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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fabrikation und Kontrolirung der postalischen und telegraphischen Werthzeichen (Franko- und Telegraphenmarken, Frankocouverts, Korrespondenzkarten etc.)

(Vom 10. Juli 1873.)

Tit. !

Bei Anlaß der Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesrathes vom Jahr 1870 hat die Bundesversammlung durch Beschluß vom 21. Juli 1871 den Bundesrath eingeladen, die erforderlichen Maßregeln zu treffen, welche eine gehörige Kontrole über die Anfertigung der Korrespondenzkarten, Briefumschläge und Freizeichen zu ermöglichen geeignet seien, und namentlich zu prüfen, ob nicht die Anfertigung dieser Gegenstande in Regie eingeführt werden sollte. (XI, 522).

In Vollziehung dieses Beschlusses haben wir vorerst, in Betracht der bevorstehenden, auf mehrere Jahre sich ausdehnenden namhaften Münzprägungen die fernere Zuläßigkeit der in der eidgenössischen Münzstätte betriebenen, von Jahr zu Jahr mehr Räumlichkeiten beanspruchenden Nebenarbeiten, in verneinendem Sinne entschieden und unterm 23. August 1871 die Verlegung der Fabrikation der Postwertzeichen aus der eidgenössischen Münzwerkstätte

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beschlossen. In Folge dessen wurden die mit Herrn Münzdirektor Escher seinerzeit abgeschlossenen Lieferungsvertrage auf 31. Dezember 1872 aufgekündet.

In der nämlichen Sizung vom 23. August 1871 haben wir die Frage, ob die Fabrikation sämmtlicher Postwertzeichen in Regie betrieben oder der Privatindustrie übergeben werden solle, in lezterm Sinne zu entscheiden uns veranlaßt gesehen, nachdem wir dieses System schon im Jahr 1865 angenommen und die ständeräthliche Geschäftsprüfungskommission in ihrem Berichte (Bundesblatt 1866, Band II, Seite 115) sich damit vollkommen einverstanden erklärt hat.

In Baden, Dänemark, den Niederlanden, Schweden, Preußen, Nordamerika und England ist diese Fabrikation ebenfalls der Privatindustrie, unter staatlicher Aufsieht, übertragen, und soviel uns bekannt geworden, ist nur in Belgien, Frankreich, Württemberg und Italien die eigentliche Regie eingeführt.

Nachdem wir für die Papierlieferung und besonders für die Fabrikation, resp. den Druk die Konkurrenz der Privatindustrie in Anspruch genommen, haben wir, unter dem Vorbehalt, daß die Fabrikation in der Bundesstadt stattfinde, folgende Verträge abgeschlossen : 1) mit der Papierfabrik Biberist bei Solothurn für sämmtliche Werthzeichenpapiere, unterm 1. Juli 1872 für die Dauer von 5 Jahren, vom 1. Dezember 1872 an; 2) mit Hrn. Münzdirektor Escher für die Fabrikation der Frankomarken, Telegraphenmarken und Frankocouverts, unterm 1. Mai 1872 für die Dauer von 8 Jahren, vom 1. Januar 1873 an; 3) mit Hrn. Karl Stämpfli, Buchdruker in Bern, für den Druk der Frankobanden, unterm 4. Januar 1873 für die Dauer von 5 Jahren; 4) mit den HH. Rieder und Simmen, Buchdruker in Bern, für den Druk der Korrespondenzkarten und der Mandatcartons, unterm 4. Januar 1873 für die Dauer von 5 Jahren.

Die K o n t r o l i r u n g der Fabrikation der Frankomarken, Telegraphenmarken und Frankocouverts hat in Folge der frühem Verträge mit Hrn. Münzdirektor Escher, gemäß welchen im Fabrikationspreise auch das Papier und die direkte Lieferung der fertigen Marken und Couverts, der Korrespondenzkarten und der gestämpelten Mandatkartons an die Kreispostdirektionen inbegriffen war, nur darin bestanden, daß vierteljährlich die Rechnungen des Herrn Escher mit den von den Kreispostdirektionen quittirten Lieferscheinen

62 und der von den Postbureaux verkauften Anzahl, sowie mit den Vorräthen verglichen wurde. Eine eingehendere Kontrole über die Fabrikation der Couverts wurde auch dadurch erschwert, weil ein Theil der Fabrikation (das Falzen) nach Vertrag bei Herrn Jouvet in Lausanne stattfinden mußte.

In Folge des neuen, am Ì. Mai 1872 mit Herrn Münzdirektor Escher über die Fabrikation der Franko- und Telegraphenmarken und Frankocouverts abgeschlossenen und vom 1. Jänner 1873 an für die Dauer von 8 Jahren in Kraft tretenden Vertrages haben wir das Postdepartement ermächtigt, einen Beamten provisorisch anzustellen, welchem gemäß der betreffenden Instruktion die beständige und unmittelbare Aufsicht über erwähnte Fabrikationen obliegt und welchem das erforderliche Hilfspersonal beigegeben istDie betreffenden Besoldungen und Arbeitslöhne werden aus dem pro 1873 hiefür speziell bewilligten Kredite von Fr. 6100 (Rubrik C. I. A., l, litt, l) bestritten. Die mit großer Verantwortlichkeit verbundene und eine tüchtige und ganz zuverläßige, unabhängige Persönlichkeit erfordernde Stelle eines Kontroleurs für die Fabrikation der Werthzeicben ist wichtig genug, um als Beamten-Stelle in das neue Besoldungsgesez (unter dem Material-Bureau) aufgenommen zu werden, und wir lassen gegenwärtiger Botschaft einen dahin zielenden Beschlußentwurf folgen.

Da der Druk der Korrespondenzkarten, Mandatkartons und Frankobanden in andern Offizinen stattfindet, so haben wir für die Kontrolirung dieser Werthzeichen im Sinne vorerwähnter Instruktion einen Beamten des Materialbüreau beauftragt.

Das Materialbüreau übt zudem die Oberaufsicht über die Fabrikation sämmtlicher Postwerthzeichen aus.

Wir haben für diese Kontrole folgende allgemeine Regeln als unbedingt nothwendig aufgestellt: 1) Die Postverwaltung liefert das P a p i e r für sämrntliche Werthzeichen. Dasselbe wird vom Materialbüreau nach Bedarf bestellt und unter Aufsicht der Kontroleurs in den Fabrikationslokalen gegenseitig vorgezählt und in stets gleich großen Quantitäten gegen.

Empfangsbescheinigung dem Unternehmer abgeliefert. Das vorräthige Papier wird vom Kontroleur unter Verschluß gebracht.

Das Frankomarken- und Couvertpapier wird in der Papier fabrike mit den der Postverwaltung gehörenden, mit Reliefzeichnung versehenen Satinirplatten so gezeichnet, daß jede Frankomarke und jedes Couvert ein sogenanntes Wasserzeichen erhält.

63 Für das Mandatkartons-, Korrespondenzkarten- und Frankobandenpapier wird künftig eine besondere, mattgelbe Farbe, welche die Papierfabrik für kein'anderes Papier verwenden darf und welche sehr schwer nachzuahmen ist, angenommen.

Die Unternehmer entlasten sich mit der Ablieferung der gleichen Quantität Papier in gut gestämpelten oder gedrukten Exemplaren und des Ausschusses, und ersezen den Manko nach dem Taxwerthe.

2) Die D r u k s t ä m p e l sind Eigenthum der Postverwaltung.

Dieselben sollen in möglichst sorgfältig ausgeführter Gravüre ein Relief herstellen.

Gegen die Nachahmung leistet der Taxstämpel in Relief wegen dem damit verbundenen großen Betriebskapital unbedingt genügende Garantie.

Bei der Frankomarken- und Couvertfabrikation werden die Druk- und Stämpelmaschinen von dem Kontroleur bei jeder Sistirung der Fabrikation und vor jedem Schluß der Arbeitszeit unter Verschluß gebracht.

Eine mechanische Vorrichtung an der Druk- und Stämpelpresse (Compteur) halten wir bei der Frankomarken- und namentlich bei der Frankocouvcrtfabrikation nicht als zuverläßig genug, da bei den Couverts, um dem Bedarfe genügen zu können, per Woche, d. h. in 66 Arbeitsstunden, 100 bis 120 Ries à 4000 Stük = 400,000 bis 480,000 Sttik, also per Minute zirka 100 bis 120 Stük durch 3 Maschinen gestämpelt werden müssen.

Bei dieser Raschheit des Stämpelns würden sich bei der mechanischen Zählung folgende Unzuverläßigkeiten ergeben: a. kommt es vor, daß unbeachtet 2 an einander hangende Blätter unter den Drukstämpel laufen; b. kann nicht verhindert werden, daß der Stämpel läuft, ohne daß ein Blatt darunter sich befindet; c. kommt der Couvertstämpel zuweilen auf die Seite, so daß das gestämpeltc Blatt unter den Ausschuß fällt; d. fehlt an der.Stämpclmaschine etwas, so ist nicht zu vermeiden, daß vor Abstellung derselben der Stämpel leer läuft.

Der Kontroleur hat die Reihenfolge der zum Druke kommenden Sorten Frankomarken und Couverts gemäß dem jeweiligen Bedarfe und im Einverständniß mit dem Materialbüreau zu bezeichnen. Andere als die von ihm angegebenen Sorten dürfen nicht gediukt werden. Der Kontroleur führt hierüber ein Tagbuch.

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Der Kontroleur hat die musterkonforme Ausführung der Marken und Couverts zu beaufsichtigen und allfällige Unregelmäßigkeiten ·dem Unternehmer und nötigenfalls dem Materialbüreau zuhanden des Postdepartements anzuzeigen.

3. Die fertigen Marken werden von dem Kontroleur riesweise in Empfang genommen, blattweise à 100 Stük gezählt, quittirt, verpakt und dem Materialbüreau gegen Empfangsbescheinigung zur Aufbewahrung und Spedition an die Kreispostdirektion übergeben.

Die fertigen Couverts werden von Herrn Escher in verschlossenen Paketen zu 1000 Stük an den Kontroleur gegen Quittung abgeliefert und von lezterm ebenfalls dem Materialbüreau zur Aufbewahrung und Spedition übergeben.

Der Ausschuß wird vom Kontroleur täglich gesammelt, unter Verschluß gebracht und bei Aufnahme des Sturzprotokolls geprüft, doppelt gezählt und daraufhin unter Aufsicht des Materialbüreau zerstört.

4. Monatlich einmal wird über sämmtliche Vorräthe an nicht ·abgegebenen, in Fabrikation befindlichem Papier, in fertigen Exemplaren und in Ausschuß, in Gegenwart des Unternehmers, des Chefs des Materialbüreau und des Kontroleurs ein Sturzprotokoll -aufgenommen, in 2 Exemplaren zuhanden des Postdepartements ausgefertigt und unterzeichnet.

5. Das Materialbüreau hat über die stattgefundenen Lieferungen an die Postkreise vierteljährlich Rechnung zu stellen und dieselbe der Oberpostkontrole abzuliefern.

6. Das Materialbüreau hat jährlich wenigstens einmal bei jeder Kreispost- und Telegraphenkasse eine Inspektion über den Bestand sämmtlicher Werthzeichen aufzunehmen und nach dem Schlüsse des Jahres eine Vergleichung der gelieferten mit den bei den Postbureaux verkauften Werthzeichen aufzustellen und dem Postdepartement vorzulegen.

Durch diese Anordnungen erachten wir das Eingangs erwähnte Postulat vom 21. Juli 1871, ganz besonders in Betreff der Organisation der Kontrole, als erledigt, und wir bitten die hohe Bundesversammlung, diese Anschauung durch Annahme des nachfolgenden .'Beschlußentwurfs bestätigen zu wollen.

Die dermalige Einrichtung der Kontrole der Fabrikation der .Marken und Couverts, auf Grundlage des Vertrages vom 1. Mai 1872, bietet zwar neben unbestreitbaren Vorzügen noch gewisse ''Uebelstände dar, welche man so bald als möglich beseitigen muß.

65 Der größte Uebelstand liegt in den ungenügendeu Lokalitäten, -welche die Fabrikation dermaßen beschränken, daß es bis jezt unmöglich war, neue Formate von Frankocouverts einzuführen, obgleich die für die Fabrikation derselben nöthigen Maschinen zum Betriebe bereit vorhanden sind. Die ungenügenden Lokale er· schweren auch in verschiedener Hinsicht die Durchführung der Kontrole, wie wir dieselbe organisirt haben. Die Verhältnisse sind indessen derart, daß Verbesserungen nicht von einem Tag auf den andern eingeführt werden können. Indessen darf die h. Bundesversammlung versichert .sein, daß wir nichts versäumen werden, um die vorhandenen Uebelstände in möglichst kurzer Zeit zu beseitigen und diese wichtige Fabrikation allen Erfordernissen und Ansprüchen entsprechend einzurichten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 10. Juli 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B.undesprä,sident:

eresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

Bnndesblatt. Jahrg. XXY. Bd. IIL

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Fabrikation und Kontrolirung der Taxwerthzeichen bei der Post- und Telegraphenverwaltung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft .des Bundesrathes vom 10. Juli 1873, betreffend die Fabrikation und Kontrolirung der Taxwerthzeichen bei der Post- und Telegraphen Verwaltung, beschließt: In das neue Besoldungsgesez ist, unter der Rubrik ,,Postverwaltung, Materialbüreau", die Stelle eines Kontroleurs für die Fabrikation der Taxwerthzeichen der Post- und Telegraphenverwaltung, mit Normirung einer Besoldung bis auf Fr. 3500 aufzunehmen.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerungen für die Eisenbahnen 1) UsterEffretikon, 2) "Wohlhausen-Willisau-Centralbahn, 3)Lausanne-Ouchy, 4) Liestal-Waldenburg, 5) die bernischen Jurabahnen, 6) die linksufrige aargauische Seethalbahn, 7) die Suhr-Wiggerthalbahn, 8) die Wynenthalbahn, 9) die Eisenbahn Freiburg-Payerne-Yverdon auf Waadtländergebiet und Broyethalbahn auf Bernergebiet, 10) die Eisenbahn Winterthur-Bauma, 11) die rechtsufrige Zürichseebahn.

(Vom 10. Juli 1873.)

Tit.!

Alle Gesuche um die in der Ueberschrift aufgezählten Fristverlängerungen, mit Ausnahme von Nr. 2, 8, 10, 11 und theilweise 5, sind an den Bundesrath gerichtet, wahrscheinlich theils weil die Petenten annahmen, wir werden sie nöthigenfalls ohne Weiteres der kompetenten Behörde übermitteln, theils und wohl hauptsächlich wegen der Praxis der vorhergehenden Jahre, wonach die hohe

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fabrikation und Kontrolirung der postalischen und telegraphischen Werthzeichen (Franko- und Telegraphenmarken, Frankocouverts, Korrespondenzkarten etc.) (Vom 10. Juli 1873.)

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1873

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26.07.1873

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60-67

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