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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Postgebäude in Genf.

(Vom 1. Juni 1888.)

Tit.

Schon seit längerer Zeit hat sich die Unzulänglichkeit der Lokale des Hauptpost- und Telegraphengebäudes in Genf fühlbar gemacht und die Ausübung des Postdienstes erschwert.

Bereits vom 1. Oktober 1873 an war die Postverwaltung genöthigt, in dem an das Postgebäude, Eigenthum des Bundes seit 16. Mai 1874, anstoßenden Hause weitere Räumlichkeiten um den Preis von Fr. 4190 per Jahr zu miethen. Trotz dieser Vergrößerung sind die verfügbaren Räumlichkeiten für den Dienst des Hauptpostbüreau ungenügend.

Aus einer im Auftrag der Centralpostverwaltung vorgenommenen besondern Untersuchung ergibt sich Folgendes: Die Dienstlokale sind untergebracht: a. in einem dem Bunde gehörenden Gebäude an der Rue du Stand, Piace de la poste und Quai de la poste; b. in einem dem Architekten Bourrit gehörenden, am Quai de la poste gelegenen Hause.

Im Erdgeschoß befinden sich (hei der Rue du Stand angefangen) : die Briefexpedition, die Briefdistribution und -Aufgabe mit Poste-restante- und Zeitungsbüreau,

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die Schalterhalle, ein Durchgang nach dem Posthof, zugleich Zugang zu den obere Stockwerken, das Mandatbüreau, das Fahrpostaufgabebüreau, die Fahrpostexpeditiou und (im Hause Bourrit) die Fahrpostdekartirung und -Distribution.

Im ersten Stock (Entresol) befinden sich für den Postdienst das Briefträgerbüreau uud einMagazinn der Briefexpedition, und im zweiten Stockwerke (im ersten Stocke über dem Entresol) die Bureaux der Direktion, der Kasse und der Kontrole, und die Wohnung des Hauswarts.

° Ferner sind in den oberen Stockwerken außer der Wohnung des Kreispostdirektors und einigen Privatwohnungen die Dienstlokale für den Telegraph und das Telephon untergebracht.

Für den Zweck der Untersuchung hatten nur die Räumlichkeiten im Erdgeschoß in Betracht zu fallen, da diejenigen in den obern Stockwerken durch Hinzufügung der Privatwohnungen jederzeit den Bedürfnissen entsprechend erweitert werden können.

Das B r i e f e x p e d i tionsbüreau ist durchaus ungenügend; der Raummangel ist derart, daß eine praktische Placirung des Mobiliars nicht stattfinden kann und die Beamten und Angestellten sich gegenseitig in der Arbeit hindern. Es sollte eine Vergrößerung um wenigstens 50 % erhalten.

Die B r i e f a u f g a b e und - D i s t r i b u t i o n mit Poste-rostanteund Zeitungsbüreau genügt z u r N o t h . Wäre mehr Platz vorhanden, so könnte eine andere, den Dienst erleichternde Aufstellung des Mobiliars möglich gemacht werden. Wegen Platzmangel mußte, z. B. von der Anbringung eines Kleiderschrankes abgesehen werden, so daß die Kleider der 6 Beamten offen im Bureau herumhängen.

Das M a n d a t b ü r e a u ist ein kleiner Winkel, der durch das Mobiliar beinahe ausgefüllt wird. Die Auszahlung der Geldanweisungen an die Mandatträger muß schon seit längerer Zeit im ersten Stock stattfinden, weil für diese Manipulationen im Bureau absolut kein Platz mehr verfügbar war.

Das Mandatbüreau müßte, um ein bequemes Arbeiten zu gestatten, m i n d e s t e n s den doppelten Flächeninhalt des jetzigen haben.

Die F a h r p o s t a u f g a b e kann, seitdem ein fortwährender Abfluß an die Expedition stattfindet, genügen.

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Die F a h r p o s t e x p e d i t i o n bietet für die Ausscheidung der Außertstücke, namentlich auf den Nachtzug, nicht immer den erforderlichen Raum. Verbreiterung um ein Fenster ist wünschenswert!].

Die F a h r p o s t c l i s t r i b u t i o n ist in ihren Arbeiten gehemmt und oft genöthigt, die Fahrpoststücke mehrere Male zu deplaciren.

weil der ungenügende Kaum ein sofortiges d e f i n i t i v e s Sortiren nicht gestattet. Das ist namentlich nach Ankunft der Posten, welche mit dem Nachtzug eintreffen, der Fall.

Eine Verbreiterung des Bureau um zwei Feoster wäre nothwendig.

Ganz ungünstige, ja auf die Dauer gar nicht mehr haltbare Zustände bietet namentlich auch der P o s t h o f dar, welcher seit Jahren des nöthigen Raumes und der nöthigen freien Zufahrten entbehrt.

^Wenn alle Paketträger zur Uebernahme ihrer Sendungen anwesend sind und sich einige bespannte Fourgons im Posthof befinden, so hat man eigentlich Mühe, sich einen Weg zwischen diesen Fuhrwerken hindurch 'in die Bureaux zu bahnen, so daß es geradezu überraschen muß, daß in diesem Posthof noch keine Unfälle vorgekommen sind.

Erhöht wird der Uebelstand noch dadurch, daß nur eine einzige und zwar sehr enge Zufahrt besteht, so daß alle Fuhrwerke in dem beschränkten Hofe kehren müssen.

Das Interesse des Postdienstes erheischt daher dringend möglichst heförderliehe Abhülfe.

Die Postverwaltung hatte vorerst geglaubt, diese Abhülfe in einem Anbau an das jetzige Postgebäude, wonach die Front desselben in das Alignement der ,,Rue du Grutli a zu stehen gekommen wäre, zu finden. Allein es stehen einem solchen Projekt sehr gewichtige Bedenken entgegen, namentlich folgende: 1) Die Vergrößerung wäre nicht genügend, sie wäre nicht viel mehr als ein bloßes Flickwerk, und es müßte die Verwaltung trotz derselben die im Anfang des gegenwärtigen Berichts erwähnte Miethe der Lokale in dem an das Postgebäude anstoßenden Hause fortsetzen.

2) Es könnte durch das Anbauprojekt dem so dringend nothwendigen Bedürf'niß der Vergrößerung- des Hofes in keiner Weise genügt werden.

3) Behörden und Publikum würden die Ueberbauung des Platzes vor dem Postgebäude sehr ungern sehen.

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Unter diesen Umständen sind wir zur Ueberzeugung gelangt, daß die Interessen des Postverkehrs, vom Standpunkt des Publikums sowohl als von demjenigen der Verwaltung aus, nur d u r c h Ers t e l l u n g e i n e s n e u e n H au p t p o s tgebäudes ihre richtige und für längere Zeit ausreichende Berücksichtigung finden können.

Zur Stunde sind uns zu diesem Zwecke z w e i Bauplätze offerirt, beide dem Staat Genf angehörend, und zwar: 1) Der für die Postverwaltung nöthige Theil des Platzes, auf welchem gegenwärtig das Lagerhaus (Entrepôt) in der Rue du Montblanc steht. Der ganze Platz umfaßt einen Flächeninhalt von zirka 10,000 m 2 , während für das neue Postgebäude zirka 2400 m 2 in Aussicht genommen werden.

2) Eine Terrainparzelle von zirka 2220 m 2 an der ,,Rue BovyLysberg" und dem ,,Boulevard de Plainpalais".

Wir glauben, daß von letztem Bauplatz wegen seiner sehr exzentrischen und sonst ungünstigen Lage Umgang genommen werden müsse, während der erstgenannte Platz (Rue du Montblanc) uns für die Errichtung eines neuen Postgebäudes in jeder Beziehung vorzüglich geeignet erscheint. Der Staatsrath des Kantons Genf verlangt für denselben Fr. 200 per m 2 , welche Forderung uns nicht zu hoch erscheint, um diesfalls in nähere Unterhandlungen eintreten zu können.

Bei Erstellung eines neuen Postgebäudes auf letztgenanntem Platze würden wir den Dienst in folgender Weise organisiren: 1) Im bisherigen Hauptpostgebäude würde ein F i l i a l p o s t b u r e a u eingerichtet, das, in Bezug auf Aufgabe und Spedition der Postsendungen aller Art, das Publikum ganz gleich gut bedienen wurde, wie dus bisherige Hauptpostbüreau.

2) Was die A n k u n f t betrifft, so erlauben es die Verkehrsverhältnisse für Genf (was für die andern Städte nicht der Fall ist), daß bereits in den B a h n p o s t e n die Distribution der Briefpostsendungen vorbereitet wird. Auf diese Weise würden die Fachinhaber ihre Korrespondenzen vom neuen Filialpostbüreau nicht später erhalten, als dies beim jetzigen Hauptpostbureau der Fall ist.

33 Die Brief-, Paket- und Mandatträger würden natürlich vom neuen Hauptpostbüreau (in der Rue du Montblanc) abgefertigt und halten also für einzelne Bezirke einen längern, für andere aber einen kürzern Weg zurückzulegen als bisher.

Dagegen würde im Allgemeinen die Abfertigung der fraglichen Verträger von dem projektirten neuen, nahe am Bahnhof gelegenen Postgebäude früher stattfinden können als vom bisherigen.

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4) Das P o s t e - R e s t a n t e - B u r e a u müßte natürlich in das neue Postgebäude verlegt werden, wäre dort aber für diejenigen, welche die betreffende Einrichtung am meisten benutzen (Fremde, Geschäftsreisende etc.) viel besser piacili als im bisherigen.

5) Dagegen würde das H a u p t t e l e g r a p h e n b ü r e a u und die T e l e p h o n z e n t r a l s t a t i o n im bisherigen Gebäude belassen und im neuen Hauptpostgebäude ein Filialtelegraphenbüreau errichtet.

6) Das Filialpostbüreau im Bahnhof könnte füglich aufgehoben und daselbst nur der Transitpostdienst belassen werden.

Auf diese Weise würden die Nachbarn des jetzigen Hauptpostgebäudes keinen ernstlichen Grund haben, in Bezug auf die Post- und Telegraphenbedienung nicht befriedigt zu sein. Im A l l g e m e i n e n aber würde der Dienst in w e s e n t l i c h e r W e i s e verbessert.

In Bezug auf die finanziellen Folgen des neuen Projekts beschränken wir uns heute auf folgende Auseinandersetzungen : 1) Der Preis des Ankaufs des Bauplatzes für ein neues Postgebäude würde in keinem Falle die Summe von Fr. 500,000 übersteigen, ja voraussichtlich noch u n t e r diesem Betrag bleiben.

2) Die Kosten des Neubaues, über welchen natürlich seiner Zeit den hohen eidgenössischen Räthen besondere und einläßliehe Vorlage gemacht würde, können, ganz vorläufig und approximativ, auf die Summe von Fr. 1,000,000 veranschlagt werden.

3) Die im bisherigen Hauptpostgebäude mit Rücksicht auf die veränderten Diensteinrichtungen und möglichst passende Ausnutzung der nicht für den Post-, Telegraphen- und Telephondienst nöthigen Lokale vorzunehmenden baulichen Aenderunrungen würden voraussichtlieh eine Ausgabe von zirka Fr. 12,000 erfordern.

4) In Bezug auf das Personal bringen wir nichts in Anschlag, weil auch beim Verbleiben im bisherigen Lokal Vermehrung desselben nothwendig wäre und übrigens geräumige und gut, eingerichtete Lokale die Ausübung des Dienstes erleichtern und die Personalbedürfnisse günstiger gestalten würden, als dies bis jetzt der Fall gewesen ist.

5) Der Verkehr mit dem Bahnhof würde erleichert. Die bezüglichen Fourgonfahrten könnten daher reduzirt, dagegen müßten neue Fahrten von und nach dem neuen Filialpostbüreau (im bisherigen Hauptpostgebäude) errichtet werden. Es würden sich die bezüglichen Ersparnisse mit den Mehrkosten voraussichtlich annähernd ausgleichen.

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6) Die bisherige Mietile in dem an das Postgebäude anstoßenden Hause, Fr. 4190 per Jahr, würde wegfallen.

7) In den obern Stockwerken des neuen Postgebäudes könnten, namentlich weil Haupt - Telegraphenbüreau und TelephonCentralstation nicht darein verlegt würden, ausgedehnte und schöne Räumlichkeiten als Privatwohnungen oder Bureaux vermiethet werden. Den bezüglichen Miethwerth schätzen wir, spätere nähere Berechnungen vorbehalten, auf Fr. 10,000 per Jahr.

8) Den Miethwerth der im bisherigen Postgebäude verfügbar werdenden Räumlichkeiten schlagen wir auf rund Fr. 9000 an.

Es ergibt sich demnach folgende Berechnung, welche, wir wiederholen es, dermalen nur eine ganz vorläufige und approximative sein kann : A. Mehrausgaben.

1. Bauplatz, Fr. 500,000 (Kapitalzins zu 4 °/o) . Fr. 20,000 2. Bau (Fr. 1,000,000, Zins des Baukapitals, Amortisation und Unterhalt des Gebäudes, zu 5 %) .

,, 50,000 3. Umbauarbeiten im bisherigen Postgebäude (Fr. 12,000 zu 4 %) « 4 8 0 Total Mehrausgaben

Fr. 70,480

B. Minderausgabe, resp. Mehreinnahmen.

1. Aufhebung der Miethe 2. Miethen im neuen Postgebäude 3. Mehrertrag an Miethen im bisherigen Postgebäude

Fr. 4,190 ,, 10,000 ,, 9,000

Total Fr. 23,190 Bleibt Mehrausgabe oder rund

Fr. 47,290 ,, 48,000

Es ist dies eine hohe Summe, allein sie erseheint gerechtfertigt, wenn man bedenkt, daß die Aenderung des bisherigen Zustandes in Bezug auf die Lokalitäten des Hauptpostbüreau in Genf ein dringendes Gebot der Notwendigkeit ist, und wenn man den sehr bedeutenden Verkehr dieser Stadt und folglich auch die bedeutenden Erträgnisse, welche die Bundesverwaltung aus diesem Verkehr schöpft, in's Auge faßt.

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Wir empfehlen Ihnen daher den nachstehenden Beschlußentwurf .zur Annahme und benutzen diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 1. Juni 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Ankauf eines Bauplatzes für Erstellung eines neuen Postgebäudes in Genf.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 1. Juni 1888, beschließt: 1. Dem Bundesrathe wird behufs Ankaufs eines Bauplatzes für ein neues Postgebäude in Genf ein Kredit von höchstens Fr. 500,000 auf die Bundeskasse eröffnet.

2. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3.

tragt.

Der Bundesrath ist mit dessen Vollziehung beauf-

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend den Niederlassungs- und Konsularvertrag zwischen der Schweiz und Serbien vom 16. Februar 1888.

(Vom 4. Juni 1888.)

Tit.

Im Anschlüsse an unsere Botschaft vom 22. Dezember 1887, womit wir Ihnen den Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und dem Königreiche Serbien zur Ratifikation unterbreitet haben, sind wir heute im Falle, Ihnen auch den N i e d e r l a s s u n g s u n d K o n s u l a r v e r t r a g m i t S e r b i e n , d e r inzwischen zum Abschlüsse gelangt ist, zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen.

Die Frage der vertraglichen Ordnung der Niederlassungs- und Konsularverhältnisse zwischen der Schweiz und Serbien war schon im Jahre 1879, als Unterhandlungen in Betreff der provisorischen Regelung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern gepflogen wurden, unsererseits ernstlich in Betracht gezogen worden.

Allein wir haben geglaubt, vom Abschluß eines solchen Uebereinkommens Umgang nehmen zu sollen, weil die konstitutionellen Zustände des damaligen Fürstentums Serbien, das bekanntlich erst durch den Berliner Vertrag vom Jahre 1878 seine Unabhängigkeit erlangt hat, noch zu wenig aufgeklärt erschienen und insbesondere die Möglichkeit nicht festgestellt war, einen Niederlassungsvertrag auf Grund der vollständigen Gleichberechtigung sämmtlicher Angehörigen des andern Staates, auch der Israeliten, vereinbaren zu können.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Postgebäude in Genf. (Vom 1. Juni 1888.)

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16.06.1888

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