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Bericht der

ständeräthlichen Kommission betreffend das Ergänzungsgesez über Massregeln gegen Viehseuchen.

(Vom 17. Juli 1873.)

Tit.!

Das Bundesgesetz über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen vom 8. Februar 1872 hat sich nach Allem, was man darüber von competenten Behörden vernehmen konnte, als sehr wirksam bewährt: die Seuche ist auf ein Minimum reducirt. -- Der Schaden, welcher der Viehwirthschaft im Speciellen und der Volkswirtschaft im Allgemeinen durch eine bessere und strengere Gesundheitspolizei erspart wurde, repräsentirt jedenfalls eine sehr ansehnliche Summe.

Auch die beiden Vollziehungs -Verordnungen haben sich im Allgemeinen bewährt, denn trotz allen Schwierigkeiten, welche der Durchführung aller gesundheitspolizeilichen Vorschriften überhaupt entgegenstehen, und welche der Vorsteher des Departements des Innern gestern in einigen Hauptzügen auseinandergesetzt hat, ist es doch gelungen, einer nachhaltigem Sanitätspolizei Eingang zu verschaffen.

Wenn der Zweck noch nicht vollständig erreicht werden konnte, so rührt diß wesentlich von folgenden Umständen her: 1) von dem Einschmuggeln angescuchter Schweineheerden und mangelhafter Kontrole beim Eintritt der Heerden BergamaskerSchafe, mit welchen viele Alpweiden der südlichen Grenzkantone besetzt werden;

524 2) von läßiger Handhabung der Vorschriften in einzelnen Thalschaften ; 3) von Uebelständen im Viehverkehr durch die Eisenbahnen.

Die beiden ersten Mängel "werden sich durch eine auf die gemachten Erfahrungen gegründete Ausbildung der Instruktionen und Vollziehungsverordnungen allmälig beseitigen lassen, die Uebelstände im Viehverkehr durch die Eisenbahnen aber verlangen dringend eine Abänderung oder vielmehr eine Ergänzung der g e s e t z l i c h e n Bestimmungen.

Nach Art. 15 des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 ist, wenn Viehseuchen herrschen, der Viehverkehr auf den Eisenbahnen, sowie die Reinigung und Desinfektion des Transportmaterials sorgfältig zu überwachen und nach der Vollziehungsverordnung vom 20. November 1872 müssen die zum Transport von Vieh dienenden Wagen nach jedem Gebrauch gereinigt und ausgewaschen werden, die stattgehabte Reinigung soll durch eine Aufschrift am Wagen angemerkt werden.

Die Eisenbahnverwaltimgen werden für die Vollziehung und Beachtung dieser Vorschriften verantwortlich gema-cht und es wird die Uebertretung derselben mit einer Buße bis auf Fr. 100 bestraft.

Es kommt nun häufig vor, daß nachläßig gereinigte Wagen in Verkehr kommen und auf diesem Wege die Seuche weiter verbreitet wird. Gegen solche Uebertretungen der Vorschriften sind zahlreiche Anzeigen gemacht worden "und zwar jeweilen beim Richter des Orts, wo die Widerhandlung zur Entdeckung gelangte.

Die betroffenen Bahnverwaltungen bestreiten aber die Kompetenz des Strafrichters des Ortes der Betretung und behaupten, das Delikt bestehe in d e r . ,, N i c h t r e i n i g u n g der Wagen" und nicht in der A b n a h m e u n d d e m V e r k e h r m i t n i c h t g e r e i n i g t e n Wagen; es sei deßhalb diejenige Bahnverwaltung fehlbar, welche die R e i n i g u n g u n t e r l a s s e n u n d d e n u n g e r e i n i g t e n Wagen z u e r s t in C i r c u l a t i o n g e s e t z t h a t , und es sei dieselbe vor . dem Richter ihres Domicils zu belangen.

Es ließe sich diese Ansicht an der Hand des Gesetzes bestreiten. Ohne Zweifel liegt der Anfang des Deliktes in der Unterlassung der Reinigung des Wagens, aber ebenso naturgemäß bildet die Inverkehrsetzung des ungereinigten Wagens eine Fortsetzung des Delikts.

Es ist aber nutzlos, über diese Auslegung viele Worte zu verlieren, da die Gerichte in den meisten Fällen im Sinne der von den Bahnverwaltungen erhobenen Kompetenzeinreden entschieden haben.

525 Die wirksame Vollziehung der gesetzlichen Vorschriften ist damit illusorisch gemacht, denn es ist klar, daß im V e r k e h r mit ungereinigten Wagen eine sanitätswidrige Gefährdung liegt; faßt das bestehende Gesetz dieses Moment nicht scharf genug ins Auge, so ist durch eine Abänderung desselben zu remediren, damit darüber in Zukunft kein Zweifel mehr obwalten kann. -- Es ist im Weitern nothwendig, daß das Gesetz über den Gerichtsstand eine klare Bestimmung aufstellt und zwar in dem Sinn, daß der Gerichtsstand des Orts der Betretung bestimmt wird, denn es müßte im höchsten Grade lähmend auf die Durchführung des Gesetzes wirken, wenn ein Kanton, auf dessen Gebiet eine sanitätswidrige Gefährdung verübt wird und zur Entdeckung gelangt, bei einem andern Kanton Recht suchen müßte. Es wird den Bahnverwaltungen durch diese Bestimmungen keine neue Verpflichtung auferlegt, denn aus dem Sinn und Geist des Bundesgesetzes geht klar hervor, daß die gesetzgebenden Räthe schon am 8. Februar 1872 die Bahnverwaltungen für alle sanitätswidrigen Handlungen im Viehverkehr der Eisenbahnen verantwortlich machen wollten.

Ihre Kommission ist einstimmig, Ihnen den Entwurf des Bundesrathes zur Annahme zu empfehlen, mit folgender weitern Bestimmung, welche als Art. 4 einzuschieben wäre : ,,Die B u ß e n f a l l e n d e n K a n t o n e n z u a .

Es erwachsen den Kantonen aus der Vollziehung dieses Gesetzes sehr bedeutende Kosten, Vermehrung des Polizeipersonals an den Zollstationen, an Bahnhöfen etc., Gehalte an Thierärzte, Expertisen, Gerichtskosten etc. Es ist daher billig, daß die gesprochenen Bußen ebenfalls den-Kantonen zufallen.

Auch diesen Zusatz empfiehlt Ihnen die Kommission mit Einstimmigkeit. *) B e r n , 17. Juli 1873.

Namens der ständeräthlichen Kommission, Der B e r i c h t e r s t a t t e r : J. Weber (Bern).

*) Angenommen: Ständerath 17., Nationalrath 19. Juli 1873.

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Bericht der

Mehrheit der ständeräthlichen Kommission, betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über das Pulverregal.

(Vom 18. Juli 1873.)

Tit.!

Unterm 13. Dezember v. J. haben Sie betreffend Ergänzung des Gesetzes über das Pulverregal vom 30. April 1849, gestützt auf die bezügliche Botschaft des Bundesrathes vom 13. November 1872 und auf den Antrag Ihrer Commission, den vor Ihnen liegenden Beschluss gefaßt; der Nationalrath hat damals die Berathung dieses Gegenstandes verschoben bis zur gegenwärtigen Session.

Unterm 10. dieß hat nun auch der Nationalrath diesen Gegenstand in Berathung gezogen und gestützt auf den Antrag seiner in Sachen niedergesetzten Commission mit großer Mehrheit Abänderung des ständeräthlichen Beschlusses erkannt, in Folge dessen der gleiche Gegenstand neuerdings zur Vorberathung an Ihre Commission gelangte.

Diese hat den frühern Entwurf sowohl als die neue Vorlage des Nationalrathes in Erwägung gezogen und beehrt sich nun, Ihnen das Ergebniß ihrer Berathung zu eröffnen. Zum Voraus müssen wir uns die Bemerkung erlauben, daß die" neue Vorlage des Nationalrathes mehr nur in formeller, als in materieller Beziehung eine veränderte Gestalt angenommen hat. Es handelt sich

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Bericht der ständeräthlichen Kommission betreffend das Ergänzungsgesez über Massregeln gegen Viehseuchen. (Vom 17. Juli 1873.)

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06.09.1873

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