes, als mit dem Art. 27 der Bundesverfassung im Widerspruch stehend, fallen gelassen habe, sowie, daß die Schulordnung und die Praxis die von der Kantonsverfassung geforderte ausschließlieh konfessionelle Organisation der Schule wesentlich gemildert habe, so ist hievon, als von einer Entwicklung der Dinge im Sinne der Bundesverfassung und der hierseitigen Verfügung, mit Befriedigung Akt zu nehmen. Allein diese Milderungen ändern, wie der Rekurs selbst beweist, den Charakter der Schulgesetzgebung nicht.

Der Versuch der Rechtfertigung des st. gallischen Schulwesens gegenüber dem Art. 27 der Bundesverfassung dadurch, daß Alles aufgezeigt wird, was in demselben ,,staatlich" ist, reicht nicht aus, weil der große Rest bleibt, nämlich die organisirte Trennung der Familien der Gemeinden, die Zusammensetzung der Schulgenossen-

542

Schäften, die Wahl der Schulräthe -- nach Konfessionen, und ebenso wenig läßt sich dieser Hauptanstoß beseitigen durch die Behauptung, mit dieser " korporativen Seite" des st. gallischen Primarschulwesens habe der Bund und der Art. 27 der Bundesverfassung nichts zu schaffen, nachdem eine kantonale Verfassung von der Bundesversammlung in einem ihrer Artikel, welcher gerade eine solche konfessionell-korporative Gestaltung des Schulwesens vorsah, als mit dem Art. 27 der Bundesverfassung im Widerspruche stehend, zurückgewiesen worden ist.

Es geht auch nicht an, die Tragweite dieses Beschlusses der Bundesversammlung und der ihm zu Grunde liegenden Interpretation des Art. 27 der Bundesverfassung dahin abzuschwächen, daß, wenn auch für n e u e Schulen die Unstatthaftigkeit einer konfessionellen Ausscheidung Geltung haben möge, dies gegenüber s c h o n b e s t e h e n d e n , nach diesem Grundsatz organisirten Schulen nicht der Fall sei. Wäre dies richtig, so würde die Uebergangsbestimmung der Bundesverfassung, wonach ,,diejenigen Bestimmungen "der kantonalen Verfassungen und Gesetze, welche mit der neuen ,,Bundesverfassung im Widerspruche stehen, mit Annahme derselben ,,außer Kraft treten", durchaus keinen Sinn haben.

Hinwieder sind wir mit den Rekurrenten in der Annahme einig, daß in der bundesrechtlichen Verurtheilung des Instituts der konfessionell getrennten Primarschulen nicht ohne Weiteres auch ein Entscheid über Eigenthumsfragen, über Zugehörigkeit von Schulfonds u. dgl., enthalten sein könne.

Bin anderer, in einer der Rekursschriften unternommener Versuch, die st. gallische Schuleinrichtung vor dem Art. 27, speziell vor dessen Forderung der ,,ausschließlich staatlichen Leitung" zu retten, besteht darin, diese Forderung so auszulegen, daß daneben die st. gallische Einrichtung Platz hat. Diese Auslegung, nach welcher die fragliche Forderung ,,nur gegen eine allfällige Alleinoder Mitherrschaft des geistlichen Amtes und Standes als solchen in der Leitung des Primarschulwesens"' gerichtet sein soll, stimmt nicht mit dem eigenen Standpunkte der Rekurrenten, nach welchem das Fallenlassen der von der Kantonsverfassung und dem kantonalen Gesetze vorgeschriebenen Konfessionalität für Zusammensetzung des Erziehungsrathes, dessen engerer Kommission und der Bezirksschulräthe -- weil mit Art. 27 der
Bundesverfassung unverträglich -- selbstverständlich ist. Sie hebt nur einen Theil der Sache hervor und ist eine willkürliche Beschränkung, welche weder in dem Wortlaute der Verfassungsbestimmung noch in der Genesis derselben ihre Rechtfertigung findet. Sie steht im Widerspruch mit der Interpretation der eidgenössischen gesetzlichen Behörde und

543 würde in ihren Konsequenzen gestatten, nicht nur, daß die konfessionelle Schultrennung in St. Gallen aufrecht bliebe, sondern daß diese Trennung überall in den Kantonen neu eingeführt und vollzogen werden könnte -- eine Entwicklung der schweizerischen obligatorischen Schule, welche dem Geiste unserer Bundesinstitutionen durchaus fremd und widersprechend wäre.

Was schließlich die verschiedenen Anbringen der Rekurrenten anbetrifft, welche den Zweck haben, die verbindliche Autorität der Verfügung des Bundesrathes betreffend die Schuleinrichtung von St. Gallen zu entkräften, so müssen und dürfen solche um so mehr zurückgewiesen werden, als die obersten Kautonsbehörden von St. Gallen jene an sie gerichtete Verfügung niemals, weder formell noch materiell, angefochten haben.

Die Hinweisung der Rekurrenten darauf, daß vom Bundesrathe selbst der Erlaß eines Gesetzes behufs Handhabung des Art. 27 wünschenswerth erklärt worden sei, beweist nichts, weder gegen die Kompetenz dieser Behörde, gegen einen Kanton, welcher Forderungen des Art. 27 nicht nachkommt, auf dem Wege der Verfügung vorzugehen, noch gegen die Verbindlichkeit dieser Verfügung.

Ebenso wenig ist die Behauptung stichhaltig, der Bundesrath habe den Art. 27 verschieden ausgelegt. Die Entscheide und Erlasse des Bundesrathes in Sachen der Schulgesetzgebung von St. Gallen sind alle materiell vollkommen übereinstimmend, und wenn in dein Rekursentscheide betreffend die Scliulvereinigung in Dietikon (Kanton Zürich) weniger gesagt wurde, so geschah dies, wie schon oben bemerkt, weil dies Wenigere dort zur Entscheidung des Rekurses vollkommen genügte.

Wenn schließlich unter Anrufung gleichen Eechtes darauf hingewiesen wird, es bestünden auch in andern Kantonen konfessionelle Schulen, gegen welche der Bundesrath nicht einschreite, sä ist zu bemerken, daß es einen zweiten Kanton mit derselben Schuleinrichtung, wie St. Gallen, unseres Wissens nicht gibt; daß Beschwerden aus andern Kantonen betreffend Fortbestand oder Auflösung von konfessionellen Schulen ihre analoge Erledigung gefunden haben und gegebenen Falls finden werden, und daß es, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit gegenüber der Bundesversammlung, Sache des Bundesrathes ist, zu ermessen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen es angemessen ist, auf dem Wege direkter Intervention oder auf demjenigen einfacher Rekursentscheide vorzugehen.

544

IL Beschluss des Bundesrathes.

Der s c h w e i z e r i s c h e B n n d e s r a t h , nach Einsicht einer Beschwerde der katholischen Schulgemeinde von Lichtensteig, vom 12. Juli 1887, der Vernehmlassung des Regierungsrathes von St. Gallon, vom 4. Oktober 1887,

i u E r w il g u n g : daß der Bunderath durch Beschluß vom 23. April 1878, gestützt darauf, (i a lì «lie- Trennung der öffentlichen Schulen nach Konfessionen Angesichts der Art. 27 und 49 der Bundesverfassung nicht mehr fortbestehen könne, in Anwendung vou Art. 27, Alinea 4, der Bundesverfassung, den Kanton St. (Julien eingeladen hat, die Schuleinrichtungen dea Kantons möglichst bald mit der Bundesverfassung in Einklang zu bringen; (laß Regierung und Großer Rath von St. Gallon, indem sie die Vereinigung der untern, dermalen noch konfessionell getrennten Primarschulen in Lichtensteig schützten, im Sinne der au sie ergangenen Einludung gehandelt haben ; in dev Voraussetzung immerhin, daß bei Bildung der Schul gemeinde konfessionelle Rücksichten nicht maßgebend sein dürfen ; beschli eßt: Die Beschwerde ist als unbegründet abgewiesen.

545

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Uri vom 6. Mai 1888.

(Vom 11. Juni 1888.)

Tit.

Mit Schreiben vom 16. Mai 1888 hat uns der Regierungsrath von Uri die neue Verfassung des Kantons zur Kenntnißnahme und Prüfung übersandt, mit dem Beifügen, daß diese Verfassung von der Landesgemeinde am 6. Mai d. J. mit großer Mehrheit angenommen worden sei, und mit dem Ersuchen, dieselbe der Bundesversammlung zur Genehmigung empfehlen zu wollen.

Wir sind heute in der Lage, Ihnen unsern bezüglichen Bericht zu erstatten.

Das bisherige konstitutionelle Recht des Kantons Uri beruhte auf der Verfassung vom 5. Mai 1850, mit Abänderungen und Ergänzungen vom 27. Oktober 1850 und vom 4. Mai 1851, welche als Ganzes durch Bundesbeschluß vom 11. August 1851, mit einer Erläuterung und mit Ausnahme eines Artikels, die eidgenössische Garantie erhielten, im Weitern auf einem am 17. Dezember 1873 von der Bundesversammlung theilweise genehmigten Dekrete vom 5. Mai 1872 betreffend das Repräsentationsverhältniß im Landrathe und in den Bezirksräthen, endlich auf einem Gesetze vom 4. Mai 1879 betreffend Reorganisation des Gerichtswesens, das am 17. Dezember 1879 bundesgemäß gewährleistet wurde.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

36

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Rekurs der katholischen Schulgemeinde Lichtensteig gegen den einen Beschluß des Großen Rathes des Kantons St. Gallen, vom 24. November 1886, aufrecht erhaltenden bundesräthlichen Ent...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1888

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

28

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.06.1888

Date Data Seite

529-545

Page Pagina Ref. No

10 014 002

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.