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Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. I.

Nr. 5.

4. Februar 1888.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) : 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Gesetzesentwurf über die Erfindungspatente.

(Vom 20. Januar 1888.)

Tit.

Am 10. Juli v. J. hat das Schweizervolk mit 203,506 gegen 57,862 Stimmen und mit 20 Va gegen 11/2 Standesvoten zu Art. 64 der Bundesverfassung einen Zusatz angenommen, laut welchem dem Bunde die Gesetzgebung zusteht ,,über den Schutz neuer Muster und Modelle, sowie solcher Erfindungen, welche durch Modelle dargestellt und gewerblich verwerthbar sind."

Da es von großer Wichtigkeit ist, daß die im neuen Verfassungsartikel vorgesehene Gesetzgebung baldigst in Kraft treten könne, haben wir ohne Säumen zwei Gesetzesentwürfe über diesen Gegenstand ausgearbeitet. Der eine, den wir Ihnen heute vorzulegen die Ehre haben, betrifft den Schutz der Erfindungen ; den andern, welcher vom Schutz der gewerblichen Muster und Modelle handelt, werden wir Ihnen binnen Kurzem unterbreiten.

Der erste dieser Entwürfe wurde der Vorprüfung durch eine Kommission unterzogen, welcher folgende Personen angehörten : Herr Bühler-Honegger, Nationalrath, in Rapperswyl ; ,, Frey-Godet, Sekretär des internationalen Bureau für gewerbliches Eigenthum, in Bern; ,, Gavard, Ständerath, in Genf; Haller, Ingenieur, in Bern; Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. I.

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Herr Imer-Schneider, Ingenieur, in Genf; ,, Morel, Bundesrichter, in Lausanne 5 ,, Ad. Ott, Redaktor, in Bern; ,, Stößel, Nationalrath, in Zürich ; ferner je ein Abgeordneter derjenigen größeren Vereine, welche sieb um die Einführung des Erfindungsschutzes in der Schweiz besonders interessili haben ; diese Kommissionsmilglieder wurden von den Vereinen selbst bezeichnet. Es waren vertreten : der schweizerische landwirtschaftliche Verein durch Herrn Häui, Nationalrath, in» Bern ; die Gesellschaft ehemaliger Polytechniker durch Herrn E. Blum, Ingenieur, in Zürich; der schweizerische Ingenieur- und Architektenverein durch Herrn A. Waldner, Ingenieur, in Zürich ; der schweizerische Handels- und Industrieverein durch Herrn G. Naville, von der Firma Escher,^ Wyß & Cle in Zürich; die ,,Société intercantonale des industries du?iJura a durch Herrn Francillon, Nationalrath, in; St. Immer; der schweizerische Erfindungs- und Mustersclmtzverein durch Herrn Eichleiter, Ingenieur, in Rorschach ; der schweizerische Gewerbeverein durch Herrn E. Wild, Direktor des Gewerbemuseums, in St. Gallen; der schweizerische Grütliverein durch Herrn Scherrer, Advokat, in St. Gallen.

Diese Kommission hat den Gesetzesentwurf in sechs Sitzungen einläßlich geprüft und eine Anzahl Abänderungen vorgeschlagen, denen wir in dem Ihnen vorliegenden Entwurf Rechnung getragen haben.

|p. · Nachdem das Schweizervolk mit so bedeutender Mehrheit seinen Willen kundgegeben hat, betreffend den Schutz des geistigen Eigenthums mit den übrigen Kulturvölkern auf gleicher Stufe zu stehen, dürfen wir uns wohl langer Betrachtungen hinsichtlich des Rechtes des Erfinders auf die von ihm erdachte Erfindung enthalten ; auch erachten wir es nicht für nothwendig, uns über das Interesse auszusprechen, welches ein Land daran hat, durch Gewährung des Erfindungsschutzes den Erfindungsgeist zu fördern.

Es wird genügen, die wirkliche Tragweite des betreffenden Verfassungsparagraphen festzustellen, und im Weiteren jene gewisser

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Bestimmungen des nachfolgend unterbreiteten Gesetzesentwurfes auseinanderzusetzen.

Um Anrecht auf Schutz zu haben, muß gemäß dem Wortlaut der Verfassung eine Erfindung 1) durch ein Modell dargestellt, 2) gewerblich verwerthbar sein.

Diese letztere Bedingung kommt in allen Patentgesetzen vor.

Man bezweckt damit, den Schutz auf diejenigen Erfindungen, welche direkt die wirthschaftliche Produktionsfähigkeit eines Landes zu fördern geeignet sind, zu beschränken, rein wissenschaftliche, einer praktischen Anwendung haare Entdeckungen, nur im Laboratorium ausführbare Erfindungen, neue Buchführungssysteme, Finanzpläne etc., aber davon auszuschließen.

Dagegen wird die erste Bedingung von keinem andern Lande gestellt; diese muß also einem schweizerischen Patentgesetz ein ganz besonderes Gepräge verleihen. Es ist Ihnen bekannt, daß die Bundesversammlung, indem sie den gesetzlichen Schutz auf Erfindungen beschränkte, welche durch Modelle dargestellt sein würden, dieß in erster Linie that, um die Opposition der chemischen Industrie zu entwaffnen. In der That hatte einer ihrer Vertreter im Nationalrath alle übrigen Vorschläge betreffend den Text des Verfassungszusatzes bekämpft. Als zweiter, sehr triftiger Grund wurde zu Gunsten der beschränkenden Fassung geltend gemacht, daß dieselbe der Entnahme von Patenten für unreife und nur im Kopfe der Erfinder spukende, praktisch aber nicht ausführbare Erfindungen wirksam entgegentrete.

Man hat auch die Idee geäußert, daß das Vorhandensein von Modellen den Prozeßgang bei Klagen wegen Nachahmung vereinfache , weil dadurch dem Richter Gelegenheit geboten werde, den angeblich nachgeahmten Gegenstand mit dem vom Erfinder hinterlegten Modell zu vergleichen und sich damit zu vergewissern, ob zwischen beiden Uebereinstimmung herrsche oder nicht. Man hat sich sogar zu dem Ausspruch verstiegen, daß die Hinterlegung von Modellen die Erfinder von der Verpflichtung entlasten könnte, ihren Patentgesuehen Beschreibungen und erläuternde Zeichnungen beizulegen. Unsrer Meinung nach sind diese Ansichten nicht begründet, denn sie tragen weder der Natur der Erfindungen, noch derjenigen der Patente gebührende Rechnung.,^' Allerdings ist in gewissen, auf rein mechanischen Verfahren beruhenden Industriezweigen sehr häufig die äußere Form der Organe für die Erfindung charakteristisch, und es ist klar, daß in einem solchen Fall ein Model] geniigen würde, um das Wesen der Erfindung darzuthun. In vielen andern Zweigen ist dieß aber durch-

244 aus nicht der Fall, namentlich bei jenen nicht, welche die direkte Anwendung physikalischer Prinzipien verfolgen. So kann z. B. der Watt'sche Kondensator die verschiedensten Formen haben, ohne deßwegen aufzuhören, die Anwendung ein und derselben technischen Idee zu sein, und Jedermann weiß, daß ihrer Natur nach identische elektrische Apparate von vollständig verschiedenem Aussehen sein können.

Eine Beschreibung und schematische Zeichnungen können das Wesen einer Erfindung, unabhängig von den verschiedenen Formen, welche ihre Ausführung annehmen kann, genau bezeichnen; ein Modell aber könnte den Richter leicht irre führen, und zwar nicht nur darum, weil die Nachahmung wohl meistens unter anderer Form, als derjenigen des deponirten Modells, auftreten würde, sondern auch, weil der Erfinder selbst, in stetiger Verbesserung der Ausführung seiner Erfindung, dieselbe nach einiger Zeit dem Publikum unter ganz anderer Form liefern wird, als das Modell aufweist, welches er zur Zeit der Entstehung der Erfindung angefertigt hatte.

Im Fernern halten wir dafür, daß die Verpflichtung, die Modelle aller patentirten Erfindungen in einer Art von Museum aufzubewahren, der Administration Kosten aufbürden könnte, welche ganz außer Verhältniß zu den Vortheilen stehen würden, die dem Staat allenfalls aus derselben erwachsen dürften. Unsre dießbezügliche Ansicht ist durch Mittheilungen bestätigt worden, welche uns von den Vereinigten Staaten gemacht worden sind, dem einzigen Lande, wo jemals die Patenterteilung ausnahmslos an die Bedingung der Hinterlegung eines Modelles geknüpft war.

Aus einem Brief des Patentkommissärs an den Minister des Innern, datirt vom 9. August 1886, dessen Kopie uns von der Gesandtschaft in Washington übermittelt worden, geht hervor, daß die obligatorische Hinterlegung von Modellen sistirt werden mußte, weil sie dem Patentamt ernstliche Verlegenheiten verursachte. In diesem Brief wurde der gegenwärtige Stand der Dinge in den Vereinigten Staaten wie folgt zusammengefaßt : ,,Es steht nunmehr dem Patentamt in jedem Falle frei, ein Modell r zu verlangen, sobald es ein solches zur Erläuterung der Erfindung nothwendig- erachtet.

Dieses kommt aber nur in seltenen Ausnahmsfällen vor, und es verbleiben daher der großen Mehrzahl der Erfinder und Bewerber die Umständlichkeiten und Kosten, welche
die Erstellung der Modelle mit sich führt, erspart.tt Die Gesandtschaft begleitete die Sendung dieser Abschrift mit folgenden Bemerkungen : ,,Die Erfahrung lehrt genugsam, daß Prozesse wegen Nachahmung keineswegs durch Darstellung der Er-

245 findung mittelst Modellen vermieden werden . . . . Betreffend der Bedenken, welche der Vorsteher des Patentamtes über die Beschaffung der zur Aufbewahrung der Modelle nöthigen Räumlichkeiten äußert, so hat es damit allerdings eine größere Tragweite, als man von vornherein vermuthen könnte. Obgleich nämlich das hiesige Patentamt wohl doppelt so viel Raum bietet, als der Bundespalast in Bern, so wäre es doch längst unzureichend, würde nicht davon Umgang genommen worden sein, die Einreichung von Modellen xu fordern. Man entledigte sich in erster Linie aller-weniger wichtigen Modelle von Erfindungen, deren Schutzfrist abgelaufen war, durch Verschenkung an technische Institute, und als dieses Mittel nicht genügte, schritt man ^uin Verkauf; schließlich kam dann Ende der siebziger Jahre ein großer Brand, welcher noch gründlich mit dem Rest aufräumte. Seitdem werden Modelle nur ausnahmsweise verlangt, und trotzdem sind deren in den Tausenden vorhanden."

Man darf ferner nicht außer Acht lassen, daß die obligatorische Hinterlegung von Modellen den Erfindern bedeutende Kosten verursachen würde. Der einzige Anhänger dieser Maßnahme im Schooße der mit der Prüfung des Gesetzesentwurfes betrauten Kommission gab folgende Begriffsbestimmung des Modelles, welches er in obligatorischer Weise hinterlegt haben wollte: ,,Ein Modell ist die Wiedergabe des erfundenen Gegenstandes, wie er aus den Händen des Erfinders hervorgegangen ist -- sei es in der gleichen GröfSe wie dieser Gegenstand, sei es in verkleinerten Dimensionen -- in allen seinen Theilen vollständig, und aus denselben Stoffen, wie der Gegenstand selbst ausgei'ührt.a Um für Unterbringung -der Modelle nicht allzu große Räumlichkeiten schaffen zu müssen, würde die Verwaltung gezwungen sein, gewisse Maximaldimensionen festzusetzen ; eine solche Bedingung würde aber deren Ausführung theuer und schwierig machen. Man vergegenwärtige sieh beispielsweise die Herstellungskosten des Modells einer Säemaschine oder eines mechanischen Webstuhls, welches in all seinen Theilen nach Stoff und Form gleich der wirklichen Maschine ausgeführt werden müßte, jedoch nach keiner Richtung mehr als 30 oder 40 Centimeter messen dürfte. Modelle dieser Art würden Hunderte und Tausende von Franken kosten und die betreffenden Patente wären nur solchen Leuten zugänglich, welche derartige
Kosten zu ertragen vermöchten.

Wir glauben hiemit bewiesen zu haben, daß die obligatorische Hinterlegung der Modelle dem Erfinder keinen Nutzen bringen, vielmehr nur ihm sowohl, als der Verwaltung, beträchtliche Kosten auferlegen würde. Aus diesen Gründen halten wir dafür, daß man

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irn Allgemeinen vom Erfinder keine Hinterlegung eines Modells des erfundenen Gegenstandes verlangen, sondern sich mit dem Beweis begnügen sollte, daß dieses Modell oder der Gegenstand selbst vorhanden sei. Die Verfassung fordert nicht mehr, denn sie verlangt nur, daß die Erfindung durch ein Modell dargestellt sei, nicht aber durch ein hi n t er l e g t es Modell.

Es geht dies deutlich aus folgender ins Protokoll des Ständerathes aufgenommenen Erklärung hervor, welche die Tragweite feststellt, die der Rath der von ihm in der Sitzung vom 28. April a. p. angenommenen Verfassungsbestimrnung in dieser Beziehung geben wollte : ,,Dabei wird angenommen, daß die Worte : ,, w e i c h e d u r c h M o d e l l e d a r g e s t e l l t s i n d " . . . . nicht die Bedeutung haben, daß die Modelle in allen Fällen deponirt werden müssen, was ja nach den Umständen sowohl für den Erfinder als die Verwaltung ohne wirklichen Nutzen wäre und ohne eine dringende Nothwendigkeit bedeutende Kosten zur Folge haben könnte.a ,,Das Gesetz wird bestimmen, in welchen Fällen die Deposition des Modells stattzufinden hat, wie dies in den Gesetzen anderer Länder, nämlich Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Spanien, die Vereinigten Staaten Amerikas, Schweden und Norwegen, bestimmt ist.* Die Erfindungspatente werden in den verschiedeneu Staaten nach drei sich von einander wesentlich unterscheidenden Systemen ertheilt; diese sind : 1. Das System der einfachen Anmeldung, wobei sich die Regierung darauf beschränkt, dem Erfinder zu bescheinigen, daß er unter einem gewissen Datum die Beschreibung der Erfindung hinterlegt hat, im Uebrigen es den Gerichten überlädt, gegebenen Falls zu prüfen, ob die Erfindung neu sei und ihrer Beschaffenheit nach den staatlichen Schutz beanspruchen könne.

(Belgien, Frankreich, Italien.)

2. Das Aufgebotsverfahren. Hierbei wird der Titel der Erfindung in einem amtlichen Blatt veröffentlicht, während die Beschreibung der Erfindung und die hierauf bezuglichen Zeichnungen öffentlich ausgelegt werden, so daß die Interessenten davon Kenntniß nehmen und darauf gestützt allfällige Einsprüche geltend machen können. (Großbritannien.)

3. Das Vorprüfungssystem, wobei jede Erfindung auf ihre Neuheit geprüft und das Patent nur dann ertheilt wird, wenn die Examinatoren nicht herausgefunden haben, daß dieselbe schon vorhanden sei. (Vereinigte Staaten.)

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Einige Länder (Deutschland, Schweden und Norwegen) haben in ihrer Patentgesetzgebung die beiden letzten Systeme mit einander kombinirt.

Die Vortheile des Aufgebotverfahrens sind nicht so groß, als man auf den ersten Blick vernuithen mag. Es rtihrt dies vorerst daher, daß sich nicht alle Gewerbetreibenden der Aufgabe unterziehen können, das amtliche Blatt, worin die Aufgebote veröffentlicht werden, regelmäßig zu lesen; dann auch daher, daß das Blatt nur die Titel der Erfindungen bringt, und deßwegen die Interessenten, um sich zu vergewissern, ob ein Patentgesuch in ihre Rechte eingreift oder nicht, die mehr oder weniger kostspielige Reise nach der Landeshauptstadt unternehmen müssen. Laut einem Bericht des Palentkontroleurs von Großbritannien erfolgten im Jahr 1886 auf je 1000 Aufgebote des Patentamtes nur sechs Einsprachen, diejenigen eingerechnet, welche als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Das Vorprüfungsverfahren verlangt Beamte von unanfechtbarem Wissen und Urtheil; eine unrichtige Würdigung von Seite des Patentamtes kann für den Erfinder eine bedeutende materielle Schädigung im Gefolge haben. Ueberdies schützt die Vorprüfung dea Patentinhaber nicht vor Verfall des Patentes wegen mangelnder Neuheit, weil die Gerichte durch die vom Patentamt vorgenommene Prüfung nicht gebunden sind; ebenso wenig scheidet sie nichtige oder undurchführbare Erfindungen aus, denn sie beschränkt sich auf die Untersuchung, ob nicht Gleichartiges schon dagewesen sei, kümmert sich aber nicht um die praktische Bedeutung einer vorliegenden Erfindung. Dieses System ist übrigens das theuerste von allen, weil es eine große Anzahl gut besoldeter, technisch gebildeter Beamten erfordert.

Dem einfachen Anmeldungssystem wirft man vor, es gewähre mit verbundenen Augen Patente für durchaus unausführbare Erfindungen. Dieser Uebelstand ist vorhanden ; er findet aber ein Korrektiv in der jährlichen Taxenentrichtung; diese veranlaßt den Patentinhaber, seine Erfindung aufzugeben, sobald er zur Einsicht kommt, daß sie ihm keinen Nutzen abwirft.

Nach dem von uns vorgeschlagenen System werden die Patente nach einer Prüfung ertheilt, deren einziger Zweck darin besteht, die Aufmerksamkeit des Gesuchstellers auf Nichtigkeitsgründe zu lenken, die sein Patent -- falls dasselbe in der verlangten Form ertheilt würde -- in Frage stellen
könnten. Der Patentbewerber ist übrigens nicht gehalten, den ihm von der Behörde ertheilten Rath zu befolgen, und die Verweigerung des Patentes findet nur dann statt, wenn die materiellen Formalitäten der Einreiehung des Patentgesuches nicht erfüllt worden sind.

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In allen Staaten des Auslandes kann für eine Erfindung, unabhängig von ihrer praktischen Ausführung, der staatliche Schutz; in Anspruch genommen werden, sobald sie nur im Kopfe des Erfinders Gestalt angenommen hat; ein Gesetz, wonach es Drittpersonen ermöglicht würde, sich gerade dann einer Erfindung zu bemächtigen, wenn der Erfinder an der Arbeit ist, dieselbe den Bedürfnissen der gewerblichen Ausführung anzupassen, ein solches Gesetz wäre thatsächlich werthlos; nun aber gestattet die Bundesverfassung nur denjenigen Erfindungen, welche durch Modelle dargestellt sind, gesetzlichen Schutz. In Erwägung dieser Umstände haben wir die Möglichkeit der Brtheilung provisorischer Patente vorgesehen, um welche, vorgängig der Herstellung von Modellen, nachgesucht werden kann.

Das provisorische Patent soll nur die Wirkung haben, den Anspruch des Erfinders auf ein definitives Patent zu wahren, welches ihm ertheilt wird, sobald er, innert einer dreijährigen Frist, nachweisen kann, daß ein Modell vorhanden ist. Erst das definitive Patent ertheilt dem Erfinder ausschließliche Verfügungsreuhte und das Klagerecht wegen Nachahmung.

In den beiden soeben berührten Punkten wird sich das schweizerische Patentgesetz, voi' denjenigen aller andern Staaten vortheilhaft auszeichnen. Es weist die Vorzüge der Vorprüfung und der einfachen Anmeldung auf, ohne ihre Nachtheile zu besitzen. Die Unterscheidung zwischen provisorischen und definitiven Patenten wird insbesondere den Vortheil bieten, daß der Zutritt vor die Gerichte nur denjenigen Personen gestattet ist, welche es verstanden haben, ihre Erfindung in praktischer Form zu verwirklichen.

Nachdem wir uus nun über die grundsätzlichen Fragen ausgesprochen, gehen wir daran, die einzelnen Artikel des vorliegenden Gesetzesentwurfs näher zu beleuchten.

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. u. Dieser Artikel gibt keine Definition des Wortes E r f i n d u n g . In den fremden Gesetzen ist dieses Wort auch nicht erklärt, doch geht dessen Bedeutung klar aus der Rechtswissenschaft hervor. Uebrigens ist die in der Schweiz patentirbare Erfindung durch die drei folgenden Bedingungen gekennzeichnet: sie muß neu sein, eine gewerbliche Verwerthung zulassen und durch ein Modell dargestellt sein. Dagegen erschien es angezeigt, die Bedeutung des Wortes Modell zu erklären, weil es im schweizerischen Gesetz, eine ausschlaggebende, ihm anderswo nicht zukommende Rolle spielt.

249 Gemäß dem Gesetzesentwurf kann ein Patent nur dem Urheber der Erfindung in gültiger Weise ertheilt werden, und nicht schlechthin dem ersten Bewerber, wie dies anderswo vorkommt. Diese Bestimmung ist von besonderer Bedeutung, wenn es sich um Erfindungen handelt, welche von Angestellten oder Arbeitern eine» industriellen Etablissements gemacht worden sind. Man könnte folgendermaßen argumentiren : Arbeitern und Angestellten wird die Idee zu Erfindungen von der Umgebung, in welcher sie arbeiten, eingegeben; sie stehen im Lohn ihres Arbeitgebers; sollten sie also denselben nicht in den Genuß der Erfindungen setzen müssen, welche sie in seinem Etablissement machen? -- Die Antwort hierauf erscheint leicht: Ist einem Angestellten die Aufgabe zugewiesen, auf Rechnung des Hauses Neues zu erfinden (dies kommt in vielen Geschäften vor), so gehören die eventuell von ihm gemachten Erfindungen unzweifelhaft dem Geschäftsinhaber. Wenn dagegen ein mit der Ueberwachung des Betriebes einer Maschine betrauter Arbeiter, ein Werkführer, dem die Leitung der laufenden Arbeiten obliegt, oder ein Ingenieur, dessen Aufgabe nur darin besteht, bekannte Maschinentypen den jeweiligen speziellen Bedingungen ihrer individuellen Verwendung anzupassen, wenn solche Arbeiter und Angestellte Erfindungen machen, so sind sie selbst die rechtmäßigen Eigenthümer derselben. In Ermanglung einer Uebereinkunft zwischen dem Prinzipal und seinem Angestellten wird die Reehtsvermuthung zu des Letztem Gunsten sprechen müssen, was nicht mehr als billig ist, weil der Angestellte stets .mehr Mühe als der Chef haben wird, seine Rechte geltend zu machen.

Art. 2. Es ist klar, daß eine im Lande offenkundig ausgebeutete Erfindung nicht dem Gemeingut entzogen werden kann.

Was diejenigen betrifft, welche nur im Auslande ausgebeutet werden , so sino die Gesetzgebungen verschieden. Das französische Gesetz verlangt eine absolute Neuheit, und es genügt, daß eine Erfindung am entferntesten Punkte der Erde am Tage vor dem in Frankreich eingereichten Patentgesuch öffentlich benützt worden ist, um den Werth des für jene Erfindung ertheilten Patents illusorisch zu machen. In Deutschland kann dagegen die Neuheit, einer Erfindung nur durch die Veröffentlichung einer gedruckten Beschreibung von genügender Ausführlichkeit, um einem Sachverständigen die Ausführung
zu ermöglichen, vernichtet werden.

Der Entwurf hat das Mittel zwischen diesen beiden Gegensätzen gewählt. Es genügt, daß i r g e n d e i n e Offenkundigkeit einer im Ausland ausgebeuteten Erfindung stattgefunden habe, um die Neuheit dieser Erfindung zu vernichten, aber diese Offenkundigkeit muß in der S c h w e i z vor Einreichung des Patentgesuches

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stattgefunden haben. Es bleibt sich gleich, in welcher Weise sie erfolgt sei, ob durch eine im Inland vorhandene gedruckte wissenschaftliche Arbeit oder eine fremde amtliche Publikation, welche die Beschreibung der Erfindung enthält, ob durch ein nicht konfidentielles Gespräch oder einen öffentlichen Vortrag, durch Einfuhr des patentirten Gegenstandes, oder auf irgend eine andere Art und Weise.

Die Forderung, daß die Bekanntmachimg in der Schweiz erfolgt; sein muß, wird die Aufgabe der Gerichte bedeutend erleichtern, denn es wird für sie viel leichter sein, sich über eine im lolund erfolgte Thatsache Klarheit zu verschaffen, als über einen Akt, der sich im Ausland vollzogen hat.

Art. 3. Der zweite Absatz des Artikels bezieht sich nur auf den Gebrauch des patentirten Gegenstandes zu e i n e m g e w e r b l i c h e n Zwecke.

Es ist in der That rathsam, die Anwendung des patentirten Gegenstandes zu einem Privatgebrauch den Verfügungen dieses Artikels nicht zu unterwerfen. Diese Bestimmung rechtfertigt sich erstens, weil durch sie jede Untersuchung im Bereiche der Häuslichkeit umgangen wird, und dann, weil ein innerhalb dieser Grenzen beschränkter Gebrauch dem Patentinhaber keinen bedeutenden Nachtheül verursachen kann.

Es dürfte scheinen, daß das Recht des unumschränkten Gebrauches a n jeden patentirten Gegenstand geknüpft sein sollte, der in den Handel gelangt; indessen ist es wohl angezeigt, zwischen den verschiedenen Erfindungen Unterscheidungen zu treffen. Eine Nähmaschine z. B. könnte kaum verkauft werden, wenn ihr Käufer mit der Maschine selbst nicht zugleich das Recht erwerben würde, sich ihrer zu bedienen, wann und wo es ihm beliebt. Dagegen könnte der Käufer eines kostspieligen Apparates, wie einer Maschine zur Herstellung von Eis, sich weigern, durch den Ankauf und die Aufstellung einer solchen Maschine sich in große Kosten zu stürzen, wenn er nicht sicher wäre, daß keine andere Maschine dieser Art in der von ihm bewohnten Stadt installirt werde.

Es ist demnach zweckmäßig, daß der Patentinhaber mit Bezug auf das Recht der Benützung des patentirten Gegenstandes gewisse Grenzen ziehen könne. Diese Einschränkung der Rechle des Käufers sollte aber keinonfalls als aus einem stillschweigenden Uebereinkommen hervorgehend angesehen werden; der Käufer, dem zur Zeit des Kaufes keine Bedingung auferlegt wurde, muli vielmehr wissen, daß er den patentirten Gegenstand nach Belieben benützen kann, ohne irgend eine Gefahr zu laufen.

251 Es kann auch vorkommen, daß der Erfinder einer Maschine diese einzig und allein benützen will, und aus diesem Grunde entweder den Verkauf des patentirten Objektes oder die Ermächtigung der Fabrikation durch Dritte ausschlägt. Mit dieser Benützung durch einen Einzigen kann unter Umständen den Forderungen des Art. 7 auf Ausbeutung der Erfindung Genüge geleistet werden ; wenn aber diese Ausbeutungsweise für die Industrie im Allgemeinen verderblich wird, so können die interessirten Personen oder die Kantone, für welche die geschädigte Industrie eine Quelle des Wohlstandes bildet, kraft des Art. 12 die Expropriation verlangen.

Dieser Fall könnte zürn Beispiel eintreten, wenn ein Stickereifabrikant eine Stickmaschine erfände, welche den Herstellungspreis der Waare in sehr starkem Maße erniedrigt, wenn er Licenzen an Dritte verweigerte, und infolge dessen den Stickern in St. Gallen jede Konkurrenz unmöglich machen würde.

Art. 4. Die geheime, vor dem Patentgesuche erfolgte Benutzung einer Erfindung hindert deren rechtsgültige Patentirung nicht. Dagegen wäre es ungerecht, wenn ein Industrieller, der eine Erfindung im Geheimen ausgebeutet hat, einzig durch die Thatsàche, daß ein Anderer später auf die nämliche Erfindung fällt, verhindert werden könnte, eine Fabrikation weiter zu betreiben, die ihm bis arihin gunz erlaubt war.

Art. 5. Das Patent bildet ein bewegliches Eigenthinn und kann als solches übertragen werden. Eine Abtretung begreift die ganze oder theilweise Uebertragung des E i g e n t h u m s des Patents in sif.h.; während eine Licene sieh nur auf das R e c h t de r A u s b e u t u n g bezieht. Abtretuagen und Licenzen sind unter den Kontrahenten gültig, vorausgesetzt, daß sie als Verträge im Sinne des eidgenössischen Obligationenrechtes betrachtet werden köunen ; aber sie können nicht dritten Personen entgegengestellt werden, wenn sie nicht im Patentregister eingetragen sind. Diese Bestimmung ist nöthig, um dritte Personen zu schützen, welche sonst ein E'atent erwerben könnten, ohne im Stande zu sein, sich zu vergewissern, ob die damit verbundeneu Rechte unverletzt oder theilweise veräußert sind.

Art. 6. Die meisten Länder haben das Maximum der den patentirten Erfindungen gewährten Sehutzdauer auf 15 Jahre festgesetzt.

Die Gebühr soll eine mäßige sein, namentlich im Anfang, damit die
wenig begüterten Erfinder den Schutz ohne zu große Opfer erlangen können. Anderseits soll sie in steigenden Jahresraten zahlbar seio, damit Patentiahaber, deren Erfindungen nicht das erwartete Re-

252 sultat ergeben, veranlaßt werden, sie durch Nichtzahlung der Taxen fallen zu lassen. Man kann die zahlreichen Patentprozesse, über die man sich in den Vereinigten Staaten beklagt, der Thatsache zuschreiben , daß die Gebühr für die dortigen Patente ein für allemal entrichtet wird und das Patent fortdauert, selbst wenn der Inhaber ihm keinen Werth mehr beilegt. Unter diesen Umständen ist es möglich, daß ein Erfinder, der unter einem andern Zahlungsmodus sein Patent längst hätte erlöschen lassen, auf einmal die Erfindung eines Andern gewahrt, durch welche das seinem Patent zu Grunde liegende Prinzip in einer praktischeren Weise angewendet wird, und nunmehr die neue Erfindung sich anzueignen sucht, indem er das frühere Datum seines Patentes geltend macht.

Es ist rathsam, daß ein Patentinhaber, welcher befürchtet, wegen Geschäfisüberhäufung die Zahlung der Jahresgebühr am bestimmten Datum zu -versäumen, oder welcher im Begriffe ist, eine längere Reise zu unternehmen, zum Voraus eine Reihe von Jahresgebühren entrichten konn. Die Wiedererstattung der nicht verfallenen Gebühren, welche für den Fall vorgesehen ist, daß der fragliche Erfinder später auf sein Patent verzichten sollte, bezweckt, die werthlosen Patente sobald als möglich erloschen zu lassen.

Der Fall wird oft eintreten, daß, damit ihm kein Anderer zuvorkomme, ein Erfinder ein Patent begehrt, sobald er die Erfindung in ihrem Wesen erfaßt hat, ohne daß untergeordnete, die praktische Ausführung betreffende Einzelheiten endgültig durchdacht sind. Jede Verbesserung solcher Einzelheiten kann den Gegenstand eines Zusatzpatentes bilden, das mit dem Hauptpatent sein Ende nimmt und dessen Preis maßig sein soll. Wenn der Erfinder es vorzieht, kann er für die nachträglich erfundene Verbesserung ein gewöhnliches Patent mit fünfzehnjähriger Dauer nehmen; allein letzteres ist dann den jährlichen Taxen unterworfen. Dritte Personen, welche au einer patentirten Erfindung eine Verbesserung anbringen, können für ihre Erfindung ein gewöhnliches Patent erhalten, doch dürfen sie es ohne eine Lieenz des ersten Erfinders nicht ausbeuten. Wenn derselbe sie verweigert und wenn die Verbesserung einer vorteilhaften Ausbeutung fähig ist, so kann das Gericht ihn zwingen, dem zweiten Erfinder die verlangte Lieenz gegen eine zu bestimmende Entschädigung zu gewähren
(Artikel 11).

Der letzte Absatz trägt den bedürftigen Erfindern Rechnung, welche keineswegs so selten sind, wie man gewöhnlich glaubt.

Wir sind der Ansicht, daß die Verwaltung für das gewerbliche Bigenthum weder das eidgenössische Budget belasten, noch dem

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Fiskus eia Erträgniß abwerfen, sondern fiaanziell auf eigenen Füßen stehen solle. Hienach sind die im Art. 6 vorgesehenen Taxen berechnet worden. Unter der Voraussetzung, daß die durchschnittliche Dauer der schweizerischen Patente dieselbe sein wird, wie in andern Ländern, werden jene Taxen für 750 Patente pro Jahr eine jährliche Einnahme von Fr. 82,000 liefern, und Fr. 110,000 werden eingehen, wenn pro Jahr durchschnittlich 1000 Patente ertheilt werden. Diese Einnahmen , welche für dus Vorprüfungsverfahren nicht genügen würden, werden die Verwaltungskosten reichlich decken. Das Verwaltungspersonal wird nicht zahlreich sein und eine verhältnißrnäßig geringe Quote der Einnahmen absorbiren ; deren Großtheil wird somit auf die Bestreitung der Kosten für Veröffentlichung der Beschreibungen der Erfindungen und der dießbezüglichen Zeichnungen zu verwenden sein.

Art. 7. Es ist nicht mehr als recht und billig, wenn vom Erfinder in Anbetracht des ihm gewährten Schutzes verlangt wird, daß er durch Ausbeutung seiner Erfindung im Lande selbst an dessen gewerblichem Gedeihen mitarbeite. Unser Vorschlag geht immerhin nicht so weit, wie die strenge -- allerdings durch eine sehr nachsichtige Rechtsprechung gemilderte -- Bestimmung des französischen Gesetzes, welches jedes Patent, das innerhalb der bestimmten Frist nicht ausgebeutet worden ist, mit Verfall bestraft.

Es wird genügen, daß der Verfall eines Patentes ausgesprochen wird, wenn es nicht in a n g e m e s s e n e m Umfang ausgebeutet worden ist. Dieser ziemlich elastische Ausdruck wurde mit Absicht gewählt, damit dem richterlichen Ermessen genügender Spielraum geboten sei, um ungehindert durch gesetzliche Bestimmungen jedem Spezialfall gerecht werden zu können. Ist der patentirte Gegenstand in der Schweiz leicht verkäuflich und wird er in beträchtlichen Quantitäten eingeführt, so wird die Unterlassung der inländischen Fabrikation unentschuldbar, und der Richter wird demnach den Verfall aussprechen. Wenn dagegen der patentirte Artikel in der Schweiz geringen Absatz findet, oder wenn der durch triftige Gründe an der persönlichen Ausbeutung gehinderte Patentinhaber vergeblich nach verschiedenen Seiten hin unter vernünftigen Bedingungen o o o Licenzen angeboten hat, so wird das Patent nicht als verfallen erklärt werden.

Art. 8. Die Bestimmungen des zweiten
Absatzes dieses Artikels befinden sich in keinem andern Patentgesetz. In den meisten Ländern benachrichtigt die Behörde den Patentinhaber gar nicht vom Verfall der Jahresgebühr; in andern werden die Patente, welche innert einer gewissen Frist verfallen würden, vorher in einer amt-

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liehen Zeitung veröffentlicht. Mit Rücksicht auf die mit den Patenten verknüpften Interessen erscheint es uns ganz gerechtfertigt, daß die Behörde den säumigen Schuldnern eine Mahnung sende; sie wird für die aus der vorgeschlagenen Bestimmung erwachsende Mehrarbeit durch die Säumnißbuße von Fr. 20 genügend entschädigt.

H|., Art. 9. Die unter den Ziffern l und 2 bezeichneten Nichtigkeitsgründe bilden nur die Anwendung der im Artikel l niedergelegten Grundsätze. Die unter den Ziffern 3 und 4 aufgeführten bezwecken dagegen, jedem Interessenten die Untersuchung zu ermöglichen , ob ein Patent seine Rechte beeinträchtigt, und nach Ablauf der Schutzdauer die gewerbsmäßige Ausführung der Erfindung durch jeden Sachverständigen zu gestatten.

Zu diesem Ende soll der Patentinhaber nicht Untersuchungen erschweren können ; er soll seinem Patent vielmehr einen Titel geben, der die Suchenden auf den richtigen Weg führt; er darf sich ferner nicht auf die Namhaftmachung nur derjenigen .Elemente seiner Erfindung beschränken, die wohl genügend wären, um sie zu charakterisiren, aber nicht, um sie in Ausführung zu nehmen.

Art. ÛO. Es ist nothwendig, daß im Ausland wohnende Patentinhaber in der Schweiz einen Vertreter haben, einerseits, um dem eidgenössischen Amt für gewerbliches Eigenthum die Weitschweifigkeit einer Korrespondenz auf weite Entfernungen zu ersparen, anderseits, um den Patentinhaber im Falle von Civilstreitigkeiten im Inland gerichtlich belangen zu können.

Die meisten fremden Erfinder werden berufliche P a t e n t a g e n t e n zu ihren Vertretern nehmen: voraussichtlich werden auch viele schweizerische Erfinder sich für Redaktion und Einreichung ihrer Patentgesuche an diese Agenten wenden. Dieser Umstand hat unsere Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, ob es wohl zweckmäßig wäre, eine Art privilegirter Patentagenten zu schaffen, von denen man gewisse Garantien fordern könnte, und welche nach Leistung derselben die ausschließliche Befugniß erhalten würden, als Vermittler zwischen der eidgenössischen Patentbehörde und den vertretungsbedürftigen Erfindern zu amtiren. Da jedoch kein anderes Patentgesetz eine ähnliche Bestimmung aufweist und wir also nicht in der Lage sind, in dieser Sache die Erfahrungen Anderer zu Nutzen zu ziehen, glauben wir, die Aussichten für den Erfolg einer solchen Neuerung werden
günstiger, wenn mit deren Einführung zugewartet wird, bis unser Patentgesetz einige Jahre in Kraf't gewesen sein wird.

Vorläufig wird es genügen, wenn eine Ausführungsverordnung der eidgenössischen Patentbehörde gestattet, die Beziehungen zu solchen Patentagenten abzubrechen, deren Geschäftsgebahren zu ernsten Klagen,

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Anlaß bieten sollte. Dieser Art ist die Praxis des Patentamtes der Vereinigten Staaten.

Art. li. Man möge nachsehen, was in der Besprechung des Art. 6 anläßlich der Zusatzpatente gesagt worden ist.

Art. Ì2. Es ist hierbei nachzusehen, was zu Art. 3 bemerkt worden ist. Die Bundesversammlung wird, wenn das allgemeine Interesse es verlangt, die Expropriation beschließen, in gewissen Fällen wird sie einen Bundesbeitrag an die Expropriationskosten votiren, gerade wie an Gewässerkorrektionen und andere Werke allgemeiner Wohlfahrt.

II, Anmeldung und Ertheilung der Patente.

Art. Ì3. Die Hinterlegung der unter den Ziffern l, 2 und 5 bezeicheten Gegenstände wird in allen Patentgesetzen verlangt.

Der unter Ziffer 3 geforderte Beweis ist in Folge der Verfassungsbestimmung nothwendig geworden, nach deren Wortlaut der Schutz nur solchen Erfindungen gewährt werden kann, welche durch Modelle dargestellt sind. Dieser Beweis kann auf zweierlei Art geleistet werden: Einmal durch Einsendung eines Exemplars des Errìndungsobjektes in natürlicher oder reduzirter Größe; dann aber auch durch Uebermittlung eines Zeugnisses, welches von einer hiezu vom Bundesrath autorisirten Persönlichkeit ausgefertigt ist, und welches bezeugt, daß der Erfinder ein Modell vorgelegt hat, welches der dem Patentgesuch beigelegten Beschreibung durchaus entspricht. Die Uebermittlung von Modellen an das eidgenössische Amt wird sieh voraussichtlich auf Klassen kleiner und nicht kostspieliger Gegenstände beschränken. Wir haben hauptsächlich die Patentobjekte der Uhrenfabrikation im Auge, deren Ausstellung in einem Museum in einem der Hauptcentren der Uhrenindustrie großen Nutzen stiften dürfte.

Wenn auch die Hinterlegung von Modellen nur für Erfindungen jener Industriezweige gefordert wird, wo die Erfüllung dieser Formalität im Allgemeinen geringe Opfer erfordert, so sind immerhin Fälle vorzusehen, wo die Kosten des abzugebenden Modelies weit bedeutender sind,i als diejenigen der Beistellung eines J ö O Attestes oben bezeichneter Art. Um nun die Erfinder in den verschiedenen Industriezweigen möglichst gleichmäßig zu behandeln, schlagen wir vor, daß das eidgenössische Amt den Modelle hinterlegenden Erfindern den 20 Franken übersteigenden Betrag der Modellkosten vergüte.

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Art. '/4. Als Erläuterung des Sinnes des ersten Abschnittes dieses Artikels mag folgendes Beispiel dienen : Ein für die Herstellung eines verbesserten Pumpenkolbens eingereichtes Patentgesuch kann zwar verschiedene Erfindungen umfassen, welche mit der Konstruktion dieses Kalbens in direktem Zusammenhang stehen; es darf aber keine Erfindungen einschließen, welche auf die "Verbesserung anderer Pumpenbestandtheile Bezug haben. Dieses Beispiel betrifft zunächst die Wechselbeziehungen verschiedener in ein «nd demselben Patent enthaltenen Erfindungen; es ist aber auch auf die Beziehungen zwischen Hauptpatent und Zusatzpatenteu anwendbar.

Der dritte Absatz des Artikel 14 schließt eine unserer drei Landessprachen von den Patentgesuchen aus; diese Maßregel scheint uns unumgänglich, wenn die Arbeiten des Patentamtes nicht in's Uebermäliige wachsen sollen; sie werden dadurch schon komplizirt genug, daß die Gesuche nach Belieben deutsch oder französisch abgefaßt sein dürfen. Der einzige, durch diese Ausschließung des Italienischen betroffene Kanton treibt fast ausschließlich Ackerbau, dürfte also unter obiger Bestimmung wenig zu leiden haben.

Art. Ì5. Dieser Artikel sieht eine gewisse Sicherstellung der Erfindungen zwischen' dem Moment ihrer Fertigstellung im Kopf des Urhebers und demjenigen ihrer Ausführung im Modell vor; es ist dieß für die Erfindungen eine sehr kritische Periode; oft müssen die Erfinder behufs Herstellung der Modelle ihr Geheimniß Dritten preisgeben ; besorgen sie die Ausführung selbst, so können sie sich doch häufig gezwungen sehen, Versuche mit denselben mehr oder weniger öffentlich vorzunehmen; durch all diese Umstände kann die Neuheit ihrer Erfindungen gefährdet und somit die Erlangung des Schutzes illusorisch werden.

Um innerhalb der verfassungsmäßigen Schranken zu bleiben, hat man dem provisorischen Pateniinhaber keinen positiven Schutz gewährt, keine Klage vor Gericht gegen Nachahmer eingeräumt.

Der Zweck des provisorischen Patentes ist einzig und allein, dem Erfinder den Anspruch auf ein definitives Patent zu siehern, wenn er das Gesuch innerhalb der vorgeschriebenen Frist vervollständigt.

Art. Ì6. Dieser Artikel ist mit den nothwendigen Ahänderungen dem Gesetz über Fabrik- und Handelsmarken entlehnt.

Art. il. Wie Artikel 16, Absatz 2, dem Gesetz die Vortheile des Systems der Vorprüfung bietet, verleiht ihm der erste Absatz des Artikels 17 diejenigen des Systems der einfachen

257 Anmeldung, nämlich: rasche Ertheilung der Patente; keine für die Interessenten lästigen und manchmal ungerechten Zurückweisungen; keinen Schein von Garantie, den man dem Publikum durch eine amtliche Prüfung verleiht, da doch deren Resultat durch ein Urtheil widerlegt und nichtig erklärt werden kann.

Die in den letzten Absatz aufgenommene Voraussetzung ist nothwendig, um den Rechtsgang zu vereinfachen. Derjenige, welcher um ein Patent nachsucht, hat nicht zu beweisen, daß er der Erfinder ist; vielmehr wird es Sache Desjenigen sein, der ihm diese Eigenschaft bestreitet, die Beweise für seine Behauptungen zu liefern, was der Sachlage gemäß viel leichter ist.

Art. '18. Das in diesem Artikel vorgesehene Register entspricht durchaus dem Register für die Fabrik- und Handelsmarken mit den durch die Materie erforderten Abänderungen.

Art. 19. Um zu verhindern, daß Industrielle unwissentlich Nachahmungen ausführen, ist es geboten, die patentirten Objekte mit einem Zeichen zu versehen, durch welche der Schutzgenuß des Gesetzes nachgewiesen wird. Aus dem Datum des Patentes kann man auf den ersten Blick auf das Maximum der der Erfindung gewährten Schutzfrist schließen, während die Nummer des Patentes es den Interessenten ermöglicht, auf dem eidgenössischen Amte ein Exemplar der Beschreibung oder einen Registerauszug zu verlangen.

Art. 20 und 2i sind Bestimmungen analog denjenigen über die Fabrik- und Handelsmarken. Die separate Veröffentlichung jedes Patentes ist für die Industrie sehr vorteilhaft, indem sie den Betheiligten erlaubt, mit geringen Kosten die Beschreibungen der patentirten Erfindungen, für welche sie sich interessiren, zu erwerben, oder auf diejenigen zu abonniren welche sich auf einen besondern Industriezweig beziehen.

Die Möglichkeit, die Veröffentlichung der erlangten Pateute um sechs Monate hinauszuschieben, muß den Patentinhabern gewährt werden, da sie sonst außer Stande wären, in Deutschland und den andern, noch nicht zur Union für gewerbliches Eigenthu gehörigen Ländern ein gültiges Patentgesuch einzureichen.

III. Von der Nachahmung.

Art. 22 bis 28. Wir halten es für wichtig, daß alle das gewerbliche Eigenthum betreffenden eidgenössischen Gesetze auf gleichartigen Grundlagen ruhen. Daher haben wir auch die BeBundesblatt 40. Jahrg. Bd. I.

17

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Stimmungen des Gesetzes über die Fabrik- und Handelsmarken, die sich auf die Nachahmung beziehen, mit den durch die Natur der Sache verlangten Abänderungen, auf die Patente angewandt, ohne zu untersuchen, ob diese Bestimmungen die denkbar besten seien. Unsers Wissens hat übrigens deren Anwendung, so lange das Markengesetz in Kraft ist, keine Mißstände dargeboten.

Die zwei letzten Absätze des Artikel 25 bedürfen gleichwohl noch einiger erläuternder Bemerkungen. Die Beschlagnahme patentirter Gegenstände kann auch Maschinen betreffen, deren Tagesproduktion einen bedeutenden Werth repräsentirt; sie ist also von ganz anderer Bedeutung, als die Beschlagnahme einiger nachgeahmten Btiquetten oder von Waaren mit gefälschtem -Ursprungszeugniß.

Es ist daher angezeigt, die Gerichte zu ermächtigen, gegebenen Falles dem Kläger eine Kaution aufzuerlegen. Anderseits darf auch Derjenige, gegen welchen eine Beschlagnahme vorgenommen worden, nicht auf unbestimmte Zeit mit einem Prozeß wegen Nachahmung bedroht bleiben ; es ist deshalb nothwendig, eine peremptorische Frist festzusetzen, innert welcher, vom Datum der Beschlagnahme an gerechnet, die Klage beim Gericht einzureichen ist.

Der dritte Abschnitt des Art. 26 stellt es in das Ermessen des Richters, ob während der Dauer eines provisorischen Patentes seitens Dritter fabrizirte Gegenstände von ihrem Inhaber gegen Leistung einer Entschädigung an den Besitzer des definitiven Patentes weiter verkauft werden dürfen. In Ermanglung einer derartigen Bestimmung könnten sich die schwersten Mißbräuche einschleiehen.

Diejenigen Erfindungen, welche Gegenstand provisorischer Patente sind, werden in gleichem Maße, wie die definitiv patentirten, der Oeffentlichkeit preisgegeben. Der Inhaber eines provisorischen Patentes hat durch seine Anmeldung ein wirkungs f ä h i g es Recht erworben, welches w i r k s a m wird mit dem Augenblick, wo der Beweis der Existenz eines Modelles erbracht wird. Diejenigen, welche ohne Ermächtigung des Patentinhabers eine bloß provisorisch patentirte Erfindung ausbeuten, wissen, was sie zu gewärtigen haben, und sollen daher auch die Folgen ihrer Handlungen tragen.

IV. Verschiedenes und Schlußbestimmungen.

Die Artikel 29 und 30 enthalten der Hauptsache nach nichts weiter, als die einfache Ausführung der Artikel 4 und 11 der internationalen Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigenthums ; der zweite Absatz des Art. 29 bezweckt die Gleichstellung jener schweizerischen Erfinder, die in erster Linie ein Patent in einem der Konventionsstaaten genommen haben, mit den Bürgern dieser

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letztern. Ohne diese Bestimmung könnten Schweizer, welche ein Interesse hatten, zuerst im Ausland ein Patent nachzusuchen -- vielleicht in den Vereinigten Staaten, um ihre Erfindung einer strengen Prüfung unterworfen zu sehen -- kein gültiges Patent mehr erlangen, wenn einmal die durch die fremde Patentbehörde veröffentlichte Beschreibung der Erfindung hier angelangt wäre.

Gemäß Art. 29 steht jedem Angehörigen eines Unionstaates, der in einem derselben ein Patentgesuch deponirt hat, eine Frist von sieben Monaten zur Verfugung, um das nämliche Gesuch in der Schweiz hinterlegen zu können; daraus folgt, daß diejenigen schweizerischen Erfinder, welche innerhalb der sieben, dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorausgehenden Monate in erster Linie ein Patent in einem der vertragschließenden Staaten genommen haben, berechtigt sind, für die gleiche Erfindung ein schweizerisches Patent zu erlangen. Wir bemerken jedoch hiebei ausdrücklich, daß es sich nicht darum handelt, dem Gesetz eine rückwirkende Kraft zu geben, sondern daß einzig und allein bezweckt wird, die Bestimmungen des Art. 2, welche sich auf die Forderung der Neuheit einer patentirbaren Erfindung beziehen, zu Gunsten der Angehörigen dei' Union einigermaßen zu modifiziren.

Mau hat uns von verschiedenen Seiten den Wunsch ausgesprochen, es möchte eine Uebergangsbestimmung in das Gesetz, aufgenommen werden, gemäß welcher schweizerische Erfinder Patente für solche Erfindungen erlangen könnten, die si'e zwischen dem 10. Juli 1887 (Tag der Volksabstimmung) und dem Datum des Inkrafttretens des schweizerischen Patentgesetzes im Ausland patentiren ließen. Wir haben diese Frage mit der ihrer Wichtigkeit gebührenden Aufmerksamkeit erwogen und sind dabei zu dem Schlüsse gelangt, daß man das Gesetz nicht, ohne wesentlichen Schwierigkeiten zu begegnen, auf Erfindungen anwenden kann, die schon ein bis zwei Jahre lang veröffentlicht sind. In Würdigung der internationalen Beziehungen erseheint es wahrscheinlich, daß wir die Bürger der Union für den Schutz des gewerblichen Bigenthums unsern eigenen Mitbürgern gleichstellen und ihnen Pateute für eine bedeutende Anzahl von Erfindungen, welche vor Inkrafttretens des Gesetzes durch Schweizer erlaubter Weise ausgebeutet wurden, ertheilen müßten. Aber auch abgesehen von diesem Standpunkt, würden sich der Ausführung der
gewünschten Uebergangsbestimmung enorme Schwierigkeiten entgegenstellen; denn es würde sieh darum handeln, die Rechte des Patentinhabers mit den durch die erlaubte Ausbeutung der Erfindung geschaffenen Rechtsansprüchen Dritter zu versöhnen, auszumitteln, in welchem Umfang Letztere ihre Fabrikation fortbetreiben dürften, etc. In vielen Fällen

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würden überdies die Rechte des Patentinhabers der zahlreichen Mitberechtigten wegen illusorisch sein, und es würde die vorgeschlagene Bestimmung, anstatt ihm Vortheil zu bringen, ihn unausbleiblich in Prozesse verwickeln.

Art. 3i. Es wird allgemein zugegeben, daß die Patente denn Staate keine Hülfsquellen schaffen, sondern einzig und allein die nöthigen Einnahmen liefern sollen, welche zur Deckung der durch sie verursachten Verwaltungskosten erforderlich sind. Es ist deßhalb nur billig, wenn man den Ueberschuß der Einnahmen zur Erleichterung der Arbeit der Erfinder und zur Vermehrung der Hülfsmittel des eidgenössischen Amtes verwendet, und dieses in den Stand setzt, durch seine vorgängige Prüfung den Forschern im Gebiete des industriellen Fortschritts zu nützen und ihnen vergebliche Ausgaben zu ersparen.

Art. 32. Dieser Artikel bestimmt unter Anderm, es sei der Bundesrath zu beauftragen, das Verfahren festzusetzen, welches vor dem Buudesgericht bezüglich der Anwendung des Patentgesetzes zu befolgen ist. Diese Bestimmung ist nothwendig, einerseits, weil gewisse Gesetzesartikel wirkliche Neuerungen in das schweizerische Recht einführen; anderseits, weil das übliche Verfahren vor Bundesgericht oft langsam und theuer ist, während das Patentrecht ein rasches und wohlfeiles Verfahren erfordert.

Die Artikel 33 und 34 keiner Erläuterung bedürfen.

enthalten Schlußbestimmungen , die

Genehmigen Sie, Tit., die wiederholte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 20. Januar 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

die Erfindunspatente.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Anwendung des Art. 64 der schweizerischen Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 20. Januar 1888, beschließt:

T. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die schweizerische Eidgenossenschaft gewährt, in der Form von Erfindungspatenten, den Urhebern neuer Erfindungen, welche gewerblich verwerthbar und durch Modelle darstellbar sind , die in vorliegendem Gesetze bezeichneten Rechte.

Als Modell gilt jede körperliche Darstellung einer Erfindung, welche das Wesen und den Gegenstand derselben klar erkennen läßt.

Art. 2. Erfindungen gelten nicht als neu, wenn sie, zur Zeit der Anmeldung, in der Schweiz bereits so offenkundig benutzt oder in anderer Weise derart in die Oeffentlichkei gelangt sind, daß danach die Ausführung durch Sachverständige möglich ist.

262

Art. 3. Ohne die Erlaubniß des Patentinhabers darf Niemand den Gegenstand der Erfindung darstellen oder damit Handel treiben.

Bildet ein Werkzeug, eine Maschine oder ein sonstiges Produktionsmittel den Gegenstand der Erfindung, so ist der Gebrauch dieses Gegenstandes zu einem gewerblichen Zwecke ebenfalls nur mit Erlaubniß des Patentinhabers gestattet.

Letztere gilt als ertheilt, wenn der patentirte Gegenstand ohne irgend welche einschränkende Bedingung in den Handel gebracht wird.

Art. 4. Die Bestimmungen des vorhergehenden Artikels sind nicht auf solche Personen anwendbar, welche zur Zeit der Patentanmeldung die Erfindung bereits benutzt oder die nöthigen Veranstaltungen zu ihrer Benutzung getroffen haben.

Art. 5. Das Patent ist durch Erbschaft übertragbar.

Auch kann es den Gegenstand einer gänzlichen oder theilweisen Abtretung bilden, oder denjenigen einer Licenz, die einen Dritten zur Benutzung der Erfindung ermächtigt.

Um Drittpersonen entgegengestellt werden zu können, müssen die Uebertragungen, Abtretungen und Licenzertheilungen gemäß den Bestimmungen des Artikels 18 registrirt werden.

Art. 6. Die Dauer der Patente ist fünfzehn Jahre, vom Tage der Anmeldung an.

Für jedes Patent ist eine Hinterleguugsgebühr von Fr. 20 und eine in folgender Weise zunehmende Jahresgebühr zu entrichten : Für das erste Jahr .

Fr. 20 ,, ,, zweite ,, .

,,30 ,, » dritte ,, .

. ,, 40 und so weiter bis zum 15. Jahre, für welches die Gebühr Fr. 160 beträgt.

Diese Gebühr ist zum Voraus zu entrichten. Der Patentinhaber kann dieselbe auch für mehrere Jahre zum

263

Voraus bezahlen; wenn er aber vor Verfluß der Zeitdauer, für welche er die Gebühren bezahlt hat, auf sein Patent verziehtet, so werden ihm dieselben nach Verhältniß der noch nicht verfallenen Jahrestaxen zurückvergütet.

Der Inhaber eines Patentes, welcher an der durch dasselbe geschützten Erfindung eine Verbesserung anbringt, kann durch Bezahlung einer einmaligen Gebühr von Fr. 20 ein Zusatzpatent erhalten, das mit dem Hauptpatent sein Ende erreicht.

Wenn der in der Schweiz niedergelassene Erfinder nachweist, daß ihm die zur Taxeuentrichtung während der ersten drei Jahre erforderlichen Geldmittel fehlen, so wird demselben eine Stundung gewährt, die sich bis zum Beginn des vierten Jahres erstreckt, und wenn er dann seine Erfindung fallen läßt, so werden ihm die verfallenen Gebühren erlassen.

Art. 7. Nach Verlauf von drei Jahren vom Datum des Gesuches an soll jedes Patent, unter Folge des Verfalles, in der Schweiz in angemessenem Umfange zur Ausführung gebracht werden sein, oder es muß zum Mindesten seitens des Patentinhabers alles Erforderliche geschehen sein, um jene Ausführung zu sichern.

Innerhalb der obgenannten Frist hat der Patentinhaber dem eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum mitzutheilen, wo die Ausführung stattfindet, oder die Schritte zu bezeichnen, welche er zum Zweck dieser Ausführung gethan hat. · Die Klage auf Verfall wegen nicht entsprechender Ausführung im Inland steht jeder interessirten Person vor den für die Prozesse wegen Nachahmung kompetenten Gerichten zu (Art. 28).

Art. 8. Wenn der Patentinhaber es unterläßt, die jährliche Gebühr am ersten Tage des betreffenden Patentjahres zu zahlen, so geht er, vorbehaltlich der im nachfolgenden Absatz enthaltenen Bestimmung, aller seiner Rechte verlustig.

264 Der Eigenthümer wird vom eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum vom Verfall seines Patentes in Kenntniß gesetzt; er kann jedoch die Fortdauer desselben erwirken durch Bezahlung der fälligen Gebühr, nebst einer Säumnißbuße von Fr. 20 innerhalb zweier Monate, von der Versendung der betreffenden Anzeige an.

Art. 9. Die ertheilten Patente sind null und nichtig in einem der folgenden Fälle: 1) wenn die Erfindung nicht neu oder gewerblich nicht verwerthbar ist; 2) wenn der Patentinhaber nicht Urheber der Erfindung oder nicht dessen Rechlsnachfolger ist; 3) wenn der Titel, unter dem das Patent nachgesucht wurde, mit Absicht auf Täuschung oder Irreleitung, einen andern als den wirklichen Gegenstand der Erfindung angibt; 4) wenn die Darlegung der Erfindung, welche mit dem Gesuch eingereicht wurde (Beschreibung und Zeichnungen), zur Ausführung der Erfindung durch einen Sachverständigen nicht genügt.

Die Nichtigkeilsklage steht jeder interessirten Person vor den Gerichten zu, welche für die Klagen wegen Nachahmung kompetent sind (Art. 28).

Art. 10. Wer nicht in der Schweiz wohnt, kann den Anspruch auf die Ertheilung eines Patents und die Rechte aus dem letztern nur geltend machen, wenn er in der Schweiz einen Vertreter bestellt hat, welcher in allen, das Patent betreffenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ihn zu vertreten befugt ist.

Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Patentinhaber anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat; in Ermanglung eines solchen das Gerieht, in dessen Bezirk das eidgenössische Amt seinen Sitz hat.

265 Art. 11. Wenn nach Verlauf von drei Jahren nach dem Datum des Gesuches der Patentinhaber sich weigert, einem Dritten eine Licenz zu ertheilen, der ihrer zur vortheilhaften Verwerthung einer andern patentirlen Erfindung von wirklichem Belang bedarf, so kann er durch Urtheil des Bundesgerichtes gezwungen werden, die verlangte Licenz zu ertheilen.

Das Bundesgericht setzt den Betrag der Entschädigung und die Art der dem Patentinhaber '/M leistenden Sicherheit fest.

Art. 12. Wenn das öffentliche Interesse es erheischt, kann die Bundesversammlung die Expropriation eines kraft des vorliegenden Gesetzes ertheilten Patentes, auf Kosten des Expropriationsbewerbers, aussprechen. Das Bundesgericht bestimmt den Betrag der dem Patentinhaber zu leistenden Entschädwuii».

II. Anmeldung und Ertheilung der Patente.

Art. 13. Jeder Erfinder, welcher ein Patent zu erhalten wünscht, hat beim eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum selbst, oder durch einen Bevollmächtigten, ein diesbezügliches Gesuch einzureichen.

Diesem Gesuch sind beizufügen : 1) eine Beschreibung der Erfindung, Deiche so gehalten sein muß, daß letztere durch einen Sachverständigen ausgeführt werden kann. Am Schlüsse der Beschreibung sind in gedrängter Weise die Merkmale aufzuzählen, welche das Wesen der Erfindung ausmachen; 2) die zum Verständniß der Beschreibung erforderlichen Zeichnungen ; 3) der Beweis, daß ein Modell des erfundenen Gegenstandes, oder der Gegenstand selbst, vorhanden ist ; 4) die Summe von Fr. 40 als Hinterleguugsgebühr und als erste Jahresgebühr des Patentes (Artikel 6) ;

266

5) oin Vevzeichniß der eingereichten Aktenstücke und Gegenstände.

Im Falle der Versagung des Patentes wird dem Hinterlegenden die Jahresgebühr von Fr. 20 mit sämmtlichen gemachten Eingaben zurückerstattet.

Mit Bezug auf gewisse Klassen von Erfindungen kann ·der Bundesrath die Hinterlegung von Modellen obligatorisch 'erklären. Für die von den Erfindern zu hinterlegenden Modelle, deren Herstellungspreis 20 Franken übersteigt, wird denselben vom eidgenössischen Amte der betreffende Mehrbetrag bezahlt.

Der Bundesrath wird über die Ausführungsbestimmungen des vorliegenden Artikels eine Verordnung erlassen.

Art. 14. Das Patentgesuch hat sich auf einen einzigen Hauptgegenstand nebst den diesem zugehörigen Einzelheiten ·zu beschränken.

Es soll den Titel der Erfindung angeben, worin das Wesen des erfundenen Gegenstandes klar und bestimmt zu bezeichnen ist.

Es soll, gleich wie die es begleitenden Aktenstücke, in deutscher oder französischer Sprache abgefaßt sein.

Art. '15. Personen, welche nicht im Stande sind, der Bestimmung in Artikel 13, Ziffer 3, Genüge zu leisten, können sich darauf beschränken, mit dem Patentgesuch die in den Ziffern l, 2, 4 und 5 des genannten Artikels bezeichneten Requisite einzureichen.

Diese Hinterlegung verleiht dem Erfinder ein Recht zu einem provisorischen Patent, welches ihm nicht gestattet, ·wegen etwaiger Nachahmungen gerichtlich vorzugehen, sondern nur den Zweck hat, sein Recht auf ein definitives Patent aufrecht zu erhalten, trotz aller Oeffentlichkeit, welche seiner Erfindung gegeben werden könnte.

Innerhalb der Frist von drei Jahren, vom Datum des ·Gesuches, kann der Inhaber eines provisorischen Patentes

267

durch Erfüllung der unter Artikel 1.3, Ziffer 3, vorgeschriebenen Bedingung dasselbe gegen ein definitives Patent austauschen, welches das Datum des Ersteren trägt Wenn innerhalb der genannten Frist dieser Austausch nicht stattgefunden hat, so wird die betreffende Erfindung zum Gemeingut.

Art. 16. Jedes Gesuch, in welchem die durch die Artikel 13, 14 und 15 vorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllt sind, wird vom eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum zurückgewiesen, unter Vorbehalt des Rekurses an die höhere Verwaltungsbehörde innerhalb einer peremptorischen Frist von 4 Wochen.

Wenn das eidgenössische Amt glaubt gewahr zu werden, daß die Erfindung infolge eines der im Artikel 9 aufgezählten Gründe nicht patentirbar sei, so wird es den Gesuchsteller vorgängig und in koufidentieller Weise darauf aufmerksam machen, ihm überlassend, ob er seine Anmeldung aufrechthalten, abändern oder zurückziehen will.

Art. 17. Die Patente, deren Anmeldung in gehöriger Weise stattgefunden hat, werden unverzüglich ausgefertigt, und zwar auf Verantwortlichkeit der Gesuchsteller und ohne Gewährleistung des Vorhandenseins, der Neuheit, oder des Werthes der Erfindung.

Das eidgenössische Amt übermittelt dem Gesuchsteller ein Attest, welches die Erfüllung der vorgeschriebenen Bedingungen beurkundet und welchem die Doppel der in Art. 13 erwähnten Beschreibung und Zeichnungen beizufügen sind.

Dieses Attest bildet das Erfindungspatent.

Bis zum Gegenbeweis gilt der Patentinhaber als der Urheber der bezüglichen Erfindung.

Art. 18. Bei dem eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum wird ein Register geführt, welches folgende

268 Angaben enthält: den Gegenstand der ertheilten Patente, den Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Bevollmächtigten, das Datum des Gesuches, die Entrichtung der Gebühren und die Ertheilung der Zusatzpatente, sowie sämmtliche Aenderungen, welche sich auf den Besitz oder Genuß der Erfindung beziehen und welche durch Uebertragung, durch gänzliche oder theilweise Abtretung, Licenzertheilung, Erlöschen, Nichtigkeitserklärung, Expropriation oder auf irgend eine andere Weise eintreten können.

Die Eintragung von Verfall, Nichtigkeit oder Expropriation eines Patentes in das Register, sowie diejenige von gerichtlichen Licenzertheilungen, erfolgt auf die von der betheiligten Partei gemachte Mittheilung des rechtskräftigen Urlheils.

Art. 19. Jeder Inhaber eines definitiven Patentes hat die nach demselben hergestellten Gegenstände an einer sichtbaren Stelle mit dem eidgenössischen Kreuz sowie mit der Nummer des Patentes und dem Datum des Gesuches zu versehen.

Sind die patentirten Gegenstände zu klein, um dergestalt; bezeichnet werden zu können, so ist die Bezeichnung auf ihrer Verpackung anzubringen.

Es kann wegen Nachahmung patentirter Gegenstände keine Klage eingeleitet werden, wenn der Patentinhaber es vernachlässigt hat, seine Erzeugnisse nach der vorstehend beschriebenen Art und Weise zu bezeichnen.

Art. 20. Jedermann kann auf dem eidgenössischen Amte mündliche Auskunft über den Inhalt des Patentregisters oder schriftliche Auszüge aus demselben erhalten.

Der Bundesrath ist ermächtigt, für diese Mittheilungen und Aufschlüsse einen mäßigen Tarif festzustellen.

Art. 21. Die Titel der Patente mit deren Nummer, sowie dem Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Bevollmächtigten werden sofort nach Ertheilung deiPatente vom eidgenössischen Amte veröffentlicht.

269 Das Amt veröffentlicht in gleicher Weise die Patente welche aus irgend einem Grunde erlöschen, und jede im Besitz eines Patentes eintretende Aenderung.

Außerdem veröffentlicht d.is eidgen. Amt die Beschreibungen und die den Patentgesuchen beigefügten Zeichnungen und gibt sie zu einem mäßigen Preise ab. Diese Publikation wird an folgende Stelleu gratis versandt: an die Departemente des Bundesralhes, an das Bundesgefteht, an die kantonalen Regierungen -- speziell für die Gerichte, welche berufen sind, in Klagesachen wegen Nachahmung zu urtheilen -- an die hohem öffentlichen Unterrichtsanstalten und an die Gewerbemuseen der Schweiz. Ferner wird man obige Publikation mit den ähnlichen Veröffentlichungen anderer Länder austauschen.

Um dem Erfinder die Entnahme von Patenten irn Auslande zu ermöglichen, kann auf dessen Gesuch hin die Veröffentlichung der Beschreibung der Erfindung um 6 Monate verschoben werden. In diesem Falle kann der Patentinhaber gegen Nachahmer erst nach der thatsächlichen Veröffentlichung, welche nach Verfluß der obgenannten Frist eintritt, Klage anstrengen.

III. Von der Nachahmung.

Art. 22. Gemäß den naehstehenden Bestimmungen kann auf dem Wege des Civil- oder Strafprozesses belangt werden : T) wer patentirte Gegenstände nachahmt oder sie unerlaubter Weise benutzt; 2) wer die nachgeahmten Gegenstände verkauft, feilhält, in Verkehr bringt oder auf schweizerisches Gebiet einführt ; 3) wer bei diesen Handlungen wissentlich mitgewirkt, oder deren Ausführung begünstigt oder erleichtert hat; 4) wer sich weigert, die Herkunft von in seinem Besitze befindlichen nachgeahmten Gegenständen anzugeben.

270

Art. 23. Wer eine der im vorstehenden Artikel erwähnten Handlungen vorsätzlich begeht, wird zum Schadenersatz verurtheilt und überdieß mit einer Geldbuße im Betrage von Fr. 30--2000, oder mit Gefängniß in der Dauer von 3 Tagen bis zu einem Jahr, oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Rückfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.

Bloß fahrlässige Uebertretung wird nicht bestraft. Die Civilentschädigung bleibt indessen in den in Artikel 22, Ziffer l, erwähnten Fällen vorbehalten.

Art. 24. Die Civilklage steht jeder interessirten Person zu.

Die Bestrafung erfolgt nur auf Antrag des Verletzten, nach der Strafprozeßordnung desjenigen Kantons, in welchem die Klage angestrengt wird. Diese kann entweder am Domizil des Angeschuldigten, oder an dem Orte, wo das Vergehen begangen worden ist, erhoben werden. In keinem Falle dürfen für das gleiche Vergehen mehrere strafrechtliche Verfolgungen eintreten.

Wenn seit der letzten Uebertretung mehr als zwei Jahre verflossen sind, so tritt Verjährung der Klage ein.

Art. 25. Die Gerichte haben die als nöthig erachteten vorsorglichen Verfügungen zu treffen. Namentlich können sie nach Vorweisung des Patentes eine genaue Beschreibung der angeblich nachgeahmten Gegenstände, sowie der zur Nachahmung dienenden Werkzeuge und Geräthe, und nötigenfalls auch die Beschlagnahme erwähnter Gegenstände, Werkzeuge und Geräthe vornehmen lassen.

Wenn Grund vorhanden ist, eine Beschlagnahme vorzunehmen, so kann das Gericht dem Kläger eine Kaution auferlegen, welche er vor der Beschlagnahme zu hinterlegen hat.

271

Die Beschlagnahme oder die Beschreibung sind, unbeschadet des etwa zu beanspruchenden Schadenersatzes, von Rechts wegen nichtig, wenn der Kläger binnen 14 Tagen nach deren Vornahme keine Civil- oder Strafklage anstrengt.

Art. 26. Das Gericht kann auf Rechnung und bis zum Belaufe der dem verletzten Theile zugesprochenen Entschädigungen und der Bußen die Konfiskation der mit Beschlag belegten Gegenstände verfügen.

Es soll, selbst im Falle einer Freisprechung, wenn nöthig, die Vernichtung der speziell zur Nachahmung bestimmten Werkzeuge und Geräthe anordnen.

Es entscheidet, inwiefern der Freigesprochene oder Verurtheilte, oder dritte Personen, von den genannten Gegenständen wieder Besitz ergreifen dürfen. Wenn es sich um Gegenstände handelt, welche während der Dauer eines provisorischen Patentes hergestellt worden sind (Art. 15), entscheidet es darüber, ob besagte Gegenstände von ihrem Inhaber nach Leistung einer Entschädigung an den Besitzer des definitiven Patentes in den Handel gebra.eht werden dürfen.

Es kann auf Kosten des Verurtheilten die Veröffentlichung des Erkenntnisses in einer oder mehreren Zeitungen anordnen.

Art. 27. Wer rechtswidrigerweise seine Geschäftspapiere, Anzeigen oder Erzeugnisse mit einer Bezeichnung versieht, welche zum Glauben verleiten soll, daß ein Patent besteht, wird von Amtes wegen oder auf Klage hin mit einer Geldbuße von 30 bis 500 Franken, oder mit Gefängniß in der Dauer von 3 Tagen bis zu 3 Monaten, oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Rückfällige kann diese Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden.

272 Art. 28. Die civilrechtlichen Streitigkeiten wegen Nachahmung sind in einer einzigen Instanz durch das Gericht zu entscheiden, welchem der betreffende Kanton diese Kompeten gegeben hat.

Die Berufung an das Bundesgericht ist ohne Rücksicht auf den Werthbetra der Streitsache zuläßig.

Der Ertrag der Bußen Hießt in die Kantonskasse. Bei Ausfällung einer Geldstrafe hat der Richter für den Fall der Nichteinbringlichkei derselben eine entsprechende

IV. Verschiedenes und Schlussbestimmungen.

Art. 29. Die Angehörigen der Länder, welche in dieser Hinsicht mit der Schweiz eine Konvention abgeschlossen haben, können innerhalb einer Frist von 7 Monaten vom Datum des Patentgesuches in einem der genannten Länder, und unter Vorbehalt der Rechte Dritter, ihr Gesuch in der Schweiz hinterlegen, ohne daß durch inzwischen eingetretene Thatsachen, wie durch ein anderes Patentgesuch oder eine Veröffentlichung, die Gültigkeit ihres Patentgesuches beeinträchtigt werden könnte.

Das gleiche Recht wird denjenigen Schweizerbürgern gewährt, welche in erster Linie ein Patentgesuch in einem der im vorigen Absätze bezeichneten Länder eingereicht haben.

Art. 30. Jedem Erfinder eines patentirbaren, in einer nationalen oder internationalen Ausstellung in der Schweiz figurirende Erzeugnisses wird, nach der Erfüllung von den durch den Bundesrath zu bestimmenden Formalitäten, ein zeitweiliger Schutz von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, gewährt. Während der Dauer dieser letzteren sollen etwaige Patentgesuche seitens Dritter oder Veröffentlichungen den Erfinder nicht verhindern, Innerhalb der genannten Frist, das zur Erlangung des definitiven Schutzes erforderliche Patentgesuch rechtsgültig zu stellen.

273

Wenn eine internationale Ausstellung in einem Lande stattfindet, das mit der Schweiz eine Konvention in dieser Hinsicht abgeschlossen hat, so wird der zeitweilige Schutz, welcher durch das fremde Land den an der betreffenden Ausstellung befindlichen patenurbaren Erzeugnissen gewährt worden ist, auf die Schweiz ausgedehnt. Dieser Schutz darf eine Dauer von sechs Monaten, vom Tage der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, nicht übersteigen und hat die nämlichen Wirkungen, wie die in vorstehendem Absätze beschriebenen.

Art. 31. Die Einnahmenüberschüsse des eidgenössischen Amte für gewerbliches Eigenthum werden vor Allem dazu verwendet, dem Publikum Nachforschungen betreffend Erfindungen und Patente zu erleichtern. Zu diesem Zwecke sollen in den hauptsächlichen industriellen Centren Bibliotheken eingerichtet werden, welche Beschreibungen der inund ausländischen Erfindungen und technische Werke mit Bezug auf die Lokalindustrie enthalten, und sollen ferner die Veröffentlichungen des eidgenössischen Amtes thunlichst verbreitet werden. Weitere Ueberschüsse sollen dazu dienen, die Mittel für die in Art. 16, Absatz 2, vorgesehenen Nachforschungen des eidgenössischen Amtes zu vervollkommnen.

Art. 32. Der Bundesrath ist beauftragt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Réglemente und Verordnungen zu erlassen, und namentlich auch das Verfahren festzusetzen, welches in den von Art. 7, 9, 11, 12, 26 und 28 vorgesehenen Fällen vor Bundesgericht einzutreten hat.

Art. 33. Durch vorliegendes Gesetz werden die in den Kantonen geltenden Bestimmungen über den Schutz der Erfindungen aufgehoben.

Die Erfindungen, welche im Zeitpunkte, wo dieses Gesetz in Kraft tritt, vermöge der kantonalen Gesetze noch Schutz genießen, verbleiben gleichwohl in den betreffenden Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. I.

18

274

Kantonen bis zum Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer geschützt.

Art. 34. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Gesetzesentwurf über die Erfindungspatente. (Vom 20. Januar 1888.)

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1888

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04.02.1888

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241-274

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